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Eingesandte Literatur (Sammelbände) Bettina Wahrig/Werner Sohn (Hrsgg.): Zwi- schen Aufklärung, Policey und Verwaltung. Zur Genese des Medizinalwesens 1750–1850. (Wolfenbütteler Forschungen, Band 102) Wiesba- den: Harrassowitz in Kommission 2003. 212 Sei- ten, gebunden s 59; ISBN 3-447-04822-0. Die für den vorliegenden Band überarbeiteten Beiträge gehen auf ein Arbeitsgespräch zurück, das von den Herausgebern unter demselben Titel vom 15. bis 18. März 2000 in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel durchgeführt wurde. In der „Einleitung“ (S. 9–15) geben die Herausgeber einen Überblick über die einzelnen Darstellungen und ordnen sie in den historischen Kontext ein; es handelt sich im einzelnen um: Sibylla Flügge: „Reformation oder erneuerte Ordnung der Gesundheit betreffend“ – Die Be- deutung des Policeyrechts für die Entwicklung des Medizinalwesens zu Beginn der Frühen Neu- zeit (S. 17–37). – Bettina Wahrig: „Alle Aerzte sollten also zu redlichen Männern gemacht wer- den.“ Der Zeitschriftendiskurs zur medicinischen Policey 1770–1810 (S. 39–69). – Werner Sohn: Von der Policey zur Verwaltung: Transformatio- nen des Wissens und Veränderungen der Bevölke- rungspolitik um 1800 (S. 71–89). – Thomas Bro- man: Zwischen Staat und Konsumgesellschaft: Aufklärung und die Entwicklung des deutschen Medizinalwesens im 18. Jahrhundert (S. 91–107). – Jutta Nowosadtko: Rationale Heilbehandlung oder abergläubische Pfuscherei? Die medizinische Kompetenz von Scharfrichtern und ihre Ausgren- zung aus heilenden Tätigkeiten im 18. Jahrhundert (S. 109–130). – Christine Loytved: Einmischung wider Willen und gezielte Übernahme: Ge- schichte der Lübecker Hebammenausbildung im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts (S. 131–145). – Gabriele Beisswanger: Der Arzneimittelmarkt um 1800: Arzneimittel zwischen Gesundheits-, Berufs- und Gewerbepolitik (S. 147–161). – Iris Ritzmann: Der Faktor Nachfrage bei der Ausfor- mung des modernen Medizinalwesens – Überle- gungen am Beispiel der Kinderheilkunde (S. 163– 178). – Eberhard Wolff: Medikalisierung von un- ten? Das Beispiel der jüdischen Krankenbesuchs- gesellschaften (S. 179–190). – Mary Lindemann: Wie ist es eigentlich gewesen? Krankheit und Ge- sundheit um 1800 (S. 191–207). – Personenregi- ster. F. Krafft Sonia Horn / Peter Malina (Hrsgg.): Medizin im Nationalsozialismus – Wege der Aufbereitung. (Wiener Gespräche zur Sozialgeschichte der Me- dizin) Wien: Verlag der Österreichischen Ärzte- kammer 2001. 295 Seiten; broschiert s 21,70; ISBN 3-901488-21-9. Der vorliegende Band druckt die Beiträge zum dritten ,Wiener Gespräch zur Sozialgeschichte der Medizin‘ ab, das entsprechend dem den Gesprä- chen zugrundegelegten „diskursiven Charakter“ bestrebt war, „den vielfältigen ,Wegen derAusein- andersetzung‘ nachzugehen, den gegenwärtigen Forschungsprozess deutlich zu machen und of- fene Fragen auszusprechen und zu diskutieren“ (Vorwort der Herausgeber, S. 7f.). Die Beiträge sind zu sechs Gruppen zusammengefaßt. Quellenarbeit in der Medizingeschichte: Wolf- gang Neugebauer: Zur Aufarbeitung der NS- Euthanasie in Österreich nach 1945 (S. 11–17). – Gertrude Langer-Ostrawsky: Medizingeschicht- liche Quellen – Probleme und Methoden in der Bearbeitung der Akten der Niederösterreichi- schen Heil- und Pflegeanstalten Gugging und Mauer-Öhling 1938–1945 (S. 18–28). – Peter Ma- lina: „Spurensuche“: Zur Aufarbeitung der Ge- schichte des „Spiegelgrunds“ 1938–1945 (S. 29– 40). – Gerhart Marckhgott: Gedenkbuch Schloss Hartheim – ein Beitrag zur NS-„Euthanasie“ in Österreich (S. 41–45). – Winfried R. Garscha: Euthanasie-Prozesse seit 1945 in Österreich und Deutschland. Gerichtsakten als Quelle zur Ge- schichte der NS-Euthanasie und zum Umgang der Nachkriegsgesellschaft mit Tätern und Opfern (S. 46–58). – Michaela Kronthaler: Die Würde des menschlichen Lebens, insbesondere die „Euthana- sie“-Problematik und Tötung von „Geisteskran- ken“, in gemeinsamen Hirtenbriefkonzepten und Denkschriften des deutschen und österreichischen Episkopats (1938–1945) (S. 59–84). Wissenschaftliche Arbeit als Weg der Auseinan- dersetzung: Mitchell G. Ash: Medizin im Natio- nalsozialismus – wissenschaftliche Arbeit als Weg der Aufarbeitung (S. 87–98). – Monika Löscher: Zur Umsetzung und Verbreitung von eugeni- schem / rassenhygienischem Gedankengut in Österreich bis 1934 unter besonderer Berücksich- tigung Wiens (S. 99–127). – Erika Thurner: Die „Zigeuner“ als medizinische Opfer vor dem Hin- tergrund rassistischer Verwertbarkeitslogik(en) Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 27 (2004) 323–331 323 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA,Weinheim 0170-6233/04/0412–0323 $ 10.00+.25/0

