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Ruhr-Universität BochumPD Dr. med. Ernst J. Müller
Dienstort: Landeskrankenhaus KlagenfurtUnfallchirurgische Abteilung
Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im Bergmannsheil Bochum zwischen 1996 und 2000
Inaugural-Dissertationzur
Erlangung des Doktorgrades der Medizineiner Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt vonPhilipp Leuchtaus Bochum
2005
Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent: PD Dr. med. E. J. Müller
Korreferent: Prof. Dr. med. R. Smektala
Tag der mündlichen Prüfung: 21.06.2005
Abstract:
Leucht
Philipp
Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im BergmannsheilBochum zwischen 1996 und 2000
Eine epidemiologische Erfassung aller Frakturen der Rumpfwirbelsäule, einschließlich der
Halswirbelsäule, lässt tiefe Einblicke in die Verknüpfung einzelner Faktoren, wie Alter,
Unfallursache, neurologisches Defizit, Therapieoptionen erwarten. Um diese Zusammenhänge
zu beleuchten, wurden 562 Patienten des Bergmannsheil Bochum im Zeitraum von 1996 bis
2000 ausgewertet. Dies führte zu folgenden Ergebnissen:
1. 343 männliche Patienten erlitten eine Wirbelfraktur, wobei die meisten Verletzungen
zwischen dem zwanzigsten und fünfzigsten Lebensjahr auftraten.
Die weiblichen Verletzten (n=219) zeigen eine zweigipflige Altersverteilung mit einem Gipfel,
welcher dem der männlichen Patienten gleicht, sowie einem Zweiten zwischen Sechzig und
achtzig Jahren.
2. Als häufigste Unfallursache tritt das Hochrasanztrauma im Sinne eines Verkehrsunfalls oder
Sturzes aus großer Höhe auf. Hier stellte sich eine signifikante Zunahme der
Verletzungsschwere in den einzelnen Frakturtypen von A nach C dar.
3. Die Übergänge der Wirbelsäulenabschnitte wiesen die meisten Frakturen auf, wobei ein
Zusammenhang zwischen dem Kraftvektor der Unfallenergie und der Frakturlokalisation
nachgewiesen werden konnte. So führt eine Krafteinwirkung in der Sagittalebene eher zu einer
Verletzung im zervikothorakalen Übergang, während eine axiale Komponente zur Fraktur im
thorakolumbalen Übergang prädisponiert.
4. Jeder zweite Patient (54,4%) zog sich eine Begleitverletzung zu, wobei ein Zusammenhang
zwischen der Anzahl der verletzten Segmente und der Wahrscheinlichkeit der
Begleitverletzung besteht.
5. Das Risiko ein neurologisches Defizit zu erleiden, steigt signifikant mit zunehmender
Verletzungsschwere, so dass 51,92% der Patienten mit einer Typ C-Verletzung eine
Myelonverletzung aufwiesen.
6. Erwartungsgemäß zeigte sich eine deutliche Zunahme der operativ versorgten Verletzungen
von der Kompressions- über die Distraktions- bis zur Rotationsverletzung.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die von Magerl et al. entwickelte undvorgeschlagene Klassifikation der Wirbelfrakturen einen sinnvollen Beitrag zur Stellungder Operationsindikation gibt. Ebenfalls kann sie als Marker für eventuelleBegleitverletzungen dienen.
I. Einleitung....................................................................................................... 1
1. Fragestellung und Allgemeines .................................................................. 1
2. Anatomische Grundlagen ........................................................................... 2
2.1: Allgemeine Anatomie der Wirbelsäule: ......................................... 2
2.2: Grundform der Wirbel: .................................................................. 2
2.3: Anatomie der Halswirbelsäule:...................................................... 3
2.4: Anatomie der Brustwirbelsäule: .................................................... 4
2.5: Anatomie der Lendenwirbelsäule:................................................. 4
2.6: Bandapparat der Wirbelsäule: ...................................................... 5
2.7: Zwischenwirbelscheiben: .............................................................. 6
2.8: Rückenmark:................................................................................. 7
2.9: Gefäßversorgung des Rückenmarks: ......................................... 10
3. Biomechanik............................................................................................. 11
3.1: Biomechanik des Wirbelkörpers:................................................. 12
3.2: Biomechanik des Bandapparates der Wirbelsäule:..................... 13
3.3: Biomechanik der Bandscheiben:................................................. 14
4. Historischer Überblick der Wirbelfrakturklassifikation ............................... 15
5. Pathomechanismus und moderne Klassifikation der Wirbelfrakturen der
BWS und LWS.............................................................................................. 18
5.1: Kompressionsverletzungen:........................................................ 18
5.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen: ..... 21
5.2: Distraktionsverletzungen:............................................................ 23
5.2.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen: ..... 25
5.3: Torsionsverletzungen:................................................................. 28
5.3.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen: ..... 30
6. Pathomechanismus und Klassifikation der Wirbelfrakturen der oberen
HWS............................................................................................................. 34
6.1.Atlasfrakturen:.............................................................................. 34
6.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen: ..... 35
6.2.Frakturen des Axis: ...................................................................... 36
6.2.1: Frakturen des Dens axis: .............................................. 36
6.2.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:38
6.2.2: Frakturen des Axisbogen: ............................................. 39
6.2.2.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:40
6.2.3: Frakturen des Axiskörpers: ........................................... 40
6.2.3.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:41
7. Pathomechanismus und Klassifikation der Wirbelfrakturen der unteren
HWS............................................................................................................. 42
7.1: Kompressionsverletzungen:........................................................ 42
7.2: Distraktionsverletzungen:............................................................ 43
7.3: Rotationsverletzungen: ............................................................... 43
7.4: Radiologische Hinweise auf eine Halswirbelsäulenverletzung:... 44
8. Therapie der Wirbelfrakturen.................................................................... 45
8.1. Konservative Therapie: ............................................................... 45
8.1.1: Funktionelle Therapie:................................................... 45
8.1.1.1: Konservative Therapie der HWS-Verletzungen: ..... 46
8.1.2: Reposition und Retention im Gipsmieder: ..................... 47
8.2.Operative Therapie der Verletzungen der BWS-LWS:................. 48
8.3. Operative Therapie der Verletzungen der HWS: ........................ 51
9. Klassifikation der Rückenmarksverletzung ............................................... 54
II. Material und Methoden .............................................................................. 55
III. Ergebnisse................................................................................................. 57
1. Gesamtkollektiv ........................................................................................ 57
1.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 57
1.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:............. 57
1.3: Unfallursache:............................................................................. 57
1.3.1: Frakturlokalisation im Bezug auf die Unfallursache:...... 58
1.3.2: Unfallursache in Abhängigkeit vom Alter:...................... 59
1.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 59
1.4.1: Koinzidenz von Begleitverletzung und Neurologie: ....... 61
1.5: Lokalisation der Wirbelfraktur: .................................................... 61
1.6: Neurologie: ................................................................................. 62
1.7: Therapie:..................................................................................... 63
2. Typ A-Verletzungen.................................................................................. 66
2.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 66
2.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:............. 66
2.3: Unfallursache:............................................................................. 66
2.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 66
2.5: Lokalisation der Wirbelsäulenfraktur: .......................................... 67
2.6: Neurologie: ................................................................................. 68
2.7: Therapie:..................................................................................... 68
3. Typ B-Verletzungen.................................................................................. 71
3.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 71
3.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:............. 71
3.3: Unfallursache:............................................................................. 71
3.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 72
3.5: Lokalisation der Wirbelfraktur: .................................................... 72
3.6: Neurologie: ................................................................................. 73
3.7: Therapie:..................................................................................... 73
4. Typ C-Verletzungen.................................................................................. 76
4.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 76
4.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenverletzung: ...... 76
4.3: Unfallursache:............................................................................. 76
4.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 77
4.5: Lokalisation der Wirbelfraktur: .................................................... 77
4.6: Neurologie: ................................................................................. 77
4.7: Therapie:..................................................................................... 78
5. Atlasfrakturen ........................................................................................... 80
6. Axisfrakturen............................................................................................. 82
6.1: Dens axis-Frakturen:................................................................... 83
6.2: Traumatische Spondylolisthese des Axis:................................... 85
IV. Diskussion................................................................................................. 87
1. Problematik............................................................................................... 87
2. Gesamtkollektiv ........................................................................................ 87
2.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 87
2.2: Altersverteilung: .......................................................................... 88
2.3: Unfallursache:............................................................................. 89
2.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 91
2.5: Lokalisation der Wirbelfraktur: .................................................... 92
2.6: Neurologie: ................................................................................. 94
2.7: Therapie:..................................................................................... 95
3. Atlas- und Axisfrakturen............................................................................ 96
V. Zusammenfassung .................................................................................... 98
VI. Literaturverzeichnis................................................................................ 102VII. Danksagung ........................................................................................... 111VIII. Lebenslauf............................................................................................. 112
1
I. Einleitung
1. Fragestellung und Allgemeines
Nur etwa 3-6% der Skelettverletzungen betreffen die Wirbelsäule [23]. Jedoch
kann eine Verletzung dieser tragenden Struktur zu einer lebenslangen
Behinderung, einem Abrutschen in die soziale Abhängigkeit und
Pflegebedürftigkeit, einem enormen Kostenaufwand unter sozioökonomischen
Gesichtspunkten und einer häufig chronischen Schmerzsymptomatik führen.
Gerade für die jugendliche Bevölkerung ist eine Verletzung als Unfallfolge die
wesentliche Ursache für Tod und Behinderung. Verletzungen der Wirbelsäule
und ihrer begleitenden Strukturen haben mittlerweile trotz der rasanten
Entwicklung neuer Therapieoptionen weiterhin das niedrigste funktionelle
Outcome. Verglichen mit Verletzungen aller großen Organsysteme ist bei den
Wirbelfrakturen die Quote der Patienten, die ihren Beruf wiederaufnehmen
können, am geringsten [40].
Bezüglich dieser Thematik gibt es eine Anzahl von epidemiologischen
Erfassungen über Verletzungen des Rückenmarks, über Begleitverletzungen
und über Frakturen einzelner Wirbelsäulenabschnitte. Die Gesamtheit der
Wirbelsäule wurde bisher jedoch nur vereinzelt untersucht. Diese Arbeit soll die
Verknüpfung der Unfallursache, die Altersverteilung, die Geschlechtsverteilung,
die unterschiedlichen Frakturtypen, die Neurologie, die Begleitverletzungen und
das Therapieregime der Patienten mit Wirbelfrakturen näher beleuchten.
2
2. Anatomische Grundlagen
2.1: Allgemeine Anatomie der Wirbelsäule:
Die Wirbelsäule, Columna vertebralis, bildet das Achsenskelett des Rumpfes.
Sie ist ein gegliederter, beweglicher Stab aus knöchernen Wirbeln sowie den
sie verbindenden Zwischenwirbelscheiben und Bändern.
Die menschliche Wirbelsäule setzt sich in der Regel aus 24 Wirbeln zusammen,
die beweglich miteinander verbunden sind. Sie besteht aus 7 Halswirbeln, 12
Brustwirbeln und 5 Lendenwirbeln. So entsteht beim Erwachsenen eine
durchschnittliche Länge, der Krümmung folgend, von 55-63 cm, dieses
entspricht etwa 35% der Körperlänge.
Bei aufrechter Körperhaltung des Erwachsenen ist die Wirbelsäule in der
Sagittalebene doppelt s-förmig gekrümmt. Man unterscheidet Halslordose (1.bis
6.Halswirbel), Brustkyphose (6.Hals- bis 9.Brustwirbel), Lendenlordose (9.Brust-
bis 5.Lendenwirbel) und Sakralkyphose (im Sakral- und Steißbeinbereich).
2.2: Grundform der Wirbel:
Mit Ausnahme des Atlas besteht jeder Wirbel aus einem ventral liegenden
Körper, Corpus vertebrae, und aus einem dorsalen Bogen, Arcus vertebrae.
Diese beiden Strukturen umschließen das Wirbelloch, Foramen vertebrale.
Der Wirbelkörper besitzt eine kraniale und eine kaudale Fläche, welche eine
hyalinknorpelige Abschlussplatte enthält, die am Rand in die bogenförmige
knöcherne Randleiste auslaufen.
Der Wirbelbogen, bestehend aus zwei nahezu symmetrischen Hälften, geht
dorsal über in den Dornfortsatz, Processus spinosus. Der Wirbelbogen wird
aufgeteilt in einen vorderen Abschnitt, Pediculus arcus vertebrae, welcher auf
jeder Seite einen oberen und einen unteren Gelenkfortsatz aufweist, sowie
einen hinteren Abschnitt, Lamina arcus vertebrae. Jeder Pedikel besitzt einen
seitlichen Fortsatz, Processus transversus, der je nach Wirbelsäulenabschnitt
unterschiedlich stark ausgebildet ist. (Abb. I-1)
3
2.3: Anatomie der Halswirbelsäule:
Man unterscheidet den ersten, Atlas, und den zweiten, Axis, von den übrigen
Halswirbeln. Diese entwickelten sich in der Skeletogenese zu Drehwirbeln, die
zusammen mit dem Schädel die Kopfgelenke bilden. Dem Atlas fehlt im
Unterschied zu den anderen Wirbeln der Wirbelkörper. Dieses ist
biomechanisch bedeutsam, da sich hier ein Übergang einer 2-Pfeiler-Struktur in
eine 3-Pfeiler-Struktur darstellt. Daher beschreibt man bei ihm einen kleineren
Arcus anterior und einen größeren Arcus posterior. Seitlich des bei diesem
Wirbel großen Foramen vertebrale liegen die Massae laterales, die jeweils eine
Facies articularis superior und eine Facies articularis inferior tragen. An der
Innenseite des Arcus anterior findet sich die Fovea dentis mit einer
Gelenkfläche.
Der Axis unterscheidet sich von den anderen Halswirbeln durch den Dens axis,
der mit einer abgerundeten Spitze, dem Apex dentis, endet. An der Vorderseite
des Dens findet sich eine deutliche Gelenkfläche, die Facies articularis anterior,
die mit der Fovea dentis des Atlas artikuliert. Der Atlas und Axis bilden
zusammen ein Zapfengelenk, das 50% der Rotation der Halswirbelsäule
ermöglicht.
Allen Halswirbeln gemeinsam ist, außer beim siebten Halswirbel, der
gelegentlich eine Normvariante aufweist, das ihre Querfortsätze eine Öffnung,
das Foramen processus transversus, aufweisen, durch welche die A. vertebralis
mit ihren begleitenden Venen nach kranial ihren Verlauf nimmt. Vom 3.
Halswirbel an abwärts befindet sich an dem Processus transversus kranial eine
Rinne, der Sulcus nervus spinalis, durch die der jeweilige Zervikalnerv verläuft.
Die planen Gelenkflächen der Halswirbelkörper, die Processus articularis
superior und inferior, neigen sich um etwa 45° gegen die Horizontale.
Die Dornfortsätze nehmen von kranial nach kaudal an Länge zu und sind am
Ende gabelförmig in zwei Höcker geteilt. Der Dornfortsatz des 7. Halswirbels,
der Vertebra prominens, ist durch seine Länge, Stärke und fast horizontale
Lage klinisch leicht tastbar.
Die Halswirbelkörper sind würfelförmig und relativ klein. Ihre kranialen Flächen
gehen seitlich in schaufelförmige Erhebungen, die Processus uncinati, über, die
4
in die Kinematik der Halswirbelsäule eingreifen, in dem sie die Rotation
einschränken, jedoch die Extension und Flexion ungestört ermöglichen.
2.4: Anatomie der Brustwirbelsäule:
Die Brustwirbelkörper sind ventral etwas niedriger als dorsal und haben
abgerundete, dreiseitige Endflächen. Ihre Höhe nimmt vom 1. bis zum 12.
Brustwirbelkörper stetig zu. Die ersten neun Brustwirbelkörper weisen auf jeder
Seite zwei Gelenkflächen auf, die Fovea costalis superior und inferior, welche
mit den Gelenkflächen am Rippenkopf korrespondieren. Die Foveae costales
zweier benachbarter Wirbel bilden zusammen mit der Zwischenwirbelscheibe
die Gelenkpfanne für die Rippe.
Die Pedikel des ersten Brustwirbels stehen in einem Winkel von ca. 28 Grad zur
Sagittalebene. Dieser Winkel nimmt ab, bis er beim zwölften Brustwirbel nur
noch ca. 8 Grad aufweist. Die Pedikelbreite beträgt bei allen Brustwirbeln
ungefähr 8mm, sie kann jedoch zum Teil als Variante bis auf unter 5mm sinken,
wobei die Pedikelhöhe mit 9mm beim ersten Brustwirbel auf 16mm beim
zwölften Brustwirbel ansteigt [79,85]. Diese Werte sind als Mittelwerte zu
verstehen, interindividuelle Variationen sind durchaus anzutreffen.
Die Gelenkflächen der Pedikel liegen nahezu frontal, wobei die kraniale Fläche
nach dorsal und die kaudale nach ventral zeigt. Die Querfortsätze sind nach
dorsolateral gerichtet und nehmen bis zum 8. Brustwirbel etwas an Länge zu.
An ihrer ventralen Seite befindet sich eine Gelenkfläche, die Fovea costalis
processus transversi, zur Anlagerung der Rippe.
Die Dornfortsätze der Brustwirbel sind sehr lang und schräg nach kaudal
gerichtet.
2.5: Anatomie der Lendenwirbelsäule:
Der Körper der Lendenwirbel weist einen nierenförmigen Querschnitt mit
konkaver Einziehung an der Dorsalseite auf. Die Höhe nimmt von ventral nach
dorsal ab, dies gilt insbesondere für den 5. Lendenwirbelkörper. Die kräftigen
5
Gelenkfortsätze bestehen aus einem Processus articularis superior, dessen
Gelenkfläche leicht konkav und nach medial gerichtet ist. Dementsprechend ist
die Gelenkfacette des Processus articularis inferior des nächst höheren Wirbels
leicht konvex und nach lateral gerichtet.
Der nach lateral weisende Querfortsatz, Processus costalis, entspricht dem
Rippenrudiment der Lendenwirbel.
Die Pedikel der Lendenwirbelsäule sind ca. 15mm hoch bei einer Breite von 9-
18mm. Sie stehen in einem Winkel von etwa 11-30 Grad zur Sagittalebene [85].
Abbildung I-1: Aufsicht auf einen Lendenwirbelkörper
2.6: Bandapparat der Wirbelsäule:
Die Wirbelkörper sind ventral durch das Lig. longitudinale anterius, welches der
Vorderfläche der Wirbelkörper aufliegt und sich vom Tuberculum anterius
atlantis bis zum ersten Kreuzbeinwirbel erstreckt. Es wird nach kaudal breiter
und besteht aus oberflächlichen und tiefen Faserzügen. Die tiefen Fasern
verbinden je zwei benachbarte Wirbel miteinander während die oberflächlichen
vier bis fünf Wirbel überspannen. Das Lig. longitudinale posterius liegt der
Hinterfläche der Wirbelkörper auf und erstreckt sich vom Körper des Os
occipitale bis in den Sakralkanal hinein, wobei es nach kaudal an Breite verliert.
6
Im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule bedeckt es nur einen schmalen
Saum der Wirbelkörper, im Bereich der Zwischenwirbelscheiben läuft es jedoch
zipfelförmig nach lateral aus. Zwischen den Wirbelbögen spannen sich
segmental die Ligg. flava aus, die durch ihre elastischen Fasern ein gelbliches
Aussehen erlangen. Gemeinsam mit den Kapseln der Wirbelbogengelenke
schließen sie den Wirbelkanal bis auf die Foramina intervertebralia vollständig
ab. Die Ligg. flava stehen bei aufrechter Haltung unter Spannung und wirken
zusammen mit der autochthonen Rückenmuskulatur der nach ventral
gerichteten Rumpflast entgegen. Die Ligg. interspinalia verbinden je zwei
Dornfortsätze miteinander. Vom 7. Halswirbel bis zum Os sacrum sind die
Spitzen der Dornfortsätze durch kräftige, vertikal verlaufende Bandzüge, die
Ligg. supraspinalia miteinander verbunden. Am Hals findet sich an seiner Stelle
das Lig. nuchae, welches ein dünnes Septum darstellt, das sich vom Processus
spinosus des 7.Halswirbels bis zur Protuberantia occipitalis externa erstreckt.
Zwischen den Querfortsätzen spannt sich das Lig. intertransversarium aus.
2.7: Zwischenwirbelscheiben:
Die Bandscheiben sind ein Bestandteil des Bewegungssegmentes und haben in
diesem Zusammenhang einen großen Einfluss auf die Belastbarkeit und
Beweglichkeit der Wirbelsäule. Sie machen ungefähr ein Viertel der Länge der
Rumpfwirbelsäule vom ersten Halswirbelkörper bis zum fünften
Lendenwirbelkörper aus. Der Discus intervertebralis besteht aus einem
äußeren, straffen Anulus fibrosus und einem weichen, gallertartigen Kern, dem
Nucleus pulposus. Der Anulus fibrosus ist aus konzentrisch angeordneten
kollagenen Fasern und Faserknorpel aufgebaut, wodurch der Nucleus pulposus
in Form gehalten wird. Die Fasern des Anulus fibrosus sind innerhalb der
einzelnen Lamellen in gegensinnig verlaufenden Schraubentouren ausgerichtet.
Die sich in der Außenzone überkreuzenden Fasern verbinden die Randleisten
zweier benachbarter Wirbel in einem Winkel von 30° zur Deckplatte. Diese
bestimmte Anordnung der Fasern ermöglicht eine Aufnahme von Schubkräften,
sowie die Kompensation der exzentrischen Kräfte, die vom Gallertkern
ausgehen. Der Nucleus pulposus besteht zu 70-90% aus Wasser sowie aus
7
Typ-II-Kollagen und Glykosaminoglykanen, die zu gleichen Anteilen
Chondroitin-6-sulfat und Keratansulfat enthalten. Seine Höhe nimmt im
zunehmenden Alter entsprechend dem sinkenden Wassergehalt stetig ab. Die
Zwischenwirbelscheiben sind jeweils zwischen den Körpern der einzelnen
Wirbel gelegen, ihre Form ist in sagittaler Richtung konisch. Im Hals- und
Lendenbereich sind sie ventral höher als dorsal. Umgekehrt verhält es sich im
Brustbereich, in dem der Discus intervertebralis ventral niedriger ist als dorsal.
Die Dicke der Bandscheiben nimmt von kranial nach kaudal zu. Sie wirken als
druckelastische Polster, wobei der Nucleus pulposus den Druck verteilt [64].
