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344 (Mitteilung aus dem Kaiser Wilhelm-Institut flit Metalliorschung, Berlin- Dahlem.) Elastizit~tsmessungen mit ROntgenstrahlen. Yon G. Sachs und J. Wcerts in Berlin-Dahlem. Mit 11 Abbildungen. (Eingegangen am 18. Juni 1930.) Versuohsanordnung zur Messung elastischer Formiinderungen. -- Versuche an gebogenem Duraluminblech. -- Theorio der r6n~genographischen Abbfldung eines Deformationstensors. -- Messung der Querdehnung. -- Genauigkeit der Spannungsmessung. -- Praktische Anwendung. Die hSehste Genauigkeit in der Bestimmung yon Gitterkonstanten erzielt man im allgemeinen nut dutch Vermessen yon Interferenzen mit Glanz~dnkeln nahe 900 bei genfigender AuflSsung. Solehe Pr~zisions- verfahren ermSglichen zurzeit die Absohtbestimmung yon Gitterkonstanten mit einer Genauigkeit yon etwa ~ 3- 10-4/~. Es lassen sieh also_~nderungen des Gitterparameters der Gebrauehsmetalle auf etwa -]= 0,01% ihres Wertes genau ieststellen. Fiir teehnisehe Un~ersuchungen erscheln~ eine yon uns kfirzlich angegebene Vorrlchtung* yon besonderem Weft, mit der Pr~zisionsaufnahmen ohne weiteres auch an beliebig groBen Priif- stricken gemaeht werden kSnnen. Es besteht nunmehr grlmds~tzhch die MSglichkei~, 5rtliche elastische Formi~nderungen eines metallischen KOrpers yon bekanntem Ausgangsgitter direkt mittels RSntgenstrahlen zu messen und darans auf die dazugehSrigen Spannungen zu schlie~en. Im folgenden entwickeln wir die Methode solcher Messungen und beriehten fiber erste Yersuche an einem besonders geeigneten Objekt. Es zeigt sich, dab an Duralumin die ffir Elastizit~tsmessungen er- forderliche Genauigkeit bei Verwendung yon CuK,-Strahlung ohne Sehwierigkeiten erreicht werden kann. Beim wichtigsten Baustoff, Eisen, sind dagegen die erreiehbaren elastischen Form~nderungen so klein, dal3 die bi~er erzielte Genauigkeit noeh nieh-t ausreicht, wie vorl~ufige Ver- suehe (Aufnahmen an Weicheisen mit Mo-Strahlung) best~tigten. Es sell versuch~ werden, die Genauigkeit soweit zu steigern, dab rSntgeno- graphische Spannungsmessungen auch an Bauteilen aus Eisen mOglich werden, also auf -4- 1 10-a A. * G. Sachs und J. Weerts, ZS. f. Phys. 60, 481--490, 1930.

Elastizitätsmessungen mit Röntgenstrahlen

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344

(Mitteilung aus dem Kaiser Wilhelm-Institut flit Metalliorschung, Berlin- Dahlem.)

Elastizit~tsmessungen mit ROntgenstrahlen.

Yon G. Sachs und J. Wcerts in Berlin-Dahlem.

Mit 11 Abbildungen. (Eingegangen am 18. Juni 1930.)

Versuohsanordnung zur Messung elastischer Formiinderungen. - - Versuche an gebogenem Duraluminblech. - - Theorio der r6n~genographischen Abbfldung eines Deformationstensors. - - Messung der Querdehnung. - - Genauigkeit

der Spannungsmessung. - - Praktische Anwendung.

Die hSehste Genauigkeit in der Bestimmung yon Gitterkonstanten erzielt man im allgemeinen nut dutch Vermessen yon Interferenzen mit Glanz~dnkeln nahe 900 bei genfigender AuflSsung. Solehe Pr~zisions- verfahren ermSglichen zurzeit die Absohtbestimmung yon Gitterkonstanten mit einer Genauigkeit yon etwa ~ 3- 10 -4 /~ . Es lassen sieh also_~nderungen

des Gitterparameters der Gebrauehsmetalle auf etwa -]= 0,01% ihres

Wertes genau ieststellen. Fiir teehnisehe Un~ersuchungen erscheln~ eine yon uns kfirzlich angegebene Vorrlchtung* yon besonderem Weft, mit

der Pr~zisionsaufnahmen ohne weiteres auch an beliebig groBen Priif- stricken gemaeht werden kSnnen. Es besteht nunmehr grlmds~tzhch die MSglichkei~, 5rtliche elastische Formi~nderungen eines metallischen KOrpers yon bekanntem Ausgangsgitter direkt mittels RSntgenstrahlen zu messen und darans auf die dazugehSrigen Spannungen zu schlie~en.

