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Entwicklungshilfe, teehnischer Fortschritt und Terms of Trade 1 Von Hans-Joachim Heinemann, Mflnchen Mit 3 Textabbildungen Als Entwicklungshilfe betrachten wir Ma~nahmen entwickelter Staaten zugunsten unterentwicketter L~inder, die deren Realeinkommen fiber das sonst erreichbare MaB zu steigern in der Lage sind. Dabei handelt es sich einmal um MaBnahmen, die das Kapitalangebot erhShen, zum ande- ren um solche, die die Produktivit~t der eingesetzten Faktoren steigern und die die Produktivit~t des AuBenhandels fiber eine terms-of-trade- Verbesserung vergrfBern. Im einze]nen kommen handelspotitische MaBnahmen entwickelter L~n- der, bestimmte Rohstoffabkommen, soweit sie nicht durch Fixierung der Preisrelationen Fehlallokationen begiinstigen, Gew~ihrung yon Krediten tmd unentgeltlichen Leistungen zur Finanzierung von Importiiberschfissen und Produktivit~tssteigerungen durch technische Hilfe in Frage. Die MaB- nahmen wirken in der Regel zusammen und kfnnen daher meist nicht unabh~ngig voneinander gewfirdigt werden. Wir wotten im folgenden untersuchen, wie die Entwicklungshilfe sich auf Realeinkommen in und AuBenhandel zwischen den beteiligten L~n- dern auswirkt. Die Weltwirtsehaft bestehe aus dem entwickelten Land A und dem unterentwickelten Gebiet B. In unserer Untersuchung verzichten wir auf die Berfid~sichtigung vermehrter Faktorausstattung und beschr~n- I Dieser Aufsatz ist tier erste Teit einer Studie fiber ,,EntwicklungshiIfe und internationale Wirtschaftsbeziehungen", deren zweiter Teil unter dem Titel ,Wirtschaftliches Wachstum und Entwiddungshilfe -- dargestellt an einem Harrod-Domar-Modell" im n~chsten Heft dieser Zeitschrift erscheint. Dort sol- len insbesondere die mit der finanziellen Hilfe zusammenh~ngenden Probleme uutersucht werden. Ffir wertvolle Anregungen danke ich Herrn Professor Dr. Bernhard Pfister, Frau Professor Dr. Utta Gruber, Herrn Dr. Anton Konrad und Herrn Dipl.-Vw. Franz Holzheu. Ganz besonders daaken mfchte ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Hans M~ller, ohne dessen Rat und hilfreiche Kritik die Arbeit wohl kaum mfglich gewesen w~re. Professor M 511 e r und Professor Franz G e h r e 1s (Indiana University) haben dankens- werterweise diese Fassung (bzw. die §§ 1--3) gelesen; auf Grund ihrer Kritik babe ieh noch mehrere Umformulierungen und Erg~nzungen vorgenommen. 8*

Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade

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Entwicklungshilfe, teehnischer Fortschritt und Terms of Trade 1

Von

Hans-Joachim Heinemann, Mflnchen

Mit 3 Textabbildungen

Als Entwicklungshilfe betrachten wir Ma~nahmen entwickelter Staaten zugunsten unterentwicketter L~inder, die deren Realeinkommen fiber das sonst erreichbare MaB zu steigern in der Lage sind. Dabei handelt es sich einmal um MaBnahmen, die das Kapitalangebot erhShen, zum ande- ren um solche, die die Produktivit~t der eingesetzten Faktoren steigern und die die Produktivit~t des AuBenhandels fiber eine terms-of-trade- Verbesserung vergrfBern.

Im einze]nen kommen handelspotitische MaBnahmen entwickelter L~n- der, bestimmte Rohstoffabkommen, soweit sie nicht durch Fixierung der Preisrelationen Fehlallokationen begiinstigen, Gew~ihrung yon Krediten tmd unentgeltlichen Leistungen zur Finanzierung von Importiiberschfissen und Produktivit~tssteigerungen durch technische Hilfe in Frage. Die MaB- nahmen wirken in der Regel zusammen und kfnnen daher meist nicht unabh~ngig voneinander gewfirdigt werden.

Wir wotten im folgenden untersuchen, wie die Entwicklungshilfe sich auf Realeinkommen in und AuBenhandel zwischen den beteiligten L~n- dern auswirkt. Die Weltwirtsehaft bestehe aus dem entwickelten Land A und dem unterentwickelten Gebiet B. In unserer Untersuchung verzichten wir auf die Berfid~sichtigung vermehrter Faktorausstattung und beschr~n-

I Dieser Aufsatz ist tier erste Teit einer Studie fiber ,,EntwicklungshiIfe und internationale Wirtschaftsbeziehungen", deren zweiter Teil unter dem Titel ,Wirtschaftliches Wachstum und Entwiddungshilfe -- dargestellt an einem Harrod-Domar-Modell" im n~chsten Heft dieser Zeitschrift erscheint. Dort sol- len insbesondere die mit der finanziellen Hilfe zusammenh~ngenden Probleme uutersucht werden.

Ffir wertvolle Anregungen danke ich Herrn Professor Dr. Bernhard P f i s t e r , Frau Professor Dr. Utta Gruber , Herrn Dr. Anton K o n r a d und Herrn Dipl.-Vw. Franz Ho lzheu . Ganz besonders daaken mfchte ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Hans M~ller , ohne dessen Rat und hilfreiche Kritik die Arbeit wohl kaum mfglich gewesen w~re. Professor M 511 e r und Professor Franz G e h r e 1 s (Indiana University) haben dankens- werterweise diese Fassung (bzw. die §§ 1--3) gelesen; auf Grund ihrer Kritik babe ieh noch mehrere Umformulierungen und Erg~nzungen vorgenommen.

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116 H.-J. Hieinemann:

ken uns auf die Analyse yon Produktivit~itssteigerungen bei konstantem Faktoreinsatz im Gesamtgebiet und meist auch in jeder Volkswirtschaft. Die mit der Vermehrung des Kapitalbestandes und mit Leistungsbilanz- fiberschfissen und -defiziten verbundenen Fragen wollen wir im n~chsten Heft zu behandeln versuchen.

Wir beschr~inken uns auf die Betrachtung der Wohlstandszielsetzung. Das bedeutet nicht, dab wit die Bedeutung der Entwicklungshilfe fiir die fibrigen politischen Ziele verkennen. SchlieBlich ist u. E. die auf eine Ver- ringerung weltweiter Einkommensdifferenzen abzielende Entwicklungs- hilfe weitgehend aus dem Ziel Ge,rechtigkeit herzuleiten. Somit wfirde auch das Ergebnis, dab in bestimrnten F~illen das Einkommen des Ge- bietes A unter das absinkt, das ohne Entwicklungshilfe an B erreichbar w~ire, keineswegs darauf schlieBen lassen, dab die Entwicklungshilfe veto StandpuJlkt des entwickelten Landes ungiinstig zu beurteilen w~re.

§ 1. Produktionsiinderungen, Preise und Auflenhandel

1. Ein 2-Giiter-Modell einer geschlossenen Wirtschaft

1. Bevor wir die uns eigentlieh interessierenden Probleme oftener Volkswirtschaften behandeln, wollen wit eine geschlossene Wirtschaft betrachten, in der sich Produktion und wirtschaftlicher Wohlstand, gemessen am realen Konsum, parallel entwickeln, w~hrend in einem mit der AuBenwelt verbundenen Land meist Unterschiede auf Grund yon terms-of-trade-~nderungen auftreten. Ver~nderungen auf der Produk- tionsseite nehmen wir zun~ichst als autonom an, wir bedienen uns einer partiellen Analyse, welche die Faktorm~rkte und die Beziehungen zwi- schen diesen und den Giiterm~rkten vernachl~ssigt. Die Wirtschaft pro- duziere und verbrauche zwei Konsumgfiter. _N, nderungen des volkswirt- schaftlichen Kapitalstocks und Ersparnisse gibt es nicht. Wir vernach- l~issigen alle zeitlichen Anpassungsprobleme und betrachten relative ~n- derungen ~. Diese sind marginaler Natur, BevSlkerungs~nderungen sind aus der Analyse ausgeschlossen.

Im zweiten Abschnitt dieses Paragraphen untersuchen wir den Ein- fluB yon Produktions~nderungen anf terms of trade und AuBenhandels- volumen zwischen zwei Volkswirtschaften. Die Ergebnisse sollen dann benutzt werden, um einige Aussagen fiber die Wohlstandsentwicklung in offenen Wirtschaften zu formulieren. Der sich anschlieBende dritte Paragraph wird sich mit MSglichkeiten zur Stabilisierung des Austausch- verh~ltnisses und den damit verbundenen Wirkungen auf Realeinkommen und Leistungsbilanz befassen. Im vierten Paragraphen wollen wit die

Zur Art der Darstellung: D. B. J. S c h o u t e n : Theoretische Beschouwin- gen over de geclifferentieerde Leon- en Prjisvorming. Economie (Tilburg), 25 (1960), S. 5ff., und L. J o h a n s e n : A Multi-Sectoral Study of Economic Growth. Amsterdam: 1960, Kap. 2 und 3. Ein ~hnliches Modell stellten kiirz- lich H. M ~ 11 e r und F. H o 1 z h e u zur Analyse einiger Sektorenprobleme auf (unver6ffentlicht).

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Entwicklungshilfe, technisoher Fortschritt und Terms of Trade 117

Ergebnisse kritisch zusa~nmenfassen und hierzu auch einen Vergleich mit einigen in der neueren Literatur zu findenden Aussagen versuchen.

2. Im folgenden bedeuten: X~ die produzierte Menge des Gutes i (i ~ 1, 2), X~ die nachgefragte Menge dieses Gutes, die im Gleichgewicht der produzierten Menge gleich sein muB; die Nachfrage h~ngt ab yore Einkommen zu konstanten Preisen (Y) und dem Preis des Gutes 2 in Einheiten des Gutes 1, den wit mit P bezeichnen und dessen Ausgangs- weft P0 ist. Dann gelten

:~ = X~ (Y, P) (i -- 1, 2), (1.1)

r = x, + x2 P0. (1.2)

Fiir die uns interessierenden (mit kleinen Buchstaben geschriebenen) relativen Anderungen erhalten wir dann

y ---'~,z"k~e (1 - z ) .

(1.3)

(1.4)

Dabei sind e~ und ~ die Einkommens- und Preiselastizit~ten, z gibt den Anteil der WertschSpfung im 1. Sektor am Sozialprodukt im Aus- gangsgleichgewicht an. Wegen der Budgetbeschr~inkung sind die Nach- frageelastizit/iten f/ir beide Produkte nieht unabh~ngig voneinander. Unter Verwendung yon (1.4) erhalten wir aus der ersten Gleichung yon (1.3)

1 - p = ~ [ * l (1 - ~l z) - ~l ~2 (1 - z)] ~ 0 (1.~)

ffir ~, > ~(l-z)

Da die Gfiter in substitutivem Verh~ltnis stehen, kSnnen wir an- nehmen, dab ~1 positivist. Gut 1 sei ein Agrargut, fiir das die Einkom- menselastizit~t kleiner als 1 sei, 2 dagegen ein Industriegut mit einer Einkommenselastizit~t grSfler als 1; demzufolge ist die redate Seite der Beclingungsungleichung in (1.5) kleiner als eins.

Nimmt die Produktion in beiden Sektoren in gleichem MaJ]e zu, so steigt der Preis des Industriegutes; er nimmt ebenfalls zu, wenn die Produktionssteigerung im Agrarsektor starker als im industriellen Sektor ist. Beschr~nkt sich dagegen die Expansion auf den industriellen Bereieh, so f/illt P. Die Preisbewegungen werden verst/irkt, wenn die Produktions- /inderungen gegenl/iufig sind. Nimmt die Agrarproduktion zu (ab) und die Industrieproduktion ab (zu), so steigt (sinkt) der Industriegiiterpreis in Einheiten des Agrargutes st/irker als es bei Stagnation der Industrie- gfiter(Agrargfiter)produktion der Fall gewesen w/ire.

3. Da Sparen und Investieren in unserem Modell ausgeschlossen sind, sind gesamtwirtschaftliche Produktionssteigerungen nur mSglich bei er-

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118 H.-J. Heinemann:

h~hter Produktivit~t der eingesetzten Faktoren und durch ErhShung des realen Kapitalbestandes dutch Hilfe yon anderen L~ndern, mit denen aber sonst keine wirtschaftlichen Beziehungen bestehen. Schliel3en wir die letzte MSglichkeit aus, so sind sektorale Produktions~nderungen als Folge des technischen Fortschritts und Mobilit~t der Faktoren zu erwar- ten. Beziehen wir alle Produktions~nderungen auf den Faktor Arbeit, so enth~lt die ~nderung seiner Produktivit~t Elemente des technischen Fortschritts und Ergebnisse intersektoraler Faktorsubstitution.

Faktorbewegungen haben in der Regel ihre Ursache in Unterschieden der partiellen Grenzproduktivit~ten und damit den Faktorpreisen in den einzelnen Sektoren. Bei Gelmng linear homogener Produktionsfunktionen ffihren Faktorbewegungen zu Steigerungen der Grenzproduktivit~t und schliel31ich auch der Durchschnittsproduktivit~t in den Abwanderungs- sektoren und entsprechenden Senkungen in den Zuwanderungssektoren. Wir nehmen im folgenden an, dab Arbeitskr~fte aus dem landwirtschaft- lichen in den industriellen Sektor wandern. In unterentwickelten L~ndern bewirkt die groBe Arbeitsintensiti~t in der Landwirtschaft dort eine geringe Arbeitsproduktivit~t. Wegen der h5heren Grenzertr~ge in der Industrie lohnt sich eine Abwanderung dorthin, was in der Landwirt- schaft zu Steigerungen der Durchschnittsproduktivit~t der Arbeit fiihrt, bei bisher positiven Grenzertr~gen allerdings auch zu einem absoluten Produktionsrfickgang, was wegen der geringen Konsumgiiterversorgung zu Schwierigkeiten ffihren kann. Zur LSsung dieses Problems sind mit- tels technischer Verbesserung und Kapitatintensivierung Produktionsstei- gerungen in der Landwirtschaft n~tig, die den Abwanderungsverlust zu- mindest kompensieren s.

Schreiben wir unsere Produktionsfunktion in folgender Form

Xi = X i (Li, Ki) = Hi Lt (i = 1, 2). (1.6)

L u n d K geben die eingesetzten Mengen yon Arbeit und Kapital an, H bezeidmet die Arbeitsproduktivit~t. Fiir die relativen tinderungen erhalten wir

~i = hi -5 li (i ---- 1, 2). (1.7)

Wegen der Konstanz des Arbeitsangebotes muB getten

l~ = - - l~ q / (1 - - q). (i.8)

Dabei ist (--ll) die relative Abwanderung aus der Landwirtschaft, q gibt den Anteil der in der Landwirtschaft eingesetzten Arbeitskr~ifte am gesamten Arbeitsangebot im Ausgangszeitpunkt an. Soll die Produk-

a Vgl. u. a. H. W. S i n g e r : The Mechanics of Development. In: A g r a r - w a 1 a und S i n g h (Herausgeber) : The Economics of Underdevelopment. Oxford: 1958. 0ber den Zusammenhaag zwischen Produktivit~itsverbcsserungen, Abwan- dertmg und Verst£dterung: H. A. S imon: Effects of Increased Productivity upon the Ratio of Urban to Rural Population. Econometriea, 15 (1947), S. 31 ff.

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tion in beiden Zweigen gleichm~iBig steigen, so muB die Arbeitsproduk- tivit~t in der Landwirtschaft wesentlich starker zunehmen als in der Industrie. Bei gleichm~iBigem Produktivit~tsfortschritt w/ichst dagegen die Produktion in der Industrie schneller als in der Landwirtschaft, wo sie evenmell sogar abnimmt, wenn n~imlieh der Abwanderungseffekt den ProduktivitEtseffekt fiberwiegt. Wie (1.9) zeigt, ist die Richtung der Preis~nderung nicht mehr eindeutig [(1.9) ist aus (1.5) unter Verwendung von (1.7) und (1.8) abgeleitet]; h gibt die ffir beide Sektoren gleich- m/il]ige Produktivit~tssteigerung an.

p ~ l lh(1--~l)--ll (1--~lz-k ~ q~(1--z) ) t - q (1.9)

Nehmen wir an, dab in der Ausgangssituation der Anteil der Arbeit in jedem Sektor mit dessen Anteil an der WertschSpfung iibereinstimmte, was gleichbedeutend ist mit der Annahme, dab die Arbeitsproduktivitat in beiden Sekt0ren gleich war, so ist q = z und aus (1.9) wird

p=-~[h(1--~l)-ll]XO ftir h ( i - -~ l )~ /1 . (1.10)

W~chst die Produktivit~t nur in der Industrie, so verst/irkt die Wan- derungstendenz den Preissenkungseffekt, w~hrend sie bei gleichm~Biger Produktivitiitszunahme dem preiserhShenden Effekt entgegenwirkt und ihn, wie aus (1.I0) ersichtlich ist, in bestimmten F~llen gerade ausgleicht.

In einer totalen Analyse m/iBten Annahmen fiber die FaktomErkte und die Produktionsfunktionen eingefiihrt werden. Nachfrageelastizit~ten und technische Fortschrittsraten entscheiden dann zugleich fiber Preis- ~nderungen, Faktormobilit~t, :~uderungen in der Produktionsstruktur und der Einkommensverteilung. Sind die Produktionsfunktionen linear homogen, so ffihrt gleichm~I]iger technischer Fortschritt in allen Sektoren zu einer PreiserhShung ffir die Giiter mit hSherer Einkommenselastizit~t, einer Abwanderung in diese Sektoren und einer Verbesserung der Einkom- mensverteilung zugunsten der dort intensiv genutzten Faktoren. Sind die Preisrelationen -- bedingt beispielsweise dutch die Weltmarktver- h~Itnisse 4 -- mehr oder weniger stabil, so kann der auf einige Sektoren beschr~nkte technische Fortschritt zu einem absoluten Produktionsriick- gang in den anderen Bereichen fiihren. Bei ver~inderliehen Preisrelationen ist dieses Ergebnis zwar auch mSglich, eindeutige Aussagen kann man jedoch kaum maehen 5,

4 Da wir in Abs~hnitt I yon einer geschlossenen Wirtscha.ft ausgegangen sind, ist diese Erkl~rtmg hier natiirlich nicht mSglich. Stabilen Preisrelationen auf Grund der Weltmarktverh~ltnisse sieht sich eine kleine Volkswirtschaft gegeniiber, die durch ihr Verhalten keinen Einflul] auf die Welt.marktpreise ausiiben kann.

5 Vgl. hierzu T. B. R y b c z y n s k i : Factor Endowment and Relative Com- modity Prices. Economica N. S., 22 (1955), S. 336 ft. Ich hoffe, in einem sp~teren Aufsatz diese Probleme noch n~her beleuchten zu ki~nnen.

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120 H.-J. Heinema~un:

2. Produktions- und Preisiinderungen in offenen Volkswirtschaften

1. Wir gehen nun zu dem Modell einer aus dem entwickelten Land A und dem unterentwickelten Land B bestehenden Wettwirtschaft fiber. W~hrend sich A (unvollst~ndig) auf die Produktion des Industriegutes spezialisiert, stellt B vornehmlich das Agrarprodukt her. Die entspre- chenden Gfiter sind in beiden L~ndern identisch; fiir beide L~nder gelte wegen des Fehlens irgendwelcher ttandelshemmnisse die Preisrelation P, die zugleich die terms of trade angibt. Eine Zunahme von P entspricht einer terms-of-trade-Verbesserung ffir A und einer Verschlechterung der internationalen Austauschrelation fiir B; umgekehrt ist es bei einer Ab- nahme yon P. Nach wie vor gibt es weder Ersparnisse noch Investitionen, folglich auch keine Leistungsbilanzsalden. Wertm~Biger Export und Im- port sind einander gleich, das Sozialprodukt entspricht den volkswirt- sd~aftlichen Ausgaben. An die Stelle der im vorausgegangenen Abschnitt formulierten Gln. (I.I) und (1.2) treten nun

.~ X~J=.~Xi i (YJ , P) (i = 1, 2). (1.11) j=a,b j

y1 = 21i -~ X~i Po (i = a, b). (1.12)

Die hochgestellten Indices bezeichnen das jeweilige Land (a steht fiir Land A), die tiefgestellten wiederum das jeweilige Gut. Nach (1.11) ist die Produktion jedes Gutes beider L~nder zusammen gleich der Summe der von beiden L~ndern nachgefragten Mengen dieses Gutes, die yon den jeweitigen Einkommen zu konstanten Preisen und der Preisrelation zwi- schen Agrar- und Industriegfitern abh~ingen.