(Abb.I-2)
Abbildung I-2: Anatomie und Lage der Bandscheibe
2.8: Rückenmark:
Das Rückenmark, die Medulla spinalis, ist der Teil des zentralen
Nervensystems, von dem aus die Extremitäten, der Rumpf und zum großen Teil
der Hals über Spinalnerven versorgt werden. Das Rückenmark liegt im
Wirbelkanal und ist wie das Gehirn von Liquor cerebrospinalis umgeben. Es
reicht beim Erwachsenen von der Medulla oblongata, welche sich oberhalb des
Foramen magnum des Okzipitalknochens befindet, bis hinab etwa zum ersten
Lendenwirbelkörper. Beim Säugling reicht das Rückenmark noch bis in Höhe
von L3, beim Fetus bis in den Sakralkanal. Dies erklärt sich dadurch, das im
Verlauf der fetalen und postnatalen Entwicklung die Wirbelsäule schneller
8
wächst als das Rückenmark. Da dieses aber cranial durch die Verbindung mit
dem Gehirn am Schädel indirekt fixiert ist, wächst die Wirbelsäule
gewissermaßen caudal über das Rückenmark hinaus. Von außen betrachtet
imponiert das Rückenmark als etwa kleinfingerdicker, im dorsoventralen
Durchmesser abgeflachter, ca. 45cm langer Strang, der zwei Verdickungen
aufweist: Intumescentia cervicalis und Intumescentia lumbalis. Diese
bezeichnen die Areale, denen die gegenüber der Rumpfwand stark
vergrößerten Innervationsgebiete der oberen als auch der unteren Extremitäten
zugeordnet sind. Kaudal läuft das Rückenmark im Conus medullaris aus und
setzt sich dann in das Filum terminale fort, mit dem es im Sakralbereich
befestigt ist. Als Cauda equina wird der etwa 20cm lange aus den
Rückenmarkswurzeln, Glia- und Bindegewebe bestehende Strang bezeichnet.
Das Rückenmark kann auf Grund der Austritte der zugehörigen Spinalnerven
aus dem jeweiligen Abschnitt der Wirbelsäule gegliedert werden in
Zervikalmark, Thorakalmark, Lumbalmark und Sakralmark. Dabei kann man
jeden dieser Abschnitte noch in Segmente einteilen. Ein Segment entspricht
dem Rückenmarksabschnitt, aus dem die Fasern für ein Spinalnervenpaar
austreten. Das erste Nervenpaar tritt zwischen dem Okziput und dem Atlas aus,
so dass die Spinalnerven an der Halswirbelsäule kranial des zugeordneten
Wirbels verlaufen. Aus diesem Grund gibt es acht zervikale Nervenpaare. Ab
dem ersten thorakalen Segment treten die Spinalnerven dann kaudal des
entsprechenden Wirbels aus. Ein Spinalnerv entsteht aus der Vereinigung der
vorderen und hinteren Nervenwurzel. Vordere und hintere Nervenwurzel
unterscheiden sich funktionell und morphologisch. Die Radices ventrales
bestehen aus den efferenten motorischen Axonen des Rückenmarks, während
die Radices dorsales die afferenten Wurzelfasern führen.
Auf Grund des oben beschriebenen Ascensus medullae entwickelt sich ein
beträchtlicher Höhenunterschied zwischen den thorakalen und besonders den
lumbalen und sakralen Segmenten des Rückenmarks gegenüber den
entsprechenden Wirbeln und Zwischenwirbelkanälen. Dementsprechend liegen
in der Halsregion die Wurzeleintritte und –austritte um ein Segment höher als
die entsprechenden Processus spinosi, im Bereich des 1.-6.
Thorakalsegmentes beträgt die Differenz zwei, in Höhe des 7.-10. Segmentes
drei Wirbelhöhen. Der 11. und 12. Wirbeldorn entsprechen dem 3. bis 5.
9
Lendensegment. Die fünf Sakralsegmente sind im Gebiet des 1. Lendenwirbels
zusammengedrängt.
Wie das Gehirn ist auch das Rückenmark von einer äußeren harten und einer
inneren weichen Hirnhaut umgeben. Die weiche Rückenmarkshaut teilt sich
wiederum in zwei Blätter: Das erste, das dem Rückenmark direkt anliegt und es
auch bis in seine Furchen hinein noch überzieht, wird Pia mater genannt. Das
zweite Blatt, das der harten Hirnhaut von innen her anliegt und die
Rückenmarksfurchen samt Pia mater von außen her überspannt, wird
Arachnoidea genannt. Die äußere Haut, die Dura mater, umhüllt die beiden
anderen Häute von außen und besteht aus straffem Bindegewebe. Der Raum
zwischen Dura mater und Periost des Wirbelkanals wird als Epiduralraum, auch
Periduralraum, bezeichnet, und ist mit reichlich Fettgewebe und einem dichten
Venenplexus ausgefüllt. Der Raum zwischen Dura mater und Arachnoidea wird
als Subduralraum bezeichnet, obwohl er eigentlich noch nicht einmal einen
Spalt darstellt. Zwischen der Pia mater und der Arachnoidea spannt sich der mit
Liquor ausgefüllte Subarachnoidalraum aus [78]. (Abb.I-3)
Abbildung I-3: Rückenmark mit dazugehörigen Spinalnerven
10
2.9: Gefäßversorgung des Rückenmarks:
Die arterielle Blutversorgung ist über die Arteria spinalis anterior, die mit der
paarig angelegten Arteria spinalis posterior anastomosiert, gewährleistet. Der
Blutstrom in den längsverlaufenden Arterien kann je nach Druckverhältnissen
entgegengesetzt verlaufen. Die venöse Drainage erfolgt über ein
weitverzweigtes Netzwerk aus dem eine Vena spinalis anterior und zwei Venae
spinales posteriores hervorgehen. Die abführenden Venen münden in den
epiduralen Venenplexus, der über die Foramina intervertebralia mit den
Segmentvenen in Verbindung steht. Spinalvenen sind klappenlos und
ermöglichen ebenso eine Umkehrung des Blutflusses.
11
3. Biomechanik
Die Wirbelsäule erfüllt als Achsorgan eine Stütz- und Bewegungsfunktion und
gewährleistet als Schutzorgan die Unversehrtheit des Rückenmarks und der
Nervenwurzeln. Die biomechanischen Grundlagen begründete Holdsworth 1963
mit seinen Arbeiten über den hinteren Ligamentkomplex, später beschrieben
Roy-Camille sein „Segment vertebral moyen“ und Louis das Modell der drei
über horizontale Brücken verbundenen Säulen. McAffee und Denis haben auf
die Bedeutung der Wirbelkörperhinterwand für die Stabilität der Wirbelsäule
hingewiesen und drei Säulen definiert, die als vordere, mittlere und hintere
Säule bezeichnet werden. Analysiert man die an der physiologisch belasteten
Wirbelsäule auftretenden Kräfte, so ergibt sich eine Druckbelastung der
Wirbelkörper und der Bandscheibe und eine Zugbelastung der dorsal
gelegenen Knochen-, Band- und Muskelstrukturen.
Dank ihrer Bauweise besitzt die Wirbelsäule eine hohe Widerstandsfähigkeit
gegenüber axial gerichteten Kräften. Durch Krümmungen in ihrem Verlauf
erhöht sich die Widerstandsfähigkeit laut den Regeln der Mechanik – wonach
die Belastbarkeit einer gekrümmten Säule proportional dem Quadrat der
Krümmung plus 1 zunimmt – um das 10-fache einer geraden Säule. Bei diesem
Modell gilt aber, dass das Ganze durch das schwächste Glied limitiert wird. Auf
die Wirbelsäule bezogen sind das die Übergänge von einer in die nächste
Krümmung, das heißt der kranio-zervikale-, der zerviko-thorakale-, der thorako-
lumbale und der lumbo-sakrale Übergang. An diesen Stellen stehen die
Wirbelkörper senkrecht zur axial einfallenden Kraft, so dass die Energie nicht
durch Ausweichbewegungen, also Zunahme der Säulenkrümmungen,
abgegeben werden kann. Die einwirkende Kraft wird vom Wirbelkörper allein
aufgenommen und absorbiert. Übersteigt die Energie das Absorptionsmaximum
des Wirbelkörpers, so führt dies unweigerlich zur Fraktur.
Eine weitere Erklärung für die gesteigerte Frakturhäufigkeit im Bereich des
zervikothorakalen und des thorakolumbalen Übergangs liegt in der
unterschiedlichen Elastizität der relativ rigiden Brustwirbelsäule, welche durch
den knöchernen Thorax stabilisiert wird, und der angrenzenden
Wirbelsäulenabschnitte.
12
Ein Bewegungssegment umfasst zwei intakte Wirbelkörper, verbunden durch
eine Bandscheibe, zwei dorsale Wirbelgelenke und die dazugehörigen
Ligamente. Diese Einheiten haben definierte Freiheitsgrade, die addiert die
Gesamtbeweglichkeit der Wirbelsäule ausmachen [23,67]. (Abb. I-4)
Abbildung I-4: Die zwölf Deformitätskomponenten nach White und Panjabi
3.1: Biomechanik des Wirbelkörpers:
Obwohl die Grundform der Wirbelkörper vom dritten Halswirbel bis zum fünften
Lendenwirbel nur gering variiert, nimmt die Größe und Masse nach kaudal
stetig zu. Dieses ist als mechanische Adaptation auf die zunehmende
Kompressionslast der Wirbelkörper zu verstehen. So führt ein Anstieg der
Spongiosamasse zu einer deutlich höheren Stabilität.
Die zunehmende Frakturhäufigkeit nach dem vierzigsten Lebensjahr beruht auf
dem verminderten Mineralsalzgehalt des Knochens. Es konnte gezeigt werden,
dass ein Verlust von 25% Knochensubstanz zu einer fünfzigprozentigen
Stabilitätseinbuße bei axialer Belastung führt. Der charakteristischerweise bei
der Osteoporose auftretende Verlust der horizontalen Spongiosatrabekel führt
13
zu einer mechanischen Schwächung der Vertikaltrabekel. Dies erklärt die
signifikante Stabilitätseinbuße der osteoporotischen Wirbelsäule [85].
Die Kortikalis der Wirbelkörper, als zweiter Pfeiler der axialen Kraftübertragung
neben der Spongiosa, ist nur zu ca. 10% an der axialen Kraftübertragung
beteiligt.
Die Spongiosa eines ehemalig durch Kompression frakturierten Wirbels kann
dieselbe, in 50% der Fälle sogar eine höhere Last tragen ohne zu frakturieren.
Dieses hängt jedoch in großem Maße vom Grad der Höhenminderung des
Wirbelkörpers ab.
Die Frakturen der Wirbelkörperendplatten stehen in enger Beziehung zu dem
Degenerationsgrad der Bandscheiben. So konnte gezeigt werden, dass bei
nicht degenerierter Bandscheibe die komplette Kompressionskraft auf den
Nucleus pulposus einwirkt. Dies führt zu einer zentralen Eindellung der
Endplatte. Bei Kompressionsverletzungen mit degenerativ veränderter
Bandscheibe wird die axiale Kraft allein über den ringförmigen Anulus
übertragen, wodurch es vorwiegend zu einer Fraktur in der peripheren
Endplattenregionen kommt.
Die Gelenkfortsätze können je nach Stellung der Wirbelsäule bis zu 33% der
Kompressionslast und 45% der Torsionskraft aufnehmen. Außerdem spielen sie
eine wichtige Rolle für die Stabilität der Wirbelsäule, besonders bei
Bewegungen in der Sagittalebene [85].
3.2: Biomechanik des Bandapparates der Wirbelsäule:
Die Bänder der Wirbelsäule erfüllen viele wichtige Aufgaben für die Stabilität
und Beweglichkeit der Wirbelkörper zu einander und sie schützen das
Rückenmark durch Einschränkung der Bewegungsausmaße.
Bei Flexion der Wirbelsäule sind alle Bänder bis auf das anteriore Längsband
gespannt, bei Extension trifft genau das Gegenteil zu. Bei der Körperneigung
zur Seite sind das Ligamentum flavum sowie die Ligamenta intertransversaria
gespannt, bei der Rotation dagegen stehen eine Gelenkkapsel sowie das
Ligamentum supraspinale unter Zugspannung.
14
Bei Überlastung des Systems Knochen-Band-Knochen wird eine der
Komponenten zuerst nachgeben. Bei sich langsam entwickelnder Kraft ist dies
häufiger die ossäre Struktur, wogegen bei plötzlich auftretenden Kräften
häufiger die Ligamente auf Grund ihrer Viskoelastizität reißen [85].
3.3: Biomechanik der Bandscheiben:
Jede übermäßige Kompressionskraft auf das System Wirbel-Bandscheibe-
Wirbel führt fast ausschließlich zu einer Fraktur des Wirbels und nicht zu einer
Verletzung der Bandscheibe, da eine reine Kompression nicht zu einer
Protrusion des Nucleus pulposus führen kann. In der Praxis findet sich jedoch
häufig eine Mischung verschiedener Kraftvektoren, so dass die hier theoretisch
aufgeführte reine Kompression eher die Ausnahme darstellt.
Bei Flexion der Wirbelsäule wandert der Nucleus pulposus nach dorsal
während sich die Fasern des Annulus fibrosus mit seiner inneren und äußeren
Schicht nach ventral ausweiten [85].
15
4. Historischer Überblick der Wirbelfrakturklassifikation
Die erste Klassifikation von Böhler 1929 unterschied fünf Typen [6]:
1. Kompressionsfraktur mit Wirbelkörperverletzung
2. Fraktur durch Anteflexion, Verletzung der vorderen Hälfte durch
Kompression und der hinteren durch Distraktion
3. Extensionsfraktur mit Verletzung des vorderen und hinteren Längsbandes
sowie Wirbelbogenverletzung
4. Scherfraktur mit sagittaler Dislokation durch eine senkrecht auf die
Längsachse einwirkende Kraft
5. Rotationsfrakturen
1931 war es die Watson-Jones-Klassifikation, die zum ersten Mal das Konzept
der Instabilität, ausgelöst durch Bandverletzungen der Wirbelsäule, einbrachte
[81].
Nicoll [62] beschrieb 1949 den Unterschied zwischen akuter und sekundärer
Instabilität auf Grund von:
1. Einer ‚Knochenlücke’ im Innern des Wirbelkörpers bei Berstungsbrüchen
2. Einer nicht verheilten Bandscheibenverletzung
3. Einem rupturierten vorderen Längsband
1958 erweiterten Decoulx und Rieunau [16] die Watson-Jones-Klassifikation
durch Einbeziehung des Instabilitätskonzepts von Nicoll.
Holdsworth [37] unterteilte 1963 die Verletzungen der Wirbelsäule in sechs
Untergruppen:
1. Vorderer Keilbruch
2. Dislokation
3. Fraktur bzw. Dislokation durch Rotation (‚slice-fracture’)
4. Extensionsfraktur
5. Berstungsfraktur
6. Scherfraktur
16
Holdsworth war der Erste, der die Bedeutung des hinteren Bandapparates für
die Stabilität erkannte. Demzufolge sind der Keil- und Berstungsbruch als stabil
anzusehen.
Kelly und Whitesides [45] entwickelten 1968 das 2-Säulenmodell:
1. Bandscheibe und Wirbelkörper, die unter Kompression stehen
2. Wirbelbogen und Gelenkfortsätze, die Extensionskräften ausgesetzt sind
Louis verglich 1973 die Wirbelsäule mit einem 3-Säulenmodell, bei dem die
erste Säule aus den Bandscheiben und Wirbelkörpern und die zweite und dritte
Säule aus den korrespondierenden Gelenkfacetten, den Gelenkfortsätzen, den
Pedikel und Laminae besteht. Diese Klassifikation ermöglicht eine
Quantifizierung der Instabilität, indem jeder Säule ein Wert von 1, dem
Wirbelbogen 0,5 und anderen Elementen 0,25 zugeteilt wird. Instabilität ist
definiert als Summe größer oder gleich 2 [51,52].
1983 modifizierte Denis [17] das 2-Säulenmodell indem er eine weitere dritte
Säule differenzierte: (Abb. I-5)
1. Vordere Säule: vorderes Längsband, vordere Zweidrittel der Bandscheibe
und des Wirbelkörpers
2. Mittlere Säule: hinteres Längsband, hinteres Bandscheibendrittel und
Wirbelkörperhinterwand
3. Hintere Säule: hinterer Bandapparat, Facettengelenke mit Kapsel und Lig.
Flavum
17
Abbildung I-5: Das 2- bzw. 3-Säulenmodell
Die Klassifikation nach Denis teilt die Frakturen in vier Gruppen auf, die aus
einer Beschreibung des Frakturmechanismus und des Frakturtyps resultieren:
1. Kompression: Verletzung der vorderen Säule bei erhaltener Mittelsäule
2. Berstungsfraktur: Zerstörung der vorderen und mittleren Säule
3. Flexions-Distraktions-Verletzung (‚seat-belt type fracture’): Verletzung der
hinteren und mittleren Säule
4. Frakturdislokation: Beteiligung aller drei Säulen durch Kompression, Zug,
Rotation oder Scherkräfte
Ferguson und Allen [26] entwickelten eine auf den Frakturmechanismus
basierende Klassifikation, die sieben Verletzungsformen unterscheidet:
1. Flexion mit Kompression
2. Flexion mit Distraktion
3. Vertikale Kompression
4. Laterale Flexion
5. Translation
6. Rotationsflexion
7. Extension mit Distraktion
18
5. Pathomechanismus und moderne Klassifikation der Wirbelfrakturen der
BWS und LWS
Die von Magerl et al. entwickelte Klassifikation der thorakalen und lumbalen
Wirbelfrakturen basiert auf dem Dreier-Schema der AO-Klassifikationen. Sie
stützt sich primär auf die pathomorphologischen Aspekte der Verletzung. Die
drei Typen begründen sich auf ein charakteristisches, zugrundeliegendes
Verletzungsmuster, das anhand von typischen, leicht erkennbaren
radiologischen Kriterien definiert ist. Die drei wesentlichen Frakturmechanismen
der Wirbelsäule sind die Kompression, Distraktion und Torsion [47].
Um eine klare Strukturierung der Klassifikation zu erreichen, unterteilt man
jeden der drei Typen in drei Gruppen, die wiederum in drei Untergruppen
aufgeteilt sind. Innerhalb der hierarchisch aufgebauten Klassifikation nimmt die
Verletzungsschwere im Sinne der Instabilität kontinuierlich zu [53]. Hierbei wird
die Instabilität im Umkehrschluss von Whitesides´ Definition der „stability“
abgeleitet:
„A stable spine should be one that can withstand axial compressive forces
anteriorly through the vertebral bodies, tension forces posteriorly and rotational
stress, thus being able to function to hold the body erect without progressive
kyphosis and to protect the spinal contents from further injury.”
Somit stellt jede Verminderung der Druck-, Zug- und Torsionsfestigkeit, jeder
neurologische Schaden, eine Instabilität verschiedenen Schweregrades dar.
5.1: Kompressionsverletzungen:
Dieser Frakturtyp entsteht durch Einwirkung einer axialen Kraft mit oder ohne
Flexionskomponente und betrifft fast ausschließlich den Wirbelkörper. Bei
erhaltenem hinterem Bandapparat findet sich eine Höhenminderung des
Wirbelkörpers durch Verdichtung der Spongiosa. In der Klassifikation der
thorakalen und lumbalen Frakturen der AO-/ASIF-Arbeitsgruppe [54] beschreibt
dieser Mechanismus die Typ A-Verletzung:
A1: Impaktionsbrüche: Hier finden sich die Deckplatteneinbrüche (A1.1) (Abb. I-
6), die eine Keilbildung bis höchstens 5º aufweisen können und Keilbrüche
19
(A1.2) wieder, welche ohne Mitbeteiligung der Wirbelkörperhinterwand
einhergehen. Der Höhenverlust kann am kranialen Teil des Wirbelkörpers
auftreten (A1.2.1) (Abb. I-7), oder am kaudalen (A1.2.2), oder anterolateral als
lateraler Keilbruch (A1.2.3). Die Wirbelkörperimpaktion (A1.3), führt zu einer
deutliche Höhenreduktion des Wirbelkörpers. Wenn die Deckplatten gleichzeitig
stark uhrglasförmig eingedellt sind, liegt ein Fischwirbel vor.
Wirbelkörperimpaktionen sind charakteristisch für alte Menschen mit
osteoporotischer Wirbelsäule, entwickeln sich schleichend oder werden durch
ein Bagatelltrauma verursacht. Akute und mit erheblichen Schmerzen
einhergehende Brüche sind wahrscheinlich nicht kompressionsstabil und
neigen zum Zusammensintern.
A2: Spaltbrüche: Das gemeinsame Kennzeichen dieser Gruppe liegt in der
Spaltbildung in der Frontal- oder Sagittalebene mit unterschiedlichem
Dislokationsgrad der Hauptfragmente. Der dorsale Ligamentkomplex ist intakt.
Die Gruppe A2 umfasst die in der thorakolumbalen Wirbelsäule relativ selten
auftretenden sagittalen (A2.1) als auch die frontalen (A2.2) Spaltungen (Abb. I-
8). Der sagittale Spaltbruch tritt eigentlich nur als Begleitverletzung beim
Rotationsberstungsbruch auf. Beim Kneifzangenbruch (‚Pincer fracture’)(A2.3)
ist der zentrale Teil des Wirbelkörpers frakturiert und mit Bandscheibenmaterial
ausgefüllt, welches häufig zu Heilungsstörungen in Form von einer
Pseudarthrose führt. Eine Sonderform an der Halswirbelsäule ist die
sogenannte ‚Tear-drop-fracture’ [46,54,73].
A3: Berstungsbrüche: Bei erhaltenem hinteren Ligamentkomplex ist hier der
Wirbelkörper entweder teilweise oder komplett geborsten mit einer
exzentrischen Verteilung der Fragmente. Je nach Grad der Zertrümmerung des
Wirbelkörpers wird die Wirbelkörperhinterkante mitverletzt, wodurch es erstens
zur Stabilitätseinbuße kommt und zweitens das Myelon komprimiert wird.
A3.1 beschreibt die inkompletten Berstungsbrüche, wobei entweder die kraniale
(A3.1.1) (Abb. I-9), kaudale (A3.1.2) oder seitliche Hälfte (A3.1.3) betroffen ist.
