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B~$~b,',"$$~~l v. I( ir m i n , Uberschallstromung in Gasen u. uberkritische Stromung in Gerinnen Eine praktische Anwendung der Analogie zwischen Uber- schallstromung in Gasen und uberkritischer Stromung in offenen Gerinnen. 49 Von Th. ti. Kcirrndn in Pasadena. 1. Einleitung. Die hier mitgeteilten einfachen Berechnungen sind im Anschluti an eine rein praktische Frage entstanden. Die Wanderhohung von gekriimmten Kanalen wird im allgemeinen so berechnet, dab man die Gleichgewichtslage fur ctie mutmaSlich hbchste Wasser- unenge unter Wirkung der Scliwere und Zentrifugalkraft bestimmt. Das Hochwasseramt der Grafschaft Los Angeles fand, dab die so berechnete Erhbhung nicht ausreichte, insbesondere wenn nach starken Regengiissen, wie sie in Kalifornien im Winter oft vorkommen, grobe Wasserniengen in kurzer Zeit abgeleitet werden mussen. Es wurde richtig vermutet, daS die anomale Erhohung des Wasserspiegels in der Krunimung mit dem Auftreten uberkritischer Geschwindigkeit zusaninienhangt. Solche Geschwindigkeiten treten auf infolge des starken Gefalles, das bei den gegebenen topographischen Verhaltnissen unvermeidlich ist. Es wurden Prof. R. T. K n a p p und Dr. A. Ip p e n von dem California Institute of Technology beauftragt, Versuche uber die Vorgange in gekrummten Modellkanalen auszufuhren. In diesen Versuchen wurde zunachst die Wasseroberflache fur verschiedene Krummungen und Gefalle, sowie die Geschwindigkeitsverteilung ausgeniessen. Die Versuche wurden begonlien im Sommer 1935; ein vorlaufiger Bericht erschien in den Transactions der amerikanischen geophysischen Union im Janner 1936'). Man fand, wie es zu erwarten war, ein System von Wellen, die sich uber dem Kanal kreuzen und den Linien gleicher Hohe der Wasseroberflaclie ein Aussehen verleihen, das den Druckverteilungsbildern, die man mit Hilfe der Schlierenniethode in Gasen erhalt, sehr ahnelt. Als es hie&, eine angenaherte tlieoretische Berechnung herzustellen, habe ich VOP geschlagen, die fur Gasschwingungen bekannten Rechnungsmethoden sinngemafi anzuwenden. Die Analogie zwischen der zweidimensionalen Stromung eines Gases und der zweidimensionalen Wasserstromung in einem offenen Gerinne wurde nieines Wissens zuerst von J o u g ue t angegeben. Die Analogie wurde weiter ausgearbeitet und weitgehend zu Untersuchungen von Gasstromungen benutzt von R i a b o uc 11 in s k y. Neuerdings hat Herr Pr e i s w e r k zJ auf Anregung von Prcfessor A c k e r e t die Analogie zur Untersuchung von Strtimungen in Dtisen angewendet. Mit Riicksicht darauf, dak der Gegenstand fur Hydrauliker von lnteresse sein diirfte, denen die Gesetze der Gasstromung weniger gelaufig sind, werden die Gleichungen hier unmittelbar fur den hydraulischen Fall abgeleitet. 2. Gleichungen fur zweidimensionale reibungslose Stromung in offenen Kanalen. Wir betrachten zunachst einen Kanal mit waagerechter Sohle und vernachlassigen die Reibung der Flussigkeit. Es sei angenommen, dafi die Kanalbreite im Verhaltnis zur Wasserhohe grod ist, so dad die Strtimung als zweidimensional betrachtet werden kann. Die Sohle liege in der x y-Ebene; dann ersetzen wir die Geschwindigkeit der Flussigkeitsteilchen, die in einer Normalen zur 2 yEbene liegen, durch eineri Mittelwert. Die Komponenten der so definierten mittleren Geschmindigkeit in den x- und yRichtungen seien u, und v3/. Wenn die Wassertiefe mit h bezeichnet und h als Funktion von x und y betrachtet wird, kann die Kontinuitats- gleichung fur die Strtimung einer inkompressiblen Fliissigkeit in der Form geschrieben werden. Es sei weiterhin angenommen, dab die Beschleunigung der Flussigkeit in der z-Richtung vernachlassigt werden und daher der Druck als eine lineare Funktion der a-Koordinate an- gesetzt werden kann : p =po + @ g (h - a), wobei @ die Dichte der Flussigkeit und po den atmospharischen Druck bezeichnen. Wir fiihren nun das Integral (p -po) dz = P = @ g 3 als die h' u i ') A. T. Ippen and R. T. Knapp: A study of high velocity flow in curvedchannels. DervollstandigeBericht 2, Schweizerische Bauzeitung 1937, S. 237. ist als Doktorarbeit des Herrn A. I p p e n bei der Bibliothek des Val. Institute of Technology erhaltlich. 4