Im folgenden entwickeln wir die Methode solcher Messungen und beriehten fiber erste Yersuche an einem besonders geeigneten Objekt.

Es zeigt sich, dab an Duralumin die ffir Elastizit~tsmessungen er-

forderliche Genauigkeit bei Verwendung yon CuK,-Strahlung ohne Sehwierigkeiten erreicht werden kann. Beim wichtigsten Baustoff, Eisen, sind dagegen die erreiehbaren elastischen Form~nderungen so klein, dal3 die b i~er erzielte Genauigkeit noeh nieh-t ausreicht, wie vorl~ufige Ver- suehe (Aufnahmen an Weicheisen mit Mo-Strahlung) best~tigten. Es sell versuch~ werden, die Genauigkeit soweit zu steigern, dab rSntgeno- graphische Spannungsmessungen auch an Bauteilen aus Eisen mOglich

werden, also a u f -4- 1 �9 10 - a A.

* G. Sachs und J. Weer t s , ZS. f. Phys. 60, 481--490, 1930.

G. Sachs und J. Weerts, Elastizits mit R6ntgenstrahlen. 345

Versuchsdurch/~hrung. Fig. 1 zeigt rechts eine Vorrichtung, in der ein Bleehstreifen auf zwei Sehneiden gelagert un4 unter dem Druek einer rnittels Mikrometerschraube zu versehiebenden dritten Sehneide gebogen

werden kann. Die Vorriehtung wird, entsprechen4 der Fig. 1, so aufgestellt, dab der ausgeblendete Prim/~rstrahl die Probe an der Stelle grSBter Dureh- biegung senkrecht zu ihrer. Oberf~che, un4 zwar auf der gezogenen Seite, trifft. Die zu~iickgeworfenen Interferenzen einer geeigneten Strahhmg werden in der frfiher beschriebenen Weise auf ein~m Film aufgefangen, der so grol~ ist (18X18 croP), dab er yon den letzten K,-Interferenzen ganz und yon den n~chsten zum erheblichen Teil getroffen wird. Der dazu erforderliche Abstan4 zwischen dem bestrahlten Punkt der Probenoberfl~che und dem Film wird mit~els S~iehmal]es einges~ellt und naeh Xnderung der Durehbiegung der Probe mit Hilfe einer zweiten Mikro- metersehraube, die die Biegevorriehtung mit der eingespannten Probe parallel zum Prim/~rstrahl versehiebt, jedesmal wieder hergestellt.

Ms Material w~hlten wir wegen seiner grol~en Dehnung an der Streek-

Fig. 1 grenze ein veredeltes Duralumin (681B1/a). Versuchselnrichtung zur rsntgeno-

Der gebogene Streifen hatte 1,01 mm graphisehen Bestimm~tng elastlscher Gitterdeformationen

Dicke bei 100 mm Auflagerabstand. (etw~ I/6 nattirlicher GrS~e). Fig. 2 zei~ einige der mi~ Kupter-

strablmag* gewonnenen Aufnahmen. Die Ausmessung der Interferenz- kreise war dadurch erschwer~, dab gie in einzelne Punkte aufgelSst sin& Immerhin erreichten wit dutch jedesmal fund zehn Messungen fiber verschledene Durchmesser eine geniigen4e Genaulgkeit ffir die -s der Gitterkonstante (vgl. Tabelle 2 un4 Fig. 5). Die Absolutgenauigkeit der Wer~e is~ wohl auch wegen gewisser subjekf, iver Beeinflussung der Mevsungen geringer (vgl. die Absolutwerte in Tabelle 2).

* Die Aufnahmebedingungen waren die gleichen, wie friiher mitgeteilt (G. Sachs und J. Weer ts , a. a.O.). Abstand Probe-Film rund 80 ram, Be- liehtungszeit bei ruhendem Film 4 Stunden, bei Anwendung eines Drehfilms (siehe welter unten)5 Stunden.

