121
Ruhr-Universität Bochum PD Dr. med. Ernst J. Müller Dienstort: Landeskrankenhaus Klagenfurt Unfallchirurgische Abteilung Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im Bergmannsheil Bochum zwischen 1996 und 2000 Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Philipp Leucht aus Bochum 2005

Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

Ruhr-Universität BochumPD Dr. med. Ernst J. Müller

Dienstort: Landeskrankenhaus KlagenfurtUnfallchirurgische Abteilung

Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im Bergmannsheil Bochum zwischen 1996 und 2000

Inaugural-Dissertationzur

Erlangung des Doktorgrades der Medizineiner Hohen Medizinischen Fakultät

der Ruhr-Universität Bochum

vorgelegt vonPhilipp Leuchtaus Bochum

2005

Page 2: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr

Referent: PD Dr. med. E. J. Müller

Korreferent: Prof. Dr. med. R. Smektala

Tag der mündlichen Prüfung: 21.06.2005

Page 3: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

Abstract:

Leucht

Philipp

Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im BergmannsheilBochum zwischen 1996 und 2000

Eine epidemiologische Erfassung aller Frakturen der Rumpfwirbelsäule, einschließlich der

Halswirbelsäule, lässt tiefe Einblicke in die Verknüpfung einzelner Faktoren, wie Alter,

Unfallursache, neurologisches Defizit, Therapieoptionen erwarten. Um diese Zusammenhänge

zu beleuchten, wurden 562 Patienten des Bergmannsheil Bochum im Zeitraum von 1996 bis

2000 ausgewertet. Dies führte zu folgenden Ergebnissen:

1. 343 männliche Patienten erlitten eine Wirbelfraktur, wobei die meisten Verletzungen

zwischen dem zwanzigsten und fünfzigsten Lebensjahr auftraten.

Die weiblichen Verletzten (n=219) zeigen eine zweigipflige Altersverteilung mit einem Gipfel,

welcher dem der männlichen Patienten gleicht, sowie einem Zweiten zwischen Sechzig und

achtzig Jahren.

2. Als häufigste Unfallursache tritt das Hochrasanztrauma im Sinne eines Verkehrsunfalls oder

Sturzes aus großer Höhe auf. Hier stellte sich eine signifikante Zunahme der

Verletzungsschwere in den einzelnen Frakturtypen von A nach C dar.

3. Die Übergänge der Wirbelsäulenabschnitte wiesen die meisten Frakturen auf, wobei ein

Zusammenhang zwischen dem Kraftvektor der Unfallenergie und der Frakturlokalisation

nachgewiesen werden konnte. So führt eine Krafteinwirkung in der Sagittalebene eher zu einer

Verletzung im zervikothorakalen Übergang, während eine axiale Komponente zur Fraktur im

thorakolumbalen Übergang prädisponiert.

4. Jeder zweite Patient (54,4%) zog sich eine Begleitverletzung zu, wobei ein Zusammenhang

zwischen der Anzahl der verletzten Segmente und der Wahrscheinlichkeit der

Begleitverletzung besteht.

5. Das Risiko ein neurologisches Defizit zu erleiden, steigt signifikant mit zunehmender

Verletzungsschwere, so dass 51,92% der Patienten mit einer Typ C-Verletzung eine

Myelonverletzung aufwiesen.

6. Erwartungsgemäß zeigte sich eine deutliche Zunahme der operativ versorgten Verletzungen

von der Kompressions- über die Distraktions- bis zur Rotationsverletzung.

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die von Magerl et al. entwickelte undvorgeschlagene Klassifikation der Wirbelfrakturen einen sinnvollen Beitrag zur Stellungder Operationsindikation gibt. Ebenfalls kann sie als Marker für eventuelleBegleitverletzungen dienen.

Page 4: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

I. Einleitung....................................................................................................... 1

1. Fragestellung und Allgemeines .................................................................. 1

2. Anatomische Grundlagen ........................................................................... 2

2.1: Allgemeine Anatomie der Wirbelsäule: ......................................... 2

2.2: Grundform der Wirbel: .................................................................. 2

2.3: Anatomie der Halswirbelsäule:...................................................... 3

2.4: Anatomie der Brustwirbelsäule: .................................................... 4

2.5: Anatomie der Lendenwirbelsäule:................................................. 4

2.6: Bandapparat der Wirbelsäule: ...................................................... 5

2.7: Zwischenwirbelscheiben: .............................................................. 6

2.8: Rückenmark:................................................................................. 7

2.9: Gefäßversorgung des Rückenmarks: ......................................... 10

3. Biomechanik............................................................................................. 11

3.1: Biomechanik des Wirbelkörpers:................................................. 12

3.2: Biomechanik des Bandapparates der Wirbelsäule:..................... 13

3.3: Biomechanik der Bandscheiben:................................................. 14

4. Historischer Überblick der Wirbelfrakturklassifikation ............................... 15

5. Pathomechanismus und moderne Klassifikation der Wirbelfrakturen der

BWS und LWS.............................................................................................. 18

5.1: Kompressionsverletzungen:........................................................ 18

5.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen: ..... 21

5.2: Distraktionsverletzungen:............................................................ 23

5.2.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen: ..... 25

5.3: Torsionsverletzungen:................................................................. 28

5.3.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen: ..... 30

6. Pathomechanismus und Klassifikation der Wirbelfrakturen der oberen

HWS............................................................................................................. 34

6.1.Atlasfrakturen:.............................................................................. 34

6.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen: ..... 35

6.2.Frakturen des Axis: ...................................................................... 36

6.2.1: Frakturen des Dens axis: .............................................. 36

6.2.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:38

6.2.2: Frakturen des Axisbogen: ............................................. 39

6.2.2.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:40

Page 5: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

6.2.3: Frakturen des Axiskörpers: ........................................... 40

6.2.3.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:41

7. Pathomechanismus und Klassifikation der Wirbelfrakturen der unteren

HWS............................................................................................................. 42

7.1: Kompressionsverletzungen:........................................................ 42

7.2: Distraktionsverletzungen:............................................................ 43

7.3: Rotationsverletzungen: ............................................................... 43

7.4: Radiologische Hinweise auf eine Halswirbelsäulenverletzung:... 44

8. Therapie der Wirbelfrakturen.................................................................... 45

8.1. Konservative Therapie: ............................................................... 45

8.1.1: Funktionelle Therapie:................................................... 45

8.1.1.1: Konservative Therapie der HWS-Verletzungen: ..... 46

8.1.2: Reposition und Retention im Gipsmieder: ..................... 47

8.2.Operative Therapie der Verletzungen der BWS-LWS:................. 48

8.3. Operative Therapie der Verletzungen der HWS: ........................ 51

9. Klassifikation der Rückenmarksverletzung ............................................... 54

II. Material und Methoden .............................................................................. 55

III. Ergebnisse................................................................................................. 57

1. Gesamtkollektiv ........................................................................................ 57

1.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 57

1.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:............. 57

1.3: Unfallursache:............................................................................. 57

1.3.1: Frakturlokalisation im Bezug auf die Unfallursache:...... 58

1.3.2: Unfallursache in Abhängigkeit vom Alter:...................... 59

1.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 59

1.4.1: Koinzidenz von Begleitverletzung und Neurologie: ....... 61

1.5: Lokalisation der Wirbelfraktur: .................................................... 61

1.6: Neurologie: ................................................................................. 62

1.7: Therapie:..................................................................................... 63

2. Typ A-Verletzungen.................................................................................. 66

2.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 66

2.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:............. 66

2.3: Unfallursache:............................................................................. 66

2.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 66

Page 6: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

2.5: Lokalisation der Wirbelsäulenfraktur: .......................................... 67

2.6: Neurologie: ................................................................................. 68

2.7: Therapie:..................................................................................... 68

3. Typ B-Verletzungen.................................................................................. 71

3.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 71

3.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:............. 71

3.3: Unfallursache:............................................................................. 71

3.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 72

3.5: Lokalisation der Wirbelfraktur: .................................................... 72

3.6: Neurologie: ................................................................................. 73

3.7: Therapie:..................................................................................... 73

4. Typ C-Verletzungen.................................................................................. 76

4.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 76

4.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenverletzung: ...... 76

4.3: Unfallursache:............................................................................. 76

4.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 77

4.5: Lokalisation der Wirbelfraktur: .................................................... 77

4.6: Neurologie: ................................................................................. 77

4.7: Therapie:..................................................................................... 78

5. Atlasfrakturen ........................................................................................... 80

6. Axisfrakturen............................................................................................. 82

6.1: Dens axis-Frakturen:................................................................... 83

6.2: Traumatische Spondylolisthese des Axis:................................... 85

IV. Diskussion................................................................................................. 87

1. Problematik............................................................................................... 87

2. Gesamtkollektiv ........................................................................................ 87

2.1: Geschlechtsverteilung:................................................................ 87

2.2: Altersverteilung: .......................................................................... 88

2.3: Unfallursache:............................................................................. 89

2.4: Begleitverletzungen: ................................................................... 91

2.5: Lokalisation der Wirbelfraktur: .................................................... 92

2.6: Neurologie: ................................................................................. 94

2.7: Therapie:..................................................................................... 95

3. Atlas- und Axisfrakturen............................................................................ 96

Page 7: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

V. Zusammenfassung .................................................................................... 98

VI. Literaturverzeichnis................................................................................ 102VII. Danksagung ........................................................................................... 111VIII. Lebenslauf............................................................................................. 112

Page 8: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

1

I. Einleitung

1. Fragestellung und Allgemeines

Nur etwa 3-6% der Skelettverletzungen betreffen die Wirbelsäule [23]. Jedoch

kann eine Verletzung dieser tragenden Struktur zu einer lebenslangen

Behinderung, einem Abrutschen in die soziale Abhängigkeit und

Pflegebedürftigkeit, einem enormen Kostenaufwand unter sozioökonomischen

Gesichtspunkten und einer häufig chronischen Schmerzsymptomatik führen.

Gerade für die jugendliche Bevölkerung ist eine Verletzung als Unfallfolge die

wesentliche Ursache für Tod und Behinderung. Verletzungen der Wirbelsäule

und ihrer begleitenden Strukturen haben mittlerweile trotz der rasanten

Entwicklung neuer Therapieoptionen weiterhin das niedrigste funktionelle

Outcome. Verglichen mit Verletzungen aller großen Organsysteme ist bei den

Wirbelfrakturen die Quote der Patienten, die ihren Beruf wiederaufnehmen

können, am geringsten [40].

Bezüglich dieser Thematik gibt es eine Anzahl von epidemiologischen

Erfassungen über Verletzungen des Rückenmarks, über Begleitverletzungen

und über Frakturen einzelner Wirbelsäulenabschnitte. Die Gesamtheit der

Wirbelsäule wurde bisher jedoch nur vereinzelt untersucht. Diese Arbeit soll die

Verknüpfung der Unfallursache, die Altersverteilung, die Geschlechtsverteilung,

die unterschiedlichen Frakturtypen, die Neurologie, die Begleitverletzungen und

das Therapieregime der Patienten mit Wirbelfrakturen näher beleuchten.

Page 9: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

2

2. Anatomische Grundlagen

2.1: Allgemeine Anatomie der Wirbelsäule:

Die Wirbelsäule, Columna vertebralis, bildet das Achsenskelett des Rumpfes.

Sie ist ein gegliederter, beweglicher Stab aus knöchernen Wirbeln sowie den

sie verbindenden Zwischenwirbelscheiben und Bändern.

Die menschliche Wirbelsäule setzt sich in der Regel aus 24 Wirbeln zusammen,

die beweglich miteinander verbunden sind. Sie besteht aus 7 Halswirbeln, 12

Brustwirbeln und 5 Lendenwirbeln. So entsteht beim Erwachsenen eine

durchschnittliche Länge, der Krümmung folgend, von 55-63 cm, dieses

entspricht etwa 35% der Körperlänge.

Bei aufrechter Körperhaltung des Erwachsenen ist die Wirbelsäule in der

Sagittalebene doppelt s-förmig gekrümmt. Man unterscheidet Halslordose (1.bis

6.Halswirbel), Brustkyphose (6.Hals- bis 9.Brustwirbel), Lendenlordose (9.Brust-

bis 5.Lendenwirbel) und Sakralkyphose (im Sakral- und Steißbeinbereich).

2.2: Grundform der Wirbel:

Mit Ausnahme des Atlas besteht jeder Wirbel aus einem ventral liegenden

Körper, Corpus vertebrae, und aus einem dorsalen Bogen, Arcus vertebrae.

Diese beiden Strukturen umschließen das Wirbelloch, Foramen vertebrale.

Der Wirbelkörper besitzt eine kraniale und eine kaudale Fläche, welche eine

hyalinknorpelige Abschlussplatte enthält, die am Rand in die bogenförmige

knöcherne Randleiste auslaufen.

Der Wirbelbogen, bestehend aus zwei nahezu symmetrischen Hälften, geht

dorsal über in den Dornfortsatz, Processus spinosus. Der Wirbelbogen wird

aufgeteilt in einen vorderen Abschnitt, Pediculus arcus vertebrae, welcher auf

jeder Seite einen oberen und einen unteren Gelenkfortsatz aufweist, sowie

einen hinteren Abschnitt, Lamina arcus vertebrae. Jeder Pedikel besitzt einen

seitlichen Fortsatz, Processus transversus, der je nach Wirbelsäulenabschnitt

unterschiedlich stark ausgebildet ist. (Abb. I-1)

Page 10: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

3

2.3: Anatomie der Halswirbelsäule:

Man unterscheidet den ersten, Atlas, und den zweiten, Axis, von den übrigen

Halswirbeln. Diese entwickelten sich in der Skeletogenese zu Drehwirbeln, die

zusammen mit dem Schädel die Kopfgelenke bilden. Dem Atlas fehlt im

Unterschied zu den anderen Wirbeln der Wirbelkörper. Dieses ist

biomechanisch bedeutsam, da sich hier ein Übergang einer 2-Pfeiler-Struktur in

eine 3-Pfeiler-Struktur darstellt. Daher beschreibt man bei ihm einen kleineren

Arcus anterior und einen größeren Arcus posterior. Seitlich des bei diesem

Wirbel großen Foramen vertebrale liegen die Massae laterales, die jeweils eine

Facies articularis superior und eine Facies articularis inferior tragen. An der

Innenseite des Arcus anterior findet sich die Fovea dentis mit einer

Gelenkfläche.

Der Axis unterscheidet sich von den anderen Halswirbeln durch den Dens axis,

der mit einer abgerundeten Spitze, dem Apex dentis, endet. An der Vorderseite

des Dens findet sich eine deutliche Gelenkfläche, die Facies articularis anterior,

die mit der Fovea dentis des Atlas artikuliert. Der Atlas und Axis bilden

zusammen ein Zapfengelenk, das 50% der Rotation der Halswirbelsäule

ermöglicht.

Allen Halswirbeln gemeinsam ist, außer beim siebten Halswirbel, der

gelegentlich eine Normvariante aufweist, das ihre Querfortsätze eine Öffnung,

das Foramen processus transversus, aufweisen, durch welche die A. vertebralis

mit ihren begleitenden Venen nach kranial ihren Verlauf nimmt. Vom 3.

Halswirbel an abwärts befindet sich an dem Processus transversus kranial eine

Rinne, der Sulcus nervus spinalis, durch die der jeweilige Zervikalnerv verläuft.

Die planen Gelenkflächen der Halswirbelkörper, die Processus articularis

superior und inferior, neigen sich um etwa 45° gegen die Horizontale.

Die Dornfortsätze nehmen von kranial nach kaudal an Länge zu und sind am

Ende gabelförmig in zwei Höcker geteilt. Der Dornfortsatz des 7. Halswirbels,

der Vertebra prominens, ist durch seine Länge, Stärke und fast horizontale

Lage klinisch leicht tastbar.

Die Halswirbelkörper sind würfelförmig und relativ klein. Ihre kranialen Flächen

gehen seitlich in schaufelförmige Erhebungen, die Processus uncinati, über, die

Page 11: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

4

in die Kinematik der Halswirbelsäule eingreifen, in dem sie die Rotation

einschränken, jedoch die Extension und Flexion ungestört ermöglichen.

2.4: Anatomie der Brustwirbelsäule:

Die Brustwirbelkörper sind ventral etwas niedriger als dorsal und haben

abgerundete, dreiseitige Endflächen. Ihre Höhe nimmt vom 1. bis zum 12.

Brustwirbelkörper stetig zu. Die ersten neun Brustwirbelkörper weisen auf jeder

Seite zwei Gelenkflächen auf, die Fovea costalis superior und inferior, welche

mit den Gelenkflächen am Rippenkopf korrespondieren. Die Foveae costales

zweier benachbarter Wirbel bilden zusammen mit der Zwischenwirbelscheibe

die Gelenkpfanne für die Rippe.

Die Pedikel des ersten Brustwirbels stehen in einem Winkel von ca. 28 Grad zur

Sagittalebene. Dieser Winkel nimmt ab, bis er beim zwölften Brustwirbel nur

noch ca. 8 Grad aufweist. Die Pedikelbreite beträgt bei allen Brustwirbeln

ungefähr 8mm, sie kann jedoch zum Teil als Variante bis auf unter 5mm sinken,

wobei die Pedikelhöhe mit 9mm beim ersten Brustwirbel auf 16mm beim

zwölften Brustwirbel ansteigt [79,85]. Diese Werte sind als Mittelwerte zu

verstehen, interindividuelle Variationen sind durchaus anzutreffen.

Die Gelenkflächen der Pedikel liegen nahezu frontal, wobei die kraniale Fläche

nach dorsal und die kaudale nach ventral zeigt. Die Querfortsätze sind nach

dorsolateral gerichtet und nehmen bis zum 8. Brustwirbel etwas an Länge zu.

An ihrer ventralen Seite befindet sich eine Gelenkfläche, die Fovea costalis

processus transversi, zur Anlagerung der Rippe.

Die Dornfortsätze der Brustwirbel sind sehr lang und schräg nach kaudal

gerichtet.

2.5: Anatomie der Lendenwirbelsäule:

Der Körper der Lendenwirbel weist einen nierenförmigen Querschnitt mit

konkaver Einziehung an der Dorsalseite auf. Die Höhe nimmt von ventral nach

dorsal ab, dies gilt insbesondere für den 5. Lendenwirbelkörper. Die kräftigen

Page 12: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

5

Gelenkfortsätze bestehen aus einem Processus articularis superior, dessen

Gelenkfläche leicht konkav und nach medial gerichtet ist. Dementsprechend ist

die Gelenkfacette des Processus articularis inferior des nächst höheren Wirbels

leicht konvex und nach lateral gerichtet.

Der nach lateral weisende Querfortsatz, Processus costalis, entspricht dem

Rippenrudiment der Lendenwirbel.

Die Pedikel der Lendenwirbelsäule sind ca. 15mm hoch bei einer Breite von 9-

18mm. Sie stehen in einem Winkel von etwa 11-30 Grad zur Sagittalebene [85].

Abbildung I-1: Aufsicht auf einen Lendenwirbelkörper

2.6: Bandapparat der Wirbelsäule:

Die Wirbelkörper sind ventral durch das Lig. longitudinale anterius, welches der

Vorderfläche der Wirbelkörper aufliegt und sich vom Tuberculum anterius

atlantis bis zum ersten Kreuzbeinwirbel erstreckt. Es wird nach kaudal breiter

und besteht aus oberflächlichen und tiefen Faserzügen. Die tiefen Fasern

verbinden je zwei benachbarte Wirbel miteinander während die oberflächlichen

vier bis fünf Wirbel überspannen. Das Lig. longitudinale posterius liegt der

Hinterfläche der Wirbelkörper auf und erstreckt sich vom Körper des Os

occipitale bis in den Sakralkanal hinein, wobei es nach kaudal an Breite verliert.

Page 13: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

6

Im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule bedeckt es nur einen schmalen

Saum der Wirbelkörper, im Bereich der Zwischenwirbelscheiben läuft es jedoch

zipfelförmig nach lateral aus. Zwischen den Wirbelbögen spannen sich

segmental die Ligg. flava aus, die durch ihre elastischen Fasern ein gelbliches

Aussehen erlangen. Gemeinsam mit den Kapseln der Wirbelbogengelenke

schließen sie den Wirbelkanal bis auf die Foramina intervertebralia vollständig

ab. Die Ligg. flava stehen bei aufrechter Haltung unter Spannung und wirken

zusammen mit der autochthonen Rückenmuskulatur der nach ventral

gerichteten Rumpflast entgegen. Die Ligg. interspinalia verbinden je zwei

Dornfortsätze miteinander. Vom 7. Halswirbel bis zum Os sacrum sind die

Spitzen der Dornfortsätze durch kräftige, vertikal verlaufende Bandzüge, die

Ligg. supraspinalia miteinander verbunden. Am Hals findet sich an seiner Stelle

das Lig. nuchae, welches ein dünnes Septum darstellt, das sich vom Processus

spinosus des 7.Halswirbels bis zur Protuberantia occipitalis externa erstreckt.

Zwischen den Querfortsätzen spannt sich das Lig. intertransversarium aus.

2.7: Zwischenwirbelscheiben:

Die Bandscheiben sind ein Bestandteil des Bewegungssegmentes und haben in

diesem Zusammenhang einen großen Einfluss auf die Belastbarkeit und

Beweglichkeit der Wirbelsäule. Sie machen ungefähr ein Viertel der Länge der

Rumpfwirbelsäule vom ersten Halswirbelkörper bis zum fünften

Lendenwirbelkörper aus. Der Discus intervertebralis besteht aus einem

äußeren, straffen Anulus fibrosus und einem weichen, gallertartigen Kern, dem

Nucleus pulposus. Der Anulus fibrosus ist aus konzentrisch angeordneten

kollagenen Fasern und Faserknorpel aufgebaut, wodurch der Nucleus pulposus

in Form gehalten wird. Die Fasern des Anulus fibrosus sind innerhalb der

einzelnen Lamellen in gegensinnig verlaufenden Schraubentouren ausgerichtet.

Die sich in der Außenzone überkreuzenden Fasern verbinden die Randleisten

zweier benachbarter Wirbel in einem Winkel von 30° zur Deckplatte. Diese

bestimmte Anordnung der Fasern ermöglicht eine Aufnahme von Schubkräften,

sowie die Kompensation der exzentrischen Kräfte, die vom Gallertkern

ausgehen. Der Nucleus pulposus besteht zu 70-90% aus Wasser sowie aus

Page 14: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

7

Typ-II-Kollagen und Glykosaminoglykanen, die zu gleichen Anteilen

Chondroitin-6-sulfat und Keratansulfat enthalten. Seine Höhe nimmt im

zunehmenden Alter entsprechend dem sinkenden Wassergehalt stetig ab. Die

Zwischenwirbelscheiben sind jeweils zwischen den Körpern der einzelnen

Wirbel gelegen, ihre Form ist in sagittaler Richtung konisch. Im Hals- und

Lendenbereich sind sie ventral höher als dorsal. Umgekehrt verhält es sich im

Brustbereich, in dem der Discus intervertebralis ventral niedriger ist als dorsal.

Die Dicke der Bandscheiben nimmt von kranial nach kaudal zu. Sie wirken als

druckelastische Polster, wobei der Nucleus pulposus den Druck verteilt [64].

(Abb.I-2)

Abbildung I-2: Anatomie und Lage der Bandscheibe

2.8: Rückenmark:

Das Rückenmark, die Medulla spinalis, ist der Teil des zentralen

Nervensystems, von dem aus die Extremitäten, der Rumpf und zum großen Teil

der Hals über Spinalnerven versorgt werden. Das Rückenmark liegt im

Wirbelkanal und ist wie das Gehirn von Liquor cerebrospinalis umgeben. Es

reicht beim Erwachsenen von der Medulla oblongata, welche sich oberhalb des

Foramen magnum des Okzipitalknochens befindet, bis hinab etwa zum ersten

Lendenwirbelkörper. Beim Säugling reicht das Rückenmark noch bis in Höhe

von L3, beim Fetus bis in den Sakralkanal. Dies erklärt sich dadurch, das im

Verlauf der fetalen und postnatalen Entwicklung die Wirbelsäule schneller

Page 15: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

8

wächst als das Rückenmark. Da dieses aber cranial durch die Verbindung mit

dem Gehirn am Schädel indirekt fixiert ist, wächst die Wirbelsäule

gewissermaßen caudal über das Rückenmark hinaus. Von außen betrachtet

imponiert das Rückenmark als etwa kleinfingerdicker, im dorsoventralen

Durchmesser abgeflachter, ca. 45cm langer Strang, der zwei Verdickungen

aufweist: Intumescentia cervicalis und Intumescentia lumbalis. Diese

bezeichnen die Areale, denen die gegenüber der Rumpfwand stark

vergrößerten Innervationsgebiete der oberen als auch der unteren Extremitäten

zugeordnet sind. Kaudal läuft das Rückenmark im Conus medullaris aus und

setzt sich dann in das Filum terminale fort, mit dem es im Sakralbereich

befestigt ist. Als Cauda equina wird der etwa 20cm lange aus den

Rückenmarkswurzeln, Glia- und Bindegewebe bestehende Strang bezeichnet.