Eine praktische Anwendung der Analogie zwischen Überschallströmung in Gasen und überkritischer Strömung in offenen Gerinnen

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B ~ $ ~ b , ' , " $ $ ~ ~ l v. I( i r m i n , Uberschallstromung in Gasen u. uberkritische Stromung in Gerinnen

Eine praktische Anwendung der Analogie zwischen Uber- schallstromung in Gasen und uberkritischer Stromung in

offenen Gerinnen.

49

Von Th. t i . Kcirrndn in Pasadena.

1. Einleitung. Die hier mitgeteilten einfachen Berechnungen sind im Anschluti an eine rein praktische Frage entstanden. Die Wanderhohung von gekriimmten Kanalen wird im allgemeinen so berechnet, dab man die Gleichgewichtslage fur ctie mutmaSlich hbchste Wasser- unenge unter Wirkung der Scliwere und Zentrifugalkraft bestimmt. Das Hochwasseramt der Grafschaft Los Angeles fand, dab die so berechnete Erhbhung nicht ausreichte, insbesondere wenn nach starken Regengiissen, wie sie in Kalifornien im Winter oft vorkommen, grobe Wasserniengen in kurzer Zeit abgeleitet werden mussen. Es wurde richtig vermutet, daS die anomale Erhohung des Wasserspiegels in der Krunimung mit dem Auftreten uberkritischer Geschwindigkeit zusaninienhangt. Solche Geschwindigkeiten treten auf infolge des starken Gefalles, das bei den gegebenen topographischen Verhaltnissen unvermeidlich ist. Es wurden Prof. R. T. K n a p p und Dr. A. Ip p e n von dem California Institute of Technology beauftragt, Versuche uber die Vorgange in gekrummten Modellkanalen auszufuhren. In diesen Versuchen wurde zunachst die Wasseroberflache fur verschiedene Krummungen und Gefalle, sowie die Geschwindigkeitsverteilung ausgeniessen. Die Versuche wurden begonlien im Sommer 1935; ein vorlaufiger Bericht erschien in den Transactions der amerikanischen geophysischen Union im Janner 1936').

Man fand, wie es zu erwarten war, ein System von Wellen, die sich uber dem Kanal kreuzen und den Linien gleicher Hohe der Wasseroberflaclie ein Aussehen verleihen, das den Druckverteilungsbildern, die man mit Hilfe der Schlierenniethode in Gasen erhalt, sehr ahnelt.

Als es hie&, eine angenaherte tlieoretische Berechnung herzustellen, habe ich VOP geschlagen, die fur Gasschwingungen bekannten Rechnungsmethoden sinngemafi anzuwenden. Die Analogie zwischen der zweidimensionalen Stromung eines Gases und der zweidimensionalen Wasserstromung in einem offenen Gerinne wurde nieines Wissens zuerst von J o u g ue t angegeben. Die Analogie wurde weiter ausgearbeitet und weitgehend zu Untersuchungen von Gasstromungen benutzt von R i a b o uc 11 i n s k y. Neuerdings hat Herr Pr e i s w e r k zJ auf Anregung von Prcfessor A c k e r e t die Analogie zur Untersuchung von Strtimungen in Dtisen angewendet. Mit Riicksicht darauf, dak der Gegenstand fur Hydrauliker von lnteresse sein diirfte, denen die Gesetze der Gasstromung weniger gelaufig sind, werden die Gleichungen hier unmittelbar fur den hydraulischen Fall abgeleitet.