23*

346 G. Sachs und J. Weerts,

Die Einzelmessungen zeigten fiberdies, dal~ auch in verspanntem ~Iaterial die Interferenzen mit gro'l~en Ablenknngswinkeln innerhalb der

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Fehlergrenzen auf Kreisen liegen, deren Mittelpunkt in die Blendenachse f~llt. Die weiter unten gebrachte theoretigche Untersuchung ergibt die Griinde hierffir.

Elastizit~tsmessungen mit RSntgenstrahlen. 347

Um daher die Auswertung zu vereinfachen und mSglichs~ eine etwas grS$ere Genauigkeit zu erzielen, haben wit eine weitere neuartige Vor- richtung ausgebildet, die in Fig. 3 dargestellt is~. Die P, rimarstrahlblende wird mit dem Filmtr~ger wiihrend der Aufnahme mittels Schneckenrad und Schnecke, stetig um ihre Achse gedreht. Mit dieser Vorrichtung erzielten wir die in Fig. 4 wiedergegebenen: Aufnahmen, fiir die wit nunmehr schmale Fitmstreifen wie frtiher* benutzten.

Fig. o~ und 4 zeigen nun anschaulich, da$ mit zunehmender Verspannung die Interferenz- kreise ldeiner werden, also der Abstand tier ab- bildenden Krist, allfl~chen sich verringert. Ffir die Linien 511 betr~gt die Verringerung tier mittteren Durchmesser bin zur Streckgrenze auf den Original-

Fig. 3. Vorrichtung fiir Pr~zi- sionsaufnahmen auf Filmen, die wi~hrend der Aufnahme um die Blendenachse gedreht werden (etwa i]~ naftirlicher GrSl~e).

10

0

Fig.4. Pri~zisions-RSntgenaufnahmen yon versehieden stark gespanntem, veredeltem Dularumhl- bleeh. (Drehfilme, 6/10 natiirl icher Gri~l~e.) Diebeigesehriebenen Zahlen geben die Durchbiegung

der Probe in Millimetern an.

* G. Sachs und J. Weerts , a. a. Oo

348 G. Sachs und J. Weerts,

filmen etwa 3~/~ ram, in Fig. 2 und 4 etwa 2 ram. DaJ~ hier eine Abnahme festgestellt wird, h~ngt mit der Lage des l~Sntgenstrahls zum Deformations- tensor zusammen, wor tiber im niichsten Abschnitt eingehender zu spreehen ist.

Bei grol~en Durehbiegungen, we]ehe bleibende Verformtmgen erzeugen, werden die Interfexenzen dann unseharf, so dal3 der Ausmessung bald eine Grenze gesetzt ist. Dem entsprieht die Kriimmung in der Kurve der endg(iltig gewonnenen .~nderung der Gitterkons~anten (Fig. 5). Die

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Fig. 5. ~nderung der Gitterkonstanten veredelten Duralumins bei elastischer Deformation.

seher Deformation eines isotropen KSrpers dureh ein dem Fahrstrahl Q dargestellt, dessen Hauptaehsen:

bekannt seien, r o

Verwendbarkeit des bier ent- wiekelten Verfahrens ist also auf F~lle vorwiegend elas~i- seher Beanspruehung eines zu- vor nicht kaltverformten oder zweeks Entfe~nung der Eigen- spannungen angelassenen Stof- fes besehr~nkt.

R~ntgenographische Abbil- dung des Deformat~onstensors. Die vollst~ndige Deutung derart gewonnener RSntgenbilder er- fordert folgende einfaehe geo- metrisohe 0berlegungen*.

Wit denken uns den all- gemeinen Fall homogener elasti-

Ellipsoid mit

~z = %(1 + ez), |

e3 = ro (1 + s3)

(1)

ist der Radius der undeformierten Kugel, s:, s~, % sind

die Hauptdehnungen. Die GrS~e irgendeines Fahrstrahls ~ (% V) ergibt sieh dann naeh Fig. 6 aus der Gleiehung dieses Ellipsoids:

e ~ ( e~ ~ sin ~ ~ cos ~ ~ + sin~ ~ sin 2 v 2 r-~ ~(~ T ~ ' + (1 + ~)~ (: + ~)~ / = 1 (~1

* G. J. Aksenow, Journ. f. angew. Phys. 6, 1929, Heft 2, 3--16 (russisch, mit deutscher ZUsammenfassung), hat die Theorie der RSntgenuntersuchung elastisch gespannter Proben allgemein und in etwas anderer Form behandelt. Unsere Untersuchung erstrecl~t sich dagegen im wesentlichen auf die versuchs- m~fiig mit der erforderlichen hohen ~Genauigkeit feststellbaren Effekte.

