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Baudynamik • Erdbeben • Wasserbau • Bemessung 1 Das größte Schiffhebewerk der Welt 1.1 Situation Mit einer Hubhöhe von bis zu 113 m, Troginnenabmessun- gen von 120 m x 18 m x 3,5 m (Nutzbereich) und bewegten Massen (Trog, Gegengewichte und Seile) von ca. 34 000 t wird das Senkrecht-Schiffshebewerk, das derzeit von der Be- treibergesellschaft des Drei-Schluchten-Staudamms CTGPC (China Three Gorges Project Corporation) – projek- tiert wird, weltweit das größte seiner Art sein [1]. Der Schiffs- verkehr auf dem Jangtse muss den 2 310 m langen und 180 m hohen Damm derzeit mittels fünf Schleusenstufen überwin- den (Bild 1). Durch das Schiffshebewerk, welches vornehm- lich der Passagierschifffahrt vorbehalten sein wird, kann die Passage von momentan 3 Stunden auf ca. 1 Stunde (reine Hubzeit 21 min) verkürzt werden. 1.2 Konstruktion des Bauwerks Das Schiffshebewerk wird an ein bereits in den Staudamm integriertes Vorlaufbauwerk angeschlossen werden. Die Struktur besteht im Wesentlichen aus vier 169 m hohen Stahlbeton-Türmen, die mittels einer durchgehenden Bo- denplatte von 119 m x 57,8 m auf Fels gegründet sein werden (Bild 2). Innerhalb der Türme hängt der 132 m lange, 23 m breite und 11,5 m hohe Stahltrog an 256 Seilen mit jeweils 74 mm Durchmesser. Die je zwei Türme beiderseits des Trogs mit Abmessungen von 40 m auf 16 m und Wandstärken von zumeist 1,0 m werden flankiert von bauwerkshohen Wandscheiben und sind untereinander mittels Koppelbal- ken und Brücken verbunden. Innerhalb der Turmschächte verlaufen die geführten Gegengewichte aus Schwerbeton. Die Umlenkung der Tragseile erfolgt am Bauwerkskopf über Seilscheiben, die mittels Stahlbetonträgern auf den Wand- scheiben und den Türmen lagern. Der Stahltrog mit einem Konstruktionsgewicht von ca. 7 400 t wird als orthotrope Platte mit zwei Längsträgern als Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten-Staudamm, China Zusammenfassung Am Drei-Schluchten-Staudamm in China wird das derzeit größte Schiffshebewerk der Welt projektiert. Wesentlicher Entwurfsparameter ist hierbei der Lastfall Erdbeben. Es werden die seismischen Randbedingungen und die numerische Modellierung des Bauwerks aufgezeigt, mit deren Hilfe Parameter- studien zum statischen System durchgeführt werden. Dabei sind insbesondere die Führungen des Schiffstrogs und die Wechsel- wirkung zwischen Trogwasser und Bauwerk von Interesse. Schließ- lich werden die sich aus den Untersuchungsergebnissen erge- benden konstruktiven Umsetzungen der Trogführungen vorgestellt. J. Akkermann, A. Hewener Dr.-Ing. Jan Akkermann Prokurist Dipl.-Ing. Alexander Hewener Projektleiter Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH Karlstr. 46, 76135 Karlsruhe www.kuk.de ; [email protected] Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen wissenschaftlich begutachteten und freigegebenen Fachaufsatz („reviewed paper“). Abstract The world’s largest ship lift has been planned at the Three Gorges Dam Project in China. Hereby, seismic actions have an essential influence on the design. The seismic boundary conditi- ons and numerical modelling of the structure are outlined, which are the basis for parametric studies of the structural system. Especi- ally, the ship chamber guiding and the interaction between ship chamber water and structure were of interest. Finally, the con- structive implementations for the ship chamber guiding evaluated from the investigation results are described. Seismic design of the ship lift at the Three Gorges Dam project, China Bild 1. Modell des Drei-Schluchten-Staudamms [CTGPC] Fig. 1. Model of the Three Gorges Dam [CTGPC] Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr.techn.h.c. Josef Eibl zum 70. Geburtstag gewidmet Bauingenieur Band 81, April 2006 171 Hauptaufsatz

Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

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1 Das größte Schiffhebewerk der Welt

1.1 Situation

Mit einer Hubhöhe von bis zu 113 m, Troginnenabmessun-gen von 120 m x 18 m x 3,5 m (Nutzbereich) und bewegten Massen (Trog, Gegengewichte und Seile) von ca. 34 000 t wird das Senkrecht-Schiffshebewerk, das derzeit von der Be-treibergesellschaft des Drei-Schluchten-Staudamms – CTGPC (China Three Gorges Project Corporation) – projek-tiert wird, weltweit das größte seiner Art sein [1]. Der Schiffs-verkehr auf dem Jangtse muss den 2 310 m langen und 180 m hohen Damm derzeit mittels fünf Schleusenstufen überwin-den (Bild 1). Durch das Schiffshebewerk, welches vornehm-lich der Passagierschifffahrt vorbehalten sein wird, kann die Passage von momentan 3 Stunden auf ca. 1 Stunde (reine Hubzeit 21 min) verkürzt werden.