Das Rückenmark kann auf Grund der Austritte der zugehörigen Spinalnerven

aus dem jeweiligen Abschnitt der Wirbelsäule gegliedert werden in

Zervikalmark, Thorakalmark, Lumbalmark und Sakralmark. Dabei kann man

jeden dieser Abschnitte noch in Segmente einteilen. Ein Segment entspricht

dem Rückenmarksabschnitt, aus dem die Fasern für ein Spinalnervenpaar

austreten. Das erste Nervenpaar tritt zwischen dem Okziput und dem Atlas aus,

so dass die Spinalnerven an der Halswirbelsäule kranial des zugeordneten

Wirbels verlaufen. Aus diesem Grund gibt es acht zervikale Nervenpaare. Ab

dem ersten thorakalen Segment treten die Spinalnerven dann kaudal des

entsprechenden Wirbels aus. Ein Spinalnerv entsteht aus der Vereinigung der

vorderen und hinteren Nervenwurzel. Vordere und hintere Nervenwurzel

unterscheiden sich funktionell und morphologisch. Die Radices ventrales

bestehen aus den efferenten motorischen Axonen des Rückenmarks, während

die Radices dorsales die afferenten Wurzelfasern führen.

Auf Grund des oben beschriebenen Ascensus medullae entwickelt sich ein

beträchtlicher Höhenunterschied zwischen den thorakalen und besonders den

lumbalen und sakralen Segmenten des Rückenmarks gegenüber den

entsprechenden Wirbeln und Zwischenwirbelkanälen. Dementsprechend liegen

in der Halsregion die Wurzeleintritte und –austritte um ein Segment höher als

die entsprechenden Processus spinosi, im Bereich des 1.-6.

Thorakalsegmentes beträgt die Differenz zwei, in Höhe des 7.-10. Segmentes

drei Wirbelhöhen. Der 11. und 12. Wirbeldorn entsprechen dem 3. bis 5.

Page 16: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

9

Lendensegment. Die fünf Sakralsegmente sind im Gebiet des 1. Lendenwirbels

zusammengedrängt.

Wie das Gehirn ist auch das Rückenmark von einer äußeren harten und einer

inneren weichen Hirnhaut umgeben. Die weiche Rückenmarkshaut teilt sich

wiederum in zwei Blätter: Das erste, das dem Rückenmark direkt anliegt und es

auch bis in seine Furchen hinein noch überzieht, wird Pia mater genannt. Das

zweite Blatt, das der harten Hirnhaut von innen her anliegt und die

Rückenmarksfurchen samt Pia mater von außen her überspannt, wird

Arachnoidea genannt. Die äußere Haut, die Dura mater, umhüllt die beiden

anderen Häute von außen und besteht aus straffem Bindegewebe. Der Raum

zwischen Dura mater und Periost des Wirbelkanals wird als Epiduralraum, auch

Periduralraum, bezeichnet, und ist mit reichlich Fettgewebe und einem dichten

Venenplexus ausgefüllt. Der Raum zwischen Dura mater und Arachnoidea wird

als Subduralraum bezeichnet, obwohl er eigentlich noch nicht einmal einen

Spalt darstellt. Zwischen der Pia mater und der Arachnoidea spannt sich der mit

Liquor ausgefüllte Subarachnoidalraum aus [78]. (Abb.I-3)

Abbildung I-3: Rückenmark mit dazugehörigen Spinalnerven

Page 17: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

10

2.9: Gefäßversorgung des Rückenmarks:

Die arterielle Blutversorgung ist über die Arteria spinalis anterior, die mit der

paarig angelegten Arteria spinalis posterior anastomosiert, gewährleistet. Der

Blutstrom in den längsverlaufenden Arterien kann je nach Druckverhältnissen

entgegengesetzt verlaufen. Die venöse Drainage erfolgt über ein

weitverzweigtes Netzwerk aus dem eine Vena spinalis anterior und zwei Venae

spinales posteriores hervorgehen. Die abführenden Venen münden in den

epiduralen Venenplexus, der über die Foramina intervertebralia mit den

Segmentvenen in Verbindung steht. Spinalvenen sind klappenlos und

ermöglichen ebenso eine Umkehrung des Blutflusses.

Page 18: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

11

3. Biomechanik

Die Wirbelsäule erfüllt als Achsorgan eine Stütz- und Bewegungsfunktion und

gewährleistet als Schutzorgan die Unversehrtheit des Rückenmarks und der

Nervenwurzeln. Die biomechanischen Grundlagen begründete Holdsworth 1963

mit seinen Arbeiten über den hinteren Ligamentkomplex, später beschrieben

Roy-Camille sein „Segment vertebral moyen“ und Louis das Modell der drei

über horizontale Brücken verbundenen Säulen. McAffee und Denis haben auf

die Bedeutung der Wirbelkörperhinterwand für die Stabilität der Wirbelsäule

hingewiesen und drei Säulen definiert, die als vordere, mittlere und hintere

Säule bezeichnet werden. Analysiert man die an der physiologisch belasteten

Wirbelsäule auftretenden Kräfte, so ergibt sich eine Druckbelastung der

Wirbelkörper und der Bandscheibe und eine Zugbelastung der dorsal

gelegenen Knochen-, Band- und Muskelstrukturen.

Dank ihrer Bauweise besitzt die Wirbelsäule eine hohe Widerstandsfähigkeit

gegenüber axial gerichteten Kräften. Durch Krümmungen in ihrem Verlauf

erhöht sich die Widerstandsfähigkeit laut den Regeln der Mechanik – wonach

die Belastbarkeit einer gekrümmten Säule proportional dem Quadrat der

Krümmung plus 1 zunimmt – um das 10-fache einer geraden Säule. Bei diesem

Modell gilt aber, dass das Ganze durch das schwächste Glied limitiert wird. Auf

die Wirbelsäule bezogen sind das die Übergänge von einer in die nächste

Krümmung, das heißt der kranio-zervikale-, der zerviko-thorakale-, der thorako-

lumbale und der lumbo-sakrale Übergang. An diesen Stellen stehen die

Wirbelkörper senkrecht zur axial einfallenden Kraft, so dass die Energie nicht

durch Ausweichbewegungen, also Zunahme der Säulenkrümmungen,

abgegeben werden kann. Die einwirkende Kraft wird vom Wirbelkörper allein

aufgenommen und absorbiert. Übersteigt die Energie das Absorptionsmaximum

des Wirbelkörpers, so führt dies unweigerlich zur Fraktur.

Eine weitere Erklärung für die gesteigerte Frakturhäufigkeit im Bereich des

zervikothorakalen und des thorakolumbalen Übergangs liegt in der

unterschiedlichen Elastizität der relativ rigiden Brustwirbelsäule, welche durch

den knöchernen Thorax stabilisiert wird, und der angrenzenden

Wirbelsäulenabschnitte.

Page 19: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

12

Ein Bewegungssegment umfasst zwei intakte Wirbelkörper, verbunden durch

eine Bandscheibe, zwei dorsale Wirbelgelenke und die dazugehörigen

Ligamente. Diese Einheiten haben definierte Freiheitsgrade, die addiert die

Gesamtbeweglichkeit der Wirbelsäule ausmachen [23,67]. (Abb. I-4)

Abbildung I-4: Die zwölf Deformitätskomponenten nach White und Panjabi

3.1: Biomechanik des Wirbelkörpers:

Obwohl die Grundform der Wirbelkörper vom dritten Halswirbel bis zum fünften

Lendenwirbel nur gering variiert, nimmt die Größe und Masse nach kaudal

stetig zu. Dieses ist als mechanische Adaptation auf die zunehmende

Kompressionslast der Wirbelkörper zu verstehen. So führt ein Anstieg der

Spongiosamasse zu einer deutlich höheren Stabilität.

Die zunehmende Frakturhäufigkeit nach dem vierzigsten Lebensjahr beruht auf

dem verminderten Mineralsalzgehalt des Knochens. Es konnte gezeigt werden,

dass ein Verlust von 25% Knochensubstanz zu einer fünfzigprozentigen

Stabilitätseinbuße bei axialer Belastung führt. Der charakteristischerweise bei

der Osteoporose auftretende Verlust der horizontalen Spongiosatrabekel führt

Page 20: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

13

zu einer mechanischen Schwächung der Vertikaltrabekel. Dies erklärt die

signifikante Stabilitätseinbuße der osteoporotischen Wirbelsäule [85].

Die Kortikalis der Wirbelkörper, als zweiter Pfeiler der axialen Kraftübertragung

neben der Spongiosa, ist nur zu ca. 10% an der axialen Kraftübertragung

beteiligt.

Die Spongiosa eines ehemalig durch Kompression frakturierten Wirbels kann

dieselbe, in 50% der Fälle sogar eine höhere Last tragen ohne zu frakturieren.

Dieses hängt jedoch in großem Maße vom Grad der Höhenminderung des

Wirbelkörpers ab.

Die Frakturen der Wirbelkörperendplatten stehen in enger Beziehung zu dem

Degenerationsgrad der Bandscheiben. So konnte gezeigt werden, dass bei

nicht degenerierter Bandscheibe die komplette Kompressionskraft auf den

Nucleus pulposus einwirkt. Dies führt zu einer zentralen Eindellung der

Endplatte. Bei Kompressionsverletzungen mit degenerativ veränderter

Bandscheibe wird die axiale Kraft allein über den ringförmigen Anulus

übertragen, wodurch es vorwiegend zu einer Fraktur in der peripheren

Endplattenregionen kommt.

Die Gelenkfortsätze können je nach Stellung der Wirbelsäule bis zu 33% der

Kompressionslast und 45% der Torsionskraft aufnehmen. Außerdem spielen sie

eine wichtige Rolle für die Stabilität der Wirbelsäule, besonders bei

Bewegungen in der Sagittalebene [85].

3.2: Biomechanik des Bandapparates der Wirbelsäule:

Die Bänder der Wirbelsäule erfüllen viele wichtige Aufgaben für die Stabilität

und Beweglichkeit der Wirbelkörper zu einander und sie schützen das

Rückenmark durch Einschränkung der Bewegungsausmaße.

Bei Flexion der Wirbelsäule sind alle Bänder bis auf das anteriore Längsband

gespannt, bei Extension trifft genau das Gegenteil zu. Bei der Körperneigung

zur Seite sind das Ligamentum flavum sowie die Ligamenta intertransversaria

gespannt, bei der Rotation dagegen stehen eine Gelenkkapsel sowie das

Ligamentum supraspinale unter Zugspannung.

Page 21: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

14

Bei Überlastung des Systems Knochen-Band-Knochen wird eine der

Komponenten zuerst nachgeben. Bei sich langsam entwickelnder Kraft ist dies

häufiger die ossäre Struktur, wogegen bei plötzlich auftretenden Kräften

häufiger die Ligamente auf Grund ihrer Viskoelastizität reißen [85].

3.3: Biomechanik der Bandscheiben:

Jede übermäßige Kompressionskraft auf das System Wirbel-Bandscheibe-

Wirbel führt fast ausschließlich zu einer Fraktur des Wirbels und nicht zu einer

Verletzung der Bandscheibe, da eine reine Kompression nicht zu einer

Protrusion des Nucleus pulposus führen kann. In der Praxis findet sich jedoch

häufig eine Mischung verschiedener Kraftvektoren, so dass die hier theoretisch

aufgeführte reine Kompression eher die Ausnahme darstellt.

Bei Flexion der Wirbelsäule wandert der Nucleus pulposus nach dorsal

während sich die Fasern des Annulus fibrosus mit seiner inneren und äußeren

Schicht nach ventral ausweiten [85].

Page 22: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

15

4. Historischer Überblick der Wirbelfrakturklassifikation

Die erste Klassifikation von Böhler 1929 unterschied fünf Typen [6]:

1. Kompressionsfraktur mit Wirbelkörperverletzung

2. Fraktur durch Anteflexion, Verletzung der vorderen Hälfte durch

Kompression und der hinteren durch Distraktion

3. Extensionsfraktur mit Verletzung des vorderen und hinteren Längsbandes

sowie Wirbelbogenverletzung

4. Scherfraktur mit sagittaler Dislokation durch eine senkrecht auf die

Längsachse einwirkende Kraft

5. Rotationsfrakturen

1931 war es die Watson-Jones-Klassifikation, die zum ersten Mal das Konzept

der Instabilität, ausgelöst durch Bandverletzungen der Wirbelsäule, einbrachte

[81].

Nicoll [62] beschrieb 1949 den Unterschied zwischen akuter und sekundärer

Instabilität auf Grund von:

1. Einer ‚Knochenlücke’ im Innern des Wirbelkörpers bei Berstungsbrüchen

2. Einer nicht verheilten Bandscheibenverletzung

3. Einem rupturierten vorderen Längsband

1958 erweiterten Decoulx und Rieunau [16] die Watson-Jones-Klassifikation

durch Einbeziehung des Instabilitätskonzepts von Nicoll.

Holdsworth [37] unterteilte 1963 die Verletzungen der Wirbelsäule in sechs

Untergruppen:

1. Vorderer Keilbruch

2. Dislokation

3. Fraktur bzw. Dislokation durch Rotation (‚slice-fracture’)

4. Extensionsfraktur

5. Berstungsfraktur

6. Scherfraktur

Page 23: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

16

Holdsworth war der Erste, der die Bedeutung des hinteren Bandapparates für

die Stabilität erkannte. Demzufolge sind der Keil- und Berstungsbruch als stabil

anzusehen.

Kelly und Whitesides [45] entwickelten 1968 das 2-Säulenmodell:

1. Bandscheibe und Wirbelkörper, die unter Kompression stehen

2. Wirbelbogen und Gelenkfortsätze, die Extensionskräften ausgesetzt sind

Louis verglich 1973 die Wirbelsäule mit einem 3-Säulenmodell, bei dem die

erste Säule aus den Bandscheiben und Wirbelkörpern und die zweite und dritte

Säule aus den korrespondierenden Gelenkfacetten, den Gelenkfortsätzen, den

Pedikel und Laminae besteht. Diese Klassifikation ermöglicht eine

Quantifizierung der Instabilität, indem jeder Säule ein Wert von 1, dem

Wirbelbogen 0,5 und anderen Elementen 0,25 zugeteilt wird. Instabilität ist

definiert als Summe größer oder gleich 2 [51,52].

1983 modifizierte Denis [17] das 2-Säulenmodell indem er eine weitere dritte

Säule differenzierte: (Abb. I-5)

1. Vordere Säule: vorderes Längsband, vordere Zweidrittel der Bandscheibe

und des Wirbelkörpers

2. Mittlere Säule: hinteres Längsband, hinteres Bandscheibendrittel und

Wirbelkörperhinterwand

3. Hintere Säule: hinterer Bandapparat, Facettengelenke mit Kapsel und Lig.

Flavum

Page 24: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

17

Abbildung I-5: Das 2- bzw. 3-Säulenmodell

Die Klassifikation nach Denis teilt die Frakturen in vier Gruppen auf, die aus

einer Beschreibung des Frakturmechanismus und des Frakturtyps resultieren:

1. Kompression: Verletzung der vorderen Säule bei erhaltener Mittelsäule

2. Berstungsfraktur: Zerstörung der vorderen und mittleren Säule

3. Flexions-Distraktions-Verletzung (‚seat-belt type fracture’): Verletzung der

hinteren und mittleren Säule

4. Frakturdislokation: Beteiligung aller drei Säulen durch Kompression, Zug,

Rotation oder Scherkräfte

Ferguson und Allen [26] entwickelten eine auf den Frakturmechanismus

basierende Klassifikation, die sieben Verletzungsformen unterscheidet:

1. Flexion mit Kompression

2. Flexion mit Distraktion

3. Vertikale Kompression

4. Laterale Flexion

5. Translation

6. Rotationsflexion

7. Extension mit Distraktion

Page 25: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

18

5. Pathomechanismus und moderne Klassifikation der Wirbelfrakturen der

BWS und LWS

Die von Magerl et al. entwickelte Klassifikation der thorakalen und lumbalen

Wirbelfrakturen basiert auf dem Dreier-Schema der AO-Klassifikationen. Sie

stützt sich primär auf die pathomorphologischen Aspekte der Verletzung. Die

drei Typen begründen sich auf ein charakteristisches, zugrundeliegendes

Verletzungsmuster, das anhand von typischen, leicht erkennbaren

radiologischen Kriterien definiert ist. Die drei wesentlichen Frakturmechanismen

der Wirbelsäule sind die Kompression, Distraktion und Torsion [47].

Um eine klare Strukturierung der Klassifikation zu erreichen, unterteilt man

jeden der drei Typen in drei Gruppen, die wiederum in drei Untergruppen

aufgeteilt sind. Innerhalb der hierarchisch aufgebauten Klassifikation nimmt die

Verletzungsschwere im Sinne der Instabilität kontinuierlich zu [53]. Hierbei wird

die Instabilität im Umkehrschluss von Whitesides´ Definition der „stability“

abgeleitet:

„A stable spine should be one that can withstand axial compressive forces

anteriorly through the vertebral bodies, tension forces posteriorly and rotational

stress, thus being able to function to hold the body erect without progressive

kyphosis and to protect the spinal contents from further injury.”

Somit stellt jede Verminderung der Druck-, Zug- und Torsionsfestigkeit, jeder

neurologische Schaden, eine Instabilität verschiedenen Schweregrades dar.

5.1: Kompressionsverletzungen:

Dieser Frakturtyp entsteht durch Einwirkung einer axialen Kraft mit oder ohne

Flexionskomponente und betrifft fast ausschließlich den Wirbelkörper. Bei

erhaltenem hinterem Bandapparat findet sich eine Höhenminderung des

Wirbelkörpers durch Verdichtung der Spongiosa. In der Klassifikation der

thorakalen und lumbalen Frakturen der AO-/ASIF-Arbeitsgruppe [54] beschreibt

dieser Mechanismus die Typ A-Verletzung:

A1: Impaktionsbrüche: Hier finden sich die Deckplatteneinbrüche (A1.1) (Abb. I-

6), die eine Keilbildung bis höchstens 5º aufweisen können und Keilbrüche

Page 26: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

19

(A1.2) wieder, welche ohne Mitbeteiligung der Wirbelkörperhinterwand

einhergehen. Der Höhenverlust kann am kranialen Teil des Wirbelkörpers

auftreten (A1.2.1) (Abb. I-7), oder am kaudalen (A1.2.2), oder anterolateral als

lateraler Keilbruch (A1.2.3). Die Wirbelkörperimpaktion (A1.3), führt zu einer

deutliche Höhenreduktion des Wirbelkörpers. Wenn die Deckplatten gleichzeitig

stark uhrglasförmig eingedellt sind, liegt ein Fischwirbel vor.

Wirbelkörperimpaktionen sind charakteristisch für alte Menschen mit

osteoporotischer Wirbelsäule, entwickeln sich schleichend oder werden durch

ein Bagatelltrauma verursacht. Akute und mit erheblichen Schmerzen

einhergehende Brüche sind wahrscheinlich nicht kompressionsstabil und

neigen zum Zusammensintern.

A2: Spaltbrüche: Das gemeinsame Kennzeichen dieser Gruppe liegt in der

Spaltbildung in der Frontal- oder Sagittalebene mit unterschiedlichem

Dislokationsgrad der Hauptfragmente. Der dorsale Ligamentkomplex ist intakt.

Die Gruppe A2 umfasst die in der thorakolumbalen Wirbelsäule relativ selten

auftretenden sagittalen (A2.1) als auch die frontalen (A2.2) Spaltungen (Abb. I-

8). Der sagittale Spaltbruch tritt eigentlich nur als Begleitverletzung beim

Rotationsberstungsbruch auf. Beim Kneifzangenbruch (‚Pincer fracture’)(A2.3)

ist der zentrale Teil des Wirbelkörpers frakturiert und mit Bandscheibenmaterial

ausgefüllt, welches häufig zu Heilungsstörungen in Form von einer

Pseudarthrose führt. Eine Sonderform an der Halswirbelsäule ist die

sogenannte ‚Tear-drop-fracture’ [46,54,73].

A3: Berstungsbrüche: Bei erhaltenem hinteren Ligamentkomplex ist hier der

Wirbelkörper entweder teilweise oder komplett geborsten mit einer

exzentrischen Verteilung der Fragmente. Je nach Grad der Zertrümmerung des

Wirbelkörpers wird die Wirbelkörperhinterkante mitverletzt, wodurch es erstens

zur Stabilitätseinbuße kommt und zweitens das Myelon komprimiert wird.

A3.1 beschreibt die inkompletten Berstungsbrüche, wobei entweder die kraniale

(A3.1.1) (Abb. I-9), kaudale (A3.1.2) oder seitliche Hälfte (A3.1.3) betroffen ist.

Beim Berstungsspaltbruch (A3.2), der häufig am thorakolumbalen Übergang zu

finden ist, ist eine Hälfte des Wirbels, häufiger die kraniale, geborsten und die

andere vertikal gespalten. Im Prinzip sind beide dem Frakturwirbel

angrenzenden Bandscheiben verletzt. Charakteristisch für die kompletten

Berstungsbrüche (A3.3) ist, dass der ganze Wirbelkörper frakturiert ist. Obere

Page 27: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

20

und untere Deckplatte sind fragmentiert, beide anliegenden Bandscheiben sind

stark in Mitleidenschaft gezogen und Bandscheibengewebe ist in den

Bruchspalt protrusioniert. Die kompletten Berstungsbrüche sind gegen axiale

Kompression und Flexionskompression instabil. Der Kneifzangen-

berstungsbruch (A3.3.1) unterscheidet sich vom einfachen Kneifzangenbruch

durch ein Hinterkantenfragment. Beim kompletten Flexionsberstungsbruch

(A3.3.2) findet sich eine Keilform des frakturierten Wirbelkörpers, wodurch die

Wirbelsäule kyphotisch abgeknickt wird. Lamina oder Dornfortsatz sind vertikal

gespalten. Eine gleichmäßige Abplattung kennzeichnet den kompletten axialen

Berstungsbruch (A3.3.3), bei dem Hinterkantenfragmente häufig weit in den

Wirbelkanal verlagert sind.

Tabelle I-1: Kompressionsfrakturen

Page 28: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

21

5.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:

Klinisch finden sich bei den stabilen A-Verletzungen relativ geringe

Beschwerden, die Patienten bleiben gehfähig und können sich nach wenigen

Tagen schon wieder aufrichten und die Wirbelsäule aktiv lordosieren. Instabile

Typ-A-Verletzungen hingegen verursachen erhebliche Schmerzen. Am Gibbus

erkennt man stärkere kyphotische Abknickungen. Da die dorsalen Strukturen,

wenn überhaupt, nur unwesentlich verletzt sind, fehlen dorsale Schwellung und

Hämatom. Es findet sich lediglich eine Druckdolenz über der Wirbelsäule.

Radiologisch dominiert der Höhenverlust des Wirbelkörpers. Oft findet sich eine

keilförmige Deformierung mit kyphotischer Abknickung der Wirbelsäule. Bei den

seitlichen Kompressionsverletzungen zeigt sich dementsprechend eine seitliche

Abknickung. Translatorische Verschiebungen in der Horizontalen sind kein

Kennzeichen reiner Kompressionsverletzungen und sind demzufolge Hinweise

für eine Typ B- oder C-Verletzung. Eine frakturierte Hinterwand kennzeichnet

sich durch eine geringere Höhe im Vergleich zu den Nachbarwirbeln. Hier findet

sich dann eine verkürzte vertikale Distanz zwischen den Wirbelbögen. Nur bei

starker kyphotischer Abknickung über eine intakte Hinterwand vergrößert sich

der Abstand der Dornfortsätze. Bei signifikanter Vergrößerung dieser Distanz

muss an eine Distraktionsverletzung gedacht werden [55].

Abbildung I-6: Deckplattenimpression des LWK 2 (Typ A1.1)

Page 29: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

22

Abbildung I-7: Kranialer Keilbruch (Typ A1.2.1)

Abbildung I-8: Frontaler Spaltbruch (Typ A2.2)

Page 30: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

23

Abbildung I-9: Kranialer Berstungsbruch (Typ A3.1.1)

5.2: Distraktionsverletzungen:

Das wichtigste Kriterium der Distraktionsverletzung ist eine transversale

Zerreißung der vorderen und/oder hinteren Elemente. Die Zerreißung der

ossären sowie diskoligamentären Strukturen verläuft bei der

Flexionsdistraktionsverletzung (B1 und B2) von dorsal nach ventral, während

sie bei der Hyperextensionsverletzung umgekehrt von ventral nach dorsal

verläuft. Nach überwiegend diskoligamentären Verletzungen bleibt das

betroffene Segment in der Regel chronisch instabil. Neurologische

Begleiterscheinungen treten sowohl durch Hinterkantenfragmente wie auch

durch einengende translatorische Verschiebungen auf.