Elastizit~tsmessungen mit RSntgenstrahlen. 349

Fig. 6. Oktant eines Deformationsellipsoides.

in ers~er N/~herung zu:

= 1 + s I - - (s 1 - - s~) sin 2 q~ ~ (e 2 - - s3) sin '~ 9 sin~ ~P- (3) re

In dem yon uns untersuehten Falle unterliegt der best rahlte Tell der

Probe, wean wit die Eindringungstiefe der ]~Sntgenstrahlen, s0wie die geringen Querspannungen vernaehl~ssigen, einem ann/~hernd einaehsigen

Spaanungszustand. Dessen Deformationsellipsoid hat die Kauptaehse

Fig. 7. Primarstrahl und Normalen der reflektierenden Krlstallflaehen im Deformationsellipsoid. (Anm. bei der Korrektur: Die Bezeichnungen ?, und #ft

sind zu vertauschen.)

Pl = re (1-4-el) in der Li~ngsriehtung der Probe, senkreeh~ dazu die

Hauptachsen Ps = ~~ = re (1 ~- ss) = re (1 + %). Aus der Gleichung dieses rotationssymmetrisehen Ellipsoids:

--q = 1 -4- sl - - (sl - - st) sin ~ q~ (4) ?'o

ergibt sich fiir die Xnderung der Fahrstrahlli~nge die Beziehung:

A 0 O - - t o - - - - - - s, - - (sl - - s2) sin~ q~, (5)

?'o ?'0

die unmittelbar aueh far die Anderung A did o der Netzebenenabst~nde d o gilt. Wit untersuchen nun den Fall, dab der Primi~rstrahl entspreehend

Fig. 7 unter dem Winkel cp gegen die ~,ieh~ung der Hauptdeformat ion sl der einaehsig gespaanten Probe auftrifft. Aus RSntgenaufnahmen lassen sieh zuni~chst nur die Fahrstrahlliingen (Netzebenenabsti~nde) bestimmen, welehe in die Mantellinien des ~ormalenkegels der reflektierenden Flgehen

350 G. Sachs und J. Weerts,

fallen. Da jeder Normalenkegel vom 0ffnungswinkel 2 v ~ aus dem

Deformationsellipsoid eine ellipsen~hnliche Kurve ausscheidet, geniigt die Kenntnis von je 4 Fahrstrahlen, und zwar derjenigen, welche gem~it] Fig. 7

in die, beiden senkrecht aufeinanderstehenden Ebenen (9~1) und (~ Q2) fallen. ~ ist hierbei senkrecht zu Q gelegt. Diese beiden Ebenen schneiden aus dem Deformationsellipsoid Ellipsen mit den Achsen ~1 und ~ bzw.

und Q2 aus. Zu den Achsen ~i bzw. ~ dieser beiddn Ellipsen schliel3en

e2

r ~p_+ (90 - ~), (9o -- ~) Fig. 8. Tafel zur graphischen Bestimmung beliebiger Fahrstrahlen eines Rotationsellipsoides

yon bcliebig gegebenen Itauptachsen.

also die in ihrer Ebene liegenden Reflexionsnormalen die Winkel ~ .-j= i90- - v ~) bzw. • (90- - v ~) ein. Ihre Endpunkte sind in Fig. 7 mit 1 und 3 bzw. (und symme~risch zu ~ mit 4) bezeichnet. ]Jar Unterschied gegeniiber dem undeformierten Gitter kann daher leicht aus einer graphischen Tafel, Fig. 8, entnommen werden. Die oberste Kurve gibt die Fahrstrahl- ~nderungen in der Ebene (e ~1), also die Gleichung (5), in Abhangigkei~ von ~, oder da wir ja den Fall betrachten, dal~ ~ konstant und v a ver- anderlich ist, in Abhan~gkeit yon ~ ~ (90 - - v~) an. Die a.nderen Kurven

geben dann ffir Werte ~ : 15, 30, 45, 60 und 75 ~ die Werte A ~/r o in den Ebenen (~o2) in Abh~ngigkei~ yon ( 9 0 - v ~) an. Diese Kurven sind, wie leicht einzusehen, der obersten ~hnlich.

