Erfolg in Der Popmusik Einleitung Gliederung

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Universitt PaderbornFakultt fr Kulturwissenschaften Institut fr Medienwissenschaften ________________________________________________

Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Diplom-Medienwissenschaftlers

Erfolgsfaktoren in der Popmusik / Beispiel Fools Garden

vorgelegt von: Olaf Menne Franz-Egon-Str. 14 33102 Paderborn Tel.: 05251 / 8787647 Matr.-Nr.: 6111204

vorgelegt bei: Prof. Dr. Hartmut Winkler Dr. Ralf Adelmann (Zweitkorrektor) Universitt Paderborn

Paderborn, 21.02.2006

Eidesstattliche Erklrung:

Hiermit erklre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstndig und ohne unerlaubte fremde Hilfe angefertigt, keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt und die den benutzten Quellen wrtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Paderborn, 21.02.2006

Inhalt1 Einleitung.........................................................................................................1 2 Die Hrer und ihre Bedrfnisse........................................................................7 2.1 Die passive Masse .....................................................................................7 2.2 Pop als Glcksmoment ..............................................................................9 2.2.1 Die Leiden des Menschen.....................................................................9 2.2.2 Streben nach Glck............................................................................10 2.2.3 Zurck zum ozeanischen Gefhl........................................................10 2.3 Das aktive Publikum ................................................................................11 2.3.1 Subkulturen........................................................................................12 2.3.2 Stil und Individualisierung .................................................................13 2.4 Zusammenfhrung...................................................................................14 2.4.1 Offene Populrkultur .........................................................................15 2.4.2 Leitbedeutungen................................................................................16 2.4.3 Identifizierung....................................................................................17 3 Die Seite der Produktion................................................................................19 3.1 Der kaufmnnische Part...........................................................................19 3.1.1 Zur Struktur der Musikwirtschaft........................................................21 3.1.2 Zur Situation der Musikwirtschaft......................................................23 3.1.2.1 Mgliche Begrndungen..............................................................23 3.1.2.2 Manahmen.................................................................................25 3.1.3 Zukunftsoptionen...............................................................................27 3.1.3.1 Das Potato-System.......................................................................27 3.1.3.2 Preissegmentierungen.................................................................29 3.1.3.3 Die glserne Plattenfirma............................................................30 3.1.4 Aktuelle Erfolgsbeispiele....................................................................32 3.1.4.1 Marillion.......................................................................................32 3.1.4.2 Kettcar.........................................................................................35 3.1.4.3 RTL Enterprises............................................................................36 3.1.4.4 Klingelton-Marketing....................................................................37 3.2 Der knstlerische Part..............................................................................39 3.2.1 Starkult...............................................................................................39 3.2.2 Starschemata.....................................................................................41 3.2.2.1 Der Rebell ...................................................................................41 3.2.2.2 Der Aufsteiger..............................................................................42 3.2.2.3 Der Stellvertreter.........................................................................43 3.2.2.4 Das Wunschbild............................................................................43 3.2.2.5 Die Projektionsflche...................................................................46 4 Der Song........................................................................................................49 4.1 Zur Rangfolge der Einflussfaktoren..........................................................50 4.2 Gliederung der Analyse............................................................................52 4.3 Songwriting..............................................................................................53 4.3.1 Die Grundidee Inspiration................................................................53 4.3.2 Die Konstruktion des Songs................................................................54 i