B1: ligamentäre Flexionsdistraktion: Neben der Zerreißung des hinteren

Bandapparates kommt es zu einer bilateralen Subluxation, Dislokation oder

Facettenfraktur, kombiniert mit einer Zerreißung der Bandscheibe (B1.1) oder

Fraktur des Wirbelkörpers vom Typ A (B1.2). Die Untergruppe B1.1 lässt sich

wiederum in drei Gruppen aufteilen, in der die Flexionssubluxation (B1.1.1) eine

stabile und neurologisch häufig unkomplizierte Form darstellt. Die Untergruppen

Page 31: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

24

B1.1.2 (vordere Luxation) (Abb. I-10) und B1.1.3 (Flexionssubluxation oder

vordere Luxation mit Fraktur der Gelenkfortsätze) gehen dagegen häufiger mit

Instabilität und Verletzungen des Rückenmarks einher.

Liegt die Flexionsachse in der Nähe der Wirbelkörperrückseite kommt es zur

Flexionsdistraktion mit Wirbelkörperfraktur vom Typ A (B1.2). Die Untergruppen

ergeben sich genauso wie bei den Typ B1.1-Verletzungen.

B2: ossäre Flexionsdistraktion: Hier findet sich eine Zerreißung durch die

Wirbelbögen und Pedikel kombiniert mit einer Zerreißung des Wirbelkörpers

(‚Chance fracture’) [11] (B2.1), oder Ruptur der Bandscheibe (B2.2). Findet sich

eine Spondylolyse zusammen mit einer Wirbelfraktur vom Typ A so liegt die

Untergruppe B2.3 vor, bei der es zur Wirbelkanaleinengung durch ein

Hinterkantenfragment kommen kann. (Abb. I-11, 12)

B3: Hyperextensionsverletzungen: Bei der seltenen Hyperextensionsverletzung

kommt es nach Durchtrennung des vorderen Längsbandes zur Zerreißung der

Bandscheibe, des hinteren Längsbandes und zur Subluxation (B3.1). Bei einer

Kombination mit einer Gelenkfortsatzfraktur handelt es sich um eine Typ B3.1.2,

ohne diese um eine Typ B3.1.1 [18,19]. Die sehr seltene und meistens am

unteren Lendensegment lokalisierte Hyperextensionsspondylolyse (B3.2) geht

mit einer Erweiterung des Wirbelkanals einher.

Die hintere Luxation (B3.3) ist eine der schwersten Verletzungen der

Lendenwirbelsäule und geht häufig mit einer kompletten Querschnittslähmung

einher [47,54].

Page 32: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

25

Tabelle I-2: Distraktionsverletzungen

5.2.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:

Klinisch imponiert bei den B1- und B2-Flexionsdistraktionsverletzungen die oft

vorhandene kyphotische Abknickung mit einer Schwellung, Hämatom und

Druckdolenz über dem verletzten Segment. Dies resultiert aus der Verletzung

der dorsalen Säule mit bei schweren Traumen sogar auftretender Zerreißung

der Fascia thoracolumbalis oder der autochthonen Rückenmuskulatur. Eine

Ruptur der interspinalen Ligamente oder der Faszie ist häufig schon

palpatorisch feststellbar. Bei Flexionsdistraktionsverletzungen der

Brustwirbelsäule findet sich häufig eine Fraktur des Sternums oder der Rippen

als Begleitverletzung. Intraabdominale oder retroperitoneale Läsionen deuten

auf eine Flexionsdistraktionsverletzung der LWS hin. Bei den Hyperextensions-

scherverletzungen sind Druckdolenz, Schwellung und Hämatom nur bei den

hinteren Luxationen oder Extensionsspondylolysen zu erwarten.

Page 33: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

26

Radiologisch sind Flexionsdistraktionsverletzungen und Hyperextensions-

Verletzungen in den konventionellen Aufnahmen oftmals schwierig zu

erkennen. In der Regel kann man aber die Diagnose bzw. den Verdacht auf

diesen Verletzungstyp stellen. Weitere bildgebende Verfahren sind in jedem

Verdachtsfall anzustreben um eine Sekundärdislokation auszuschließen und

um eine Therapieindikation zu stellen. Verdächtig auf eine Flexionsdistraktion

ist jede auf einer seitliche Aufnahme zu sehende starke kyphotische

Abknickung, die mit einer Vergrößerung der Distanz zwischen zwei

Dornfortsätzen einhergeht. Dieser Verdacht wird erhärtet durch eine beidseitige

Subluxation oder Luxation der Intervertebralgelenke, beidseitige Frakturen von

Gelenkfortsätzen oder Interartikularportionen sowie eine Verlagerung eines

Wirbelkörpers nach vorne. Charakteristisch sind kleine Zusatzverletzungen wie

der ossäre Ausriss des Lig. interspinale vom Dornfortsatz, die horizontale

Spaltung eines Dornfortsatzes, oder die Abscher- und Ausrissfrakturen von den

Vorder- oder Hinterkanten der Wirbelkörper. Eine besondere diagnostische

Schwierigkeit stellt die reponierte Flexionssubluxation ohne ossäre

Begleitverletzungen dar, die nur unter vorsichtiger passiver Flexion unter

Bildwandlerkontrolle darstellbar ist [55].

Page 34: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

27

Abbildung I-10: Vordere Luxation mit querer Zerreißung der Bandscheibe

(Typ B1.1.2)

Abbildung I-11: Horizontale Zerreißung durch die Pedikel mit A-Fraktur

(Typ B2.3.1)

Page 35: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

28

Abbildung I-12: Horizontale Zerreißung durch die Pedikel in der anterio-

posterioren Projektion (Typ B2.3.1)

5.3: Torsionsverletzungen:

Bei den Rotationsverletzungen handelt es sich um Typ A-Verletzungen mit

zusätzlicher Rotation oder B-Verletzungen mit Rotation und

Rotationsscherbrüchen. Im Unterschied zu den einfachen Typ A- oder B-

Läsionen finden sich bei genauer Inspektion ein Riss aller Längsbänder und der

Bandscheibe, Gelenkfortsatzfrakturen, Querfortsatzfrakturen, wirbelsäulennahe

Rippenfrakturen und/oder Luxationen sowie Wirbelkörperrandleistenfrakturen.

Mit wenigen Ausnahmen gehören die Rotationsverletzungen zu den instabilsten

Läsionen der BWS und LWS mit dem höchsten Prozentsatz neurologischer

Komplikationen. Diese werden entweder durch einengende

Hinterkantenfragmente oder durch translatorische Verschiebungen verursacht.

C1: Typ A-Verletzung mit Rotation: Hier findet sich der Rotationskeilbruch

(C1.1), der Rotationsspaltbruch (C1.2) mit seinen Untergruppen C1.2.1-C1.2.4,

je nach Lage des Spaltes. Beim Rotationsberstungsbruch (C1.3) unterteilen

Page 36: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

29

sich die Untergruppen entsprechend der oben ausführlich erläuterten Kriterien

der Typ A3-Läsionen. (Abb. I-14)

C2: Typ B-Verletzung mit Rotation: Zur Rotationskomponente kommen in

diesem Fall die Flexionsdistraktionsverletzungen (C2.1 und C2.2) sowie die

Hyperextensionsverletzungen (C2.3) hinzu. Die Untergruppen C2.1.1-C2.1.7

beziehen sich auf die Unterscheidung zwischen Subluxation ohne/mit

Gelenkfortsatzfraktur, einseitige/vordere Luxation sowie dem Auftreten einer

Wirbelkörperfraktur. (Abb. I-13) Die Untergruppen der C2.2-Läsionen

entsprechen der Typ B2-Klassifikation. Dementsprechend verhält sich die

Gruppierung der C2.3-Verletzung.

C3: Rotationsscherbrüche: Die von Holdsworth beschriebene „slice-fracture“

(C3.1) stellt die bei weitem instabilste Fraktur der BWS und LWS dar, die in

66% mit neurologischem Defizit einhergeht [37,38]. Unter C3.2 findet sich der

Rotationsschrägbruch [47,54].

Page 37: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

30

Tabelle I-3: Torsionsverletzungen

5.3.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:

Erste klinische Verdachtsmomente auf die Anwesenheit einer

Rotationskomponente ergeben sich bereits aus der Unfallanamnese

(Hochrasanztrauma). Weitere Hinweise sind einseitige Verletzungen des

Schultergürtels, des Thorax und des Beckens. Außerdem finden sich die

typischen Zeichen einer Verletzung der dorsalen Strukturen wie Schwellung,

Hämatombildung, Druckdolenz und dem charakteristischen Palpationsbefund

(rupturierte interspinale Bänder). (Abb. I-16)

Radiologisch finden sich typische Indizien für den Torsionsmechanismus wie

seitliche Krümmung der Wirbelsäule, exzentrische Stellung der Dornfortsätze

sowie die asymmetrische Darstellung der Bogenwurzeln und Gelenkfortsätze.

Page 38: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

31

Ein sicheres Zeichen der Rotation ist der rotatorische Offset zwischen zwei

Wirbeln mit Stufenbildung im Bereich der seitlichen Konturen.

Rotationsverletzungen der Brustwirbelsäule gehen charakteristischer Weise mit

einseitigen Rippenserienfrakturen oder Luxationen von Rippen einher. An der

LWS sind Querfortsatzfrakturen, einseitige Subluxationen und Luxationen sowie

einseitige Brüche von Gelenkfortsätzen oder Interartikularportionen

pathognomonisch für den Rotationsmechanismus.

Abbildung I-13: Rotationssubluxation (Typ C2.1.1), mit Rippen- und Querfort-

satzfraktur

Page 39: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

32

Abbildung I-14: Kompletter Rotationsberstungsbruch (Typ C1.3.3)

Abbildung I-15: Beidseitige Rotationsluxation, Querfortsatzfraktur, Rippenfraktur

Page 40: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

33

Abbildung I-16: Intraoperativer Situs einer Typ C-Verletzung (Slice-Läsion):

Einblutung und elongierte interspinale Ligamente

Page 41: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

34

6. Pathomechanismus und Klassifikation der Wirbelfrakturen der oberen

HWS

6.1.Atlasfrakturen:

Verletzungen des Atlas wurden zuerst von Jefferson 1920 beschrieben [1]. Man

unterscheidet Berstungsfrakturen mit einer doppelten Ringsprengung und

isolierte, nicht wesentlich dislozierte Frakturen des Wirbels.

Jefferson I: Die Fraktur des vorderen Atlasbogens kann durch eine forcierte

Hyperextension entstehen, wobei der vordere Atlasring gegen den Dens

gedrückt wird und bei genügend großer Krafteinwirkung bricht. Häufiger ist es

jedoch eine Abrissfraktur seiner kaudalen Hälfte. Dieser Frakturverlauf entsteht

durch eine massive Hyperextension der HWS, bei der es zum Anspannen des

M. longus colli kommt, der dann mit seiner Insertionsstelle dem Tuberkulum

anterior atlantis abreißt [55].

Jefferson II: Als Ursache der Frakturen des hinteren Atlasbogens kommt die

gewaltsame Anteflexions- oder Retroflexionsbewegung unter vertikaler

Kompression in Frage. Hierbei wird der Atlasbogen gegen die Okzipitalschuppe

oder den kräftigen Axisbogen gestemmt und frakturiert [75].

Charakteristischerweise ist die Fraktur bilateral im Bereich der schwächsten

Stelle des hinteren Atlasbogens lokalisiert, das heißt im Bereich des Sulcus der

A. vertebralis [82].

Jefferson III: Die Frakturen des vorderen und hinteren Atlasbogens sind

Berstungsfrakturen. Der Verletzungsmechanismus ist dabei eine direkte

Kompression in axialer Richtung. Der Atlas wird aufgrund seiner mangelhaften

Pufferung, er ist nicht wie die übrigen Wirbel von den Nachbargliedern durch

Bandscheiben getrennt, zwischen Okziput und Axis eingeklemmt. Aufgrund der

Neigung der Gelenkflächen zwischen Atlas und Axis wird die axial wirkende

Kraft in eine nach lateral gerichtete Kraft umgewandelt, die zum

Auseinanderweichen der Massae laterales und somit zum Bersten des

Atlasringes führt. (Abb. I-17) Die charakteristische Lateralisation der Massae

laterales bedeutet je nach Ausmaß der Verschiebung eine Dehnung oder

Zerreißung des zwischen den Massae laterales gespannten Ligamentum

Page 42: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

35

transversum, des ersten Haltebandes des Dens. Daher geht die Jefferson III-

Fraktur häufig mit einer atlantoaxialen Instabilität einher [77].

Die Frakturen des vorderen und hinteren Atlasbogens können unterschiedliche

Verläufe aufweisen. Sowohl 4-Part- (klassische Jefferson Fraktur), als auch 3-

und 2-Part-Frakturen treten auf.

Jefferson IV (Gelenkmassivfraktur): Trifft die axiale Kompressionskraft leicht

schräg auf den Kopf, so kann es zu einer Fraktur der Massa lateralis kommen.

Diese Fraktur tritt sehr selten auf, Jefferson beschrieb 1920 einen einzigen Fall

[42].

Jefferson V (Querfortsatzfraktur): Bei Einwirkung eines direkten Traumas auf

Halswirbelsäule, häufig Faustschläge, kann es zu einer Fraktur des

Querfortsatzes kommen. Daneben kommen diese Frakturen auch in

Kombination mit hinteren Atlasbogen- oder Jeffersonfrakturen vor [42]. (Abb. I-

18)

Abbildung I-17: Lateralisation der Massae laterales

6.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:

Bei der Jefferson I- und II-Fraktur finden sich unspezifische Symptome wie

Nackenschmerz und Schluckbeschwerden, jedoch keine signifikanten

neurologischen Ausfallerscheinungen. Finden sich diese, deutet dies auf eine

zweite, auf anderer Höhe befindliche, Läsion hin [28]. Die Klinik der Jefferson

III-Fraktur ist geprägt von unspezifischen Nackenschmerzen, Nackensteifigkeit,

Schmerzen oder Hyposensibilität im Versorgungsgebiet des N. occipitalis

major, sowie Schluckstörungen durch ein prävertebrales Hämatom oder durch

Verletzung der Nervus glossopharyngeus.

Page 43: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

36

Der radiologische Nachweis von Jeffersonfrakturen kann sich als schwierig

erweisen. Typ I und Typ II sind relativ gut in der seitlichen Projektion eines

Nativröntgenbildes zu erkennen. Bei der Jefferson III-Fraktur dient das

Auseinanderweichen der Massae lateralis in der a.p.-Projektion als Hinweis. Zur

exakten Diagnostik sollte jedoch auf jeden Fall eine CT-Untersuchung

veranlasst werden. Im Nativröntgen können noch indirekte Zeichen wie ein

verbreiterter prävertebraler Weichteilschatten auf diese Frakturentität hinweisen

[21].

Abbildung I-18: Atlasfrakturen; verschiedene Frakturformen

6.2.Frakturen des Axis:

6.2.1: Frakturen des Dens axis:

Die Densfraktur ist eine häufige und ernsthafte Verletzung. Ungefähr 10-18%

aller Halswirbelfrakturen sind Densfrakturen [71]. Da der Dens die einzige

knöcherne stabile Verbindung zwischen Atlas und Axis ist, führt die Densfraktur

in der Regel zu einer Instabilität im Bewegungssegment C1/C2 mit Gleitneigung

des Atlas nach vorne oder hinten. Unterschieden werden die

Hyperflexionsfraktur des Dens mit Luxationsneigung des Atlas nach vorn, die

Page 44: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

37

Hyperextensionsfraktur mit Luxationsneigung des Atlas nach hinten, die

isolierte Fraktur des Dens axis ohne Dislokation und die Denssockelfraktur.

Die klassische Einteilung der Densfrakturen stammt von Anderson und

D’Alonzo (1974) [2], bei der drei Typen unterschieden werden. (Abb. I-19)

Typ I: Beim sehr seltenen Typ I ist die Densspitze schräg und einseitig oberhalb

des Ligamentum transversum frakturiert. Sie kann durch Abscherung bei

Kontakt mit dem Foramen magnum oder aber auch im Rahmen einer

atlantoaxialen Dislokation als Ausrissfraktur der Ligg. alaria entstehen. Im

letzten Fall wäre dies als ein Hinweis auf eine potentielle atlantookzipitale

Instabilität zu werten [74].

Typ II: Basisnahe Fraktur am Übergang zum Denskörper, stellt die häufigste

Form dar. Die Frakturoberfläche ist klein, die Pseudarthroserate bei dieser

Fraktur entsprechend hoch. Der Unfallmechanismus kann ein Flexionstrauma

sein, in diesem Fall verläuft die Frakturlinie von kranial-dorsal nach kaudal-

ventral, oder ein Hyperextensionstrauma mit von kranial-ventral nach kaudal-

dorsal verlaufendem Bruchspalt.

Typ III: Frakturverlauf, der bis in den Denssockel, d.h. bis in den Körper des

Axis, reicht und durch ein Flexionstrauma ausgelöst wird. Hierbei kommt dem

Lig. transversum besondere pathomechanische Bedeutung zu [3]. Die

ausbleibende Ruptur dieses Ligamentes leitet die Kraft weiter Richtung

Densbasis, wo schließlich die knöcherne Struktur der Flexionskraft nachgibt

und frakturiert. (Abb. I-20)

Abbildung I-19: Frakturverlauf des Dens axis

Page 45: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

38

6.2.1.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:

Klinisch reicht das Spektrum von geringen Nackenschmerzen und

Schluckbeschwerden bis hin zum akuten Tod. Neurologische

Ausfallerscheinungen werden in 12-33% der Fälle beobachtet [41].

Die Überlagerung des Dens mit den Schneidezähnen und dem vorderen

Atlasbogen erschwert die radiologische Diagnose der Densfraktur.

Standardaufnahmen sind die seitliche Aufnahme der oberen Halswirbelsäule

und die transorale Denszielaufnahme. Ein weiterer Hinweis auf eine

Densfraktur ist der in der a.p.-Aufnahme nach lateral gekippte Dens [76]. Eine

Dorsalkippung hingegen kann physiologisch auftreten.

Abbildung I-20: Frakturen des Dens axis, eingeteilt nach Anderson und

D´Alonso

Page 46: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

39

6.2.2: Frakturen des Axisbogen:

Eine typische Fraktur der Pars interarticularis der Bogenwurzel ist die von

Wood-Jones kurz nach der Jahrhundertwende beschriebene „Hangedman’s

fracture“. Diese Verletzung des Axis entsteht beim Erhängen mit einem

submentalem Knoten durch Hyperextension unter gleichzeitiger Distraktion. Sie

wird auch als traumatische Spondylolisthese des Axis bezeichnet [9].

Heutzutage wird dieser Frakturtyp überwiegend bei Autounfällen mit

Anpralltrauma des Gesichtes und Stürzen auf das Gesicht beobachtet.

Effendi teilte diese Frakturen in drei Typen ein:

Effendi Typ I: Stabile Fraktur mit minimaler Dislokation nur des Axisbogens, bei

der eine Mitverletzung der Bandscheibe zwischen dem Axiskörper und dem

dritten Halswirbel ausgeschlossen werden kann. Pathomorphologisch handelt

es sich hier um eine Hyperextensionsverletzung, wobei es im Sinne einer

„Nussknackerverletzung“ zu einer Fraktur des HWK-2-Bogens kommt, ohne das

wesentliche ligamentäre und Bandscheibenstrukturen betroffen sind. Dies ist

auch der Grund dafür, dass bei dieser Verletzung sekundäre radiologische

Frakturhinweise wie z.B. ein prävertebraler Weichteilschatten fehlen [79].

Effendi Typ II: Die Typ II-Verletzungen nach Effendi müssen wiederum in drei

Untergruppen aufgeteilt werden, die sich aus der Dislokationsrichtung des

anterioren Fragmentes ergeben. Der Typ IIa, identisch mit dem Typ IIa der

Einteilung nach Levine et. al., entspricht einer Flexionsfraktur, bei der das

anteriore Längsband intakt bleibt [49]. Dieses bedingt eine Reststabilität des

Segments und kann als Hypomochlion bei der Reposition dienen. Das anteriore

Fragment ist nach ventral abgeknickt.

Bei der IIb-Verletzung ist das anteriore Fragment nur noch am hinteren

Längsband fixiert, die Bandscheibe und das vordere Längsband sind rupturiert.

Aus diesem Grund findet sich als indirekter Frakturhinweis ein verbreiterter

prävertebraler Weichteilschatten in der seitlichen Nativaufnahme. Es handelt

sich um eine Hyperextensionsverletzung [61].

Bei der Typ IIc-Verletzung handelt es sich um eine höchst instabile

Spondylolisthese, die mit einer Ruptur des vorderen und hinteren Längsbandes

sowie der Bandscheibe zwischen HWK 2 und 3 einhergeht. Das ventrale

Page 47: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

40

Fragment ist signifikant nach anterior disloziert und weist eine Neigung nach

dorsal auf [43].

Effendi Typ III: Diese Frakturform entsteht durch eine Kompression auf die

maximal flektierte Halswirbelsäule. Dabei kommt es zu einer schweren

Verkippung zwischen C2 und C3 mit einer Gelenkfacettenluxation im Niveau

des 2. und 3.Wirbels. Diese Form weist die höchste Instabilität auf [22].

6.2.2.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:

Klinisch klagen die Patienten mit traumatischer Spondylolisthese des Axis

häufig über Nackenschmerzen, Schluckstörungen oder Dyspnoe infolge eines

massiven prävertebralen Hämatoms. Da es in der Regel durch das

Ventralgleiten des Wirbelkörpers zu einer Erweiterung des Wirbelkanals kommt

und das Rückenmark auf dieser Höhe nur ein Drittel des

Wirbelkanalquerschnitts ausmacht, sind neurologische Defizite selbst bei

größerer Dislokation selten.

Grundlage der radiologischen Untersuchung ist die obere HWS in 2 Ebenen,

wobei die Diagnose fast immer auf der seitlichen Aufnahme zu stellen ist. In der

Computertomographie ist gegebenenfalls ein intraartikulärer Frakturverlauf zu

beurteilen.

6.2.3: Frakturen des Axiskörpers:

Die Definition dieses Frakturtyps gestaltet sich schwierig, da sie eine

Übergangsform darstellt. Die Grenze zwischen traumatischer Spondylolyse,

Typ III-Densfraktur und isolierter Axiskörperfraktur ist unscharf.

Benzel et al. unterscheidet zwei Formen. Die Typ I-Verletzung weist einen

Frakturverlauf in der Koronarebene auf. Hier kommen als Unfallmechanismus

die Extension mit axialer Kompression, die Hyperextension mit axialer

Kompression, die Flexion mit axialer Kompression sowie die Flexion mit

Distraktion in Frage.

Page 48: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

41

Beim Typ II verläuft die Frakturlinie in der Sagittalebene, als Unfallursache

muss eine axial einwirkende Kraft genannt werden [5].

6.2.3.1: Spezielle klinische und radiologische Kennzeichen:

Die Patienten mit einer atypischen Axiskörperfraktur klagen häufig über

deutliche, bewegungsabhängige Beschwerden. Radiologisch ist sie häufig

schwer zu erkennen. In der seitlichen Projektion zeigt sich häufig eine

Verbreiterung des Wirbelkörpers in der sagittalen Richtung.

Zur Komplettierung der Diagnostik ist eine Computertomographie notwendig

[79].

Page 49: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

42

7. Pathomechanismus und Klassifikation der Wirbelfrakturen der unterenHWS

Magerl und Mitarbeiter versuchten die allgemeinen und mechanischen

Prinzipien der Frakturklassifikation der LWS und BWS auf die untere

Halswirbelsäule umzusetzen. Die Frakturmechanismen Kompression,

Distraktion und Rotation bilden dabei die drei Hauptgruppen.

7.1: Kompressionsverletzungen:

Durch eine axiale Gewalteinwirkung kommt es zu einer vorwiegend die

vorderen Elemente betreffenden Verletzung.

A1: Impaktion: Entsprechend der Brust- und Lendenwirbelsäulenklassifikation

werden hier der Deckplatteneinbruch (A1.1), die Keilwirbelbildung ohne

Zerreißung der hinteren Elemente (A1.2) und der osteoporotische

Wirbelkörperkollaps (A1.3) unterschieden.

