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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 216, S. 490--493 (1952). Aus dem Tuberkulose-Forschungsinstitut Borstel (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. FREERKSEN). Eine mikrobiologische Methode zur quantitativen Bestimmung yon Isonicotinsiiurehydrazid ~. Von RUDOLF BONICKE. Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 1. Juni 1952.) Ffir den quantitati'cen Nachweis -con Isonicotinsii,urehydrazid (rNH) fehlt bisher eine mikrobiologische Methode, die die Empfindlichkeit und Genauigkeit der bekannten chemischen Methoden erreicht, gegenfiber diesen aber infolge geringeren zeitlichen und technischen Aufwandes wesentliche Vorteile besitzt. Wir haben daher zm" Durchffihrung yon Untersuchungen fiber die zeitlichen Konzentrationsabl~ufe des INH in tierischen und menschlichen KSrperitiissigkeiten und Geweben eine ein- fache und ausreichend empfmdliche mikrobiologischeMethode entwickelt, die im folgenden kurz beschrieben werden soll. Die wachstumshemmende Wirkung des INH gegenfiber den schnell- wfiehsigen, saprophyt/~ren Mycobakterien ist ffir die Entwicklung einer solehen Methode nicht groB genug. Die hoehempfindlichen Tuberkel- bakterien sind wegen ihres langsamen Wachstums wenig geeignet. Pathogene oder saprophyt/ixe Keime anderer Bakteriengattungen, die gegeniiber INH hoehempfindlich sind, konnten bisher nicht fest- gestellt werden. Wir sahen daher in dem Versuch, durch synergistisch wirkende Substanzen die Akti'cit/~t des INH gegenfiber den saprophy- ti~ren, si~urefesten St/ibchen erheblich zu steigern, eine M6glichkeit, diese Schwierigkeiten zu beheben. Nach unseren Untersuchungen ist das Vitamin B2, das Lactoflavin, ein solcher Synergist. Das AusmaB der svnergistischen Wirkung des Vitamin B~ ist in Abb. 1 dargestellt. W/~h- rend in dem verwendeten N/~hrsubstrat (HoTTINGER-Agar + 5 ° o Serum) ohne Zusatz yon Lactoflavin die zur absoluten Wachstumshemmung des Teststammes erforderliche INH-Grenzverdfirmung 1:300000 be- tr/igt, erfolgt durch Zusatz yon 50 y Lactoflavin/cm a eine Wirkungs- steigerung des IHN um fiber das 8-faehe. Diese Wirkungssteigerung erm6glicht die Austestung INH-haltiger Substrate im Lochtest, der wegen seiner besonderen Eignung anderen mikrobiologischen Naeh- weismethoden "corzuziehen ist. * Die ffir diese Untersuchungen ben6tigte Substanz wurde in Form yon Rimi- ton durch die Firma Hoffmann-La Roche zur Verfiigung gestellt.

Eine mikrobiologische Methode zur quantitativen Bestimmung von Isonicotinsäurehydrazid

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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 216, S. 490--493 (1952).

Aus dem Tuberkulose-Forschungsinstitut Borstel (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. FREERKSEN).

Eine mikrobiologische Methode zur quantitativen Bestimmung yon Isonicotinsiiurehydrazid ~.

Von RUDOLF BONICKE.

Mit 3 Textabbildungen.

(Eingegangen am 1. Jun i 1952.)

Ffir den quantitati 'cen Nachweis -con Isonicotinsii, urehydrazid (rNH) fehlt bisher eine mikrobiologische Methode, die die Empfindlichkeit und Genauigkeit der bekannten chemischen Methoden erreicht, gegenfiber diesen aber infolge geringeren zeitlichen und technischen Aufwandes wesentliche Vorteile besitzt. Wir haben daher zm" Durchffihrung yon Untersuchungen fiber die zeitlichen Konzentrationsabl~ufe des I N H in tierischen und menschlichen KSrperitiissigkeiten und Geweben eine ein- fache und ausreichend empfmdliche mikrobiologischeMethode entwickelt, die im folgenden kurz beschrieben werden soll.

Die wachstumshemmende Wirkung des I N H gegenfiber den schnell- wfiehsigen, saprophyt/~ren Mycobakterien ist ffir die Entwicklung einer solehen Methode nicht groB genug. Die hoehempfindlichen Tuberkel- bakterien sind wegen ihres langsamen Wachstums wenig geeignet.