4.3.3 Thematik und Inhalt...........................................................................56 4.3.3.1 Mythen zwischen Produktion und Publikum...............................58 4.3.3.2 Mythen des Rock..........................................................................59 4.3.3.3 Die Mystik des Songtitels.............................................................60 4.3.4 Die richtigen Worte ...........................................................................61 4.3.4.1 Hinter dem Wort: Der Wortklang..................................................63 4.3.4.2 Prgende Worte ..........................................................................63 4.3.5 Die Geschichte...................................................................................64 4.3.5.1 Die Heldengeschichte..................................................................65 4.3.5.2 Die Perspektive............................................................................70 4.4 Musikalische Aspekte...............................................................................71 4.4.1 Harmonik............................................................................................72 4.4.2 Melodik...............................................................................................73 4.4.3 Rhythmus...........................................................................................75 4.4.3.1 Funktionen ..................................................................................75 4.4.3.2 Krperlichkeit...............................................................................76 4.4.3.3 Schwarze Wurzeln.....................................................................76 4.4.3.4 Rhythmus bei Lemon Tree............................................................77 4.4.4 Instrumentation .................................................................................79 4.4.4.1 Ungewhnliche Instrumente........................................................79 4.4.4.2 Die Sonderrolle der Stimme.........................................................80 4.5 Die Abmischung / Klanggestaltung...........................................................83 4.5.1 Einblick in die Mglichkeiten der Klanggestaltung.............................83 4.5.2 Funktion und Ziel der Klanggestaltung..............................................83 4.5.3 Die Wirkung unterschiedlicher Lemon Tree Abmischungen ...............84 4.5.3.1 Ergebnisse...................................................................................85 4.5.3.2 Interpretation...............................................................................85 Fazit...................................................................................................................87 Literaturverzeichnis..........................................................................................91 Abbildungsverzeichnis.......................................................................................99

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1 EinleitungI wonder how, I wonder why Yesterday you told me bout the blue, blue sky. And all that I can see Is just a yellow lemon tree. aus Fools Garden1: Lemon Tree Im Herbst 1995 wurde der Song Lemon Tree von der Rockband Fools Garden aus Pforzheim als Vorabsingle ihres Albums Dish Of The Day verffentlicht. Lemon Tree2 entwickelte sich zu einem weltweiten Hit: In Deutschland hielt sich die Single 36 Wochen in den Singlecharts, davon 15 Wochen unter den Top-Ten.3 Insgesamt wurde der Titel in 45 Sprachen bersetzt und in 40 Lndern verffentlicht. In Deutschland (dreifach), der Schweiz, sterreich, Belgien, Dnemark und Frankreich wurde die Single mit Gold ausgezeichnet; in Norwegen und Irland erhielten Fools Garden4 sogar Platin. Das kurze Zeit spter erschienene Album Dish Of The Day schaffte ebenfalls den Sprung an die Spitze zahlreicher Charts, erlangte den Platinstatus in Deutschland und Gold in den Lndern sterreich, Schweiz, Dnemark, Italien, Singapur, Hongkong und Malaysia. 1996 wurde die Band als erfolgreichste Nachwuchsband mit dem Bambi, der Goldenen Europa, der Goldenen Stimmgabel und dem Echo ausgezeichnet.5 Fools Garden konnten diesen Erfolg bisher nicht wiederholen. Nachfolgende Singles platzierten sich nicht mehr in den Top1

Seit der Verffentlichung des Albums Welcome to the real world schreibt die Band ihren Bandnamen ohne Apostroph. Alte Verffentlichungen verwenden noch die Schreibweise Fool's Garden. Im Folgenden wird ausschlielich die neue Schreibweise verwendet. 2 Aufgrund des zentralen Stellenwerts und hufigen Gebrauchs des Songtitels Lemon Tree in dieser Arbeit werde ich im Folgenden auf eine Kennzeichnung des Begriffs als Songtitel durch Anfhrungszeichen verzichten. 3 vgl. Meyer, Holger: Charts Surfer Musik / Suchergebnis: "lemon tree" in Deutsche Single-Charts ab 1956. Online im Internet: www.charts-surfer.de [abgerufen am 10.12.2005] 4 Ich verwende nach Bandnamen den Plural, um auf diese Weise zu betonen, dass jede Band aus mehreren Mitgliedern besteht. 5 vgl. Munzinger-Archiv: Pop-Archiv International 11/02. Ravensburg: Munzinger-Archiv GmbH 1990, Eintrag zu Fools Garden [ohne Seitenangaben]