Beim Berstungsspaltbruch (A3.2), der häufig am thorakolumbalen Übergang zu
finden ist, ist eine Hälfte des Wirbels, häufiger die kraniale, geborsten und die
andere vertikal gespalten. Im Prinzip sind beide dem Frakturwirbel
angrenzenden Bandscheiben verletzt. Charakteristisch für die kompletten
Berstungsbrüche (A3.3) ist, dass der ganze Wirbelkörper frakturiert ist. Obere
20
und untere Deckplatte sind fragmentiert, beide anliegenden Bandscheiben sind
stark in Mitleidenschaft gezogen und Bandscheibengewebe ist in den
Bruchspalt protrusioniert. Die kompletten Berstungsbrüche sind gegen axiale
Kompression und Flexionskompression instabil. Der Kneifzangen-
berstungsbruch (A3.3.1) unterscheidet sich vom einfachen Kneifzangenbruch
durch ein Hinterkantenfragment. Beim kompletten Flexionsberstungsbruch
(A3.3.2) findet sich eine Keilform des frakturierten Wirbelkörpers, wodurch die
Wirbelsäule kyphotisch abgeknickt wird. Lamina oder Dornfortsatz sind vertikal
gespalten. Eine gleichmäßige Abplattung kennzeichnet den kompletten axialen
Berstungsbruch (A3.3.3), bei dem Hinterkantenfragmente häufig weit in den
Wirbelkanal verlagert sind.
Tabelle I-1: Kompressionsfrakturen
21
5.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:
Klinisch finden sich bei den stabilen A-Verletzungen relativ geringe
Beschwerden, die Patienten bleiben gehfähig und können sich nach wenigen
Tagen schon wieder aufrichten und die Wirbelsäule aktiv lordosieren. Instabile
Typ-A-Verletzungen hingegen verursachen erhebliche Schmerzen. Am Gibbus
erkennt man stärkere kyphotische Abknickungen. Da die dorsalen Strukturen,
wenn überhaupt, nur unwesentlich verletzt sind, fehlen dorsale Schwellung und
Hämatom. Es findet sich lediglich eine Druckdolenz über der Wirbelsäule.
Radiologisch dominiert der Höhenverlust des Wirbelkörpers. Oft findet sich eine
keilförmige Deformierung mit kyphotischer Abknickung der Wirbelsäule. Bei den
seitlichen Kompressionsverletzungen zeigt sich dementsprechend eine seitliche
Abknickung. Translatorische Verschiebungen in der Horizontalen sind kein
Kennzeichen reiner Kompressionsverletzungen und sind demzufolge Hinweise
für eine Typ B- oder C-Verletzung. Eine frakturierte Hinterwand kennzeichnet
sich durch eine geringere Höhe im Vergleich zu den Nachbarwirbeln. Hier findet
sich dann eine verkürzte vertikale Distanz zwischen den Wirbelbögen. Nur bei
starker kyphotischer Abknickung über eine intakte Hinterwand vergrößert sich
der Abstand der Dornfortsätze. Bei signifikanter Vergrößerung dieser Distanz
muss an eine Distraktionsverletzung gedacht werden [55].
Abbildung I-6: Deckplattenimpression des LWK 2 (Typ A1.1)
22
Abbildung I-7: Kranialer Keilbruch (Typ A1.2.1)
Abbildung I-8: Frontaler Spaltbruch (Typ A2.2)
23
Abbildung I-9: Kranialer Berstungsbruch (Typ A3.1.1)
5.2: Distraktionsverletzungen:
Das wichtigste Kriterium der Distraktionsverletzung ist eine transversale
Zerreißung der vorderen und/oder hinteren Elemente. Die Zerreißung der
ossären sowie diskoligamentären Strukturen verläuft bei der
Flexionsdistraktionsverletzung (B1 und B2) von dorsal nach ventral, während
sie bei der Hyperextensionsverletzung umgekehrt von ventral nach dorsal
verläuft. Nach überwiegend diskoligamentären Verletzungen bleibt das
betroffene Segment in der Regel chronisch instabil. Neurologische
Begleiterscheinungen treten sowohl durch Hinterkantenfragmente wie auch
durch einengende translatorische Verschiebungen auf.
B1: ligamentäre Flexionsdistraktion: Neben der Zerreißung des hinteren
Bandapparates kommt es zu einer bilateralen Subluxation, Dislokation oder
Facettenfraktur, kombiniert mit einer Zerreißung der Bandscheibe (B1.1) oder
Fraktur des Wirbelkörpers vom Typ A (B1.2). Die Untergruppe B1.1 lässt sich
wiederum in drei Gruppen aufteilen, in der die Flexionssubluxation (B1.1.1) eine
stabile und neurologisch häufig unkomplizierte Form darstellt. Die Untergruppen
24
B1.1.2 (vordere Luxation) (Abb. I-10) und B1.1.3 (Flexionssubluxation oder
vordere Luxation mit Fraktur der Gelenkfortsätze) gehen dagegen häufiger mit
Instabilität und Verletzungen des Rückenmarks einher.
Liegt die Flexionsachse in der Nähe der Wirbelkörperrückseite kommt es zur
Flexionsdistraktion mit Wirbelkörperfraktur vom Typ A (B1.2). Die Untergruppen
ergeben sich genauso wie bei den Typ B1.1-Verletzungen.
B2: ossäre Flexionsdistraktion: Hier findet sich eine Zerreißung durch die
Wirbelbögen und Pedikel kombiniert mit einer Zerreißung des Wirbelkörpers
(‚Chance fracture’) [11] (B2.1), oder Ruptur der Bandscheibe (B2.2). Findet sich
eine Spondylolyse zusammen mit einer Wirbelfraktur vom Typ A so liegt die
Untergruppe B2.3 vor, bei der es zur Wirbelkanaleinengung durch ein
Hinterkantenfragment kommen kann. (Abb. I-11, 12)
B3: Hyperextensionsverletzungen: Bei der seltenen Hyperextensionsverletzung
kommt es nach Durchtrennung des vorderen Längsbandes zur Zerreißung der
Bandscheibe, des hinteren Längsbandes und zur Subluxation (B3.1). Bei einer
Kombination mit einer Gelenkfortsatzfraktur handelt es sich um eine Typ B3.1.2,
ohne diese um eine Typ B3.1.1 [18,19]. Die sehr seltene und meistens am
unteren Lendensegment lokalisierte Hyperextensionsspondylolyse (B3.2) geht
mit einer Erweiterung des Wirbelkanals einher.
Die hintere Luxation (B3.3) ist eine der schwersten Verletzungen der
Lendenwirbelsäule und geht häufig mit einer kompletten Querschnittslähmung
einher [47,54].
25
Tabelle I-2: Distraktionsverletzungen
5.2.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:
Klinisch imponiert bei den B1- und B2-Flexionsdistraktionsverletzungen die oft
vorhandene kyphotische Abknickung mit einer Schwellung, Hämatom und
Druckdolenz über dem verletzten Segment. Dies resultiert aus der Verletzung
der dorsalen Säule mit bei schweren Traumen sogar auftretender Zerreißung
der Fascia thoracolumbalis oder der autochthonen Rückenmuskulatur. Eine
Ruptur der interspinalen Ligamente oder der Faszie ist häufig schon
palpatorisch feststellbar. Bei Flexionsdistraktionsverletzungen der
Brustwirbelsäule findet sich häufig eine Fraktur des Sternums oder der Rippen
als Begleitverletzung. Intraabdominale oder retroperitoneale Läsionen deuten
auf eine Flexionsdistraktionsverletzung der LWS hin. Bei den Hyperextensions-
scherverletzungen sind Druckdolenz, Schwellung und Hämatom nur bei den
hinteren Luxationen oder Extensionsspondylolysen zu erwarten.
26
Radiologisch sind Flexionsdistraktionsverletzungen und Hyperextensions-
Verletzungen in den konventionellen Aufnahmen oftmals schwierig zu
erkennen. In der Regel kann man aber die Diagnose bzw. den Verdacht auf
diesen Verletzungstyp stellen. Weitere bildgebende Verfahren sind in jedem
Verdachtsfall anzustreben um eine Sekundärdislokation auszuschließen und
um eine Therapieindikation zu stellen. Verdächtig auf eine Flexionsdistraktion
ist jede auf einer seitliche Aufnahme zu sehende starke kyphotische
Abknickung, die mit einer Vergrößerung der Distanz zwischen zwei
Dornfortsätzen einhergeht. Dieser Verdacht wird erhärtet durch eine beidseitige
Subluxation oder Luxation der Intervertebralgelenke, beidseitige Frakturen von
Gelenkfortsätzen oder Interartikularportionen sowie eine Verlagerung eines
Wirbelkörpers nach vorne. Charakteristisch sind kleine Zusatzverletzungen wie
der ossäre Ausriss des Lig. interspinale vom Dornfortsatz, die horizontale
Spaltung eines Dornfortsatzes, oder die Abscher- und Ausrissfrakturen von den
Vorder- oder Hinterkanten der Wirbelkörper. Eine besondere diagnostische
Schwierigkeit stellt die reponierte Flexionssubluxation ohne ossäre
Begleitverletzungen dar, die nur unter vorsichtiger passiver Flexion unter
Bildwandlerkontrolle darstellbar ist [55].
27
Abbildung I-10: Vordere Luxation mit querer Zerreißung der Bandscheibe
(Typ B1.1.2)
Abbildung I-11: Horizontale Zerreißung durch die Pedikel mit A-Fraktur
(Typ B2.3.1)
28
Abbildung I-12: Horizontale Zerreißung durch die Pedikel in der anterio-
posterioren Projektion (Typ B2.3.1)
5.3: Torsionsverletzungen:
Bei den Rotationsverletzungen handelt es sich um Typ A-Verletzungen mit
zusätzlicher Rotation oder B-Verletzungen mit Rotation und
Rotationsscherbrüchen. Im Unterschied zu den einfachen Typ A- oder B-
Läsionen finden sich bei genauer Inspektion ein Riss aller Längsbänder und der
Bandscheibe, Gelenkfortsatzfrakturen, Querfortsatzfrakturen, wirbelsäulennahe
Rippenfrakturen und/oder Luxationen sowie Wirbelkörperrandleistenfrakturen.
Mit wenigen Ausnahmen gehören die Rotationsverletzungen zu den instabilsten
Läsionen der BWS und LWS mit dem höchsten Prozentsatz neurologischer
Komplikationen. Diese werden entweder durch einengende
Hinterkantenfragmente oder durch translatorische Verschiebungen verursacht.
C1: Typ A-Verletzung mit Rotation: Hier findet sich der Rotationskeilbruch
(C1.1), der Rotationsspaltbruch (C1.2) mit seinen Untergruppen C1.2.1-C1.2.4,
je nach Lage des Spaltes. Beim Rotationsberstungsbruch (C1.3) unterteilen
29
sich die Untergruppen entsprechend der oben ausführlich erläuterten Kriterien
der Typ A3-Läsionen. (Abb. I-14)
C2: Typ B-Verletzung mit Rotation: Zur Rotationskomponente kommen in
diesem Fall die Flexionsdistraktionsverletzungen (C2.1 und C2.2) sowie die
Hyperextensionsverletzungen (C2.3) hinzu. Die Untergruppen C2.1.1-C2.1.7
beziehen sich auf die Unterscheidung zwischen Subluxation ohne/mit
Gelenkfortsatzfraktur, einseitige/vordere Luxation sowie dem Auftreten einer
Wirbelkörperfraktur. (Abb. I-13) Die Untergruppen der C2.2-Läsionen
entsprechen der Typ B2-Klassifikation. Dementsprechend verhält sich die
Gruppierung der C2.3-Verletzung.
C3: Rotationsscherbrüche: Die von Holdsworth beschriebene „slice-fracture“
(C3.1) stellt die bei weitem instabilste Fraktur der BWS und LWS dar, die in
66% mit neurologischem Defizit einhergeht [37,38]. Unter C3.2 findet sich der
Rotationsschrägbruch [47,54].
30
Tabelle I-3: Torsionsverletzungen
5.3.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:
Erste klinische Verdachtsmomente auf die Anwesenheit einer
Rotationskomponente ergeben sich bereits aus der Unfallanamnese
(Hochrasanztrauma). Weitere Hinweise sind einseitige Verletzungen des
Schultergürtels, des Thorax und des Beckens. Außerdem finden sich die
typischen Zeichen einer Verletzung der dorsalen Strukturen wie Schwellung,
Hämatombildung, Druckdolenz und dem charakteristischen Palpationsbefund
(rupturierte interspinale Bänder). (Abb. I-16)
Radiologisch finden sich typische Indizien für den Torsionsmechanismus wie
seitliche Krümmung der Wirbelsäule, exzentrische Stellung der Dornfortsätze
sowie die asymmetrische Darstellung der Bogenwurzeln und Gelenkfortsätze.
31
Ein sicheres Zeichen der Rotation ist der rotatorische Offset zwischen zwei
Wirbeln mit Stufenbildung im Bereich der seitlichen Konturen.
Rotationsverletzungen der Brustwirbelsäule gehen charakteristischer Weise mit
einseitigen Rippenserienfrakturen oder Luxationen von Rippen einher. An der
LWS sind Querfortsatzfrakturen, einseitige Subluxationen und Luxationen sowie
einseitige Brüche von Gelenkfortsätzen oder Interartikularportionen
pathognomonisch für den Rotationsmechanismus.
Abbildung I-13: Rotationssubluxation (Typ C2.1.1), mit Rippen- und Querfort-
satzfraktur
32
Abbildung I-14: Kompletter Rotationsberstungsbruch (Typ C1.3.3)
Abbildung I-15: Beidseitige Rotationsluxation, Querfortsatzfraktur, Rippenfraktur
33
Abbildung I-16: Intraoperativer Situs einer Typ C-Verletzung (Slice-Läsion):
Einblutung und elongierte interspinale Ligamente
34
6. Pathomechanismus und Klassifikation der Wirbelfrakturen der oberen
HWS
6.1.Atlasfrakturen:
Verletzungen des Atlas wurden zuerst von Jefferson 1920 beschrieben [1]. Man
unterscheidet Berstungsfrakturen mit einer doppelten Ringsprengung und
isolierte, nicht wesentlich dislozierte Frakturen des Wirbels.
Jefferson I: Die Fraktur des vorderen Atlasbogens kann durch eine forcierte
Hyperextension entstehen, wobei der vordere Atlasring gegen den Dens
gedrückt wird und bei genügend großer Krafteinwirkung bricht. Häufiger ist es
jedoch eine Abrissfraktur seiner kaudalen Hälfte. Dieser Frakturverlauf entsteht
durch eine massive Hyperextension der HWS, bei der es zum Anspannen des
M. longus colli kommt, der dann mit seiner Insertionsstelle dem Tuberkulum
anterior atlantis abreißt [55].
Jefferson II: Als Ursache der Frakturen des hinteren Atlasbogens kommt die
gewaltsame Anteflexions- oder Retroflexionsbewegung unter vertikaler
Kompression in Frage. Hierbei wird der Atlasbogen gegen die Okzipitalschuppe
oder den kräftigen Axisbogen gestemmt und frakturiert [75].
Charakteristischerweise ist die Fraktur bilateral im Bereich der schwächsten
Stelle des hinteren Atlasbogens lokalisiert, das heißt im Bereich des Sulcus der
A. vertebralis [82].
Jefferson III: Die Frakturen des vorderen und hinteren Atlasbogens sind
Berstungsfrakturen. Der Verletzungsmechanismus ist dabei eine direkte
Kompression in axialer Richtung. Der Atlas wird aufgrund seiner mangelhaften
Pufferung, er ist nicht wie die übrigen Wirbel von den Nachbargliedern durch
Bandscheiben getrennt, zwischen Okziput und Axis eingeklemmt. Aufgrund der
Neigung der Gelenkflächen zwischen Atlas und Axis wird die axial wirkende
Kraft in eine nach lateral gerichtete Kraft umgewandelt, die zum
Auseinanderweichen der Massae laterales und somit zum Bersten des
Atlasringes führt. (Abb. I-17) Die charakteristische Lateralisation der Massae
laterales bedeutet je nach Ausmaß der Verschiebung eine Dehnung oder
Zerreißung des zwischen den Massae laterales gespannten Ligamentum
35
transversum, des ersten Haltebandes des Dens. Daher geht die Jefferson III-
Fraktur häufig mit einer atlantoaxialen Instabilität einher [77].
Die Frakturen des vorderen und hinteren Atlasbogens können unterschiedliche
Verläufe aufweisen. Sowohl 4-Part- (klassische Jefferson Fraktur), als auch 3-
und 2-Part-Frakturen treten auf.
Jefferson IV (Gelenkmassivfraktur): Trifft die axiale Kompressionskraft leicht
schräg auf den Kopf, so kann es zu einer Fraktur der Massa lateralis kommen.
Diese Fraktur tritt sehr selten auf, Jefferson beschrieb 1920 einen einzigen Fall
[42].
Jefferson V (Querfortsatzfraktur): Bei Einwirkung eines direkten Traumas auf
Halswirbelsäule, häufig Faustschläge, kann es zu einer Fraktur des
Querfortsatzes kommen. Daneben kommen diese Frakturen auch in
Kombination mit hinteren Atlasbogen- oder Jeffersonfrakturen vor [42]. (Abb. I-
18)
Abbildung I-17: Lateralisation der Massae laterales
6.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:
Bei der Jefferson I- und II-Fraktur finden sich unspezifische Symptome wie
Nackenschmerz und Schluckbeschwerden, jedoch keine signifikanten
neurologischen Ausfallerscheinungen. Finden sich diese, deutet dies auf eine
zweite, auf anderer Höhe befindliche, Läsion hin [28]. Die Klinik der Jefferson
III-Fraktur ist geprägt von unspezifischen Nackenschmerzen, Nackensteifigkeit,
Schmerzen oder Hyposensibilität im Versorgungsgebiet des N. occipitalis
major, sowie Schluckstörungen durch ein prävertebrales Hämatom oder durch
Verletzung der Nervus glossopharyngeus.
36
Der radiologische Nachweis von Jeffersonfrakturen kann sich als schwierig
erweisen. Typ I und Typ II sind relativ gut in der seitlichen Projektion eines
Nativröntgenbildes zu erkennen. Bei der Jefferson III-Fraktur dient das
Auseinanderweichen der Massae lateralis in der a.p.-Projektion als Hinweis. Zur
exakten Diagnostik sollte jedoch auf jeden Fall eine CT-Untersuchung
veranlasst werden. Im Nativröntgen können noch indirekte Zeichen wie ein
verbreiterter prävertebraler Weichteilschatten auf diese Frakturentität hinweisen
[21].
Abbildung I-18: Atlasfrakturen; verschiedene Frakturformen
6.2.Frakturen des Axis:
6.2.1: Frakturen des Dens axis:
Die Densfraktur ist eine häufige und ernsthafte Verletzung. Ungefähr 10-18%
aller Halswirbelfrakturen sind Densfrakturen [71]. Da der Dens die einzige
knöcherne stabile Verbindung zwischen Atlas und Axis ist, führt die Densfraktur
in der Regel zu einer Instabilität im Bewegungssegment C1/C2 mit Gleitneigung
des Atlas nach vorne oder hinten. Unterschieden werden die
Hyperflexionsfraktur des Dens mit Luxationsneigung des Atlas nach vorn, die
37
Hyperextensionsfraktur mit Luxationsneigung des Atlas nach hinten, die
isolierte Fraktur des Dens axis ohne Dislokation und die Denssockelfraktur.
Die klassische Einteilung der Densfrakturen stammt von Anderson und
D’Alonzo (1974) [2], bei der drei Typen unterschieden werden. (Abb. I-19)
Typ I: Beim sehr seltenen Typ I ist die Densspitze schräg und einseitig oberhalb
des Ligamentum transversum frakturiert. Sie kann durch Abscherung bei
Kontakt mit dem Foramen magnum oder aber auch im Rahmen einer
atlantoaxialen Dislokation als Ausrissfraktur der Ligg. alaria entstehen. Im
letzten Fall wäre dies als ein Hinweis auf eine potentielle atlantookzipitale
Instabilität zu werten [74].
Typ II: Basisnahe Fraktur am Übergang zum Denskörper, stellt die häufigste
Form dar. Die Frakturoberfläche ist klein, die Pseudarthroserate bei dieser
Fraktur entsprechend hoch. Der Unfallmechanismus kann ein Flexionstrauma
sein, in diesem Fall verläuft die Frakturlinie von kranial-dorsal nach kaudal-
ventral, oder ein Hyperextensionstrauma mit von kranial-ventral nach kaudal-
dorsal verlaufendem Bruchspalt.
Typ III: Frakturverlauf, der bis in den Denssockel, d.h. bis in den Körper des
Axis, reicht und durch ein Flexionstrauma ausgelöst wird. Hierbei kommt dem
Lig. transversum besondere pathomechanische Bedeutung zu [3]. Die
ausbleibende Ruptur dieses Ligamentes leitet die Kraft weiter Richtung
Densbasis, wo schließlich die knöcherne Struktur der Flexionskraft nachgibt
und frakturiert. (Abb. I-20)
Abbildung I-19: Frakturverlauf des Dens axis
38
6.2.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:
Klinisch reicht das Spektrum von geringen Nackenschmerzen und
Schluckbeschwerden bis hin zum akuten Tod. Neurologische
Ausfallerscheinungen werden in 12-33% der Fälle beobachtet [41].
Die Überlagerung des Dens mit den Schneidezähnen und dem vorderen
Atlasbogen erschwert die radiologische Diagnose der Densfraktur.
Standardaufnahmen sind die seitliche Aufnahme der oberen Halswirbelsäule
und die transorale Denszielaufnahme. Ein weiterer Hinweis auf eine
Densfraktur ist der in der a.p.-Aufnahme nach lateral gekippte Dens [76]. Eine
Dorsalkippung hingegen kann physiologisch auftreten.
Abbildung I-20: Frakturen des Dens axis, eingeteilt nach Anderson und
D´Alonso
39
6.2.2: Frakturen des Axisbogen:
Eine typische Fraktur der Pars interarticularis der Bogenwurzel ist die von
Wood-Jones kurz nach der Jahrhundertwende beschriebene „Hangedman’s
fracture“. Diese Verletzung des Axis entsteht beim Erhängen mit einem
submentalem Knoten durch Hyperextension unter gleichzeitiger Distraktion. Sie
wird auch als traumatische Spondylolisthese des Axis bezeichnet [9].
Heutzutage wird dieser Frakturtyp überwiegend bei Autounfällen mit
Anpralltrauma des Gesichtes und Stürzen auf das Gesicht beobachtet.
Effendi teilte diese Frakturen in drei Typen ein:
Effendi Typ I: Stabile Fraktur mit minimaler Dislokation nur des Axisbogens, bei
der eine Mitverletzung der Bandscheibe zwischen dem Axiskörper und dem
dritten Halswirbel ausgeschlossen werden kann. Pathomorphologisch handelt
es sich hier um eine Hyperextensionsverletzung, wobei es im Sinne einer
„Nussknackerverletzung“ zu einer Fraktur des HWK-2-Bogens kommt, ohne das
wesentliche ligamentäre und Bandscheibenstrukturen betroffen sind. Dies ist
auch der Grund dafür, dass bei dieser Verletzung sekundäre radiologische
Frakturhinweise wie z.B. ein prävertebraler Weichteilschatten fehlen [79].