A2: Spaltbildung: Zu differenzieren sind die frontalen Spaltungen ohne (A2.1)

und mit Dislokation (A2.2), sowie die Spaltungen in der Sagittalebene (A2.3).

Der frontale Spaltbruch wird an der Halswirbelsäule auch als einfache „tear-

drop-fracture“ bezeichnet [73].

A3: Berstungsbrüche: Diese Gruppe der Kompressionsverletzungen wird

unterteilt in die Untergruppen inkomplette Berstungsfraktur (A3.1) und

komplette Berstungsfraktur (A3.2). Die Berstung ist immer kombiniert mit einer

Dislokation der Hinterwand oder Teilen davon gegen den Wirbelkanal und einer

sagittalen Spaltbildung des Bogens, ohne dass der hintere Ligamentkomplex

relevant beeinträchtigt sein muss.

Page 50: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

43

7.2: Distraktionsverletzungen:

Bei diesem Verletzungsmuster kommt es zu einer Schädigung der vorwiegend

dorsalen Anteile durch Distraktion, wobei sie jedoch häufig mit Typ A-

Verletzungen der vorderen Elemente einhergehen.

B1: ossäre Flexionsdistraktion: In der Untergruppe B1.1 führt die Distraktion zu

einer Querfraktur durch den Bogen, während sie in der Untergruppe B1.2 zu

einer Fraktur durch beide Facettengelenke führt. Als ‚Chance-Fracture’ (B1.3)

wird die Fraktur bezeichnet, die durch beide Pedikel verläuft. Diese Frakturen

können mit einer Typ A-Läsion kombiniert sein.

B2: ligamentäre Flexionsdistraktion: Die Hyperflexion führt zu einer Zerreißung

des hinteren Ligamentkomplexes mit Subluxation in den kleinen Wirbelgelenken

beidseits (B2.1), oder zu einer kompletten Luxation, wobei diese sich ineinander

verhaken (B2.2).Wie auch in Gruppe B1 finden sich hier Verletzungen der

vorderen Elemente im Sinne einer Typ A-Fraktur.

B3: Hyperextensionsläsion: Findet sich eine Zerreißung der Bandscheibe mit

Ausriss der Ringapophyse wird dies als Typ B3.1 klassifiziert, eine reine

Zerreißung jedoch als B3.2. Bei diesem Verletzungsmuster kann es auch noch

zu einer dorsalen Dislokation kommen (B3.3).

7.3: Rotationsverletzungen:

Die Torsionsverletzungen gehen immer mit einer Verletzung der vorderen und

hinteren Elemente einher.

C1: Rotation mit Typ A-Verletzung: In diesem Fall findet sich entweder eine

Impaktion, Spaltbildung oder Berstung kombiniert mit der

Rotationskomponente.

C2: Rotation mit Typ B-Verletzung: Hier wird zwischen einer unifacettalen

Fraktur (C2.1), Subluxation (C2.2) und einer Luxation mit Verhakung (C2.3)

unterschieden.

C3: Spezielle nicht klassifizierte Läsionen: C3.1 beschreibt in diesem Fall die

unilaterale Frakturdislokation der Massa lateralis. Die ‚slice-fracture’, von

Holdsworth beschrieben, bildet die Untergruppe C3.2 [38]. Die Trennung der

Page 51: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

44

Wirbelkörper über mehrere Segmente, wie häufig bei

Brustwirbelsäulenverletzungen zu sehen, stellt die Gruppe C3.3 dar.

7.4: Radiologische Hinweise auf eine Halswirbelsäulenverletzung:

Die meisten Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule lassen sich

mit Hilfe des konventionellen a.p. und Seitenbildes diagnostizieren [80]. Wichtig

ist darauf zu achten, dass der zervikothorakale Übergang mit vollständig

sichtbarem 7. Halswirbel, Bandscheibe C7/Th1 und Deckplatte Th1 zur

Darstellung kommt.

1. Treppenförmige Versetzung der Wirbelkörperhinterwand in einem

Segment durch Translation bzw. Dislokation des oberen auf den unteren

Wirbel oder umgekehrt.

2. Abgedeckte Facettengelenke durch Dislokation der unteren vom oberen

Wirbel gegenüber den oberen Facettengelenken vom unteren Wirbel.

Dadurch kommt es zu einer Winkelabweichung der Wirbel zueinander in

der Sagittalebene.

3. Zunahme der Distanz zwischen zwei Dornfortsätzen durch

entsprechende Zerreißung der interspinösen Ligamente sowie der

Gelenkkapseln und des Lig. flavum.

4. Eine Vielfalt von Frakturen des Wirbelkörpers insbesondere auch der

Ausbruch des vorderen Kantenfragmentes (Tear-drop).

5. Verbreiterter prävertebraler Weichteilschatten als Ausdruck einer

Weichteilverletzung bzw. Blutung.

6. Beidseitig frakturierte kleine Wirbelgelenke können ebenfalls im

Seitenbild erkannt werden, dagegen einseitig frakturierte Gelenke dem

erstem Blick entgehen.

7. Eine segmentale Kyphose von mehr als 11° Differenz in den

angrenzenden Segmenten gilt als pathologisch [85].

8. Erweiterung des Bandscheibenraumes.

Page 52: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

45

8. Therapie der Wirbelfrakturen

Das Ziel der Behandlung von Wirbelverletzungen besteht in der dauerhaften

Wiederherstellung der schmerzfreien statischen, dynamischen und protektiven

Funktion der Wirbelsäule sowie, wenn nötig in der Dekompression des

Rückenmarks und der Spinalnerven.

8.1. Konservative Therapie:

Die konservative Therapie folgt auch heute noch den zwei grundsätzlich

verschiedenen Behandlungsstrategien von Magnus und Böhler [6,56,57].

Auf der einen Seite die auf den Überlegungen von Magnus basierende

funktionelle Therapie, die auf jegliche Reposition verzichtet und auf der anderen

Seite diejenige von Lorenz Böhler, die überwiegend die Reposition und

nachfolgende Retention solcher Verletzungen im Gipsmieder fordert. Das

Verfahren einer allmählichen Aufrichtung durch Lagerung z.B. in der

Rauchfußschwebe liegt in der Mitte, ist jedoch ebenso wie die Verwendung

einer 3-Punkt-Orthese letztlich der funktionellen Behandlung zuzuordnen. Ein

gemeinsames Merkmal der Therapiekonzepte ist die physiotherapeutisch

geführte schmerzfreie Kräftigung der Rückenstreck- und der ventralen

Rumpfmuskulatur, um damit ein muskuläres Korsett aufzubauen und dadurch

einen dynamischen Ausgleich der gestörten Statik der Wirbelsäule zu schaffen.

8.1.1: Funktionelle Therapie:

Dieses Behandlungskonzept, das seit Magnus mehrfach modifiziert und weiter

entwickelt wurde, basiert auf der Annahme, dass der überwiegende Teil der

Frakturen der Brust- und Lendenwirbelsäule trotz Reposition und Retention

allmählich wieder in die ursprüngliche Stellung zusammensinkt, so dass von

vornherein auf eine Reposition verzichtet wird. Dieses Konzept wird in seinen

Grundzügen für alle Verletzungshöhen der Brust- und Lendenwirbelsäule

angewendet. Neben allgemein physiotherapeutischen Maßnahmen wie

Page 53: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

46

Atemübungen und Bewegungen der Extremitäten wird nach Rückgang der

akuten Schmerzen, unterstützt durch Analgetika, die komplette

Rumpfmuskulatur beübt, um ein dynamisches Muskelmieder aufzubauen. Nach

dem der Patient en bloc in Seiten- und Bauchlage gedreht werden kann, wird

die Therapie nach 2-3 Tagen intensiviert. Die Vollmobilisation wird meist im

Bewegungsbad eingeleitet. Circa eine Woche nach der Vollmobilisation kann

die Therapie ambulant weitergeführt werden. Bewegungsübungen der

Rumpfwirbelsäule sollten erst nach der sicheren übungsstabilen Konsolidierung

der Fraktur, also nach 4-6 Wochen, durchgeführt werden.

Die Indikation zur funktionellen Therapie wird heutzutage vor allem bei stabilen

Kompressionsverletzungen (A1.1-A2.2) und nicht weiter dislokations-

gefährdeten Berstungsbrüchen A3 bis zu einer Keilform von etwa 15° gestellt.

Eine regelmäßige Röntgenkontrolle des betroffenen Abschnittes ist indiziert um

eine Sinterung frühzeitig nachzuweisen und dann gegebenenfalls ein

Umschwenken in die operative Therapie einzuleiten. Auch eine zunehmende

Schmerzsymptomatik kann eine Ursache zur nachträglichen Änderung des

Regimes führen.

8.1.1.1: Konservative Therapie der HWS-Verletzungen:

In diesem Kapitel muss zwischen der konservativen Therapie der oberen und

unteren HWS unterschieden werden.

Zunächst Zuwendung zu den Atlasfrakturen. In diesem Fall kann jede Fraktur

konservativ behandelt werden, die keine Instabilität aufweist. Als instabil gelten

alle Frakturen bei denen eine oder beide Massae laterales die Gelenke des

Axis überragen. Die konservative Therapie besteht in einer Ruhigstellung in

einer harten Zervikalstütze für 6-8 Wochen. Anschließend erfolgt nach

Röntgenkontrolle das stufenweise Abtrainieren der Stütze unter

krankengymnastischer Anleitung.

Die konservative Therapie der Densfraktur schließt neben der stabilen Typ II-

Fraktur (< 2mm Bewegung in Funktionsaufnahmen, < 5mm Verschiebung) die

stabilen Typ III-Frakturen ein, da es hier auf Grund der relativ großen

Spongiosaoberfläche im Frakturbereich zu einer ossären Durchbauung bei

Page 54: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

47

Ruhigstellung in einer Zervikalstütze kommen kann. Die instabile Typ III-

Verletzung (tiefe Typ III-Verletzung) bedarf einer Ruhigstellung im Halo-Fixateur

für 6-8 Wochen.

Die konservative Therapie der traumatischen Spondylolisthese ist für die

Effendi Typ I-, IIa- und IIb-Verletzung indiziert. In diesem Fall kann die HWS

durch eine Zervikalstütze für 6-8 Wochen ruhiggestellt werden.

Die Indikation zur konservativen Therapie der Verletzungen der unteren HWS

besteht bei Ausschluss der absoluten OP-Indikation (Komplette Tetraplegie,

inkomplettes Querschnittssyndrom mit nachgewiesener mechanischer

Kompression, sensomotorisches, radikuläres Syndrom bei nachgewiesener

Wurzelkompression, Instabilität). Als Therapieoptionen stehen hier die harte

Zervikalstütze und der Halo-Fixateur zur Verfügung [79].

8.1.2: Reposition und Retention im Gipsmieder:

Lorenz Böhler überträgt die Grundprinzipien der Knochenbruchbehandlung mit

Einrichten – Ruhigstellen – Üben auf die Wirbelsäule. Reponieren lassen sich

mit Ausnahme der verhakten Verrenkungen nahezu alle frischen Frakturen

durch kontrollierten Längszug und entsprechende Lordosierung. Die Reposition

wird im dorsalen Durchhang, bei Vorhandensein eines Hinterkantenfragments

mit Längszug, durchgeführt. Danach folgt die Ruhigstellung im Gipsmieder für

etwa 12 Wochen, in denen schon mit den Übungsbehandlungen zur

muskulären Stabilisierung begonnen wird.

Eine Indikation zur Reposition und Retention im Gipsmieder besteht heutzutage

bei instabilen, vorwiegend ossären Verletzungen, besonders den

Kompressionsverletzungen, wenn aus anästhesiologischer Sicht eine Operation

nicht durchführbar ist [14].

Page 55: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

48

8.2. Operative Therapie der Verletzungen der BWS-LWS:

Für die Indikation zur operativen Therapie von Wirbelfrakturen sind

grundsätzlich die Verletzungsform und neurologische Begleitkomplikationen

ausschlaggebend. Allgemein kann man sagen, dass eine Indikation zur

operativen Behandlung besteht, wenn auf Grund von Erfahrung und

derzeitigem Wissensstand kein vergleichbares Resultat mit der konservativen

Therapie zu erreichen ist. Dies bedeutet, dass nur die Operation im Gegensatz

zur konservativen Therapie eine zuverlässige und vollständige Dekompression

von Rückenmark (Abb. I-21), Cauda equina und Nervenwurzeln erreichen kann.

Außerdem muss die Wiederherstellung einer dauerhaften Stabilität des

verletzten Segmentes und einer beschwerdefreien Funktion gewährleistet sein.

Die Verletzungsform, als Kriterium für die Entscheidung zur operativen

Therapie, beinhaltet im wesentlichen die Frage nach der Instabilität. Liegt eine

ausschließliche Verletzung der ventralen Säule vor, ist definitionsgemäß keine

Instabilität vorhanden. Instabilität liegt also dann vor, wenn die hintere

Wirbelkörperwand, der dorsale Anulus fibrosus, das hintere Längsband, der

Wirbelbogen und die Gelenkfortsätze und der dorsale Ligamentkomplex verletzt

sind. Unterschieden wird noch zwischen akuter und chronischer Instabilität. Als

akut instabil werden die Verletzungen bezeichnet, die mit einem hohen Risiko

der Dislokation einhergehen. Chronische Instabilitäten zeigen sich nach

Verletzung vorwiegend ligamentärer und diskoligamentärer Strukturen, da diese

ein sehr geringes Heilungspotential unter konservativer Therapie aufweisen.

Hier droht eine unter Umständen eine schmerzhafte Funktionseinschränkung,

oder sogar eine sekundäre Myelopathie bei Kompression des Myelons.

Eine weitere Indikation zur operativen Therapie stellt die Fehlstellung im Sinne

einer Deformität oder Luxation dar, da die physiologische Stellung der

Wirbelsäule eine Voraussetzung für eine schmerzfreie Funktion ist.

In der Regel kann man als Hypothese anerkennen, das die OP-Indikation der

Typ A-Verletzung kontrovers diskutiert werden muss, die Typ B- und C-

Verletzungen überwiegend einer operativen Therapie bedürfen.

Absolute Indikation zur dringlichen Operation besteht, wenn eine Wirbelfraktur

mit neurologischem Defizit einhergeht. Hierunter versteht man die Zunahme

einer inkompletten Lähmung, Lähmungszeichen nach einem freien Intervall

Page 56: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

49

oder nach anfänglich guter Erholungstendenz, aufsteigende Lähmungen sowie

komplette Lähmungen, bei denen eine knöcherne Kompression nachgewiesen

ist [83]. Bisher fehlt jedoch jeglicher Nachweis, dass eine operative

Dekompression zu einer auch nur teilweisen Remission eines kompletten

Querschnitts führen kann [7].

Das operative Verfahren kann nach dem Zugangsweg in ein dorsales, ventrales

und dorso-ventrales Verfahren unterteilt werden.

Die dorsal instrumentierte Spondylodese ermöglicht durch die Entwicklung von

winkelstabilen Fixateur-interne-Systemen, eine frühe postoperative

Mobilisierbarkeit des Patienten. Je nach Frakturform kann die Überbrückung

mono-, bi- oder polysegmental erfolgen. Nach Einbringen der transpedikulären

Schrauben in die benachbarten Wirbelkörper und erfolgter Reposition werden

diese durch Längsträger verbunden. Hierdurch kann sowohl eine distrahierende

als auch eine lordosierende Wirkung auf das frakturierte Segment ausgeübt

werden. Voraussetzung für die alleinige dorsale Spondylodese ist die nach

Ausheilung druckfeste Belastbarkeit der vorderen Säule. (Abb.I-22)

Das nur selten alleine angewendete ventrale Operationsverfahren erscheint aus

biomechanischer Sicht nur geeignet bei den Typ A-Verletzungen mit erhaltener

hinterer Säule. Hier stehen winkelstabile Plattensysteme, Stabsysteme und

Titan-Cages (Obelisc, Synex) zur Verfügung, welche mit Ausnahme des

Wirbelkörperersatzes mit Interposition von trikortikalen Beckenkammspänen

kombiniert werden können.

Beim dorsoventralen Vorgehen addieren sich die Vorteile, wie zum Beispiel die

bessere Reponierbarkeit und stabilere Fixation von dorsal, sowie die direkte

Rekonstruktion der druckbelasteten vorderen Säule von ventral. Zur

Stabilisation der vorderen Säule eignen sich sowohl

Wirbelkörperersatzimplantate, sogenannte Cages, als auch autologe

Transplantate wie trikortikale Beckenkammspäne, Rippenspäne und

Fibulasegmente. Durch das Wiederherstellen der druckfesten ersten Säule

gelingt eine dauerhaft bessere Rekonstruktion des Wirbelsäulenprofils im

Gegensatz zum alleinigen dorsalen Verfahren. Zu erwähnen ist jedoch die

erhöhte Morbidität, welche bei dem ventralen Zugang gerade im

thorakolumbalen Übergang zu berücksichtigen ist [83,60]. (Abb. I-23)

Page 57: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

50

Abbildung I-21: LWK 1-Fraktur mit initialem Querschnitt, intraoperativer Situs

nach Laminektomie

Abbildung I-22: BWK 11,12-Fraktur, Z.n. Fixateur interne mit Hemilaminektomie

BWK 12

Abbildung I-23: LWK 1-Fraktur (Typ B-Verletzung) bei 14 jährigem Mädchen,

mit inkomplettem Querschnitt, dorsaloventrale Spondylodese

Page 58: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

51

8.3. Operative Therapie der Verletzungen der HWS:

Auch hier muss zwischen der Therapie der oberen und unteren HWS

unterschieden werden.

Bei der instabilen Jeffersonfraktur gilt zum heutigen Zeitpunkt die dorsale

atlantoaxiale Fusion mit transartikulärer Verschraubung nach Magerl als

Methode der Wahl. Hierdurch wird eine hohe Stabilität in Flexion/Extension und

Rotation erreicht. (Abb. I-24)

Nach einem ähnlichen Prinzip erfolgt die Therapie der traumatischen

Spondylolisthese. Hier werden zwei Schrauben von dorsal in die Massae

laterales eingebracht. Dadurch wird eine stabile Frakturkompression erreicht

ohne ein Bewegungssegment zu fusionieren (OP nach Judet). (Abb. I-25)

Die instabile Densfraktur wird durch die ventrale Schraubenosteosynthese nach

Magerl stabilisiert. Über einen rechts-ventralen Hautschnitt erfolgt die

Darstellung der oberen HWS. Nun werden unter Bildwandlerkontrolle zwei

Spickdrähte vorgelegt, über welche bei korrekter Lage die kanülierten

Densschrauben eingebracht werden können. Durch das Zugschraubenprinzip

kann hier eine Kompressionosteosynthese eine optimale Heilung induzieren.

(Abb. I-26)

Die operative Therapie der unteren HWS-Verletzungen kann in drei Gruppen

aufgeteilt werden. Erstens die rein ventrale Versorgung bei Verletzungen, die

vorwiegend die vordere Säule betreffen wie Kompressions- und

Berstungsverletzungen. Ebenfalls bei Verletzungen mit Verlagerung von

Knochen- oder Bandscheibenmaterial in den Wirbelkanal, sowie Verletzungen

die beide Säulen betreffen.

Das dorsale Verfahren wird im europäischen Raum nur bei folgenden

Verletzungen angewandt. Hierzu zählt die Einengung des Wirbelkanals von

dorsal durch Fragmente des Wirbelbogens, Einengung des Foramen vertebrale,

verhakte Luxationen, welche nicht geschlossen reponiert werden können,

deutliche Restinstabilitäten nach ventraler Fusion.

Eine Indikation zum kombinierten Verfahren wird nur noch selten gestellt, da die

meisten Verletzungen von ventral ausreichend versorgt werden können.

Ebenso muss man bedenken, dass der Muskelschaden, der durch den dorsalen

Zugang entsteht, mit einer erhöhten Morbidität einhergeht. Als ventrales

Page 59: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

52

Implantat stellt heute die winkelstabile Plattenosteosynthese den Goldstandard

dar. Hierzu erfolgt zur ventralen Spondylodese die Ausräumung des

Bandscheibenfaches und die eventuelle Dekompression der Wirbelkanals.

Anschließend wird ein Beckenkammspan eingefalzt, welcher je nach Bedarf

durch eine weitere winkelstabile Schraube fixiert werden kann. (Abb. I-27)

Die dorsale Spondylodese erfolgt an der HWS mittels Platten oder Schrauben-

/Stabsystemen. Eine Spongiosaanlagerung von dorsal ist meist indiziert [79].

Abbildung I-24: Dorsale, transartikuläre atlantoaxiale Verschraubung nach

Magerl

Abbildung I-25: Dorsale Schraubenosteosynthese bei traumatischer Spondylo-

listhese nach Judet

Page 60: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

53

Abbildung I-26: Densverschraubung nach Magerl

Abbildung I-27: Ventrale monosegmentale Plattenosteosynthese mit Becken-

kammspan.

Page 61: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

54

9. Klassifikation der Rückenmarksverletzung

Für den klinischen Alltag hat sich die Klassifikation nach Frankel bewährt,

welche mit den Buchstaben A-E die komplette Transversalsymptomatik im

Sinne einer Para- bzw. Tetraplegie bis zum Fehlen von neurologischen

Defiziten beinhaltet. Obwohl es sich um eine recht grobe Einteilung handelt, hat

sich dieses Schema insbesondere auch zur prognostischen Einschätzung

bewährt.

Frankel A: Hierunter versteht man die komplette motorische und sensible

Lähmung unterhalb des verletzten Segmentes.

Frankel B: In diesem Fall findet sich noch eine intakte Restsensibilität bei

kompletter motorischer Lähmung.

Frankel C: Motorisch inkomplette Lähmung, die jedoch für den Patienten keinen

praktischen Nutzen hat.

Frankel D: Motorische inkomplette Lähmung mit Funktionswert, das heißt, dass

die Patienten ihre Extremitäten bewegen können und einige sogar laufen

können.

Frankel E: Keine Lähmungen, das heißt der Patient zeigt keine neurologischen

Symptome, wie z.B. motorische Schwäche, Sensibilitätsverluste oder

Sphinktertonusveränderungen. Pathologische Reflexe können jedoch zu

irgendeinem Zeitpunkt nachweisbar gewesen sein [29].

Page 62: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

55

II. Material und Methoden

In den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil Bochum sind in

dem Zeitraum vom 01.01.1996 bis zum 31.12.2000 1106 Patienten mit

Wirbelfrakturen behandelt worden. Diese Zahl umfasst sowohl primär vom

Unfallort eingewiesene Patienten wie auch Patienten, die aus anderen Kliniken

zuverlegt wurden.

Dieses Kollektiv wurde anhand der im Zentralarchiv zur Verfügung stehenden

Krankenakten und Röntgenbilder evaluiert. Zur Klassifikation der

Wirbelfrakturen waren Röntgenbilder der Wirbelsäule in zwei senkrecht

aufeinander stehenden Ebenen, sowie ein Computertomogramm erforderlich.

Diese Voraussetzung fand sich bei 562 Patienten, die hiermit in dieser Arbeit

erfasst werden.

Folgende Parameter wurden bei der Datenerfassung erhoben:

- Patientenbezogene Daten: Geschlecht, Alter zum Zeitpunkt des

Wirbelsäulentraumas

- Unfallursache: Sturz, geringe Höhe; Sturz, große Höhe; Verkehr, Auto;

Verkehr, Motorrad; Verkehr, Fahrrad; Verkehr, Fußgänger; Sport;

sonstige Unfallursache

- Frakturlokalisation, sowie Anzahl der verletzten Segmente

- Frakturtyp: Eingeteilt nach der Klassifikation der Wirbelsäulenfrakturen

nach Magerl et. al.

- Neurologie, klassifiziert nach Frankel in die Untergruppen A-E

- Begleitverletzungen

- Therapie

Zur Einteilung der Patienten in die Frankel-Klassifikation wurden die von

Neurologen des Bergmannsheil Bochum durchgeführten Konsile ausgewertet.

War keine konsiliarische Untersuchung durch einen Neurologen durchgeführt

worden oder in der Akte archiviert, so wurde der neurologische Befund, der

durch den diensthabenden Unfallchirurgen dokumentiert wurde, ausgewertet.

Page 63: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

56

Die Begleitverletzungen sind anhand des Aufnahmeprotokolls, radiologischer

Befundberichte oder anhand der Röntgenbilder erfasst worden.

Die Einteilung in konservativ und operativ versorgte Patienten wurde aus

Entlassungsbriefen, OP-Berichten, Röntgenbildern, Anästhesieprotokollen oder

der Pflegedokumentation entnommen.

Die statistische Auswertung wurde mittels Chi2-Vierfelder- bzw. Chi2-

Kontingenztafel-Test sowie der Odds-Ratio durchgeführt [70].