Auf einen wichtigen Aspekt unseres ModeUs mfissen wir noch hin~ weisen: Der zwischen den W~hrungen beider L~inder geltende Wechsel- kurs braucht nicht beachtet zu werden, wenn eine der folgenden Annah- men gilt:

a) der Wechselkurs sei 1 und bleibe auch 1; b) der Wechselkurs sei in der Ausgangslage zwar von 1 verschieden,

er ~ndere sich jedoch nicht, so dab wir in unserer an .~nderungsgrSBen interessierten Analyse den Kurs nicht zu berficksichtigen brauchen;

c) Gut 1 ist Recheneinheit, so dab alle Preis~nderungen zu ~nderun- g e n d e r Preisrelation zu Gut 1 werden.

Fiir die relativen Anderungen erhalten wir

.X'~i X~i = . X (e~J yi + ~ii p) X~] (i = 1, 2), (1.13) i I

yi = "~ii z1 + "~ei (1 -- zi) (i = a, b). (1.14)

Hierbei sind die x wieder die Wachstumsraten der Produktion, die y1 die Wachstumsraten des Sozialproduktes, die z geben die Anteile der landwirtschaftlichen WertschSpfung am Sozialprodukt in der Ausgangs- lage an, und die e und ~ sind d~e jeweiligen Einkommens- und Preis- elastizit£ten der Nachfrage in be~iden L£ndern. Wir interessieren uns

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Entwicldungshilfe, techniseher Fortsehritt und Terms of Trade 121

vor allem fiir die Xnderung der Preisrelation, die wir aus (1.14) und der 1. Gleichung aus (1.13) erhalten; es ergibt sieh also

i ~:~J2~J-Y.~Jx~[~JzJ+~2J(i-zJ)]l. (i.is) P = z %~ X

]

Nehmen wir an, da~ die Summe der mit der jeweiligen Ausgangs- naehfrage gewogenen Kreuzpreiselastizit/iten fiir landwirtsehaftliche Giiter positiv ist ~, so entseheidet allein der Klammerausdruck fiber das Vor- zeichen yon p7

Bezeichnen wir den Import des Landes A mit M, so gilt

M = X 1 a - - X 1 a = X 1 b - - X 1 b = (X2 a - X 2 a) P = (X2 b - - X 2 b) P . (1.16)

Ffir Gut 1 sind mengen- und wertm/CBiger Impor t bzw. Export gleieh. Fiir die relative )i.nderung erhalten wir

1 m = ~ (x l a X1 a --Xi a X l a ) . (1.17)

In (1.17) sind zur Bestimmung yon m die in (1.13) enthaltene Naeh- fragefunktion ffir z~t a und (1.15) einzusetzen. Is t m : > 0, so nimmt das AuBenhandelsvolumen im WozhstumsprozeB zu, fiir m ~ 0 stagniert bzw. sinkt es. Ist m : > y, so steigt auch die AuBenhandelsquote. Ffir deren Ver~nderung /z gilt im iibrigen

t'~ = " -- Y~ = -~-{ (1 -- z °) (~2° -- ~i°) X~° + Xl ° [ ~ p -- (1 -- ~l~) y°] },

(1. iS a) ,ub = m - - yb = _~_ { (1 -- z b) (~1 b -- ~2 b) X1 b -- X1 b IV1 b p -- (1 -- el b) yb] }.

(1.1s b) Damit wir eindeutige Aussagen fiber die terms-of-trade-Ver~nderun-

gen machen kSnnen, miissen wir fordern, dab im Wachstumsprozel3 A

6 Diese im Vergleich zu Abschnitt 1 weniger restriktive Bedingung hat eine (for-male) Xhnlichkeit mit der Stabilititsbedingung im 2-Liinder-Multipli- katormodell, verglichen mit der (restriktiveren) Stabitit~itsbedingung im AuBenhan- delsmultiplikatormodell ohne R/ickwirkungen; vgl. hierzu L. A. M e t z 1 e r : Under- employment Equilibrium in International Trade._Economet_riea, 10 (1942), S. 101 ff.

7 Bei vollst[indiger Spezialisierung sind X1 a und X~ b und die entsprechen- den :4nderungen null; zJ ist eins, so dab an die Stelle yon (1.15) tritt

P = [~1 b ( Z l b - - el b X l b) - - el '~ ~2" X l ' q / . S ~ j X ~ .

Dieser Ausdruck ist ffir gleiche Expansionsraten in beiden L~indern positiv, so dab siah die terms of trade fiir das Industrieland verbessern. Ninnnt dagegen nur die (industrielle) Produktioa des Landes A zu, so verschlechtern sich seine terms of trade; bei einer auf die (landwirtschaftlic~e) Produktion des tmter- entwickelten Landes B beschr/inkten Expansion verbessern sich die terms of trade yon A. Hieraus ergibt sieh: bei einer auf ein Land beschrgnkten Produktions- steigerung ~ndern sich die terms of trade in der Weise, dab das andere Land an der durch diese Produktionszunahme bewirktenRealeinkommensvermehrung partizipiert.

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122 H.-J. Heinemann:

nicht vom Agrarimport- zum Agrarexportland wird, dab also keine Um- kehr der komparativen Kostenvorteile eintritt. Diese fiir marginale Xnde- rungen bei nicht zu kleiner AuBenhandelsquote im Ausgangsgleichgewicht in der Regsl erfiillte Bedingung lautet

bzw. wegen M > 0 M(1 +m) > 0

m____ (-1).

( 1 . 1 9 )

2. Wir wollen im folgenden einige SpezialfMle betrachten, in denen entweder die Produktion in allen Sektoren, in den beiden industriellen Bereiehen oder in beiden Sektoren des Landes B zunimmt.

a) Die Produktion wachse gleichm~iBig in beiden Sektoren jedes Lan- des. Aus (1.15), (1.17) und (1.18) werden unter Beriicksichtigung yon (1.13)

(N = ff~' ~1 ] XI]) ,

P = T S Xl j ( I - - exJ ) > 0 (1.20)

wegen ~i I < 1,

a a - - b b" b m = 'M--~[~]i X1 (X1 -- ~i Xi ) + ~1 b X 1 b (el a X 1 a - - Zla ) ] ' (1.21)

# - - x a b a ---'~-~-X1 X1 [~1 (1--elb)--~lb( 1 --ela)] • (1.22)

Wir sehen, da0 sich dsr Industriegiiterpreis erhSht, so dab sich die terms of trade ffir das entwickelte Land A verbessern. Das Auflenhandels- volumen nimmt in der Regel zu, kann aber ffir sine groBe (kleine) Ein- kommensstastizitiit ffir Gut 1 in B (A) auch abnehmen. Bei etwa glsichen Preiselastizit~ten fiir Gut 1 in beiden L~ndern nimmt die Aul3enhandels- quote ab, wsnn die Einkommenselastizitk't ffir das Agrargut in dem unterentwickslten Land B hSher als in A ist, was meist der Fall sein diirfte. Bei wesentlich hSherer Preiselastizit~t in A ist dagegen keine sindsutige Aussage mehr miSgtich.

b) Die Produktion nimmt in den industriellen Sektoren beider L~n- der zu, w~hrend die landwirtschaftlidae Produktion unver~ndert bleibt. Wir erhalten folglich

p .= - - -~ .~ eli .Xlf (1 -- zf) < 0, (1.23)

m = _X~MN ~"lv a X 1 b [81a ~]lb (1 - - Z a) - - 815 ~]1 a (1 - - •b)] ~ 0 (1.24) fiir

1 ~ Z a "~b"~la

1 -- Z b : ~ e~ a % b "

Die terms of trade verschlechtern sich fiir Land A, das Realeinkom- men in B nimmt somit starker als sein Sozialprodukt zu. (~bsr die Hall-

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Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade 123

dels~nderung ist keine eindeutige Aussage mSglich: Die Expansion in A ist aui3enhandelsfSrdernd, denn die zus~tzliche Nachfrage richter sich teil- weise auf das nicht vermehrt produzierte Importgut, und ein Tell der zus~tzlichen Industriegiiterproduktion steht fiir den Export zur Ver- fiigung. Die Entwicklung in B ist dagegen auBenhandelshemmend, denn die Expansion betrifft ausschliel31ich den importkonkurrierenden Sektor, w~hrend ein Tell der Eigennachfrage auf die unver~inderte Produktion des Exportsektors trifft. Welcher Nettoeffekt eintritt, ist schwer zu sagen. Je grSBer die Anteile der jeweiligen Exportsektoren am Sozialprodukt sind und je weniger sich die Naehfrageelastizit~iten beider L~nder unter- scheiden, umso wahrscheintieher nimmt das Handelsvotumen, mit gerin- gerer Wahrscheinlichkeit jedoch die Aul3enhandelsquote zu.

c) Die Produktionszunahme beschriinke sich auf beide Sektoren des unterentwickelten Landes B.

p = ~_ (Xlb_ ~b Xlb) :> 0, (1.25)

~b m = -~- ~71 a p ~ 0. (1.26)

Das wirtschaftlidae Wachstum in B fiihrt zu einer ~berschuBnach- frage nach Industrieprodukten und damit zu einer zus~tzlichen Import- nachfrage, w~hrend auf dem Markt flit Agrargfiter ein UberschuBangebot besteht, das fiir den Export bereitgestellt wird. Die telTas of trade ver- bessern sich ffir A, das auf diese Weise an der Entwicklung in B parti- zipiert. Das Handelsvolumen zwischen beiden L~ndern nimmt zu.

Ffir die fibrigen interessierenden F~lle kann man mit Hilfe yon (1.15) und (1.17) folgende Ergebnisse finden: Das reale Austauschverh~ltnis verbessert sich fiir A, wenn die Produktionssteigerung nur den landwirt- schaftlichen Sektor eines oder beider L~nder betrifft; die terms of trade verschlechtern sich fiir Land A, wenn nur die Industrieproduktion in einem oder beiden L~ndern zunimmt. Nimmt bei gleichbleibendem Sozial- produkt in B die Produktion in beiden Sektoren des Landes A gleicher- maflen zu, so verbessert (verschlechtert) sich das reale Austauschver- h~ltnis ffir A, wenn der Anteil der Eigenproduktion des Agrarproduktes am Verbrauch in A grSl~er (kleiner) ist als die Einkommenselastizit~t fiir Agrarprodukte in A.

Da bei einer auf A beschr~nkten Produktionszunahme infolge des unver~nderten Faktorbestandes und technischen Wissens in B die Pro- duktion dort nicht steigen kann, kann das auf A beschr~nkte Wachstum nur darm als Entwiddungshilfe ffir B betrachtet werden, wenn sich die terms of trade des unterentwickelten Landes verbessern, so dab sich beide L~nder in die Sozialproduktszunahme des Laudes A teilem Damit dieses Ergebnis erreicht wird, muB sich die Expansion in A vor allem auf den Exportsektor beziehen. Die Produktion des Industriegutes mul3 also starker als die des importsubstitntiven Agrarproduktes steigen.

Fiihrt die auf ein Land beschr~nkte Expansion dort zu einer ~ber- schuBnachfrage nach dem Importgut (Exportgut) und somit zu einer

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terms-of-tra~le-Verschlechterung (-Verbesserung), so nimmt das Handels- volumen zu (ab).

3. Alle Produktions~nderungen sind wiederum das Resultat inter- sektoraler Faktormobilit~t und von Produktivit~tssteigerungen. SchlieBen wir internationale Faktorbewegungen aus, so bleibt der Faktorbestand jedes Landes wieder konstant. Intranationale Wanderungen yon der Land- wirtschaft in die Industrie fiihren in der Regel zu st~rkeren Produktions- zunahmen in der Industxie, sofern nicht die Produktivit~tssteigerungen in der Landwirtschaft entsprechend hSher sind. Hiervon abgesehen wer- den sich somit die terms of trade fiir das unterentwickelte Land mit geringerer Wahrscheinlichkeit verschlechtern als es ohne solche Wande- rungsmSgliehkeiten zu erwarten w~re. Bei gleich hohen Zunahmen der Arbeitsproduktivit~t in Landwirtschaft und Industrie wird -- wie in Ziffer 3 des vorhergehenden Abschnittes gezeigt wurde -- gegebenenfalls die Produktion in der Landwirtsdlaft sogar absolut zuriickgehen, wenn sich n~mlich die Abwanderung von Faktoren starker als die Produktivi- t~tserhShung auswirkt. Bei gleicher Zunahme der Arbeitsproduktivit~t in Landwirtschaft und Industrie w~re an sich zun~chst eine Wanderungs- bewegung nicht zu erwarten, sofern die Grenzproduktivit~ten in beiden Sektoren urspriinglich gleich waren. Einmal werden aber auf Grund yon Preis~inderungen schliefllich doch Wanderungen ausgelSst, zum ande- ten ist auch nicht mmunehmen -- und insbesondere nicht fiir das unter- entwickelte Land B --, dab die Mobilit~t urspriingtich grol3 genug war, um vor den Produktivit~tssteigerungen die sektoralen Faktorpreise an- zugteichen. SchlieBlich kann die Abwanderung von Arbeitskriiften aus der Landwirtschaft in die Industrie gerade die Vorbedingung fiir die Produktivitiitssteigerung in beiden Bereichen sein.

Da Arbeiterwanderungen aus der Landwirtschaft in die Industrie wahrscheinlicher als in umgekehrter Richmng sind, wird ceteris paribus in der entwickelten Volkswirtschaft A der exportorientierte, in B dagegen der importkonkurrierende Sektor gefSrdert. Diese Entwicklmag ist im Lande A handelsfSrdernd, in B dagegen handelshemmend. Wie insgesamt das AuBenhandelsvolumen somit yon der angenommenen Wanderungs- bewegung beeinfluBt wird, ist night generell zu sagen, sondern h~ngt yon den jeweiligen Produktivit~itszunahmen, dem AusmaB der Wande- rungsbewegung und den N~hfrageelastizit~ten in Bezug auf Einkommen und Preis ab. In den entwickelten L~ndern finden zwar immer noch und aller Voraussicht nach auch noch auf absehbare Zeit solche sektoralen Wanderungen yon Arbeitskr~ften statt, sie sind jedoch mSglicherweise langfristig yon geringerer Bedeutung als die entsprechenden Wanderun- gen in unterentwickelten L~indern ira Rahmen des dortigen Industriali- sierungsprozesses, so dab vielleicht eher eine Abnahme des AuBenhan- delsvolumens zwischen beiden Gebieten als eine Zunahme als partielle Wirkung dieser Vorg~nge zu erwarten w~re. Da jedoeh die Wanderungs- tendenz in der Regel nicht allein, sondern gemeinsam mit den anderen die Entwicklung beeinflussenden Faktoren zu beobachten ist, w~re es falsch, aus dieser Partialwirkung irgendwelche Schliisse fiber die zu er-

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Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt uncl Terms of Trade t25

wartende Entwicklung des Handelsvolumens zwischen entwickelten und unterentwic~elten Votkswirtschaften zu ziehen s.

Wir wollen nun die Annahme unver~nderter Faktoreinsatz'mengen in jedem einzetnen Land aufgeben. Des entwickeIte Land A kann an B nun anch dadurch Entwicklungshilfe leisten, indem es Kapitalgtiter zur Yerfii- gung stellt. Entsprechend unseren Modellannahmen, die keine Nettoinvesti- tionen und keine Ersparnisse zulassen und daher auch internationale Kreditbeziehungen ausschtieBen, ist diese Form der Entwiektungshilfe nut auf die Weise mSglich, daB A seinen Realkapitalstand vermindert und B unentgeltlich in entsprechendem Umfang Kapitalgtiter iiberl~Bt. Diese Kapitalbewegung fiihrt zu einer Zunahme der Kapital/Arbeit-Rela- tion im Lande B und damit dort zu einer ErhShung der Arbeitsproduk- tivit~t, w~hrend sich in A dieses gesamtwirtschaftliche Einsatzverh~ltnis und damit die Arbeitsproduktivit~t vermindert 9. Nehmen wir an, dab die relative Abnahme der Arbeitsproduktivit~t in A der relativen Zu- nahrne in B entspricht und dab die beiden Sektoren jedes Landes gleich- m~Big betroffen werden, so erhalten wir aus (1.15) und (1.17)

p = ~-~[2 M + X1 b (1 -- Qb) _ Xla (1 -- eai )], (1.27}

m = ~ (X1 a -- si a Xi a -~ rha p xla). (1.28)

Die Expansionsvorg~nge in dem unterentwickelten Gebiet B fiihren wiederum zu einer ~berschuBnachfrage nach dem Importgut und begiin- stigen somit eine PreiserhShung fiir dieses Produkt und damit eine terms-of-trade-Verbesserung fiir Land A. Die dortige Kontraktion wirkt dagegen auf eine Preissenkung (PreiserhShung), wenn der Anteil der Eigenproduktion an der landwirtschaftlichen Nachfrage grSBer (kleiner) als die entsprechende Einkommenselastizit~it ist. Bei nicht allzu kleinem AuBenhandelsvolumen im Ausgangsgleichgewicht ist als Gesamtwirkung eine Zunahme des Industriegiiterpreises und damit eine Verbesserung des realen Austeuschverh~ltnisses fiir das Entwicklungshilfe gew~hrende Land A zu erwarten, die teilweise seinen Produktionsverlust kompensiert. Ist tier Anteil der Eigenproduktion an der Nachfrage nach landwirtschaft- lichen Gtitern in A grSBer als seine Einkommenselastizitgt fiir diese Pro- dukte und ist der devon ausgehende Druck auf die terms of trade schwg- cher als die aus der Expansion in B resultierende Preissteigerungs-

s Wit werden im zweiten Tell (vgl. den Beitrag im n~hsten Heft) sehen, dab viele Faktoren sine Ztmahme der Importquote yon B begfinstigen.

Diese Wirkungen treten bei Komplementarit~t der Faktoren ein, die wir hier unterstellen.

Jede Form der Kapitalfibertragung wirft Zahlungsbilanzprobleme aaf und beeinflul3t die Dispositionen der Wirtschaftssubjekte. Wit ve~ichten hier wie in dem ganzen Beitrag auf die Untersuchung der Anpassungsprobleme und interessieren uns nut ffir den Vergleich der sich durch unterschiedliche regionale Kapitalverteilung auszeichnenden Gleichgewichte.

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126 H.-J. Heinemann:

tendenz, so ist eine Zunahrne des AuBenhandelsvolumens zu erwarten. Ist der Anteil der Eigenproduktion dagegen kleiner-als die Einkommens- elastizit~t, ~ so wird der Industri_egfiterpreis zwar auf jeden Fall steigen,

daffir ist aber die Differenz X1 a - Qa Xla negativ, so daft keine ein- deutige Aussage fiber die zu erwartende ~nderung des Handelsvolumens mSglich ist.

Unsere Ergebnisse bedfirfen eJ[ner Modifizierung: Eine gleichm~Bige Zunahme (Abnahme) der landwirtschaftlichen und der industriellen Pro- duktion in B (2t) auf Grund der Kapitalgfiterbewegung ist im allgemei- hen nicht zu erwarten. Ist die ind,ustrielle Produktion im Vergleich zur landwirtsehaftlichen Erzeugung in beiden L~ndern kapitalintensiv, so wirkt der genannte Kapitaltransfer bei zun~chst gleichbleibenden Preis- re!ationen auf eine Yerbesserung der Produktionsstruktur zugunsten der landwirtschaftlichen Produktion in A und zugunsten der industrieUen Produktion in B 1°. Dieses Ergebnis kommt zustande, weil in A (B) die Relation Arbeit/Kapital zunimmt (abnimmt), so dab der Zins im Ver- gleich zum Lohn steigt (sinkt), was eine Begiinstigung der arbeits-(kapi- tal-)intensiven Produktion bedeutet. Damit verbessert sich in beiden LKndern die Produktionsstruktur zugunsten des jeweiligen importkon- kurrierenden Sektors, so daft das Aul]enhandelsvolumen zurfickgeht. In A (B) besteht eine PreiserhShungstendenz (Preissenkungstendenz) fiir industrielle Produkte. Wie sich die terms of trade schlieBlich veriindern, kann nicht eindeutig gesagt werden. Ist dagegen in beiden L~ndern das Industriegut im Vergleich zum Agrargut arbeitsintensiv, s o verbessert sich die Produktionsstruktur sowohl in A als auch in B zugunsten des Exportsektors. Der Aul3enhandel nimmt zu, w~hrend auch hier keine ein- deutige Aussage fiber die terms-of-trade-Ver~nderung mSglich ist. Sind die Produktionsbedingungen beider LKnder so stark verschieden, dab in der entwickelten Volkswirtschaft A das Industriegut mit kapitalintensiven

10 Vgl. hierzu R y b c z y n s k i : Factor Endowment . . . . a .a . 0 . ; E. J. M i s h a n : Factor Endowment and Relative Commodity Prices. Economica, 23 (1956), S. 358 f. W. M. C o r d o n : Economic Expansion and International Trade: A Geometrical Approach. Oxford Economic Papers, 8 (1956), S. 223f. H. G. J o h n s o n: International Trade and Economic Growth. London: 1958, S. 79 f.; insbes, aber d e r s e l b e : Money, Trade and Economic Growth. London: 1962, S. 87 ft.; R. F i n d l a y und H. G r u b e r t : Factor Intensity, Technological Pro- gross, and the Terms of Trade. Oxford Economic Papers, 11 (1959), S. 111 ft., und J. B hagw at i : Growth, Terms of Trade and Comparative Advantage. Economia Internazionale, 12 (1959), insbes. S. 393 ft. und S. 412 ft.

