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PRAXIS | MAGAZIN ZfCM | Controlling & Management 56. Jg. 2012, H.3 169 Die Conference for Management Accoun- ting Research (ACMAR) ist mittlerweile etablierter Treffpunkt der deutschen und zunehmend auch internationalen wissen- schaftlichen Controlling-Community. Be- reits zum neunten Mal kamen am 8. und 9. März 2012 über 110 Wissenschaftler aus Controlling und verwandten Forschungs- disziplinen an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar zu- sammen, um aktuelle Forschungsansätze zu diskutieren und Kontakte zu knüpfen. Nach der herzlichen Begrüßung der Konferenzteilnehmer durch Prof. Dr. Utz Schäffer und Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber startete das breit gefächerte Tagungspro- gramm, das neben zwei forschungsorien- tierten Plenarvorträgen und einem tradi- tionell praxisorientierten Plenarvortrag rund dreißig Diskussionsbeiträge in meh- reren Parallelsessions umfasste, in denen aktuelle Forschungsprojekte vor- und zur Diskussion gestellt wurden. Dabei wurden die im vergangenen Jahr erfolgreich ein- geführten Neuerungen fortgeführt und weiter ausgebaut. So konnten in diesem Jahr noch mehr Forscher vom Feedback eines Diskutanten profitieren. Auch trugen die diesjährigen mit einer Ausnahme aus- schließlich englischsprachigen Sessions der zunehmend internationalen Aufstellung der ACMAR Rechnung. Mit großem Er- folg wurde in diesem Jahr am Vortag der Konferenz ein weiteres Novum angeboten: ein Doktoranden-Kolloquium bot Nach- wuchswissenschaftlern die Gelegenheit, ihre Forschungsarbeiten vor internationa- len Professoren und Kollegen zur Diskus- sion zu stellen. Aufgrund der regen Betei- ligung und der überaus positiven Resonanz ist bereits für das kommende Jahr eine Auf- nahme der Veranstaltung in das reguläre Tagungsprogramm vorgesehen. Der methodische Schwerpunkt der ACMAR lag erneut im Bereich der empiri- schen Forschung und unterstrich damit die sich bereits in den vergangenen Jahren ab- zeichnende zunehmende Relevanz empi- risch geprägter Controlling-Forschung. Aus thematischer Sicht wurde auch in 2012 ein repräsentativer Ausschnitt aus dem breiten Spektrum controllingrelevanter Themen- stellungen geboten, wobei die Mehrheit der Vorträge Themen aus dem „klassischen Controllingbereich“ fokussierte. Um sei- nem spezifischen Schnittstellencharakter gerecht zu werden, wurden jedoch ausge- wählte Anwendungsfelder des Controlling, z. B. im Bereich öffentlicher Dienstleistun- gen oder universitärer Forschung, ebenso wie ausgewählte Sonderthemen adressiert. So referierte Prof. Dr. Nils Crasselt, In- haber des Lehrstuhls für Controlling an der Bergischen Universität Wuppertal, über den Einsatz und die Gestaltung von Steue- rungs- und Kontrollsystemen in deutschen Krankenhäusern oder Irina Duscher von der Technischen Universität Hamburg-Har- burg über die Identifikation zentraler Trei- ber von Zitationen in international führenden Journals zur Rechnungslegung. Zu den nicht minder interessanten Son- derthemen zählten z. B. die sprachwissen- schaftliche Untersuchung des Einflusses von IFRS-Übersetzungen auf Beurteilungen im Rechnungswesen durch Prof. Dr. Barbara E. Weißenberger, Inhaberin der Professur für Controlling und integrierte Rechnungs- legung an der Justus-Liebig-Universität Gießen, oder der Diskussionsbeitrag von Matthias Sohn von der Universität der Bun- deswehr München zum Einfluss von zusätz- lichem graphischen Informationsmaterial im Berichtswesen auf die Qualität von Ma- nagemententscheidungen. Konferenz-Review Empirische Controlling-Forschung weiter auf dem Vormarsch Bericht von der 9. Annual Conference for Management Accounting Research am 8. und 9. März 2012 in Vallendar Abb. 1: Keynote-Speaker Prof. Dr. Ph. D. Michal Matejka der Arizona State University auf der ACMAR 2012

Empirische Controlling-Forschungweiter auf dem Vormarsch

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ZfCM | Controlling & Management 56. Jg. 2012, H.3 169

Die Conference for Management Accoun-ting Research (ACMAR) ist mittlerweile etablierter Treffpunkt der deutschen und zunehmend auch internationalen wissen-schaftlichen Controlling-Community. Be-reits zum neunten Mal kamen am 8. und 9. März 2012 über 110 Wissenschaftler aus Controlling und verwandten Forschungs-disziplinen an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar zu-sammen, um aktuelle Forschungsansätze zu diskutieren und Kontakte zu knüpfen.