Elasti~.it~tsmessungen mit R6ntgenstrahlen. 351

Worauf es uns ankommt, ist nun die _~nderung der Netzebenenabsti[nde in Riehtung des Prim~rstrahls, der die gemessenen Winkel 90 ~ O inig den Normalen der reflektierenden Netzebenen einsehliegt. Ffir diese Reduktion der Netzebenenabst~nde kann bei Aufnahmen an Daralumin mit CuK -Strahlung der Winkel 90 o _ v ~ ffir jedes Fl~ehensystem mit ausreiehender Genauigkeit als konstant angesehen werden, und zwar

(90~ zu etwa 7 ~ und (90 ~ zu etwa 9,01/e ~ Die Ab- bildungsbedingungen lassen sich damit aus der Fig. 8 in einfaeher Weise

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<~ 0 2 ' 2 " r 7 ' 0 i

- - 4<' 4," ,C [

�9 ~0 ~ 2 0 ~ 30 ~ ~0 ~ ~0 ~ 6 0 " 700 8 0 ~ ~

Fig. 9. Beispiel ~ - die Ermittlung der Abbildungsbedingungen bei Schrfigaufnahmen yon einachsig gespanntem, veredeltem Duraluminb]ech. 1Mma~s~rahl unter 450 zur hehse der

Hauptdehnung. Cu Ka-Strahlung.

arm~hernd iibersehlagen. In Fig. 9 ist ein Einzelbeispiel wiedergegeben. Das Verh~ltnis der Querdehnungen e2 i= e~ zar Hauptdehnung el ist mit s2/s ~ = - - 0 , 3 9 , angenommen und s 2 = - 1 gesetzt. In Fig. 9 ent- spl'ieht die Streeke 0--0 der gesuehten Gitterdehnung in Riehtung des Prim~rstrahls, 1'--1' bis 4'---4' bzw. 1"--1" bis 4"- -4" den gemessenen Gitterdehnungen in den Rieht;ungen 1' his 4' bzw. 1" bis 4" tier Fig. 7.

Das Ergebnis dieser Untersuehung ist in Tabelle 1 niedergelegt und ermSglich~ die Auswahl der geeignetsten Priifriehtung. Rein theoretiseh w~tre eine Bestrahlung parallel zur Aehse der Hauptdeformation el, also

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Elastizit~tsmessungen mit RSntgenstrahlen. 353

der grSBten Gitter~nderungen zu w~hlen, d. h. in jedem Falle eine Richtung pa~'allel zur Oberfl~che der Probe. In der Richtung senkrecht zur Ober- flgche erh~lt man dagegen nut einen dutch die Poissonsehe Konstante bestimmten Bruchteil der Hauptdehnung. Praktisch kann man jedoeh mit dem Prim~rstrahl hSchstens bis zu einem solchen Winkel an die Ober- fl~ehe der Probe herangehen, dab die abzubfldenden Interferenzen nicht teilweise yon der Probe selbst abgefangen werden, im vorliegenden Fa]le des Duralumins bis q~ = 180~ v~4~, etwa 42 ~ Damit ist abet, wie aus Fig. 8 und Tabelle 1 entnommen werden kann, gegeniiber einer Bestrahlung in der Querrichtung nichts gewonnen. Die Abweiehungen der Interferenzlinien yon tier K~eisform sind fernev in diesem FMle so groB, dab die Anwendung eines Drehfflmes nicht mSglich wgre. Aueh er- seheinen die Interferenzen bei solchen Aufnahmen infolge des schrggen Auftreffens der Prim~rstrahlen so stark verwaschen, dab sie nicht mehr genau auszumessen sind (vgl. Fig. 10):

Praktisch kommt also als Prfifrichtung nur die Querrichtung in Frage. Eine Diskussion der Abbildungsbedingungen ffir andere Pr(ifrichtungen erfibrigt sieh hier; sie sind der Tabelle I und Fig. 8 sinngem~B wie fiir die Querrichtung zu entnehmen.