Eingesandte Literatur (Sammelbände): Medizin im Nationalsozialismus — Wege der Aufbereitung von Sonia Horn und Peter Malina

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Eingesandte Literatur (Sammelbände)

Bettina Wahrig/Werner Sohn (Hrsgg.): Zwi-schen Aufklärung, Policey und Verwaltung.Zur Genese des Medizinalwesens 1750–1850.(Wolfenbütteler Forschungen, Band 102) Wiesba-den: Harrassowitz in Kommission 2003. 212 Sei-ten, gebunden � 59; ISBN 3-447-04822-0.Die für den vorliegenden Band überarbeitetenBeiträge gehen auf ein Arbeitsgespräch zurück,das von den Herausgebern unter demselben Titelvom 15. bis 18. März 2000 in der Herzog AugustBibliothek Wolfenbüttel durchgeführt wurde. Inder „Einleitung“ (S. 9–15) geben die Herausgebereinen Überblick über die einzelnen Darstellungenund ordnen sie in den historischen Kontext ein;es handelt sich im einzelnen um:

Sibylla Flügge: „Reformation oder erneuerteOrdnung der Gesundheit betreffend“ – Die Be-deutung des Policeyrechts für die Entwicklungdes Medizinalwesens zu Beginn der Frühen Neu-zeit (S. 17–37). – Bettina Wahrig: „Alle Aerztesollten also zu redlichen Männern gemacht wer-den.“ Der Zeitschriftendiskurs zur medicinischenPolicey 1770–1810 (S. 39–69). – Werner Sohn:Von der Policey zur Verwaltung: Transformatio-nen des Wissens und Veränderungen der Bevölke-rungspolitik um 1800 (S. 71–89). – Thomas Bro-man: Zwischen Staat und Konsumgesellschaft:Aufklärung und die Entwicklung des deutschenMedizinalwesens im 18. Jahrhundert (S. 91–107).– Jutta Nowosadtko: Rationale Heilbehandlungoder abergläubische Pfuscherei? Die medizinischeKompetenz von Scharfrichtern und ihre Ausgren-zung aus heilenden Tätigkeiten im 18. Jahrhundert(S. 109–130). – Christine Loytved: Einmischungwider Willen und gezielte Übernahme: Ge-schichte der Lübecker Hebammenausbildung im18. und Anfang des 19. Jahrhunderts (S. 131–145).– Gabriele Beisswanger: Der Arzneimittelmarktum 1800: Arzneimittel zwischen Gesundheits-,Berufs- und Gewerbepolitik (S. 147–161). – IrisRitzmann: Der Faktor Nachfrage bei der Ausfor-mung des modernen Medizinalwesens – Überle-gungen am Beispiel der Kinderheilkunde (S. 163–178). – Eberhard Wolff: Medikalisierung von un-ten? Das Beispiel der jüdischen Krankenbesuchs-gesellschaften (S. 179–190). – Mary Lindemann:Wie ist es eigentlich gewesen? Krankheit und Ge-sundheit um 1800 (S. 191–207). – Personenregi-ster. F. Krafft

Sonia Horn/Peter Malina (Hrsgg.): Medizin imNationalsozialismus – Wege der Aufbereitung.(Wiener Gespräche zur Sozialgeschichte der Me-dizin) Wien: Verlag der Österreichischen Ärzte-kammer 2001. 295 Seiten; broschiert � 21,70;ISBN 3-901488-21-9.Der vorliegende Band druckt die Beiträge zumdritten ,Wiener Gespräch zur Sozialgeschichte derMedizin‘ ab, das entsprechend dem den Gesprä-chen zugrundegelegten „diskursiven Charakter“bestrebt war, „den vielfältigen ,Wegen der Ausein-andersetzung‘ nachzugehen, den gegenwärtigenForschungsprozess deutlich zu machen und of-fene Fragen auszusprechen und zu diskutieren“(Vorwort der Herausgeber, S. 7 f.). Die Beiträgesind zu sechs Gruppen zusammengefaßt.