Nach der herzlichen Begrüßung der Konferenzteilnehmer durch Prof. Dr. Utz Schäffer und Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber startete das breit gefächerte Tagungspro-gramm, das neben zwei forschungsorien-tierten Plenarvorträgen und einem tradi-tionell praxisorientierten Plenarvortrag rund dreißig Diskussionsbeiträge in meh-reren Parallelsessions umfasste, in denen aktuelle Forschungsprojekte vor- und zur Diskussion gestellt wurden. Dabei wurden die im vergangenen Jahr erfolgreich ein-geführten Neuerungen fortgeführt und weiter ausgebaut. So konnten in diesem Jahr noch mehr Forscher vom Feedback eines Diskutanten profitieren. Auch trugen die diesjährigen mit einer Ausnahme aus-schließlich englischsprachigen Sessions der zunehmend internationalen Aufstellung der ACMAR Rechnung. Mit großem Er-folg wurde in diesem Jahr am Vortag der Konferenz ein weiteres Novum angeboten: ein Doktoranden-Kolloquium bot Nach-wuchswissenschaftlern die Gelegenheit, ihre Forschungsarbeiten vor internationa-len Professoren und Kollegen zur Diskus-sion zu stellen. Aufgrund der regen Betei-ligung und der überaus positiven Resonanz ist bereits für das kommende Jahr eine Auf-nahme der Veranstaltung in das reguläre Tagungsprogramm vorgesehen.

Der methodische Schwerpunkt der ACMAR lag erneut im Bereich der empiri-

schen Forschung und unterstrich damit die sich bereits in den vergangenen Jahren ab-zeichnende zunehmende Relevanz empi-risch geprägter Controlling-Forschung. Aus thematischer Sicht wurde auch in 2012 ein repräsentativer Ausschnitt aus dem breiten Spektrum controllingrelevanter Themen-stellungen geboten, wobei die Mehrheit der Vorträge Themen aus dem „klassischen Controllingbereich“ fokussierte. Um sei-nem spezifischen Schnittstellencharakter gerecht zu werden, wurden jedoch ausge-wählte Anwendungsfelder des Controlling, z. B. im Bereich öffentlicher Dienstleistun-gen oder universitärer Forschung, ebenso wie ausgewählte Sonderthemen adressiert.

So referierte Prof. Dr. Nils Crasselt, In-haber des Lehrstuhls für Controlling an der Bergischen Universität Wuppertal, über den Einsatz und die Gestaltung von Steue-

rungs- und Kontrollsystemen in deutschen Krankenhäusern oder Irina Duscher von der Technischen Universität Hamburg-Har-burg über die Identifikation zentraler Trei-ber von Zitationen in international führenden Journals zur Rechnungslegung. Zu den nicht minder interessanten Son-derthemen zählten z. B. die sprachwissen-schaftliche Untersuchung des Einflusses von IFRS-Übersetzungen auf Beurteilungen im Rechnungswesen durch Prof. Dr. Barbara E. Weißenberger, Inhaberin der Professur für Controlling und integrierte Rechnungs-legung an der Justus-Liebig-Universität Gießen, oder der Diskussionsbeitrag von Matthias Sohn von der Uni versität der Bun-deswehr München zum Einfluss von zusätz-lichem graphischen Informationsmaterial im Berichtswesen auf die Qualität von Ma-nagemententscheidungen.