Pathogene oder saprophyt/ixe Keime anderer Bakteriengattungen, die gegeniiber I N H hoehempfindlich sind, konnten bisher nicht fest- gestellt werden. Wir sahen daher in dem Versuch, durch synergistisch wirkende Substanzen die Akti'cit/~t des I N H gegenfiber den saprophy- ti~ren, si~urefesten St/ibchen erheblich zu steigern, eine M6glichkeit, diese Schwierigkeiten zu beheben. Nach unseren Untersuchungen ist das Vitamin B2, das Lactoflavin, ein solcher Synergist. Das AusmaB der svnergistischen Wirkung des Vitamin B~ ist in Abb. 1 dargestellt. W/~h- rend in dem verwendeten N/~hrsubstrat (HoTTINGER-Agar + 5 ° o Serum) ohne Zusatz yon Lactoflavin die zur absoluten Wachstumshemmung des Teststammes erforderliche INH-Grenzverdfirmung 1:300000 be- tr/igt, erfolgt durch Zusatz yon 50 y Lactoflavin/cm a eine Wirkungs- steigerung des I H N um fiber das 8-faehe. Diese Wirkungssteigerung erm6glicht die Austestung INH-hal t iger Substrate im Lochtest, der wegen seiner besonderen Eignung anderen mikrobiologischen Naeh- weismethoden "corzuziehen ist.

* Die ffir diese Untersuchungen ben6tigte Substanz wurde in Form yon Rimi- ton durch die Firma Hoffmann-La Roche zur Verfiigung gestellt.

Quantitative Bestimmung yon Isonieotinsi~urehydrazid. 49!

Das f/Jr den Lochtest zu verwendende Grundn~hrsubstrat (LOCKEMANN-Agar) tlat folgende Zusammensetzung:

Mononatriumphosphat . . . . 0,3% Monokaliumphosphat . . . . 0,40/0 Magnesiumsulfat . . . . . . 0,25% Natriumcitrat . . . . . . . 0,25% Ferriammonsulfat . . . . . . 0,001% Asparagin . . . . . . . . . 0,5% Glycerin . . . . . . . . . . 2,5% Agar . . . . . . . . . . . 2,0%

/)as durch Erhitzen im Dampftopf verfliissigte Grundn~hrsubstrat wird im Wasserbad auf eine Temperatur yon 45---48°C gebracht, 5% Serum und 50 ~, Lacto- flavin/cm a zugesetzt und l%ig mit einer homogenen Keimsuspension yon Myeobact. phlei 169 beimpft. Die Suspension wird folgendermaBen gewonnen: 48 stiindige Schriig-Agar- Kulturen werden mit einer 0se vom Agax abgehoben und im MSrser mit physiologischer KochsalzlSsung so lange kr~ftig zerrieben, bis eine dichte, gleichm~13ig getriibte Sus- pension entstanden ist und im mikro- skopischen Pr~parat grSbere Bak- terienagglomerate nicht mehr nach- weisbax sind. I)amit in allen Ver- suchen eine gleicheBeimpfungsmenge gew~hrleistet ist, wird die Suspen- sion durch entsprechende Verdtin- nung mit physiologischer Kochsalz- 16sung unter Verwendung eines Ne- phelometers auf einen bestimmten Triibungsgrad eingestellt. 14 cm a

O.q

o N6 85,0 JZ6- ~/m,t 6"~0 £ok/oPlovin]~al/ des N:lhr~ul#palu

Abb. 1. Abh~ingigkeit der tuberkulostatischen Wir- kuu2 des INH yore Lactoflavingehalt des N~hrsub- strats. - Testmethode: Plattenverdfinnungstest in

LOCKE.~£NN-Agar + 5% Serum.

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f Te~fbaM.: Myeob,~f. phle/ $2 7&q

des so vorbehandelten N~hragars werden in plane PETRI-Sehalen (Durchmesser 9 em) ausgegossen. Nach dem Erstarren des Agars wird aus der Mitte der

Gul3platte mit einem sterilen Stanzer ein Loch yon 10 mm Durchmesser ge- stanzt und mit einem sterilen IIeber ausgehoben. In diese LScher werden 0,1 cm 3 der auf ihron INH-Gehalt zu priifenden Substrate pipettiert und das Ergebnis nach 40sttindiger Bebriitung (Bebriitungstemperatur ~ 37 ° C) abgelesen. Die bak- terienfreien HSfe sind bei Verwendung yon Mycobact. phlei 169 als Teststamm gegen die bewachsenen Zonen scharf abgegrenzt. Die Ausmessung der Hofdurch- messer ist vorteilhaft mit einem durchsichtigen Lineal vorzunehmen.