2. Gleichungen fur zweidimensionale reibungslose Stromung in offenen Kanalen. Wir betrachten zunachst einen Kanal mit waagerechter Sohle und vernachlassigen die Reibung der Flussigkeit. Es sei angenommen, dafi die Kanalbreite im Verhaltnis zur Wasserhohe grod ist, so dad die Strtimung als zweidimensional betrachtet werden kann. Die Sohle liege in der x y-Ebene; dann ersetzen wir die Geschwindigkeit der Flussigkeitsteilchen, die in einer Normalen zur 2 yEbene liegen, durch eineri Mittelwert. Die Komponenten der so definierten mittleren Geschmindigkeit in den x- und yRichtungen seien u, und v3/. Wenn die Wassertiefe mit h bezeichnet und h als Funktion von x und y betrachtet wird, kann die Kontinuitats- gleichung fur die Strtimung einer inkompressiblen Fliissigkeit in der Form

geschrieben werden.

Es sei weiterhin angenommen, dab die Beschleunigung der Flussigkeit in der z-Richtung vernachlassigt werden und daher der Druck als eine lineare Funktion der a-Koordinate an- gesetzt werden kann : p = p o + @ g (h - a), wobei @ die Dichte der Flussigkeit und po den

atmospharischen Druck bezeichnen. Wir fiihren nun das Integral ( p -po) d z = P = @ g 3 als die h' u i

') A. T. I p p e n and R. T. K n a p p : A study of high velocity flow in curvedchannels. DervollstandigeBericht

2, Schweizerische Bauzeitung 1937, S. 237. ist als Doktorarbeit des Herrn A. I p p e n bei der Bibliothek des Val. Institute of Technology erhaltlich.

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Page 2: Eine praktische Anwendung der Analogie zwischen Überschallströmung in Gasen und überkritischer Strömung in offenen Gerinnen

Ztachr. f . aiigew. v . K b r ~ n a n , i5be.rscliallstriiiitunbr in Gsseii 11. iiberkritisclie Striiruung in Gerinrien Math. ur,d Mech. 50

Druckkraft fur die Langeneinlieit ein. zweidiniensionaleii Strtiinung in der Form

Alsdann kdnnen wir die Bewegungsgleichungen cler

ansetzen; a, und uy sind die Komponenten der iiiittleren Beschleunigung in der s- und y- Richtung, gegeben durcli

Wir wollen uns nun auf stationire Striiniungen beschranken, die aus einer Yarallel- stroiiiung hervorgehen. Dann gilt infolge dcr Reibungs. und Wirbelfreiheit die Bernoul l ische Gleichung fur jede Stromlinie init der identischen B e r n o II 11 i schen Konstante oder Gesaint- energie H :

. . . . . . . . (4 *

Wenn wir nun die Kontinuititsgleichung (1) fiir stationare Striiniung in der Form schreiben

a I1 a h a x a y und aus (4) ~~ und ~ berechiien und in (6) einsetzen, erhalten wir die Gleichung

Nun ist die Groke 1 / f i gleich cler Schwellgeschwindigkeit c, d. 11. der Gescliwindigkeit, iiiit welcher eine geringe Erliohung des Flussigkeitsspiegels in einern seichten Kanal fort- schreitet. Wir konnen dalier (6) schreiben :

Diese Gleichung ist identiscll mit der Differentialgleicl~ung fur die zweiclimensionale Stroniung eines konipressiblen Gases, wcnn die Schwellgeschwindigkeit durch die Schall- geschwindigkeit ersetzt wird. Uin die Analogie zu vcrvollstandigen, muk e h durcli die Dichte des Gases, P durch den Gasrlriick ersetzt und das Verlialtnis der spezifisclien Warnien gleich ~t = 2 gesetzt werden.

3. Annaherung fiir ,,niedrige Wellen“. Bevor wir zur Anwendung von G1. (7) ubergehen, soll die linearisierte Gleicliung fur den Fall kleiner Abweicliungen von einer Parallelstrbmung in einem geraden Kanal von konstanter Breite angesclirieben werden. In diesem Fall er. halten wir eine Gleichung fur die Grdhe h , die am lciclitesten der Beobachtnng zuganglicli ’ist.