Page 64: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

57

III. Ergebnisse

1. Gesamtkollektiv

1.1: Geschlechtsverteilung:

Das in dieser Arbeit untersuchte Kollektiv von Patienten mit

Wirbelsäulenfrakturen (n=562) besteht aus 343 (61,03%) Männern und 219

(38,97%) Frauen.

1.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:

Der jüngste Patient war 6 und der älteste 100 Jahre alt. Das Durchschnittsalter

liegt bei 43,8 Jahren, bei einem Median von 41 Jahren. Nach Geschlechtern

aufgeteilt ergibt dieses ein Durchschnittsalter der weiblichen Verletzten von

49,4 Jahren und der männlichen von 40,3 Jahren. Auffallend ist die

geschlechtspezifische Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur.

Bei den weiblichen Patienten zeigen sich zwei Altersgruppen, die der Zwanzig-

bis Fünfzigjährigen und die der Sechzig- bis Achtzigjährigen, die

überproportional hoch an den Unfällen beteiligt ist. Bei den männlichen

Verunfallten dagegen findet sich nur ein Maximum zwischen dem zwanzigsten

und fünfzigsten Lebensjahr (Abb.III-1).

1.3: Unfallursache:

Die häufigste Unfallursache, die zu einer Wirbelsäulenverletzung führte, war der

Sturz aus großer Höhe. Hierunter werden alle Sturzereignisse aus einer Höhe

größer 2m zusammengefasst. Insgesamt trifft dies auf 219 Patienten zu, also

39,0% des Gesamtkollektivs. 149 Patienten (26,5%) verunfallten im Verkehr.

Näher aufgeschlüsselt ergibt dies 87 (58%) Autounfallopfer, 35 (23%)

Page 65: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

58

Motorradunfälle, 16 (11%) Fahrradunfälle, 6 (4%) Unfälle als Fußgänger, 2

Unfallverletzte nach einem Flugzeugabsturz sowie jeweils ein Verunglückter

aus einem Unfall mit einem Bus, Zug und Hubschrauber.

Ein Sturz aus geringer Höhe führte bei 114 (20,3%) Patienten zu einer

Wirbelsäulenverletzung. In 29 Fällen (5,2%) war eine sportliche Tätigkeit die

Unfallursache. 22 (3,9%) der in diesem Zeitraum eingewiesenen Patienten

erlitten ein direktes Stoßtrauma auf die Wirbelsäule, welches zu einer

Wirbelfraktur führte. Der neurologische Grand mal war bei zwei Patienten die

Ursache einer Wirbelsäulenverletzung. Ein Patient erlitt ein Quetschtrauma

seines Rumpfes mit zusätzlicher Verletzung der Wirbelsäule. In 26 Fällen war

die Unfallursache der vorliegenden Aktenlage nicht zu entnehmen (Abb. III-2).

1.3.1: Frakturlokalisation im Bezug auf die Unfallursache:

Wie aus unten genannter Tabelle (Tab. III-1) ersichtlich, weisen die

verschiedenen Unfallursachen für sie spezifische Frakturlokalisationen auf. So

findet sich z.B. beim Sturz aus großer Höhe eine relativ ausgeglichene

Verteilung mit einem deutlichen Peak am thorakolumbalen Übergang.

Auffallend dagegen ist die höhere Beteiligung der ersten beiden Halswirbel

sowie der gesamten Brustwirbelsäule bei den Verkehrsunfällen.

Eine Häufung bei den Sportunfällen findet sich im Bereich des

cervikothorakalen und des thorakolumbalen Überganges.

Page 66: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

59

Tab. III-1: Unfallursache verglichen mit der Frakturlokalisation

Unfall-Frakturlokalisation

mechanis-mus HWK 1-2 HWK 3-7 BWK 1-10 BWK 11-LWK 2 LWK 3-

5Sturz, großeHöhe 18 (8,2%) 14 (6,4%) 15 (6,8%) 150 (68,5%) 22

(10%)Sturz,geringeHöhe

11 (9,6%) 9 (7,9%) 5 (4,4%) 75 (65,8%) 14(12,3%)

Verkehr21

(14,1%)26

(17,4%) 30 (20,1%) 58 (38,9%) 14(9,4%)

Sport 3 (10,3%) 9 (31%) 4 (13,8%) 12 (41,4%) 1(3,4%)

Sonstige 2 (3,9%) 4 (7,8%) 8 (15,7%) 33 (64,7%) 4(7,8%)

Gesamt 55 (9,8%) 62(11,0%) 62 (11,0%) 328 (58,4%) 55

(9,8%)Chi2 = 65.9553, p = <10-6

1.3.2: Unfallursache in Abhängigkeit vom Alter:

Im Folgenden wird die Unfallursache in Abhängigkeit vom Alter der Patienten

zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenverletzung dargestellt. So findet sich der Sturz

aus großer Höhe als Unfallursache besonders häufig zwischen dem elften und

siebzigsten Lebensjahr. Demgegenüber ist der Sturz aus geringer Höhe erst ab

dem sechzigsten Lebensjahr der Auslöser für eine Fraktur. Erwartungsgemäß

häufen sich die Verkehrsunfälle zwischen dem elften und siebzigsten Jahr mit

einem Maximum zwischen elf und fünfzig. Der Sportunfall weist eine ebenso

erwartungsgemäße Kurve auf mit einer Häufung zwischen dem elften und

fünfzigsten Lebensjahr (Abb. III-3).

1.4: Begleitverletzungen:

306 Patienten (54,4%) erlitten 524 Begleitverletzungen. 109 Patienten hatten

neben ihrer Wirbelfraktur noch eine Schädelverletzung. In 104 Fällen war der

Thorax mitverletzt. Es traten 16 Abdominaltraumen, 27 Beckenverletzungen, 71

Page 67: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

60

Frakturen der oberen Extremität sowie 77 Verletzungen der unteren Extremität

im Kollektiv auf. In 120 Fällen erlitten die Patienten neben der einen

Wirbelfraktur noch weiter Wirbelfrakturen als Begleitverletzung.

Vergleicht man die Frakturlokalisation mit der Wahrscheinlichkeit eine

Begleitverletzung zu erhalten, so zeigt sich das hier die Verteilung relativ

ausgeglichen ist. Bei 65% der Halswirbelsäulenverletzungen trat eine

Begleitverletzung auf, bei 50,6% der Brust- und 52,3% der

Lendenwirbelsäulenverletzungen.

Stellt man nun die Anzahl der frakturierten Wirbel dem Auftreten von

Begleitverletzungen entgegen, so zeigt sich, dass bei den monosegmentalen

Frakturen die geringste Häufigkeit an Begleitverletzungen anfällt (41,3%).

Deutlich steigt der Wert schon, wenn der Patient noch im selben Abschnitt eine

zweite bzw. dritte Wirbelverletzung aufweist. So konnte bei 74% der

bisegmentalen und 80% der mehrsegmentalen Wirbelsäulenverletzungen eine

oder mehrere Begleitverletzungen nachgewiesen werden. Bei

Mehretagenfrakturen, die per Definition mindestens ein unverletztes Segment

zwischen den frakturierten Wirbeln aufweisen müssen, ist in 96,5% eine

Verletzung eines anderen Organsystems auffindbar (Abb. III-4).

Die Gegenüberstellung der Unfallursache mit der daraus resultierenden

Begleitverletzung ergab, dass erwartungsgemäß die Hochrasanztraumen wie

der Verkehrsunfall und der Sturz aus großer Höhe zu den meisten

Begleitverletzungen führten. Unfallursachentypisch erscheinen hier die

Schädel- und Thoraxverletzung beim Verkehrsunfall und die Beckenverletzung

beim Sturz aus großer Höhe.

Tabelle III-2: Abhängigkeit der Begleitverletzung von der Unfallursache

Begleit- Unfallursache

verletzung Verkehr Sturz, großeHöhe

Sturz, geringeHöhe Sport Sonstige

Schädel 56 32 11 1 9Thorax 61 33 3 0 7

Abdomen 9 7 0 0 0Becken 5 17 4 0 1

Extremitäten 65 73 6 0 4

Page 68: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

61

1.4.1: Koinzidenz von Begleitverletzung und Neurologie:

Vergleicht man die Wahrscheinlichkeit, mit der bei einer Begleitverletzung ein

zusätzliches neurologisches Defizit auftritt, so fällt auf, dass bei den Patienten

mit Begleitverletzung in 28,10% eine Verletzung des Rückenmarks

diagnostiziert wird. Demgegenüber stehen 20,7% bei den Patienten ohne

Begleitverletzung.

1.5: Lokalisation der Wirbelfraktur:

Insgesamt wies die Halswirbelsäule 117 Frakturen auf. Der erste und der zweite

Halswirbelkörper waren am häufigsten frakturiert. HWK 1 war 11 mal und

HWK 2 44 mal betroffen. Der dritte und vierte Halswirbel waren dagegen nur in

vier bzw. sechs Fällen verletzt. Erwartungsgemäß nahm die Häufigkeit von

Frakturen in der Nähe des zervikothorakalen Übergangs zu. Bei 18 Patienten

war der fünfte, bei 14 Patienten der sechste und bei 20 Patienten der siebte und

letzte Halswirbel betroffen.

Einhundertzweiundsechzig Patienten des Gesamtkollektivs wurden in diesem

Zeitraum wegen einer Brustwirbelsäulenverletzung behandelt. Wie in der

Abbildung zu erkennen, sind Frakturen der oberen Brustwirbelsäule, also BWK

1-10 eher selten. Sie traten nur in 62 Fällen auf. Der elfte Brustwirbel dagegen

wies allein 21 Verletzungen auf. Der am häufigsten betroffene Wirbel war der

an die Lendenwirbelsäule angrenzende zwölfte Brustwirbel, der insgesamt 79-

mal frakturiert war.

Die Lendenwirbelsäule mit ihren fünf Wirbeln wies die meisten Frakturen,

nämlich 283, auf. Hiervon waren allein einhundertsechzig Verletzungen des

ersten Lendenwirbelkörpers. Nach kaudal hin nahm die Häufigkeit ab, so dass

der zweite LWK in noch 68, der dritte in noch 24, der vierte in noch 18 und der

fünfte in nur noch 13 Fällen betroffen war (Abb. III-5).

Page 69: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

62

1.6: Neurologie:

Eine komplette motorische und sensible Lähmung unterhalb des verletzten

Segmentes erlitten 63 Patienten, dieses entspricht 11,2% des Gesamtkollektivs.

Eine Verletzung des Rückenmarks entsprechend des Frankel Stadiums B trat

bei 12 (2,1%) Verletzten auf. Eine motorisch inkomplette Lähmung wurde bei 18

(3,2%) Patienten diagnostiziert. Bei 46 (8,2%) Patienten war nach dem Unfall

eine Lähmung mit praktischer Restfunktion nachweisbar. Bei 75,3% (423) der

Verunfallten traten keine motorischen oder sensiblen Defizite auf. Dies schließt

initiale Reflexabschwächungen nicht aus. Daraus folgt eine Gesamtinzidenz der

neurologischen Funktionsstörung von 24,7%.

Vergleicht man die Frakturlokalisation mit dem Auftreten eines neurologischen

Defizits, so fällt eine Häufung im Bereich der HWS auf. So gehen 34,2% der

Halswirbelsäulenverletzungen mit neurologische Auffälligkeiten einher. In 23

Fällen lag ein kompletter Querschnitt vor, die Frankelstadien B und C konnten

jeweils dreimal nachgewiesen werden. Bei elf Verletzten wurde das

Frankelstadium D diagnostiziert.

26,5% der Brustwirbelsäulenverletzten erlitten eine Myelonverletzung mit

resultierendem Defizit. Ein kompletter motorischer und sensibler Querschnitt

wurde hier jeweils 29-mal beobachtet. Die Stadien B und D traten in fünf Fällen,

das Stadium C viermal auf.

Eine Verletzung der Lendenwirbelsäule zog in 19,8% eine neurologische

Störung der motorischen oder sensorischen Leitungsbahnen nach sich. Elfmal

wurde hier das Stadium A und C, viermal das Stadium B dokumentiert. Eine

Frankel D-Verletzung zogen sich 30 Patienten zu.

Die höchste Inzidenz von kompletten Läsionen weist der

Halswirbelsäulenabschnitt mit 19,65% auf, die BWS-Verletzung führte in 17,9%

der Fälle zu einer Frankel A-Läsion. Mit 3,8% liegt die Inzidenz der kompletten

Lähmung bei der LWS-Verletzung deutlich niedriger.

Page 70: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

63

1.7: Therapie:

Die therapeutischen Optionen der Wirbelsäulenverletzungen wurde in operativ

und konservativ gegliedert. 346 Patienten wurden demnach operativ versorgt,

das entspricht 62% des Gesamtkollektivs. Die restlichen 216 Verunfallten

wurden mit einem konservativen Therapieregime behandelt.

1

39

76 77

5647 30

11 6 03

2533 26 30

22 24 33 194

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Anz

ahl (

n)

1-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100

Alter (Jahre)

Altersverteilung der Patienten nach Geschlecht

FrauenMänner

Abbildung III-1: Altersverteilung der Patienten des Gesamtkollektivs nach

Geschlecht (n=562)

Page 71: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

64

219

149

114

29 26 222 1

0

50

100

150

200

250

Anz

ahl (

n)

Verkeh

rSpo

rt

Keine A

ngab

e

Grand M

al

Quetsc

hung

Unfallursache

Ursachen der Wirbelfraktur

Abbildung III-2: Unfallursache

0

20

40

60

80

100

120

Altersabhängige Unfallursache

Sonstige

Sport

Verkehr

Sturz, geringe Höhe

Sturz, große Höhe

Sonstige 0 3 8 7 8 5 6 9 4 1

Sport 1 8 4 9 3 2 2 0 0 0

Verkehr 1 25 49 31 22 11 9 0 1 0

Sturz, geringe Höhe 0 4 5 12 16 10 20 26 18 3

Sturz, große Höhe 2 24 43 44 37 41 17 9 2 0

00-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100

Abbildung III-3: Alter der Verletzten im Bezug auf die Unfallursache

Page 72: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

65

76

41

82

80

148

135

157

223

74

26

20

555

2

0

50

100

150

200

250

300

350

400

HWSBWS LWS

monosegmental

bisegmental

mehrsegmental

Mehretagenfraktur

ohne Begleitverletzung

mit Begleitverletzung

Abbildung III-4: Auftreten von Begleitverletzungen bei den einzelnen

Frakturlokalisationen

13 18

24 68

160 79

21 8

5 8 8

12 7

6 5

1 2

20 14

18 6

4 44

11

0 20 40 60 80 100 120 140 160

Anzahl (n)

HWK 1HWK 2HWK 3HWK 4HWK 5HWK 6HWK 7BWK 1BWK 2BWK 3BWK 4BWK 5BWK 6BWK 7BWK 8BWK 9BWK 10BWK 11BWK 12LWK 1LWK 2LWK 3LWK 4LWK 5

Lokalisation der Wirbelsäulenverletzung

Abbildung III-5: Lokalisation der Wirbelfraktur im Gesamtkollektiv

Page 73: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

66

2. Typ A-Verletzungen

2.1: Geschlechtsverteilung:

Von den insgesamt 308 Patienten mit Typ A-Verletzungen waren 162 (53%)

männlichen Geschlechts und 146 (47%) weiblich.

2.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:

Wie bereits im Gesamtkollektiv zeigt sich auch hier der zweigipflige

Kurvenverlauf der weiblichen Verletzten mit einem Maximum zwischen 31-40

und einem zweiten Maximum zwischen 71-80 Jahren. Der Mittelwert liegt bei 53

Jahren. Die Altersverteilung der männlichen Verletzten entwickelt ihr Maximum

zwischen 31-40 Jahren bei einem Mittelwert von 43,0 Jahren. (Abb. III-6)

2.3: Unfallursache:

Bei 208 (67,5%) der 308 Patienten mit Typ A-Verletzungen war ein Sturz die

Ursache, wobei bei 126 Verletzten die Sturzhöhe größer 2m betrug. 51 (16,6%)

Patienten verunfallten im Straßenverkehr, 31 mit dem PKW, 13 mit einem

Motorrad, 5 mit dem Fahrrad und jeweils ein Patient als Fußgänger und als

Passagier im Bus. Im Rahmen einer sportlichen Aktivität verunfallten 17

Patienten. In 8 Fällen entstand die Wirbelsäulenverletzung als Folge eines

direkten Stoßtraumas, 2 Verletzungen basierten auf einem Grand mal, in einem

Fall stürzte der Patient mit einem Flugzeug ab. Bei 21 Patienten konnte in den

Patientenakten keine Ursache ermittelt werden. (Abb. III-7)

2.4: Begleitverletzungen:

136 (44,2%) der 308 Patienten mit einer Typ A-Verletzungen zogen sich 220

Begleitverletzungen zu. 41 Patienten erlitten eine Schädelverletzung, 35 ein

Page 74: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

67

Thoraxtrauma, 9 ein Abdominaltrauma und 10 Patienten trugen eine

Beckenverletzung davon. Es fanden sich 69 Extremitätenverletzungen, 36 der

oberen und 39 der unteren Extremität. Weitere Wirbelsäulenverletzungen

wurden bei 56 Verunfallten diagnostiziert.

2.5: Lokalisation der Wirbelsäulenfraktur:

Aufgrund ihrer anatomischen Besonderheiten werden die ersten beiden

Halswirbel eigenständig klassifiziert, sodass sie demzufolge in dieser Auflistung

nicht erscheinen. An der Halswirbelsäule fanden sich insgesamt acht A-

Verletzungen, wobei die Halswirbelkörper 3-6 jeweils einmal frakturiert waren

und der siebte Halswirbel in 4 Fällen betroffen war.

Die Brustwirbelsäule weist insgesamt 112 Typ A-Verletzungen auf, die in 71%

(79 Fälle) die Brustwirbelkörper 11 und 12 betreffen. Die restlichen thorakalen

Wirbel zeigten 33 Verletzungen, wobei hier der sechste BWK mit 7 Frakturen

am häufigsten betroffen war.

Auch hier zeigt sich, dass im Bereich des thorakolumbalen Übergangs die

meisten Frakturen auftreten. So weist der erste Lendenwirbel in 106 Fällen eine

Typ A-Verletzung auf. Dies sind 56% aller A-Verletzungen der

Lendenwirbelsäule. Der zweite Lendenwirbel ist nur noch 48-mal betroffen, der

dritte 16-mal, der vierte 10-mal und der fünfte 8-mal.

Es finden sich drei Häufigkeitsgipfel, der cervicothorakale Übergang, der

thorakolumbale Übergang, sowie der sechste Brustwirbelkörper.

75% der Patienten mit einer Typ A-Verletzung erlitten eine monosegmentale

Fraktur. Ursächlich ist hier verhältnismäßig oft ein Sturz aus geringer Höhe. 20

der 35 Mehretagenfrakturen rührten aus einem Hochrasanztrauma wie z.B.

einem Sturz aus großer Höhe oder einem Verkehrsunfall her.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die monosegmentalen Verletzungen aus

niederenergetischen Traumen und die bisegmentalen bis Mehretagenfrakturen

aus hochenergetischen Unfallursachen entstehen.

(Abb. III-8)

Page 75: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

68

2.6: Neurologie:

Bei den reinen Kompressionsverletzungen ohne Distraktions- und

Rotationskomponente fand sich eine geringe Anzahl von Patienten mit einem

kompletten Querschnitt entsprechend Frankel A, nämlich 11 Patienten (3,6%).

Jeweils 4 Patienten wiesen einen inkompletten Querschnitt der Frankel-

Klassifikation B und C auf. 16 Verletzte zeigten im stationären Verlauf eine

gebrauchsfähige motorische Restfunktion, beim Großteil des Typ A-

Verletzungskollektiv, nämlich 273 Patienten (88,6%) konnte jedoch eine

regelrechte sensomotorische Funktion diagnostiziert werden. (Abb. III-9)

2.7: Therapie:

Die Therapie der Typ A-Verletzungen ist in diesem Kollektiv ausgeglichen. 153

Patienten wurden konservativ und 155 operativ versorgt.

Betrachtet man nun das Therapieregime der einzelnen Untergruppen, so fällt

auf, dass eine Mehrheit der Impaktionsbrüche konservativ versorgt wird (94,5%

konservativ gegenüber 5,5% operativ).

Eine relativ ausgeglichene Verteilung fällt bei den Spaltbrüchen auf. Hier

wurden von insgesamt 28 Frakturen 13 konservativ und 15 operativ stabilisiert.

Das Kollektiv der Berstungsbrüche weist ein Übergewicht der operierten

Verletzungen auf (71,4% operativ und 28,6% konservativ).

Page 76: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

69

0 13

28

39

31

25

14 7 5

0

1

15 1519 18

15 16

29

16

20

5

10

15

20

25

30

35

40

Anz

ahl (

n)

01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100

Alter (Jahre)

Altersverteilung der Patienten mit Typ A-Verletzungen

Frauen

Männer

Abbildung III-6: Altersverteilung der Patienten mit einer Typ A-Verletzung,

aufgeteilt nach dem Geschlecht

126

82

31

2117

138 5

2 1 1 1

0

20

40

60

80

100

120

140

Anzahl (n)

Verkeh

r, Auto

keine

Angabe

nSpo

rt

'Verkeh

r, Moto

rrad

Verkeh

r, Fah

rrad

Grand M

al

Verkeh

r, Bus

Flugze

ugab

sturz

Unfallursache der Typ A-Frakturen

Abbildung III-7: Unfallursache der Patienten mit einer Typ A-Verletzung

Page 77: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

70

8 10

16 48

106 64

15 2

4 4

3 7

4 4 4

0 1

4 1 1 1 1

0 0

0 20 40 60 80 100 120

Anzahl (n)

HWK 1HWK 2HWK 3HWK 4HWK 5HWK 6HWK 7BWK 1BWK 2BWK 3BWK 4BWK 5BWK 6BWK 7BWK 8BWK 9BWK 10

BWK 11BWK 12LWK 1LWK 2LWK 3LWK 4LWK 5

Frakturlokalisation der Typ A-Verletzungen

Abbildung III-8: Frakturlokalisation der Typ A-Verletzung

11(3,6%)

4(1,3%)

4(1,3%)

16(5,2%)

273(88,6%)

0

50

100

150

200

250

300

Anz

ahl (

n)

Frankel A Frankel B Frankel C Frankel D Frankel E

Neurologie der Typ A-Verletzungen

Abbildung III-9: Neurologischer Aufnahmebefund der Typ A-Verletzungen

Page 78: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

71

3. Typ B-Verletzungen

3.1: Geschlechtsverteilung:

Insgesamt finden sich 95 Patienten mit einer Verletzung der Wirbelsäule

unterhalb des zweiten Halswirbels mit einer Distraktionskomponente im

Frakturmechanismus. Hiervon sind 26 (27%) weiblichen und 69 (73%)

männlichen Geschlechtes.

3.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenfraktur:

Der jüngste Patient mit einer Typ B-Verletzung ist 10 Jahre der älteste 82 Jahre

alt. Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Patienten weisen eine

zweigipflige Verteilung auf, wobei der Mittelwert bei den weiblichen Verletzten

bei 38,6 Jahren liegt, während die männlichen im Durchschnitt 35,4 Jahre alt

sind. Das erste Maximum liegt bei beiden Geschlechtern zwischen dem

einundzwanzigsten und dem dreißigsten Lebensjahr, der zweite Gipfel bei den

Männern zwischen 51 und 60 Jahren und bei den Frauen zwischen 51 und 70

Jahren. Auffallend ist das jüngere Durchschnittsalter der Patienten mit Typ B-

Verletzungen im Vergleich zu dem Gesamtkollektiv. (Abb. III-10)

3.3: Unfallursache:

Auch bei den Distraktionsverletzungen ist die häufigste Unfallursache der Sturz

aus mindestens zwei Meter Höhe, gefolgt von den Verkehrsunfällen, bei denen

der Unfall mit dem PKW zu den meistens Verletzten führte. Zwölf Patienten

zogen sich eine Typ B-Verletzung auf Grund eines Sturzes aus geringer Höhe

zu, dies entspricht 12,6% der Distraktionsverletzungen. Sechs Frakturen

entstanden durch sportliche Aktivitäten, fünf durch ein Stoßtrauma auf die

Wirbelsäule und bei zwei Verletzten gab es keine Angabe über die

Unfallursache.