Die Auswer tung der Mel3ergebnisse macht die auxanographische Tes tung einer Vergleichsreihe m i t bekann ten ISTH-Konzent ra t ionen er- forderlich. Die kurvenmiiBige Dars te l lung der Ergebnisse einer solehen

Vergleichsreihe ist in Abb. 2 wiedergegeben. Getes te t werden w~I3rige I N H - L S s u n g e n in den Konzen t r a t i onen 50, 45, 40, 35, 30, 25, 20, 15,

3 10, 5 und 2,5 y / c m . Die Gr613enzunahmen der Durchmesser der bak~erien- f re ien HSfe s ind in dem I N H - K o n z e n t r a t i o n s b e r e i c h yon 3 - -30 y / c m 3

fiir eine quan t i t a t i ve B e s t i m m u n g sehr gRnstig. Bei Beaeh tung ~t!er

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492 R. BSNIcx~ :

Vorschriften, insbesondere bei Verwendung geeichter oder eichfahiger Pipet ten und planer PETR~-Schalen betr/£gt in diesem Konzentrations- bereich die Fehlerbreite maximal :~ 1 mm. Die auf ihren INH-Gehalt, zu priifenden Substrate wird man zweckm/il3igerweise nicht nur unver- dfinnt, sondern entsprechend der zu erwartenden INH-Konzentra t ion

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/ hslb~kl. : klycoboct phlel

700 1o 2o m ¢0 ;/~t 5o Z~onikoHns~'uPehydeazid-l(onzentPation Abb. 2. Bestimmung yon Isonicotins~iure-

hydrazid. Vergleichskurw.

in den Verdfinnungen 1 : 2 ( = 1 4- 1 ), 1 :4 , 1 : 8 usw. testen, um in den gfinstigen MeBbereieh zu gelangen.

Mit dieser Methode wird nur tuberkulostatisch wirksames Isoni- cotinsiiurehydrazid erfaBt, w~hrend mit chemischen Methoden auch ehe- misch ~hnlich reagierende Substan- zen, z. B. Umwandlungsprodukte des INH, die nicht unbedingt tuberku- lostatisch wirksam zu sein brauehen, miterfal3t werden. Mikrobiologisehe Blutspiegelbestimmungen und Mes- sungen fiber die Wiederausseheidung des I N H dureh die Niere ergaben in manchen Fallen, vor allem bei Ge-

sunden, betrgchtlich geringere Ausscheidungsmsngen, als bisher in der Literatur angegeben worden ist. Zwei besonders extrem liegcnde Fglle sind in Abb. 3 dargestellt.

3,e%

¢ 8 72 78 2 0 Sfd. 2 ~ Z, eit

Abb.3. Ausscheidung von Isonicotins~turehydrazid durch die Niere nach oraler Applikation yon 200rag.

Zusammenfassung.

Die wachs tumshemmende Wirkung des Isonicotinsi~urehydrazids gegenfiber schnellwiichsigen, saprophytiiren Mycobakterien wird in Ge- genwart yon Lactoflavin betriichtlich gesteigert.

Quantitative Bestimmung yon Isonikotins~turehydrazid. 493

Dieser. Synergismus macht die Verwendung des ffir quantitative Be- stimmungcn bew~hrten Lochtestes (Auxanogramm) auch fiir den Nach- weis yen INH mSglich.

Die Zusammensetzung des N~hrsubstrats ~nd Herstellung der Test- p]atten werden kurz beschrieben. Als Teststamm wird Mycobact. phlei 169 empfohlen.

Die Methode ermSglicht den Nachweis yon INH bis zu 2,5 7/cm 3. Als Beispiel werden 2 Kurven fiber die Wiederausscheidung des oral

applizierten INH durch die Niere bei Gesunden abgebildet.

Dr. Rudolf B6~ICK]~, Borstel fiber Bad Oldesloe, Tbc-Forschungsinstitut.