In dieser Diskussion kommen die Autoren zu dem Ergebnis, daft der auf einen Sektor beschr~nkte technische Fortschritt und die alleinige Vermehrung des in cinem Sektor intensiv genutztcn Faktors dazu ffihrt, dab nur in diesem Sektor die Produktion zunimmt, w~hrend sic in dem anderen Sektor sogar f~lt. Dieses Ergebnis kommt bei unverKnderten Preisrelationen zustande und gilt daher nur fiir dio erste Stufc ciner tetalen Analyse, dcnn die resultierende Ver- schiobung der Preisrelation erhSht die Wertgrenzprodukte in dem schrumpfenden Sektor, was neue Wanderungen auslSst.

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Entwicklungshilfe, technischer Fortscbritt und Terms of Trade 127

(arbeitsintensiven) Produktionsverfahren hergestellt wird, w~hrend die in der industriel|en Fertigung des unterentwickelten Gebietes B benutzten Methoden arbeitsintensiv (kapitalintensiv) sind, so kommt folgendes Ergebnis zustande: In A geht die industrietle Produktion starker (sc~w~- cher) zuriick als die landwirtschaftliche, Dies wirkt sich handelshemmend (handelsfSrdernd) und in bezug auf das Industriegut preissteigernd (preissenkend) aus. In B dagegen nimmt die landwirtsehaftliehe Produk- tion starker (schw~cher) zu als die industrielle. Dies wirkt sich ebenfalls in Richtung auf eine Steigerung (Abnahme) des Industriegiiterpreises aus, w~hrend die Effekte auf das Handelsvolumen denen in A entgegen- gerichtet sind, so dab kein eindeutiges Ergebnis mSglich ist.

Sind also die wirtschafttichen Ver~nderungen in beiden L~ndern auf Grund eines Kapitaltransfers vom entwickelten in das unterentwickelte Land mit einer gegenl~ufigen Entwicklung der Produktionsstruktur ver- bunden, so sind Aussagen fiber die zu erwarSende terms-of-trade-~nde- rung nur noch schwer mSglich, w~hrend der Einflu8 auf das Handels- votumen bestimmt werden kann. Entwickelt sich dagegen die Produktions- struktur in beiden LiLudern gleichl~ufig, so sind zwar Aussagen fiber die terms-of-trade-Verschiebungen mSglich, nicht oder doch nur sehr schwer fiber die Handels~nderung.

4. Die Analyse dieses Abschnittes hat gezeigt, dab Produktivit~ts- steigerungen, die sich vornehmlich auf die Landwirtschaft beschr~nken, die terms of trade fiir das unterentwickelte Land, das Agrarprodukte exportiert, verschlechtern. Gleiches gilt wegen der hSheren Einkommens- elastizitiiten fiir industrielle Produkte bei sektoral gleichstarken Pro- duktionszunahmen. Die terms of trade verbessern sich flit B, wenn die Expansion vor allem die industriellen Sektoren betrifft. Im n~chsten Paragraphen soften die Zusammenh~nge zwischen den behandelten Xnderungen und der Wohlstandsentwicklung erSrtert werden.

§ 2. Produktionsiinderungen und wirtschaftlicher Wohlstand

1. Realeinkommensvergleiche mittels Indexziffern

1. Wie beeinflu•t die wirtschaftliche Entwicklung den Wohlstand zweier miteinander in Wirtschaftsbeziehungen stehender L~nder? Zur Beantwortung dieser Frage sind sowohl die Produktivit~ts- als auch die Preis~nderungen zu berfieksichtigen. Nimmt das reale Sozialprodukt eines Landes zu und verbessern sich seine terms of trade oder bleiben sie unver~ndert, so nimmt sein Realeinkommen ebenfalls zu. Das Realein- kommen nimmt ab, wenn bei rfickl~ufiger Produktionsentwiektung sich die terms of trade verschlechtern oder unver~ndert bteiben. Ohne n~here Untersuchung sind dagegen die F~lle nicht eindeutig, in denen sich bei wachsender Produktion die terms of trade verschlechtern oder bei sinken- der Produktion die terms of trade verbessern. Wir wollen im folgenden versuchen, mittels eines Indexvergleiehes einige Aspekte der Wohlstands- entwicklung oftener Wirtschaften zu beleuchten. Zuvor sind hierzu jedoch

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128 H.-J. Heinemann:

einige allgemeine Bemerkungen erfordertich. Im folgenden werden die Begriffe Realeinkommen und Woh~stand in gleichem Sinne verwendet 11.

Zur Beurteilung der Wohlstandsver~nderungen eines Wirtschafts- subjektes verwenden wir seine Pr~iferenzstruktur bzw. im 2-Giiter-Modell sein Indifferenzkurvensystem. Bei verteilungsunabh~ngigen Nutzenfunk- tionen lu nimmt der Wohls tand zu, wenn bei Konstanz aller iibrigen

"-- X

A

p ¢-

Abb. 1

Gfitermengen ein Gut in grSBerem Umfang verffigbar ist. Dies ist in Abb. 1 auf jeden Fall im Bereich A im Vergleich zur Ausgangssituation X der Fall, w~hrend im Bereich C das Realeinkommen zweifelsohne gesunken ist. Bei einem zeitlieh konsistenten Indifferenzkurvensy- stem repr~sentieren Punkte in den Bereichen D 1 und B 2 ebenfalls ein geringeres Realeinkommen als X. Ffir jeden einzelnen Konsumenten erhalten wir somit als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung fiir eine Wohlstandszunahme, dab die Summe der im neuen Gleich- gewicht konsumierten Mengen, be-

wertet zu Basispreisen (hier repr~isentiert durch die Gerade P P und ihre Paralleten), grSfler sein mul3 als die Summe der zu Basispreisen bewer- teten Mengenkombination X. Es raul3 also gelten

Z P X ' > ' Z P X . (2.1)

Hierbei sind P die Basispreise, X die Ausgangsmengen und X' die Konsummengen im Vergleiehszeitpunkt. Der Laspeyres-Index muB also eine Wohlstandssteigerung anzeigen.

Nieht eindeutig sind die in D 2 und B z verwir]diehten Situationen. Liegt die neue Preisgerade fiber ihrer dureh X verlaufenden Parallelen oder fiillt sie mit ihr zusammen, so gilt

'>___ ~ P ' X _ ~7 P ' X. (2.2)

Der Paasche-Index zeigt eine YVohlstandverbesserung bzw. gleichblei- bendes Realeinkommen an. Sind (2.1) und (2.2) erfiillt, so hat das Real-

zl Zur Problematik des Indexvergleiches: J. R. H i c k s : The Valuation of the Social Income. Economica N. S., 7 (1940), S. 105ft., und die sich daran an- schliel3ende Diskussion zwischen H i c k s, K u z n e t s und L i t t 1 e in Economica 1948 und 1949; ferner I. M. D. L i t t l e : A Critique of Welfare Economics. 2. Auflage. London: 1957, Ch. XII f.; P. A. S a m u e l s o n : Evaluation of Real National Income. Oxford Economic Papers N.S., 2 (1950), S. l ff.); J. de V. G r a a f f : Theoretical Welfare Economics. Cambridge (U. K.) : 1957, Ch. XI.

lu Vgl. zu diesem Punkt P. S t r e e t e n : Values, Facts and the Compensation Principle. In: Probleme der normativen Okonomik und der wirtschaftspolitischen

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Entwieklungshilfe, techniseher Fortschritt und Terms of Trade 129

einkommen des Wirtsebaftssubjekts auf jeden Fall zugenommen. Wegen der Annahme zeitlicher Konsistenz der individuellen Nutzenfunktionen impliziert (2.2) bereits (2.t) - - denn offenbar kbnnen neben X nicht X ' bzw. X" realisiert werden --, so dab die Erfiil lung des Paasehe-Index ausreichend ffir die Beurteitung einer Wohlstandszunahme ist. Gilt statt (2.2) die entgegengesetzte Ungleichung, was zwar nicht im Bereich A, wohl aber in B 1 und D 2 mbglich ist, so ist keine eindeutige Aussage mbglich.

2. Ist ffir jedes einzelne Wirtschaftssubjekt (2.1) bei GeItung yon (2.2) erffillt, so gilt dies doch nicht ffir eine aggregierte Betrachtung, so dab in den Vergleiehssituationen die Punkte X' bzw. X" bei Geltung der Preisgeraden P ' P ' bzw. P" P" zustande kommen kbnnen. In beiden F/~llen ist (2.2), nicht aber (2.1) erffillt. W/ihrend im entgegengesetzten Fail in der zitierten Diskussion generell keine Aussage fiber die Richtung der Wohlstands~nderung ffir mbglich gehalten wird, ist z .B. L i t t l e bereit, (2.2) Ms ausreichendes Kriterium ffir eine Wohlstandserhbhung anzuerkennen. Der Grund hierffir ist, dab bei Geltung yon (2.2) das Scitovsky-Kriterium erfiillt ist, auch ohne dab (2.1) gilt, wKbrend bei der umgekehrten Konstellation dies nicht der Fall ist la. Da jedoch das Seitovsky-Kriterium selbst kontrovers ist und bei nieht marginalen ~n - derungen keine eindeutigen Aussagen fiber die Wohlstands~nderungen zul~l]t, wie S a m u e t s o n gezeigt hat 14, betrachten wit ira folgenden (2.2)

Beratung. Sehriften der Gesellschaft ffir Wirtschafts- und Sozialwissensehaften. Berlin: 1963.

18 Vgl. L i t t l e : Critique, S. 218ff. Das Seitovsky-Kriterium besagt, dab eine wirtschaftliche ~nderung dann eine Wohlstandserhbhung mit sich bringt, wenn einmal die Gewinner in der Lage sind, die Vcrlierer ffir ihren Verlust zu entschKdigen und doch noch etwas iibrig behalten und zum anderen die Verlierer die Gewinner nicht bestechen kbnnen, sich gegen die ~ndernng auszusprechen. Der erste Tell dieser Aussage ist mit dem Kaldor-Hicks-Kompensationskriterium identisch. Vgl. hierzu N. K a l d o r : Welfare Propositions in Economics, und J. R. H i c k s : The Foundation of Welfare Economies, beide: Economic Journal, IL (1939); T. S c i t o v s k y : A Note on Welfare Propositions in Economics. Re~,iew of Economic Studies, 1X (1941/42), S. 77ff.; C. M. K e n n e d y : An Alternative Proof of a Theorem in Welfare Economics. Oxford Economic Papers N.S., 6 (1954), S. 98f.

14 p. A. S a m u e l s o n : Evaluation . . . . a .a .O.; zu den zur Bestimmung yon Wohlstands~nderungen dort verwendeten Nutzenmbglichkeitskurven, die den Produktionsmbglichkeitskurven entspreehen, vgl. auch E. J. M i s h an : A Survey of Welfare Economics, t939--1959. Economic Journal, LXX (1960), S. 228 ft.

Interessanterweise hat S am u e 1 s o n in seinem 1939 erschienenen Aufsatz ,,The Gains from International Trade" (Canadian Journal of Economics and Political Science, Vol. 5, abgedrnckt in: Readings in the Theory of International Trade. Philadelphia: 1949), offenbar die Bedingung (2.2) als ausreichend be- trachtet, um yon einer Wohlstandserhbhung sprechen zu kbnnen, denn sein Beweis ffir den Vorteil des Handels bedient sieh des Mengenvergleichs in Prei- sen der Situation nach Aufnahme des Handels. Trotz seiner Kritik in ,,Evaluation of Real National Income" verwendet S a m u e 1 s o n den entsprechenden Index- beweis ffir den Handelsvorteil auch in seinem 1962 erschienenen Aufsatz ,,The

Zeiisehr. f. Nattonal6konomie, XXIII. Bd., Heft 1-2 9

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130 H.-J. Heinemann:

nicht als ausreichend, um yon einer Wohlstandsverbesserung sprechen zu kSnnen. Von einer Realeinkommenszunahme werden wir daher dann und nur dann sprechen, were1 zumindest der eine der beiden Mengen- indices eine Wohlstandsverbesserung anzeigt und der andere keine Real- einkommensminderung angibt.

3. Handelt es sich um marginale ~nderungen, so reicht das Seitovsky- Kriterium und damit (2.2) aus, um eine Realeinkommenssteigerung zu zeigen; (2.2) 1EBt sich dariiberhinaus auf (2.1) reduzieren, denn es ist

P ' ~- P • d P (2.3) und

X' ----- X ~- d X. (2.4)

Semen wir beide Gleichungen in (2.2) ein, so erhalten wir

(P + d P) (X --}- d X) :>" .X (P -{- dR) X. (2.5)

Bei marginalen ~nderungen kann das Produkt aus Preis~nderungen und Mengen~inderungen vernachl~ssigt werden, so dab (2.5) zu (2.1) wird.

2. Auflenhandel, Produktivitiitszunahme und Wohlstandsentwicklung

1. Die Zusammenh~nge zwischen Produktionswachstum, terms-of- trade-Entwicklung und Wohlstands~nderung werden in diesem und dem niichsten Absehnitt (dort an Hand einiger Spezialf~lle) n~iher untersucht. In Ziffer 2 dieses Abschnittes betrachten wir einige Probleme der Theorie des Handelsgewinns im Rahmen der im letzten Abschnitt skizzierten Indextheorie. Anschlie•end interessieren wir uns fiir die Situation eines Landes, dessen Produktion unver~indert bleibt, dessen Wohlstandsent- wicklung abet durch terms-of-trade-~nderungen beeinflu~t wird, die auf Wachstumsvorg~nge oder handelspolitische MaBnahmen des Partner- landes zuriickzuffihren sind. Ziffer 3 beschiiftigt sich schlieBIich mit der dutch Produktions- und terms-of-trade-Anderungen gekennzeichneten Lage, die im Mittelpunkt des vorausgegangenen Abschnittes stand. Wit werden bei unserer Analyse auch auf Probleme eingehen, die mit der in der AuBenhandelstheorie weitgehend unterstellten Elastizit~t des Pro- duktionssystems zusammenh~ingen. Aus diesem -- spiiter noch n~her zu erl~uternden -- Grund ist das betrachtete Land meist das unterentwickelte Gebiet B.

2. Knappheitsunterschiede ffir verschiedene Giiter zwischen den ein- zelnen L~ndern fiihren zu untersclliedlichen Giiter- und Faktorpreisen, die internationale Wirtschaftsbeziehungen anregen. Solche Knappheits-

Gains from International Trade Once Again" (Economic Journal, LXXII, Dezem- ber 1962); vgl. dort aueh den Aufsatz yon M. C. K e m p : The Gain from Inter- national Trade.

Zu den oben behandelten Fragen auch G r a a f f : Theoretical Welfare Eco- nomics, S. 163 und S. 48ff., insbes. S. 50. G r a a f f weist dort auf die mSglicher- weise zum Ursprung konkaven ,,community indifference curves" hin, die selbst bei Geltmlg von (2.1) und (2.2) keine eindeutigen Aussagen mehr zulassen.

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Entwicklungshilfe, technisoher Fortschritt und Terms of Trade 131

unterschiede resultieren aus verschiedenen Produktions- oder (und) Nach- fragebedingungen. Treten solche Differenzen sowohl auf der Angebots- auch auf der Nachfrageseite auf, so kSnnen sie sich kumulieren oder kompensieren. Im letzten Fall besteht kein (oder nut ein geringer) An- reiz zum internationalen Handel. Hiervon abgesehen, werden der Handel mit Gfitern und in der Regel auch die Wanderung der Produktions- faktoren so weir ausgedehnt, bis -- unter Vernachl~ssigung der Trans- portkosten -- die Gfiter- und Faktorpreise in den beteiligten L~ndern gleich sin& Nach den welfare-theoretischen Marginalbedingungen sind dann Handelsoptimum und Produktionsmaximum verwirklicht 15.

Von allen ProduktionsmSglichkeiten wird bei dem Preissystem (P*) die optimale Kombination (X*) ausgew~hlt. Gilt in der geschlossen_en Wirtschaft der Preisvektor (p0), so wird der Produktionsvektor (X °) realisiert, der gleich dem Konsumvektor (X c) ist. Nach Einfiihrung des Handels gilt das Preissystem (P'), dem der optimale Produktionsvektor (X') entspricht, der nicht mehr mit dem Konsumvektor(X') iiberein- stimmt. Alle anderen Produktionsvektoren, also auch (X°), sind nicht optimal. Es gilt

Z P" X-" >=Z P' X. (2.6)

Bei ausgeglichener Leistungsbilanz ist

Z P' X' = Z P' X'. (2.7)

Wegen X ° = ~0 fiir jedes Gut im Gleichgewicht ohne Handel gilt

2 P X ° =.2/ P X °. (2.8)

Somit ist (2.8) auch fiir das Preissystem (P') giiltig. Wegen (2.7) und (2.8) kSnnen wit statt (2.6) sehreiben

Z P' X' ~ Z P' X °. (2.9)

Damit ist der Beweis fiir den Vorteil des Handels nach dem Paasche- Kriterium erbracht, das ffir marginale Xnderungen ausreicht. Der fiir endliche Anderungen zusEtztich notwendige Laspeyres-Index kann unseres Wissens nicht auf ~hnlich klare Weise abgeleitet werden.

Der hier abgeteitete Samuelson-Beweis fiir den Handelsvorteil gilt, sofern die Einkommensverteilung durch den Handel nicht schlechter geworden ist und sofern kontinuierliche Substitution zwischen Giitern

15 Vgl. hierzu J. E. Meade : Trade and Welfare. London: 1955, passim und die genannten Aufsatze von S a m u e l s o n und Kemp und die dort ge- nannte Literatur. Unter restriktiven Bedingungen reiehen Gfiterbewegungen zum Ausgleich der Faktorpreise aus; zu dieser von S a m u e l s o n und L e r n e r be- gonnenen Diskussion: Meade, a. a,. O., S. 319 ff. und S. 600 ff.; B. B a l a s s a : The Factor Price Equalization Controversy. Weltwirtsehafttiches Archiv, 87 (1961), S. 111 ft. und die dort zitierte Literatur.

9*

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132 H.-J. Heinema~n:

und zwischen den Faktoren mSglich ist i6. Auf den ersten Punkt wollen wir hier nicht weiter eingehen, zura zweiten seien jedoch einige Bemer- kungen angefiigt. Sind die Produktionsbedingungen starr, so muB auch bei dem Preissystem (P') der Produktionsvektor (~0) gew~ihlt werden.

I I ?'P ~ 7"

Abb. 2

7 ~

Aus (2.7) und (2.8) folgt, dal~ in die- sem Falle der Paasehe-Index keinen Wohlstandsgewinn anzeigen kann, denn der in der Situation ohne Handel verwirkliehte Konsumpunkt liegt auf der gleiehen Preisgeraden wie der nach Aufnahme internatio- naler Wirtsehaftsbeziehungen mSg- liehe Konsumpunkt. Wird auf der neuen Preisgeraden ein Konsum- punkt gew~hlt, der auBerhalb des dureh die Transformationskurve be- grenzten Bereiehes der Produktions- mSgliehkeiten liegt, so gibt der Las- peyres-Index, wie Abb. 2 zeigt, einen Wohlstandsgewinn an, was naeh un-

serer Definition als ausreichend betrachtet wird. Sind die Produktions- bedingungen nicht vSllig starr, so kommt anstelle der ,,Produktions- mSglichkeitskurve" X°T' eine Kurve zustande, die die Abszisse T' und T schneider. Der Handelsgewinn ist dann grSBer als bei den auf den Vek- for (:~0) begrenzten ProduktionsmSglichkeiten, aber geringer als bei vS1- liger Flexibilit~t des Systems 17.

Allgemein liiBt sich sagen, dab der Handelsvorteil umso grSBer ist, je n~iher die realisierbare ProduktionsmSglichkeitskurve der optimalen Transformationskurve TT kommt. Dies ist im wesentlichen gleichbedeu- tend mit der Aussage, dab der Handelsvorteil umso grSBer ist, je gerin- ger die Marktunvollkommenheiten und je grSBer die Substituierbarkeit zwischen den Giitern einerseits und zwischen den Faktoren andererseits ist. Auf Grund des ausgebildeten Marktsystems in entwickelten L~indern diirften trotz monopolistischer und sonstiger Faktoren die Unvollkom- menheitsmomente hier geringer als in unterentwickelten L~indern sein is.