1.2 Konstruktion des Bauwerks

Das Schiffshebewerk wird an ein bereits in den Staudamm integriertes Vorlaufbauwerk angeschlossen werden. Die Struktur besteht im Wesentlichen aus vier 169 m hohen Stahlbeton-Türmen, die mittels einer durchgehenden Bo-denplatte von 119 m x 57,8 m auf Fels gegründet sein werden (Bild 2). Innerhalb der Türme hängt der 132 m lange, 23 m breite und 11,5 m hohe Stahltrog an 256 Seilen mit jeweils 74 mm Durchmesser. Die je zwei Türme beiderseits des Trogs mit Abmessungen von 40 m auf 16 m und Wandstärken von zumeist 1,0 m werden flankiert von bauwerkshohen Wandscheiben und sind untereinander mittels Koppelbal-ken und Brücken verbunden. Innerhalb der Turmschächte verlaufen die geführten Gegengewichte aus Schwerbeton. Die Umlenkung der Tragseile erfolgt am Bauwerkskopf über Seilscheiben, die mittels Stahlbetonträgern auf den Wand-scheiben und den Türmen lagern. Der Stahltrog mit einem Konstruktionsgewicht von ca. 7 400 t wird als orthotrope Platte mit zwei Längsträgern als

Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten-Staudamm, China

Zusammenfassung Am Drei-Schluchten-Staudamm in China

wird das derzeit größte Schiffshebewerk der Welt projektiert.

Wesentlicher Entwurfsparameter ist hierbei der Lastfall Erdbeben.

Es werden die seismischen Randbedingungen und die numerische

Modellierung des Bauwerks aufgezeigt, mit deren Hilfe Parameter-

studien zum statischen System durchgeführt werden. Dabei sind

insbesondere die Führungen des Schiffstrogs und die Wechsel-

wirkung zwischen Trogwasser und Bauwerk von Interesse. Schließ-

lich werden die sich aus den Untersuchungsergebnissen erge-

benden konstruktiven Umsetzungen der Trogführungen vorgestellt.

J. Akkermann, A. Hewener

Dr.-Ing. Jan Akkermann

Prokurist

Dipl.-Ing. Alexander Hewener

Projektleiter

Krebs und Kiefer

Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH

Karlstr. 46, 76135 Karlsruhe

www.kuk.de ; [email protected]

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen wissenschaftlich

begutachteten und freigegebenen Fachaufsatz („reviewed paper“).

Abstract The world’s largest ship lift has been planned at the

Three Gorges Dam Project in China. Hereby, seismic actions have

an essential influence on the design. The seismic boundary conditi-

ons and numerical modelling of the structure are outlined, which

are the basis for parametric studies of the structural system. Especi-

ally, the ship chamber guiding and the interaction between ship

chamber water and structure were of interest. Finally, the con-

structive implementations for the ship chamber guiding evaluated

from the investigation results are described.

Seismic design of the ship lift at the Three Gorges Dam project, China

Bild 1. Modell des Drei-Schluchten-Staudamms [CTGPC] Fig. 1. Model of the Three Gorges Dam [CTGPC]

Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr.techn.h.c. Josef Eibl zum 70. Geburtstag gewidmet

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Hauptaufsatz

Page 2: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

Trogwand und gleichmäßig über die Länge verteilten Quer-trägern ausgebildet. Seitlich der Längsträger sind in den Viertelspunkten die Maschinenräume mit Antrieben und Si-cherungsmechanismen angeordnet, welche in Nischen in die Türme eingreifen (Bild 3). Als Trogantrieb wurde eine Ritzelkonstruktion gewählt, bei der vier am Trog befestigte Zahnräder über Zahnstangen am Massivbau der Türme lau-fen.

Im Havariefall sorgt ein spezielles Sicherungssystem für die Absturzsicherheit des Troges. Hierbei werden vier kurze, mit dem Trog verbundene Schraubenabschnitte, die so ge-nannten Drehriegel, kontinuierlich innerhalb eines großen, bauwerkshohen und mit dem Massivbau verbundenen In-nengewindes, der so genannten Mutterbackensäule, ge-dreht [1]. Im Havariefall kommt es zum Kraftschluss zwi-schen Schraube und Gewinde und somit zu einem Vertikal-lastabtrag unabhängig von den Seilen. In der oberen oder unteren Halte position erfolgt eine Horizontalverriegelung des Troges zwecks Aufnahme des einseitigen horizontalen Wasserdrucks nach Toröffnung zum Ober- oder Unterwas-ser hin. Eine Besonderheit stellt hierbei die je nach Wasser-stand im Stausee und im Fluss um bis zu 30 m bzw. 11,8 m va-riierende Halteposition des Troges dar.

2 Seismische Einwirkungen

Obgleich der Drei-Schluchten-Staudamm in einer eher mo-deraten Erdbebenregion liegt – Zone VI der Mercalli-Skala (Bild 4), wurde aufgrund des Gefährdungspotenzials für die Umwelt und der wirtschaftlichen Bedeutung des Bauwerks ein erhöhter Bemessungsstandard gewählt. Für die Bau-werksbemessung generell war eine 5%ige Überschrei-tungswahrscheinlichkeit im Bezugszeitraum von 50 Jahren anzusetzen. Dies entspricht einer Wiederkehrperiode von 1 000 Jahren. Es wurden darüber hinaus auch Untersuchun-gen für eine Wiederkehrperiode von 5 000 Jahren durch-geführt, was der Bemessungsbasis für den Staudamm (Zone VII) entspricht. Der Eurocode 8 [2] wurde in Verbindung mit DIN 1045–1 als Basisnorm gewählt, da die Bemessung des Bauwerks nach Abstimmung mit dem Bauherren CTGPC komplett und kon-sistent nach deutscher bzw. harmonisierter europäischer Normung erfolgen sollte. Die Anpassung des Eurocode 8 an die lokalen seismischen Randbedingungen erfolgte durch

Bild 2. Querschnitt durch das Hebewerk Fig. 2. Cross-section of the ship lift

Bild 3. Horizontalschnitt durch Massivbau und Trog Fig. 3. Horizontal cross-section of ship lift structure and ship chamber