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Ten der Verkaufshitparaden und auch die Verkaufszahlen der weiteren Alben konnten nie mehr an das einmal erreichte Niveau heranreichen. Fools Garden werden daher hufig als eine sogenannte One Hit Wonder-Band bezeichnet. Damit sind Bands oder Musiker gemeint, die nur mit einem einzigen Lied hochplatziert in den Verkaufs-Hitparaden auftauch(t)en. Oft zhlen musikalische Ausflge von prominenten Persnlichkeiten zu den musikalischen Eintagsfliegen. Auch Songs, die zu einem bestimmten Anlass produziert wurden, wie zum Beispiel Sommerhits, Titelsongs eines Films oder eines Werbespots stellen typische Ausprgungen der One Hit Wonders dar. Fools Garden knnen nicht in diese Kategorien eingeordnet werden, was eine Untersuchung ihres Falls besonders reizvoll macht. Am Beispiel der Band und ihres Hits Lemon Tree sollen in dieser Arbeit Aspekte aufgezeigt werden, die fr den Erfolg in der Popmusik eine Rolle spielen. In Zeiten, in denen sich die traditionelle Tontrgerindustrie in einer Krise und einem Umbruch befindet6, erscheint mir ein solches Thema sehr relevant. Fr Musiker und Plattenfirmen spielen erfolgreiche Songs eine immer grere Rolle; eine in den 1990er Jahren verfolgte Verffentlichungspolitik, bei der einem kommerziell erfolgreichen Produkt neun defizitre gegenberstanden, ist heute lngst nicht mehr tragbar.7 Diese Arbeit soll daher dazu beitragen, den Blick fr erfolgsversprechende Faktoren in der Popmusik zu schrfen.6

Laut Angaben des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft, die 91% des deutschen Musikmarktes reprsentiert, sank der Branchenumsatz seit 1997 um fast 40%. vgl. Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft: Jahreswirtschaftsbericht 2004. Online im Internet: http://www.ifpi.de/jb/2005/umsatz.pdf [abgerufen am 14.01.2006] 7 vgl. Rttgers, Janko: Mix, Burn & RIP. Das Ende der Musikindustrie. [Netzausgabe] Hannover: Verlag Heinz Heise 2003. Online im Internet: http://www.lowpass.cc/Janko_Roettgers_Mix_Burn_RIP.pdf, S. 123 [abgerufen am 15.01.2006] Lau publizierte sogar, dass in den USA im Jahr 2001 von 6455 CDVerffentlichungen der Major Companies nur 112 rentabel waren. Das entspricht 1,7 Prozent. vgl. Lau, Peter: Musik fr Erwachsene (2). In: brandeins 09/2002, S. 42. Online im Internet: http://www.brandeins.de/ximages/11407_036musikfu.pdf [abgerufen am 15.01.2006]

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Wenn es um eine wissenschaftliche Untersuchung der Erfolgsfaktoren in der Popmusik geht, soll dies nicht bedeuten, dass es so etwas wie ein Patentrezept fr Hits gibt. Ein solch heiliger Gral wird nicht zu finden sein, auch wenn eine schier unberschaubare Flut an Publikationen zu dieser Thematik einen solchen Anschein erwecken mag. Meine Ausfhrungen sollen eher als Leitfaden dienen, um das scheinbar unberschaubare Geflecht, in dem sich die Popmusik bewegt, zu strukturieren. Viele unterschiedliche Erfolgsfaktoren sollen aufgezeigt und miteinander verknpft werden. Dabei spielen Fachbereiche wie die Soziologie, Musik, Betriebswirtschaft und Psychologie eine wichtige Rolle, die in dieser Arbeit jedoch nicht in aller Tiefe bercksichtigt werden knnen. Vielmehr geht es darum, Verbindungen der einzelnen Diskurse aufzuzeigen, dabei jedoch nicht das zu untersuchende Fallbeispiel Fools Garden aus den Augen zu verlieren. Diese Arbeit verfolgt einen interdisziplinren Ansatz, um die Mehrdimensionalitt der Erfolgsfaktoren aufzuzeigen. Seit Adorno in der ersten Hlfte des 20. Jahrhunderts die Basis fr eine wissenschaftliche Forschung in Bezug auf populre Musik gelegt hat8, besteht die Forderung nach einer fcherbergreifenden Herangehensweise, da populre Musik immer auch stark durch auermusikalische Faktoren geprgt ist. Dieser Forderung wird aber nur selten nachgekommen: Von Schoenebeck stellte 1987 in ihrer Habilitationsschrift zum Thema Was macht Musik populr? fest, dass die meisten Beitrge aus dem Bereich der Musiksoziologie stammen, bei diesen jedoch meistens keine interdisziplinren Anstze entwickelt worden sind.9 Hufig beschrnken sich die Autoren darauf, die von Adorno entwickelten Anstze weiter zu konkretisieren bzw. zu aktualisieren.10 Neben der soziologischen Sichtweise auf das Phnomen des Erfolgs in der Popmusik sind vor allem die wirtschaftlichen Aspekte zum Thema umfangreich dokumentiert. Als Standardwerk gilt zum Beispiel das Handbuch der Musikwirtschaft.11 Daneben lassen sich ebenso Ratgeber zu Vertrgen in der8