Bei starter Produktionsstruktur mfissen die Faktorpreise fin import- konkurrierenden Sektor fallen. Sincl die dort Besch~ftigten nicht bereit,

is Zu beiden Punkten L i t t l e : C~Stique . . . , Ch. XIII, insbes. S. 239; zur Frage yon Starrheiten im Produktionsbereich G. H a b e r l e r : Some Problems in the Pure Theory of International Trade. Economic Journal, LX (1950), S. 223ff., und St. B. L i n d e r : An Essay on Trade and Transformation. Stockholm: 1961, S. 24 ff.

17 Bei flexibler Produktionsstrnktur zeigt der Paasche-Index immer eine WoMstandsverbesscrnng, der Laspeyres-Indcx zeigt nur d~nn keine Verschlech- terung, wenn der neue Konsumpunkt nicht unterhalb yon S liegt.

is Vgl. hierzu aueh die Ausfiihrungen im 2. Teil (n~ichstes Heft) fiber Wachs- tumsmSglichkeiten und Importnachfrage untcrentwickelter L~inder (§ 2, Abschnitt 2).

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Entwicklungshilfe, teehnischer Fortschritt und Terms of Trade 133

eine Lohnsenkung hinzunehmen, so kommt es zu Arbeitslosigkeit, und anstelle von ~o wird ein Punkt auf der Geraden X --° T' realisiert. Der Real- einkommensverlust infolge Unterbesch~ftigung kann daher grSBer als der Handelsgewinn sein, so dab Handelsbeschr~nkungen erforderlich wet- den kSnnen 19.

3. Nimmt die Giiterproduktion auf Grund des technischen Fortschritts nur in einem der beiden yon uns betrachteten L~nder zu, so werden Realeinkommen und wirtschaftlicher Wohlstand des anderen Landes bei dort voll ausgenutzten ProduktionsmSglichkeiten nur durch die Ande- rung der terms of trade beeinfluBt. Exportiert dieses Land (B) Gut 1, so fiihrt eine PreiserhShung ffir dieses Gut zu einer terms-of-trade-Ver- besserung fiir B und zur Handelsausweitung. Das landwirtschaftliche Gut (1) wird vermehrt produziert, w~hrend die zus~tzliche Nachfrage nach dem industrielten Produkt (2) dutch Importe befriedigt wird. Bei einer terms-of-trade-Verschlechterung ist die entgegengesetzte Entwid~- lung zu erwarten. Der dann eintretende Wohlstandsverlust wird geringer sein ats der Verlust, der bei Verzicht auf Handel eintreten wiirde. Bei flexibler Produktionsstruktur kommt in Abb. 1 ein Punkt zwischen X °, dem Gleichgewicht ohne Handel, und )~1, dem Produktionspunkt vet der terms-of-trade-J~nderung, zustande. Bei entsprechend starker terms-of- trade-Verschlechterung kann X ° zustande kommen -- das Land verzichtet auf den Handel, der ibm keinen Gewinn mehr bringt -- oder gar ein Punkt links yon X °. In diesem Falle wird B zum Industrieexport- und zum Agrarimportland.

Die Starrheit der Produktionsstruktur kann nun dazu fiihren, dal] der bei einer terms-of-trade-Verschlechterung eintretende Wohlstands- verlust so groB ist, dab sich das Land schlechter ats ohne Handel steht. Dies ist zwar nicht m6glich, wenn der realisierte Produktionspunkt immer X ° war und ist, es wird aber in folgendem Fall eintreten: Land B habe die Anpassungsschwierigkeiten iiberwunden und den bei Handel optima- len Produktionspunkt X 1 verwirklicht (Abb. 2). ~ndert sich das Preis- system wieder yon (~) auf (po) und kann B nicht seinen urspriinglichen

Produktionsvektor (X °) erreichen, so wird die dem jetzt wieder geltenden Preissystem (p0) entsprechende Preisgerade unterhalb pope liegen, so dab das Rea~einkommen nicht nur ira Vergleieh zu der Situation vor der terms-of-trade-Verschlechterung, sondern auch zur Autarkiesituation ~0 gesunken ist. Kann Land B schliel]lich bei dem Preissystem (p0) die optimale Produktionskombination (X °) erreichen, so befindet es sich zwar in tier gleichen Situation wie vor Aufnahme des Hande]s, aber es muBte Anpassungsverluste hinnehmen, die bei unver~nderten terms of trade nicht mehr zu kompensieren sind und deren HShe yon der Zeitdauer der

1, Auf jeden Fall zeigt (2.2) eine Realeinkommensminderung an. Vergleiche G. H a b e r l e r : Some Problems . . . . a.a.O., S. 229f.; St. B. L i n d e r : Essay on Trade . . . . a, a. 0., S. 26. Natiirlich stimmen infolge der mangelnden Plexi- bilitgt des Systems die sektoraten Faktorpreise nicht mehr iiberein.

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134 H.-J. Heinemaun:

Anpassung abh~ngt. Die Umstellungsschwierigkeiten im Entwicklungs- prozeB rechtfertigen somit in bestimmten F~llen ProtektionsmaBnahmen, solange nicht durch eigene Mittel oder Methoden der Entwicklungshilfe eine grSBere Marktvollkommenheit und bessere Substituierbarkeit im ProduktionsprozeB erreicht werdem Diese Gefahren bestehen f/ir das entwickelte Land A in geringerem MaBe.

4. Betrachten wit nun den Fall, in dem sich die Produktionsbedin- gungen des betrachteten Landes verbessern, so dab sich die Transfor- mationskurve nach rechts verschiebt. Hierdurch und dutch die Wachs- tumsvorg~nge im Partnerland ver~indern sich die terms of trade. Ver- bessert sich das reale Austauschverh~iltnis, so nimmt der Wohlstand st/irker zu als das Sozialprodukt zu konstanten Preisen. Nehmen wir nun an, dab sich die terms of trade verschlechtern. In Abb. 3 ist X ° wieder der Punkt ohne Handel, X 1 ist der bei Handel vor eintretendem Wachstum verwirkliehte Produktionspunkt. Die neue Transformations- kurve T'T' wird yon der Preislinie peps in ~-z tangiert, so dab bei flexiblem Produktionssystem dieser Produktionspunkt zustande kommt. Lag der vor dem Wachstum realisierte Konsumpunkt auf der Strecke X I S,

T T / ~'

Abb. 3

so gibt der Paasche-Index f/ir das neue Gleichgewicht auf jeden Fall eine Wohlstandszunahme an, denn P~/r2 liegt oberhalb ihrer dureh den alten Konsumpunkt gezogenen Parallelen. Liegt der neue Konsumpunkt rechts von S, so zeigt auch der Laspeyres- Index eine Verbesserung, liegt er links yon S, so hat das Reatein- kommen nach dem Laspeyres- Index abgenommen. Eine eindeu- tige Aussage fiber die Wohl- stands~nderung ist dann nicht mSglich. Liegt der urspr/ingliehe Konsumpunkt auf p1p1 links von S, so zeigt der Paasche-Index in der neuen Situation eine Real- einkommensminderung an, wEh-

rend der Laspeyres-Index eine Verbesserung angibt, wenn der neue Ken- sumpunkt reehts yon S liegt; wird jedoch eine Konsumg/iterkombination links yon S verwirklicht, so hat der Wohlstand auf jeden Fall abgenommen.

Ist die Produktionsstruktur nicht flexibel genug, so mag auf T 'T ' ein Punkt links oder rechts yon X ~ zustande kommen. Die den neuen terns of trade entsprechende Preisgerade verlEuft links parallel yon p~p2. Punkt S verschiebt sich dann nach links. Die Wahrscheinlichkeit, dab die mit einer Verschlechterung des realen Austauschverh~ltnisses verbundene Expansion zu einer Realeinkommensabnahme fiihrt, steigt,

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Entwicklungshilfe, teehnischer Fortsehritt und Terms of Trade 135

denn der realisierbare Konsumpunkt ist auf jeden Fall mit einem gerin- geren Realeinkommen verbunden als der bei flexibler Produktionsstruk- tur erreichbare. In bestimmten Situationen -- beispielsweise wenn nut die Produktion des Exportgutes gesteigert werden kann -- ist es nicht ausgeschlossen, dab die durch den neuen Produktionspunkt laufende Preisgerade die urspriingliche Transforrnationskurve TT schneidet und dab ein Konsumpunkt auf dieser Sekante zustande kommt, der sogar im Vergleich zur Situation ohne Handel und ohne teehnischen Fortschritt eine Wohlstandsverschlechterung bedeutet. Die realeinkommensmindernden Starrheiten im Produktionsbereich -- die, wie erw~ilmt, unseres Eraehtens in unterentwickelten Gebieten yon grSBerer Bedeutung als in fortge- sehrittenen Staaten sein dfirften -- bewirken, dam die terms-of-trade- Gerade zur Sekante der optimalen ProduktionsmSglichkeitenkurve start zu ihrer Tangente wird.

Handelt es sich bei dem betrachteten Gebiet im Gegensatz zu unseren bisherigen Modellannahmen um ein kleines Land, das ~ihnlich dem An- bieter bei vollst~ndiger Konkurrenz durch sein Verhalten die Weltmarkt- daten nieht beeinflussen kann, so vollzieht sich bei unver~nderten Bedin- gungen im Ausland sein Wachstum bei gleichbleibenden terms of trade. Das Realeinkommen nimmt im gleichen MaBe wie das Sozialprodukt zu. Bei gleichm~Bigem Wachstum in beiden Sektoren nimmt die AuBen- handelsquote zu (ab), wenn die inl~ndische Einkommenselastizit~t der Nachfrage nach dem Exportgut kleiner (grSBer) als die entsprechende Importetastizit~t ist. Bei dem auf den Exportsektor beschr~.nkten Wachs- turn nimmt die AuBenhandelsquote zu. Expandiert lediglich der import- konkurrierende Bereich, so geht nicht nut die Aut3enhandelsquote, son- dern sogar das Aul]enhandelsvolumen zuriick.

3. Untersuehung einiger Spezialfiille

1. Im folgenden wollen wir mittels des Indexvergleichs und unseres im § 1 abgeleiteten Modells zu zeigen versuchen, inwieweit Aussagen fiber Wohlstands~nderungen in bestimmten F~Ilen mSglich sind. Wir unterstellen zun~hst marginale Anderungen. Notwendige und hinrei- chende Bedingung fiir eine Wohlstandsverbesserung in unserem 2-Giiter- Modell mit einer Preisrelation ist also

dX 1 + P. d X ~ > O. (2.10)

Ferner gilt die Budgetbeschr~nkung, dab der Wert der Produktion gleich dem Wert der Konsumtion ist:

~;1 + x~P = x l + x~P. (2.tl)

Differenzieren wir (2.11) und setzen die Werte in (2.10) ein, so erhalten wir

dX14:-P.dX2=dX--l+dX2P-F'dP(X--~--X~)>O. (2.12)

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136 H.-J. Eeinems~nn:

Nun sind aber

und

und

d'X1 + ax-2P = d Y = y . Y

- 1

X2 a - - X2 a = --~ M

- - 1

X2b -- X2b = -- - P M.

(2.13)

(2.14 a)

(2.14 b)

M gibt das Handelsvolumen im Basiszeitpunkt an. Unter Beriicksich- tigung yon (2.13) und (2.14) wird aus (2,12)

und

Y" (2.15 a) - - P < Y ~ " M

y b p<yb.__M_. (2.15 b)

Nimmt in keinem Sektor die Produktion ab, so gilt: y ~ 0. Hieraus folgt: Der Wohlstand eines Landes nimmt immer zu bei einer terms-of- trade-Verbesserung, aber auch bei einer terms-of-trade-Verschlechterung, wenn der Quotient aus der Wachstumsrate des Sozialprodukts (y) und der Importquote des Ausgangsgleichgewichts (M/Y) gr~iBer ist als die relative terms-of-trade-Verschlechterung. (Flit p ~ 0 verschlechtern/ver- bessern sich bekanntlich die terms of trade fiir B und verbessern/ver- schlechtem sich folglich fiir A.)

2. Im folgenden wollen wit die in § 1 behandelten F~lle, in denen die Produktion in einem oder beiden Sektoren eines oder beider L~nder w~chst, auf ihre Wohlstandswirkung fiir das entwickelte und das unter- entwickelte Land untersuchen. Hierbei schliei~en wir Produktionsriick- giinge in irgendeinem Sektor aus. :Die terms of trade und das Realein- kommen verbessern sich, wenn die Produktion im eigenen importkon- kurrierenden Sektor oder im Exportsektor des Auslandes zunimmt bei gleichbleibender Produktion in den anderen Bereichen. Nimmt die Pro- duktion nur im importkonkurrierenden Sektor des Auslandes zu, so ver- schlechtern sich die terms of trade, und das Realeinkommen sinkt. Auf Grund unserer Annahmen fiber die Einkonnnenselastizit~ten nimmt der Wohlstand des Landes A auch dann immer zu, wenn die Wachstumsraten in den industriellen und landwirtschaftlichen Sektoren beider Lander oder des Landes B gleich sind. Als ungekl~rt miissen somit die folgenden Situationen gelten:

a) Wohlstandsentwicklung in A b e i aa) gleichm~Biger Produktionszunahme in der Industrie beider L~nder; ab) Produktionszunahme nur in der Industrie des Landes A; ac) gleichm~iBigem Wachstum in beiden Wirtschaftsbereichen des

Landes A, wenn der Anteil der Eigenproduktion am Verbrauch des land- wirtschaftlichen Gutes in A kleiner als die entsprechende Einkommens-

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Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade 137

elastizit~t ist und sich somit die terms of trade fiir A verschlechtern. b) WohlstandsentwickIung in B bei ba) gleichm~Bigem Wachstum in beiden Sektoren jedes Landes; bb) Produktionszunahme nur in der Landwirtschaft beider L~nder; be) auf die Lahdwirtschaft in B beschr~nkter Produktionszunahrne; bd) bei gleichm~13igem Wachstum des landwirtschaftlichen und des

industriellen Sektors nur in B.

Wit verwenden die G1. (1.15) bzw. die hieraus abgeleiteten Gln (1.20), (1.23) oder (1.25) in Verbindung mit (2.15a) zur Untersuchung der F~lle aa) bis ac) und in Verbindung mit (2.15b) zur Untersuchung der F~lle ha) bis bd).

Zu aa): Der Wohtstand des Landes A nimmt zu fiir

]=a,b (2.16 a)

Da der Anteii der Industrie an der WertschSpfung des Landes B geringer als in A ist und die Einkommenselastizit~ten fiir Gut 1 in beiden L~ndern kleiner als 1 sind, ist die linke Seite yon (2.16 a) wesentlich kleiner als X1 a • XI b. Sind die Kreuzpreiselastizit~ten nicht wesentlich kleiner als die Aul3enhandelsquote in A, so ist (2.16) erfiillt, das Real- einkommen in A nimrat zu.

Zu ab) : Bei der auf die Industrie in A beschr~nkten Expansion nimmt der Wohlstand in B zu und in A steigt er fiir

Qa XI,~ < _ ~ .Z ~]i j Xj . (2.16 b)

Die linke Seite yon (2.16b) ist kleiner als X1 a, die rec'nte Seite bei nicht zu kleinen Kreuzpreiselastizit~ten vermutlich grSBer als X1 a, so dab der Wohlstand in A zunehmen diirfte.

Zu ac): Bei gleichm~Biger Expansion in A erhatten wir

ya Qa Xla _ Xla < M .Z ~ Xj . (2.16 c)

Selbst wenn die linke Seite der Ungleichung wegen einem entsprechend geringen Anteil der Agrarproduktion an der WertschSpfung des Lan- des A oder hoher Einkommenselastizit~t positiv wird, diirfte wegen des hohen Wertes auf der rechten Seite die Bedingung fiir eine Realeinkom- menssteigerung in A erfiillt sein.

Wir kommen damit zu dem Ergebnis, dab das Realeinkommen in A in aller RegeI als Folge des mit der Entwicklungshilfe an B verbundenen technischen Fortschritts bei nicht zuriickgehender Produktion im Inland nur dann sinkt, wenn die Produktivit~tssteigerung ausschlieBlich im industriellen Sektor des unterentwickelten Landes wirksam ist.

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138 H.-J. Heinemann:

Betrachten wir nun die noch offenen F~ille des Landes B. Zu ba): Sind die Expansionsraten in beiden Sektoren in ]edem Land

gleich, so nimmt das Realeinkommen in B zu fiir b

Z XiJ (1 -- eli ) ~ Y" Z ~ii XlJ. (2.17 a) M

Sind die Kreuzpreiselastizit~ten nicht wesentlich kleiner als die Aul]enhandelsquote des Landes B, so wird (2.17a) imrner erfiillt sein, denn die linke Seite der Ungleichung ist erheblich kleiner als X1 a + X1 b. Das Realeinkommen in B nimmt also zu, wenn auch in schwiicherem Ma~e als der Weft der Produktion zu konstanten Preisen.

Zu bb): Nimmt in beiden Gebieten die landwirtschaftliche Erzeu- gung zu, so ergibt sich

yb X l i (1 -- ~ j zi) . ~ z b --M-- Z ~lJ Xll. (2.17 b)

Die linke Seite der Ungleichung (2.17 b) ist grSI]er als die tinke Seite yon (2.17a), w~hrend die rechte Seite der Ungleiehung (2.17b) kleiner ist als die rechte Seite yon (2.17a). Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob das Realeinkommen in B steigt, ist somit nicht mSglich. Die Wahrscheinlichkeit fiir eine Zunahme ist jedoch umso grSl]er, je grS•er die Anteile der landwirtschaftliehen Produktion an der Wertschiipfung in beiden L~ndern sind.

Zu be): Steigt nur in B die landwirtschaftliehe Produktion, so ist yb

-Zl b - - el b z b X1 b "~ z b ~ - ~ ~1 ~ XI] . (2.17 e)

Die linke Seite der Ungleichung (2.17c) ist kleiner als in (2.17b); die terms-of-trade-Verschleehterung ist schw~cher und die Wahrschein- keit einer Realeinkommenssteigerung grSBer als bei einer Zunahme der landwirtschaftlichen Produktion in beiden L~indem.

Zu bd): Bei gleichen Wachstumsraten in beiden Sektoren des unter- entwiekelten Landes erhalten wir a~s Bedingung fiir eine Zunahme des Realeinkommens

__ y b . . Xl b -- el b X1 b ~ ~ .~ 7111 XI]. (2.17 d)

Wegen z < 1 ist die linke Seite yon (2.17d) kleiner als in (2.17o), die rechte Seite yon (2.17d) jedoch ist grSBer als in (2.17e). Bei nicht allzu grol]er Aul]enhandelsquote im Vergleich zu den Kreuzpreiselastizi- t~ten kann mit einer Realeinkommensverbesserung in B gerechnet werden.

Die terms-of-trade-Verschlechterungen reduzieren die aus der Expan- sion der Produktion in B resultierenden Wohlstandszunahmen. Mit Aus- nahme des u .E. nicht geniigend sicher zu beurteilenden Falles der auf die Landwirtschaft beider L~nder beschr~inkten Produktionszunahme ist jedoch in allen Situationen mit einer Realeinkommensverbesserung fiir Land B zu rechnen. Dieses Ergebnis kSnnen wir auch fiir den unklaren

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Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade 139

Fall bb) formulieren, wenn infolge intersektoraler Faktormobilit~.t die Landwirtschaft des Landes B einen Abwanderungsverhst erleidet und die industrielle Produktion in B trotz unveri~nderten technischen Wissens wegen des vermshrten Arbeitseinsatzes steigt.