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Hauptaufsatz

Page 3: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

die Wahl des Antwort- und Bemes-sungsspektrums nach chinesischen Normen [3], [4] (Bild 5). Für die Bemessung des Massivbaus der Türme wurde eine konventionel-le Modalanalyse durchgeführt. Hier-bei wurde auf die Wandlung des elas-tischen Antwortspektrums in ein Be-messungsspektrum mittels eines Ver-haltens- oder Duktilitätsbeiwerts q verzichtet. Es musste angenommen werden, dass das Turmbauwerk über-wiegend im ungerissenen Zustand verbleibt, was durch Vergleichsrech-nungen (s.u.) bestätigt wurde. Im Ge-genzug erfolgte keine Erhöhung der Spektralbeschleunigungen durch ei-nen Bedeutungsbeiwert g. Aufgrund der Bauwerkssymmetrien wurden die Hauptachsen getrennt betrachtet. Die Überlagerung der Schnittgrößen wur-de nach den Vorgaben des Eurocode 8 mit (1) oder (2) vorgenommen, wobei die Überlagerung der einzel-nen Eigenmoden nach der CQC-Methode (Complete Quadratic Combination) erfolgte. Wegen der teilweise nichtlinearen Effekte und der durch den Maschinenbau bedingten Anforderungen an die horizontalen Trogführungen, wie beispielswei-se die geringen zulässigen Differenzverformungen zwischen Trog und Massivbau, wurden zusätzlich Zeitschrittanalysen unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen Türmen und Trog durchgeführt. Hierzu wurden nach Angabe eines den geologischen Gegebenheiten entsprechenden Be-schleunigungs-Zeitverlaufs durch den Bauherren – gemäß Vorgaben des Eurocode 8 – fünf Erdbeben-Zeitverläufe mit einer Dauer von 20 s und einer Stark-bebenphase von 8 s künstlich generiert (Programm SIMQKE [5]) (Bild 5). Hierbei wurde das elastische Antwortspektrum als Zielspektrum zugrunde gelegt. In Querrichtung wurde die Fußpunkterregung der einzelnen Türme in Abhängigkeit von der Ausbrei-tungsgeschwindigkeit der LOVE-Wellen zeitversetzt aufgebracht, da das Bauwerk zwar achsensym-metrisch, jedoch mit 120 m Länge nicht frei von zu-sätzlicher Torsionsanregung durch ungleichen Be-schleunigungseintrag ist. Eine vertikale Erdbebenbeanspruchung wurde nicht betrachtet. Es wurden jedoch für vertikal hoch belas-tete und schwingungsanfällige Elemente, wie die Seilscheibenträger und die Brücken, quasi statische Zusatzbetrachtungen durchgeführt.

Bild 4. Chinesische Erdbebenkarte, Lage des Projekts [6] Fig. 4. Seismic zoning map of China, location of the project [6]

Bild 5. a) Zugrunde gelegtes elastisches Antwortspektrum, b) generierter Erdbeben-Zeitverlauf Fig. 5. a) Elastic response spectrum as basis for design, b) generated earthquake time-history

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Hauptaufsatz

Page 4: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

3 Numerische Modellierung des Bauwerks

3.1 FE- Modellierung des Bauwerks

Die Vorgehensweise bei der Bauwerksbemessung wird in Bild 6 verdeutlicht. Zur Bemessung des Massivbaus wurde die Stahlbetonstruktur als 3D-Faltwerkmodell unter Ver-wendung des FE-Programmpaketes SOFISTIK [7] abgebildet (Bild 7). Hierbei wurden alle wesentlichen, tragenden Bau-teile modelliert. Die auf dem Bauwerk stehenden Seilschei-benhallen, die in einer separaten Berechnung als Stahltrag-werk bemessen wurden, sowie der Schiffstrog und die Ge-gengewichte wurden als zusätzliche Lasten bzw. Massen be-rücksichtigt. Die Koppelriegel wurden mittels FE-Balken-elementen abgebildet und unter Berücksichtigung der kor-rekten Anschlusssteifigkeiten durch kinematische Koppel-bedingungen an das Faltwerk angeschlossen. Da der Felsuntergrund eine sehr große Bodensteifigkeit auf-weist und das Bauwerksfundament eine relativ große Ab-messung mit stark inhomogener Belastungsverteilung be-sitzt, wurde zur Modellierung der Gründungsverhält-nisse das Steifezifferverfahren im elastischen Halb-raum gegenüber dem Bettungszifferverfahren bevor-zugt. Für die Bestimmung der Koppelkräfte zwischen Trog und Massivbau, die von den Trogführungsmechanis-men übertragen werden müssen, wurde zusätzlich ein dreidimensionales Stabwerkmodell aus FE-Bal-kenelementen erstellt (Bild 8). In diesem Modell wur-den die Bauwerksstrukturen durch Ersatzstäbe abge-bildet, die untereinander mittels Koppelbedingungen derart verbunden wurden, dass die Steifigkeit und das Verformungsverhalten der Gesamtstruktur vom ver-wendeten Modell möglichst genau wiedergegeben werden. In dem Stabwerkmodell wurden neben der Betonstruktur auch der Schiffstrog mit seinen Füh-rungs- und Aufhängemechanismen vereinfacht abge-bildet. So wurden die Trogführungen als – z.T. nichtli-neare – Federelemente abgebildet. Das vereinfachte Modell ermöglichte es, eine Vielzahl an Berechnun-gen zur Untersuchung des Einflusses der maßgeb-

lichen Parameter mit vertretbarem Rechen-aufwand durchzuführen. Des Weiteren konn-ten bei Zeitschritt-Berechnungen Nichtlinea-ritäten oder Dämpfungseffekte berücksichtigt werden. Zur Bewertung der Übereinstimmung der Steifigkeitseigenschaften des Stabwerk-modells mit dem „genaueren“ Faltwerk-modell wurden die Eigenformen, die zugehö-rigen Eigenfrequenzen und das Verformungs-verhalten unter Last verglichen und durch ei-ne gute Übereinstimmung validiert.