Effendi Typ II: Die Typ II-Verletzungen nach Effendi müssen wiederum in drei
Untergruppen aufgeteilt werden, die sich aus der Dislokationsrichtung des
anterioren Fragmentes ergeben. Der Typ IIa, identisch mit dem Typ IIa der
Einteilung nach Levine et. al., entspricht einer Flexionsfraktur, bei der das
anteriore Längsband intakt bleibt [49]. Dieses bedingt eine Reststabilität des
Segments und kann als Hypomochlion bei der Reposition dienen. Das anteriore
Fragment ist nach ventral abgeknickt.
Bei der IIb-Verletzung ist das anteriore Fragment nur noch am hinteren
Längsband fixiert, die Bandscheibe und das vordere Längsband sind rupturiert.
Aus diesem Grund findet sich als indirekter Frakturhinweis ein verbreiterter
prävertebraler Weichteilschatten in der seitlichen Nativaufnahme. Es handelt
sich um eine Hyperextensionsverletzung [61].
Bei der Typ IIc-Verletzung handelt es sich um eine höchst instabile
Spondylolisthese, die mit einer Ruptur des vorderen und hinteren Längsbandes
sowie der Bandscheibe zwischen HWK 2 und 3 einhergeht. Das ventrale
40
Fragment ist signifikant nach anterior disloziert und weist eine Neigung nach
dorsal auf [43].
Effendi Typ III: Diese Frakturform entsteht durch eine Kompression auf die
maximal flektierte Halswirbelsäule. Dabei kommt es zu einer schweren
Verkippung zwischen C2 und C3 mit einer Gelenkfacettenluxation im Niveau
des 2. und 3.Wirbels. Diese Form weist die höchste Instabilität auf [22].
6.2.2.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:
Klinisch klagen die Patienten mit traumatischer Spondylolisthese des Axis
häufig über Nackenschmerzen, Schluckstörungen oder Dyspnoe infolge eines
massiven prävertebralen Hämatoms. Da es in der Regel durch das
Ventralgleiten des Wirbelkörpers zu einer Erweiterung des Wirbelkanals kommt
und das Rückenmark auf dieser Höhe nur ein Drittel des
Wirbelkanalquerschnitts ausmacht, sind neurologische Defizite selbst bei
größerer Dislokation selten.
Grundlage der radiologischen Untersuchung ist die obere HWS in 2 Ebenen,
wobei die Diagnose fast immer auf der seitlichen Aufnahme zu stellen ist. In der
Computertomographie ist gegebenenfalls ein intraartikulärer Frakturverlauf zu
beurteilen.
6.2.3: Frakturen des Axiskörpers:
Die Definition dieses Frakturtyps gestaltet sich schwierig, da sie eine
Übergangsform darstellt. Die Grenze zwischen traumatischer Spondylolyse,
Typ III-Densfraktur und isolierter Axiskörperfraktur ist unscharf.
Benzel et al. unterscheidet zwei Formen. Die Typ I-Verletzung weist einen
Frakturverlauf in der Koronarebene auf. Hier kommen als Unfallmechanismus
die Extension mit axialer Kompression, die Hyperextension mit axialer
Kompression, die Flexion mit axialer Kompression sowie die Flexion mit
Distraktion in Frage.
41
Beim Typ II verläuft die Frakturlinie in der Sagittalebene, als Unfallursache
muss eine axial einwirkende Kraft genannt werden [5].
6.2.3.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:
Die Patienten mit einer atypischen Axiskörperfraktur klagen häufig über
deutliche, bewegungsabhängige Beschwerden. Radiologisch ist sie häufig
schwer zu erkennen. In der seitlichen Projektion zeigt sich häufig eine
Verbreiterung des Wirbelkörpers in der sagittalen Richtung.
Zur Komplettierung der Diagnostik ist eine Computertomographie notwendig
[79].
42
7. Pathomechanismus und Klassifikation der Wirbelfrakturen der unterenHWS
Magerl und Mitarbeiter versuchten die allgemeinen und mechanischen
Prinzipien der Frakturklassifikation der LWS und BWS auf die untere
Halswirbelsäule umzusetzen. Die Frakturmechanismen Kompression,
Distraktion und Rotation bilden dabei die drei Hauptgruppen.
7.1: Kompressionsverletzungen:
Durch eine axiale Gewalteinwirkung kommt es zu einer vorwiegend die
vorderen Elemente betreffenden Verletzung.
A1: Impaktion: Entsprechend der Brust- und Lendenwirbelsäulenklassifikation
werden hier der Deckplatteneinbruch (A1.1), die Keilwirbelbildung ohne
Zerreißung der hinteren Elemente (A1.2) und der osteoporotische
Wirbelkörperkollaps (A1.3) unterschieden.
A2: Spaltbildung: Zu differenzieren sind die frontalen Spaltungen ohne (A2.1)
und mit Dislokation (A2.2), sowie die Spaltungen in der Sagittalebene (A2.3).
Der frontale Spaltbruch wird an der Halswirbelsäule auch als einfache „tear-
drop-fracture“ bezeichnet [73].
A3: Berstungsbrüche: Diese Gruppe der Kompressionsverletzungen wird
unterteilt in die Untergruppen inkomplette Berstungsfraktur (A3.1) und
komplette Berstungsfraktur (A3.2). Die Berstung ist immer kombiniert mit einer
Dislokation der Hinterwand oder Teilen davon gegen den Wirbelkanal und einer
sagittalen Spaltbildung des Bogens, ohne dass der hintere Ligamentkomplex
relevant beeinträchtigt sein muss.
43
7.2: Distraktionsverletzungen:
Bei diesem Verletzungsmuster kommt es zu einer Schädigung der vorwiegend
dorsalen Anteile durch Distraktion, wobei sie jedoch häufig mit Typ A-
Verletzungen der vorderen Elemente einhergehen.
B1: ossäre Flexionsdistraktion: In der Untergruppe B1.1 führt die Distraktion zu
einer Querfraktur durch den Bogen, während sie in der Untergruppe B1.2 zu
einer Fraktur durch beide Facettengelenke führt. Als ‚Chance-Fracture’ (B1.3)
wird die Fraktur bezeichnet, die durch beide Pedikel verläuft. Diese Frakturen
können mit einer Typ A-Läsion kombiniert sein.
B2: ligamentäre Flexionsdistraktion: Die Hyperflexion führt zu einer Zerreißung
des hinteren Ligamentkomplexes mit Subluxation in den kleinen Wirbelgelenken
beidseits (B2.1), oder zu einer kompletten Luxation, wobei diese sich ineinander
verhaken (B2.2).Wie auch in Gruppe B1 finden sich hier Verletzungen der
vorderen Elemente im Sinne einer Typ A-Fraktur.
B3: Hyperextensionsläsion: Findet sich eine Zerreißung der Bandscheibe mit
Ausriss der Ringapophyse wird dies als Typ B3.1 klassifiziert, eine reine
Zerreißung jedoch als B3.2. Bei diesem Verletzungsmuster kann es auch noch
zu einer dorsalen Dislokation kommen (B3.3).
7.3: Rotationsverletzungen:
Die Torsionsverletzungen gehen immer mit einer Verletzung der vorderen und
hinteren Elemente einher.
C1: Rotation mit Typ A-Verletzung: In diesem Fall findet sich entweder eine
Impaktion, Spaltbildung oder Berstung kombiniert mit der
Rotationskomponente.
C2: Rotation mit Typ B-Verletzung: Hier wird zwischen einer unifacettalen
Fraktur (C2.1), Subluxation (C2.2) und einer Luxation mit Verhakung (C2.3)
unterschieden.
C3: Spezielle nicht klassifizierte Läsionen: C3.1 beschreibt in diesem Fall die
unilaterale Frakturdislokation der Massa lateralis. Die ‚slice-fracture’, von
Holdsworth beschrieben, bildet die Untergruppe C3.2 [38]. Die Trennung der
44
Wirbelkörper über mehrere Segmente, wie häufig bei
Brustwirbelsäulenverletzungen zu sehen, stellt die Gruppe C3.3 dar.
7.4: Radiologische Hinweise auf eine Halswirbelsäulenverletzung:
Die meisten Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule lassen sich
mit Hilfe des konventionellen a.p. und Seitenbildes diagnostizieren [80]. Wichtig
ist darauf zu achten, dass der zervikothorakale Übergang mit vollständig
sichtbarem 7. Halswirbel, Bandscheibe C7/Th1 und Deckplatte Th1 zur
Darstellung kommt.
1. Treppenförmige Versetzung der Wirbelkörperhinterwand in einem
Segment durch Translation bzw. Dislokation des oberen auf den unteren
Wirbel oder umgekehrt.
2. Abgedeckte Facettengelenke durch Dislokation der unteren vom oberen
Wirbel gegenüber den oberen Facettengelenken vom unteren Wirbel.
Dadurch kommt es zu einer Winkelabweichung der Wirbel zueinander in
der Sagittalebene.
3. Zunahme der Distanz zwischen zwei Dornfortsätzen durch
entsprechende Zerreißung der interspinösen Ligamente sowie der
Gelenkkapseln und des Lig. flavum.
4. Eine Vielfalt von Frakturen des Wirbelkörpers insbesondere auch der
Ausbruch des vorderen Kantenfragmentes (Tear-drop).
5. Verbreiterter prävertebraler Weichteilschatten als Ausdruck einer
Weichteilverletzung bzw. Blutung.
6. Beidseitig frakturierte kleine Wirbelgelenke können ebenfalls im
Seitenbild erkannt werden, dagegen einseitig frakturierte Gelenke dem
erstem Blick entgehen.
7. Eine segmentale Kyphose von mehr als 11° Differenz in den
angrenzenden Segmenten gilt als pathologisch [85].
8. Erweiterung des Bandscheibenraumes.
45
8. Therapie der Wirbelfrakturen
Das Ziel der Behandlung von Wirbelverletzungen besteht in der dauerhaften
Wiederherstellung der schmerzfreien statischen, dynamischen und protektiven
Funktion der Wirbelsäule sowie, wenn nötig in der Dekompression des
Rückenmarks und der Spinalnerven.
8.1. Konservative Therapie:
Die konservative Therapie folgt auch heute noch den zwei grundsätzlich
verschiedenen Behandlungsstrategien von Magnus und Böhler [6,56,57].
Auf der einen Seite die auf den Überlegungen von Magnus basierende
funktionelle Therapie, die auf jegliche Reposition verzichtet und auf der anderen
Seite diejenige von Lorenz Böhler, die überwiegend die Reposition und
nachfolgende Retention solcher Verletzungen im Gipsmieder fordert. Das
Verfahren einer allmählichen Aufrichtung durch Lagerung z.B. in der
Rauchfußschwebe liegt in der Mitte, ist jedoch ebenso wie die Verwendung
einer 3-Punkt-Orthese letztlich der funktionellen Behandlung zuzuordnen. Ein
gemeinsames Merkmal der Therapiekonzepte ist die physiotherapeutisch
geführte schmerzfreie Kräftigung der Rückenstreck- und der ventralen
Rumpfmuskulatur, um damit ein muskuläres Korsett aufzubauen und dadurch
einen dynamischen Ausgleich der gestörten Statik der Wirbelsäule zu schaffen.
8.1.1: Funktionelle Therapie:
Dieses Behandlungskonzept, das seit Magnus mehrfach modifiziert und weiter
entwickelt wurde, basiert auf der Annahme, dass der überwiegende Teil der
Frakturen der Brust- und Lendenwirbelsäule trotz Reposition und Retention
allmählich wieder in die ursprüngliche Stellung zusammensinkt, so dass von
vornherein auf eine Reposition verzichtet wird. Dieses Konzept wird in seinen
Grundzügen für alle Verletzungshöhen der Brust- und Lendenwirbelsäule
angewendet. Neben allgemein physiotherapeutischen Maßnahmen wie
46
Atemübungen und Bewegungen der Extremitäten wird nach Rückgang der
akuten Schmerzen, unterstützt durch Analgetika, die komplette
Rumpfmuskulatur beübt, um ein dynamisches Muskelmieder aufzubauen. Nach
dem der Patient en bloc in Seiten- und Bauchlage gedreht werden kann, wird
die Therapie nach 2-3 Tagen intensiviert. Die Vollmobilisation wird meist im
Bewegungsbad eingeleitet. Circa eine Woche nach der Vollmobilisation kann
die Therapie ambulant weitergeführt werden. Bewegungsübungen der
Rumpfwirbelsäule sollten erst nach der sicheren übungsstabilen Konsolidierung
der Fraktur, also nach 4-6 Wochen, durchgeführt werden.
Die Indikation zur funktionellen Therapie wird heutzutage vor allem bei stabilen
Kompressionsverletzungen (A1.1-A2.2) und nicht weiter dislokations-
gefährdeten Berstungsbrüchen A3 bis zu einer Keilform von etwa 15° gestellt.
Eine regelmäßige Röntgenkontrolle des betroffenen Abschnittes ist indiziert um
eine Sinterung frühzeitig nachzuweisen und dann gegebenenfalls ein
Umschwenken in die operative Therapie einzuleiten. Auch eine zunehmende
Schmerzsymptomatik kann eine Ursache zur nachträglichen Änderung des
Regimes führen.
8.1.1.1: Konservative Therapie der HWS-Verletzungen:
In diesem Kapitel muss zwischen der konservativen Therapie der oberen und
unteren HWS unterschieden werden.
Zunächst Zuwendung zu den Atlasfrakturen. In diesem Fall kann jede Fraktur
konservativ behandelt werden, die keine Instabilität aufweist. Als instabil gelten
alle Frakturen bei denen eine oder beide Massae laterales die Gelenke des
Axis überragen. Die konservative Therapie besteht in einer Ruhigstellung in
einer harten Zervikalstütze für 6-8 Wochen. Anschließend erfolgt nach
Röntgenkontrolle das stufenweise Abtrainieren der Stütze unter
krankengymnastischer Anleitung.
Die konservative Therapie der Densfraktur schließt neben der stabilen Typ II-
Fraktur (< 2mm Bewegung in Funktionsaufnahmen, < 5mm Verschiebung) die
stabilen Typ III-Frakturen ein, da es hier auf Grund der relativ großen
Spongiosaoberfläche im Frakturbereich zu einer ossären Durchbauung bei
47
Ruhigstellung in einer Zervikalstütze kommen kann. Die instabile Typ III-
Verletzung (tiefe Typ III-Verletzung) bedarf einer Ruhigstellung im Halo-Fixateur
für 6-8 Wochen.
Die konservative Therapie der traumatischen Spondylolisthese ist für die
Effendi Typ I-, IIa- und IIb-Verletzung indiziert. In diesem Fall kann die HWS
durch eine Zervikalstütze für 6-8 Wochen ruhiggestellt werden.
Die Indikation zur konservativen Therapie der Verletzungen der unteren HWS
besteht bei Ausschluss der absoluten OP-Indikation (Komplette Tetraplegie,
inkomplettes Querschnittssyndrom mit nachgewiesener mechanischer
Kompression, sensomotorisches, radikuläres Syndrom bei nachgewiesener
Wurzelkompression, Instabilität). Als Therapieoptionen stehen hier die harte
Zervikalstütze und der Halo-Fixateur zur Verfügung [79].
8.1.2: Reposition und Retention im Gipsmieder:
Lorenz Böhler überträgt die Grundprinzipien der Knochenbruchbehandlung mit
Einrichten – Ruhigstellen – Üben auf die Wirbelsäule. Reponieren lassen sich
mit Ausnahme der verhakten Verrenkungen nahezu alle frischen Frakturen
durch kontrollierten Längszug und entsprechende Lordosierung. Die Reposition
wird im dorsalen Durchhang, bei Vorhandensein eines Hinterkantenfragments
mit Längszug, durchgeführt. Danach folgt die Ruhigstellung im Gipsmieder für
etwa 12 Wochen, in denen schon mit den Übungsbehandlungen zur
muskulären Stabilisierung begonnen wird.
Eine Indikation zur Reposition und Retention im Gipsmieder besteht heutzutage
bei instabilen, vorwiegend ossären Verletzungen, besonders den
Kompressionsverletzungen, wenn aus anästhesiologischer Sicht eine Operation
nicht durchführbar ist [14].
48
8.2. Operative Therapie der Verletzungen der BWS-LWS:
Für die Indikation zur operativen Therapie von Wirbelfrakturen sind
grundsätzlich die Verletzungsform und neurologische Begleitkomplikationen
ausschlaggebend. Allgemein kann man sagen, dass eine Indikation zur
operativen Behandlung besteht, wenn auf Grund von Erfahrung und
derzeitigem Wissensstand kein vergleichbares Resultat mit der konservativen
Therapie zu erreichen ist. Dies bedeutet, dass nur die Operation im Gegensatz
zur konservativen Therapie eine zuverlässige und vollständige Dekompression
von Rückenmark (Abb. I-21), Cauda equina und Nervenwurzeln erreichen kann.
Außerdem muss die Wiederherstellung einer dauerhaften Stabilität des
verletzten Segmentes und einer beschwerdefreien Funktion gewährleistet sein.
Die Verletzungsform, als Kriterium für die Entscheidung zur operativen
Therapie, beinhaltet im wesentlichen die Frage nach der Instabilität. Liegt eine
ausschließliche Verletzung der ventralen Säule vor, ist definitionsgemäß keine
Instabilität vorhanden. Instabilität liegt also dann vor, wenn die hintere
Wirbelkörperwand, der dorsale Anulus fibrosus, das hintere Längsband, der
Wirbelbogen und die Gelenkfortsätze und der dorsale Ligamentkomplex verletzt
sind. Unterschieden wird noch zwischen akuter und chronischer Instabilität. Als
akut instabil werden die Verletzungen bezeichnet, die mit einem hohen Risiko
der Dislokation einhergehen. Chronische Instabilitäten zeigen sich nach
Verletzung vorwiegend ligamentärer und diskoligamentärer Strukturen, da diese
ein sehr geringes Heilungspotential unter konservativer Therapie aufweisen.
Hier droht eine unter Umständen eine schmerzhafte Funktionseinschränkung,
oder sogar eine sekundäre Myelopathie bei Kompression des Myelons.
Eine weitere Indikation zur operativen Therapie stellt die Fehlstellung im Sinne
einer Deformität oder Luxation dar, da die physiologische Stellung der
Wirbelsäule eine Voraussetzung für eine schmerzfreie Funktion ist.
In der Regel kann man als Hypothese anerkennen, das die OP-Indikation der
Typ A-Verletzung kontrovers diskutiert werden muss, die Typ B- und C-
Verletzungen überwiegend einer operativen Therapie bedürfen.
Absolute Indikation zur dringlichen Operation besteht, wenn eine Wirbelfraktur
mit neurologischem Defizit einhergeht. Hierunter versteht man die Zunahme
einer inkompletten Lähmung, Lähmungszeichen nach einem freien Intervall
49
oder nach anfänglich guter Erholungstendenz, aufsteigende Lähmungen sowie
komplette Lähmungen, bei denen eine knöcherne Kompression nachgewiesen
ist [83]. Bisher fehlt jedoch jeglicher Nachweis, dass eine operative
Dekompression zu einer auch nur teilweisen Remission eines kompletten
Querschnitts führen kann [7].
Das operative Verfahren kann nach dem Zugangsweg in ein dorsales, ventrales
und dorso-ventrales Verfahren unterteilt werden.
Die dorsal instrumentierte Spondylodese ermöglicht durch die Entwicklung von
winkelstabilen Fixateur-interne-Systemen, eine frühe postoperative
Mobilisierbarkeit des Patienten. Je nach Frakturform kann die Überbrückung
mono-, bi- oder polysegmental erfolgen. Nach Einbringen der transpedikulären
Schrauben in die benachbarten Wirbelkörper und erfolgter Reposition werden
diese durch Längsträger verbunden. Hierdurch kann sowohl eine distrahierende
als auch eine lordosierende Wirkung auf das frakturierte Segment ausgeübt
werden. Voraussetzung für die alleinige dorsale Spondylodese ist die nach
Ausheilung druckfeste Belastbarkeit der vorderen Säule. (Abb.I-22)
Das nur selten alleine angewendete ventrale Operationsverfahren erscheint aus
biomechanischer Sicht nur geeignet bei den Typ A-Verletzungen mit erhaltener
hinterer Säule. Hier stehen winkelstabile Plattensysteme, Stabsysteme und
Titan-Cages (Obelisc, Synex) zur Verfügung, welche mit Ausnahme des
Wirbelkörperersatzes mit Interposition von trikortikalen Beckenkammspänen
kombiniert werden können.
Beim dorsoventralen Vorgehen addieren sich die Vorteile, wie zum Beispiel die
bessere Reponierbarkeit und stabilere Fixation von dorsal, sowie die direkte
Rekonstruktion der druckbelasteten vorderen Säule von ventral. Zur
Stabilisation der vorderen Säule eignen sich sowohl
Wirbelkörperersatzimplantate, sogenannte Cages, als auch autologe
Transplantate wie trikortikale Beckenkammspäne, Rippenspäne und
Fibulasegmente. Durch das Wiederherstellen der druckfesten ersten Säule
gelingt eine dauerhaft bessere Rekonstruktion des Wirbelsäulenprofils im
Gegensatz zum alleinigen dorsalen Verfahren. Zu erwähnen ist jedoch die
erhöhte Morbidität, welche bei dem ventralen Zugang gerade im
thorakolumbalen Übergang zu berücksichtigen ist [83,60]. (Abb. I-23)
50
Abbildung I-21: LWK 1-Fraktur mit initialem Querschnitt, intraoperativer Situs
nach Laminektomie
Abbildung I-22: BWK 11,12-Fraktur, Z.n. Fixateur interne mit Hemilaminektomie
BWK 12
Abbildung I-23: LWK 1-Fraktur (Typ B-Verletzung) bei 14 jährigem Mädchen,
mit inkomplettem Querschnitt, dorsaloventrale Spondylodese
51
8.3. Operative Therapie der Verletzungen der HWS:
Auch hier muss zwischen der Therapie der oberen und unteren HWS
unterschieden werden.