Konferenz-Review

Empirische Controlling-Forschung weiter auf dem VormarschBericht von der 9. Annual Conference for Management Accounting Research am 8. und 9. März 2012 in Vallendar

Abb. 1: Keynote-Speaker Prof. Dr. Ph. D. Michal Matejka der Arizona State University auf der ACMAR 2012

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Trotz der Vielfalt der adressierten The-menbereiche und Anwendungsfelder wa-ren einzelne thematische Schwerpunkte klar erkennbar. Der erste Veranstaltungstag stand stark im Zeichen des Performance Measurement. So eröffnete Prof. Ph. D. Michal Matejka von der Arizona State Uni-versity (Abb. 1) das offizielle Konferenzpro-gramm mit seiner Keynote zum Thema „Earnings Targets and Annual Bonus In-centives“ und zeigte eindrucksvoll auf, wie sich die Anpassung von Ertrags zielen und die daraus resultierenden Konsequenzen für Anreiz- und Bonussystemen auf das Verhalten von Mitarbeitern auswirkt.

Die Ausführungen von Prof. Matejka unmittelbar aufgreifend, thematisierte Dr. Martin Artz von der Universität Mann-heim in seinem Diskussionsbeitrag die Auswirkungen von unterjährigen Anpas-sungen von Geschäftsbereichszielen auf die Gesamtunternehmensperformance an-hand einer Analyse von Umfrage- und Ar-chivdaten von insgesamt 97 Unternehmen. Die Kernergebnisse der Studie zeigen, dass Unternehmen mit anspruchsvollen Be-reichszielen tendenziell häufiger der Prob-lematik unterjähriger Zielanpassungen ausgesetzt sind. Ferner lassen die Untersu-chungsergebnisse vermuten, dass der Grad der vorgenommenen Zielanpassung mit negativen Auswirkungen auf die Unter-nehmensperformance einhergehen kann, da erwartete Zielanpassungen die Leis-

tungsanreize der Geschäftsbereichsmana-ger und somit deren Leistungsbereitschaft negativ beeinflussen.

In seinem stärker formal-analytisch ge-prägten Vortrag referierte Prof. Dr. Tho-mas Pfeiffer, Inhaber des Lehrstuhls für Controlling an der Universität Wien, über die Auswirkungen des Einsatzes unter-schiedlicher rechnungswesensbasierter Performancemaße auf die optimale Ge-staltung von erfolgsabhängigen Ent-lohnungsverträgen. In ihrer spieltheore-tischen Analyse zeigten die Autoren für Multi-Prinzipal-Agenten-Settings, dass die Wahl von Brutto- bzw. Nettoperfor-mancegrößen das optimale Vertragsange-bot signifikant beeinflusst. Insbesondere fanden sich Anhaltspunkte, dass durch den Einsatz von Nettoperformancegrößen in Regressionsrechnungen die Pay-Perfor-mance-Sensitivität systematisch beein-flusst werden kann.

Einen interessanten Einblick in das Per-formance Measurement von Forschungs-leistungen gab Prof. Dr. Rüdiger Waldkirch von der Fachhochschule Südwestfalen mit seiner empirisch-vergleichenden Untersu-chung über die Effekte alternativer Perfor-mancemaße, wie z. B. Publikations-, Zita-tions- und kombinierte Maße, auf die For-schungsperformance deutschsprachiger Wissenschaftler.

Den runden Abschluss des ersten Kon-ferenztages setzte Prof. Dr. Martin Messner

(Abb. 2) von der Universität Innsbruck mit seiner Keynote zum Thema „Performance Indicators and the Problem of Incomple-teness“.

Die Ausführungen seiner Vorredner auf-greifend, hob Prof. Dr. Messner anhand der Resultate seiner mehrjährigen Einzelfall-studie eindrucksvoll die Bedeutung von Performance-Indikatoren in der Unter-nehmenspraxis hervor. Diese zeigten, dass bereits die bloße Einführung von Perfor-mance-Indikatoren – auch im Falle einer unvollständigen Abdeckung aller relevan-ten Leistungsbereiche im Unternehmen zur Entwicklung eines nachhaltigen Kos-ten- und Qualitätsbewusstseins über alle Hierarchieebenen des Unternehmens hin-wegführt und somit zu Leistungssteigerun-gen beiträgt.

Der zweite Konferenztag begann mit einem Praxisbeitrag von Mark Deinert, dem Chief Controlling Officer der SAP AG. Dieser stellte die SAP In-Memory-Tech nologie HANA vor, welche die effi-ziente Auswertung von über 10.000 Ab-fragen je Stunde auf einer Datenmenge von über 1,3 Terabyte ermöglicht. Diese Tech-nologie erlaubt Echtzeitanalysen auf be-stehenden Daten, ohne dass hierfür eine Vorver dichtung in einem Data-Warehouse oder eine Optimierung der zugrunde-liegenden Datenbank erforderlich ist. An-hand praxisbezogener Geschäftsszenarien konnte er darüber hinaus den Mehrwert dieses Verfahrens verdeutlichen. Für diese Entwicklung wurde SAP zusammen mit HPI mit dem deutschen Innovationspreis 2012 ausgezeichnet.