3.2 Trogwasser

Die Wasserfüllung des Trogs, mit einem Volu-men von 132 m Länge, 18,4 m Breite und 3,5 m Wassertiefe, was immerhin einer Masse von ca. 8.500 t entspricht, verhält sich unter seis-mischer Anregung nicht als Starrkörper. Viel-mehr wird aufgrund des schubweichen Flüs-sigkeitsverhaltens nur ein gewisser Anteil der Wassermasse dynamisch aktiviert. Für be-stimmte Behältergeometrien lassen sich in

Abhängigkeit der Abmessungen Eigenformen analytisch herleiten. So ergibt sich beispielsweise für einen Rechteck-behälter mit Breite b und Füllhöhe hw die erste Eigenperiode zu [8]:

(3) Für Hochbauten werden Wasserbehälter daher oftmals als passive Schwingungstilger verwendet [8]. Der planmäßige Einsatz des Trogwassers als Tilger für den Massivbau schied naturgemäß aufgrund der im Erdbebenfall unvorherseh-baren Haltestellung des Troges aus. Im vorliegend Fall war daher primär das dynamische Verhalten des Trogwassers in Bezug auf die Kopplungskräfte zwischen Schiffstrog und Massivbau von Interesse. Daneben sollten aber auch Aus-wirkungen auf den Massivbau bei oberer Haltestellung des Troges untersucht werden. Nicht zuletzt waren die Wasser-

Bild 6. Berechnungs- und Modellierungsalgorithmus der Erdbebenbemessung Fig. 6. Calculation- and modelling-algorithm for the earthquake design

Bild 7. 3D-Faltwerkmodell mit den ersten Eigenformen: a) in Querrichtung (0,34 Hz), b) in Längsrichtung (0.91 Hz) Fig. 7. 3D-shell model with 1st eigenmodes: a) in transversal (0,34 Hz), b) in longitudinal (0,91 Hz) direction

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Hauptaufsatz

Page 5: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

stände im Trog im Hinblick auf ein Überschwappen am Freibord und die Gefährdung von Schiffen von Be-deutung. Eine Betrachtung des Trogwassers als äquivalenter Ein- oder Mehrmassenschwinger [9] stellt eine mögli-che, aber nur näherungsweise Betrachtung dar, mit der nur die dynamische, jedoch nicht die geometri-sche Antwort studiert werden kann. Mit der CFD (Computational-Fluid-Dynamics) -Methode [10] steht mittlerweile ein mächtiges numerisches Verfahren zur Betrachtung von freien Fluid-Oberflächen zur Verfügung. Durch den Germanischen Lloyd wurden mit der CFD-Methode parametrische Berechnungen durchgeführt [10]. Das Modell des Trogwassers mit ca. 900 000 Zellen wurde mit vorgegebenen Verschie-bungs- bzw. Beschleunigungs-Zeit-Verläufen einer Zeitschrittanalyse mit Dt = 0,005 s unterzogen, wobei in jedem Zeitschritt mithilfe der Finite-Volumen-Me-thode die Reynolds gemittelten Navier-Stokes-Glei-chungen gelöst werden. Die als unverschieblich an-genommenen Trogwände wurden durch entspre-chende numerische Randbedingungen berücksich-tigt. Als Ergebnis der Berechnungen wurden die Zeit-reihen der auf Trogwände und –boden resultierenden Kräfte und der Wasserstände ausgewertet. Da die CFD-Methode den derzeitigen Stand der Wissen-schaft darstellt, befindet sich eine Verbindung von CFD-Me-thode und „klassischer“ Strukturmechanik (FE-Methode) noch in der Entwicklung. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer ingenieurmäßigen Betrachtung der Problematik wur-de daher auf eine geschlossene Modellierung von Trogwas-ser, Trogkonstruktion und Massivbau verzichtet. Stattdessen wurde ein vereinfachtes Kontinuumsmodell für die Bewe-gung der Wassermassen entwickelt und mit der Strukturmo-dellierung verbunden. Es kann aufgrund der großen Längenunterschiede bei glei-cher Wassertiefe in Längs- und Querrichtung des Troges und der damit verbundenen Unterschiede in den Eigenformen (nach Gl. 3: T1,längs = 43 s, T1,quer = 6,7 s) von einer Entkopp-lung der Hauptrichtungen ausgegangen werden. Das vereinfachte Volumenmodell wurde daher in Querrich-tung fein vernetzt, während in Längsrichtung nur ein Element gewählt wurde (Bild 13). Es wurden 3D-Volu-menelemente [7] mit einem strukturmechanischen Materialansatz gewählt. Zur Simulation eines schub-weichen und nahezu inkompressiblen Fluids wurden die Poissonzahl zu n = 0,4999999 ( n = 0,5 ist numerisch nicht möglich) und der Kompressionsmodul zu K = 2000 MN/m² gesetzt. Die freie Oberfläche des Wassers wurde durch eine elastische Flächenbettung mit dem Wert

(4) simuliert. Bei dieser Bettung aktiviert eine vertikale Verschiebung der Wasseroberfläche z eine zur Gravita-tion der entstandenen Welle, dargestellt durch die Wichte r· g, äquivalente Druckkraft, welche die Was-seroberfläche wieder in die Ruhelage zwingen will. Die Trogwände wurden ebenfalls als starr angenommen. Die Randknoten wurden somit mittels kinematischer Kopplungen mit einem Referenzknoten verbunden, der seinerseits die Verbindung zum Bauwerk darstellte.