3. Leistet A an B Entwiddungshilfe dutch Verminderung des eigenen Kapitalbestandes zugunsten des unterentwickelten Gebietes, so geht sein Sozialprodukt zuriick. Ob das Realeinkommen ebenfalls abnimmt, hSngt yon der aus dem realen Kapitaltransfer letztlieh resultierenden Preis- iinderung ab. Wir haben in Ziffer 3 in § 1, Abschnitt 2, gesehen, dab sich je nach den Produktionsfunktionen in beiden L~ndern die terms of trade fiir A verbessern oder verschlechtern kSnnen. Im Ietzten Fall sinkt das F~ealeinkommen in A stiirker ats seine Produktion. Eine Verbessemng des realen Austauschverhiiltnisses und damit eine Chance zur Vermeidung bzw. Verringerung yon Realeinkommensverlusten als Folge des Kapital- transfers ist umso wahrscheinlicher, je kapitalintensiver die industrielle Produktion in A und je arbeitsintensiver die Industriegiitererzeugung in B ist, da sich in diesem Fal]e die Produktionsstruktur in beiden L~n- dern zugunsten des landwirtschaftlichen Sektors entwickelt und somit die Preisrelation zwischen landwirtsehaftlichen und industriellen Giitern zu sinken tendiert. Sind die Grsnzproduktivit~ten des Kapitals in B nied- riger (hSher) als in A und ist der Kapitaltransfer nicht mit einer Zu- nahme des teehnischen Wissens verbunden, so wird im neuen Gleich- gewicht das Sozialprodukt und damit auch das Realeinkommen des Ge- samtgebietes niedriger (hSher) sein als in der Ausgangssituation. Ob- wohl auch im ersten Fall das Realeinkommen in dem unterentwickelten Gebiet gestiegen sein mag und der Kapitaltransfer als in diesem Sinne wirkungsvolle Entwicklungshilfe bezeichnet werden kann, fragt es sich, ob bier tats~ehlich eine bestimmte Einkommenszunahme des Landes B mit den niedrigsten Opportuniti~tskosten fiir A erreicht wurde oder ob es nicht eine andere Form der Entwieklungshilfe gegeben h~tte, die so- wohl fiir B a l s auch fiir das Gesamtgebiet effizienter gewesen w~ire.

4. Die in Ziffer 2 abgeleiteten Ergebnisse gelten nur fiir marginale ~mderungen. Die mit der Entwiddungsihlfe verbundenen Produktions- steigernngen kSnnen aber insbesondere ffir Land B und hier vor allem ftir die industrielle Produktion racist nicht als so klein im Vergleich zur Ausgangsproduktion angenommen werden, um eine auf die Unter- suchung margina, ter Anderungen beschr~nkte Analyse zu rechtfertigen. Folglich werden in der Realit~t auch die Preis~inderungen finiter Natur sein, so dab sowohl der Laspeyres-Index als auch der Paasche-Index herangezogen werden miissen, um eine Wohlstandsi~nderung beurteilen zu kSnnen. In unserem 2-Giiter-Modell repr/~sentieren (2.10) bzw. (2.I2) den Laspeyres-Index. Fiir den Paasche-Index gilt bei endlichen Ande- rungen [vgl. (2.2)]

y . Y + p . P (~:~ -- X2) -~ "~e p X-2 P ~" O. (2.18)

Das letzte Produkt entfiel beim Laspeyres-Index, der fiir die Beurtei- lung marginaler J~nderungen ausreichte. Dieses Glied ist fiir xu > O posi-

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140 H.-J. Heinemann:

tiv ffir p ~ 0 und negativ fiir p ~ 0. Ist der Laspeyres-Index bei einer Preissteigerung efffillt, so ist es somit aueh der Paasche-Index, so dab die Untersuehung der Realeinkommensver~nderung nach Laspeyres aus- reicht; bei einer Preissenkung geniigt dagegen der Paasche-Index. Da fiir A (B) nur die F~tle untersucht zu werden brauehen, in denen P sinkt (steigt), reieht fiir die Untersuehung der Wohlstandsentwieklung ,con A (B) der Paasche-(Laspeyres-)Index aus. Die unter ba) bis bd) betraeh- teten F~lle brauehen bei finiten ~nderungen somit nicht iiberpriift zu werden, sofern nicht die Produktions~nderung in B zu einer Abnahme der Industriegiiterproduktion fiihrt. Verschlechtern sich die terms of trade fiir A und nimmt (Kapitaltransfer!) zugleich seine industrielle Produk- tion ab, so reicht auch fiir A die Untersuchung naeh Laspeyres aus. Bei zunehmender industrieller Erzeugung in A gilt fiir dieses Land anstelle yon (2.15 a)

ya _ p < ~ y a _ • (2.19)

Auf eine weitere Untersuchung sei hier verzichtet. Bei der Analyse ist zu beachten, dab p nieht mehr aus (1.15) entnommen werden kann. Vielmehr milssen (1.11) und (1.12) ffir endliehe Produktionsiinderungen nach der Preis~nderung geliist werden.

§ 3. Stabilisierung des internationalen Austauschverhrdtnisses und wirtschaffliche Entwicklung

1. Die Analyse der vorhergehenden Paragraphen hat gezeigt, dab die Entwicklungshilfe des Landes A -- und bier insbesondere die tech- nische und beratende Hilfe -- die Produktions- und Nachfrageverh~lt- nisse sowohl in der unterentwickelten als auch in der entwickelten Volks- wirtschaft beeinfluBt, damit aber auch die Giiterpreise, das Realeinkom- men und das Handelsvolumen. Rechnen wit die auf A beschr~nkten Wachstumsvorg~nge, selbst wenn sie giinstige Riickwirkungen auf das Realeinkommen des Landes B haben, nicht zur Entwicklungshilfe, so fiihrt diese in zumindest einem Wirtschaftszweig des Landes B zu ver- mehrter Giiterproduktion. Nimmt diese vor allem in dem importkonkur- rierenden industriellen Wirtschaftszweig des Landes B zu, so verbessern sich die terms of trade und sein Reateinkommen. Starkes Wachstum in dem exportorientierten landwirtschaftlichen Sektor fiihrt dagegen zu einer terms-of-trade-Verschlechterung und einer dementsprechend geringeren Zunahme des Realeinkommens in B. In ungiinstigen F~llen kann bei einer terms-of-trade-Verschlechterung trotz erh6hter Giiterproduktion das Realeinkommen des Landes zurfickgehen ~°. Eine solche Entwicklung ist umso wahrscheinlicher, je gr~iBer bei einer bestimmten Verschlechterung des internationalen Austauschverh~Itnisses die AuBenhandelsquote und

2o j. B h a g w a t i sprlcht hier yon ,,immiserizing growth": Immiserizing Growth -- A Geometrical Note. Review of Economic Studies, 25 (1958), S. 201 ff.; vgl. auch H. G. J o h n s o n : Money, Trade and Economic Growth, a. a. O., S. 85 f.

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Entwieklungshilfe, technischer Fortsehritt und Terms of Trade 141

je kleiner das Wachstum der Gfiterproduktion im Verhaltnis zu dem des Sozialproduktes ist.

Expandiert vor allem der importkonkurrierende Sektor, so nimmt bei verbesserten terms of trade die AuBenhandelsquote und gegebe- nenfalls auch das AuBenhandelsvolumen ab. Diese Entwicklung mag langfristig ungiinstige Rfickwirkungen auf die Produktivit~tsentwicldung haben, so daB der positive terms-of-trade-Effekt teilweise kompensiert werden mag. Die mit einer Handelsausweitung verbundene Expansion exportorientierter Bereiche kann dementsprechend die Produktivitatsent- wicklung giinstig beeinflussen, so dab die Realeinkommensverschlechte- rung infolge der ungfinstigen Veranderung des internationalen Aus- tauschverh~ltnisses neutralisiert werden mag. Die Wachstumsvorg~nge im Ausland haben entgegengesetzte Wirkungen auf AuBenhandelsvolu- men und terms of trade: Expandiert im Ausland (also im Vergleich zu B in A) vor allem der dortige Exportsektor (importkonkurrierende Sektor), so nimmt das AuBenhandelsvolumen zu (ab), und die terms of trade verbessern (verschlechtern) sich fiir B. Falls ein Zusammenhang zwischen AuBenhandels- und Produktivitatsentwicklung in der angedeuteten Art besteht, werden die terms-of-trade-bedingten Realeinkommens~nderungen hier in ihrer Richtung verst~rkt.

2. Ungeachtet der eben erw~hnten Zusammenh~nge kann es ffir die Wirtschaftspolitik eines oder beider Lander yon Interesse sein, die inter- nationalen Austauschrelationen mSglichst stabil zu halten, sofern durch eine solche Stabilisierungspolitik negative Realeinkommenseffekte der terms-of-trade-Bewegung vermieden, andererseits aber keine neuen nega- tiven Wohlstandseffekte erzeugt werden. BekanntermaBen erfordert jede Stabilisierung einiger odor aller Preise subsidi~re wirtschaftspolitische Mai3nahmen, die ihrerseits die Angebots- und Nachfragebedingungen nicht unberfihrt lassen. Auf diese Probleme wird in der Analyse inter- nationaler Wachstumsprobleme bei gleichbleibenden Austauschrelationen nicht immer geniigend hingewiesen el. Wirtschaftliche Vergnderungen in einem Land kSnnen die terms of trade freilich auch dann unbeeinfluBt lassen, wenn sie in einem ganz bestimmten, von den jeweiligen Angebots- und Nachfrageverh~ltnissen abh~ngigen AusmaB stattfinden. SchlieBlich sind unver~nderte internationale Austauschrelationen ohne zus~tzliche MaBnahmen mSglich, wenn die Aufnahme- und Abgabeelastizitaten des Auslandes hinreichend groB sind 22.

~1 Dies gilt insbesondere aueh ffir manche Arbeiten yon H. G. J o h n s o n , der z.B. Leistungsbilanzeffekte auf Grund unterschiedlicher Marktbedingungen analysiert unter der Annahme gleichbleibender Preisrelationen zwisehen beiden L~ndern, ohne die zur Stabilisierung dieser Preise nStigen MaBnahmen der Wirtschaftspolitik im einzelnen zu untersuehen (vgl. International Trade and Economic Growth, a. a. O., Kap. IV, und den Aufsatz ,,Economic Development and International Trade" in ,,Money, Trade and Economic Growth").

22 Hinreiehend gro~e ElastizitSten auf den Auslandsm~rkten zur Vermei- dung unerwfinschter terms-of-trade-Schwankungen kSnnen wir in unserem 2-L~.nder-Modell sinnvo~lerweise aber nicht unterstellen. Dies w~re nut mSglich,

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142 H.-J. Heinemaan:

Sind weder die inlgndischen noch die ausl//ndischen Angebots- und Nachfrageverh~ltnisse so geartet, dab Angebotserweiterungen auf einzel- nen oder allen M~rkten infolge der Entwicklungshilfe die Preisrelationen zwischen den L~ndem unbeeinfIuBt lassen, so mu$ die Wirtschaftspolitik der an der Stabilisierung interessierten L/inder diese Bedingung ,,kiinst- lich" herstellen. Hierzu kommen in erster Linie in Frage: Erweiterung bzw. Einschr~nkung der staatliehen Nachfrage nach solchen Gatem, deren Preise im Vergleich zu den anderen Giiterpreisen auf Grund der Marktbedingungen sonst sinken bzw. steigen wiirden; staatliche MaB- nahmen zur Einschr~nkung bzw. Erweiterung des Angebots far die glei- chen Gfiter; Verminderung bzw. Steigerung der Nachfrage bzw. des An- gebots bei den anderen Gatern, deren Preise im Vergleich zu den erst- genannten Produkten sonst steigen warden. Diese MaSnahmen sollen in Ziffer 3 noch etwas ausfiihrlicher behandelt werden.

Der Staat hat freilich noch andere MSglichkeiten, nm die erwanschte Stabitisierung des internationalen AustauschverhKltnisses zu erreichen. Da bier nicht unbedingt die realen Giiterpreise innerhalb eines Landes, sondern nur im Verkehr zwischen den beiden L~ndern stabilisiert wet- den sollen, um somit preisbedingte Reateinkommensver~nderungen fiir die Volkswirtschaften zu verhindern, sind auch steuer- und zollpolitische Preisbe- und -entlastungen mSglich, die die durch die inlKndische Entwick- lung bedingten PreisKnderungen auf das Inland beschr~nken und yore Ausland abhalten bzw. die die durch die Entwicklung ira Ausland bewirk- ten Preis~nderungen nicht auf die eigene Volkswirtschaft wirken lassen. Diese bier nur genannten MSglictlkeiten werfen allerdings zu viele Pro- bleme, insbesondere auch welfare-theoretischer Art auf, urn hier behan- delt werden zu kSnnen, zumal wit bisher auf die Einbeziehung wirt- schaftspolitisdn bedingter Preisdifferenzen zwischen den ~erschiedenen L~-adern verzichtet haben -%. Ebensowenig werden wir solche steuerpoliti- sd~en MSglichkeiten behandeln, mittels deren der Staat eine Einkommens- umverteilung oder ver~nderte Ko~sumgewohnheiten herbeifahrt, die zu einer solchen Xnderung der Einkommenselastizitgten der Nachfrage fiih- ten, dal3 die sonst auftretenden Preisanderungen ausgeschaltet werden.

In den Ziffern 4 und 5 dieses Paragraphen wollen wit untersuchen, wie sich bei vollst~ndiger und unvollst~ndiger Spezialisierung die Stabi- lisierung des internationalen Austauschverh~ltnisses, also des Industrie- giiterpreises in Einheiten des Agrargutes, auf die Leis~ungsbilanz aus- wirken kann. Damit solche Wirkungen iiberhaupt auftreten, sind jedoch

wenn das zus~tzliche Angebot bzw. die zus~tzliche Nachfrage, die infolge ein- seitiger Produktionsentwickhmg in B oder A anf dem Auslandsmarkt wirksam werden, nut einen sehr geringen Anteil am Gesamtumsatz der betreffenden Giiter des Landes A bzw. B ausmachen wtirde. Eine solche Annahme kSnnten wit abet nur f/ir eines der beiden L~nder machen, nicht aber fiir den Fall, dab je nach tier eigenen wirtschaftlichen Entwicklung sowohl A als auch B auf den Auslandsmarkt ausweichen mSehten.

2a Vgl. insbesondere J. E. M e a d e: Trade a~ld Welfare, a. a. 0.; H. M 5 l- l e t : Aul3enwirtschaftspolitik. Wiesbaden: 1961, vor allem S. 51ff.

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Entwicklungshilfe, techniseher Fortschritt und Terms of Trade 143

bestimmte der in Ziffer 3 zu untersughenden Pormen der Stabilisierung notwendig.

3. Die gewiinsghte Stabilisierung der terms of trade kann sowohl dutch wirtsghaftspolitisehe MaBnamen der Regierung des Landes A als aueh dureh solche der Regierung des Landes B bewirkt werden. Wir gehen im folgenden zungghst davon aus, daft die Stabilisierungspolitik night zu Leistungsbilanziiberschiissen des einen oder anderen Landes fiihrt 24.

Interessieren wir uns zungchst fiir die MSgliehkeit, die terms of trade dadurgh zu stabilisieren, dab bei unvergnderter Produktion im Hilfe gew~ihrenden Land A die Produktion im Lande B so gesteigert werde, dab auf keinem Markt ~Jbersghugangebot oder -naehfrage entsteht. Die hierzu erforderlighe Expansionsrate muB wegen der hSheren Einkommens- elastizit/it der Nachfrage fa r Industriegiiter im industriellen Sektor grSBer sein als im landwirtschaftliehen Bereieh. Das Verhgltnis beider Waghsmmsraten muff umso gr5Ber sein, je grSBer der Anteil der tand- wirtsehaftlighen Produktion am Sozialprodukt bisher war, denn umso gr5Ber ist z.B. bei einer 10°/0igen Produktionssteigerung in der Land- wirtsehaft der absolute Produktionszuwadas, arose mehr industrieUe Produkte werden aber naehgefragt, was bei einem kleinen Anteil der Indnstrie am Sozialprodukt eine hohe Waehsmmsrate der industrietlen Produktion erfordert es.

Nehmen wir jetzt an, durgh MaBnahmen der Entwi&lungshilfe werde die Produktion in beiden Sektoren des Landes B glei&mgI~ig gesteigert und Land A versnehe, seine eigene industrielle Erzeugung so anzupassen, dal~ das internationale Austausehverhg]tnis unvergndert bleibt. Das Wachstum in B fiihrt zu einem lJbersghuBangebot auf dem Agrarmarkt und zu einer 13bersehuBnaghfrage auf dam Markt ffir industrielle Pro-

24 Man kSnnte vermuten, dasjenige Land sei jeweits an der St~oflisierung der terms of trade interessiert, ffir das sie sieh versehlechtern, wShrend u. U. das andere Land sogar ,,Verteidigungsmafnahmen" zugunsten seiner gfinstigeren Austausd~relation ergreifen wfirde. Solehe Konfliktsimationen interessieren hier nicht. In unserer Analyse s~eht die Entwieklungshitfe im Vordergrund. FolgIieh ist es wahrscheinlicher, dab eine Zusammenarbeit zwe&s Stabilisierung der terms of trade besteht als dal3 gegenteilige Interessen vorherrsehen. K5nnte man sagen, daft ohne wirtschaftspolitische Eingriffe sich die terms of trade trendmgfig zu- gunsten yon A (B) entwi&elten, so wgre ffir dieses Land eine Stabilisierung eher naehteilig als vorteilhaft: Im ersten Fall k5nnte die Preisstabilisierung als er- ggnzende Entwieklungshilfe gedeutet werden, im zweiten FMt dagegen wiirde der Entwi&lungseffekt ftir B vermindert. Allerdings mag A seine Unterstfitzung des Landes B yon solehen Staloilisierungsmaflnahmen abhgngig ma~hen; vgI. aueh die Bemerkungen am Se~hluB dieses Paragraphen.

~ Vgl. hierzu die Ansfiihrungen zur ,,balanced growth theory" in dem Beitrag des Verfassers ,,Wirtschaftliehes Wachstum und EntwieMungshilfe -- dargestellt an einem Harrod-Domar-Medell" (ngehstes Heft dieser Zeitsehrift), § 2, Absehnitt 2, Ziffer 3. Die Stabilisierung der terms of trade auf der Ange- botsseite kann bei gleichen Waahstumsraten des Sozialprodukts im Vergleich zu der Situation ohne Stabilisierung dutch eine Anpassung der Produktions- struktur an die Einkommenselastizitgten erreieht werden.

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dukte. Durch eine adiiquate Vermehrung seiner industriellen Produktion kann A die sonst eintretende Preissteigerung fiir Industriegfiter vermei- den. Die Zunahme der Industrieg/iterproduktion ffihrt in A zu einer Einkommenssteigerung, die nur zum -- wenn auch grSBeren -- Teil fiir Industrieerzeugnisse verwendet wird. Auf diese Weise nehmen Export- angebot und Importnachfrage des Landes A zu. SchlieBlich ist die ver- mehrte Produktion dutch entsprechend gestiegene Nachfrage aufgenom- men worden. Die notwendige ProduktionserhShung in A h~ngt yon den Einkommenselastizitiiten in beiden L~ndern und der Produktionsstruktur in A ab. Ihre genaue HShe ist leidlt aus G1. (1.15) zu ersehen, die gleich null zu setzen ist und in der die ~b gleich sind und fiir ~1 a null zu setzen ist. Unter Beachtung der Budgetbeschr~nkungen kSnnen die Narhfrage- ~nderungen fiir jedes Gut in beiden LEndern ermittelt werden.

MaBnahmen des Landes A, die einseitig die landwirtschaftliche Pro- duktion in B steigern, m/issen ceteris paribus zu einer intensiveren Ver- mehrung der industriellen Produktion in A Fdhren. ~hnlich wie im obigen Fall muff die industrielle Produktion in A umso mehr erhSht werden, je grSBer der Anteil der landwirtschaftlichen Erzeugung an der Wert- schSpfung des Landes B ist. Nimmt dagegen die industrielle, nieht aber die landwirtschaftliche Produktion in B zu, so muB A zur Vemeidung einer sonst eintretenden terms-of-trade-Versehleehterung fiir das eigene Land bei gleichbleibender landwirtschaftlicher Produktion seine Indu- striegfitererzeugung vermindern, um auf diese Weise das ~berschuB- angebot auf diesem Markt zu beseitigen und wegen der Einkommens- senkung die UberschuBnachfrage auf dem Agrarmarkt zum Verschwin- den zu bringen. Hiedureh wfirde ~dlerdings die Beseh~ftigung in A sin- ken und ein Realeinkommensverlust entstehen, der dem sonst durch die terms-of-trade-Verschlechterung bedingten Wohlstandsriickgang ent- sprechen wiirde. Um dies zu vermeiden, kann A stattdessen seine land- wirtsehaftliche Produktion vemehren. In beiden FKllen ist allerdings ein Rfickgang des Handelsvolumens unvermeidlich, so dab gegebenenfalls negative Produktivit~tseffekte eintreten kSnnen. Die Anpassungsschwie- rigkeiten werden erschwert, wenn die Produktionssteigerung in einem Bereich mit einem Produktionsriiekgang in anderen Sektoren verbun- den ist.

Wegen der geringeren Einkommenselastizit~t der Nachfrage nach Agrarprodukten im Vergleich zu derjenigen nach industriellen Erzeug- nissen muB die zu einer Expansion in B fiihrende Entwicklungshilfe bei jeder Form der Stabitisierungspolitik auf der Angebotsseite zu einer ErhShung des Anteils der industriellen Produktion an der WertschSpfung im Gesamtgebiet fiihren. Nimmt in B nun die industrieUe Produktion zu, so i~udert sich zwar in A die Produktionsstruktur zugunsten der Land- wirtschaft, jedoch verhindert diese Verschiebung nicht die entgegengesetzte Entwicklung fiir das Gesamtgebiet.