Auswer tung der I~Ontgenau/nahnlen. Nach den vorstehenden Uber- legungen waren die RSntgenaufl~ahmen in folgender Weise auszuwerten. Zu den mittels GlasmaBstabes gemessenen mittleren Durchmessern der vier Interferenzlinien 422 K~, 422 K~, 511 (333) Kax , 511 (333) K~2 wurden die den Netzebenenabstanden im kubischen Gitter entsprechenden Gitterkonstanten auf graphischen Tafeln abgelesen and die arithmetisehen Mittel a* ~- a o + A a * ffir [511] bzw. [333] und a** = a o + A a * * fiir [40,0,] gebildet, a o ist die Gitterkonstante des ungespannten Stoffes. 3eder dieser beiden Werte war dann mi~ ttilfe der fl'~iher mi~geteilten Korrektl~funktion t nach einer dutch die Abstandsfehler der betreffenden Aufnahme gegebenen, also ffir beide Werte gleichen Xonstanten K zu korrigieren. Diese Konstante ist wegen der dem Deformations- tensor entsprechenden Verschiedenheit der zu ermitte]nden Werte a*ko m

nnd a**ko=, nieht ohne weiteres anzugeben; K bleibt daher zungehst im folgenden Ansatz unbekannt.

Der Abstandsfehler A a ist fiir die yon uns benutzte Anordnung all- gemein anzusetzen mi t t :

zJ a = a. K . etg z9 sin 4 v ~. (6)

t G. Sachs und J. Weerts , a. a. O., S. 484.

,0 0

0 0

4 ~

C2,

OO O0 O ~.., tO OO t.~. O0 O0 e..O O tO OO 00 OO ~..,~ .,.,l r r t..-* r ~-~ -..,l r r

30 O0 cs O t,D r r -.,1 ~ O0 O t-,. tO

I I~lll ~ I II] I

Il I l I ~ I I ll I

EII[I III~1

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++§ ~1~

~+§ I

~§247 I I

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5++11 0~0~0~

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§247 ]

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"~ ~.

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s'4-a~176 "F putt sq~ S "0 17~t;

Elastizitatsmessungen .mit RSntgenstrahlen. 355

Daher ist" a*k .... =- a* § a* K ctg #* sin 4 ~*. (7)

Ffir die Anderung der Git terkonstanten infolge der Deformation gil t :

a*k .... ~ a 0 - - a * - - a o j ~ a * K c t g v ~ * s i n 4 # * ~ A a * k ....

= A a* -4- a* K etg v ~* sin 4 vq* (8) und ebenso:

A a**l~orr. ---- A a** ~- a** c~gv q** sin 4 v ~**. (9)

I-Iierin kann nach den Regeln der Elastizitfi,tstheorie gesetzt werden:

a* = a** ---- a---- a e ---- const. (10)

Ferner ist aus dern Deformationsellipsoid die Abweichung tier Gitter-~

iinderungen A a*~o., und A a**~o = yon der Gitteri~nderung in tier Prtii-

r iehtung A a als Funkt ion des Glanzwinkels # best immt (vgl. Tabelle 1):

A a*ko~ ' = z] a . c (v~*) ~ A a . 0,96s (11)

und:

Damit wird:

2 a** - - A a - c (~**) N a . 0,745t (12) korr. - - ~'~

A a * ~ - C - c t g v q* s i n 4 # * =0,96sAa, (18)

A a** + C. ctg zg** sin 4 v ~** =- 0,74~A a. (14)

Eine bequeme graphische LSsung der Gleichungen (18) und (14) zeigt

Fig. l l t ~ . Der ~Jbersichtlichkeit wegen ist darin nut die Auswertung der

t Genau genommen mill]ten c (v ~*) und c(~**) durch N~herungsverfahren bestimmt werden. Mit Rficksicht auf die an sich gegebene MeBgenauigkeit genfigt es , sie aus den teehnisch6n Werten des QuerkiirzungsverhMtnisses, entsprechend Fig. 8 und Tabelle 1, zu bereehnen.

t~ Dazu werden nach Fig. 11 die den gemessenen Gitterkonstanten a* und a** entspreehenden Werte A a* und A a** fiber der Korrekturfunktion ctg v ~ sin 4v ~ eingetragen und dutch diese Punkte zwei parallele Gerade so gelegt, dal] sie auf der Ordina~enaehse (etg ~ . sir~ 4 v a = 0, d.h. ~ = 90 ~ zwei Werte absehneiden, welehe die obige Beziehung erfiillen:

A a'kerr. 0,965 A a**korr. 0,745

Urn diese verlangte Beziehung der beiden Absehnitte ohne weiCeres zu er- kennen, bringt man an der Achse in der gewiihlten Einheit eine doppelte Be-

0,965 zifferung an, deren Einheiten im Verhiiltnis 0 , ~ stehen. Also fiir A a* die

i 2 1 2 Bezifferung 0,965' 0,965 , fiir Aa** die Bezifferung 0,745' 0,74~ " " "" Es ~st

nunmehr einfach zu verlangen~ dab diebeiden paraUelen Geraden die dureh den gleichen Z~bler gekennzeiehneten Werte in den neuen Bezifferungen ab- schneiden.