4 Bemessungskonzept Massivbau

Zur Bemessung des Massivbaus wurde das 3D-FE-Faltwerk-modell herangezogen. Die Bestimmung der Beanspruchung des Bauwerks infolge Erdbeben wurde mittels einer Modal-analyse durchgeführt. Neben den so ermittelten Lastfällen der seismischen Beanspruchung und den üblichen, zu über-lagernden ständigen und veränderlichen Lastfällen wurden auch Temperaturlasten berücksichtigt, da diese aufgrund der hohen Bauwerkssteifigkeit nicht unerhebliche Zwangs-schnittkräfte innerhalb des Massivbaus verursachen. Diese Betrachtung erforderte jedoch weitere Untersuchun-gen (Bild 9). So wurde überprüft, ob es in der Kontaktfläche zwischen Bauwerk und Felsuntergrund zu abhebenden Kräften kommen kann. Es konnte in einer nichtlinearen Be-rechnung gezeigt werden, dass bei einer Erdbeben-

Bild 8. 3D-Stabwerkmodell: a) Elementierung, b) gerenderte Darstellung Fig. 8. D-truss model: a) element description, b) rendered system

Bild 9. Algorithmus der Vergleichsbetrachtungen am Massivbau Fig. 9. Algorithm of comparing calculations on the RC structure

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Hauptaufsatz

Page 6: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

beanspruchung in Querrichtung nur kleine Bereiche mit Bettungsausfall auftreten, der zu keiner maßgeblichen Ver-größerung der Verformungen oder der Bauwerksbeanspru-chungen führt. Das Verhalten der Konstruktion ist diesbe-züglich verhältnismäßig gutmütig, da die Türme am oberen Ende in Bauwerksquerrichtung miteinander verbunden sind und abhebende Kräfte immer nur auf einer Bauwerks-seite auftreten. Für die Bemessung der Verbindungsriegel wurden die hieraus entstehenden Zusatzbeanspruchungen berücksichtigt. In einer weiteren Zusatzbetrachtung wurden die Wände hinsichtlich Zugfestigkeitsüberschreitungen überprüft. Als Kriterium für eine Rissbildung wurde ein Überschreiten von 0,5· fctm angesetzt. In einer erneuten Berechnung wurde da-raufhin die Steifigkeit lokal im unteren Bauwerksbereich auf den Zustand II reduziert. Es konnte gezeigt werden, dass dies keine maßgeblichen Auswirkungen auf die Gesamtstei-figkeit und somit auf die Erdbebenbemessung hat. Aufgrund des Ansatzes eines linear-elastischen Bemes-sungsspektrums konnte das Bauwerk generell in die Dukti-litätsklasse L („low“) nach Eurocode 8 eingestuft werden. Für die Bemessung der Stahlbeton-Koppelriegel war es not-wendig, eine Steifigkeitsreduktion infolge Rissbildung zu be-rücksichtigen, da die Bemessung einiger Riegel aufgrund der aus der Bauwerksverformung entstehenden Schubver-formung bei Ansatz der vollen elastischen Riegelsteifigkeit zu nicht einbaubaren Biegebewehrungsmengen im Riegel -endbereich geführt hätte. Es wurde somit iterativ eine Ab-minderung der elastischen Riegelsteifigkeit vorgenommen und diese Annahme durch Zusatzbetrachtungen zur Quer-schnittssteifigkeit im gerissenen Zustand bestätigt. Entspre-chend wurde hierfür die Rotationsfähigkeit der Koppelriegel nachgewiesen. Die Querkraftbemessung erfolgte hingegen aufgrund der Gefahr eines Sprödversagens auf der sicheren Seite für die mit der vollen Querschnittssteifigkeit ermittel-ten Querkräfte. Konstruktiv wurden die Vorgaben des Euro-code 8 hinsichtlich der Verbügelung und der Längsbeweh-rungsgrade berücksichtigt.

5 Entwicklung der horizontalen Führungssysteme

Das Bauwerk lässt sich – stark vereinfacht – auf ein Zwei-Massen-System reduzieren, bei dem an den Kopf eines verti-kalen Kragstabes (die Türme) eine horizontal verschiebli-che Masse (der Trog) mittels einer Feder (die Horizontalfüh-rung) angeschlossen ist. Dieses System gilt sowohl in Längs- und Querrichtung als auch bei Torsion. Im letzteren Fall sind die translatorischen Trogmassen Mx (= My) lediglich in die rotatorischen Massen Mj umzurechen. Unter Annah-me einer gleichmäßig verteilten Trogmasse ergibt sich diese aus Troglänge L und Trogbreite B zu

(5) Zwar konnte für die Stahlbetonkonstruktion von einer Strukturdämpfung in Höhe von x = 5% ausgegangen werden, was auch entsprechend im Antwortspektrum (Bild 5) berücksichtigt wurde, für die Führungssyste-me aber musste von einer weitaus geringeren Eigen-dämpfung ( x < 1%) ausgegangen werden. Es wurden daher ebenfalls Erdbebendämpfer untersucht, die sinnvoller Weise parallel zu den Führungsmechanis-men wirken sollten.

Die letztendlich gewählte Lagerungsart des Trogs mit den dazu gehörigen Führungssystemen ist das Ergebnis einer Vielzahl von Untersuchungen und Variantenstudien eines äußerst komplexen Sachverhaltes. Die besondere Problema-tik bestand darin, äußerst hohe Sicherheits- und Betriebsan-forderungen, die aus einer sehr komplexen Maschinenbau- und Steuerungstechnik resultieren, mit einer hierauf abge-stimmten und ökonomisch vertretbaren Erdbebenbemes-sung zu kombinieren. Hierbei war eine Vielzahl von Randbe-dingungen zu berücksichtigen, von denen im Folgenden die Maßgeblichen aufgeführt werden: – Aufgrund der notwendigen Konstruktion der vertikalen Si-

cherungs- und Antriebsmechanismen des Troges ist zwi-schen Trog und Massivbau nur eine horizontale Ver-schieblichkeit von maximal ca. ± 10 cm zulässig. Die La-gersteifigkeiten waren hierauf abzustimmen.