Nehmen wir nun all, dab die Stabilisierung der terms of trade durch Veriinderungen tier staatlichen Nachfrage erreicht werden soll. Die Ent- wicklungshilfe ffihre wiederum nur zu einer Zunahme der Produktion

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Entwicklungshilfe, teetmiseher Fortschritt und Terms of Trade 145

in B. Wegen des unveriinderten Einkommens in A bleibt hier die p~vate Giiternachfrage unver~ndert. Da die Leistungsbilanz ausgeglichen bleiben soll, miissen sich etwaige Ver~inderungen der staatlichen Nachfrage in A ausgleichen, einer Nachfrageerh5hung nach Agrargfitern muB eine N~h- fragesenkung nach Industrieprodukten entsprechen. Nimmt in B die Nachfrage nach industriellen Giitern st~irker als die nach landwirtschaft- lichen Erzeugnissen zu und ist die Angebotszunahme im industriellen Sektor nicht entsprechend hSher als in der Landwirtschaft, so sind fotgende MSgIiehkeiten vorhanden:

a) Die Regierung des Landes A verzichtet auf industrielle Produkte fiir den Eigenbedarf in HShe der ¢0berschul]nachfrage des Landes B und nimmt im Austausch gegen die dadurch ermSglichten Exporte landwirt- schaftliche ~berschuBprodukte an. Hierbei tauchen verschiedene Probleme auf wie z. B. :

i) sind beide G/iter in tier sta~tlichen Verwendung hinreichend sub- stituierbar oder

ii) kann die Regierung in A eine ,,buffer-stock"-Politik in bezug auf beide Produkte betreiben?

Auf jeden Fall ist eine Abstimmung der Entwicklungshilfe mit den zu erwartenden Nachfragereaktionen in B erforderlich, da sonst unerwar- tete Angebots- und Nachfragesituationen auftreten kSnnen.

b) Die Regierung des Landes B betreibt die Stabilisierung in gleicher Weise. Wahrend im ersten Fall A die Lagerhaltungsfunktionen zu er- ffillen hat, f~llt diese Aufgabe nun B zu. Die Lagerhaltungskosten sind staatliche Aufwendungen, die aus Steuereinna~men zu decken sin& In beiden F~llen ist sowohl die Teilung dieser Kosten ats auch die Ober- nahme dutch eines der beiden L~nder mSglich es.

c) Schliel]lich kann jedes der beiden L~nder einen Teil des OberschuB- angebots iibernehmen und einen Tell der Uberschul]nachfrage durch Ver- zicht auf eigene Staatsnachfrage oder Abgabe yon Lagerbest~nden be- friedigen. Diese Verteilung der Stabilisierungsaufgaben ist umso not- wendiger, je mehr die Nachfrage- und Angebotsentwicklungen auf den M~rkten voneinander abweichen bzw. je mehr sich ohne staatliches Ein- greifen die Preisrelationen ver~ndern wiirden.

d) Von besonderem Interesse sind die im folgenden zu untersuchenden Situationen: preisstabilisierende Politik, die zu Handelsbilanzsalden fiihrt. Der AusgIeidl dieser ~berschfisse und Defizite wird durch Devisen- transaktionen oder, was in unseren Beispielen wahrscheinlicher ist, durch Kreditgew~hrung oder unentgeltliche Leistungen des ~bersehuBlandes er- reicht. Offenbar kSnnen wit nicht mehr von unserem station~ren Modelt ausgehen; die Budgetbeschr~inkungen ~ndern sich und damit auch die Einkommens- und Preiselastizit~ten. Wir nehmen weiterhin an, dab keine int~ndischen Investitionen stattfinden, so daJ] der inl~ndische Konsum-

~ Werden dio Lagerhaltungsfunktionen von einem, die Kosten jedoch yon dem anderen Land iibernommen, so sind zwisehenstaatliehe Transfers nStig, die eine ~nderung unserer Modellannahmen verlangen.

Zeitsehr. f. National~konomie, XXIH. Bd., Heft 1-2 10

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146 H.-J. Heinemann:

verzicht gleich dem Handelsbilanziiberschui3 ist, w~ihrend ein Handels- bilanzdefizit einem ~berschuB der Konsumtion fiber die Produktion ent- spricht. Sind die privaten Wirtschaftssubjekte im ~berschul31and nicht zu entsprechender Bildung yon GeldvermSgen bzw. unentgeltlichen Lei- stungen bereit oder mSchten sich die privaten Wirtschaftssubjekte im Defizitland nicht verschulden, so sind wiederum ~nderungen der staat- lichen Nachfrage erfordertich. Die Zusammenarbeit zwischen beiden Li~n- dern guBert sich dann z.B. darin, dab A die ~berschuBnachfrage des Landes B nach Industriegiitern durch Einschr~inkung der eigenen Nach- frage befriedigt, ohne im gleichen Werte Agrarprodukte anzunehmen.

Wir wollen nun die verschiedenen Nachfragegestaltungen bei gege- bener Produktionsentwicktung an einem Modell zeigen, das wir ffir die weiteren Untersuchungen benStigen. In dem folgenden Gleichungssystem haben die Symbole folgende Bedeutung: Y = (reales)Sozialprodukt; X = mengemn~iBige Nachfrage; X' = Nachfrage des privaten Sektors; X" -- Nachfrage des staatlichen Sektors (bzw. sonstige einkommens- unabh~ngige Nachfrage); X ~ mengenmgBiges Angebot; P = Preis des Industriegutes in Agrarprodukten; T = Handelsbilanzsaldo = Exporte-- Importe; i bezeichnet das jeweilige Gut (i = l , 2); ~ das jeweilige Land (i = a, b).

X~J = X'~J (YJ) + X"~i, (3.1)

YJ = Xl i + X2J P = X1 j + X j P + YJ T b = -- T a, (3.2)

Xi a -~" i t b = i-i a -~ i i b. (3.3)

In den Beispielen a) bis e) war die Handelsbilanz ausgeglichen und der Preis konstant. Die Expansion in B fiihrte zu bestimmten Einkom- mens~nderungen und diese wiederum zu

a) einer Zunahme yon X#I a und einer Abnahme von X"2 a bei Kon- stanz von X'~ a und X ".b"

b) einer Ztmahme yon X"I b trod einer Abnalune yon X"~ b bei Kon- t f a

stanz yon X'~ a und X ~ ; e) einer Zunahme von X"1f und einer Abnahme yon X"2 i bei Kon-

stanz yon X'~ a. In dem nun interessierenden Fall d) bleibt ira Fatle einer Expansion

in einem oder beiden Wirtschaftszweigen eines oder beider Liinder X " I a und X"= b konstant. Wir wollen ferner annehmen, dab die Haazdelsbilanz in der Ausgangssituation ausgeglichen war.

4. Betrachten wit zunii~st den Fall vollstgndiger Speziatisierung. Von den in Ziffer 3 genannten MSglichkeiten einer Stabilisierungspolitik fallen hier ex definitione einige weg, insbesondere ist die Aufrechterhal- tung der Austauschrelation dutch Abstimmung der sektoralen Wachs- tumsraten naturgemgl3 ausgeschlossen, ebenso scheiden einseitige stunt- lithe Nachfragevergnderungen aus: In jedem Falle ist die Zusammenarbeit beider Lguder nStig. Wit kSnnen im iibrigen hieraus den SchluB ziehen, dab unter sonst gleichen Umst~den die Aufrechterhalmng der inter- nationalen Austauschrelation umso mehr die Zusammenarbeit aller Lgu-

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Entwicklungshilfe, teehniseher Fortsehritt und Terms of Trade 147

der erfordert, je grJl~er der Spezialisierungsgrad der einzelnen L~nder in bezug auf die gehandelten Gfiter ist. Land A stelle nur Industrie-, B dagegen nur Agrarprodukte her eT. Wit wollen untersuchen, wie sich die Handelsbilanz entwickeln mul~, wenn sich die terms of ~rade mit einer vorher festgelegten Rate veriindern sollen, die bei vollst~ndiger Stabilisierung null ist. Der Handelsbilanzsaldo ist gleich der Differenz aus Exporten und Importen des Landes A :

T ~ X2 b P - - X1 a. (3.4)

Da A (B) keine Agrargiiter (Industrieprodukte) herstellt, muB die gesamte Naehfrage nach diesen Giitern aus Importen befriedigt werden. Fiir die Veriinderung erhalten wit

d T ~- d X2 b P "~- X2 b d P - - d X1 a ~-. M (p ~ X2 b - - Xl a) (3.5)

M = X2 b 1:' = X1 ~.

Hier und im folgenden bezeichnen die kleinen Buchstaben wieder relative Veri~nderungen. Setzen wir in (3.5) fiir

so ergibt sich

d T = M [e~ b Xl b - - 81a X2 a -~- p ( l ~- ~2 b - - ~ la) ] . (3.6)

Wegen der Substitutionsbeziehungen hat ~i a (~?b) ein positives (nega- tives) Vorzeichen. Der mit p zu multiplizierende Klammerausdruck in (3.6) gibt die bekannte Marshall-Lerner-Bedingung an. Bleibt die Pro- duktion iiberall konstant, so ist eine ErhJhung des Exportgiiterpreises yon A gleichbedeutend mit einer Aufwertung der W~ihrung yon A. Bei hinreichend grol3en Preiselastizit~ten fiihrt diese Preis~inderung zu einer Versehlechterung der Handelsbilanz in A.

In unserer friiheren Betraehtung war d T = O, folglieh mul]te sieh p entsprechend aus (3.6) bestimmen. Bei gleichmi~Bigem Waehstum in bei- den L~ndern wird bei Geltung der Marshall-Lerner-Bedingung p positiv, da die Einkommenselastizit~t der Nachfrage naeh Industrieprodukten in A grjt]er als die Einkommenselastizit~t fiir Agrargiiter in B ist. Entspre~ chend wird p erst recht positiv bei der auf B beschr~nkten Expansion und negativ bei alleinigem Wachstum in A.

Bei der Stabilisierung der terns of trade folgt wegen p ~ 0 ans (3.6)

d T ---- M (e2b xi b -- el ~ ~2a). (3.7)

Nimmt nur die Produktion eines Landes zu, so verschlechtert sich seine Handelsbitanz. Die terms-of-trade-Ver~nderung wird dutch eine

27 Vgl. zu dieser Betrachtung H. G. J o h n s o n : International Trade . . . . a. a. 0., Kap. IV; J. K r o m p h a r d t : Beitr~ige zur Theorie des Waehstums oftener Volkswirtschaften. Diss. Kieh 1957; A. Kon r a d : Zab.lungsbilanz- stJrungen und wirtschMtliches Wachstam. Berlin: 1962, Kap. 2 und 5.

10"

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148 H.-J. Heinemann:

gleichgerichtete Ver~nderung der Leistungsbilanz ersetzt. Bei gleiehen Wachstumsraten in beiden L~ndern verbessert sich wegen e2 b > el ~ die Handelsbilanz des Landes A. Ist p zwar nicht null, aber dem Betrage nach geringer als die Xnderung bei ausgeglichener Handelsbilanz ohne Stabilisierungspolitik, so /~ndert sich die Leistungsbilanz im gleichen Mal]e. Die entgegengesetzte Entwiddung tritt ein, wenn die gewiinschte Ver/inderung yon P grSBer als die sich ohne Eingriffe ergebende ist.

5. Bei unvollst/indiger Spezialisierung grit anstelle yon (3.4)

T -= P (X2 b --X.z b) -- (Xl a - Xla). (3.8)

Fiir p ~-0 erhalten wit als VerKnderung yon T unter Beriicksichtigung unserer Nadlfragefunktionen

d T ---- e~ b X~ b P [~1 b Z b -~ -X2 b (1 - - z b ) ] - - (3.9)

_ e a z a [ -~aza + ~ o (1 -- Z')] + ~1 a Z l~ - - ~2 b X--~ b P.

G1. (3.9) entspricht (1.15), die start einer Handelsbilanz~nderung bei gleidableibenden terms of trade eine ~nderung der terms of trade bei ausgeglichener Handelsbilanz anzeigte.

Wir wollen nun verschiedene ExpansionsmSglichkeiten untersuchen. a) Nimmt die Produktion in allen Bereichen gleichmKBig zu, so ergibt

sich aus (3.9)

d T = ~ [T A- X~ b P (~2 b - I) -4- X1 a (1 -- ela)]. (3.10)

War in der Ausgangssituation die Handelsbilanz ausgeglichen, so zeigt (3.10) wegen el a < 1 < e2 b eine Handelsbilanzverbesserung an.

b) Unver~uderte Industrieproduktion, gleiche Wachstumsraten in der Landwirtschaft beider L/inder. Aus (3.9) erhalten wit

d T = xl [ za (ya _ ela xla) + E2b zb X2 b p] > O. (3.1 1)

Hatten sich bei flexiblen terms of trade diese bei ausschlieBlicher Expan- sion der Landwirtschaft fiir A verbessert, so weist bei stabflisiertem Austanschverh~iltnis die Handelsbilanz des Landes A einen ~berschuB anf.

c) Unver~nderte Agrarerzeugung, Industrie beider Gebiete.

d T - - - ~ [ X 2 b p ( e 2 b X2bPyb

"gleichm~Bige Expansion in der

- - - - 1 ) - - ~ 1 a (1- -z a) Xla]. (3.12)

Der Ausdruck ~2 b X~ b p/yb gibt die marginale Ausgabenneigung fiir Indu- strieprodukte in dem unterentwickelten Land B an, die kleiner Ms 1 sein muB, denn das Agrarprodukt ist kein inferiores Gut. Folglich wird die Leistungsbilanz des Landes A passiv, was der terms-of-trade-Verschlech- terung bei mangelnder Stabilisierung ontspricht.

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Bleibt die Gfiterproduktion im Lande A unver~ndert, w~i~rend beide Wirtschaftszweige des unterentwickelten Landes mit der gleichen Rate expandieren, so wird sieh die Leistungsbilanz fiir A verbessern: Die Entwicklung f~hrt zu einer ~berschuBnachfrage nach Industriegiitern; dies ist in dem hier zu untersuchenden Fall der Stabilisierungspolitik aber gleichbedeutend mit erhShten Exporten des Landes A bei unver- ~nderten tmporten. Zum gleichen Resultat fiihrt eine auf den tandwirt- schaftlidmn Sektor des unterentwickelten Landes beschr~nkte Produk- tionszunahme, wKhrend atleiniges Wachstum im industriellen Bereich in B die Leistungsbilanz des unterentwickelten Landes verbessert, da seine Nachfrage nach Gfitern des Landes A bei gleiehbleibenden Exporten die- ses Landes zuriickgeht. Nimmt bei konstanter Produktion in B das Sozial- produkt des Landes A b e i unverKnderter Produktionsstrukmr zu, so verbessert (verschlechtert) sich die Handelsbilanz fiir A, wenn der Anteit der Eigenproduktion an der landwirtschaftlichen Naehfrage grSl3er (klei- net) ist als die entsprechende Einkommenselastizit~it.

Fassen wir unsere Ergebnisse zusammen: Gleichm~il]iges Wachstum in beiden Sektoren eines Landes oder beider L~nder fiihrt wegen der unterschiedlichen Konsumgewohnheiten flit landwirtschaftliche und indu- strielle Produkte ohne stabilisierende MaBnahmen zu einer Verteuerung der Industriegiiter im Vergleich zu den Agrarprodukten (Ausnahme ist der Fall der Expansion in A bei geringer Einkommenselastizitgt flit Agrargiiter). Soll dies vermieden werden, so daft sich das wirtschaftliche Wachstum nicht gleichm~tl3ig vollziehen, vielmehr muB der industrielle Bereich schneller als der landwirtschaftliche expandieren. Wird dies nieht erreicht, so ist eine Stabilisierung fiber Angleichungen der nicht ein- kommensabh~ngigen Nachfrage mSglich, also z.B. durch entsprechendes Verhalten der Regierungen. Dies ist u. a. denkbar, indem Land A an B Kredite oder unentgeltliche Leistungen gewKhrt. Sind die privaten Wirt- schaftssubjekte in A hierzu nieht bereit, so muff der Staat weniger Giiter und Dienste verbrauchen als bei ausgeglichener Leistungsbilanz, er muB also Budgetiiberschiisse bilden. Schalten wir eine Leistungsbilanzver- sehlechterung des Landes A als wenig wahrscheinlich aus, so mat3 Abei Wachstumsvorgangen, die hauptsadalich die Industriegtiterproduktion beriihren, eine entspreehende Verschleehterung seiner terms of trade hin- nehmen, sofern nicht die Regierung eines Landes dutch verminderte staat- lithe Naehfrage naeh landwirtsdlaftliehen und erhShte Nachfrage naeh industriellen Giitern die Stabilisierung bei ausgegliehener Leistungsbilanz ermSgticht. Ist die staatlidae Naehfrage nicht genfigend flexibel, so mSgen Anpassung fiber die Angebotsseite hinzukommen. Kann die laudwirt- sehaftliehe Produktion nicht ausgedehnt werden, so kazan es zu einem Beseh~ftigungsriickgang als Folge der verminderten Produktion in der Industrie kommen, der den Sinn der Stabilisierungspolitik in Frage stet- len kann.

Wir mSchten abschliel3end noch anf einen Umstand hinweisen: Ver- bessern sich die terms of trade fiir ein Land (A), so nimmt sein Real- einkommen nicht nut wegen der vermehrten Gfiterproduktion im eigenen

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Land, sondern auch wegen der erhShten Produktivit~t des AuBenhandels zu. Sollen die terms-of-trade-_;~nderungen ansgeschaltet werden, so kSn- nen naturgem~B die entsprechenden Realeinkommensverbesserungen nicht zustande kommen. Stattdessen bildet Land A GeldvermSgen, gew~hrt unentgeltliche Leistungen an B oder verst~rkt u. U. die wirtschaftspoli- tischen Eingriffe in den ProduktionsprozeB oder auf der Nachfrageseite. Entstehen Leistungsbilanzfiberschfisse, so verzichtet A nieht nur auf den Verbrauch eines Teiles seiner vermehrten Giiterproduktion, sondern auch auf den Konsum des mSgliehen Realeinkommensgewinns durch Verbesse- rungen des internationalen Austauschverh~ltnisses. Dieses Ergebnis ffihrt zu dem SehluB, dab bei privater GeldvermSgensbildung diese in der Ein- sch~tzung der Wirtschaftssubjekte dem Konsumentgang in HShe des Leistungsbilanzfiberschusses zuzfiglich dem entgangenen terms-of-trade- Gewinn entsprechen muB und dab die Entwicklungshilfe fiber die Diffe- renz aus inl~ndischer Produktion und Konsumtion hinausgeht. Dieser SchluB ist allerdings nur zul~ssig, wenn das Produktionswachstum bei flexiblen und bei stabilisierten terms of trade in beiden L~ndern gleich ist, was jedoch nicht ohne weiteres angenommen werden darf.

§4 . Z u s a m m e n t a s s u n g u n d k r i t i s c h e A u s w e r t u n g der Ergebnisse 1. Zwei Behanptungen sind h~ufig in wirtschaftswissenschaftlichen

VerSffentlichungen und in der Tagesdiskussion zu linden: 1. Wirtschaftliches Wachsmm in einem Land fiihrt bei geringeren

Wachstumsraten in anderen L~ndern zu Leistungsbilanzdefiziten. 2. Die wirtschafttiche Entwicklung unterentwickelter Gebiete ist dureh

eine st~indige Verschlechterung der terms of trade gekennzeichnet ~s. Unsere Analyse in den §§ 1--3 ffihrt zu dem Ergebnis, dab die be-

haupteten Entwicklungstendenzen zwar mSglich, nidat aber zwangsliiufig sind:

a) Wirtschaftliches Waehstum kann fiberhaupt nur dann zu Leistungs- bilanzsalden ffihren, wenn im ~JberschuBland private Wirtschaftssubjekte oder der Staat bereit sind, GeldvermSgen zu bilden oder dem Defizit- land unentgeltliche Leistungen zu gew~ihren ~9. Leistungsbilanzsalden kSn- nen die Stabilisierung der terms of trade erleichtern, sind aber nicht die notwendige Vorbedingung hierzu.

b) Werden durch das Wachstum in einem Land die importkonkur- rierenden (exportorientierten) Bereiche begiinstigt, so kSnnen sich trotz

~8 Die erste Auffassung liegt der Ansicht zugrmlde, dab sich ,,normaler- weise" im Aufschwung (Abschwung) die Leistungs- und Zahlungsbilanz verschlech- tern (verbessern). Zur zweiten Aussage gibt es die Gegenthese yon der zunehmen- den Verschlechterung der terms of trade der Industriel~nder als Folge des Roh- stoffmangels. Zu den Fragen der terms-of-trade-Entwiddung im Wachstums- prozel] vgl. die Ausfiihrungen fiber die Importnachfrage unterentwickelter L~uder (ngchstes Heft, § 2.2).