zum Beispiel durch seinen Aufsatz On popular music aus dem Jahr 1941 vgl. Adorno, Theodor: On Popular Music. In: Frith, Simon; Goodwin, Andrew: On Record. London: Roudledge 1990, S. 301-319 9 vgl. von Schoenebeck, Mechtild: Was macht Musik populr? Untersuchungen zu Theorie und Geschichte populrer Musik. Frankfurt am Main: Verlag Peter Lang 1987, S. 142 10 vgl. ebd., S. 124

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Musikindustrie12 anfhren, wie Anleitungen fr Bands zur Selbstvermarktung13, Portraits von erfolgreichen Managern14 und Darstellungen von Erfolgsgeschichten der Musikindustrie15. Auffallend ist dabei ein hufig aufzufindendes Defizit: Das Songwriting und die Beschftigung mit Songinhalten wird oftmals vollkommen ausgeblendet. Auch in dem Buch Star Making Machinery von Stokes, das viele Musiker als Klassiker ansehen, wird in den Ausfhrungen des Alltags einer Band, die ein neues Album produziert, nur auf die wirtschaftliche Situation der Band, die Vertragsverhandlungen, die Studioarbeit und das Tourneeleben eingegangen.16 Das Songwriting zhlt Stokes offensichtlich nicht zur Star Making Machinery. Dass dieser Bereich fr den Erfolg einer Band aber von enormer Wichtigkeit ist, stellt zum Beispiel Thomsen fest: Er beschreibt in dem Aufsatz Prferenzbildung in der Popmusik aus musikindustrieller Sicht am Beispiel der Single Ey La La von La Montse, wie die Vermarktung einer Single typischerweise abluft.17 Er resmiert, dass die Marketingstrategie nie ein Garant fr einen entsprechenden Erfolg sein kann.18 Das Musikstck msse selbst das Potential haben, zuerst von den Medien und danach vom Endverbraucher akzeptiert zu werden.19 Maempel ist auch dieser Auffassung und kommt zu dem Schluss, dass Popsongs selbstwerbende Produkte sind: Whrend ein materielles Gebrauchsgut,11

vgl. Moser, Rolf; Scheuermann, Andreas (Hrsg.): Handbuch der Musikwirtschaft. 4. Auflage. Starnberg, Mnchen: Josef Keller Verlag 1997 12 vgl. Lyng, Robert: Musik & Moneten. Wirtschaftliche Aspekte von Knstler-, Bandbernahme- und Produzentenvertrgen. 2. Auflage. Bergkirchen: PPV Medien 2001 13 vgl. Hilberger, Manfred: Das Rock- & Pop-Business. Mhlheim: BandstandMusic 1997 oder Jahnke, Marlis: Der Weg zum Popstar. Mainz: Schott 1998 oder Stark, Jrgen: berlebenskunst Tips und Tricks fr Musiker. Dsseldorf: Zebulon-Verlag 1995 14 vgl. York, Norton: The Rock File. Making it in the Music Business. New York: Oxford University Press 1991 15 vgl. zum Beispiel: Dannen, Fredric: Hit Men. Makler der Macht und das schnelle Geschft im Musikgeschft. Frankfurt am Main: Zweitausendeins 1998 16 vgl. Stokes, Geoffrey: Star-making-machinery. Indianapolis, New York: Bobbs-Merrill Company 1975 17 vgl. Thomsen, Kai: Prferenzbildung in der Popmusik. In: Rsing, Helmut und Phleps, Thomas (Hrsg.): NEUES zum Umgang mit ROCK- und POPMUSIK. Karben: CODA Musikservice + Verlag 1998, S. 49-67 18 vgl. ebd., S. 63 19 vgl. ebd.