Wir betracliten eine parallele Grundstroniung in eineni weiten geraden Kanal von konstariter Breite, die dieser Grundstroniung entsprechende Wassertiefe soll mit 11” , die mittlere Gescliwiiidigkeit iiiit U bezeichnet werden. Dann sind die Beschleunigungskomponenten im Falle einer stationairen Stroniung, die nur wenig von der Grundstromung abweicht, angenahert gleicli

gesetzt und Glieder zweiter Ordnung in 21,’ und vy’ vernachlassigt wurden. Ferncrliin setzen wir h = h , + h’. Die Gleichungen (2) lauten rnit derselben Annaherung

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B~&!,$a~'$&l 51

Wir differenzieren (9) nacli x und eliminieren die Geschwindigkeitskomponenten mit Hilfe von (8).

v. K a r m a n , Cberschallstromung in Gaseii u. iiberkritisclle Strfimung in Gerinnen -

Dann erhalten wir die Gleichung

""=(;"-- 1 a ) @ h ' . . . . . . . . . . . . . a ?/2

z;' Wie bekannt, liat diese Gleichung den Charakter der Potentialgleichung, wenn ~ < 1

c und den Charakter der Wellengleicliung, wenn ~ > 1. Fur diesen zweiten Fall schreiben

wir ~- - 1 = p'; die GriXie f i ist dann der Kotangens des Machschen Winkels a, d. 11. des Winkels, den die Wellenlinien und die Stromlinien der Grundstrbniung einschlieken. Die G1. (10) lautet dann

g h o

Y i t 0 l T 2

B kl

. . . . . . . . . . . . . . ill).

Nelinien wir an, dab die Spiegelliohe h in dem Eingangsquerschnitt 1 ~ : = 0 ,,gestort" ist. so dab z. R. in eineni Punkte x = 0, y = ? I , h' = f ( v 1 ) ist. Dann k6nnen wir die Hohenverteilung

stromabwarts im Kanal dadurch bestimmen, daf3 wir je die halbe Stdrung gf(71) langs der zwei M a c h schen Geraden unverandert fortsclireiten lassen und die so erlialtenen Stdrungen

addieyen. An der Seitenwand des Kanals gilt v2/1=O, daher wegen (8) - - = O ; d. h. die

Storung wird an den Seitenwanden unverandert reflektiert.

1

d h' ?!

Abb. 1.

Diese Feststellungen genugen, um den Vorgang beim Ubergang von einem geraden zu einem schwacli gekruinmten Kanal qualitativ zu beschreiben. Den gekrummten Kanal mit dem Krunimungslialbmesser R konnen wir durch einen geraden Kanal ersetzt denken, in welchem die Schwerkraft unter einem Winkel 6 gegen die Vertikale geneigt ist, wobei 6 durch

die Beziehung tang 8 = -- bestimmt ist. Wir kbnnen uns daher die Grundstromung niit einer

Wasserspiegelflache denken, die uni den Winkel B gegen die Horizontale geneigt ist. Wenn 8 klein ist, gilt die G1. (11) unverandert, nur dak h' jetzt die Abweichung von der schiefen Wasseroberflache bedeutet. Im Eingangsquerschqitt ist die Wasseroberflaclie horizontal; die Stromung fangt also in x=O mit einer linearen Storungsfunktion h ' = f ( y ) an. Die oben angedeutete Konstruktion gibt dann die in Abb. 1 dargestellte Spiegelhohenverteilung, und es ist leicht zu sehen, dalj die maximale Erhdhung an der aukeren Seitenwand in der Distanz x = b f i vom Eingangsquerscliriitt stromabwarts auftritt und den doppelten Wert der

statischen Erhohung 3 ~ annimnit. Denselben Vorgang konnen wir auch anders beschreiben. Wir ersetzen den leicht ge-

krummten Kanal durch einen geraden und nehmen an, dafi von dem Querschnitt x = O an die Fliissigkeit auker der Schwerkraft einer Seitenkraft unterworfen ist, welche wir an. genahert gleichinabig verteilt denken und deren Grdbe fur die Masseneinheit der Fliissigkeit

gleich - ist. Es ist leicht zu sehen, dafi in diesem Falle (im allgemeinen fur Krafte, die ein Potential besitzen) die G1. (11) unverandert bcstehen bleibt, aber die Randbedingung an den Seitenwanden sich andcrt. Die zweite der Gl. (8) lautet in diesem Falle

U 2 gR

b u2 Y R

U2

R

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Z1schr.f. angew. v. K i r n i i n , Uberschallstroruung ill Gasen 11. uberkritische Stromung in Gerinnen Math. und Mech. 52

3 h' U 2 so dab an den Wanden wcgen uU = 0 die Bedingung

Gl. (11) die folgende einfaclie Deutung geben: - = ~~~ gilt. Dann konnen wir der ay R g

X Wir fuhren die Zeit t =- ein, in welcher die Flussigkeit den Weg x in der Richtung U der Grundstroniung zurucklegt. G1. (11) lautet dann

(13).