20 Auf den Zusammenhmlg zwischen Leistungsbilanzentwicklung und inl~in- discher GeldvermSgensbildung weist vor allem Wolfgang S t i i tze l hin (Volks- wirtschaftliche Saldenmechanik. Ttibingen: 1958, Kap. 4).

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Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade 151

sd~nellerem (langsamerem) Wachstum als im Ausland die Leistungsbilanz oder die terms of trade dieses Landes verbessern (verschlechtern).

e) Die Vorsteltung einer s/ikularen terms-of-trade-Verschlechterung der unterentwickelten L~nder beruht auf der Annahme, dab dort eine einseitige Produktionsstruktur zugunsten yon Sektoren mit niedriger Ein- kommenselastizit~t der Nachfrage besteht, die im Wachstumsproze$ nicht entscheidend ge~ndert zu werden vermag. Hierbei wird nicht nur (lang- fristig) eine mangelnde Flexibilit~t des Produktionssystems unterstellt, sondern auch, dab der technische Fortschritt und die Kapitalakkumulation vornehmlich die traditionellen Exportsektoren begiinstigen. Ist diese An- nahme richtig, so mfissen sich bei gleichen Wachstumsraten der Produk- tion in entwickelten und unterentwickelten (und erst recht bei hSheren Expansionsraten in den entwickelten) L~ndern die Realeinkommens- disparit~ten zwisehen beiden Gruppen vergrSSern s°. Argumente gegen diese Annahme lassen sich aus der zeRlichen Ver~nderung der gehandelten WarenkSrbe oder dem Industrialisierungsprozet3 in unterentwickelten L~ndenl herleiten. Das bedeutet freilich nicht, dab nicht unterentwiekelte L~nder infolge ibrer noch einseitigen Produktionsausrichtung bei Einzel- preis~nderungen starke terms-of-trade-Schwankungen in Kauf nehmen mfissen, die bei kurzfristig starren Produktionsbedingungen das Wachs- turn hemmen und ferner die Importkapazit~t verringern kSnnen 31.

Vertreter yon L~ndern, deren terms of trade sich verschlechtern, kSnnten eine Stabilisierung der internationalen Austauschrelationen for- dern. Bei der Beurteilung einer solchen Forderung sind gegebenenfalls auftretende Nachteile einer Stabilisierungspolitik gegen die sieh aus den unver/inderten terms of trade ergebenden Vorteile abzuw~gen. Allein sind die terms of trade ein ebensowenig verl/~Blicher MaBstab tier wirtschaft- lichen Entwicklung wie z. B. der verwirklichte Grad der Preisniveaustabi- lit~t. Verschlechtern sich die terms fiir ein Land urn beispielsweise 5 % , w~hrend seine reale Giiterproduktion um 20 °/0 zunimmt, so dfirfte die- ser Zustand dem vorzuziehen sein, der sich durch stagnierende Produk- tion bei unver/~nderten Preisen auszeichnet ~2. Um dennoch eine Aussage

so In der Tat kommen viele Autoren zu diesem Schlu_8, z .B.G. M y r d a l : Economic Theory and Underdeveloped Regions. London: 1957; I-I. W. S in - g e r : The Distribution of Gains between Investing and Borrowing Countries. American Economic Review, XL (1950), Papers and Proceedings, S. 473 ff.; R. P r e b i s c h : Commercial Policy in Underdeveloped Countries. American Economic Review, IL (1959), Papers and Proceedings, S. 251ff.; D. S e e r s : A Model of Comparative Rates of Growth in the World Economy. Economic Journal, 72 (1962), S. 45ff.

ai Vgl. hierzu auch G. H a b e r l e r : Das reale internationalc Austausdcver- h~ltnis (Terms of Trade) und die wirtschaftliche Entwicktung. Zeitsc~hrift ffir NationalSkonomie, XVIII (1958), S. 257ff.; d e r s e l b e : Terms of Trade and Economic Development, in: H. S. E l l i s and H. C. W a l l i e h (editors): Eco- nomic Development for Latin America. London: 1961, S. 275 ft. und die dorti- gen Diskussionsbeitr~ge yon H. S c h e i t t l e r - S i l v a und H. S. E l l i s .

32 Vgl. H a b e r l e r : Terms of Trade and Economic Development. H a b e r - 1 e r sieht in den ,,single factoral terms of trade", die die Produktivit~tsentwick-

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fiber die Bedeutung yon terms-of-trade-Schwankungen ffir den wirtschait- lichen Wohlstand mad~en zu kSnnen, ist es nStig, die Ursachen solcher Vorg~nge festzustellen und die iibrigen wirtschaftlichen Ver~nderungen zu berficksichtigen.

Fiir unsere aus den L~ndern A und B bestehende Weltwirtschaft sind bei aggregierter Betrachtung des Gesamtgebietes ~nderungen des Aus- tauschverh~ltnisses zwischen beiden L~ndern ebenso oder ebensowenig yon Bedeutung wie ~nderungen in. den relativen Faktorpreisen fiir die (isolierte) Analyse des Einkommenswachstums innerhalb einer geschlos- senen Volkswirtschaft. ~nderungen der terms of trade erweisen sich als ein Problem der Einkommensverteilung zwischen den Gruppen ,,Einwoh- ner des A-Gebietes" und ,,Einwohner des B-Gebietes". ~hnlich wie bei der Diskussion der Einkommensverteilung in einer geschlossenen Wirt- schaft, die sinnvollerweise auch unter Beriicksichtigung der Wachstums- erscheinungen durchzufiihren ist 33, erhebt sich bier die Frage, ob das wirtschaftliche Wachstum des Gesamtgebietes durch Stabilisierung der terms of trade gfinstig oder ungiinstig beeinfluBt wird. Auch dann, wenn B durch eine sotche Stabilisierung sein Realeinkommenswachstum be- schleunigen kSnnte 8~, besteht die MSglichkeit, dal] das reale Wachstum in A so gehemmt wird, da~ das Einkommen des Gesamtgebietes schlieB- lich geringer ist als das bei schwankenden terms of trade erreichbare. In diesem Falle sind verschiedene Entscheidungen zu treffen: Ist A -- ge- wissermal3en im Rahmen der Entwicklungshilfe -- bereit, dieses Opfer fiir die schnellere wirtschaftliche Entwicklung in B zu bringen? Gibt es MSglichkeiten, die B das gleiche Reateinkommenswachstum bei ver~nder- lichen Austauschrelationen gestatten, ohne das Wachstum in A zu hem- men? Oder m. a. W.: KSnnen die Opportunit~tskosten der Entwicklung in B ffir Land A verringert werden? Die Entscheidung fiir starre oder flexible terms of trade muB also ira Rahmen einer die EntwicklungsmSg- lichkeiten des Gesamtgebietes beriicksichtigenden Analyse entschieden werden 35.

lung berficksichten, eine bessere M6glid~keit, eine Realeinkommensver~uderung festzustellen. Zu einem ebenfatls negativen Ergebnis hinsichtlich der Zuverl~sig- keit der terms of trade als MaBstab fiir die wirtschaftliche Entwicklung kommen J. V i n e r : Studies in the Theory of International Trade. New York: 1937, S. 555ff.; F. B e n h a m : The Terms of Trade. Economica N. S., 7 (1940), S. 360 ff., und R. E. Caves : Trade and Economic Structure. Cambridge (Mass.): 1960, S. 225 f.

33 Vgl. die zusammenfassende Schrift yon E. P r e is e r : Wachstum und Einkommensverteilung. Heidelberg: 1961.

84 Unsere Ergebnisse in § 2.2 scheinen dies zu best~tigen. Die dort ange- nommenen Starrheiten ffihren bei terms-of-trade-Schwankungen zu Einkommens- verlusten. Allerdings kSnnten starre terms of trade die Starrheit der Produk- tionsstruktur begfinstigen, weft kein geniigender Anreiz besteht, Rationalisie- rungsmaBnahmen zur Erreichung grS~erer Elastizit~t der Produktion durch- zufiihren.

~5 Der Wisseuschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium hat in seinem Gutachten ,,Probleme einer rat~oneUen Wirtschaftshilfe an die Entwick-

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Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade 153

2. Wir wollen im folgenden unsere Analyse mit einigen in der Lite- ratur zu findenden Untersuehungen vergleichen. In seiner bekannt ge- wordenen ,,Inaugural Lecture" kommt H i c k s zu dem Schlul3, dab bei gleiehm~Bigem Wachstum aller Sektoren eines Landes sich seine terms of trade oder seine Leistungsbilanzposition versehlechtern; ersteres gilt verst~rkt, wenn die Expansion vor allem die exportorientierten Branchen begiinstigt, w~hrend Wadatstumsvorg~nge in den importkonkurrierenden Sektoren das reale Austauschverh~ltnis verbessern 36. In einer vollst~n- digen Analyse miissen auch Preis- und Einkommenseffekte auf der Pro- duktionsseite berficksiehtigt werden, so da/3 folgende Punkte zu beriick- sichtigen sind37: Produktions- und Konsumtionseffekt bei konstauten Preisen; Substitutionselastizit~ten zwischen Gfitern auf der Konsum- und auf der Produktionsseite; Wirkung der terms-of-trade-~nderung auf den Konsum; Elastizit~ten der Angebotskurven fiir Exportgfiter in beiden L~ndern, die wiederum yon allen Angebots- und Nachfrageelastizit~ten abh~ngen.

In unserer Analyse, welche allerdings die Preis- und Einkommens- wirkungen auf der Produktionsseite fast vSllig vernachliissigte, finden wir die Hickssche These weitgehend best~tigt; eine Ausnahme bildet lediglich die gleichm~Bige Expansion beider Wirtschaftszweige in A bei unver- ~Luderter Produktion in dem unterentwickelten Gebiet B, die nur dann zu einer terms-of-trade-Verschlechterung des Landes A ffihrt, wenn der Anteil der Importe an der Nachfrage nach Agrargfitern und die ent- spreehende Einkommenselastizit~t der Nachfrage verh~ltnism~Big gro/3 sind.

Allgemein l~flt sich vielleicht sagen: GleichmKl3iges Wachstum in allen Sektoren verschlechtert die terms of trade und die Leistungsbilanz umso

lungsl~nder unter Berficksichtigung der yon der Bundesrepublik zu treffenden Mal3nahmen" vom 23. Januar 1960 (Der Wissenschaftliche Beirat beim BWM: 5. Band, Gutaehten yore Januar 1957 bis M~rz 1961. GSttingen: 1961, S. 59 ff,) in Ziffer 18 f. auf die Gefahren yon StabilisierungsmaBnahmen hingewiesen und an ihrer Stelle l~berbriickungskredite zur Minderung der N~hteile schwankender ExporterlSse befiirwortet. Bei konjunkturelIen terms-of-trade-VerKnderungan kSnnten solchc Kredite in Zeiten yon terms-of-trade-Verbesserungen zurfick- gezahlt werden, so dab sich eine Art zyklischer Schuldentilgung ergKbe. Einc ausffihrliche ErSrterung der damit zusammenh~ngenden Probleme ist hier nicht beabsichtigt; manches finde?~ sich in den Schriften fiber Warenabkommen und Rohstoffpolitik, vgl. z . B . J . S e h 511 h o r n : Internationale Rohstoffregulie- rungen. Berlin--Miinchen: 1955, und M. L u d w i g : Internationale Rohstoff- politik: 1957.

s0 j. R. H i c k s : An Inaugural Lecture. Oxford Economic Papers N, S., 5 (1953). Zur Kritik vgl.: H. G. J o h n s o n : International Trade . . . . a.a.O., S. 76ff.; A. A s i m a k o p u l o s : A Note on Produktivity Changes and the Terms of Trade. Oxfc~rd Economic Papers, 9 (1957), S. 225ff.; J. B h a g w a t i : Growth . . . . , a. a. 0., S, 393 ft.; d e r s e l b e : International Trade and Economic Expansion, American Economic Review, 48 (1958), S. 941 ff.; A. K o n r a d : ZahlungsbilanzstSrungen . . . , a. a. 0., Kap. 3 und 4. In einem sp~teren Aufsatz berficksichtigt H i c k s die Kritik: A Further Note on ,,Import Bias", Essays in World Economics. Oxford: 1959, S. 251 ft.

37 Vgl. hierzu B h a g w a t i : Growth . . . . a. a. O.

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154 H.-J. Heinemann:

weniger, je grSSer der Anteil der Giiter mit hoher Einkommenselastizit~t der Nachfrage an der Produktionsstruktur ist, je mehr Giiter mit nied- riger NachfrageelastizitKt importiert werden und je grSBer der Selbst- versorgungsanteil auch an diesen Gfitern ist. Die in aggregierten Model- len auf das Volkseinkommen bezogene marginale Importneigung ist nur dann positiv, wenn die Expansion der importsubstitutiven Bereiche die der anderen Sektoren nicht erheblich iibersteigt bzw. wenn die Elasti- zit~ten der Nachfrage nach Importen bzw. Importsubstituten nicht beson- ders klein sind.

Bisweilen ist es zweckm~Big, die Wirkungen bestimmter Daten~nde= rungen bei zun~chst als unver~ndert gedaehten Preisen zu analysieren. Eine sotche Analyse ist als erste Smfe einer Prozel]analyse zu verstehen, die die weiteren Entwicklungstendenzen erkennen l~$t. In diesem Sinne ist u .E . die von J o h n s o n vorgenommene Einteilung der Wachstums- vorgKnge in solche, die ,,pro trade biased", die ,neutral" und solche, die ,ant i trade biased" sind, aufzufassen 8s. Eine Angebots- oder Nachfrage- expansion ist ,,pro trade biased", wenn das Angebot an Exportgiitern bzw. die Nachfrage nach Importgfitern starker als das Sozialprodukt zunehmen; sie ist neutral, wenn Importe und Exporte in gleichem Ma~e wie alas Sozialprodukt steigen; sie ist ,,anti trade biased", wenn das Ein- kommen schneller als die Importe bzw. Exporte wKehst. Die Einkommens- elastizitKten der Nachfrage nach Importen bzw. des Angebots an Import- substituten sind dann grSSer (kleiner), gleich oder kleiner (grSBer) als 1. In besonderen FKllen kann die Expansion ,,ultra pro trade biased" bzw. ,u l t ra anti trade biased" sein. Im ersten Fall nimmt die Nachfrage bzw. das Angebot an AuBenhandelsgfitern absolut starker zu als das Sozial- produkt, im zweiten Fall nimmt das AuBenhandelsvolumen absolut ab. Treten diese Situationen bei isoliei~er Expansion eines Landes ein, so mfissen die Einkommensetastizit~ten fiir in- bzw. ausl~ndisehe Giiter kleiner als null sein. Sind Angebots= und Nachfrageentwicklung ,,pro trade biased", so werden sich die terms of trade ffir das betrachtete Land verschlechtern. Eine ,,anti=trade-biased"-Entwic~lung dagegen verknappt die Nachfrage nach Importen bzw. das Angebot an Exporten und begiin- stigt folglich eine Verbesserung des internationalen Austauschverh~lt- hisses. In allen F~llen, in denen die Produktion in beiden L~ndern zu- nimmt, miissen die Einkommenselastizit~ten beider L~nder beriieksichtigt werden.

Fiir die in dieser Arbeit untersuchten F~lle l~Bt sich unter Ver- wendung dieser Begriffe somit sagen: Bei gleichm~iger Produktivit~ts- steigerung in beiden Wirtsehaftszweigen eines Landes ist die Angebots- entwicktung handelsneutral, w~hrend die Nachfrageentwicklung bei A ,,anti trade biased" und ffir B ,,pro trade biased" ist. Dies ist mit einer relativen Vermin@rung (Zunahme) der Impormachfrage vet= bunden, so dab sick im Falle der Expansion in A die terms of trade

3s H. G. J o h n s o n : International Trade . . . . a.a.O., S. 76ff., vor allem Tabelle, S. 82; insbesondere abet d e r s e l b e : Money, Trade . . . . a. a. 0., S. 79 ft. (Tabelle, S. 95); D h a g w a t i : Growth . . . . a. a. O.

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Entwicklungshilfe, technischer Fortsehritt und Terms of Trade 155

verschlechtern bzw. verbessenl, je nachdem, ob die Importnachfrage ab= solut zunimmt oder zurfiekgeht, wiihrend bei der Expansion in B sich das inCernationale Austauschverh~ltnis fiir dieses Land auf jeden Fall verschlechtert. Expandieren beide Wirtschaftszweige beider L~nder, so kumulieren sich diese Effekte, so dab sich das internationale Austauseh- verh~ltnis fiir B verschlechtert und die Aul3enhandetsquoten abnehmen. Besehr~nkt sieh das Wachsttun auf die Industrie beider Lgnder, so ist die Entwicklung auf der Produktionsseite ,,pro trade biased" in A und ,,anti trade biased" in /3. Fiir die Nachfrage in A gilt ein ,,pro trade bias", fiir B dagegen ein ,,ultra trade bias". Die Wirkung ist uns bekannt: Das reale Austauschverh~ltnis versehlechtert sich fiir A, fiber die Entwicklung des Handelsvolumens ist eine eindeutige Aussage nicht mSglie~h. Auf die Untersuehung der iibrigen Fiille sei hier verziehtet.

3. Zuweilen wird die Meinung vertreten, die Entwicklung der unter- entwickelten Gebiete werde weniger dutch besondere Hilfsmal3nahmen der fortgesehrittenen L~nder als vielmehr dadureh gef6rdert, dal3 die entwickelten Staaten ihr eigenes Wachstum anregen, so dal3 der wirtschaft- liche Fortschritt in den unterentwickelten L~ndern durch die sich ergeben- den Ausbreitungseffekte angeregt wird. Wir haben uns in dieser Enter- suchung auf die Analyse yon Produktivit~its~nderungen in im iibrigen station~ren Wirtschaften beschr~nkt, Leistungsbilanzsalden waren nur im Zuge einer Stabilisierungspolitik mSglieh. Unter diesen Annahmen kann folgende Stellung bezogen werden: ist das Waehstum der Gfiterproduk- tion auf A beschr~nkt, so kann bei yell ausgeniitzten Faktoren und unver~nderter Produktivit~t in B das dortige Realeinkommen nur gestei- gert werden, wenn sich die terms of trade yon A versdaleehtern. Dies ist aber nur der Fall, wenn A insbesondere seine Industriegiiterproduktion steigert. Beriicksiehtigen wir die mSglieherweise produktivit~tsvermeh- rende Wirkung einer Ausdehnung des Handels, so fiihrt eine bestimmte terms-of-trade-Verbesserung des Landes B zu einer umso grSl~eren Real- einkommenszunahme, je grS.~3er die mit tier terms-of-trade-Ver~nderung verbundene Zunahme des Handelsvolumens ist. Die hierzu nStigen Waehs- tumsvorg~nge in A ffihren in aller Regel zu einer Ver~nderung der Pro= duktionsstruktur zugunsten des exportorientierten Sektors und zu einer Verbesserung der Einkommensverteilung der alert intensiv besch~ftigten Faktoren.

Teilt A Produktionsverfahren an B mit, die sehon l~nger in A bekannt sind, so nimmt bei unver~nderter Produktion in A die Giitererzeugung in B zn. Hiermit ist eine umso grSl3ere Realeinkommenssteigerung des Landes B verbunden, je starker dort die importsubstitutive Industrie- produktion im Vergleich zur landwirtschaftliehen Produktion zunimmt; allerdings sind auch hier die mSglicherweise langfristig wohlstandsmin- dernden Wirkungen einer mit einer Handelsverminderung verbundenen Expansion zu beachten. Die (zumindest auf ktirzere Sieht) grSJ3te Real- einkommensverbesserung in B w~re somit wegen der Verschlechterung des internationalen Austauschverh~ltnisses ffir A deft mit einer Reat- einkommensminderung verbunden, was die Bereitsc~haft des Laudes A zu

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156 H.-J. Heinemarm:

einer solchen Form der Unterstiitznng mindern mag. Ein ganz anderes Bild zeigt sich uns freilieh, wenn A das Partnerland gewissemaBen an seinem technischen Fortschritt gleich teilhaben l~13t. Dann n~mlich wird die Produktion in beiden L~ndern steigen. A braueht dann einer die terms of trade des Landes B verbessernden Entwieklung nicht mehr so skeptiseh gegenfiberzustehen, zumal diese weder zu einer relativen noch gar zu einer absoluten Handelsverminderung zu ffihren braucht 39.