Page 79: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

72

3.4: Begleitverletzungen:

Der Anteil der Verunfallten mit Begleitverletzungen lag höher als bei den Typ A-

Verletzten. 57 der 95 Patienten (60%) erlitten neben der Wirbelfraktur noch eine

weitere Verletzung. Insgesamt zogen sich 95 Patienten 97 weitere

Verletzungen zu. Am häufigsten fanden sich weitere Wirbelfrakturen (n=25),

gefolgt von Thorax- (n=20) und Schädelverletzungen (n=18). In 29 Fällen waren

die Extremitäten mitbetroffen, wobei die Arme 14mal und die Beine 15mal

verletzt waren. Viermal war eine Beckenverletzung anzutreffen, nur ein Patient

wies ein Abdominaltrauma auf. (Abb. III-11)

3.5: Lokalisation der Wirbelfraktur:

Insgesamt fanden sich 37 Typ B-Verletzungen an der Halswirbelsäule. Die

ersten beiden Halswirbelkörper sind auf Grund ihrer besonderen anatomischen

Form nicht in dieser Klassifikation erfasst, so dass sie hier nicht aufgelistet

werden. Auffallend ist eine Häufung von Flexionsdistraktionsverletzungen im

mittleren Drittel der Halswirbelsäule. So sind der fünfte und sechste

Zervikalwirbel in 24 Fällen, also in 64,9% der HWS-Verletzungen, betroffen.

Nach cranial und caudal nimmt dagegen die Verletzungshäufigkeit wieder ab.

Durch die Stabilität des Thorax treten sehr wenige Typ B-Verletzungen in

diesem Abschnitt der Wirbelsäule auf. So finden sich nur acht Verletzungen

zwischen BWK 1 und BWK 11. Erst der zwölfte Brustwirbelkörper, welcher auch

nicht mehr im Rippenverbund integriert ist, weist eine größere

Verletzungshäufigkeit auf. So weisen die Wirbel des thorakolumbalen

Überganges 43 Frakturen mit B-Komponente auf, wobei der erste

Lendenwirbelkörper in 24 Fällen am häufigsten betroffen war. Die weiter caudal

liegenden Wirbelkörper zeigen eine abnehmende Frakturhäufigkeit. (Abb. III-12)

Auffallend ist, dass sich bei den mono- und bisegmentalen Frakturen die

Unfallursachen relativ ausgeglichen zeigen, während bei den mehrsegmentalen

und Mehretagenfrakturen die Unfallursachen deutlich zugunsten der

Hochrasanztraumen verschieben. So sind von den neun Mehretagenfrakturen

fünf durch Stürze aus großer Höhe verursacht, dass entspricht 55,5%. Weitere

Page 80: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

73

3 Mehretagenfrakturen entstanden durch Verkehrsunfälle mit dem PKW und

dem Motorrad. Das gleiche Bild findet man bei den mehrsegmentalen Brüchen.

Hier sind alle fünf Fälle durch Hochrasanztraumen ausgelöst worden, drei durch

einen Autounfall und zwei durch einen Sturz aus mindestens zwei Meter Höhe.

3.6: Neurologie:

25 Patienten (26,3%) erlitten einen kompletten motorischen und sensiblen

Querschnitt infolge ihrer Typ B-Verletzung. Dies ist eine deutliche Steigerung im

Vergleich zu den reinen Kompressionsverletzungen, bei denen nur 3,6% der

Verletzten einen kompletten Querschnitt aufwiesen. Bei 21 von 25 Patienten

(84%) mit einem kompletten motorischen und sensorischen Ausfall unterhalb

der Fraktur beruht die Unfallursache auf einen Verkehrsunfall oder einen Sturz

aus großer Höhe.

Bei zwei Patienten wurde ein neurologisches Defizit entsprechend Frankel B

diagnostiziert. Fünf Verletzte, bei allen war ein Hochrasanztrauma die

Unfallursache, wiesen eine motorisch inkomplette Lähmung ohne jeglichen

Nutzen auf. Bei zwölf Patienten konnte eine motorische Restfunktion

nachgewiesen werden, die eventuell noch ein Laufen ermöglicht. Mehr als die

Hälfte der Verunfallten mit Distraktionskomponente, 51 Patienten (53,7%),

wurde ohne jegliches neurologisches Defizit stationär aufgenommen.

3.7: Therapie:

Die Anzahl der operativ versorgten Patienten mit Typ B-Verletzung stellt sich

sehr hoch dar, da die Distraktionsverletzungen bei konservativer Therapie zu

einer chronischen Instabilität neigen. In diesem Kollektiv beträgt der operativ

versorgte Anteil 84,2%, das entspricht 80 Patienten. Die restlichen 15 Patienten

sind einem konservativen Therapieregime zugeführt worden.

Die differenzierte Betrachtung der Untergruppen zeigt eine Zunahme des

operativen Anteils von B1 nach B3. So wurden 77,8% der B1-Verletzungen,

88,4% der B2-Verletzungen und 100% der B3-Verletzungen operiert.

Page 81: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

74

18

21

18

711 3

0 0 003

11

2 2 3 31 1

0

0

5

10

15

20

25

Anzahl (n)

01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100

Alter (Jahren)

Altersverteilung zum Zeitpunkt der B-Verletzung

Frauen

Männer

Abbildung III-10: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Flexions-

/Distraktionsverletzung

18

20

1

4

1415

25

0

5

10

15

20

25

Anzahl (n)

Schädel Thorax Abdomen Becken ObereExtremität

UntereExtremität

sonstigeWirbelsäule

Begleitverletzungen

Abbildung III-11: Häufigkeit der Begleitverletzungen

Page 82: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

75

1 4

2 9

24 10

1 2

1 1

0 0

1 0

1 0

1 8

10 14

3 2

0 0

0 5 10 15 20 25

Anzahl (n)

HWK 1HWK 2HWK 3HWK 4HWK 5HWK 6HWK 7BWK 1BWK 2BWK 3BWK 4BWK 5BWK 6BWK 7BWK 8BWK 9BWK 10BWK 11BWK 12LWK 1LWK 2LWK 3LWK 4LWK 5

Lokalisation der Fraktur

Abbildung III-12: Frakturlokalisation

Page 83: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

76

4. Typ C-Verletzungen

4.1: Geschlechtsverteilung:

Insgesamt erlitten 104 Patienten des Gesamtkollektivs eine Typ C-Verletzung,

also eine Fraktur, die neben einer Kompressions- oder Distraktionskomponente

noch eine Rotationskomponente aufweist. Im Gegensatz zu den Typ A-

Verletzungen, hier war die Geschlechtsverteilung relativ ausgeglichen, findet

sich in diesem Kollektiv eine eindeutige Verschiebung zugunsten des

männlichen Geschlechtes (74%).

4.2: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Wirbelsäulenverletzung:

Die weiblichen Verletzten sind hier im Durchschnitt 35,9 Jahre alt, die

männlichen 36,4 Jahre.

Auch hier finden sich bei den männlichen Verletzten zwei Maxima, so stieg die

Anzahl der Verunfallten zwischen dem 21. und 30. Lebensjahr und dem 61. und

70. Lebensjahr an. Bei den Patientinnen findet sich ein Maximum zwischen dem

41. und 50. Lebensjahr. (Abb. III-13)

4.3: Unfallursache:

Bei 44 Patienten führte ein Verkehrsunfall zu einer Wirbelfraktur mit

Rotationskomponente, 37mal ein Sturz aus großer Höhe. Insgesamt machen

diese beiden Unfallursachen 77,9% des Typ C-Verletzungskollektivs aus.

Betrachtet man die Entität der Verkehrsunfälle, so zeigt sich eine deutliche

Dominanz der Auto- und Motorradunfälle. Diese beiden Beförderungsmittel sind

an 75% der Typ C-Verletzungen im Verkehr als Ursache beteiligt.

9 Patienten stürzten aus geringer Höhe, 7 zogen sich oben genannte

Verletzung durch ein direktes Stoßtrauma auf die Wirbelsäule zu. Bei 4

Patienten ereignete sich die Fraktur durch einen Sportunfall, in zwei Fällen war

die Unfallursache nicht eruierbar. (Abb. III-14)

Page 84: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

77

4.4: Begleitverletzungen:

Verglichen mit den A- und B-Verletzungen zeigt sich auch hier eine Zunahme

der Patienten, die neben der Wirbelfraktur noch weitere Begleitverletzungen

aufweisen. So wurden bei 72 Patienten (69,2%) 147 Begleitverletzungen

diagnostiziert. Am häufigsten trat hier die Thoraxverletzung (n=42) auf, gefolgt

von Schädelverletzungen (n=27), Verletzungen der unteren Extremität (n=25)

und weiteren Wirbelfrakturen (n=24).

4.5: Lokalisation der Wirbelfraktur:

In diesem Kollektiv ereigneten sich die meisten Rotationsverletzungen

Wirbelsäule im Bereich der Lendenwirbelsäule (n=55), gefolgt von der

Brustwirbelsäule mit 32 Fällen und der Halswirbelsäule, die 17-mal verletzt war.

Die Häufigkeit der Typ C-Verletzung an der Halswirbelsäule nimmt beginnend

am dritten Halswirbelkörper in Richtung cervikothorakalen Übergang stetig zu.

So finden sich am HWK 7 acht Rotationsverletzungen. Wie auch schon bei den

Flexionsdistraktionsverletzungen ist der Bereich der Brustwirbelsäule, der durch

den knöchernen Thorax stabilisiert ist, von diesen Verletzungen seltener

betroffen. So steigt die Verletzungshäufigkeit erst wieder auf Höhe des ersten

Lendenwirbelkörpers, hier fanden sich 30 Frakturen des Typ C (28,8%). Weiter

Richtung Sakrum sinkt dann die Anzahl, so ist der zweite Lendenwirbelkörper

noch 11-mal, der dritte 6-mal und die letzten beiden 4-mal betroffen.

Die mehrsegmentalen und Mehretagenfrakturen sind ausschließlich durch

Hochrasanztraumen, wie Verkehrsunfälle und Stürze aus großer Höhe,

verursacht worden. (Abb. III-15)

4.6: Neurologie:

Bei den Typ C-Verletzungen befindet sich die Rate der Patienten mit einem

kompletten Querschnitt mit 23,1% (n=24) in einem vergleichbaren Niveau wie

bei den Typ B-Verletzungen. 62,5% der Frakturen die zu einem kompletten

Page 85: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

78

Querschnitt führten, waren mindestens auf zwei Wirbelkörper ausgedehnt. Alle

Patienten mit einer Neurologie entsprechend Frankel A erlitten die Fraktur

durch Hochrasanztraumen.

Die Patienten, die keine neurologischen Defizite zeigten, erlitten im Gegensatz

zu den Querschnittpatienten 60% monosegmentale Verletzungen. Insgesamt

wiesen 50 Typ C-Verletzte (48,1%) bei der stationären Aufnahme keine

neurologische Symptomatik auf.

4.7: Therapie:

Aufgrund der Instabilität, der hohen Rate an neurologischen Ausfalls-

erscheinungen und der schlechten Heilungstendenz bei konservativer Therapie

ist der Anteil der operativ versorgten Patienten mit 88,5% (n=92)

erwartungsgemäß hoch.

Genauer betrachtet sind 32 der 38 C1-Verletzungen, 45 der 50 C2-

Verletzungen und 15 der 16 C3-Verletzungen operiert worden.

0

15

22

15 8

68

2 1 01

54

58

31

0 0 00

5

10

15

20

25

Anzahl (n)

01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100

Frauen

Alter (Jahren)

Altersverteilung zum Zeitpunkt der C-Verletzung

Frauen

Männer

Abbildung III-13: Altersverteilung zum Zeitpunkt der Typ C-Verletzung

Page 86: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

79

44

37

97

42 1

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

Anzahl (n)

Verkehr,gesamt

Sturz,große Höhe

Sturz,geringeHöhe

Stoß Sport keineAngaben

Quetschung

Unfallursache

Abbildung III-14: Unfallursache, welche zur Wirbelsäulenverletzung mit

Rotationskomponente führte

44

611

3055

40

355

22

01

08

33

21

00

0 5 10 15 20 25 30 35

Anzahl (n)

HWK 1HWK 2HWK 3HWK 4HWK 5HWK 6HWK 7BWK 1BWK 2BWK 3BWK 4BWK 5BWK 6BWK 7BWK 8BWK 9

BWK 10BWK 11BWK 12LWK 1LWK 2LWK 3LWK 4LWK 5

Lokalisation der Wirbelfraktur Typ C

Abbildung III-15: Lokalisation der Typ C-Verletzungen; Häufung im mittleren

Brustwirbelsäulendrittel

Page 87: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

80

5. Atlasfrakturen

In dem Gesamtkollektiv von 562 Patienten befinden sich elf Patienten mit einer

Atlasfraktur. Acht sind männlichen und drei weiblichen Geschlechtes. Das

Durchschnittsalter beträgt 61,6 Jahre, nach Geschlechtern aufgeteilt ergibt dies

für die Frauen ein Durchschnittsalter von 80 Jahren (Median 78 Jahren) und für

die Männer eines von 54,8 Jahren (Median 51 Jahren).

Die Betrachtung des Unfallmechanismus zeigt, dass 45% der Frakturen durch

einen Sturz aus geringer Höhe entstanden. Drei Patienten zogen sich eine

Atlasfraktur nach einem Sturz aus einer Höhe größer als 2m zu, jeweils eine

HWK 1-Fraktur ereignete sich bei einem Motorrad- und bei einem Autounfall.

Ein Patient erlitt die Verletzung durch ein Stoßtrauma auf die dorsale obere

HWS.

In fünf Fällen war der erste Halswirbelkörper isoliert verletzt, bei vier Patienten

jedoch fand sich außerdem noch eine Verletzung des Axis. Bei einem 48

jährigen Motorradfahrer fand sich eine Serienverletzung der ersten vier

Halswirbelkörper. Dieser Patient wies ein neurologisches Defizit entsprechend

Frankel D auf.

Insgesamt war bei neun der elf Patienten kein sensorisches oder motorisches

Defizit nachweisbar, nur bei zwei Patienten konnte eine Frankel D-Neurologie

diagnostiziert werden.

Gliedert man die Verletzten nach der Frakturart, so findet man drei Patienten,

die eine Fraktur des vorderen Atlasringes aufweisen. Der Großteil (6 Patienten)

erlitt eine Fraktur des hinteren Atlasringes, nur in zwei Fällen trat eine Fraktur

des vorderen und des hinteren Atlasbogens auf. Letztgenannte Fraktur entsteht

durch eine auf den Atlas wirkende axiale Kraft. Die beiden Patienten zogen sich

die Jefferson Typ 3-Fraktur jeweils bei einem Sturz zu. Sie wurden nicht

operativ versorgt. Auffallend ist das relativ hohe Alter der beiden Patienten,

welches bei 64 und 76 Jahren liegt.

Dominierend bei den Begleitverletzungen waren die Schädelverletzungen. So

fand sich ein Schädel-Hirn-Trauma in sieben von elf Fällen. Lediglich der oben

genannte Motorradfahrer zog sich noch Verletzungen der oberen und unteren

Extremität zu.

Page 88: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

81

Sechs der elf Patienten erlitten neben der Atlasfraktur noch weitere

Wirbelfrakturen.

Bei zwei Verletzten wurde eine operative Stabilisierung durchgeführt.

Page 89: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

82

6. Axisfrakturen

Zuerst wird das Gesamtkollektiv der Axisfrakturen, also sowohl Densfrakturen

als auch Axiskörperfrakturen, dargestellt. Dieses besteht aus 44 Patienten,

davon sind 17 weiblichen und 27 männlichen Geschlechtes. Das

Durchschnittsalter der Frauen beträgt 53,2 Jahre (Median 59 Jahre), das der

Männer 42,3 Jahre (Median 43 Jahre). Wie im Diagramm zu sehen, steigt die

Anzahl der Frakturen pro Lebensjahrzehnt bei den Männern auf ein Maximum

zwischen dem 41. und 50. Lebensjahr an, um danach wieder stetig abzufallen.

Bei den weiblichen Patienten ist diese Symmetrie nicht nachzuweisen, hier gibt

es eine unregelmäßige Verteilung zwischen der jüngsten Patientin mit 6 Jahren

und der ältesten mit 100 Jahren. Auffallend ist jedoch, dass die Axisfraktur bei

den Frauen eher im höheren Alter auftritt. (Abb. III-16)

Als häufigste Unfallursache sind bei den Axisfrakturen der Sturz aus großer

Höhe und der Verkehrsunfall mit dem PKW in jeweils 15 Fällen zu nennen.

Gefolgt von Stürzen aus geringer Höhe, 6 Fälle, Fahrradunfälle, 4 Fälle, und 3

Sportunfällen.

91% der Verletzten mit einer Axisfraktur wiesen keinerlei neurologisches Defizit

auf, in drei Fällen wurde jedoch ein kompletter Querschnitt nachgewiesen.

Neben der Halswirbelsäulenverletzung erlitten noch 32 Patienten (72,7%)

andere Begleitverletzungen. Wie schon bei den Atlasfrakturen dominiert hier

das Schädel-Hirn-Trauma mit 16 Fällen. Jeweils sieben Patienten erlitten ein

Thoraxtrauma und einer Verletzung der oberen Extremität. Neun Patienten

zogen sich eine Fraktur eines direkt an den Axis angrenzenden Wirbelkörper

zu.

Die Mehrheit der Patienten wurde konservativ behandelt, so dass nur in 17

Fällen eine operative Stabilisierung durchgeführt wurde.

Page 90: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

83

0

3

5

4

7

4

3

1 0 01

23

02

1

4

1 12

0

1

2

3

4

5

6

7

Anza

hl (n

)

01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100

Frauen

Altersverteilung der Patienten mit Axisfraktur

Frauen

Männer

Abbildung III-16: Altersverteilung der Patienten mit Axisfrakturen

6.1: Dens axis-Frakturen:

Die Densfrakturen machen in dem Patientenkollektiv des Bergmannsheil

Bochum 29% aller Halswirbelsäulenfrakturen aus.

Bis auf zwei Fälle eines 6jährigen Mädchens und einer 22jährigen Frau, die sich

im Rahmen eines Autounfalls eine Densfraktur zuzogen, beginnt das weibliche

Patientenkollektiv erst ab dem 50. Lebensjahr. Eine Häufung findet sich

zwischen dem 61. und 70. Lebensjahr. (Abb.III-17) Die meisten Patienten

erlitten oben genannte Fraktur im Rahmen eines Sturzes aus geringer Höhe.

22 der 34 Patienten mit Densfraktur sind männlichen Geschlechtes. Im

Gegensatz zu den Frauen findet sich bei den Männern eine Häufung zwischen

dem 21. und dem 70. Lebensjahr. Das Maximum erreicht das männliche

Kollektiv zwischen dem 41. und 50. Lebensjahr. Zu dieser Altersverteilung

passend findet sich beim männlichen Geschlecht eine deutliche Dominanz der

Hochrasanztraumen (81%), wie Verkehrsunfälle mit dem Auto oder Fahrrad,

sowie der Sturz aus großer Höhe. (Abb.III-18)

Auffallend ist, dass nur drei Patienten einen kompletten motorischen und

sensorischen Querschnitt als Folge der Densfraktur erlitten. Bei einem Großteil

(30 Patienten) war kein neurologisches Defizit nachweisbar.

Page 91: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

84

Betrachtet man nun die Frakturhöhe entsprechend der Klassifikation nach

Anderson und D’Alonzo, so findet sich in diesem Kollektiv kein Patient mit einer

Fraktur entsprechend Typ I. Eine basisnahe Densfraktur entsprechend Typ II

nach Anderson und D’Alonzo war der häufigste Frakturtyp. Dieser trat in 19

Fällen auf. Eine bis in den Denssockel reichende Fraktur fand sich bei 15

Patienten. Vergleicht man die Frakturtypen mit der Unfallursache, so fällt ein

ausgeglichenes Verhältnis der Hochrasanztraumen auf. Nur bei den Stürzen

aus geringer Höhe findet sich eine deutlich höhere Rate bei den Typ III-

Frakturen.

Einer operativen Therapie wurden 14 Patienten zugeführt.

0

3 32

6

43 1

0 01 0 1 0 1 1

4

1 12

0

1

2

3

4

5

6

Anz

ahl (

n)

01-10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 91-100

FrauenMänner

Altersverteilung der Patienten mit Densfraktur

Frauen

Männer

Abbildung III-17: Geschlechtsspezifische Altersverteilung der Patienten mit

Densfraktur

Page 92: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

85

8

5

3

4

6

3

4

0

1

0

0

2

4

6

8

10

12

14A

nzah

l (n)

Sturz, großeHöhe

Sturz, geringeHöhe

Verkehr, Auto Verkehr,Fahrrad

Sport

Unfallursache, aufgeteilt nach Geschlechtern

Frauen

Männer

Abbildung III-18: Geschlechtsspezifische Unterteilung der Unfallursache bei

Patienten mit Densfraktur

6.2: Traumatische Spondylolisthese des Axis:

In dem Gesamtkollektiv von 562 Patienten mit Wirbelsäulenverletzungen

fanden sich zehn Verletzungen des Körper des Axis. Das Geschlechtsverhältnis

zeigte sich mit jeweils 5 Patienten ausgeglichen. Das Durchschnittsalter zum

Unfallzeitpunkt beträgt 30,5 Jahre. Als Unfallursache traten ausnahmslos

Hochrasanztraumen in Erscheinung. Sechs Patienten erlitten eine traumatische

Spondylolisthese des Axis aufgrund eines Verkehrsunfalls mit dem Auto, jeweils

zwei Patienten zogen sich die Verletzung durch einen Sturz aus großer Höhe

oder durch einen Sportunfall zu. Insgesamt zeigten alle zehn Patienten kein

neurologisches Defizit zum Aufnahmezeitpunkt. Zwei Patienten erlitten eine

weitere Verletzung der Halswirbelsäule, in diesen Fällen eine Fraktur des dritten

Halswirbelkörpers. Die Aufgliederung in die Klassifikation nach Effendi zeigt vier

Frakturen des Typs I, jeweils drei Verletzungen des Typs II und III. Sieben

Patienten mit traumatischer Spondylolyse wurden konservativ behandelt, drei

Page 93: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

86

operativ. Die operativ versorgten Patienten wiesen in zwei Fällen eine Typ I-

und in einem Fall eine Typ III auf.

Page 94: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

87

IV. Diskussion

1. Problematik

Das Ziel dieser Arbeit ist die retrospektive Analyse der Epidemiologie der

Wirbelsäulenfraktur vom ersten Halswirbel bis zum fünften Lendenwirbel. Der in

den letzten Jahren vollzogene Wandel in der Therapie der Wirbelfraktur zog ein

vermehrtes Interesse an der Epidemiologie und Ursachenforschung nach sich.

So wurde erst 1994 durch Anregung von Prof. Dr. J. Probst die

Arbeitsgemeinschaft „Wirbelsäule“ der deutschen Gesellschaft für

Unfallchirurgie gegründet. Diese initiierte eine Sammelstudie, an der sich bis

zum heutigen Tag 18 unfallchirurgische Kliniken in Deutschland und Österreich

beteiligen. Im Gegensatz zu der hier vorliegenden Arbeit befasst sich die DGU-

Studie nur mit Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, die einer

operativen Therapie zugeführt werden.

2. Gesamtkollektiv

2.1: Geschlechtsverteilung:

Einleitend muss erwähnt werden, dass das Bergmannsheil Bochum als

Krankenhaus der Maximalversorgung mit angegliederter Abteilung für

Rückenmarksverletzte ein selektioniertes Patientengut erhält. So dürften im

Vergleich zu einem Regelkrankenhaus die Schwerverletzten überwiegen,

während konservativ zu behandelnde Patienten eher unterrepräsentiert sind.

Der Anteil von Frauen, die eine Verletzung der Wirbelsäule erleiden, liegt

anhand der Daten der Arbeitsgemeinschaft „Wirbelsäule“ der DGU bei 36,1%

[48]. Demgegenüber steht eine Rate von 48% aus einer Arbeit von Richard Hu,

der zwischen 1981 und 1984 eine epidemiologische Erfassung der

Wirbelsäulenverletzungen im Bezirk Manitoba in Kanada durchführte [40]. In

einer Arbeit aus dem Jahre 2003 geht S. David sogar nur von Anteil von einem

Drittel aus [15].

Page 95: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

88

In dem untersuchten Kollektiv beträgt der Anteil der weiblichen Verletzten

38,97%, liegt dementsprechend nah an dem in der Multicenter-Studie

ermittelten Wert.

Auffallend ist die ausgeglichene Geschlechterverteilung bei den Typ A-

Verletzungen, während bei den Typ B- und Typ C-Verletzungen deutlich das

männliche Geschlecht dominiert. Dies deutet daraufhin, dass das männliche

Geschlecht durch den Beruf oder die Freizeittätigkeiten einem höheren Risiko

ausgesetzt ist, schwere Wirbelsäulenverletzungen zu erleiden.

2.2: Altersverteilung:

Das durchschnittliche Alter der hier untersuchten Patienten zum Zeitpunkt der

Diagnosestellung (n=562) liegt bei etwa 44 (43,8) Jahren mit einem Minimum

von 6 Jahren und einem Maximum von 100 Jahren.