Quellenarbeit in der Medizingeschichte: Wolf-gang Neugebauer: Zur Aufarbeitung der NS-Euthanasie in Österreich nach 1945 (S. 11–17).– Gertrude Langer-Ostrawsky: Medizingeschicht-liche Quellen – Probleme und Methoden in derBearbeitung der Akten der Niederösterreichi-schen Heil- und Pflegeanstalten Gugging undMauer-Öhling 1938–1945 (S. 18–28). – Peter Ma-lina: „Spurensuche“: Zur Aufarbeitung der Ge-schichte des „Spiegelgrunds“ 1938–1945 (S. 29–40). – Gerhart Marckhgott: Gedenkbuch SchlossHartheim – ein Beitrag zur NS-„Euthanasie“ inÖsterreich (S. 41–45). – Winfried R. Garscha:Euthanasie-Prozesse seit 1945 in Österreich undDeutschland. Gerichtsakten als Quelle zur Ge-schichte der NS-Euthanasie und zum Umgangder Nachkriegsgesellschaft mit Tätern und Opfern(S. 46–58). – Michaela Kronthaler: Die Würde desmenschlichen Lebens, insbesondere die „Euthana-sie“-Problematik und Tötung von „Geisteskran-ken“, in gemeinsamen Hirtenbriefkonzepten undDenkschriften des deutschen und österreichischenEpiskopats (1938–1945) (S. 59–84).

Wissenschaftliche Arbeit als Weg der Auseinan-dersetzung: Mitchell G. Ash: Medizin im Natio-nalsozialismus – wissenschaftliche Arbeit als Wegder Aufarbeitung (S. 87–98). – Monika Löscher:Zur Umsetzung und Verbreitung von eugeni-schem/rassenhygienischem Gedankengut inÖsterreich bis 1934 unter besonderer Berücksich-tigung Wiens (S. 99–127). – Erika Thurner: Die„Zigeuner“ als medizinische Opfer vor dem Hin-tergrund rassistischer Verwertbarkeitslogik(en)

Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 27 (2004) 323–331 323

2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 0170-6233/04/0412–0323 $ 10.00+.25/0

(S. 128–142). – Ilsemarie Walter: Auswirkungendes „Anschlusses“ auf die österreichische Kran-kenpflege (S. 143–159). – Helmut Gröger: DieFolgen des Nationalsozialismus für das WienerGesundheitswesen (S. 160–167).

Umgang mit Betroffenen als Weg der Auseinan-dersetzung: Hannah M. Lessing/Renate Meiss-ner/Sylvia Scheck: Der Nationalfonds der Repu-blik Österreich für Opfer des Nationalsozialis-mus. Ein Versuch der Versöhnung (S. 171–184).– Claudia Spring: „Schick mir Gift, das kostetnicht viel.“ Gesundheitspolitische Verfolgungwährend des NS-Regimes und die legistische, me-dizinische und gesellschaftliche Ausgrenzung vonzwangssterilisierten Frauen und Männern in derZweiten Republik (S. 185–210). – ElisabethBrainin: Entschädigung – Wiedergutmachungoder erneute Traumatisierung? (S. 211–218). – Da-vid Vyssoki/Rainer M. Stoiber: Leben nach demÜberleben. Zur institutionellen Arbeit mit Op-fern der Shoah (S. 219–231).

Ethik in der Begegnung mit der Vergangenheit– ein Weg der Auseinandersetzung. Eine Einfüh-rung (S. 235–243). – Claudia Wiesemann: Miss-brauch der Forschung am Menschen im 19. und20. Jahrhundert aus sozialhistorischer Perspektive(S. 244–252). – Felicitas Heimann-Jelinek: ZurGeschichte einer Ausstellung: Masken. Versuchüber die Shoah (S. 253–261). – Gustav Spann:„Leichenbeschaffung aufgrund staatlicher Bestim-mungen reibungslos und völlig ausreichend …“Zusammenfassung der Ergebnisse des Senatspro-jekts der Universität Wien „Untersuchungen zurAnatomischen Wissenschaft in Wien 1938–1945“(S. 262–270).