Diese Gleicliung sehen wir als die Scliu~ingungsgleichung fur eine Flussigkeitsniasse an, die

zwischen zwei parallelen Wanden y = ? -- eingeschlossen ist, und die ziir Zeit t = 0 plotzlicli

unter die Wirkung einer konstianten, in der y Richtung wirkenden Beschleunigung gesetzt wird. Die zeitliclie Anderung der Oberflache der schwingenden Flussigkeitsniasse entspricht den stroinabwarts aufeinanderfolgenden Flussigkeitsprofilen. Die Fortschreitungsgeschwindig-

keit der Stbrung in der yRichtung iiiuli gleich - = ~~ gesetzt werden, wobei c = vi-ho und sin a 5- - ist. Wir werden sehen, dab diese Vorstellung besonders geeignet ist, die

Dampfung der Wcllen langs des Kanales darzustellen.

11

2

u c /i cosa

c 1;

4. Die Oberflachenerhohung langs der Wande nach der exakten Theorie der reibungsfreien Stromung. Wit- keliren zu den esakten Gleicliungen zuriick, und leiten zunaclist eine Gleichung fur die Erhohung der Wasseroberflaclie langs der Seitenwande ab, gultig fur den Bereich, bevor die gegenseitige Beeinflussung der beiden Wande beginnt.

Die einfachste Betrachtung, die zii einer Integration der exakten G1. (1) bis (4) fuhrt, schliekt sicli an den linearisierten Fall an. Fur einen infinitesimalen Bereicli inussen die Verhiiltnisse denen, die durcli die linearisierte Gleichung dargestellt werden, Rhnlicli sc'in, d. 11. eine infinitesimale Storung schreitet auch in dieseni Falle unverandert fort l h g s der zwei Wellenlinien; nur sind dann die letzteren im allgemeinen gckriininit und der M a c h sche Winkel a wird nicht zwisclien der Wellenlinie und der s.Achse, sondern zwischen der Wellen- linie und der wirklichen Stromlinie auftreten. Aucli ist der Winkel (L im allgemeinen

ver&nderlicli, da seine Grolie durcli sin a = - bestimnit ist, wobei somohl c = l/g h als

ZI =

Nehnien wir nun an, dab im Eingangsquerschnitt h = h , -- const gilt und die Geschwindig- keitskoinponenten v, = el,, vy = 0 sind. Dann sind zunachst die Wellenlinien, die von den Punk-

C

V

( I I Z h ) im allgemeinen veranderlich sind.

ten dieses Querschnittes ausgehen, gerade und unter dem Winkel Q, = arc sin ]'@a z ~ i - X-Achse VO

geneigt. Fur das Dreieck A B C in Abb. 2 gilt deswegen h = ha und die Geschwindigkeit behalt ihre Gioke und Richtung. An beiden Seiten des Dreiecks aiidert sicli Hbhe und Geschwindigkeit infolge des Einflusses, cler von den Wanden ausgeht. Nehmen wir an, da6 an der Wand eine Anderung der Oberflache uni A h auftritt, dann schreitet diese Storung nacli dem oben Gesagten langs der Wellenlinie, die von der Wand unter deni Machscheii Winkel Q ausgelit, unverandert fort. Diese Wellenlinien sind in diesem Falle Linien gleicher Hohe, weil die zweite Schar von Wellenlinien, die von dem Dreieck A B C ausgehen, die Storung null tragen. Nun erfolgt die Beschleunigung der Flussigkeit zufolge G1. (2) in der Richtung des Gradienten von h, folglich mu6 die Beschleunigung senkrecht zu der von der Wand ausgehenden Wellenlinie stehen.

Diese Redingung labt sich sehr leicht niathematisch ausdriicken. Es sei 0 die Ablenkung der Stromlinie von der ursprunglichen Richtung, die Geschwindigkeit sei gleich a. Dann

d V sind die beiden Komponenten der Beschleunigung -- in der tangentialen und 71 "@ in der at d t normalen Richtung, Da die Wellenlinie mit der Geschwindigkeitsrichtung den Winkel a ein- schliebt und die Beschleunigung senkrecht zur Wellenlinie ist, so ist der Winkel zwischen Geschwindigkeit und Beschleunigung 90' + a . Bezeichnen wir die Griifie der Beschleunigung mit ( 1 , so werden die Feiden Koniponenten gleich

d 11 dO t l t d t = CL cos (90' + n) = - a sin a imd v ~ = n sin (90O + u ) = n cos a .