In der Literatur findet man Durchschnittsalter zum Unfallzeitpunkt zwischen 34

Jahren und 39 Jahren [48,65].

Das hier untersuchte Kollektiv überschreitet dieses Durchschnittsalter um fünf

bis zehn Jahre. Dieses ist jedoch nicht verwunderlich, da sich keine Angaben

über ein Durchschnittsalter in einem identischen Kollektiv finden ließen. So sind

die oben genannten Werte aus Untersuchungen entstanden, die entweder nur

Frakturen des thorakolumbalen Übergangs oder nur operativ versorgte

Patienten einschlossen. Außerdem ist der Anteil der

Halswirbelsäulenverletzungen, hier insbesondere die Densfraktur,

überdurchschnittlich häufig vertreten. Da diese Frakturen ein höheres

Durchschnittsalter aufweisen, lässt sich hieraus der höhere Altersmittelwert

erklären. Die Densfraktur ist eine typische Manifestation einer ausgeprägten

Osteoporose, dieses ist an der Altersverteilung deutlich nachzuvollziehen.

Die geschlechtsspezifische Altersverteilung in dieser Untersuchung korreliert

sehr eng mit den aus der Literatur vorgegebenen Angaben. So findet sich ein

identischer Altersgipfel der männlichen Verletzten zwischen dem zwanzigsten

und dem vierzigsten Lebensjahr [15,23].

Bei den weiblichen Verletzten findet sich eine zweigipflige Altersverteilung,

wobei das erste Maximum dem der männlichen in der Ätiologie der Verletzung

Page 96: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

89

entspricht. Der zweite Höhepunkt in der Altersverteilung zwischen sechzig und

achtzig beinhaltet das erhöhte Frakturrisiko durch die postmenopausale

Osteoporose [4,32].

Auffallend ist das deutlich niedrigere Durchschnittsalter der Verletzten mit

Rotationskomponente im Vergleich zum Kollektiv der A-Verletzten. Diese

Verschiebung kommt durch die höhere Anzahl von Hochrasanztraumen im

jüngeren Kollektiv zustande.

2.3: Unfallursache:

Vergleicht man die Erhebung der Arbeitsgemeinschaft „Wirbelsäule“ der DGU

mit dieser Analyse, so ist besonders auffallend der deutlich höhere Anteil an

Stürzen aus großer Höhe. Hier stehen 39% aus diesem Kollektiv 58,6% der

DGU-Verletzten entgegen. Zu erklären ist diese Diskrepanz durch das

ausschließlich operativ versorgte Kollektiv der Multicenter-Studie im Gegensatz

zu der konservativ und operativen Versorgung in dem Kollektiv dieser Arbeit. So

führt ein Sturz aus großer Höhe häufiger zu einer Wirbelfraktur mit folgender

Operationsindikation als der Sturz aus geringer Höhe. Dieses erklärt auch die

höhere Quote mit 20,3% an banalen Stürzen in diesem Kollektiv, verglichen mit

nur 14,1% der DGU-Studie.

Vergleicht man den Verkehrsunfall als Unfallursache, so fällt ein höherer Anteil

mit 26,5% in diesem Kollektiv gegenüber 22,1 % auf. Demgegenüber steht ein

wesentlich höherer Wert aus einer Arbeit aus dem Jahr 1970 bis 1971 aus

Kalifornien. Riggins und Kraus ermittelten in vier großen Krankenhäusern in

Sacramento einen Anteil der Verkehrsunfälle als Wirbelfrakturursache von

47,9% [66]. Eine Begründung dafür liegt wohl an der in den 80er Jahren in

Deutschland eingeführten Gurtpflicht, die zu einer maßgeblichen Reduktion der

Verletzungen im Straßenverkehr führte. Eine weitere Studie der

Universitätsklinik Alberta, Edmonton in Kanada ergab bei einem Kollektiv von

508 Patienten in 56% einen Verkehrsunfall als Ursache für eine Verletzung der

Wirbelsäule [69]. Hier stellt die zweithäufigste Unfallursache nach dem

Verkehrsunfall der Sportunfall in 17% der Fälle dar. Während der Sportunfall in

der DGU-Studie je nach Unfallmechanismus in die jeweilige Kategorie

Page 97: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

90

eingeordnet wurde und aus diesem Grund nicht separat aufgelistet wird, findet

sich in dem hier untersuchten Patientenkollektiv der Sportunfall in 5,2% der

Patienten als Grund für die Verletzung.

Wirft man nun ein besonderes Augenmerk auf die Frakturlokalisation im Bezug

auf die Unfallursache, so lässt sich eine Übereinstimmung mit den Daten von

Saboe et al. vermerken. So treten die meisten Wirbelfrakturen im Bereich des

cervikothorakalen und des thorakolumbalen Übergangs auf. Im

cervikothorakalen Übergang sind insbesondere die Verkehrs- und Sportunfälle

als Ursache zu nennen, während der Übergang zwischen Brust- und

Lendenwirbelsäule vorwiegend durch Sturzereignisse sowohl aus großer wie

auch geringer Höhe betroffen wird (p< 10-6, siehe Chi2-Kontingenztafel Seite

61). Dieses vermag an der unterschiedlichen Krafteinwirkung liegen, die bei

einer Verletzung der Halswirbelsäule eher in Sagittalrichtung im Sinne einer

Flexion bzw. Extension verläuft. Demgegenüber steht der axiale Kraftfluss bei

den Stürzen, der zu einer Wirbelverletzung im thorakolumbalen Übergang führt.

Wie oben bereits aufgeführt weist die doppelgekrümmte Wirbelsäule am

jeweiligen Wendepunkt die geringste Widerstandskraft gegen axiale Stauchung

auf, da hier die Wirbelkörper senkrecht aufeinander stehen und so keine

Ausweichbewegung, also Zunahme der Säulenkrümmung, stattfinden kann.

Zu erwähnen ist noch die verhältnismäßig hohe Anzahl der

Brustwirbelsäulenverletzungen im Rahmen von Verkehrsunfällen. Ursächlich

dafür ist die extreme Beschleunigungsenergie im Falle einer Kollision, die zu

einer Verletzung der Brustkorbintegrität führt und somit ein wichtiger

Stabilisationsfaktor für die thorakale Wirbelsäule verloren geht.

Nun folgt die Betrachtung der Unfallursache im Bezug auf das Alter der

Verletzten. Konzentriert man sich hier auf den jugendlichen Verletzten, so

stimmen die Werte mit denen von McPhee et al. und Hadley et al. überein

[36,58]. Die häufigste Unfallursache des Adoleszenten und der Adoleszenten

sind der Sturz aus großer Höhe sowie der Verkehrsunfall. Demgegenüber steht

eine Erhebung aus dem Jahr 2001 von Clark und Letts, in der über 50% der

Wirbelverletzungen aus einem Freizeit- bzw. Sportunfall resultierten [12].

Betrachtet man die Altersgruppe zwischen 21 und 70 Jahren, so findet sich im

fortschreitenden Alter eine sinkende Frakturhäufigkeit in Folge eines

Verkehrsunfalls bei jedoch steigender Verletzungsrate durch Sturzereignisse

Page 98: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

91

(p<10-6, Chi2=195.4749). Diese Verteilung entspricht den Ergebnissen der

epidemiologischen Studie aus dem Jahr 1981-1984 in Manitoba, Kanada [40].

Eine deutliche Häufung der Hochrasanztraumen findet sich im Kollektiv der

Typ B- und Typ C-Verletzungen (p=0.140x10-3, Chi2=17,7440). Insgesamt

führten der Sturz aus großer Höhe und der Verkehrsunfall zu 77,9% der Typ C-

Verletzungen. Dies deutet auf die hohe Traumaenergie hin, welche diese

Verletzungen verursacht.

2.4: Begleitverletzungen:

Der Anteil der Patienten mit Begleitverletzungen wird in der Literatur mit 38%

bis 57,9% angegeben (Hu et al 1996, Knop et al. 1999). In diesem Kollektiv

weisen 54,4% der untersuchten Patienten eine oder mehrere

Begleitverletzungen auf. Die Patienten mit Begleitverletzung sind im Schnitt

ungefähr sechs Jahre jünger (Altersmittelwert der isolierten Wirbelverletzen:

47,4 Jahre gegenüber 40,9 Jahren). Diese Verteilung korreliert mit den

Ergebnissen der DGU-Studie. Die häufigsten Begleitverletzungen der Patienten

mit Wirbelfraktur sind in diesem Kollektiv die Schädel-, Thorax- und

Extremitätenverletzung. Dementsprechend selten kam es zu Abdominal- und

Beckenverletzungen. Diese Werte stimmen sehr genau mit denen in der

Literatur angegebenen, hier z.B. Saboe et al., Hu et al., überein. Eine

Diskrepanz findet sich jedoch bei der Betrachtung der Frakturlokalisation im

Bezug auf das Auftreten einer Begleitverletzung. Hier berichtet Saboe et al. von

ein Rate von 28% bei Verletzungen der Halswirbelsäule, während in diesem

Kollektiv bei 65% der zervikalen Wirbelsäulenläsionen eine Begleitverletzung

diagnostiziert wurde. Entsprechend finden sich auch bei den Brust- und

Lendenwirbelfrakturen gegensätzliche Werte, so wird in der kanadischen Studie

berichtet, dass die meisten Begleitverletzungen bei thorakalen Wirbelfrakturen

(82%), knapp gefolgt von den lumbalen Frakturen (72%) auftreten. In diesem

Patientenkollektiv dagegen wurden in 50,6% der Brust- und in 52,3% der

Lendenwirbelverletzungen weitere Verletzungen diagnostiziert.

Übereinstimmend kann jedoch berichtet werden, dass das Auftreten weiterer

Verletzungen bei bi- bis mehrsegmentalen Frakturen signifikant öfter

Page 99: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

92

dokumentiert wird. Saboe et al. gehen von einem Wert für die bi- bis

mehrsegmentalen Verletzungen von 62% aus, dieser Wert wird in diesem

Kollektiv jedoch deutlich mit 74-80% übertroffen. Noch prägnanter ist das

Vorkommen einer Begleitverletzung bei den Mehretagenfrakturen, so weisen in

diesem Patientengut 96,5% eine zusätzliche Verletzung auf (p=0,001989,

Chi2=12,4403).

Zu erwarten wäre eine niedrigere Quote an Begleitverletzungen bei Frakturen

der Halswirbelsäule, da diese auf Grund des großen Bewegungsausmaßes und

der geringeren Masse des Wirbelkörpers durch geringere Krafteinwirkung

verletzt werden kann. Im Gegensatz dazu erfordert es eine hohe Energie um

den Thoraxverbund zu verletzten, der die Brustwirbelsäule stabilisiert. Daher

würde man eine höhere Rate an Begleitverletzungen, insbesondere der

Brustorgane, erwarten. Gleiches gilt für die Lendenwirbelsäule, die allein durch

den größeren Wirbelköper und die stärkeren ligamentären Verbindungen eine

höhere Stabilität aufweist [69].

In dieser Untersuchung kann die These von Saboe, dass es keinen Unterschied

in der Art der Begleitverletzung verglichen mit der Unfallursache gibt, nicht

unterstützt werden. So kann sehr wohl behauptet werden, dass eine durch

einen Verkehrsunfall ausgelöste Wirbelverletzung häufig mit einer Kopf- oder

Thoraxverletzung einhergeht. Genauso tritt die Beckenverletzung

charakteristischerweise häufiger bei Stürzen aus großer Höhe auf.

2.5: Lokalisation der Wirbelfraktur:

Insgesamt konnte bei 20,8% der Patienten dieser Untersuchung eine

Halswirbelsäulenverletzung nachgewiesen werden. Dieser Anteil entspricht

auch anderen Arbeiten, so ermittelte Hu et al. in seinem Kollektiv von 944

Patienten einen Anteil von 19,3% mit Halswirbelsäulenverletzungen [8,40].

Die am häufigsten verletzten Wirbelkörper sind der Axis, HWK 5 und 7. Diese

Verteilung lässt sich auch durch andere Publikationen bestätigen [39,68].

Ursächlich dafür ist die bereits oben beschriebene Fragilität der Wirbel im

Bereich der Übergänge, so wie im Falle des zweiten Halswirbelkörpers die

häufig im Alter auftretende Schwächung der spongiösen Knochensubstanz des

Page 100: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

93

Dens axis auf Grund der Osteoporose. So haben die Densfrakturen einen Anteil

von 10% bei den über siebzigjährigen Patienten. Demgegenüber behaupten

Anderson und D’Alonzo, dass die Densfraktur regelmäßig durch alle

Altersschichten verteilt auftritt [2]. Schatzker et al. und Clark and White gehen

sogar davon aus, dass sich die Densfraktur überwiegend im jugendlichen bzw.

jungen Erwachsenenalter wieder findet [72]. In diesem Kollektiv wurde ein

Altersmittelwert von 43,6 Jahren für die Axisfraktur ermittelt, hiermit liegt es

knapp unter dem in der Literatur angegebenen Durchschnitt von 47 Jahren [71].

Einige Autoren behaupten, dass kombinierte Verletzungen der oberen

Halswirbelsäule eine Rarität sind [24,50]. Dieses kann in diesem Kollektiv nicht

unterstützt werden, da hier von den elf Atlasfrakturen allein in vier Fällen eine

Fraktur des Axis vorlag. Dies entspricht 36,4%. In sieben Fällen war eine HWK

2-Fraktur mit einer Atlasfraktur vergesellschaftet (15,9%). Hadley et al. gehen

von einer Kombinationsverletzung des Atlas mit dem Axis in 44% der Fälle aus

[33].

Die ansteigende Häufigkeit der Frakturen im unteren Halswirbelsäulenabschnitt

ist auf die Nähe zum cervikothorakalen Übergang zurückzuführen. Hier trifft die

weite Bewegungsamplitude der HWS auf den starren Verbund der thorakalen

Wirbelsäule. Dies steigert die Verletzungsanfälligkeit zum Zeitpunkt des

Traumas. Darauf beruht auch die geringe Anzahl an Frakturen der oberen

Brustwirbelsäule (BWK 1: 2 Fälle, BWK 2: 1Fall).

Die Verletzungen der thorakalen Wirbelsäule machten in diesem Kollektiv

28,8% aus, vergleichbar mit der epidemiologischen Studie aus Manitoba,

Kanada. Auf Grund der oben bereits mehrfach beschriebenen Biomechanik der

Übergangsregionen steigt die Frakturhäufigkeit deutlich in den kaudalen

Brustwirbelsäulenabschnitten. Das Verhältnis der Geschlechter ist

entsprechend dem Gesamtkollektiv verteilt. Die Altersverteilung zeigt eine

geringgradige Abweichung, so ist der männliche Brustwirbelsäulenverletzte im

Durchschnitt zwei Jahre jünger, die weibliche Verletzte jedoch zwei Jahre älter.

Dies hängt mit dem jeweiligen Frakturmechanismus zusammen, so frakturiert

die thorakale Wirbelsäule entweder durch eine Hochrasanztrauma, hier

dominiert der jüngere männliche Patient, oder durch eine geschwächte

Knochendichte auf Grund der Osteoporose, postmenopausal bedingt häufiger

nach dem fünfzigsten Lebensjahr.

Page 101: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

94

Über die Hälfte der Frakturen in dieser Studie finden sich zwischen dem ersten

und fünften Lendenwirbel. Hiermit liegt sie zehn Prozentpunkte über dem Wert

von Hu et al. Charakteristischerweise ist der erste Lendenwirbelkörper mit

28,4% aller Frakturen der Wirbelsäule der am häufigsten frakturierte Wirbel,

entsprechend aller Auswertungen [25,31,44,55,63]. Die nun bei der Betrachtung

der kaudal folgenden Wirbelkörper sinkende Frakturhäufigkeit beruht auf der,

durch die steigende Wirbelkörpergröße, höheren Stabilität. Wie von Panjabi und

White beschrieben, macht die Spongiosamasse den entscheidenden

Stabilitätsfaktor bei axialer Krafteinwirkung aus. Außerdem ermöglicht die

unterhalb des ersten Lendenwirbelkörpers beginnende Lordose eine

Ausweichbewegung in der Sagittalebene, die zu einer Abnahme der auf den

Wirbelkörper einwirkenden Kraft führt [85].

2.6: Neurologie:

Laut Literaturangaben findet sich bei 14 bis 38% der Wirbelsäulenverletzten ein

neurologisches Defizit [66,69]. In diesem Kollektiv konnten bei 24,7% der

Verletzten neurologische Ausfälle nachgewiesen werden. Auffallend ist die

unterschiedliche Häufigkeit mit der ein neurologisches Defizit auftritt, wenn man

die Frakturlokalisation mit einbezieht. Dieses lässt sich auf Grund des

anatomischen Aufbaus der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte erklären. So ist im

zervikalen Wirbelsäulenabschnitt der Unterschied zwischen dem

Myelondurchmesser und dem Wirbelkanaldurchmesser am geringsten, so dass

eine Verletzung der neuronalen Struktur am wahrscheinlichsten ist. Dieses

Verhältnis verändert sich nach kaudal hin in soweit, dass das Rückenmark nur

noch ein geringen Anteil des Wirbelkanals ausfüllt [69].

Der Vergleich aus dem Frakturmechanismus und dem daraus resultierenden

neurologischen Defizit ist in dieser Untersuchung bis auf wenige Prozentpunkte

mit der Erfassung der Arbeitsgemeinschaft Wirbelsäule identisch. So erlitten

11.36% der Patienten mit einer Typ-A-Verletzung ein neurologisches Defizit,

46,3% der Typ-B-Verletzten und 51,92% der Typ-C-Verletzten (p<10-6,

Chi2=90,4604). Unterschiedliche Werte ergab nur die Gruppe der

Distraktionsverletzungen, welche bei der DGU-Studie in 72% der Fälle ohne

Page 102: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

95

neurologisches Defizit verblieb, das Kollektiv des Bergmannsheil Bochum hatte

hier jedoch nur eine Quote von 53%.

Betrachtet man die Koinzidenz der Begleitverletzung mit dem Auftreten eines

neurologischen Defizit jeglichen Ausmaßes, so fällt in dieser Untersuchung auf,

dass es einen kausalen Zusammenhang gibt. Demgegenüber steht die

Erhebung von Saboe et al., in der die Patienten ohne Begleitverletzung öfter ein

neurologisches Defizit aufwiesen. Dieses ist, wie auch dort erwähnt, mit der

höheren präklinischen Letalität der Patienten mit Begleitverletzung zu erklären

[69].

2.7: Therapie:

Ein Vergleich dieser Daten mit bereits veröffentlichten Studien ist nicht möglich,

da es laut Medline-Recherche keine Arbeiten über Kollektive gibt, die sowohl

konservativ als auch operativ versorgte Verletzungen der Wirbelsäule

behandeln. So behandeln große Studien, wie die mehrfach erwähnte DGU-

Studie nur operativ versorgte Patienten.

Diese Datenerhebung zeigt im Gesamtkollektiv eine relativ ausgeglichene

Verteilung der operativ und konservativ versorgten Patienten. Betrachtet man

jedoch die einzelnen Verletzungstypen, so zeigt sich eine deutliche Zunahme

der operativ versorgten Patienten bei den Typ B- und Typ C-Verletzten. Dieses

ist durch die bei diesen Frakturtypen auftretende Instabilität zu erklären. Des

weiteren findet sich in diesem Untergruppenkollektiv eine deutlich höhere

Inzidenz der neurologischen Ausfallerscheinungen, die, wie bereits oben

beschrieben, eine eindeutige Operationsindikation stellen. So lässt sich auch

die gesteigerte Zahl der operativ versorgten Typ A.3-Verletzungen erklären.

Hier kommt es entweder zu einer Protrusion der Hinterkante in den Wirbelkanal

mit neurologischem Defizit. Oder es ist mit einer weiteren Sinterung zu

rechnen, so dass initial eine Stabilisierung von dorsal oder dorsoventral erfolgt.

Page 103: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

96

3. Atlas- und Axisfrakturen

Insgesamt finden sich in diesem großen Kollektiv von 562 Patienten nur elf

Verletzungen der ersten Halswirbelkörpers. Die überwiegend männlichen

Patienten befinden sich zum Zeitpunkt der Fraktur in einem fortgeschrittenen

Lebensalter, was auf eine Minderung der Knochendichte als pathogenetischer

Faktor deuten kann. Dafür spricht, dass als wesentliche Unfallursache der Sturz

aus geringer Höhe dominiert. Insgesamt korreliert diese Vermutung, dass der

Sturz auf den Kopf aus dem Stand die Hauptursache ist, mit der Tatsache, dass

in 63,6% der Fälle ein Schädel-Hirn-Trauma auftrat. Im Gegensatz übrigens

zur HWK 2-Fraktur, die überwiegend durch Hochrasanztraumen ausgelöst wird.

Dies wird durch unten dargestellte Vierfeldertafel mit dazugehöriger Odds-Ratio

unterstützt.

Tab.IV-1: Darstellung der Inzidenz eines Schädel-Hirn-Traumas bei Atlas- und

Axisfraktur

SHT Kein SHT

HWK 1-# 7 (63%) 4 (36,4%) 11

HWK 2-# 16 (36,4%) 28 (63.6%) 44

Summen 23 32 55

Odds-Ratio = 3.0625, Relatives Risiko = 1,75

Die Verletzung des ersten Halswirbelkörpers geht selten mit einer Schädigung

des Myelons einher. Ursache dafür ist der Frakturmechanismus, der dazu führt,

dass der Wirbelkanal eher im Durchmesser wächst. Erst die Mitverletzung des

zweiten Halswirbelkörpers führt zu einer Instabilität bzw. Abkippung des Dens,

was dann zu einer neurologischen Ausfallerscheinung führen kann. Weitere

Arbeiten belegen die Tatsache, dass die kombinierte Verletzung der ersten

beiden Halswirbelkörper mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität

einhergehen, als die isolierte Verletzung eines der beiden Wirbel [20,28,30].

Page 104: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

97

Während bei Betrachtung des Gesamtkollektivs noch die Hochrasanztraumen

als Hauptursache dominierten, so fällt bei der isolierten Betrachtung der

Densfrakturen der Sturz aus geringer Höhe als wichtigster Unfallmechanismus

des weiblichen Patienten auf. Dies unterstützt die Tatsache, dass die

Densfraktur überwiegend eine Verletzung der osteoporotischen

postmenopausalen Frau ist [59,68]. Beim männlichen Patienten zeigt sich eine

Häufung der Hochrasanztraumen.

Die traumatische Spondylolisthese, klassifiziert nach Effendi, tritt vorwiegend

durch Hochrasanztraumen wie Verkehrsunfälle und Stürze aus großer Höhe

auf, welches auch in diesem Kollektiv zutrifft [61]. Andere Untersuchungen

geben schwere Schädelverletzungen und Thoraxtraumen als häufigste

Begleitverletzung an, wobei die Inzidenz in diesem Kollektiv mit 40%

vergleichbar ist [13,22,33,34]. Insgesamt konnte kein neurologisches Defizit

nachgewiesen, diese Tatsache kann an dem relativ kleinen Kollektiv liegen, da

in der Literatur eine Inzidenz von ca. 10% angegeben wird [27,61]. Effendi et al.

berichtet über Begleitverletzungen der unteren Halswirbelsäule in 14%, was mit

dieser Erhebung (20%) in Einklang zubringen ist [22].

Page 105: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

98

V. Zusammenfassung

Während Frakturen der langen Röhrenknochen und des Beckens schon seit

langem osteosynthetisch versorgt werden, ist die operative Therapie der

Wirbelfraktur erst vor ca. zwei Jahrzehnten flächendeckend eingeführt worden.

Erst in den neunziger Jahren wurde eine international gültige Klassifikation

durch Magerl et al. angeboten, die heute einen Vergleich der einzelnen

Frakturtypen in unterschiedlichen Untersuchungskollektiven ermöglicht.

Daraufhin entstand der Gedanke eine epidemiologische Erfassung des

Patientengutes mit traumatischer Wirbelfraktur des Bergmannsheil Bochum

durchzuführen.

Anhand der vorliegenden Informationen im Zentralarchiv des Bergmannsheil

Bochum wurden 562 Patienten ausgewertet. Diese wiesen die zur Klassifikation

notwendigen Röntgenbilder der Wirbelsäule in zwei senkrecht aufeinander

stehenden Ebenen, sowie ein Computertomogramm auf.

1. Das untersuchte Kollektiv besteht aus 343 Männern und 219 Frauen. Die

Altersverteilung weist bei den weiblichen Verletzten einen zweigipfligen

Kurvenverlauf auf mit einem Maximum zwischen zwanzig und fünfzig Jahren

und einem weiteren Maximum zwischen sechzig und achtzig Jahren. Die

männlichen Verletzten weisen ein Altersmaximum zwischen zwanzig und

fünfzig auf.