3 5 6 G. Sachs und J. Weerts,

ersten Versuchsreihe (Aufnahmen auf ruhendem l~ilm) als Beispiel wieder- gegeben.

Ergebnisse der Untevsuchung. Tabelle 2 bringt die Zahlenwerte und Pig. 5 das Endergebnis der Untersuehung. Danaeh verlau~en die Gitter- deformationen innerhalb tier aus mechanischen Messungen als vorwiegend elastisch bekannten Gebietes praktisch linear mit der Durchbiegung, also auch mit der Randspannung. Der t~eginn plastisclier Verformung der Randzone wit4 dutch ein Zurfickbleiben der Gitterdeformation angezeigt.

1. Die yon uns benutzte Versuchsanordmmg gestattet zun~ehst die unm~ttelbare rbntgenograph~sche Bestimmung des Querk~rzungsverhbttnisses ~u ----- e2/ez. Mit der Durchbiegung ] i s t die Hauptdehnung ~x tier ge-

0,~ 02 0.3 I I I

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- 7

I

Beispiel fox die gr~phische Abs'tandskorrektur. gemessener elastischer Gitter~Lnderungen.

zogenen Randfasern, bei u l~ssigung der Querspannungen, dureh die Gleichung:

_ 6 f h = 6 , 0 6 . 1 0 - ' [ /31 - - l.~

gegeben, worin h die Dieke des Bleehes (1,01 ram), l den Auflager- abstand (100 mm) bedeuten. Die Querdehnung ergibt sieh aus der Geraden, die den gemessenen Xnde- rungen der Gitterkonstanten fiber der Durehbiegung [ i m Gebiet vorwiegend elastiseher Form~nderungen naeh Fig. 5 entsprieht., zu --1,90- 10 --4 f. Das Querkfirzungsverh~ltnis des Dur- alumins ist also

1,90 ,~ 0,81.

6,06

Demgegenfiber ergaben mechanische Messungen an veredeltem Dur- alumin 681 B* den Weft ~ -.~ 0,84. Die Abweichung unseres Ergebnisses betr~gt also fund 9% im Sinne kleinerer Querkfirzung. Sic kann bei unserer Versuchsanordnung zwanglos (lurch die Vernachl~ssigung tier end- lichen Eindringungstiefe der Rbntgenstrahlen erkliirt werden, die gegen- fiber tier geringen Dicke des gebogenen Streifens erheblich ins Gewicht f~tlt. Dieser Nachteil tier bier verwendeten i~ul~erst ei~aehen Versuehs- einrichtung kann nattirlieh dutch Verwendung einer reinen Zugspannungen

* H. Sieglerschmidt , Metallwirtschaft 8, 843--846, 1929.

Elastizi/~tsmessungen mit RSntgenstrahlen. 357

ausgesetzten Probe vermieden werden. Die endliche Eindringungstiefe wird dann crutch die Abstandskorrektur errant. Die Hauptdehnung mfi•te abet gesondert" bestimmt werden. Ms mittlere Eindringungstiefe wfirde sieh in unserem Falle 9% der halben Probendi~ke, also fund 0,045 mm ergeben, ein durehaus plausibler Wert.

2. Die dutch die Eindringungstiefe gegebene Abstandsschwankung einerseits und die Inhomogenit~t der Deformationen innerhalb des re- flektierenden Volumens der gebogenen Probe' anderseits bedingen eine Verbreiterung der Interferenzlinien. Diese ist aber verh~ltnism~Big so gering, dal3 sie die Ausmessung der Filme nicht ersehwer~. Dal~ die Linien auch bei verhMtnism~13ig hohen Spannungen noch fast unvermindert scharf erscheinen, zeigt aul~erdem, da~ die Anisotropie der elastischen Eigenschaften der Kristalle praktiseh keine Inhomogenlt~t der elas~ischen Verzerrungen im Haufwerk zur F01ge hat. Dies erkl~rt sieh wohl daraus, dal3 die elastische Anisotropie bei Aluminium* und Aluminiumlegierungen** gering ist. Eine genauere Un~ersuchung der Liniensch~rfe 8oll noeh am Messing (72 Gew.-% Cu) vorgenommen werden, dessen elastisehe Kon- stanten sehr stark richtungsabh~ngig sind***.