Bei der instabilen Jeffersonfraktur gilt zum heutigen Zeitpunkt die dorsale
atlantoaxiale Fusion mit transartikulärer Verschraubung nach Magerl als
Methode der Wahl. Hierdurch wird eine hohe Stabilität in Flexion/Extension und
Rotation erreicht. (Abb. I-24)
Nach einem ähnlichen Prinzip erfolgt die Therapie der traumatischen
Spondylolisthese. Hier werden zwei Schrauben von dorsal in die Massae
laterales eingebracht. Dadurch wird eine stabile Frakturkompression erreicht
ohne ein Bewegungssegment zu fusionieren (OP nach Judet). (Abb. I-25)
Die instabile Densfraktur wird durch die ventrale Schraubenosteosynthese nach
Magerl stabilisiert. Über einen rechts-ventralen Hautschnitt erfolgt die
Darstellung der oberen HWS. Nun werden unter Bildwandlerkontrolle zwei
Spickdrähte vorgelegt, über welche bei korrekter Lage die kanülierten
Densschrauben eingebracht werden können. Durch das Zugschraubenprinzip
kann hier eine Kompressionosteosynthese eine optimale Heilung induzieren.
(Abb. I-26)
Die operative Therapie der unteren HWS-Verletzungen kann in drei Gruppen
aufgeteilt werden. Erstens die rein ventrale Versorgung bei Verletzungen, die
vorwiegend die vordere Säule betreffen wie Kompressions- und
Berstungsverletzungen. Ebenfalls bei Verletzungen mit Verlagerung von
Knochen- oder Bandscheibenmaterial in den Wirbelkanal, sowie Verletzungen
die beide Säulen betreffen.
Das dorsale Verfahren wird im europäischen Raum nur bei folgenden
Verletzungen angewandt. Hierzu zählt die Einengung des Wirbelkanals von
dorsal durch Fragmente des Wirbelbogens, Einengung des Foramen vertebrale,
verhakte Luxationen, welche nicht geschlossen reponiert werden können,
deutliche Restinstabilitäten nach ventraler Fusion.
Eine Indikation zum kombinierten Verfahren wird nur noch selten gestellt, da die
meisten Verletzungen von ventral ausreichend versorgt werden können.
Ebenso muss man bedenken, dass der Muskelschaden, der durch den dorsalen
Zugang entsteht, mit einer erhöhten Morbidität einhergeht. Als ventrales
52
Implantat stellt heute die winkelstabile Plattenosteosynthese den Goldstandard
dar. Hierzu erfolgt zur ventralen Spondylodese die Ausräumung des
Bandscheibenfaches und die eventuelle Dekompression der Wirbelkanals.
Anschließend wird ein Beckenkammspan eingefalzt, welcher je nach Bedarf
durch eine weitere winkelstabile Schraube fixiert werden kann. (Abb. I-27)
Die dorsale Spondylodese erfolgt an der HWS mittels Platten oder Schrauben-
/Stabsystemen. Eine Spongiosaanlagerung von dorsal ist meist indiziert [79].
Abbildung I-24: Dorsale, transartikuläre atlantoaxiale Verschraubung nach
Magerl
Abbildung I-25: Dorsale Schraubenosteosynthese bei traumatischer Spondylo-
listhese nach Judet
53
Abbildung I-26: Densverschraubung nach Magerl
Abbildung I-27: Ventrale monosegmentale Plattenosteosynthese mit Becken-
kammspan.
54
9. Klassifikation der Rückenmarksverletzung
Für den klinischen Alltag hat sich die Klassifikation nach Frankel bewährt,
welche mit den Buchstaben A-E die komplette Transversalsymptomatik im
Sinne einer Para- bzw. Tetraplegie bis zum Fehlen von neurologischen
Defiziten beinhaltet. Obwohl es sich um eine recht grobe Einteilung handelt, hat
sich dieses Schema insbesondere auch zur prognostischen Einschätzung
bewährt.
Frankel A: Hierunter versteht man die komplette motorische und sensible
Lähmung unterhalb des verletzten Segmentes.
Frankel B: In diesem Fall findet sich noch eine intakte Restsensibilität bei
kompletter motorischer Lähmung.
Frankel C: Motorisch inkomplette Lähmung, die jedoch für den Patienten keinen
praktischen Nutzen hat.
Frankel D: Motorische inkomplette Lähmung mit Funktionswert, das heißt, dass
die Patienten ihre Extremitäten bewegen können und einige sogar laufen
können.
Frankel E: Keine Lähmungen, das heißt der Patient zeigt keine neurologischen
Symptome, wie z.B. motorische Schwäche, Sensibilitätsverluste oder
Sphinktertonusveränderungen. Pathologische Reflexe können jedoch zu
irgendeinem Zeitpunkt nachweisbar gewesen sein [29].
55
II. Material und Methoden
In den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil Bochum sind in
dem Zeitraum vom 01.01.1996 bis zum 31.12.2000 1106 Patienten mit
Wirbelfrakturen behandelt worden. Diese Zahl umfasst sowohl primär vom
Unfallort eingewiesene Patienten wie auch Patienten, die aus anderen Kliniken
zuverlegt wurden.
Dieses Kollektiv wurde anhand der im Zentralarchiv zur Verfügung stehenden
Krankenakten und Röntgenbilder evaluiert. Zur Klassifikation der
Wirbelfrakturen waren Röntgenbilder der Wirbelsäule in zwei senkrecht
aufeinander stehenden Ebenen, sowie ein Computertomogramm erforderlich.
Diese Voraussetzung fand sich bei 562 Patienten, die hiermit in dieser Arbeit
erfasst werden.
Folgende Parameter wurden bei der Datenerfassung erhoben:
- Patientenbezogene Daten: Geschlecht, Alter zum Zeitpunkt des
Wirbelsäulentraumas
- Unfallursache: Sturz, geringe Höhe; Sturz, große Höhe; Verkehr, Auto;
Verkehr, Motorrad; Verkehr, Fahrrad; Verkehr, Fußgänger; Sport;
sonstige Unfallursache
- Frakturlokalisation, sowie Anzahl der verletzten Segmente
- Frakturtyp: Eingeteilt nach der Klassifikation der Wirbelsäulenfrakturen
nach Magerl et. al.
- Neurologie, klassifiziert nach Frankel in die Untergruppen A-E
- Begleitverletzungen
- Therapie
Zur Einteilung der Patienten in die Frankel-Klassifikation wurden die von
Neurologen des Bergmannsheil Bochum durchgeführten Konsile ausgewertet.
War keine konsiliarische Untersuchung durch einen Neurologen durchgeführt
worden oder in der Akte archiviert, so wurde der neurologische Befund, der
durch den diensthabenden Unfallchirurgen dokumentiert wurde, ausgewertet.
56
Die Begleitverletzungen sind anhand des Aufnahmeprotokolls, radiologischer
Befundberichte oder anhand der Röntgenbilder erfasst worden.
Die Einteilung in konservativ und operativ versorgte Patienten wurde aus
Entlassungsbriefen, OP-Berichten, Röntgenbildern, Anästhesieprotokollen oder
der Pflegedokumentation entnommen.
Die statistische Auswertung wurde mittels Chi2-Vierfelder- bzw. Chi2-
Kontingenztafel-Test sowie der Odds-Ratio durchgeführt [70].
57
III. Ergebnisse
1. Gesamtkollektiv
1.1: Geschlechtsverteilung:
Das in dieser Arbeit untersuchte Kollektiv von Patienten mit
Wirbelsäulenfrakturen (n=562) besteht aus 343 (61,03%) Männern und 219
(38,97%) Frauen.
1.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:
Der jüngste Patient war 6 und der älteste 100 Jahre alt. Das Durchschnittsalter
liegt bei 43,8 Jahren, bei einem Median von 41 Jahren. Nach Geschlechtern
aufgeteilt ergibt dieses ein Durchschnittsalter der weiblichen Verletzten von
49,4 Jahren und der männlichen von 40,3 Jahren. Auffallend ist die
geschlechtspezifische Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur.
Bei den weiblichen Patienten zeigen sich zwei Altersgruppen, die der Zwanzig-
bis Fünfzigjährigen und die der Sechzig- bis Achtzigjährigen, die
überproportional hoch an den Unfällen beteiligt ist. Bei den männlichen
Verunfallten dagegen findet sich nur ein Maximum zwischen dem zwanzigsten
und fünfzigsten Lebensjahr (Abb.III-1).
1.3: Unfallursache:
Die häufigste Unfallursache, die zu einer Wirbelsäulenverletzung führte, war der
Sturz aus großer Höhe. Hierunter werden alle Sturzereignisse aus einer Höhe
größer 2m zusammengefasst. Insgesamt trifft dies auf 219 Patienten zu, also
39,0% des Gesamtkollektivs. 149 Patienten (26,5%) verunfallten im Verkehr.
Näher aufgeschlüsselt ergibt dies 87 (58%) Autounfallopfer, 35 (23%)
58
Motorradunfälle, 16 (11%) Fahrradunfälle, 6 (4%) Unfälle als Fußgänger, 2
Unfallverletzte nach einem Flugzeugabsturz sowie jeweils ein Verunglückter
aus einem Unfall mit einem Bus, Zug und Hubschrauber.
Ein Sturz aus geringer Höhe führte bei 114 (20,3%) Patienten zu einer
Wirbelsäulenverletzung. In 29 Fällen (5,2%) war eine sportliche Tätigkeit die
Unfallursache. 22 (3,9%) der in diesem Zeitraum eingewiesenen Patienten
erlitten ein direktes Stoßtrauma auf die Wirbelsäule, welches zu einer
Wirbelfraktur führte. Der neurologische Grand mal war bei zwei Patienten die
Ursache einer Wirbelsäulenverletzung. Ein Patient erlitt ein Quetschtrauma
seines Rumpfes mit zusätzlicher Verletzung der Wirbelsäule. In 26 Fällen war
die Unfallursache der vorliegenden Aktenlage nicht zu entnehmen (Abb. III-2).
1.3.1: Frakturlokalisation im Bezug auf die Unfallursache:
Wie aus unten genannter Tabelle (Tab. III-1) ersichtlich, weisen die
verschiedenen Unfallursachen für sie spezifische Frakturlokalisationen auf. So
findet sich z.B. beim Sturz aus großer Höhe eine relativ ausgeglichene
Verteilung mit einem deutlichen Peak am thorakolumbalen Übergang.
Auffallend dagegen ist die höhere Beteiligung der ersten beiden Halswirbel
sowie der gesamten Brustwirbelsäule bei den Verkehrsunfällen.
Eine Häufung bei den Sportunfällen findet sich im Bereich des
cervikothorakalen und des thorakolumbalen Überganges.
59
Tab. III-1: Unfallursache verglichen mit der Frakturlokalisation
Unfall-Frakturlokalisation
mechanis-mus HWK 1-2 HWK 3-7 BWK 1-10 BWK 11-LWK 2 LWK 3-
5Sturz, großeHöhe 18 (8,2%) 14 (6,4%) 15 (6,8%) 150 (68,5%) 22
(10%)Sturz,geringeHöhe
11 (9,6%) 9 (7,9%) 5 (4,4%) 75 (65,8%) 14(12,3%)
Verkehr21
(14,1%)26
(17,4%) 30 (20,1%) 58 (38,9%) 14(9,4%)
Sport 3 (10,3%) 9 (31%) 4 (13,8%) 12 (41,4%) 1(3,4%)
Sonstige 2 (3,9%) 4 (7,8%) 8 (15,7%) 33 (64,7%) 4(7,8%)
Gesamt 55 (9,8%) 62(11,0%) 62 (11,0%) 328 (58,4%) 55
(9,8%)Chi2 = 65.9553, p = <10-6
1.3.2: Unfallursache in Abhängigkeit vom Alter:
Im Folgenden wird die Unfallursache in Abhängigkeit vom Alter der Patienten
zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenverletzung dargestellt. So findet sich der Sturz
aus großer Höhe als Unfallursache besonders häufig zwischen dem elften und
siebzigsten Lebensjahr. Demgegenüber ist der Sturz aus geringer Höhe erst ab
dem sechzigsten Lebensjahr der Auslöser für eine Fraktur. Erwartungsgemäß
häufen sich die Verkehrsunfälle zwischen dem elften und siebzigsten Jahr mit
einem Maximum zwischen elf und fünfzig. Der Sportunfall weist eine ebenso
erwartungsgemäße Kurve auf mit einer Häufung zwischen dem elften und
fünfzigsten Lebensjahr (Abb. III-3).
1.4: Begleitverletzungen:
306 Patienten (54,4%) erlitten 524 Begleitverletzungen. 109 Patienten hatten
neben ihrer Wirbelfraktur noch eine Schädelverletzung. In 104 Fällen war der
Thorax mitverletzt. Es traten 16 Abdominaltraumen, 27 Beckenverletzungen, 71
60
Frakturen der oberen Extremität sowie 77 Verletzungen der unteren Extremität
im Kollektiv auf. In 120 Fällen erlitten die Patienten neben der einen
Wirbelfraktur noch weiter Wirbelfrakturen als Begleitverletzung.
Vergleicht man die Frakturlokalisation mit der Wahrscheinlichkeit eine
Begleitverletzung zu erhalten, so zeigt sich das hier die Verteilung relativ
ausgeglichen ist. Bei 65% der Halswirbelsäulenverletzungen trat eine
Begleitverletzung auf, bei 50,6% der Brust- und 52,3% der
Lendenwirbelsäulenverletzungen.
Stellt man nun die Anzahl der frakturierten Wirbel dem Auftreten von
Begleitverletzungen entgegen, so zeigt sich, dass bei den monosegmentalen
Frakturen die geringste Häufigkeit an Begleitverletzungen anfällt (41,3%).
Deutlich steigt der Wert schon, wenn der Patient noch im selben Abschnitt eine
zweite bzw. dritte Wirbelverletzung aufweist. So konnte bei 74% der
bisegmentalen und 80% der mehrsegmentalen Wirbelsäulenverletzungen eine
oder mehrere Begleitverletzungen nachgewiesen werden. Bei
Mehretagenfrakturen, die per Definition mindestens ein unverletztes Segment
zwischen den frakturierten Wirbeln aufweisen müssen, ist in 96,5% eine
Verletzung eines anderen Organsystems auffindbar (Abb. III-4).
Die Gegenüberstellung der Unfallursache mit der daraus resultierenden
Begleitverletzung ergab, dass erwartungsgemäß die Hochrasanztraumen wie
der Verkehrsunfall und der Sturz aus großer Höhe zu den meisten
Begleitverletzungen führten. Unfallursachentypisch erscheinen hier die
Schädel- und Thoraxverletzung beim Verkehrsunfall und die Beckenverletzung
beim Sturz aus großer Höhe.
Tabelle III-2: Abhängigkeit der Begleitverletzung von der Unfallursache
Begleit- Unfallursache
verletzung Verkehr Sturz, großeHöhe
Sturz, geringeHöhe Sport Sonstige
Schädel 56 32 11 1 9Thorax 61 33 3 0 7
Abdomen 9 7 0 0 0Becken 5 17 4 0 1
Extremitäten 65 73 6 0 4
61
1.4.1: Koinzidenz von Begleitverletzung und Neurologie:
Vergleicht man die Wahrscheinlichkeit, mit der bei einer Begleitverletzung ein
zusätzliches neurologisches Defizit auftritt, so fällt auf, dass bei den Patienten
mit Begleitverletzung in 28,10% eine Verletzung des Rückenmarks
diagnostiziert wird. Demgegenüber stehen 20,7% bei den Patienten ohne
Begleitverletzung.
1.5: Lokalisation der Wirbelfraktur:
Insgesamt wies die Halswirbelsäule 117 Frakturen auf. Der erste und der zweite
Halswirbelkörper waren am häufigsten frakturiert. HWK 1 war 11 mal und
HWK 2 44 mal betroffen. Der dritte und vierte Halswirbel waren dagegen nur in
vier bzw. sechs Fällen verletzt. Erwartungsgemäß nahm die Häufigkeit von
Frakturen in der Nähe des zervikothorakalen Übergangs zu. Bei 18 Patienten
war der fünfte, bei 14 Patienten der sechste und bei 20 Patienten der siebte und
letzte Halswirbel betroffen.
Einhundertzweiundsechzig Patienten des Gesamtkollektivs wurden in diesem
Zeitraum wegen einer Brustwirbelsäulenverletzung behandelt. Wie in der
Abbildung zu erkennen, sind Frakturen der oberen Brustwirbelsäule, also BWK
1-10 eher selten. Sie traten nur in 62 Fällen auf. Der elfte Brustwirbel dagegen
wies allein 21 Verletzungen auf. Der am häufigsten betroffene Wirbel war der
an die Lendenwirbelsäule angrenzende zwölfte Brustwirbel, der insgesamt 79-
mal frakturiert war.
Die Lendenwirbelsäule mit ihren fünf Wirbeln wies die meisten Frakturen,
nämlich 283, auf. Hiervon waren allein einhundertsechzig Verletzungen des
ersten Lendenwirbelkörpers. Nach kaudal hin nahm die Häufigkeit ab, so dass
der zweite LWK in noch 68, der dritte in noch 24, der vierte in noch 18 und der
fünfte in nur noch 13 Fällen betroffen war (Abb. III-5).
62
1.6: Neurologie:
Eine komplette motorische und sensible Lähmung unterhalb des verletzten
Segmentes erlitten 63 Patienten, dieses entspricht 11,2% des Gesamtkollektivs.
Eine Verletzung des Rückenmarks entsprechend des Frankel Stadiums B trat
bei 12 (2,1%) Verletzten auf. Eine motorisch inkomplette Lähmung wurde bei 18
(3,2%) Patienten diagnostiziert. Bei 46 (8,2%) Patienten war nach dem Unfall
eine Lähmung mit praktischer Restfunktion nachweisbar. Bei 75,3% (423) der
Verunfallten traten keine motorischen oder sensiblen Defizite auf. Dies schließt
initiale Reflexabschwächungen nicht aus. Daraus folgt eine Gesamtinzidenz der
neurologischen Funktionsstörung von 24,7%.
Vergleicht man die Frakturlokalisation mit dem Auftreten eines neurologischen
Defizits, so fällt eine Häufung im Bereich der HWS auf. So gehen 34,2% der
Halswirbelsäulenverletzungen mit neurologische Auffälligkeiten einher. In 23
Fällen lag ein kompletter Querschnitt vor, die Frankelstadien B und C konnten
jeweils dreimal nachgewiesen werden. Bei elf Verletzten wurde das
Frankelstadium D diagnostiziert.
26,5% der Brustwirbelsäulenverletzten erlitten eine Myelonverletzung mit
resultierendem Defizit. Ein kompletter motorischer und sensibler Querschnitt
wurde hier jeweils 29-mal beobachtet. Die Stadien B und D traten in fünf Fällen,
das Stadium C viermal auf.
Eine Verletzung der Lendenwirbelsäule zog in 19,8% eine neurologische
Störung der motorischen oder sensorischen Leitungsbahnen nach sich. Elfmal
wurde hier das Stadium A und C, viermal das Stadium B dokumentiert. Eine
Frankel D-Verletzung zogen sich 30 Patienten zu.
Die höchste Inzidenz von kompletten Läsionen weist der
Halswirbelsäulenabschnitt mit 19,65% auf, die BWS-Verletzung führte in 17,9%
der Fälle zu einer Frankel A-Läsion. Mit 3,8% liegt die Inzidenz der kompletten
Lähmung bei der LWS-Verletzung deutlich niedriger.
63
1.7: Therapie:
Die therapeutischen Optionen der Wirbelsäulenverletzungen wurde in operativ
und konservativ gegliedert. 346 Patienten wurden demnach operativ versorgt,
das entspricht 62% des Gesamtkollektivs. Die restlichen 216 Verunfallten
wurden mit einem konservativen Therapieregime behandelt.
1
39
76 77
5647 30
11 6 03
2533 26 30
22 24 33 194
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Anz
ahl (
n)
1-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100
Alter (Jahre)
Altersverteilung der Patienten nach Geschlecht
FrauenMänner
Abbildung III-1: Altersverteilung der Patienten des Gesamtkollektivs nach
Geschlecht (n=562)
64
219
149
114
29 26 222 1
0
50
100
150
200
250
Anz
ahl (
n)
Verkeh
rSpo
rt
Keine A
ngab
e
Grand M
al
Quetsc
hung
Unfallursache
Ursachen der Wirbelfraktur
Abbildung III-2: Unfallursache
0
20
40
60
80
100
120
Altersabhängige Unfallursache
Sonstige
Sport
Verkehr
Sturz, geringe Höhe
Sturz, große Höhe
Sonstige 0 3 8 7 8 5 6 9 4 1
Sport 1 8 4 9 3 2 2 0 0 0
Verkehr 1 25 49 31 22 11 9 0 1 0
Sturz, geringe Höhe 0 4 5 12 16 10 20 26 18 3
Sturz, große Höhe 2 24 43 44 37 41 17 9 2 0
00-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100
Abbildung III-3: Alter der Verletzten im Bezug auf die Unfallursache
65
76
41
82
80
148
135
157
223
74
26
20
555
2
0
50
100
150
200
250
300
350
400
HWSBWS LWS
monosegmental
bisegmental
mehrsegmental
Mehretagenfraktur
ohne Begleitverletzung
mit Begleitverletzung
Abbildung III-4: Auftreten von Begleitverletzungen bei den einzelnen
Frakturlokalisationen
13 18
24 68
160 79
21 8
5 8 8
12 7
6 5
1 2
20 14
18 6
4 44
11
0 20 40 60 80 100 120 140 160
Anzahl (n)
HWK 1HWK 2HWK 3HWK 4HWK 5HWK 6HWK 7BWK 1BWK 2BWK 3BWK 4BWK 5BWK 6BWK 7BWK 8BWK 9BWK 10BWK 11BWK 12LWK 1LWK 2LWK 3LWK 4LWK 5
Lokalisation der Wirbelsäulenverletzung
Abbildung III-5: Lokalisation der Wirbelfraktur im Gesamtkollektiv
66
2. Typ A-Verletzungen
2.1: Geschlechtsverteilung:
Von den insgesamt 308 Patienten mit Typ A-Verletzungen waren 162 (53%)
männlichen Geschlechts und 146 (47%) weiblich.