Auch an diesem Veranstaltungstag stand ein mannigfaltiges Themenspektrum auf der Tagesordnung, wobei ein Schwerpunkt auf Aspekten des Risikocontrolling lag. Dr. Stefan Linder von der ESSEC Business School präsentierte in diesem Zusammen-hang eine empirisch angelegte Studie zur Bedeutung eines partizipatorischen Stils im Risikomanagement. Hierbei konnte er zei-gen, dass das mittlere Management zumin-dest indirekt neue Ideen und Ansätze zur Risikosteuerung liefern kann, da es stärker in das Marktgeschehen involviert ist.

Daneben zeigte Cathérine Grisar von der Technischen Universität Hamburg-Har-burg ebenfalls in einer empirischen Studie, dass die Bedeutung von Monte Carlo Simu-lationen und den zugehörigen Analysever-fahren im Controllingbereich in den kom-menden Jahren stark ansteigen wird.

Prof. Dr. Alexander Baumeister, Inhaber des Lehrstuhls für Controlling der Univer-

Abb. 2: Keynote-Speaker Prof. Dr. Martin Messner von der Universität Innsbruck auf der ACMAR 2012

DO

I: 10

.136

5/s1

2176

-012

-035

8-x

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sität des Saarlandes wählte für seine Studie hingegen eine methodisch konzep-tionelle Vorgehensweise. Er stellte ein Rahmenwerk zur Optimierung hybrider

Leistungsbündelkonfigurationen im Hin-blick auf deren Lifecycle-Erfolgswirkun-gen unter realistischen Nebenbedin-gungen vor. Hierzu präsentierte er unter-

schiedliche Varianten der Leistungs-verbundenheit, mit welchen er Ausge-staltungsprobleme des betrieblichen Managements untersuchte. Die erfolgsop-timale Ausschöpfung vorhandener Kapa-zitäten, welche durch Grund- und Ser-viceleistungen erbracht werden, stand dabei im Mittelpunkt.

Mit interessanten Vorträgen und an-regenden Gesprächen in entspannter At-mosphäre wurde auch 2012 der wissen-schaftliche Gedankenaustausch gefördert und die Möglichkeit geboten, die Control-ling Community genauer kennenzulernen und sich mit ihr zu vernetzen (Abb. 3).

Am 7. und 8. März 2013 feiert die Con-trollertagung ihr zehnjähriges Jubiläum. Ein Erfolg, zu dem das Engagement der Ver anstalter ebenso beigetragen hat wie das der beteiligten Teilnehmer, die mit ihrem In teresse wesentlichen Anteil daran haben, dass sich die Veranstaltung auf hohem Niveau etablieren konnte.

Claudia Harrer und Thomas Alt,Universität des Saarlandes, Saarbrücken

Abb. 3: Die Controlling-Community beim traditionellen Networking im Gewölbekeller der WHU

Hans Paul BeckerInvestition und FinanzierungGrundlagen der betrieblichen Finanzwirtschaft

5., überarb. u. erw. Aufl . 2012. ca. XVI, 379 S. Br. EUR 29,95ISBN 978-3-8349-3140-5Das Lehrbuch defi niert die Ziele der betrieblichen Investitions- und Finanzpolitik in Unter nehmen und erklärt einfach und verständlich die Grundlagen und Methoden der Investitionsrechnung und Finanzierung. Systematisch werden klassische und neue In-strumente vorgestellt, analysiert und bewertet. Beispiele und Aufgaben mit Lösungsvor-schlägen ergänzen die Ausführungen. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung für die Kreditfi nanzierung werden die wesentlichen Regelungen von Basel II und Basel III jetzt in einem gesonderten Kapitel behandelt. Vollständig überarbeitet wurden die Erläute-rungen zu Private Equity und Venture Capital sowie zur wichtigsten Finanzierungsart überhaupt: der Abschreibungsfi nanzierung.

Systematische und anwendungsorientierte Einführung in das Finanzmanagement

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