Erst bejm Einsetzen deutlieher plastischer Form~nderungen in der Randzone des Streifens, bei Durchbiegungen yon .10 mm (vgl. Fig. 4) und mehr werden bei Duralumin die Linien des K~-Dubletts in erhebliehem Ma~e unseharf. Da bekanntlich in einem kristallinischen Stoffe naeh bleibenden Verformungen inn ere Spannungen von mindestens der GrSBe der Streekgrenze entstehen, mul~ aueh der Spannungszustand w~hrend der Belastung in entspreehendem Mal3e inhomogen sein. Schwankungen der Netzebenenabst~nde bis zu dem der Dehnung an der Streekgrenze entsprechenden Betrage yon fiber 0,4~o, die fund dreimal so gro~ sind wie die hier gemessenen grSl~ten Querkfirzungen, verwisehen aber das K~-Dublett in starkem Ma~e. Eine andersartige Erkl~rung**** ffir die schon frfiher beobachtete t weitgehende Verschmierung der auBersten Reflexionen yon Duralumin durch u erfibrigt sieh somit.

8. Die Abweichungen der MeBpunkte yon der elastischen Geraden in Fig. 5 entspreehen in der Tat der erwarte~en Genauigkeit yon • 3.10-4A, d.i. etwa 5: 0,01% Dehnung. Die zugehSrige Normal-

* E. Goens, Die Naturwissenscb. 17, 180, 1929. ** R. Karnop und G. Sachs, ZS. f. Phys. 53, 605--618, 1929.

*** M. Masima und G. Sachs, ebenda 50, 161--186, 1928. **** E. Schmid und G. Wassermann, Metallwirtschaft 9, 421--425, 1930.

~- Frhr. v. G5ler und G. Sachs, ebenda 8, 671--680, 1929.

358 G. Sachs ~und J. Weerts, Elastizit~tsmessungen mit RSntgenstrahlen.

spannung kann also far Duralumin bei Annahme ~ eines Elastizit~tsmoduls E ~ 7850 kg/mm ~ und eines Querkiirzungsverh~ltnisses tt ~ 0,32 au] etwa • 2 kg/mm 2 genau bestimmt werden. Voraussetzung ist dabei, dab der Unterschied der Temperatur des Priifstiickes gegen die Bezugs- temperatur der Gitterkonstanten des ungespannten Stoffes vernachlassigbar klein ist. Die anderenfalls an der rSntgenographisch bestimmten Anderung der Gitterkonstanten anzubringende Korrektur b e t r ~ fiir Duralumin etwa 1-10 - 4 A je 1 ~ 0 Temperaturdifferenz.

Die Bestimmung yon elastischen Spannungen in Bauteiten aus homo- genen, kubisch kristallisierenden 1VIetallen kann nunmehr e twa nach folgendem Verfahren erfolgen. Die elastischen Konst~nten E und # des Werkstoffes werden den Literaturangaben entnommen, die genaue Gitter- konstante wird nStigenfalls dutch eine besondere Aufnahme a n einem spanmmgsfreien Stiieke des Baustoffes festgestellt. An dem zu priifenden Bauteil wird dann dureh eine einzige RSntgenaufnahme in tier beschriebenen Weise die Gitterkons~ante in der Prfifrichtung bestimmt und aus dem Unterschied gegen die Ausgangskonstante unter Beraeksmhtigtmg der Prfif- temperatur die 5rtlich wirksame Zugspannung bereehnet*.

Bei der Entwicklung der Versuchseinriehtungen hat uns Herr P. MSllel wertvolle Hilf e geleistet, in de,sen H~nden auch die rSntgenteehnisehen Arbeiten lagen.

Die Notgemeinsehaft der Deutschen Wissensehaft hat uns dureh Gew~hrung yon Mitteln zur Vervollst~ndlgung unserer RSntgenanlage in

dankenswerter Weise unterstiitzt.

* Den Bau und Vertrieb vollst~ndiger ortslSewegiicher Anlagen fiir tech- nische R6ntgenuntersuchungen, insbesondere ffir Spannungsmessungen, hat nach unseren A ngaben die Firma Rich. Seifer~ & Co., Hamburg 13, iiber- nommen.