4. Bei unver~nderten Produktionsbedingungen in beiden L~ndern kann eine Realeinkommensverbesserung des unterentwickelten Landes durch eine auf die Nazhfrageseite beschr~nkte Ver~nderung bewirkt wet- den. A kann beispielsweise seine Z511e oder Verbrauchsteuern fiir Pro- dukte aus B senken oder die entsprechenden Kontingente erhShen. Die Wirkung solcher MaBnahmen h~ngt von den Preiselastizit~ten der Nach- frage ffir solche Giiter in A und schliel31ich yon allen weiteren Einkom- mens- und Preiselastizit~ten ab. Selbst dann, wenn die Preiselastizit~t der Nachfrage f/ir Agrargiiter in A klein sein sollte, ist es mSglich -- worauf wir in unserer auf die Betrachtung eines 2-Giiter-Modells be- schr~nkten Analyse naheliegenderweise nicht zu spreehen kamen --, dab die Preiselastizit~t f/it die Exportprodukte yon B in A grSBer als die Durchschnittselastizit~t fiir alle Agrargiiter ist, so dab die erw~ihnten handelspolitischen Maflnahmen zu einer st~rkeren Exportzunahme des Landes B ffihren kSnnen als angenommen. Haben die Handelsvermeh- rungen nur einen geringen Produktivit~tseffekt, so sind handelspoli- tischen Maflnahmen bald Grenzen gesetzt. Betrug niimlich die Zoll- und Steuerbelastung der B-Gfiter in A beispielsweise im Ausgangsgleichgewicht 20 °/0, so sind Zoll- und Steuersenkungen eben nut in HShe yon 20 o/~ des Einfuhrwertes mSglich. An diesem Beispiel zeigt sich wieder eine Parallele zur ,Entwicklungspolitik" innerhalb eines Landes: Realein- kommenssteigerungen einer Gruppe durch Ver~nderung der Einkommens- verteilung (ira 2-L~inder-Modell also der terms of trade) sind nur be- schr~nkt mSglieh und miissen daher schliel31ich durch Mal3nahmen erg~nzt werden, die das Angebot und die Produktivit~t der verfiigbaren Faktoren erhShen. Dies impliziert freilich weder national noch international den Verzicht auf solche Umverteilungen, insbesondere dann nicht, wenn sie sehneller z u Realeinkommensverbesserungen bei der zu fSrdernden Gruppe bzw. dem unterentwickelten Land fiihren als produktivit~ts- erhShende Mal3nahmen, die an ihre Stelle treten kSnnten.

5. Alle Wachstumsvorg~nge in dem bisher behandelten Modell waren mSglich, ohne dab ein Teil der Giiterproduktion dem laufenden Verbrauch

a9 Die Aussage, da/3 die Expansion in importsubstitutiven Sektoren zu einer Verminderung des AuBenha~adelsvolumens fiihren kann, ist unter den einsehr~in- kenden Modellannahmen zu wiirdigen: ~nreichend groBe Substimierbarkeit der Produktionsprozesse im Rahmen der vorha~udenen ProduktionsmSglichkeiten. H~ufig wird abet der Ausbau importsubstitutiver Sektoren gersde in unterent- wickelten L~ndern die Einfuhr von Produktionsmitteln erfordern, so dab zu- mindest am Anfang solcher Produktionsumstetlungen keine Verminderung des Handelsvolumens zu erwa.rten ist.

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Ent~ieklungshilfe, teehniseher Fortsehritt und Terms of Trade 157

entzogen und investiert wurde. Auch die am SchluB des § I erw~hnten MSglichkeiten der Kapitalakkumulation in B und Kapitalstockveminde- rungen in A ffihrten lediglich zu einer ver~inderten Kapitals~rukmr, nicht jedoch zu einer VergrSflerung des Kapitalstocks im Gesamtgebiet. Die ira letzten Paragraphen mit der Stabilisierung der terms of trade behandel- ten Leistungsbilanzsalden waren ebenfalls mit keinen Nettoinvestitionen verbunden, sondern gaben nur den Konsumverzicht des OberschuBgebietes zugunsten erhShten Konsums im Defizitland an. In der Wirklichkeit ist das wirtschaftliche Wachstum jedoch in aller Reget mit Nettoinvestitionen im Gesamtgebiet verbunden. Die volkswirtschaftlichen Spar- und Investi- tionsquoten werden hierbei yon einer Reihe yon Faktoren bestimmt, wie tier EinkommenshShe und der Produktivit~it des Kapitals bzw. seiner realen Verzinsung. Regionale Unterschiede in diesen Faktoren kSnnen die HShe der Sparquote beeinflussen, insbesondere bestimmen sie jedoeh die Aufteilung der Ersparnisse auf Inlands- und Auslandskapitalbildung. Produktivit~its~inderungen kSnnen bisweilen ~nderungen der Faktorein- satzmengen substituieren, meist sind sie jedoch beachtlicher, wenn der Kapitalbestand zunimmt. Wir wollen in dem im folgenden Heft erschei- nenden Beitrag versuchen, einige der mit solchen Investitionsvorgiingen in wachsenden Wirtschaften verbundenen Probleme zu behandeln.

6. Wir haben bisher auf die Behandlung yon BevSlkerungswanderun- gen verziehtet 4°. Dies ist vor allem dadurch begriindet, dab nicht ein- deutig zu sagen ist, in welche Richtungen solche Wanderungen stattfin- den miiBten, damit sie als Entwicklungshitfe bezeichnet werden kSnnten. Die Besiedlung Nordamerikas und Australiens kann in Zusammenhang gebracht werden mit dem damaligen Entwicklungsgefiille Europas zu die- sen Gebieten. Der Produktionsfaktor Arbeit war in den damatigen unter- entwickelten Gebieten knapp, seine volkswirtschaftliche Grenzergiebig- keit entsprechend hoeh, so dab der Produktionszuwachs im Zuwande- rungsgebiet gr6Ber als der Produktionsverlust im Abwanderungsgebiet war. Da nicht a priori klar ist, von und zu welchen Sektoren sich solche Wanderungen vollziehen, ist eine Vorbersage der terns-of-trade- und der Handelsentwicklung kaum m6glich. Betrachten wir kurz einige MSg- lichkeiten:

a) Arbeiter wandern aus der Landwirtschaft eines Landes (A) in die des anderen Gebietes (B). Im Abwanderungsgebiet nimmt das Angebot an Agrargfitern starker ab als die Naehfrage, umgekehrt im zweiten Land. Ist die Landwirtschaft in A der importkonkurrierende, in B dagegen der exportorientierte Sektor, so nehmen die Handelsbeziehungen zu, die terms of trade ver~ndern sich wegen des Produktionszuwaehses ffir Agrargfiter im Gesamtgebiet zugunsten von A.

b) Wandern Arbeiter aus dem industriellen Sektor in A in den land- wirtsehaftlichen von B~ so ist der Effekt in A ,,anti trade biased", in B dagegen ,,pro trade biased". Die terms of trade verbessern sich ffir A, die Entwi&lung des Handelsvolumens ist unbestimmt.

40 Vgl. H. G. J o h n s o n : International Trade . . . . a. a. O., S. 86 ff.

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158 H.-J. Heinemann:

e) Verlassen Arbeiter die Landwirtschaft yon A, um in der aufstre- benden Industrie yon B zu arbeiten, so treten die entgegengesetzten Wir- kungen ein: Unbestimmt bleibt die Ver~nderung des Handelsvolumens, das internationale Austauschverh~lmis verbessert sich ftir das unterent- wickelte Land.

d) Betreffen die Wanderungsbewegungen jeweils die industriellen Bereiche, so nimmt das Angebot an Industriegtitern wegen der hSheren Produktivit'~t in B bei gleichbleibendem landwirtschaftlichen Angebot zu, was zu einer terms-of-trade-Verschlechterung in A fiihrt. In B (A) ver- gndert sich die Produktionsstrukmr zugunsten des industriellen (land- wirtschaftlichen) Sektors, d.h. die importkonkurrierenden Bereiche wer- den in beiden L~ndern (relativ) gefSrdert: Der Handel zwischen beiden L~ndern geht zuriick, Faktorbewegungen haben Handel substituiert.

Eindeutigo Aussagen dariiber, ob Faktor- und Handelsbewegungen substitutiv oder komplement~r sind, lassen sich aus unserer Betrachmug nicht gewinnen: Die Handelsbeziehungen nehmen zu (ab), wenn die Wanderungsbewegungen yon dem importsubstimtiven (exportorientierten) Sektor eines Landes in den exportorientierten (importsubstitutiven) Be- reich des anderen Landes gerichtet sind; Wanderungen von importkon- kurrierenden zu importkonkurrierenden und von exportorientierten zu exportorientierten Sektoren kSnnen zu einer Zunahme odor einer Ab- nahme des Aul3enhandels fiihren.

Nun ist aber keineswegs sicher, dab BevSlkerungsbewegungen yon A nach B stattfinden miiBten. Diese werden ja nur angeregt, wenn die Grenzertr/~ge in B hGher sind als in A, was fiir die heute interessierenden Entwicklungsprobleme nicht unterstellt werden kann. Die wirtsehaftlich bedingten Wanderungen yon entwickelten in unterentwickelte L~nder sind anderer Art: Es handett sich um Faehkr~fte, die die Konstruktion und Produktion yon Entwicklungsvorhaben leiten oder/und teehnische Ver- fahren yon A nach B iibermitteln. Reine Arbeiterwanderungen sind heute eher in umgekehrter Richtung zu beobachten: Bewohner des Common- wealth strSmen nach England, solch,~, yon Puerto Rico in die Vereinigten Staaten, Einwohner sfiditalienischer und griechischer Entwicklungsgebiete arbeiten in Frankreich und Deutschland. Die Arbeitsproduktivit£t ist wegen der reichlicheren Ausstattung mit Kapitalgfitern in den entwickelten L~i~dern heute durchweg hGher als in den unterentwickelten. Insoweit solche Wanderungen yon mehr landwirtschaftlich ausgerichteten Berei- chen in B zu stErker industriell ausgerichteten Sektoren in A geriehtet sind, nimmt in B das Exportgiiterangebot ab, w~hrend die Entwicklung in A ,,pro trade biased" ist, so dab sieh bei unbestimmtem Effekt auf alas Haudelsvolumen die terms of trade ffir A verschlechtern. Abet dies sind nur die unmittelbaren Wirkungen. Wie solche Wanderungen de facto die Handelsbeziehungen beeinftusser.L, hiingt yon wesentlich mehr als den in unserem Modell berficksichtigten Umst~nden ab. Ffir eine Zunahme des Handels sprechen z .B . Einkommenseffekte: Das Einkommen der Fremdarbeiter ist hGher als es im Abwanderungsgebiet gewesen w/ire. In Form unentgeltlicher Leistungen zugunsten des Landes B oder Gfiter-

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Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade 159

impo1~en aus B kann die Importkapazit~t des Landes B zunehmen. Aber dies ist nur einer unter vielen wichtigen Aspekten, auf die wir nicht welter eingehen wollen.

7. Die gewonnenen Ergebnisse mfissen im Lichte der restriktiven Annahme eines 2-L~nder-2-Gfiter-Modells gesehen werden. In der Reali- t~t stellt jedes Gebiet vide Gfiter her, die teils in substitutiven, tefls in komplement~ren Beziehungen stehen. Die terms of trade stellen sich nicht mehr als einfache Preisrelation, sondern als das Verhiittnis yon Export- und Importwerten dar. Ihre Ver~nderung ist mittels Laspeyres- und Paasche-Preisindiees me,bar. Wie sollen Gfiter behandelt werden, die im Basiszeitpunkt Exportgfiter, im Vergleichszeitpunkt jedoch Import- gfiter sind? Natiirlich werden in praxi solche Probleme gelSst, die LSsun- gen befriedigen aber nicht immer den Theoretiker, der die gewonnenen Ergebnisse meist nur schwer ffir Wohlstandsuntersuchungen u. ~. m. ver- wenden kann. Sofern sich - woffir manches spricht -- im Mehrgfiter- modell die Einkommenselastizit~ten der Nachfrage starker Ms im 2-Gtiter- Modell angleichen, sind starke terms-of-trade-Schwankungen weniger wahrscheinlich. Einzelpreis~nderungen beeinflussen die Reateinkommens- entwicklung weniger. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Ver- mutung, dab terms-of-trade-Ver~nderungen fiir die Realeinkommens- entwicklung yon L~ndern mit wenig differenzierter Produktionsstruktur (also insbesondere ffir unterentwickelte Gebiete) yon grSt3erer Bedeutung sind als fiir L~tnder, deren Spezialisierungsgrad hoch ist. Die daraus zu ziehende Konsequenz ist folgende: Unter sonst gleichen Umst~nden sollte die Entwicklungshilfe dazu beitragen, die Produktionsstruktur der nnter- entwickelten Gebiete zu erweitern. Starre Produktionsbedingungen in B kSnnen eine solche Erweiterung kurzfristig erschweren, auf die Dauer wird eine solche Entwicklung jedoch die Produktionsbedingungen zugleich flexibler gestalten. Die mit einer Verbreiterung tier Produktionsstruktur verbundene Verminderung von terms-of-trade-Schwankungen erfibMgt u. U. eine sonst mSglicherweise nStige StabiIisierungspolitik. Anderer- seits wfirde im Mehrgiiterfall eine Fixierung des internationalen Aus- tauschverh~Itnisses weniger wahrscheinlich zu einer volkswirtschaftlich ungiinstigen Beschr~nkung der Flexibilit~t der Einzelpreise fiihren. All diese Momente lassen vermuten, dal] sich in einer Volkswirtschaft Reai- einkommen und (reales) Sozialprodukt umso weniger unterschiedlich ent- wickeln, je niedriger der Spezialisierungsgrad der Produktion ist.

Weitere Komptikationen treten im Mehrlgnderfall auf. Die Entwick- lung der Leistungsbiianz und der terms of trade eines Landes hgngt yon den Wachstumsraten in allen Sektoren aller L~nder, allen Preis- und Ein- kommenselastizit~iten ab. Sind einige L~inder dem Block der entwickelten Gebiete (A), andere dagegen den unterentwickelten L~ndern (B) zuzurech- nen, so ist es schwierig, angesichts der regionalen Unterschiede innerhalb jedes Blocks, eindeutige Aussagen zu formulieren. Sind die Expansions- raten aller Sektoren beider Gebiete gleich und sind die Einkommens- elastizitgten ffir die Exportprodukte der entwickelten Lgnder durchweg hSher als ffir die Exportgfiter des Blocks B, so miif~ten sich entsprechend

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160 H.-J. Heinemann:

unseren frfiheren Feststeltungen die terms of trade zugunsten yon A ver- ~ndern. Setzen sich abet die global gleichen Wachstumsraten aus hSchst nnterschiedlichen regionalen Wachstumsraten zusammen und werden diese Unterschiede durch Verschiedenheiten der Einkommenselastizit~ten zwi- schen den L~indern einer Gruppe erg~nzt, so ist es denkbar, dab sich die terms of trade fiir das Gesamtgebiet B nicht nur nicht verschlechtern, sondern sogar verbessern.

A n h a n g

Bemerkungen zum n-Giiter-Modell und zum Elastizitiitsproblem

1. Die Symbole_bedeuten: a) Vektoren: X bzw. X: Produktions- bzw. Nachfragemengen; P:

Preise; Po Basispreise; ~ bzw. p: relative Produktions- bzw. Preis~nde- rungen; z bzw. w: Anteile der Produktions- bzw. Nachfragewerte am Sozialprodukt (Produktions- bzw. Naehfragestruktur); in der gesehlosse- nen Wirtschaft gilt: w = z; ~: Einkommenselastizit~ten; 1: d e r n u r aus Einsen bestehende Vektor; Zeilenvektoren sind im Gegensatz zu Spalten- vektoren zus~tzlich durch einen Strich gekennzeiehnet (z').

b) Matrizen: */: Preiselastizit~ten; W bzw. Z: Diagonalmatrix der Nachfrage- bzw. Produktionsstrukmr (die Elemente in den Hauptdiago- nalen stimmen mit den entsprechenden Elementen in w bzw. z iiberein); I: Einheitsmatrix; hochgestelltes T bedeutet die transponierte Form, hochgestelltes (-1) die Inverse der Matrix.

Index ~ bezeichnet das jeweilige Land ( j - a, b). Das Sozialprodukt ist gleich dem Produkt aus Preis- und Mengenvektor: Y = P ' X .

2. Im n-Giiter-Modell einer geschlossenen Wirtschaft gilt statt (1.1) und (1.2)

= x [Po' x , P]. (1)

Fiir die relativen ~nderungen erhalten wir anstelle yon (1.3) und (1.4)

~ = ~ z'Tc + ~ p. (2)

Hieraus ergibt sich die LSsung

p = ~-I ( I - -e . z') ~'. (3)

Anstelle von (1) gilt in der offenen Wirtschaft

.Z ZJ~J -~ Z WI (~i z']~] -b ~J p). (4) i J

In diesem Fall ergibt sich die LSsung

p = ~ (WJ ,fi) -~ (z~ - wJ J z'J) ~J. (5) 1

Notwendige und hinreiehende Bedingung fiir eine Wohlstandszunahme

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Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade 161

ist bei marginalen Xnderungen entsprechend (2.1) und (2.10)

w' (~ z ' ~ + ~lP) :> 0. (6)

Hierbei ist p aus (5) einzusetzen.

3. Wegen der Budgetbesdlr~nkung sind einige Abhi~ngigkeiten zwi- schen den Einkommens- und Preiselastizitiiten zu beachten 41. Die Budget- beschr~nkung ist

P ' X = P ' X . (7)

Fiir P ' = P ( gibt die rechte Seite das Sozialprodukt zu Basispreisen an. Aus den partiellen Ableitungen nach Einkommen und Preisen erhalten wir

t w = 1, (8)

~F w = z - w . (9)

Aus der in (2) enthaltenen Nachfragegleidmng ergibt sich ffir p - z ' -x = y (Homogenit~tsbedingung, Eulersches Theorem)

"q (1) = --e. (10)

Das totate Differential der Budgetbeschr~nkung ergibt

f w x = z ' ~ + ( z ' - w ' ) p . ( I 1 )

Sind Leistungsbilanzsalden zugelassen, so ~ndern sich (7) und die Ab- leitungen entsprechend, so dab z.B. ira Gegensatz zu (8) der gewogene Durchschnitt der Einkommenselastizit~ten ungleich 1 sein kann.

4. Arbeiten wir statt mit Geldpreisen mit Preisrelationen, so entfiillt (10). In unserem 2-Giiter-Modell mit einer Preisrelation wird aus (9) fiir Land A

~?1 a : (Qa - - ~ 2 a w2a)/wla (12) and fiir Land B

~]l~ = _ (Qb + ~ b w2b) /w lb (13)

Die Symbole geben hier keine Vektoren, sondern absolute GrSl]en an: ~1 i sind die Elastizit~iten der Nachfrage naeh dem Agrargut in bezug auf den Preis des Industriegutes in Agrarguteinheiten, 72 i die entsprechen- den Elastizitiiten fiir das tndustriegut, die gem~B den fiblichen Annahmen negativ sein sollen; die QJ geben die AuBenhandelsquoten im Basiszeit-

41 Vgl. hierzu u. a.: H. Wold und L. J u r ~ e n : Demand Analysis. New York: 1953, Chapters 6 and 7; R. F r i s e h : A Complete Scheme for Comp- uting all Direct and Cross Demand Elasticities in a Model with Many Sectors. Econometriea, 27 (1959), S. 177 ft. Die in vielen aul]enhandelstheoretischen Unter- suchungcn unterstellte Unabh~ngigkeit der Elastizit~ten yon mSglichen Leistungs- bilanzsalden ist h5chst problematisch; vgl. hierzu auch das demn~chst erschei- nende Buch yon H. MS 11 e r : AuBenwirtschaft, Geld und Kredit, Kap. 2 (er- scheint in der Reihe ,,Die Wirtschaftewissenschaften", Wiesbaden).

Zei t schr . f. Na t iona lSkonomie , XXIIL Bd. , Hef t 1-2 11

Page 48: Entwicklungshilfe, technischer Fortschritt und Terms of Trade

162 H.-J. Heinemann: Entwieklungshilfe und Terms of Trade

punkt an und die wi i die Anteile der Nachfrage am Sozialprodukt. Fiir ~71 a ergibt sich auf jeden Fall ein positiver Wert, fiir ~1 b nur fiir Qb . ~ • ~ [~]2bw2b[, d.h. wenn der Anteil der am Verbrauch yon Industrie- giitern kleiner ist als der absolute Wert der entsprechenden Preiselasti- zitEt. Unsere StabilitEtsbedingung

~lJ xl~ > o (14)

wird wegen (12) und (13) zu

-- Z ~2J X2J ~ O. (15)

Dies ist wegen ~7~ ~ ~ 0 erfiillt, folglich ist auch (14) erfiiltt.