2.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:
Wie bereits im Gesamtkollektiv zeigt sich auch hier der zweigipflige
Kurvenverlauf der weiblichen Verletzten mit einem Maximum zwischen 31-40
und einem zweiten Maximum zwischen 71-80 Jahren. Der Mittelwert liegt bei 53
Jahren. Die Altersverteilung der männlichen Verletzten entwickelt ihr Maximum
zwischen 31-40 Jahren bei einem Mittelwert von 43,0 Jahren. (Abb. III-6)
2.3: Unfallursache:
Bei 208 (67,5%) der 308 Patienten mit Typ A-Verletzungen war ein Sturz die
Ursache, wobei bei 126 Verletzten die Sturzhöhe größer 2m betrug. 51 (16,6%)
Patienten verunfallten im Straßenverkehr, 31 mit dem PKW, 13 mit einem
Motorrad, 5 mit dem Fahrrad und jeweils ein Patient als Fußgänger und als
Passagier im Bus. Im Rahmen einer sportlichen Aktivität verunfallten 17
Patienten. In 8 Fällen entstand die Wirbelsäulenverletzung als Folge eines
direkten Stoßtraumas, 2 Verletzungen basierten auf einem Grand mal, in einem
Fall stürzte der Patient mit einem Flugzeug ab. Bei 21 Patienten konnte in den
Patientenakten keine Ursache ermittelt werden. (Abb. III-7)
2.4: Begleitverletzungen:
136 (44,2%) der 308 Patienten mit einer Typ A-Verletzungen zogen sich 220
Begleitverletzungen zu. 41 Patienten erlitten eine Schädelverletzung, 35 ein
67
Thoraxtrauma, 9 ein Abdominaltrauma und 10 Patienten trugen eine
Beckenverletzung davon. Es fanden sich 69 Extremitätenverletzungen, 36 der
oberen und 39 der unteren Extremität. Weitere Wirbelsäulenverletzungen
wurden bei 56 Verunfallten diagnostiziert.
2.5: Lokalisation der Wirbelsäulenfraktur:
Aufgrund ihrer anatomischen Besonderheiten werden die ersten beiden
Halswirbel eigenständig klassifiziert, sodass sie demzufolge in dieser Auflistung
nicht erscheinen. An der Halswirbelsäule fanden sich insgesamt acht A-
Verletzungen, wobei die Halswirbelkörper 3-6 jeweils einmal frakturiert waren
und der siebte Halswirbel in 4 Fällen betroffen war.
Die Brustwirbelsäule weist insgesamt 112 Typ A-Verletzungen auf, die in 71%
(79 Fälle) die Brustwirbelkörper 11 und 12 betreffen. Die restlichen thorakalen
Wirbel zeigten 33 Verletzungen, wobei hier der sechste BWK mit 7 Frakturen
am häufigsten betroffen war.
Auch hier zeigt sich, dass im Bereich des thorakolumbalen Übergangs die
meisten Frakturen auftreten. So weist der erste Lendenwirbel in 106 Fällen eine
Typ A-Verletzung auf. Dies sind 56% aller A-Verletzungen der
Lendenwirbelsäule. Der zweite Lendenwirbel ist nur noch 48-mal betroffen, der
dritte 16-mal, der vierte 10-mal und der fünfte 8-mal.
Es finden sich drei Häufigkeitsgipfel, der cervicothorakale Übergang, der
thorakolumbale Übergang, sowie der sechste Brustwirbelkörper.
75% der Patienten mit einer Typ A-Verletzung erlitten eine monosegmentale
Fraktur. Ursächlich ist hier verhältnismäßig oft ein Sturz aus geringer Höhe. 20
der 35 Mehretagenfrakturen rührten aus einem Hochrasanztrauma wie z.B.
einem Sturz aus großer Höhe oder einem Verkehrsunfall her.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die monosegmentalen Verletzungen aus
niederenergetischen Traumen und die bisegmentalen bis Mehretagenfrakturen
aus hochenergetischen Unfallursachen entstehen.
(Abb. III-8)
68
2.6: Neurologie:
Bei den reinen Kompressionsverletzungen ohne Distraktions- und
Rotationskomponente fand sich eine geringe Anzahl von Patienten mit einem
kompletten Querschnitt entsprechend Frankel A, nämlich 11 Patienten (3,6%).
Jeweils 4 Patienten wiesen einen inkompletten Querschnitt der Frankel-
Klassifikation B und C auf. 16 Verletzte zeigten im stationären Verlauf eine
gebrauchsfähige motorische Restfunktion, beim Großteil des Typ A-
Verletzungskollektiv, nämlich 273 Patienten (88,6%) konnte jedoch eine
regelrechte sensomotorische Funktion diagnostiziert werden. (Abb. III-9)
2.7: Therapie:
Die Therapie der Typ A-Verletzungen ist in diesem Kollektiv ausgeglichen. 153
Patienten wurden konservativ und 155 operativ versorgt.
Betrachtet man nun das Therapieregime der einzelnen Untergruppen, so fällt
auf, dass eine Mehrheit der Impaktionsbrüche konservativ versorgt wird (94,5%
konservativ gegenüber 5,5% operativ).
Eine relativ ausgeglichene Verteilung fällt bei den Spaltbrüchen auf. Hier
wurden von insgesamt 28 Frakturen 13 konservativ und 15 operativ stabilisiert.
Das Kollektiv der Berstungsbrüche weist ein Übergewicht der operierten
Verletzungen auf (71,4% operativ und 28,6% konservativ).
69
0 13
28
39
31
25
14 7 5
0
1
15 1519 18
15 16
29
16
20
5
10
15
20
25
30
35
40
Anz
ahl (
n)
01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100
Alter (Jahre)
Altersverteilung der Patienten mit Typ A-Verletzungen
Frauen
Männer
Abbildung III-6: Altersverteilung der Patienten mit einer Typ A-Verletzung,
aufgeteilt nach dem Geschlecht
126
82
31
2117
138 5
2 1 1 1
0
20
40
60
80
100
120
140
Anzahl (n)
Verkeh
r, Auto
keine
Angabe
nSpo
rt
'Verkeh
r, Moto
rrad
Verkeh
r, Fah
rrad
Grand M
al
Verkeh
r, Bus
Flugze
ugab
sturz
Unfallursache der Typ A-Frakturen
Abbildung III-7: Unfallursache der Patienten mit einer Typ A-Verletzung
70
8 10
16 48
106 64
15 2
4 4
3 7
4 4 4
0 1
4 1 1 1 1
0 0
0 20 40 60 80 100 120
Anzahl (n)
HWK 1HWK 2HWK 3HWK 4HWK 5HWK 6HWK 7BWK 1BWK 2BWK 3BWK 4BWK 5BWK 6BWK 7BWK 8BWK 9BWK 10
BWK 11BWK 12LWK 1LWK 2LWK 3LWK 4LWK 5
Frakturlokalisation der Typ A-Verletzungen
Abbildung III-8: Frakturlokalisation der Typ A-Verletzung
11(3,6%)
4(1,3%)
4(1,3%)
16(5,2%)
273(88,6%)
0
50
100
150
200
250
300
Anz
ahl (
n)
Frankel A Frankel B Frankel C Frankel D Frankel E
Neurologie der Typ A-Verletzungen
Abbildung III-9: Neurologischer Aufnahmebefund der Typ A-Verletzungen
71
3. Typ B-Verletzungen
3.1: Geschlechtsverteilung:
Insgesamt finden sich 95 Patienten mit einer Verletzung der Wirbelsäule
unterhalb des zweiten Halswirbels mit einer Distraktionskomponente im
Frakturmechanismus. Hiervon sind 26 (27%) weiblichen und 69 (73%)
männlichen Geschlechtes.
3.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:
Der jüngste Patient mit einer Typ B-Verletzung ist 10 Jahre der älteste 82 Jahre
alt. Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Patienten weisen eine
zweigipflige Verteilung auf, wobei der Mittelwert bei den weiblichen Verletzten
bei 38,6 Jahren liegt, während die männlichen im Durchschnitt 35,4 Jahre alt
sind. Das erste Maximum liegt bei beiden Geschlechtern zwischen dem
einundzwanzigsten und dem dreißigsten Lebensjahr, der zweite Gipfel bei den
Männern zwischen 51 und 60 Jahren und bei den Frauen zwischen 51 und 70
Jahren. Auffallend ist das jüngere Durchschnittsalter der Patienten mit Typ B-
Verletzungen im Vergleich zu dem Gesamtkollektiv. (Abb. III-10)
3.3: Unfallursache:
Auch bei den Distraktionsverletzungen ist die häufigste Unfallursache der Sturz
aus mindestens zwei Meter Höhe, gefolgt von den Verkehrsunfällen, bei denen
der Unfall mit dem PKW zu den meistens Verletzten führte. Zwölf Patienten
zogen sich eine Typ B-Verletzung auf Grund eines Sturzes aus geringer Höhe
zu, dies entspricht 12,6% der Distraktionsverletzungen. Sechs Frakturen
entstanden durch sportliche Aktivitäten, fünf durch ein Stoßtrauma auf die
Wirbelsäule und bei zwei Verletzten gab es keine Angabe über die
Unfallursache.
72
3.4: Begleitverletzungen:
Der Anteil der Verunfallten mit Begleitverletzungen lag höher als bei den Typ A-
Verletzten. 57 der 95 Patienten (60%) erlitten neben der Wirbelfraktur noch eine
weitere Verletzung. Insgesamt zogen sich 95 Patienten 97 weitere
Verletzungen zu. Am häufigsten fanden sich weitere Wirbelfrakturen (n=25),
gefolgt von Thorax- (n=20) und Schädelverletzungen (n=18). In 29 Fällen waren
die Extremitäten mitbetroffen, wobei die Arme 14mal und die Beine 15mal
verletzt waren. Viermal war eine Beckenverletzung anzutreffen, nur ein Patient
wies ein Abdominaltrauma auf. (Abb. III-11)
3.5: Lokalisation der Wirbelfraktur:
Insgesamt fanden sich 37 Typ B-Verletzungen an der Halswirbelsäule. Die
ersten beiden Halswirbelkörper sind auf Grund ihrer besonderen anatomischen
Form nicht in dieser Klassifikation erfasst, so dass sie hier nicht aufgelistet
werden. Auffallend ist eine Häufung von Flexionsdistraktionsverletzungen im
mittleren Drittel der Halswirbelsäule. So sind der fünfte und sechste
Zervikalwirbel in 24 Fällen, also in 64,9% der HWS-Verletzungen, betroffen.
Nach cranial und caudal nimmt dagegen die Verletzungshäufigkeit wieder ab.
Durch die Stabilität des Thorax treten sehr wenige Typ B-Verletzungen in
diesem Abschnitt der Wirbelsäule auf. So finden sich nur acht Verletzungen
zwischen BWK 1 und BWK 11. Erst der zwölfte Brustwirbelkörper, welcher auch
nicht mehr im Rippenverbund integriert ist, weist eine größere
Verletzungshäufigkeit auf. So weisen die Wirbel des thorakolumbalen
Überganges 43 Frakturen mit B-Komponente auf, wobei der erste
Lendenwirbelkörper in 24 Fällen am häufigsten betroffen war. Die weiter caudal
liegenden Wirbelkörper zeigen eine abnehmende Frakturhäufigkeit. (Abb. III-12)
Auffallend ist, dass sich bei den mono- und bisegmentalen Frakturen die
Unfallursachen relativ ausgeglichen zeigen, während bei den mehrsegmentalen
und Mehretagenfrakturen die Unfallursachen deutlich zugunsten der
Hochrasanztraumen verschieben. So sind von den neun Mehretagenfrakturen
fünf durch Stürze aus großer Höhe verursacht, dass entspricht 55,5%. Weitere
73
3 Mehretagenfrakturen entstanden durch Verkehrsunfälle mit dem PKW und
dem Motorrad. Das gleiche Bild findet man bei den mehrsegmentalen Brüchen.
Hier sind alle fünf Fälle durch Hochrasanztraumen ausgelöst worden, drei durch
einen Autounfall und zwei durch einen Sturz aus mindestens zwei Meter Höhe.
3.6: Neurologie:
25 Patienten (26,3%) erlitten einen kompletten motorischen und sensiblen
Querschnitt infolge ihrer Typ B-Verletzung. Dies ist eine deutliche Steigerung im
Vergleich zu den reinen Kompressionsverletzungen, bei denen nur 3,6% der
Verletzten einen kompletten Querschnitt aufwiesen. Bei 21 von 25 Patienten
(84%) mit einem kompletten motorischen und sensorischen Ausfall unterhalb
der Fraktur beruht die Unfallursache auf einen Verkehrsunfall oder einen Sturz
aus großer Höhe.
Bei zwei Patienten wurde ein neurologisches Defizit entsprechend Frankel B
diagnostiziert. Fünf Verletzte, bei allen war ein Hochrasanztrauma die
Unfallursache, wiesen eine motorisch inkomplette Lähmung ohne jeglichen
Nutzen auf. Bei zwölf Patienten konnte eine motorische Restfunktion
nachgewiesen werden, die eventuell noch ein Laufen ermöglicht. Mehr als die
Hälfte der Verunfallten mit Distraktionskomponente, 51 Patienten (53,7%),
wurde ohne jegliches neurologisches Defizit stationär aufgenommen.
3.7: Therapie:
Die Anzahl der operativ versorgten Patienten mit Typ B-Verletzung stellt sich
sehr hoch dar, da die Distraktionsverletzungen bei konservativer Therapie zu
einer chronischen Instabilität neigen. In diesem Kollektiv beträgt der operativ
versorgte Anteil 84,2%, das entspricht 80 Patienten. Die restlichen 15 Patienten
sind einem konservativen Therapieregime zugeführt worden.
Die differenzierte Betrachtung der Untergruppen zeigt eine Zunahme des
operativen Anteils von B1 nach B3. So wurden 77,8% der B1-Verletzungen,
88,4% der B2-Verletzungen und 100% der B3-Verletzungen operiert.
74
18
21
18
711 3
0 0 003
11
2 2 3 31 1
0
0
5
10
15
20
25
Anzahl (n)
01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100
Alter (Jahren)
Altersverteilung zum Zeitpunkt der B-Verletzung
Frauen
Männer
Abbildung III-10: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Flexions-
/Distraktionsverletzung
18
20
1
4
1415
25
0
5
10
15
20
25
Anzahl (n)
Schädel Thorax Abdomen Becken ObereExtremität
UntereExtremität
sonstigeWirbelsäule
Begleitverletzungen
Abbildung III-11: Häufigkeit der Begleitverletzungen
75
1 4
2 9
24 10
1 2
1 1
0 0
1 0
1 0
1 8
10 14
3 2
0 0
0 5 10 15 20 25
Anzahl (n)
HWK 1HWK 2HWK 3HWK 4HWK 5HWK 6HWK 7BWK 1BWK 2BWK 3BWK 4BWK 5BWK 6BWK 7BWK 8BWK 9BWK 10BWK 11BWK 12LWK 1LWK 2LWK 3LWK 4LWK 5
Lokalisation der Fraktur
Abbildung III-12: Frakturlokalisation
76
4. Typ C-Verletzungen
4.1: Geschlechtsverteilung:
Insgesamt erlitten 104 Patienten des Gesamtkollektivs eine Typ C-Verletzung,
also eine Fraktur, die neben einer Kompressions- oder Distraktionskomponente
noch eine Rotationskomponente aufweist. Im Gegensatz zu den Typ A-
Verletzungen, hier war die Geschlechtsverteilung relativ ausgeglichen, findet
sich in diesem Kollektiv eine eindeutige Verschiebung zugunsten des
männlichen Geschlechtes (74%).
4.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenverletzung:
Die weiblichen Verletzten sind hier im Durchschnitt 35,9 Jahre alt, die
männlichen 36,4 Jahre.
Auch hier finden sich bei den männlichen Verletzten zwei Maxima, so stieg die
Anzahl der Verunfallten zwischen dem 21. und 30. Lebensjahr und dem 61. und
70. Lebensjahr an. Bei den Patientinnen findet sich ein Maximum zwischen dem
41. und 50. Lebensjahr. (Abb. III-13)
4.3: Unfallursache:
Bei 44 Patienten führte ein Verkehrsunfall zu einer Wirbelfraktur mit
Rotationskomponente, 37mal ein Sturz aus großer Höhe. Insgesamt machen
diese beiden Unfallursachen 77,9% des Typ C-Verletzungskollektivs aus.
Betrachtet man die Entität der Verkehrsunfälle, so zeigt sich eine deutliche
Dominanz der Auto- und Motorradunfälle. Diese beiden Beförderungsmittel sind
an 75% der Typ C-Verletzungen im Verkehr als Ursache beteiligt.
9 Patienten stürzten aus geringer Höhe, 7 zogen sich oben genannte
Verletzung durch ein direktes Stoßtrauma auf die Wirbelsäule zu. Bei 4
Patienten ereignete sich die Fraktur durch einen Sportunfall, in zwei Fällen war
die Unfallursache nicht eruierbar. (Abb. III-14)
77
4.4: Begleitverletzungen:
Verglichen mit den A- und B-Verletzungen zeigt sich auch hier eine Zunahme
der Patienten, die neben der Wirbelfraktur noch weitere Begleitverletzungen
aufweisen. So wurden bei 72 Patienten (69,2%) 147 Begleitverletzungen
diagnostiziert. Am häufigsten trat hier die Thoraxverletzung (n=42) auf, gefolgt
von Schädelverletzungen (n=27), Verletzungen der unteren Extremität (n=25)
und weiteren Wirbelfrakturen (n=24).
4.5: Lokalisation der Wirbelfraktur:
In diesem Kollektiv ereigneten sich die meisten Rotationsverletzungen
Wirbelsäule im Bereich der Lendenwirbelsäule (n=55), gefolgt von der
Brustwirbelsäule mit 32 Fällen und der Halswirbelsäule, die 17-mal verletzt war.
Die Häufigkeit der Typ C-Verletzung an der Halswirbelsäule nimmt beginnend
am dritten Halswirbelkörper in Richtung cervikothorakalen Übergang stetig zu.
So finden sich am HWK 7 acht Rotationsverletzungen. Wie auch schon bei den
Flexionsdistraktionsverletzungen ist der Bereich der Brustwirbelsäule, der durch
den knöchernen Thorax stabilisiert ist, von diesen Verletzungen seltener
betroffen. So steigt die Verletzungshäufigkeit erst wieder auf Höhe des ersten
Lendenwirbelkörpers, hier fanden sich 30 Frakturen des Typ C (28,8%). Weiter
Richtung Sakrum sinkt dann die Anzahl, so ist der zweite Lendenwirbelkörper
noch 11-mal, der dritte 6-mal und die letzten beiden 4-mal betroffen.
Die mehrsegmentalen und Mehretagenfrakturen sind ausschließlich durch
Hochrasanztraumen, wie Verkehrsunfälle und Stürze aus großer Höhe,
verursacht worden. (Abb. III-15)
4.6: Neurologie:
Bei den Typ C-Verletzungen befindet sich die Rate der Patienten mit einem
kompletten Querschnitt mit 23,1% (n=24) in einem vergleichbaren Niveau wie
bei den Typ B-Verletzungen. 62,5% der Frakturen die zu einem kompletten
78
Querschnitt führten, waren mindestens auf zwei Wirbelkörper ausgedehnt. Alle
Patienten mit einer Neurologie entsprechend Frankel A erlitten die Fraktur
durch Hochrasanztraumen.
Die Patienten, die keine neurologischen Defizite zeigten, erlitten im Gegensatz
zu den Querschnittpatienten 60% monosegmentale Verletzungen. Insgesamt
wiesen 50 Typ C-Verletzte (48,1%) bei der stationären Aufnahme keine
neurologische Symptomatik auf.
4.7: Therapie:
Aufgrund der Instabilität, der hohen Rate an neurologischen Ausfalls-
erscheinungen und der schlechten Heilungstendenz bei konservativer Therapie
ist der Anteil der operativ versorgten Patienten mit 88,5% (n=92)
erwartungsgemäß hoch.
Genauer betrachtet sind 32 der 38 C1-Verletzungen, 45 der 50 C2-
Verletzungen und 15 der 16 C3-Verletzungen operiert worden.
0
15
22
15 8
68
2 1 01
54
58
31
0 0 00
5
10
15
20
25
Anzahl (n)
01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100
Frauen
Alter (Jahren)
Altersverteilung zum Zeitpunkt der C-Verletzung
Frauen
Männer
Abbildung III-13: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Typ C-Verletzung
79
44
37
97
42 1
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Anzahl (n)
Verkehr,gesamt
Sturz,große Höhe
Sturz,geringeHöhe
Stoß Sport keineAngaben
Quetschung
Unfallursache
Abbildung III-14: Unfallursache, welche zur Wirbelsäulenverletzung mit
Rotationskomponente führte
44
611
3055
40
355
22
01
08
33
21
00
0 5 10 15 20 25 30 35
Anzahl (n)
HWK 1HWK 2HWK 3HWK 4HWK 5HWK 6HWK 7BWK 1BWK 2BWK 3BWK 4BWK 5BWK 6BWK 7BWK 8BWK 9
BWK 10BWK 11BWK 12LWK 1LWK 2LWK 3LWK 4LWK 5
Lokalisation der Wirbelfraktur Typ C
Abbildung III-15: Lokalisation der Typ C-Verletzungen; Häufung im mittleren
Brustwirbelsäulendrittel
80
5. Atlasfrakturen
In dem Gesamtkollektiv von 562 Patienten befinden sich elf Patienten mit einer
Atlasfraktur. Acht sind männlichen und drei weiblichen Geschlechtes. Das
Durchschnittsalter beträgt 61,6 Jahre, nach Geschlechtern aufgeteilt ergibt dies
für die Frauen ein Durchschnittsalter von 80 Jahren (Median 78 Jahren) und für
die Männer eines von 54,8 Jahren (Median 51 Jahren).
Die Betrachtung des Unfallmechanismus zeigt, dass 45% der Frakturen durch
einen Sturz aus geringer Höhe entstanden. Drei Patienten zogen sich eine
Atlasfraktur nach einem Sturz aus einer Höhe größer als 2m zu, jeweils eine
HWK 1-Fraktur ereignete sich bei einem Motorrad- und bei einem Autounfall.
Ein Patient erlitt die Verletzung durch ein Stoßtrauma auf die dorsale obere
HWS.
In fünf Fällen war der erste Halswirbelkörper isoliert verletzt, bei vier Patienten
jedoch fand sich außerdem noch eine Verletzung des Axis. Bei einem 48
jährigen Motorradfahrer fand sich eine Serienverletzung der ersten vier
Halswirbelkörper. Dieser Patient wies ein neurologisches Defizit entsprechend
Frankel D auf.
Insgesamt war bei neun der elf Patienten kein sensorisches oder motorisches
Defizit nachweisbar, nur bei zwei Patienten konnte eine Frankel D-Neurologie
diagnostiziert werden.
Gliedert man die Verletzten nach der Frakturart, so findet man drei Patienten,
die eine Fraktur des vorderen Atlasringes aufweisen. Der Großteil (6 Patienten)
erlitt eine Fraktur des hinteren Atlasringes, nur in zwei Fällen trat eine Fraktur
des vorderen und des hinteren Atlasbogens auf. Letztgenannte Fraktur entsteht
durch eine auf den Atlas wirkende axiale Kraft. Die beiden Patienten zogen sich
die Jefferson Typ 3-Fraktur jeweils bei einem Sturz zu. Sie wurden nicht
operativ versorgt. Auffallend ist das relativ hohe Alter der beiden Patienten,
welches bei 64 und 76 Jahren liegt.