Die häufigste Unfallursache war der Sturz aus großer Höhe, gefolgt von den

Verkehrsunfällen und den Stürzen aus geringer Höhe. In diesem Kollektiv zeigt

sich eine signifikante Veränderung der Unfallursache mit zunehmendem Alter.

Während die Hauptunfallursache der Adoleszenten der Verkehrsunfall ist,

nimmt mit zunehmendem Alter die Häufigkeit des Sturzes als Ursache zu.

Jeder zweite Verletzte (54,4%) zog sich eine Begleitverletzung zu. Schädel-

und Thoraxverletzungen traten am häufigsten auf. Statistisch konnte ein

Zusammenhang zwischen der Anzahl der verletzten Wirbelsegmente und der

Wahrscheinlichkeit eine Begleitverletzung zu erleiden, gestellt werden.

Page 106: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

99

Die Lokalisation der Wirbelfraktur zeigte einen typischen erwartungsgemäßen

Verlauf mit einer Häufung im Bereich der Übergänge der einzelnen

Wirbelsäulenabschnitte. Hier konnte signifikant dargestellt werden, dass die

Verletzungen des zervikothorakalen Übergangs überproportional häufig durch

Verkehrs- und Sportunfälle verursacht wurden, während die Verletzungen des

thorakolumbalen Übergangs überwiegend nach Stürzen aus großer und

geringer Höhe entstanden.

Die Auswertung des neurologischen Aufnahmebefundes zeigte, dass 24,7% der

aufgenommen Patienten ein neurologisches Defizit der Frankel-Stadien A-D

aufwiesen. Beleuchtet man die einzelnen Frakturtypen von A nach C, so findet

sich die erwartungsgemäße Zunahme der Myelonverletzung mit der Schwere

der Wirbelverletzung.

Die kategorische Unterscheidung der Therapie in operativ und konservativ stellt

ein Übergewicht der operativen Versorgung dar. So wurden 62% der

Verletzungen osteosynthetisch versorgt. Eine Unterscheidung der einzelnen

Operationstechniken wurde auf Grund der Datenmenge nicht durchgeführt. Zu

erwähnen ist jedoch die deutliche Zunahme des operativ versorgten Anteils von

den Kompressionsverletzungen bis zu den Rotationsverletzungen. Dadurch

wird die Intention von Magerl et al. unterstützt eine Klassifikation zu entwickeln,

die eine Hilfe zur operativen Indikationsstellung darstellt.

2. Die Evaluation der Typ A-Verletzungen zeigt eine ausgeglichenere Verteilung

der Geschlechtsverhältnisse, als dies im Gesamtkollektiv anzutreffen war.

Die Altersverteilung zum Unfallzeitpunkt weist den schon oben beschriebenen

zweigipfligen Kurvenverlauf der weiblichen Verletzten auf.

Im Gegensatz zum Gesamtkollektiv sind die beiden häufigsten Unfallursachen

der Sturz aus großer und geringer Höhe. Der Verkehrsunfall ist an dritter

Position anzutreffen.

Insgesamt liegt die Quote der Begleitverletzungen bei den Typ A-Verletzungen

etwas niedriger bei 44,2%. Überwiegend zogen sich die Patienten Extremitäten-

und Schädelverletzungen zu.

Betrachtet man die Lokalisation der Wirbelfraktur, so fällt eine Häufung im

thorakolumbalen Übergang auf. Insgesamt sind 77% der Typ A-Verletzungen

auf ein Segment begrenzt.

Page 107: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

100

Erwartungsgemäß wurde bei einem Großteil (88%) der diesem Frakturtyp

zugehörigen Patienten kein neurologisches Defizit bei Aufnahme diagnostiziert.

Die Therapieentscheidung fiel im gesamten Kollektiv der

Kompressionsverletzungen ausgeglichen aus, erst die differenzierte

Betrachtung zeigt eine überwiegend konservative Therapie der

Impaktionsbrüche, ausgeglichenes Verhältnisse bei den Spaltbrüchen und ein

deutliches Übergewicht der operativen Therapie bei den Berstungsbrüchen.

3. Insgesamt zeigt das Kollektiv der Typ B-Verletzten eine deutlichere

Dominanz der männlichen Verletzten mit einer Verschiebung des

Altersmittelwertes nach unten.

Die Unfallursache verschiebt sich im Vergleich zur Kompressionsverletzung in

Richtung der Hochrasanztraumen, die die biomechanische Grundlage für

diesen Frakturtyp darstellen.

Bei den Begleitverletzungen dominiert in dieser Gruppe die weitere

Wirbelfraktur, gefolgt von Schädel- und Thoraxverletzungen.

Charakteristischerweise sind die Typ B-Verletzungen in den

Übergangsregionen gehäuft anzutreffen, dieses liegt an der mechanisch

ungünstigen Verhältnissen im Übergang eines rigiden in einen flexiblen

Abschnitt.

Sowohl die Zunahme der operativ versorgten Patienten, wie auch die

gestiegene Anzahl von Patienten mit einem neurologischen Defizit ist bei

diesem Frakturtyp zu erwarten gewesen.

4. Die Wirbelfraktur mit Rotationskomponente weist im Vergleich zu den

anderen Formen eine noch deutlichere Inzidenz bei jungen männlichen

Verunfallten auf. Diese erlitten vorwiegend Schädel und Thoraxverletzungen als

Begleitverletzungen. Wie auch bei den Typ B-Verletzungen stellt das

Hochrasanztrauma die entscheidende Unfallursache dar.

Die häufigsten Lokalisationen sind ebenfalls die Übergänge zwischen HWS/

BWS und BWS/LWS. Auffallend ist das Hochrasanztrauma als einzige

Unfallursache der mehrsegmentalen oder Mehretagenfrakturen.

Page 108: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

101

Die Rate der Frakturen mit sensomotorischem Defizit ist vergleichbar mit der

der Typ B-Verletzungen. Die Mehrheit der diesem Kollektiv zugehörigen

Patienten wurde operativ versorgt.

Zusammenfassend kann gesagt werde, dass vorwiegend junge Patienten

Wirbelfrakturen durch Hochrasanztraumen erleiden, wobei überwiegend

mehrere Segmente betroffen sind. Der ältere Patient dagegen zieht sich auf

Grund niederenergetischer Traumen monosegmentale Wirbelfrakturen mit

niedriger Inzidenz neurologischer Defizite zu.

Die Wahl der Therapie richtet sich nach dem Grad der Verletzung, so ist eine

Zunahme der operativ versorgten Patienten in den einzelnen Gruppen und

Untergruppen zu verzeichnen. Dies untermauert die Systematik der AO-

Klassifikation der Wirbelfrakturen, die hiermit zur OP-Indikationsstellung

angewandt werden kann.

Page 109: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

102

VI. Literaturverzeichnis

[1] Abel R (1998). Wirbelsäule und Rückenmark: weiterführende Diagnostik;

klinischer Leitfaden. Blackwell Wiss.-Verlag; 68-75

[2] Anderson LD, D’Alonzo RT (1974). Fractures of the odontoid process of the

axis. J Bone Joint Surg 56-A, 1663-1674

[3] Anderson LD, Clark CR (1989). Fractures of the odontoid process of the

Axis. The cervical Spine, 323-343

[4] Bengner U, Johnell O, Redlund, Johnell I (1988). Changes in incidence and

prevalence of vertebral fractures during 30 years. Calcified Tissue Int 42,

293-296

[5] Benzel EC, Hart BJ, Ball PA, Baldwin NG, Orrison WW, Espinosa M (1994).

Fractures of the C-2 vertebral body. J Neurosurg 81, 206-212

[6] Böhler L (1954). Die Technik der Knochenbruchbehandlung. 12.-13. Aufl.,

Bd I, Maudrich, Wien

[7] Boerger, TO, Limb D, Dickson RA (2000). Does 'Canal Clearance' Affect

Neurological Outcome After Thoracolumbar Burst Fracture? J Bone Joint

Surg 82-B, 629-635

[8] Bohlmann HH (1979). Acute fractures and dislocations of the cervical

spine. An analysis of three hundred hospitalised patients and review of the

literature. J Bone Joint Surg 61-A, 1119-1142

[9] Bucholz RW (1981). Unstable Hangman’s fracture. Clin Orthop 154, 119-

124

Page 110: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

103

[10] Bühren V (2001). Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule.

Chirurg 72, 865-879

[11] Chance GQ (1948). Note on a type of flexion fracture of the spine. Brit. J.

Radiol. 21, 452

[12] Clark P, Letts M (2001). Trauma to the thoracic and lumbar spine in the

Adolescent. Canadian J Surg 44, 337-345

[13] Coric D, Wilson JA, Kelly DL (1996). Treatment of traumatic

spondylolisthesis of the axis with nonrigid immobilisation: a review of 64

cases. J Neurosurg 85, 550-554

[14] Daniaux H, Wagner M, Kathrein A, Lang T (1999). Frakturen des

thorakolumbalen Übergangs – Die konservative Behandlung. Orthopäde

28, 682-691

[15] David S, Bauwens K, Ekkernkamp A (2003). Frakturen der BWS und

LWS. Trauma und Berufskrankheit 5, 322-328

[16] Decoulx P, Rieunau G (1958). Les fractures du rachis dorso-lombaire

sans troubles neurologiques. Rev Chir Orthop 44, 254

[17] Denis F (1983). The three column spine and its significance in the

classification of acute thoracolumbar spinal injuries. Spine 8(6), 817-831

[18] Denis F, Burkus JK (1992). Shear fracture dislocation of the Thoracic and

lumbar spine associated with forceful hyperextension (lumberjack

paraplegia). Spine 17, 156-161

[19] De Oliviera, J (1978). A new type of fracture-dislocation of the

thoracolumbar spine. J Bone Joint Surg 60-A, 481-488

Page 111: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

104

[20] Dickman CA, Hadley MN, Browner C, Sonntag VKH (1989).

Neurosurgical management of acute atlas-axis combination fractures: A

review of 25 cases. J Neurosurg 70, 45-49

[21] Dorne HL, Just N, Lander PH (1986). CT recognition of anormalies of the

posterior arch of the atlas vertebrae: differentiation from fracture. Am. J

Neurorad 7, 176-177

[22] Effendi B, Roy D, Cornish B, Dussault RG, Laurin CA (1981). Fractures

of the Ring of the Axis. J Bone Joint Surg 63-B, 319-327

[23] Eggers C, Stahlenbrecher A (1998). Injuries of thoracic and lumbar

spine. Unfallchirurg 101(10), 779-90.

[24] Esses S, Langer F, Gross A (1981). Fracture of the atlas associated with

fracture of the odontoid process. Injury 12, 310-312

[25] Eysel P, Meinig G, Sanner F (1991). Vergleichende Untersuchung

unterschiedlicher Stabilisierungsverfahren bei frischen Frakturen der

Rumpfwirbelsäule. Unfallchirurgie 17, 264-273

[26] Ferguson RL, Allen BL (1984). A mechanistic classification of

thoracolumbar spine fractures. Clin Orthop Rel Res 189, 77-88

[27] Fielding JW, Francis WR, Hawkins RJ, Pepin J, Hensinger R (1989).

Traumatic spondylolisthesis of the axis. Clin Orthop 239, 47-52

[28] Fowler JL, Sandhu A, Fraser RD (1990). A review of fracture of the atlas

vertebrae. J spin Disord 3, 19-24

[29] Frankel HL, Hancock DO, Hyslop G, Melzak J, Michaelis LS, Ungar GH,

Vernan JDS, Walsh, JJ (1969). The value of postural reduction in the

initial management of closed injuries of the spine with paraplegia and

tetraplegia. Paraplegia 7, 179-192

Page 112: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

105

[30] Fujimura Y, Nishi Y, Chiba K, Kobayashi K (1995). Prognosis of

neurological deficits associated with upper cervical spine injuries.

Paraplegia 33, 195-202

[31] Gertzbein SD (1992). Scoliosis research society. Multicenter spine

fracture study. Spine 17, 528-540

[32] Härmä M, Heliövaara M, Aromaa A, Knekt P (1986). Thoracic spine

compression fracture in Finland. Clin. Orthop 205, 188-194

[33] Hadley MN, Dickmann CA, Browner CM et al. (1988). Acute traumatic

atlas fractures: Management and long-term outcome. J Neurosurg 23,

31ff

[34] Hadley MN, Dickmann CA, Browner CM et al. (1989). Acute axis

fractures: a review of 229 cases. J Neurosurg 71, 642-647

[35] Hadley MN, Sonntag VKH, Grahm TW, Masferrer R, Browner C (1986).

Axis fractures resulting from motor vehicle accidents. Spine 11, 861-864

[36] Hadley MN, Zabramski JM, Browner CM, Rekate H, Sonntag VK (1988).

Pediatric spinal trauma. Review of 122 cases of spinal cord and vertebral

column injuries. J Neurosurg 68, 18-24

[37] Holdsworth FW (1963). Fractures, dislocation, and fracture-dislocations

of the spine. J Bone Joint Surg 45-B(1), 6-20

[38] Holdsworth FW (1970). Fractures, dislocations, and fracture-dislocations

of the spine. J Bone Joint Surg 52-A(8),1534-1551

[39] Horlyk E, Rahbek M (1974). Cervical spine Injuries. Acta Orthop Scand

45, 845ff

Page 113: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

106

[40] Hu R, Mustard CA, Burns C (1996). Epidemiology of Incident Spinal

Fracture in a Complete Population. Spine 21 (4), 492-499

[41] Jahna H (1971). Behandlung und Behandlungsergebnisse von 90

Densfrakturen und Luxationsfrakturen. H. Unfallh 108, 72-76

[42] Jefferson G (1920). Fracture of the atlas vertebrae. Report of four cases,

and a review of those previously recorded. Brit J Surg, 407-422

[43] Josten C (1999). Die traumatische Spondylolisthese des Axis. Orthopäde

28, 394-400

[44] Kaneda K, Taneich H, Abumi K, Hashimoto T, Satoh S, Fujiya M (1997).

Anterior decompression and stabilization with the Kaneda device for

thoracolumbar burst fractures associated with neurological deficits. J

Bone Joint Surg 79-A, 69-83

[45] Kelly RP, Whitesides TE (1968). Treatment of lumbodorsal fracture-

dislocation. Ann Surg 167(5), 705-717

[46] Kim KS, Chen HH, Russel EJ, Rogers LF (1989). Flexion teardrop

fracture of the cervical spine: radiographic characteristics. Am J

Roentgenol 152, 139ff

[47] Knapp R, zur Nedden D (1994). Traumatische Läsionen der Wirbelsäule

unterhalb des Axis. Radiologe 34, 733-739

[48] Knop C, Blauth M, Bühren V, Hax PM, Kinzl L, Mutschler W, Pommer A,

Ulrich C, Wagner S, Weckbach A, Wentzensen A, Wörsdörfer O (1999).

Operative Behandlung von Verletzungen des thorakolumbalen

Übergangs. Teil 1: Epidemiologie. Unfallchirurg 102, 924-935

[49] Levine AM, Edwards CC (1985). The management of traumatic

spondylolisthesis of the axis. J Bone Joint Surg 67-A, 217-226

Page 114: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

107

[50] Lipson SJ (1977). Fractures of the atlas associated with fractures of the

odontoid process and transverse ligament ruptures. J Bone Joint Surg

59-A, 940-943

[51] Louis R (1983). Surgery of the spine. Springer-Verlag Berlin

[52] Louis R, Goutallier D (1977). Fractures instables du rachis. Symp Rev

Chir Orthop 63, 415-481

[53] Magerl F, Aebi M (1998). A comprehensive classification of thoracic and

lumbar injuries. AO ASIF Principles in Spine Surgery, Springer-Verlag

Berlin

[54] Magerl F, Aebi M, Gertzbein SD, Harms J, Nazarian S (1994). A

comprehensive classification of thoracic and lumbar injuries. Eur Spine J

3(4), 184-201

[55] Magerl F, Engelhardt P (1994). Brust- und Lendenwirbelsäule -

Verlaufsformen. Orthopädie in Praxis und Klinik, Band V, Teil 2, Thieme

Verlag, Stuttgart, New York

[56] Magnus G (1930). Die Behandlung und Begutachtung des

Wirbelbruches. Arch Orthop Unfallchir 29, 277

[57] Magnus G (1938). Zur Behandlung der Wirbelbrüche. Arch Klin Chir 191,

547

[58] McPhee IB (1981). Spinal fractures and dislocations in children and

adolescents. Spine 6, 533-537

[59] Meller SJ, Malek AM, Rossitch E (1997). Cervical spine fractures in the

elderly. Surg Neurol 47, 274–281

Page 115: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

108

[60] Müller EJ, Muhr G (1997). Wirbelsäulenverletzungen. Thieme-Verlag

Stuttgart

[61] Müller EJ, Wick M, Muhr G (2000). Traumatic spondylolisthesis of the

axis: Treatment rationale based on the stability of the different fracture

types. Eur Spine J 9, 123-128

[62] Nicoll EA (1949). Fractures of the dorsolumbar spine. J Bone Joint Surg

31-B(3), 376-394

[63] Otte D, Sandor L, Zwipp H (1990). Bedeutung von Brust- und

Lendenwirbelsäulenverletzungen bei Verkehrsunfällen.

Unfallchirurg 93, 418-425

[64] Rauber, Kopsch. Hrsg. von Leonardt H (1987). Anatomie des Menschen.

Band I. Bewegungsapparat. Thieme-Verlag Stuttgart

[65] Resch H, Rabl M, Klampfer H, Ritter E, Povacz P (2000). Operative vs.

konservative Behandlung von Frakturen des thorakolumbalen

Übergangs. Unfallchirurg 103, 281-288

[66] Riggins RS, Kraus JF (1977). The risk of neurologic damage with

fractures of the vertebrae. J Trauma 17, 126-133

[67] Roaf R (1960). A study of the mechanics of spinal injuries. J Bone Joint

Surg 42-B, 810-823

[68] Ryan MD, Henderson JJ (1992). The epidemiology of fractures and

fracture-dislocations of the cervical spine. Injury 23, 38-40

[69] Saboe LA, Reid DC, Davis LA, Warren SA, Grace MG (1991). Spine

Trauma and associated Injuries. J Trauma 31, 43-48

[70] Sachs L (1997). Angewandte Statistik. Springer Verlag, Berlin, Kap.62ff

Page 116: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

109

[71] Sasso RC (2001). C2 Dens fractures: Treatment options. J Spinal Disord

14(5), 455-463

[72] Schatzker J, Rorabeck CH, Waddell JP (1971). Fractures of the dens

(odontoid process), an analysis of thirty-seven cases. J Bone Joint Surg

53-B, 392ff

[73] Trepel M (1995). Neuroanatomie: Struktur und Funktion. Urban &

Schwarzenberg, München

[74] Schneider RC, Kahn EA (1956). Chronic neurological sequelae of acute

trauma to the spine and spinal cord. Part I: The significance of the acute

flexion or “tear-drop” fracture dislocation of the cervical spine. J Bone

Joint Surg 38-A, 985-997

[75] Scott EW, Haid jr RW, Peace D (1990). Type I fractures of the odontoid

process: implications for atlanto-occipital instability. J Neurosurg 72,

488-492

[76] Sherk HH, Nicholson HAT (1970). Fractures of the Axis. J Bone Joint

Surg 52-A, 1017-1024

[77] Thomeier WC, Brown DC, Mirvis SE (1990). The laterally tilted dens: a

sign of subtle odontoid fracture on plain radiography. Am J Neuroradiol

11, 605-608

[78] Torklus von D (1987). Die obere Halswirbelsäule: Regionale

Morphologie; Pathologie und Traumatologie; Praktischer Röntgenatlas

und Systematik. Thieme-Verlag, Stuttgart, 147-165

[79] Tscherne H, Blauth M (1998). Unfallchirurgie, Wirbelsäule. Springer-

Verlag Berlin

Page 117: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

110

[80] Wackenheim A, Bosch JC, Zöllner E (1987). Röntgendiagnostik der

traumatischen Instabilität der mittleren und unteren Halswirbelsäule (C3-

C7). Orthopäde 16, 20-26

[81] Watson-Jones R (1940). Fractures and other bone and joint injuries. E&S

Livingstone Ltd, Edinburgh

[82] Weber U, Schwetlick G (1994). Wirbelsäulenerkrankungen,

Wirbelsäulenverletzungen; Operative Therapie -

Stabilisierungsverfahren. Thieme-Verlag, Stuttgart, 11-16

[83] Weckbach A, Blattert TR (1998). Die thorakolumbale

Wirbelsäulenverletzung - Operationsindikation und -zeitpunkt. Z Chir

123, 930-935

[84] Weckbach A, Blattert TR (2000). Aktuelle operative Verfahren bei

Wirbelsäulenverletzungen, ihre Indikation und Alternativen. Trauma und

Berufskrankheit 2, S243-248

[85] White AA, Panjabi MM (1990). Clinical Biomechanics of the Spine, Sec.

Edition, Kap.II, J.B. Lippincott Company, Philadelphia

Page 118: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

111

VII. Danksagung

Für die Bereitstellung aller zur Durchführung meiner Promotion erforderlichen

Daten und materiellen Voraussetzungen danke ich dem Direktor der

Chirurgischen Universitätsklinik und Berufsgenossenschaftlichen Kliniken

Bergmannsheil Bochum, Herrn Prof. Dr. med. Gert Muhr.

Mein besonderer Dank gilt Herrn PD Dr. med. Ernst Müller, der mich bei der

Konzeption und Durchführung der Arbeit sowie der Erstellung der

Dissertationsschrift betreute und mir in allen fachlichen Fragen stets zur Seite

stand.

Bedanken möchte ich mich darüber hinaus bei Dr. med. Klaus Fischer für die

unkomplizierte und motivierende Hilfe bei der Klassifikation der

Wirbelfrakturen. Ebenfalls danken möchte ich dem Team des chirurgischen

Archivs des Bergmannsheil Bochum für die organisatorische Unterstützung und

Bereitstellung der Krankenakten und Röntgenbilder.

Ohne die ausdauernde und vielseitige Unterstützung meiner Freundin Susanna

Kimmeskamp und meiner Eltern Annette und Klaus Leucht wäre die Umsetzung

meiner Promotion kaum möglich gewesen. Besonders bei ihnen möchte ich

mich von ganzem Herzen bedanken.

Page 119: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

112

VIII. Lebenslauf

Persönliche Daten

Name: Philipp Leucht

Wohnort: Savignystrasse 33

60325 Frankfurt

Deutschland

Tel.: 069-74307740

Mobil: 0179-5266955

Geburtsdatum/-ort: 12. Dezember 1975 in Bochum

Familienstand: ledig

Nationalität: deutsch

Schulischer Werdegang

07.1982 - 07.1986 Grundschule in Bochum

07.1986 - 06.1995 Schiller-Gymnasium Bochum Abitur

Austauschprogramm

07.1992 - 12.1992 Southern Cross Cultural Exchange

Nerang Highschool, Tallai,

Australien

Page 120: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

113

Zivildienst

08.1995 - 10.1996 Zentrale Notfallaufnahme der

Berufsgenossenschaftlichen Kliniken

Bergmannsheil Bochum

Studium

09.09.1998 Physikum an der Ruhr-Universität

Bochum

21.09.1999 1.Staatsexamen an der Ruhr-

Universität Bochum

19.09.2001 2.Staatsexamen an der Ruhr-

Universität Bochum

10.2001 - 09.2002 Praktisches Jahr in den

Berufsgenossenschaftlichen Kliniken

Bergmannsheil Bochum und

Kantonsspital Winterthur

3.Staatsexamen

Famulaturen

09.1999 - 10.1999 Unfallchirurgie an den

Berufsgenossenschaftlichen Kliniken

Bergmannsheil Bochum

03.2000 - 04.2000 Chirurgie am St. Luke´s Hospital ,

Guardamangia, Malta

Page 121: Epidemiologische Erfassung der Wirbelfrakturen im ... · Facies articularis superior und eineFacies articularis inferior tragen. An der Innenseite desArcus anterior findet sich die

114

07.2000 - 08.2000 Unfallchirurgie in der

Gemeinschaftspraxis Dr. Griebel und

Dr. Roncevic

09.2000 - 10.2000 Anästhesie und Intensivmedizin im

Krankenhaus der Barmherzigen

Brüder Trier

Anstellungen:

12.2002 - 11.2004 Klinik für Unfall-, Hand- und

Wiederherstellungschirurgie der

Johann-Wolfgang-Goethe

Universität, Frankfurt am Main

11.2004 - Postdoctoral scholarship

Abteilung für plastische und

rekonstruktive Chirurgie der

Stanford University, Kalifornien, USA