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Vi~lglicli iat I d I'

ty (1 (9 * , . . . . . . . . . . (11). t,ang (A =

112

Niin ist + I / - If iind daher 2 {I

u tl I' - (1''

d o = - yClt3-g - tang a d h . . . . . . . . . . (15).

Diese Gleichnng kann man auch unmittelbar einsehen, indem man die Anderung (I A h , die einer kleinen Abweichung A 8 der Geschwindigkeitsrichtung entspricht, gleich der Anderung des Impulses normal zur W ellenlinie setzt.

'

Abb. 2 . Abb. 3.

G1. (15) ist die Grundgleichung zur Rerechnung der Anderung der Spiegelhohe entlang der Wand. Fuhren wir in (15)

ein, so erhalten wir die Differentialgleichung

. . . . . . . . . . . . . (W, d h 2 ( H - h ) l / h __ - a= l / 2 $ j - - r

die sich elementar integrieren 1LQt.

v >e. Zunachst erhalten wir eine sehr einfache Naherungsformel fur den Fall, daf3 h < H odcr

Vernachlassigen wir h neben H, so wird (16)

Ilic genaue Integration von (16) fuhrt xu

oder

8 + rr = 1/ 3 arc sin - + const . . . . . . . . . (l!)), vhl

2 3 wobei her= - H die Grenzwassertiefe bedeutet, d. h. die Wassertiefe, fur welche die Ge-

schwindigkeit gleich der Schwellgeschwindigkeit ist,

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Ztsohr. f . angew. v. K i r m A n , Oberschallstriimung in Gnsen 11. iiberkritische Strijniung in Gerinnen Math. und Mech, 54

Nehmen wir an, dab fur (-1 = 0, a = u,,, h = h , ist, dann ist

und man sieht, dab fur 6) = u, ~~ , ?t == 0 , a = 0 wird. Der so erhaltene nega.

tive Wert von 6) ist die Ablenkung, fur welche an der inneren Kriimmerwand die Stromung die Wand verliifjt. Rine griikere Ablenkung der Flussigkeit ist nicht tunlich. In der Abb. 3 ist die Kurve

1/ 3 arc sin byo,

dargestellt (Kurve a). Wenn wir von eineiii beliebigen Werte von @,, h., ausgehen, geben die Werte hiH fur wachsendes 0 die Wasserspiegelerholiung langs der autieren, die Werte fur

J L

abnehniendes 8 den Abfall der Wasseroberfliiche langs der inneren Wand an. 0 =(1/ 3 - 1) 3 entspriclit dem Unterschreiten der kritischen Geschwindigkeit. Dieser Winkel stellt die grobt- mogliche Ablenkung von der kritisclien Geschwindigkeit bis zur Hoclistgescliwjndigkeit 1/m dar. Die entspreclienden Bezieliungen sind fur den Fall der Gasstroniung niit Uberschall. geschwindigkeit von L. P r a n d t l ungefghr vor dreibig Jaliren diskutiert worden.

Wenn man die nach G1. (18) sich ergebenden Werte mit den Versuclisergebnisseii ver. gleicht, findet man, dab die Gleicliung sowohl die Flussigkeitsspiegelerliohung an der aufjeren als die Senkuiig an der inneren Wand etwas iiberschatzt In Abb. 3 sind auch einige ge- niessene Kurven b und c nacli den Versuclien des Herrn I p p e n zum Vergleich eingetragen. Der gemeinsame Punkt der experimentellen und der theoretischen Kurve (bei 0 ;=: 0,52 bzw. 0,3) entspriclit dem Eingangsquerschnitt; die Hohen, die an der auberen Wand gemessen wurden, sind an den1 von diesem Anfangspunkt aufsteigenden, die an der inneren Wand geniessenen an dem absteigenden Ast der Kurven eingetragen.