Dominierend bei den Begleitverletzungen waren die Schädelverletzungen. So
fand sich ein Schädel-Hirn-Trauma in sieben von elf Fällen. Lediglich der oben
genannte Motorradfahrer zog sich noch Verletzungen der oberen und unteren
Extremität zu.
81
Sechs der elf Patienten erlitten neben der Atlasfraktur noch weitere
Wirbelfrakturen.
Bei zwei Verletzten wurde eine operative Stabilisierung durchgeführt.
82
6. Axisfrakturen
Zuerst wird das Gesamtkollektiv der Axisfrakturen, also sowohl Densfrakturen
als auch Axiskörperfrakturen, dargestellt. Dieses besteht aus 44 Patienten,
davon sind 17 weiblichen und 27 männlichen Geschlechtes. Das
Durchschnittsalter der Frauen beträgt 53,2 Jahre (Median 59 Jahre), das der
Männer 42,3 Jahre (Median 43 Jahre). Wie im Diagramm zu sehen, steigt die
Anzahl der Frakturen pro Lebensjahrzehnt bei den Männern auf ein Maximum
zwischen dem 41. und 50. Lebensjahr an, um danach wieder stetig abzufallen.
Bei den weiblichen Patienten ist diese Symmetrie nicht nachzuweisen, hier gibt
es eine unregelmäßige Verteilung zwischen der jüngsten Patientin mit 6 Jahren
und der ältesten mit 100 Jahren. Auffallend ist jedoch, dass die Axisfraktur bei
den Frauen eher im höheren Alter auftritt. (Abb. III-16)
Als häufigste Unfallursache sind bei den Axisfrakturen der Sturz aus großer
Höhe und der Verkehrsunfall mit dem PKW in jeweils 15 Fällen zu nennen.
Gefolgt von Stürzen aus geringer Höhe, 6 Fälle, Fahrradunfälle, 4 Fälle, und 3
Sportunfällen.
91% der Verletzten mit einer Axisfraktur wiesen keinerlei neurologisches Defizit
auf, in drei Fällen wurde jedoch ein kompletter Querschnitt nachgewiesen.
Neben der Halswirbelsäulenverletzung erlitten noch 32 Patienten (72,7%)
andere Begleitverletzungen. Wie schon bei den Atlasfrakturen dominiert hier
das Schädel-Hirn-Trauma mit 16 Fällen. Jeweils sieben Patienten erlitten ein
Thoraxtrauma und einer Verletzung der oberen Extremität. Neun Patienten
zogen sich eine Fraktur eines direkt an den Axis angrenzenden Wirbelkörper
zu.
Die Mehrheit der Patienten wurde konservativ behandelt, so dass nur in 17
Fällen eine operative Stabilisierung durchgeführt wurde.
83
0
3
5
4
7
4
3
1 0 01
23
02
1
4
1 12
0
1
2
3
4
5
6
7
Anza
hl (n
)
01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100
Frauen
Altersverteilung der Patienten mit Axisfraktur
Frauen
Männer
Abbildung III-16: Altersverteilung der Patienten mit Axisfrakturen
6.1: Dens axis-Frakturen:
Die Densfrakturen machen in dem Patientenkollektiv des Bergmannsheil
Bochum 29% aller Halswirbelsäulenfrakturen aus.
Bis auf zwei Fälle eines 6jährigen Mädchens und einer 22jährigen Frau, die sich
im Rahmen eines Autounfalls eine Densfraktur zuzogen, beginnt das weibliche
Patientenkollektiv erst ab dem 50. Lebensjahr. Eine Häufung findet sich
zwischen dem 61. und 70. Lebensjahr. (Abb.III-17) Die meisten Patienten
erlitten oben genannte Fraktur im Rahmen eines Sturzes aus geringer Höhe.
22 der 34 Patienten mit Densfraktur sind männlichen Geschlechtes. Im
Gegensatz zu den Frauen findet sich bei den Männern eine Häufung zwischen
dem 21. und dem 70. Lebensjahr. Das Maximum erreicht das männliche
Kollektiv zwischen dem 41. und 50. Lebensjahr. Zu dieser Altersverteilung
passend findet sich beim männlichen Geschlecht eine deutliche Dominanz der
Hochrasanztraumen (81%), wie Verkehrsunfälle mit dem Auto oder Fahrrad,
sowie der Sturz aus großer Höhe. (Abb.III-18)
Auffallend ist, dass nur drei Patienten einen kompletten motorischen und
sensorischen Querschnitt als Folge der Densfraktur erlitten. Bei einem Großteil
(30 Patienten) war kein neurologisches Defizit nachweisbar.
84
Betrachtet man nun die Frakturhöhe entsprechend der Klassifikation nach
Anderson und D’Alonzo, so findet sich in diesem Kollektiv kein Patient mit einer
Fraktur entsprechend Typ I. Eine basisnahe Densfraktur entsprechend Typ II
nach Anderson und D’Alonzo war der häufigste Frakturtyp. Dieser trat in 19
Fällen auf. Eine bis in den Denssockel reichende Fraktur fand sich bei 15
Patienten. Vergleicht man die Frakturtypen mit der Unfallursache, so fällt ein
ausgeglichenes Verhältnis der Hochrasanztraumen auf. Nur bei den Stürzen
aus geringer Höhe findet sich eine deutlich höhere Rate bei den Typ III-
Frakturen.
Einer operativen Therapie wurden 14 Patienten zugeführt.
0
3 32
6
43 1
0 01 0 1 0 1 1
4
1 12
0
1
2
3
4
5
6
Anz
ahl (
n)
01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100
FrauenMänner
Altersverteilung der Patienten mit Densfraktur
Frauen
Männer
Abbildung III-17: Geschlechtsspezifische Altersverteilung der Patienten mit
Densfraktur
85
8
5
3
4
6
3
4
0
1
0
0
2
4
6
8
10
12
14A
nzah
l (n)
Sturz, großeHöhe
Sturz, geringeHöhe
Verkehr, Auto Verkehr,Fahrrad
Sport
Unfallursache, aufgeteilt nach Geschlechtern
Frauen
Männer
Abbildung III-18: Geschlechtsspezifische Unterteilung der Unfallursache bei
Patienten mit Densfraktur
6.2: Traumatische Spondylolisthese des Axis:
In dem Gesamtkollektiv von 562 Patienten mit Wirbelsäulenverletzungen
fanden sich zehn Verletzungen des Körper des Axis. Das Geschlechtsverhältnis
zeigte sich mit jeweils 5 Patienten ausgeglichen. Das Durchschnittsalter zum
Unfallzeitpunkt beträgt 30,5 Jahre. Als Unfallursache traten ausnahmslos
Hochrasanztraumen in Erscheinung. Sechs Patienten erlitten eine traumatische
Spondylolisthese des Axis aufgrund eines Verkehrsunfalls mit dem Auto, jeweils
zwei Patienten zogen sich die Verletzung durch einen Sturz aus großer Höhe
oder durch einen Sportunfall zu. Insgesamt zeigten alle zehn Patienten kein
neurologisches Defizit zum Aufnahmezeitpunkt. Zwei Patienten erlitten eine
weitere Verletzung der Halswirbelsäule, in diesen Fällen eine Fraktur des dritten
Halswirbelkörpers. Die Aufgliederung in die Klassifikation nach Effendi zeigt vier
Frakturen des Typs I, jeweils drei Verletzungen des Typs II und III. Sieben
Patienten mit traumatischer Spondylolyse wurden konservativ behandelt, drei
86
operativ. Die operativ versorgten Patienten wiesen in zwei Fällen eine Typ I-
und in einem Fall eine Typ III auf.
87
IV. Diskussion
1. Problematik
Das Ziel dieser Arbeit ist die retrospektive Analyse der Epidemiologie der
Wirbelsäulenfraktur vom ersten Halswirbel bis zum fünften Lendenwirbel. Der in
den letzten Jahren vollzogene Wandel in der Therapie der Wirbelfraktur zog ein
vermehrtes Interesse an der Epidemiologie und Ursachenforschung nach sich.
So wurde erst 1994 durch Anregung von Prof. Dr. J. Probst die
Arbeitsgemeinschaft „Wirbelsäule“ der deutschen Gesellschaft für
Unfallchirurgie gegründet. Diese initiierte eine Sammelstudie, an der sich bis
zum heutigen Tag 18 unfallchirurgische Kliniken in Deutschland und Österreich
beteiligen. Im Gegensatz zu der hier vorliegenden Arbeit befasst sich die DGU-
Studie nur mit Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, die einer
operativen Therapie zugeführt werden.
2. Gesamtkollektiv
2.1: Geschlechtsverteilung:
Einleitend muss erwähnt werden, dass das Bergmannsheil Bochum als
Krankenhaus der Maximalversorgung mit angegliederter Abteilung für
Rückenmarksverletzte ein selektioniertes Patientengut erhält. So dürften im
Vergleich zu einem Regelkrankenhaus die Schwerverletzten überwiegen,
während konservativ zu behandelnde Patienten eher unterrepräsentiert sind.
Der Anteil von Frauen, die eine Verletzung der Wirbelsäule erleiden, liegt
anhand der Daten der Arbeitsgemeinschaft „Wirbelsäule“ der DGU bei 36,1%
[48]. Demgegenüber steht eine Rate von 48% aus einer Arbeit von Richard Hu,
der zwischen 1981 und 1984 eine epidemiologische Erfassung der
Wirbelsäulenverletzungen im Bezirk Manitoba in Kanada durchführte [40]. In
einer Arbeit aus dem Jahre 2003 geht S. David sogar nur von Anteil von einem
Drittel aus [15].
88
In dem untersuchten Kollektiv beträgt der Anteil der weiblichen Verletzten
38,97%, liegt dementsprechend nah an dem in der Multicenter-Studie
ermittelten Wert.
Auffallend ist die ausgeglichene Geschlechterverteilung bei den Typ A-
Verletzungen, während bei den Typ B- und Typ C-Verletzungen deutlich das
männliche Geschlecht dominiert. Dies deutet daraufhin, dass das männliche
Geschlecht durch den Beruf oder die Freizeittätigkeiten einem höheren Risiko
ausgesetzt ist, schwere Wirbelsäulenverletzungen zu erleiden.
2.2: Altersverteilung:
Das durchschnittliche Alter der hier untersuchten Patienten zum Zeitpunkt der
Diagnosestellung (n=562) liegt bei etwa 44 (43,8) Jahren mit einem Minimum
von 6 Jahren und einem Maximum von 100 Jahren.
In der Literatur findet man Durchschnittsalter zum Unfallzeitpunkt zwischen 34
Jahren und 39 Jahren [48,65].
Das hier untersuchte Kollektiv überschreitet dieses Durchschnittsalter um fünf
bis zehn Jahre. Dieses ist jedoch nicht verwunderlich, da sich keine Angaben
über ein Durchschnittsalter in einem identischen Kollektiv finden ließen. So sind
die oben genannten Werte aus Untersuchungen entstanden, die entweder nur
Frakturen des thorakolumbalen Übergangs oder nur operativ versorgte
Patienten einschlossen. Außerdem ist der Anteil der
Halswirbelsäulenverletzungen, hier insbesondere die Densfraktur,
überdurchschnittlich häufig vertreten. Da diese Frakturen ein höheres
Durchschnittsalter aufweisen, lässt sich hieraus der höhere Altersmittelwert
erklären. Die Densfraktur ist eine typische Manifestation einer ausgeprägten
Osteoporose, dieses ist an der Altersverteilung deutlich nachzuvollziehen.
Die geschlechtsspezifische Altersverteilung in dieser Untersuchung korreliert
sehr eng mit den aus der Literatur vorgegebenen Angaben. So findet sich ein
identischer Altersgipfel der männlichen Verletzten zwischen dem zwanzigsten
und dem vierzigsten Lebensjahr [15,23].
Bei den weiblichen Verletzten findet sich eine zweigipflige Altersverteilung,
wobei das erste Maximum dem der männlichen in der Ätiologie der Verletzung
89
entspricht. Der zweite Höhepunkt in der Altersverteilung zwischen sechzig und
achtzig beinhaltet das erhöhte Frakturrisiko durch die postmenopausale
Osteoporose [4,32].
Auffallend ist das deutlich niedrigere Durchschnittsalter der Verletzten mit
Rotationskomponente im Vergleich zum Kollektiv der A-Verletzten. Diese
Verschiebung kommt durch die höhere Anzahl von Hochrasanztraumen im
jüngeren Kollektiv zustande.
2.3: Unfallursache:
Vergleicht man die Erhebung der Arbeitsgemeinschaft „Wirbelsäule“ der DGU
mit dieser Analyse, so ist besonders auffallend der deutlich höhere Anteil an
Stürzen aus großer Höhe. Hier stehen 39% aus diesem Kollektiv 58,6% der
DGU-Verletzten entgegen. Zu erklären ist diese Diskrepanz durch das
ausschließlich operativ versorgte Kollektiv der Multicenter-Studie im Gegensatz
zu der konservativ und operativen Versorgung in dem Kollektiv dieser Arbeit. So
führt ein Sturz aus großer Höhe häufiger zu einer Wirbelfraktur mit folgender
Operationsindikation als der Sturz aus geringer Höhe. Dieses erklärt auch die
höhere Quote mit 20,3% an banalen Stürzen in diesem Kollektiv, verglichen mit
nur 14,1% der DGU-Studie.
Vergleicht man den Verkehrsunfall als Unfallursache, so fällt ein höherer Anteil
mit 26,5% in diesem Kollektiv gegenüber 22,1 % auf. Demgegenüber steht ein
wesentlich höherer Wert aus einer Arbeit aus dem Jahr 1970 bis 1971 aus
Kalifornien. Riggins und Kraus ermittelten in vier großen Krankenhäusern in
Sacramento einen Anteil der Verkehrsunfälle als Wirbelfrakturursache von
47,9% [66]. Eine Begründung dafür liegt wohl an der in den 80er Jahren in
Deutschland eingeführten Gurtpflicht, die zu einer maßgeblichen Reduktion der
Verletzungen im Straßenverkehr führte. Eine weitere Studie der
Universitätsklinik Alberta, Edmonton in Kanada ergab bei einem Kollektiv von
508 Patienten in 56% einen Verkehrsunfall als Ursache für eine Verletzung der
Wirbelsäule [69]. Hier stellt die zweithäufigste Unfallursache nach dem
Verkehrsunfall der Sportunfall in 17% der Fälle dar. Während der Sportunfall in
der DGU-Studie je nach Unfallmechanismus in die jeweilige Kategorie
90
eingeordnet wurde und aus diesem Grund nicht separat aufgelistet wird, findet
sich in dem hier untersuchten Patientenkollektiv der Sportunfall in 5,2% der
Patienten als Grund für die Verletzung.
Wirft man nun ein besonderes Augenmerk auf die Frakturlokalisation im Bezug
auf die Unfallursache, so lässt sich eine Übereinstimmung mit den Daten von
Saboe et al. vermerken. So treten die meisten Wirbelfrakturen im Bereich des
cervikothorakalen und des thorakolumbalen Übergangs auf. Im
cervikothorakalen Übergang sind insbesondere die Verkehrs- und Sportunfälle
als Ursache zu nennen, während der Übergang zwischen Brust- und
Lendenwirbelsäule vorwiegend durch Sturzereignisse sowohl aus großer wie
auch geringer Höhe betroffen wird (p< 10-6, siehe Chi2-Kontingenztafel Seite
61). Dieses vermag an der unterschiedlichen Krafteinwirkung liegen, die bei
einer Verletzung der Halswirbelsäule eher in Sagittalrichtung im Sinne einer
Flexion bzw. Extension verläuft. Demgegenüber steht der axiale Kraftfluss bei
den Stürzen, der zu einer Wirbelverletzung im thorakolumbalen Übergang führt.
Wie oben bereits aufgeführt weist die doppelgekrümmte Wirbelsäule am
jeweiligen Wendepunkt die geringste Widerstandskraft gegen axiale Stauchung
auf, da hier die Wirbelkörper senkrecht aufeinander stehen und so keine
Ausweichbewegung, also Zunahme der Säulenkrümmung, stattfinden kann.
Zu erwähnen ist noch die verhältnismäßig hohe Anzahl der
Brustwirbelsäulenverletzungen im Rahmen von Verkehrsunfällen. Ursächlich
dafür ist die extreme Beschleunigungsenergie im Falle einer Kollision, die zu
einer Verletzung der Brustkorbintegrität führt und somit ein wichtiger
Stabilisationsfaktor für die thorakale Wirbelsäule verloren geht.
Nun folgt die Betrachtung der Unfallursache im Bezug auf das Alter der
Verletzten. Konzentriert man sich hier auf den jugendlichen Verletzten, so
stimmen die Werte mit denen von McPhee et al. und Hadley et al. überein
[36,58]. Die häufigste Unfallursache des Adoleszenten und der Adoleszenten
sind der Sturz aus großer Höhe sowie der Verkehrsunfall. Demgegenüber steht
eine Erhebung aus dem Jahr 2001 von Clark und Letts, in der über 50% der
Wirbelverletzungen aus einem Freizeit- bzw. Sportunfall resultierten [12].
Betrachtet man die Altersgruppe zwischen 21 und 70 Jahren, so findet sich im
fortschreitenden Alter eine sinkende Frakturhäufigkeit in Folge eines
Verkehrsunfalls bei jedoch steigender Verletzungsrate durch Sturzereignisse
91
(p<10-6, Chi2=195.4749). Diese Verteilung entspricht den Ergebnissen der
epidemiologischen Studie aus dem Jahr 1981-1984 in Manitoba, Kanada [40].
Eine deutliche Häufung der Hochrasanztraumen findet sich im Kollektiv der
Typ B- und Typ C-Verletzungen (p=0.140x10-3, Chi2=17,7440). Insgesamt
führten der Sturz aus großer Höhe und der Verkehrsunfall zu 77,9% der Typ C-
Verletzungen. Dies deutet auf die hohe Traumaenergie hin, welche diese
Verletzungen verursacht.
2.4: Begleitverletzungen:
Der Anteil der Patienten mit Begleitverletzungen wird in der Literatur mit 38%
bis 57,9% angegeben (Hu et al 1996, Knop et al. 1999). In diesem Kollektiv
weisen 54,4% der untersuchten Patienten eine oder mehrere
Begleitverletzungen auf. Die Patienten mit Begleitverletzung sind im Schnitt
ungefähr sechs Jahre jünger (Altersmittelwert der isolierten Wirbelverletzen:
47,4 Jahre gegenüber 40,9 Jahren). Diese Verteilung korreliert mit den
Ergebnissen der DGU-Studie. Die häufigsten Begleitverletzungen der Patienten
mit Wirbelfraktur sind in diesem Kollektiv die Schädel-, Thorax- und
Extremitätenverletzung. Dementsprechend selten kam es zu Abdominal- und
Beckenverletzungen. Diese Werte stimmen sehr genau mit denen in der
Literatur angegebenen, hier z.B. Saboe et al., Hu et al., überein. Eine
Diskrepanz findet sich jedoch bei der Betrachtung der Frakturlokalisation im
Bezug auf das Auftreten einer Begleitverletzung. Hier berichtet Saboe et al. von
ein Rate von 28% bei Verletzungen der Halswirbelsäule, während in diesem
Kollektiv bei 65% der zervikalen Wirbelsäulenläsionen eine Begleitverletzung
diagnostiziert wurde. Entsprechend finden sich auch bei den Brust- und
Lendenwirbelfrakturen gegensätzliche Werte, so wird in der kanadischen Studie
berichtet, dass die meisten Begleitverletzungen bei thorakalen Wirbelfrakturen
(82%), knapp gefolgt von den lumbalen Frakturen (72%) auftreten. In diesem
Patientenkollektiv dagegen wurden in 50,6% der Brust- und in 52,3% der
Lendenwirbelverletzungen weitere Verletzungen diagnostiziert.
Übereinstimmend kann jedoch berichtet werden, dass das Auftreten weiterer
Verletzungen bei bi- bis mehrsegmentalen Frakturen signifikant öfter
92
dokumentiert wird. Saboe et al. gehen von einem Wert für die bi- bis
mehrsegmentalen Verletzungen von 62% aus, dieser Wert wird in diesem
Kollektiv jedoch deutlich mit 74-80% übertroffen. Noch prägnanter ist das
Vorkommen einer Begleitverletzung bei den Mehretagenfrakturen, so weisen in
diesem Patientengut 96,5% eine zusätzliche Verletzung auf (p=0,001989,
Chi2=12,4403).
Zu erwarten wäre eine niedrigere Quote an Begleitverletzungen bei Frakturen
der Halswirbelsäule, da diese auf Grund des großen Bewegungsausmaßes und
der geringeren Masse des Wirbelkörpers durch geringere Krafteinwirkung
verletzt werden kann. Im Gegensatz dazu erfordert es eine hohe Energie um
den Thoraxverbund zu verletzten, der die Brustwirbelsäule stabilisiert. Daher
würde man eine höhere Rate an Begleitverletzungen, insbesondere der
Brustorgane, erwarten. Gleiches gilt für die Lendenwirbelsäule, die allein durch
den größeren Wirbelköper und die stärkeren ligamentären Verbindungen eine
höhere Stabilität aufweist [69].
In dieser Untersuchung kann die These von Saboe, dass es keinen Unterschied
in der Art der Begleitverletzung verglichen mit der Unfallursache gibt, nicht
unterstützt werden. So kann sehr wohl behauptet werden, dass eine durch
einen Verkehrsunfall ausgelöste Wirbelverletzung häufig mit einer Kopf- oder
Thoraxverletzung einhergeht. Genauso tritt die Beckenverletzung
charakteristischerweise häufiger bei Stürzen aus großer Höhe auf.
2.5: Lokalisation der Wirbelfraktur:
Insgesamt konnte bei 20,8% der Patienten dieser Untersuchung eine
Halswirbelsäulenverletzung nachgewiesen werden. Dieser Anteil entspricht
auch anderen Arbeiten, so ermittelte Hu et al. in seinem Kollektiv von 944
Patienten einen Anteil von 19,3% mit Halswirbelsäulenverletzungen [8,40].
Die am häufigsten verletzten Wirbelkörper sind der Axis, HWK 5 und 7. Diese
Verteilung lässt sich auch durch andere Publikationen bestätigen [39,68].