Das Psychiatrische Krankenhaus der Stadt WienBaumgartner Höhe und seine Vergangenheit –Wege der Auseinandersetzung: Eberhard Gabriel:Das Psychiatrische Krankenhaus der Stadt WienBaumgartner Höhe und seine Vergangenheit(S. 273–279). – Matthias Dahl: Die Arbeit amThema „Kindereuthanasie in der Anstalt AmSpiegelgrund“ (S. 280–285).

Österreichische Ärzteemigration: Paul Weind-ling: Austrian Medical Refugees in Great Britain,1938–45 (S. 289–292). – Autorenverzeichnis.

F. Krafft

Regina Löneke/Ira Spieker (Hrsgg.): ReinlicheLeiber – Schmutzige Geschäfte. Körperhygieneund Reinlichkeitsvorstellungen in zwei Jahr-hunderten. Göttingen: Wallstein Verlag 1996.304 Seiten, broschiert DM 38,–; ISBN 3-89244-206-1.Vom vorgesehenen Rezensenten zurückgegebenwurde der hier angezeigter Band, der es wert ist,auch nach mehreren Jahren seit seinem Erschei-

nen nochmals auf ihn aufmerksam zu machen.Die Idee zu diesem Buch entstand im Zusammen-hang mit der 1994 im Niedersächsischen Landes-krankenhaus Göttingen gezeigten Ausstellung„Mit allen Wassern gewaschen“, die in einer zwei-semestrigen Lehrveranstaltung „Zur Kulturge-schichte der Reinlichkeit“ am Seminar für Volks-kunde der Universität Göttingen vorbereitet wor-den war. Die für den Band erbetenen Beiträge, diein der in die Forschungslage einführenden Einlei-tung der Herausgeber unter dem Titel „Hygieneund Reinlichkeitsvorstellungen als Gegenstandkulturwissenschaftlicher Forschung“ (S. 7–14)auch kurz inhaltlich vorgestellt werden, sind zuvier Gruppen geordnet:

Der öffentliche Raum: Gudrun Schwibbe: Vonder Lage, der Luft und dem Wasser. Umweltein-flüsse und Gesundheit im Göttingen des 18. und19. Jahrhunderts (S. 15–34). – Sigrid Fährmann:„Denn ein undankbareres Geschäft denn diesesgibt es nicht“. Der zunehmende Einfluß der Ver-waltung auf den Umgang mit Fäkalien (S. 35–48).– Regina Löneke: „… die Quelle von den soüberaus häufigen Magenkatarrhen, Diarrhöen,Augenentzündungen“. Die Wasserversorgung der,Irrenanstalt‘ Göttingen von 1866 bis 1900 (S. 49–67). – Brigitte Bönisch-Brednich: Weichselzopfund Zippelpelz. Reiseberichte der Spätaufklärungals (Zerr-)Spiegel von Reinlichkeitsvorstellungen(S. 68–86).

Der reinliche Körper: Ulla Gosmann: „So vielUnheil quillet aus dem schmutzigen Unterrocke!“Ratschläge zur Körper- und Schönheitspflege im,hygienischen‘ 19. Jahrhundert (S. 87–112). – IraSpieker: „Jedem Deutschen wöchentlich einBad!“ Die Popularisierung von Volksbädern umdie Jahrhundertwende und ihre Einrichtung imländlichen Raum (S. 113–140). – Ulrike Sippel:Von Kardätschen, Puderquasten und Papilloten.Das Göttinger Perückenmacherhandwerk imDienst von Mode, Schönheit und Standesbewußt-sein (S. 141–159). – Bettina Rinke: Weiße Wäscheaus Bielefeld. Die Geschichte der industriellenWäscheproduktion am Beispiel der WäschefabrikWinkel (S. 160–173).

Der bedrohte Körper: Sönke Löden/UtaScheer: Als in Göttingen die Cholera nicht aus-brach. Zur Seuchengeschichte Südniedersachsensin der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts(S. 174–190). – Karen Nolte: Unterhalb des Zau-berbergs. Tuberkulosefürsorge in Göttingen zuBeginn des 20. Jahrhunderts (S. 191–217). – Hen-rike Hampe: Geburt und Tod. Die Gefährdungvon Frauen und Kindern vor der Einführung derAntiseptik (S. 218–235).

Der private Raum: Birgit Ohlsen: WeiblichePraxis und ärztlicher Diskurs. Zur Geschichte der

Ber.Wissenschaftsgesch. 27 (2004) 323–331

Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 27 (2004)324