Die Giiltigkeit der Formel (18) hiirt in dem Punkte auf, in welcheqi die erste Wellen. linie, die von einer Wand ausgeht, die entgegengesetzte Wand trifft. Ich glaube, es ware wenigstens von tlieoretiscliein Interesse, die Berechnung mit Hilfe der von P r a n d t l und €3 11 s e ni a n n nusgearbeiteten Hodographenmethode weiter fortzusetzen, trotz der erwahnten Abweicliung, fiber deren mutmablichen Grund wir iin nachsten Paragraplien einige Betrach- tungen anstellen wollen. Allerdings ist die Bereclinung dadurch erschwert, dab in der Niihe der inneren Wand offenkundig ein Stok entsteht. Dies ist schon daraus zu erselien, dab die von der Suberen Wand ausgelieiiden M7ellenlinien sich ubersclineiden. Docli unter Benutzung dcr Stokbedingungeii, die leicht aufzustellen sind, oder der sog. ,.Stohpolare" kann die Stofj- h i e und das Stromlinienbild konstruiert werden, ahnlich wie es Herr P r e i s w e r k fur eine Stroinung durcli einen dasenformigen Kana1 durchgefuhrt hat.

5. EinfluD des Gefalles und der Sohlenreibung. In den bislierigen Berechnungen wurde horizontale Sohle und Reibungsfreiheit angenommen. Es scheint jedoch, dab die systematische Abweicliung zwischen den bereclineten und deli gernessenen Wasserspiegelkurven mit dieser Vernnclilassigung zusammenhangt. Es ist iiiimlicli klar, dab das Gleichgewicht zwischen der Schwerkraftskoniponente in der Bewegungsrichtung und der Reibung im Krunimer gestort ist. In dem Bereich. in dem die Flussigkeit durcli die Ablenkung verlangsamt und die Spiegel- hohe gehoben wird, uberwiegt die Schwerewirkung gegenuber der Reibung, wahrend in dem Bereich, wo der Wasserspiegel sinkt, die Reihung relativ grober wird. In dem eindimen- sionalen Falle labt sich das durch folgende einfache Reclinung zeigen :

n 0:' Neliinen wir an, dab die Sohlenreibung fur die Flacheneinheit der benetzten Sohle ct *--

betragt, wobei die Reibungszahl cf angenlhert als ein konstanter Wert angesetzt werden kann. Fernerhin nehmen wir an, dafi die Reibung an den Seitenwanden wegen der groben Breite des Kanals vernachlassigt werden kann. Dann ist die Schwerkraftskomponente im Gleich. gewicht mit der Reihung, wenn das Gefalle gleicli ist

i

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55 Band 18, Heft 1 Febr,,ar 1935 v. Ii i r n i i n , iibel.sc.liallstrBrriungr iii (:ahen 11. uberkritische Stromung i n C;erinnen -

Wenn nun h und v veranderlich sind, so sagt die B e r n o u l l i s c h e Gleichung

oder

uiid iiiit

d 1;' sin' u,, &.L' fh j = s (1 . . . . . . . , . . (20).

Wenn daher a > a, findet Energiezufulir, wenn a < a, Energieverlust statt. In den] zweidimensionalen Falle konnen wir dementsyrecliend annehmen, dab an einem

beliebigen Punkte der Sohle eine Reibungskraft in der zur resultierenden Geschwindigkeit entgegengesetzten Richtung wirkt, welche eine tangentielle Beschleunigung von der Grijfie

- g s sin, a der Fliissigkeit erteilt, wahrend die Schwerkraft eine Besclileunigung g s in der Riclitung des Gefalles erzeugt. Dabei wurde angenomnien, dafi das Gefalle s konstant bleibt. Die Rechnung ist jedocli leiclit auf den Fall veranderlichen Gefalles auszudehnen.

Die Integration der exakten Gleichungen, einschliefilich Reibungskraft, ist sehr kom- pliziert, da die Reibungskrafte kein Potential besitzen. Demzufolge wollen wir uns auf den Fall kleiner Stnrungen, d. 11. linearisierter Gleicliungen beschranken. Eine genauere Rechnung ist auch aus dem Grund kaum tunlicli, da die Vernachlassigung der Reibung an der Seiten- wand im Falle selir starker Spiegelerliohung an der Wand wohl kaum erlaubt ist.

In dem linearisierten Fall sind die zusatzlichen Beschleunigungskoniponenten : in der

sin' 0,

~~

V ' U und in der yRichtung - s g -J-.. Folglicli lauten die G1. (8)

uiid die Kontinuitatsgleicliung

. . . . . . .