Ursächlich dafür ist die bereits oben beschriebene Fragilität der Wirbel im
Bereich der Übergänge, so wie im Falle des zweiten Halswirbelkörpers die
häufig im Alter auftretende Schwächung der spongiösen Knochensubstanz des
93
Dens axis auf Grund der Osteoporose. So haben die Densfrakturen einen Anteil
von 10% bei den über siebzigjährigen Patienten. Demgegenüber behaupten
Anderson und D’Alonzo, dass die Densfraktur regelmäßig durch alle
Altersschichten verteilt auftritt [2]. Schatzker et al. und Clark and White gehen
sogar davon aus, dass sich die Densfraktur überwiegend im jugendlichen bzw.
jungen Erwachsenenalter wieder findet [72]. In diesem Kollektiv wurde ein
Altersmittelwert von 43,6 Jahren für die Axisfraktur ermittelt, hiermit liegt es
knapp unter dem in der Literatur angegebenen Durchschnitt von 47 Jahren [71].
Einige Autoren behaupten, dass kombinierte Verletzungen der oberen
Halswirbelsäule eine Rarität sind [24,50]. Dieses kann in diesem Kollektiv nicht
unterstützt werden, da hier von den elf Atlasfrakturen allein in vier Fällen eine
Fraktur des Axis vorlag. Dies entspricht 36,4%. In sieben Fällen war eine HWK
2-Fraktur mit einer Atlasfraktur vergesellschaftet (15,9%). Hadley et al. gehen
von einer Kombinationsverletzung des Atlas mit dem Axis in 44% der Fälle aus
[33].
Die ansteigende Häufigkeit der Frakturen im unteren Halswirbelsäulenabschnitt
ist auf die Nähe zum cervikothorakalen Übergang zurückzuführen. Hier trifft die
weite Bewegungsamplitude der HWS auf den starren Verbund der thorakalen
Wirbelsäule. Dies steigert die Verletzungsanfälligkeit zum Zeitpunkt des
Traumas. Darauf beruht auch die geringe Anzahl an Frakturen der oberen
Brustwirbelsäule (BWK 1: 2 Fälle, BWK 2: 1Fall).
Die Verletzungen der thorakalen Wirbelsäule machten in diesem Kollektiv
28,8% aus, vergleichbar mit der epidemiologischen Studie aus Manitoba,
Kanada. Auf Grund der oben bereits mehrfach beschriebenen Biomechanik der
Übergangsregionen steigt die Frakturhäufigkeit deutlich in den kaudalen
Brustwirbelsäulenabschnitten. Das Verhältnis der Geschlechter ist
entsprechend dem Gesamtkollektiv verteilt. Die Altersverteilung zeigt eine
geringgradige Abweichung, so ist der männliche Brustwirbelsäulenverletzte im
Durchschnitt zwei Jahre jünger, die weibliche Verletzte jedoch zwei Jahre älter.
Dies hängt mit dem jeweiligen Frakturmechanismus zusammen, so frakturiert
die thorakale Wirbelsäule entweder durch eine Hochrasanztrauma, hier
dominiert der jüngere männliche Patient, oder durch eine geschwächte
Knochendichte auf Grund der Osteoporose, postmenopausal bedingt häufiger
nach dem fünfzigsten Lebensjahr.
94
Über die Hälfte der Frakturen in dieser Studie finden sich zwischen dem ersten
und fünften Lendenwirbel. Hiermit liegt sie zehn Prozentpunkte über dem Wert
von Hu et al. Charakteristischerweise ist der erste Lendenwirbelkörper mit
28,4% aller Frakturen der Wirbelsäule der am häufigsten frakturierte Wirbel,
entsprechend aller Auswertungen [25,31,44,55,63]. Die nun bei der Betrachtung
der kaudal folgenden Wirbelkörper sinkende Frakturhäufigkeit beruht auf der,
durch die steigende Wirbelkörpergröße, höheren Stabilität. Wie von Panjabi und
White beschrieben, macht die Spongiosamasse den entscheidenden
Stabilitätsfaktor bei axialer Krafteinwirkung aus. Außerdem ermöglicht die
unterhalb des ersten Lendenwirbelkörpers beginnende Lordose eine
Ausweichbewegung in der Sagittalebene, die zu einer Abnahme der auf den
Wirbelkörper einwirkenden Kraft führt [85].
2.6: Neurologie:
Laut Literaturangaben findet sich bei 14 bis 38% der Wirbelsäulenverletzten ein
neurologisches Defizit [66,69]. In diesem Kollektiv konnten bei 24,7% der
Verletzten neurologische Ausfälle nachgewiesen werden. Auffallend ist die
unterschiedliche Häufigkeit mit der ein neurologisches Defizit auftritt, wenn man
die Frakturlokalisation mit einbezieht. Dieses lässt sich auf Grund des
anatomischen Aufbaus der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte erklären. So ist im
zervikalen Wirbelsäulenabschnitt der Unterschied zwischen dem
Myelondurchmesser und dem Wirbelkanaldurchmesser am geringsten, so dass
eine Verletzung der neuronalen Struktur am wahrscheinlichsten ist. Dieses
Verhältnis verändert sich nach kaudal hin in soweit, dass das Rückenmark nur
noch ein geringen Anteil des Wirbelkanals ausfüllt [69].
Der Vergleich aus dem Frakturmechanismus und dem daraus resultierenden
neurologischen Defizit ist in dieser Untersuchung bis auf wenige Prozentpunkte
mit der Erfassung der Arbeitsgemeinschaft Wirbelsäule identisch. So erlitten
11.36% der Patienten mit einer Typ-A-Verletzung ein neurologisches Defizit,
46,3% der Typ-B-Verletzten und 51,92% der Typ-C-Verletzten (p<10-6,
Chi2=90,4604). Unterschiedliche Werte ergab nur die Gruppe der
Distraktionsverletzungen, welche bei der DGU-Studie in 72% der Fälle ohne
95
neurologisches Defizit verblieb, das Kollektiv des Bergmannsheil Bochum hatte
hier jedoch nur eine Quote von 53%.
Betrachtet man die Koinzidenz der Begleitverletzung mit dem Auftreten eines
neurologischen Defizit jeglichen Ausmaßes, so fällt in dieser Untersuchung auf,
dass es einen kausalen Zusammenhang gibt. Demgegenüber steht die
Erhebung von Saboe et al., in der die Patienten ohne Begleitverletzung öfter ein
neurologisches Defizit aufwiesen. Dieses ist, wie auch dort erwähnt, mit der
höheren präklinischen Letalität der Patienten mit Begleitverletzung zu erklären
[69].
2.7: Therapie:
Ein Vergleich dieser Daten mit bereits veröffentlichten Studien ist nicht möglich,
da es laut Medline-Recherche keine Arbeiten über Kollektive gibt, die sowohl
konservativ als auch operativ versorgte Verletzungen der Wirbelsäule
behandeln. So behandeln große Studien, wie die mehrfach erwähnte DGU-
Studie nur operativ versorgte Patienten.
Diese Datenerhebung zeigt im Gesamtkollektiv eine relativ ausgeglichene
Verteilung der operativ und konservativ versorgten Patienten. Betrachtet man
jedoch die einzelnen Verletzungstypen, so zeigt sich eine deutliche Zunahme
der operativ versorgten Patienten bei den Typ B- und Typ C-Verletzten. Dieses
ist durch die bei diesen Frakturtypen auftretende Instabilität zu erklären. Des
weiteren findet sich in diesem Untergruppenkollektiv eine deutlich höhere
Inzidenz der neurologischen Ausfallerscheinungen, die, wie bereits oben
beschrieben, eine eindeutige Operationsindikation stellen. So lässt sich auch
die gesteigerte Zahl der operativ versorgten Typ A.3-Verletzungen erklären.
Hier kommt es entweder zu einer Protrusion der Hinterkante in den Wirbelkanal
mit neurologischem Defizit. Oder es ist mit einer weiteren Sinterung zu
rechnen, so dass initial eine Stabilisierung von dorsal oder dorsoventral erfolgt.
96
3. Atlas- und Axisfrakturen
Insgesamt finden sich in diesem großen Kollektiv von 562 Patienten nur elf
Verletzungen der ersten Halswirbelkörpers. Die überwiegend männlichen
Patienten befinden sich zum Zeitpunkt der Fraktur in einem fortgeschrittenen
Lebensalter, was auf eine Minderung der Knochendichte als pathogenetischer
Faktor deuten kann. Dafür spricht, dass als wesentliche Unfallursache der Sturz
aus geringer Höhe dominiert. Insgesamt korreliert diese Vermutung, dass der
Sturz auf den Kopf aus dem Stand die Hauptursache ist, mit der Tatsache, dass
in 63,6% der Fälle ein Schädel-Hirn-Trauma auftrat. Im Gegensatz übrigens
zur HWK 2-Fraktur, die überwiegend durch Hochrasanztraumen ausgelöst wird.
Dies wird durch unten dargestellte Vierfeldertafel mit dazugehöriger Odds-Ratio
unterstützt.
Tab.IV-1: Darstellung der Inzidenz eines Schädel-Hirn-Traumas bei Atlas- und
Axisfraktur
SHT Kein SHT
HWK 1-# 7 (63%) 4 (36,4%) 11
HWK 2-# 16 (36,4%) 28 (63.6%) 44
Summen 23 32 55
Odds-Ratio = 3.0625, Relatives Risiko = 1,75
Die Verletzung des ersten Halswirbelkörpers geht selten mit einer Schädigung
des Myelons einher. Ursache dafür ist der Frakturmechanismus, der dazu führt,
dass der Wirbelkanal eher im Durchmesser wächst. Erst die Mitverletzung des
zweiten Halswirbelkörpers führt zu einer Instabilität bzw. Abkippung des Dens,
was dann zu einer neurologischen Ausfallerscheinung führen kann. Weitere
Arbeiten belegen die Tatsache, dass die kombinierte Verletzung der ersten
beiden Halswirbelkörper mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität
einhergehen, als die isolierte Verletzung eines der beiden Wirbel [20,28,30].
97
Während bei Betrachtung des Gesamtkollektivs noch die Hochrasanztraumen
als Hauptursache dominierten, so fällt bei der isolierten Betrachtung der
Densfrakturen der Sturz aus geringer Höhe als wichtigster Unfallmechanismus
des weiblichen Patienten auf. Dies unterstützt die Tatsache, dass die
Densfraktur überwiegend eine Verletzung der osteoporotischen
postmenopausalen Frau ist [59,68]. Beim männlichen Patienten zeigt sich eine
Häufung der Hochrasanztraumen.
Die traumatische Spondylolisthese, klassifiziert nach Effendi, tritt vorwiegend
durch Hochrasanztraumen wie Verkehrsunfälle und Stürze aus großer Höhe
auf, welches auch in diesem Kollektiv zutrifft [61]. Andere Untersuchungen
geben schwere Schädelverletzungen und Thoraxtraumen als häufigste
Begleitverletzung an, wobei die Inzidenz in diesem Kollektiv mit 40%
vergleichbar ist [13,22,33,34]. Insgesamt konnte kein neurologisches Defizit
nachgewiesen, diese Tatsache kann an dem relativ kleinen Kollektiv liegen, da
in der Literatur eine Inzidenz von ca. 10% angegeben wird [27,61]. Effendi et al.
berichtet über Begleitverletzungen der unteren Halswirbelsäule in 14%, was mit
dieser Erhebung (20%) in Einklang zubringen ist [22].
98
V. Zusammenfassung
Während Frakturen der langen Röhrenknochen und des Beckens schon seit
langem osteosynthetisch versorgt werden, ist die operative Therapie der
Wirbelfraktur erst vor ca. zwei Jahrzehnten flächendeckend eingeführt worden.
Erst in den neunziger Jahren wurde eine international gültige Klassifikation
durch Magerl et al. angeboten, die heute einen Vergleich der einzelnen
Frakturtypen in unterschiedlichen Untersuchungskollektiven ermöglicht.
Daraufhin entstand der Gedanke eine epidemiologische Erfassung des
Patientengutes mit traumatischer Wirbelfraktur des Bergmannsheil Bochum
durchzuführen.
Anhand der vorliegenden Informationen im Zentralarchiv des Bergmannsheil
Bochum wurden 562 Patienten ausgewertet. Diese wiesen die zur Klassifikation
notwendigen Röntgenbilder der Wirbelsäule in zwei senkrecht aufeinander
stehenden Ebenen, sowie ein Computertomogramm auf.
1. Das untersuchte Kollektiv besteht aus 343 Männern und 219 Frauen. Die
Altersverteilung weist bei den weiblichen Verletzten einen zweigipfligen
Kurvenverlauf auf mit einem Maximum zwischen zwanzig und fünfzig Jahren
und einem weiteren Maximum zwischen sechzig und achtzig Jahren. Die
männlichen Verletzten weisen ein Altersmaximum zwischen zwanzig und
fünfzig auf.
Die häufigste Unfallursache war der Sturz aus großer Höhe, gefolgt von den
Verkehrsunfällen und den Stürzen aus geringer Höhe. In diesem Kollektiv zeigt
sich eine signifikante Veränderung der Unfallursache mit zunehmendem Alter.
Während die Hauptunfallursache der Adoleszenten der Verkehrsunfall ist,
nimmt mit zunehmendem Alter die Häufigkeit des Sturzes als Ursache zu.
Jeder zweite Verletzte (54,4%) zog sich eine Begleitverletzung zu. Schädel-
und Thoraxverletzungen traten am häufigsten auf. Statistisch konnte ein
Zusammenhang zwischen der Anzahl der verletzten Wirbelsegmente und der
Wahrscheinlichkeit eine Begleitverletzung zu erleiden, gestellt werden.
99
Die Lokalisation der Wirbelfraktur zeigte einen typischen erwartungsgemäßen
Verlauf mit einer Häufung im Bereich der Übergänge der einzelnen
Wirbelsäulenabschnitte. Hier konnte signifikant dargestellt werden, dass die
Verletzungen des zervikothorakalen Übergangs überproportional häufig durch
Verkehrs- und Sportunfälle verursacht wurden, während die Verletzungen des
thorakolumbalen Übergangs überwiegend nach Stürzen aus großer und
geringer Höhe entstanden.
Die Auswertung des neurologischen Aufnahmebefundes zeigte, dass 24,7% der
aufgenommen Patienten ein neurologisches Defizit der Frankel-Stadien A-D
aufwiesen. Beleuchtet man die einzelnen Frakturtypen von A nach C, so findet
sich die erwartungsgemäße Zunahme der Myelonverletzung mit der Schwere
der Wirbelverletzung.
Die kategorische Unterscheidung der Therapie in operativ und konservativ stellt
ein Übergewicht der operativen Versorgung dar. So wurden 62% der
Verletzungen osteosynthetisch versorgt. Eine Unterscheidung der einzelnen
Operationstechniken wurde auf Grund der Datenmenge nicht durchgeführt. Zu
erwähnen ist jedoch die deutliche Zunahme des operativ versorgten Anteils von
den Kompressionsverletzungen bis zu den Rotationsverletzungen. Dadurch
wird die Intention von Magerl et al. unterstützt eine Klassifikation zu entwickeln,
die eine Hilfe zur operativen Indikationsstellung darstellt.
2. Die Evaluation der Typ A-Verletzungen zeigt eine ausgeglichenere Verteilung
der Geschlechtsverhältnisse, als dies im Gesamtkollektiv anzutreffen war.
Die Altersverteilung zum Unfallzeitpunkt weist den schon oben beschriebenen
zweigipfligen Kurvenverlauf der weiblichen Verletzten auf.
Im Gegensatz zum Gesamtkollektiv sind die beiden häufigsten Unfallursachen
der Sturz aus großer und geringer Höhe. Der Verkehrsunfall ist an dritter
Position anzutreffen.
Insgesamt liegt die Quote der Begleitverletzungen bei den Typ A-Verletzungen
etwas niedriger bei 44,2%. Überwiegend zogen sich die Patienten Extremitäten-
und Schädelverletzungen zu.
Betrachtet man die Lokalisation der Wirbelfraktur, so fällt eine Häufung im
thorakolumbalen Übergang auf. Insgesamt sind 77% der Typ A-Verletzungen
auf ein Segment begrenzt.
100
Erwartungsgemäß wurde bei einem Großteil (88%) der diesem Frakturtyp
zugehörigen Patienten kein neurologisches Defizit bei Aufnahme diagnostiziert.
Die Therapieentscheidung fiel im gesamten Kollektiv der
Kompressionsverletzungen ausgeglichen aus, erst die differenzierte
Betrachtung zeigt eine überwiegend konservative Therapie der
Impaktionsbrüche, ausgeglichenes Verhältnisse bei den Spaltbrüchen und ein
deutliches Übergewicht der operativen Therapie bei den Berstungsbrüchen.
3. Insgesamt zeigt das Kollektiv der Typ B-Verletzten eine deutlichere
Dominanz der männlichen Verletzten mit einer Verschiebung des
Altersmittelwertes nach unten.
Die Unfallursache verschiebt sich im Vergleich zur Kompressionsverletzung in
Richtung der Hochrasanztraumen, die die biomechanische Grundlage für
diesen Frakturtyp darstellen.
Bei den Begleitverletzungen dominiert in dieser Gruppe die weitere
Wirbelfraktur, gefolgt von Schädel- und Thoraxverletzungen.
Charakteristischerweise sind die Typ B-Verletzungen in den
Übergangsregionen gehäuft anzutreffen, dieses liegt an der mechanisch
ungünstigen Verhältnissen im Übergang eines rigiden in einen flexiblen
Abschnitt.
Sowohl die Zunahme der operativ versorgten Patienten, wie auch die
gestiegene Anzahl von Patienten mit einem neurologischen Defizit ist bei
diesem Frakturtyp zu erwarten gewesen.
4. Die Wirbelfraktur mit Rotationskomponente weist im Vergleich zu den
anderen Formen eine noch deutlichere Inzidenz bei jungen männlichen
Verunfallten auf. Diese erlitten vorwiegend Schädel und Thoraxverletzungen als
Begleitverletzungen. Wie auch bei den Typ B-Verletzungen stellt das
Hochrasanztrauma die entscheidende Unfallursache dar.
Die häufigsten Lokalisationen sind ebenfalls die Übergänge zwischen HWS/
BWS und BWS/LWS. Auffallend ist das Hochrasanztrauma als einzige
Unfallursache der mehrsegmentalen oder Mehretagenfrakturen.
101
Die Rate der Frakturen mit sensomotorischem Defizit ist vergleichbar mit der
der Typ B-Verletzungen. Die Mehrheit der diesem Kollektiv zugehörigen
Patienten wurde operativ versorgt.
Zusammenfassend kann gesagt werde, dass vorwiegend junge Patienten
Wirbelfrakturen durch Hochrasanztraumen erleiden, wobei überwiegend
mehrere Segmente betroffen sind. Der ältere Patient dagegen zieht sich auf
Grund niederenergetischer Traumen monosegmentale Wirbelfrakturen mit
niedriger Inzidenz neurologischer Defizite zu.
Die Wahl der Therapie richtet sich nach dem Grad der Verletzung, so ist eine
Zunahme der operativ versorgten Patienten in den einzelnen Gruppen und
Untergruppen zu verzeichnen. Dies untermauert die Systematik der AO-
Klassifikation der Wirbelfrakturen, die hiermit zur OP-Indikationsstellung
angewandt werden kann.
102
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Wirbelsäulenverletzungen, ihre Indikation und Alternativen. Trauma und
Berufskrankheit 2, S243-248
[85] White AA, Panjabi MM (1990). Clinical Biomechanics of the Spine, Sec.
Edition, Kap.II, J.B. Lippincott Company, Philadelphia
111
VII. Danksagung
Für die Bereitstellung aller zur Durchführung meiner Promotion erforderlichen
Daten und materiellen Voraussetzungen danke ich dem Direktor der
Chirurgischen Universitätsklinik und Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
Bergmannsheil Bochum, Herrn Prof. Dr. med. Gert Muhr.
Mein besonderer Dank gilt Herrn PD Dr. med. Ernst Müller, der mich bei der
Konzeption und Durchführung der Arbeit sowie der Erstellung der
Dissertationsschrift betreute und mir in allen fachlichen Fragen stets zur Seite
stand.
Bedanken möchte ich mich darüber hinaus bei Dr. med. Klaus Fischer für die
unkomplizierte und motivierende Hilfe bei der Klassifikation der
Wirbelfrakturen. Ebenfalls danken möchte ich dem Team des chirurgischen
Archivs des Bergmannsheil Bochum für die organisatorische Unterstützung und
Bereitstellung der Krankenakten und Röntgenbilder.
Ohne die ausdauernde und vielseitige Unterstützung meiner Freundin Susanna
Kimmeskamp und meiner Eltern Annette und Klaus Leucht wäre die Umsetzung
meiner Promotion kaum möglich gewesen. Besonders bei ihnen möchte ich
mich von ganzem Herzen bedanken.
112
VIII. Lebenslauf
Persönliche Daten
Name: Philipp Leucht
Wohnort: Savignystrasse 33
60325 Frankfurt
Deutschland
Tel.: 069-74307740
Mobil: 0179-5266955
Geburtsdatum/-ort: 12. Dezember 1975 in Bochum
Familienstand: ledig
Nationalität: deutsch
Schulischer Werdegang
07.1982 - 07.1986 Grundschule in Bochum
07.1986 - 06.1995 Schiller-Gymnasium Bochum Abitur
Austauschprogramm
07.1992 - 12.1992 Southern Cross Cultural Exchange
Nerang Highschool, Tallai,
Australien
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Zivildienst
08.1995 - 10.1996 Zentrale Notfallaufnahme der
Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
Bergmannsheil Bochum
Studium
09.09.1998 Physikum an der Ruhr-Universität
Bochum
21.09.1999 1.Staatsexamen an der Ruhr-
Universität Bochum
19.09.2001 2.Staatsexamen an der Ruhr-
Universität Bochum
10.2001 - 09.2002 Praktisches Jahr in den
Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
Bergmannsheil Bochum und
Kantonsspital Winterthur
3.Staatsexamen
Famulaturen
09.1999 - 10.1999 Unfallchirurgie an den
Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
Bergmannsheil Bochum
03.2000 - 04.2000 Chirurgie am St. Luke´s Hospital ,
Guardamangia, Malta
114
07.2000 - 08.2000 Unfallchirurgie in der
Gemeinschaftspraxis Dr. Griebel und
Dr. Roncevic
09.2000 - 10.2000 Anästhesie und Intensivmedizin im
Krankenhaus der Barmherzigen
Brüder Trier
Anstellungen:
12.2002 - 11.2004 Klinik für Unfall-, Hand- und
Wiederherstellungschirurgie der
Johann-Wolfgang-Goethe
Universität, Frankfurt am Main
11.2004 - Postdoctoral scholarship
Abteilung für plastische und
rekonstruktive Chirurgie der
Stanford University, Kalifornien, USA