– In der oberen und unteren Haltestellung muss der An-dichtrahmen, der den Trog gegen das Anschlussbauwerk abdichtet, auch im Erdbebenfall seine Dichtfunktion wah-ren und darf zumindest nach dem Beben keine größeren Undichtigkeiten aufweisen.

– Durch die Bauwerksverformungen im Erdbebenfall darf es zu keinem Kraftschluss zwischen Trog bzw. Massivbau und dem Anschlussbauwerk kommen; die Übergangskon-struktionen müssen die Verschiebungen sicher aufneh-men können.

– Im Fahrzustand des Trogs muss ein Spiel zwischen Füh-rungswagen und Führungsschiene einen sicheren und verschleißarmen Betrieb ermöglichen.

– Aufgrund von Fertigungstoleranzen und zur Gewährleis-tung eines zwängungsfreien Betriebs sind bei den nicht starr mit den Türmen verbundenen Führungssystemen Toleranzspiele von bis zu 10 mm zu berücksichtigen. Die Federkennlinie der Führungssysteme wies dadurch ent-sprechende Nichtlinearitäten mit „Freiflugbereichen“ auf.

Die Vor- und Nachteile dieser Variantenstudie werden in der unten stehenden Tabelle aufgelistet. Das letztendlich ge-wählte System (Bilder 3 und 10) beinhaltet folgende Vortei-le für die Konstruktion: 1. Statisch bestimmte Lagerung des Trogs im Betriebs-

zustand: Die Längskräfte werden über einen gelenkig an die Trog-

mitte angeschlossenen Querbalken gleichmäßig in die Längswände eingeleitet. Die Querkräfte werden über die 2 x 2 Querführungen, welche jeweils zwängungsfrei hy-draulisch gekoppelt sind, in die Türme übertragen.

Variantenmatrix zur Findung der Führungssysteme Parameter matrix for evaluation of guiding systems

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Hauptaufsatz

Page 7: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

Während für die Querrichtung die resultierenden Horizon-talkräfte und Wasserspiegelverformungen große Werte an-nahmen, wurden in Längsrichtung nur geringe Wellenhö-hen und Kraftgrößen errechnet. Die Erklärung hierfür liegt in den stark unterschiedlichen Frequenzbereichen. In Quer-richtung liegt die 3. Eigenperiode des Wassers im Bereich der 1. Eigenperiode des Bauwerks. In Längsrichtung hinge-gen sind die niedrigen und energiereichen Eigenperioden

Zwangbeanspruchungen, z.B. aus Temperatur, erzeugen keine Koppelkräfte und die Lagerkräfte aus Torsions-bewegungen des Trogs werden nur von der Querführung übernommen.

2. Entkopplung der Lagerung in Längs- und Querrichtung: Der Querbalken ist in Querrichtung und die Querführun-

gen sind in Längsrichtung frei verschiebbar. Hierdurch können die Lasten aus Erdbeben von bis zu 10 MN in Längsrichtung und ca. 3 MN je Führung in Querrichtung eindeutig zugeordnet werden.

3. Optimierung der Auflagersteifigkeiten: Die Querfedern mit jeweils ca. 65 MN/m begrenzen einer-

seits die Querverformungen und vermindern andererseits die Erdbebenkräfte gegenüber einer starren Lagerung. Der Querbalken fungiert durch seine Biegesteifigkeit als Längsfeder mit ca. 700 MN/m. Hierdurch werden eben-falls Verformungen und Kräfte optimal aufeinander abge-stimmt.

4. Nutzung der Betriebslager: Die Führungsrollen des regulären Betriebs können auch

im Erdbebenfall genutzt werden. 5. Dämpfung der Längs- und Torsionsschwingungen im Erd-

bebenfall: Durch zwei Dämpfer zwischen Troglängsträgern und

Hammerköpfen des Querbalkens wird in Längsrichtung eine zur Führungsfeder parallele Dämpfung realisiert. Gleichzeitig wird eine Torsionsschwingung gedämpft. Die Dämpfer sind im normalen Betriebszustand inaktiv.

6 Simulation des schwappenden Trogwassers

Mit Hilfe des in Abschnitts 3.2 beschriebenen Modells wur-den durch den Germanischen Lloyd zunächst fünf verschie-dene Berechnungen, zwei in Längs- und drei in Querrich-tung, mit harmonischer Sinusanregung durchgeführt. Be-schleunigungs- und Bewe-gungsamplituden orientier-ten sich hierbei an den ersten Eigenformen des Bauwerks. Es wurden sowohl für die aus dem Druck auf die Trogsei-tenwände resultierenden Ho-rizontalkräfte als auch für die Wasserpegel Fourieranalysen durchgeführt. Parallel wur-den mit dem FE-Volumenmo-dell Eigenperioden ermittelt. Die in Bild 11 dargestellten Ergebnisse zeigen eine gute Übereinstimmung mit dem Frequenzspektrum der CFD-Berechnungen. Bei den Ei-genformen ist zwischen asymmetrischen Wellen (Nr. 1 und Nr. 3), die durch die un-terschiedlichen Wasserstän-de eine resultierende Hori-zontalkraft bewirken, und den symmetrischen Wellen, die lediglich einen vertikalen Kraftanteil haben, zu unter-scheiden.