Wenn wir die Gescliwindigkeitskomponente uV' eliniinieren, erhalten wir die folgende Gleichung

(231, d'h' ' d h ' U' d'h' 2 s a h' s c) V 1 _ _

~ +--=- li a-x . . . . . . . . . d X' a ?J2 gh,, d J" + h , 3.l'

welche zusaniineii mit der ersten der G1. (21) h' und u,' bestiinmt. Wir konnten nun eine dieser Variablen eliminieren, indessen ziehen wir vor, die relative GroiSe der beiden lehten

Glieder in (23) abzuschatzen und eine angenaherte Gleichung zu benutzen. Wenn wir a-cr

aus (21) mit vernachlassigteni Reibungseinfluh entnehnien, gilt a -~ ux' = - % ' -~ '' folglich ist

das letzte Glied in (23) angenaliert gleich s :2 y:, Nun ist in den meisten praktischen

Fallen ->l, so dak das letzte Glied ini Vergleich Zuni vorangehenden !?! 'h' ohneliin

klein ist. Dalier setzen wir fur das letzte Glied den aiigenalierten Wert ein iind erhalten (23) i n der Form

a v,'

d X 7J a x '

U Y Clh, h , ax

U' wobei p' = -- - betriigt. In den meisten Fallen wird es genugeri, g h , 2 s J? 0

x=- zu setzen.

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Ztschr. f . angew. v. I< l ir m An, Uberschallstriimung in Gasen 11. iiberkritische Striiriiilng in Gerinnen Math. und 56

GI. (24) hat den Charakter der Telegraphengleichung. Wenn wir zu unserer fruheren

Analogie zuruckkeliren und die Zeit t = ,,, einfuliren, so stellt (4 . (24) die Scliwiiigungs- gleichung eincr Plussigkeitsmnsse unter Rnnalinie einer dcr Scliwingungsgerscliwindigkeit proportionalen Dampfung dar. Folglich mussen wir stroinabwarts gedampfte Wellen berge und -taler erhalten.

Wenn wir

fur x = 0 eine Anfangsstorung der Form h' = f (y) = 2 ufl cos ~ -- annehinen und an den

Wanden --=O ansetzen, so wird die Losung

5

Dies ist aucli ini allgemeinen der Fall.

Die Telegraphengleicliung kann in verschiedener Weise integriert werden. n y z

a h' aY

(26).

S Y -~ X X

Der Dgmpfungsfaktor e- 1" oder angenaliert e 1 ' 2 ' 6 ~ zeigt, dab im allgemeinen die Wellen in einem Kana1 mit starkeni Gefalle starker gedampft werden. Dies wird aucli durch die Ver- suche bestatigt. Ein quantitativer Vergleich fur relativ niedrige Wellen ware erwunscht. Das vorliandene Versuclismaterial bezieht sich meistens auf Falle, in denen die Wellenhiihen von derselben Ordnung oder gr6f3er sind als die Anfangstiefe h,.

Wenn man G1. (24) fur den Bereich zwischen der Wand und der von der Ecke cles Eintrittsquersclinittes ausgelienden Wellenlinie integrieren will , fulirt die R i e in a n 11 sche Methode zu eiiiem relativ einfachen Ergebnis. Die Losung, fur welche an der Wand, d. h.

und langs der Wellenlinie x = /I die Erhohung h' = 0 ist, lautet b ah.' - U 2 y = T , --- 321 g R

b 2 niit y' = - -

~~~~~~

wobei die Variable z = v[y3)' - y'* ist und 3 die Besselsclie Funktion erster Ord-

x x nung des iniaginaren Argumentes ~ i bezeichnet. Es ist 2 P

Abh. 4.

X I In der Formel (wj) ersclieint wieder der Diimpfungsfaktor e - p . Die Kurve in Abb. 4 stellt den Hohenverlanf des Wasserstandes dar, langs der auberen Wand eines Kanals von einem Fuk Breite und zehn Fub Krummungshalbinesser. Die ,, Gleichgewichtshohe" ist durcli die strich- punktierte Linie augegeben. Die Dampfung ist starker, als sicli nach G1. (25) ergibt, viel- leicht wegen der endlichen Wellenhbhe oder weil die Wandreibung vernachlassigt wurde.

Ich glaube, dab die hier entwickelten Methoden in manchen anderen hydraulischen Problemen Anwendung finden durften. 806