Bild 10. Statisches System der horizontalen Trogführung Fig. 10. Statical system of the horizontal ship chamber guiding

Bild 11. Fourieranalyse der CFD-Berechnungen und Vergleich mit den am FE-Volumenmodell ermittelten Eigenformen Fig. 11. Fourier-analysis of the CFD-calculations and comparison with eigenmodes resulting from the FE-volumetric-model

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Hauptaufsatz

Page 8: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

des Wassers weit von den Bauwerksperioden entfernt. Für die weiteren Parameterstudien am Stabwerkmodell wurde daher ein gewisser Anteil der gesamten Wassermasse als dy-namisch aktiviert zugrunde gelegt und starr mit dem Trog verbunden.

Die aus den FE-Zeitschrittberechnungen ermittelten Trogbeschleunigungen wurden nun in einem 2. Itera-tionsschritt als Eingabewert für CFD-Berechnungen herangezogen und hiermit Horizontalkräfte und Was-serpegel untersucht (Bild 12). Es zeigte sich nach die-ser Iteration eine hinreichend genaue Korrelation, so dass der dynamisch aktivierte Anteil der Wassermas-sen definiert werden konnte zu:

(6)

(7) Ferner konnte trotz kritischer Wellenhöhen kein sig-nifikantes Überschwappen des Trogwassers fest-gestellt werden. Das FE-Volumenmodell wurde ebenfall mit der er-rechneten Trogbeschleunigung beaufschlagt. Es zeig-te sich auch hier eine gute Übereinstimmung (Bild 12), so dass eine Integration des FE-Volumen-modells in das FE-Stabwerkmodell (Bild 13) ausrei-chend validiert war. Mit Hilfe dieses „Komplett-modells“ konnten nun erneut Zeitschrittanalysen durchgeführt werden, um die Wechselwirkung zwi-schen Wasser und Bauwerk auf direktem Wege zu un-tersuchen. Es konnte eine leicht dämpfende Wirkung des schwappenden Wassers gegenüber der starren Wassermasse festgestellt werden (Bild 12), so dass die Annahmen in Gl. (6) und (7) als sicher betrachtet wer-den konnten.

7 Technische Umsetzung der Trogführungen

Die vier Anschlusspunkte der Querführungen werden mit der Trogantriebskonstruktion kombiniert. So wer-den an den Zahnstangen des Ritzelantriebs beidseitig Führungsschienen vorgesehen (Bild 14), durch die mittels Rollenwagen ein zug- und druckfester Hori-zontalanschluss erzielt wird. Zwischen Rollenwagen und Trog werden Hydraulikzylinder angeordnet, de-

Bild 12. Zeitschrittanalysen mit schwappendem Wasser in Querrichtung, Vergleich CFD – FE-Volumenmodell: a)Trogbeschleunigung aus FE-Stabwerkmodell, b) resultierende Horizontalkraft des Wassers, c) Wasserpegel Fig. 12. Time-history-analysis with moving water in transversal direction, comparison CFD vs. FE-volumetric-model: a) ship chamber acceleration from FE-truss-model, b) resulting horizontal force of water, c) water levels

Bild 13. Schwappendes Wasser: a) CFD-Berechnungen, b) Integration in FE-Stabwerkmodell Fig. 13. Moving water: a) CFD-calculations, b) integration in FE-truss-model

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Hauptaufsatz

Page 9: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

ren Ölleitungen paarweise derart kurzgeschlossen werden, dass zwar eine gegensinnige Bewegung der Zylinder zuge-lassen wird, eine gleichsinnige Verschiebung, d. h. eine Translationsbewegung des Trogs, hingegen blockiert wird. Ersteres garantiert einen zwängungsfreien Toleranz- oder Verformungsausgleich der Türme gegeneinander im Be-triebszustand. Letzteres hingegen gewährleistet die Füh-rung des Trogs im Erdbebenfall. Der Druckausgleich und ei-ne Vorspannung im System werden durch eine Kombination von Kompensationszylindern und einer hydro-pneumati-schen Feder erzielt. In den Rollenwagen sind Tellerfedern mit einer genau definierbaren Steifigkeit integriert.

Bild 14. Querführung des Trogs mit hydraulischem Toleranzausgleich [SBE] Fig. 14. Transversal guiding of ship chamber, hydraulic tolerance adjustment [SBE]

Der als Stahl-Hohlkasten mit einer Abmessung von 4 m x 2 m geplante Querbalken zur Längsführung (Bilder 3 und 15) ist in der Trogmitte mit diesem über seitliche Elastomerlager gelenkig verbunden. Die Hammerköpfe an den Enden des Balkens beinhalten quer verschiebliche Führungsrollen, welche auf einer Schiene in einer an den Massivbau ange-schlossenen Konsole laufen. In der Haltestellung des Trogs wird der Kraftschluss zwischen den Hammerköpfen und den Türmen mittels Backen zwischen den Rollen hergestellt. Durch die gelenkige Lagerung in der Trogmitte ist das Lage-rungssystem auch im verriegelten Zustand zwängungsfrei. Der Balken wird vertikal von den Troglängsträgern gehal-ten, auf denen er horizontal frei verschieblich gleitet.

Bild 15. Längsführung des Trogs mit Querbalken [IRS] Fig. 15. Longitudinal guiding of ship chamber with cross beam [IRS]

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Hauptaufsatz

Page 10: Erdbebenbemessung des Schiffshebewerks am Drei-Schluchten

8 Fazit

Obgleich in einer eher moderaten Erdbebenzone gelegen, waren aufgrund der großen Masse des Schiffstrogs, der au-ßergewöhnlichen Bauhöhe und des unvorhersehbaren Ver-haltens des Trogwassers für das Schiffshebewerk am Drei-Schluchten-Staudamm weitgehende Überlegungen zur Erd-bebenbemessung erforderlich. Anhand des vorgestellten Berechnungsmodells konnte eine optimierte Trogführung entwickelt werden, die gleichzeitig sowohl dem Betriebs- als auch dem Erdbebenfall gerecht wird. Wichtiges Entwurfs-kriterium hierbei war eine zwängungsfreie Lagerung, die gleichzeitig eine genaue Zuordnung der Horizontalkräfte zuließ. Die vorgestellte Erdbebenbemessung wird die für 2006 an-stehende Ausschreibungs- und Ausführungsplanung des Bauherren erheblich beeinflussen. Bis zur Inbetriebnahme des Hebewerks im Jahre 2009/2010 wird es daher sicher noch Detailoptimierungen und Herausforderungen in der konstruktiven Umsetzung geben.

Literatur

[1] Krebs, D.; Runte, Th.; Strack, G.: Planung für das Schiffshebewerk am

Drei-Schluchten-Staudamm in China, Bautechnik, 83 (2006), Heft 2

[2] DIN V ENV 1998: Eurocode 8 – Auslegung von Bauwerken gegen

Erdbeben 1997–06–00

[3] Chinesische Norm: Code for seismic design of buildings, GB 50011 –

2001

[4] Chinesische Norm: Specifications for seismic design of hydraulic

structures, DL 5073 – 2000

[5] SIMQKE: A program for artificial motion generation, user’s manual,

Department of Civil engineering, M.I.T., 1976

Projektbeteiligte

Bauherr / Betreiber:

China Three Gorges Project Corporation, Yichang, China

Generalplanung/Projektsteuerung:

Joint Venture:

Krebs und Kiefer International / Lahmeyer International

Objektplanung Massivbau:

Lahmeyer International, Bad Vilbel

Tragwerksplanung Massivbau, Schiffstrog, Erdbebenberechnung:

Krebs und Kiefer, Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Karlsruhe

Objektplanung Längsführung, Seilaufhängung, Gegengewichte:

IRS – Ingenieurbüro Rapsch und Schubert, Würzburg

Objektplanung Schiffstrog, Antrieb und Querführung:

SBE – Spezialbau Engineering, Magdeburg

Elektoplanung, MSR:

DriveCon, Dettelbach

Computational Fluid Dynamics, Prüfung Stahlbau:

Germanischer Lloyd, Hamburg

Beratung des Bauherren:

BAW – Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe

[6] ICCE – China Earthquake Administration: Seismic intensity zoning map

of China, 2000

[7] SOFISTIK AG: Handbücher Module ASE, DYNA, AQUA, HASE,

Oberschleißheim, 2005

[8] Krebs, A.; Kiefer, G.; Constantinescu, D.: Wasserbehälter zur Tilgung

windinduzierter Schwingungen, Bauingenieur 68 (1993), 291–302

[9] Housner, G.W.: Dynamic Pressure on Accelerated Fluid Containers,

Bulletin Seis. Soc. America, 47 (1957), 15–35

[10] Germanischer Lloyd: Computation of Water Motions inside a Ship Lift

Chamber, Report No. ESH 2005.144, (unveröffentlicht)

Josef Eibl, 70 Jahre

Hochdynamisch – dies könnte das Lebensmotto von Josef Eibl sein, sowohl seinen Charakter als auch eines seiner liebsten Fachgebiete betreffend. Seit seiner Emeritierung als Ordinarius für Massivbau an der Universität Karlsruhe im Jahre 2000 widmet er sich weiter-hin unermüdlich Themen wie Stoß- und Explosionsbelas-tungen, Erdbeben oder dynamische Stoffgesetze. Dabei bleibt er stets der gewohnte Grenzgänger zwischen den in-novativen Randbereichen des Bauingenieurwesens und den klassischen Themen des Stahl- und Spannbetonbaus; noch-mals besonders hervorzuheben sind seine Arbeiten zur ex-ternen Vorspannung. In Ergänzung seiner oft – so auch in dieser Zeitschrift – be-schriebenen beruflichen Vita, seines herausragendes Le-benswerks (nahezu 300 Veröffentlichungen!), für das er 2004 die fib-Verdienstmedaille erhielt, sowie seiner vielfältigen Aktivitäten und Mitgliedschaften sei exemplarisch seine Ar-beit in der Internationalen Länderkomission Kerntechnik (ILK) erwähnt, der er zeitweilig auch vorstand. Hier gewan-nen seine dynamischen Forschungsinteressen durch den 11. September aktuelle Brisanz. So ist die Reaktorsicherheit

nach wie vor eines seiner zentralen technischen und gesell-schaftlichen Themen. Hochdynamisch ist auch der Mensch Josef Eibl. Sein Ar-beitspensum und seine Schaffenskraft lösten bei seinen jün-geren Mitarbeitern regelmäßig einen Wechsel aus Bewun-derung und Erschrecken aus. Dass solch ein Charakter mit seiner Meinung nicht lange hinter dem Berg hält, ist selbst-verständlich. Nichtsdestotrotz oder gerade deshalb wird er immer wieder als erfahrener Diskussionspartner geschätzt. Am 22. März vollendete Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. techn. h.c. Josef Eibl sein 70. Lebensjahr. Auch nach dem Ausschei-den aus dem von ihm 1983 gegründeten und erfolgreich ge-führten Ingenieurbüro im vergangenen Jahr wird er diesem und somit dem gesamten Bauingenieurwesen weiter bera-tend zur Verfügung stehen. Für die in diesem Jahr beginnende Zeit im von ihm gewähl-ten Refugium München, wo auch die Wurzeln seiner Karrie-re liegen, sind ihm weiterhin Schaffenskraft und Energie, Inspiration für noch unverwirklichte Ideen in Forschung und Praxis, aber insbesondere sehr viel Gesundheit und Freude im Kreise seiner Familie und Freunde zu wünschen. Jan Akkermann, Karlsruhe

Persönliches

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