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beispielsweise ein Fahrrad, trotz schlechten Werbespots von guter Qualitt sein mag (oder umgekehrt) und vom Verbraucher vor dem Kauf in gewissem Rahmen auf eben diese Qualitt berprft werden wird, fallen die durch Radio, Fernsehen oder Internet vermittelten Eigenschaften eines Popmusikstcks, welche eine werbende Funktion erfllen mssen, weitestgehend mit den Eigenschaften des tatschlich in Form eines Tontrgers erwerbbaren Popmusikstcks zusammen.20 Auf dieser Erkenntnis basiert die Geschftsidee des spanischen Unternehmens Polyphonic HMI. Die Firma hat eine Software entwickelt mit der sie behauptet, Voraussagen ber die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Songs treffen zu knnen. Dazu hat Polyphonic nach eigenen Angaben 3,5 Millionen unterschiedliche Popsongs untersucht. Auf der Internetseite von Polyphonic wird die Funktionsweise der Software kurz erklrt:21 Das Programm analysiert einzelne Songelemente wie die Melodie, das Tempo, den Rhythmus, den Sound usw. und ordnet diesen mathematische Werte zu. Die mathematischen Eigenschaften jedes Songs werden gewichtet und so zusammengefhrt, dass er als einzelner Punkt auf einem Koordinatensystem abbildbar wird. Polyphonic vergleicht diese Eigenschaften mit denen von Songs, die sich in ihrer Hitdatenbank befinden, welche nach Angaben der Firma aus smtlichen Titeln der US und UK Top 30 Charts der letzten 5 Jahre besteht. Songs mit mathematischen hnlichkeiten stehen in einem Ergebnisraster eng zusammen. Die Firma hat festgestellt, dass sich Hits jeweils in hnlichen Regionen ihres Rasters anordnen (vgl. Abbildung 1). Mit diesem Verfahren trifft die Firma Prognosen ber die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Songs. Polyphonic weist aber auf weitere zwei Faktoren hin, die einen Hit ausmachen: Die richtige Promotion sei unersetzbar, um einen Song kommerziell erfolgreich zu machen: While given the right kind of promotion and enough public repetition it can be argued that any song can become a hit of some sort, we help labels identify those songs that will rise the charts and sell in the stores with less resistance than other songs.22 Auerdem msse ein Song neben den mathematischen Aspekten, die ihre20

Maempel, Hans-Joachim: Klanggestaltung und Popmusik. Eine experimentelle Untersuchung. Heidelberg: Synchron Wissenschaftsverlag der Autoren 2001, S. 2 21 vgl. Polyphonic HMI: Hit Song Science Technology. Online im Internet: http://www.hitsongscience.com/technology.php [abgerufen am 30.12.2005]

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Abbildung 1: Modell eines Polyphonic Ergebnisrasters Jeder graue Punkt in dieser Grafik symbolisiert einen der 3,5 Millionen von Polyphonic untersuchten Hits. Auffllig ist, dass sich deutliche Gruppierungen bilden. Die zwlf dunklen Punkte stellen Songs eines analysierten neuen Albums dar. Zwei der untersuchten Lieder haben laut Polyphonic Chancen ein Hit zu werden, da sie in dem Raster in den HitClustern 17 und 13 angeordnet sind. Quelle: Polyphonic HMI: Hit Song Science - Technology. Online im Internet: http://www.hitsongscience.com/technology.php [abgerufen am 30.12.2005]

Software untersucht, auch im menschlichen Ohr wie ein Hit klingen. Dieser Hinweis zeigt ein Problem in der Polyphonic Analyse: Die Untersuchung von Erfolgsfaktoren eines Popsongs basiert auf dem Erfassen und Gewichten statistischer hnlichkeiten. Inhaltliche Aspekte, die sich auf den Text eines Songs beziehen, werden beispielsweise auer Acht gelassen; auch Songs mit auergewhnlich neuartigen Elementen fallen aus dem Analyseraster. Der Ansatz meiner Arbeit ist daher weiter gefasst. Ich werde einzelne Elemente des Fools Garden Hits Lemon Tree analysieren und damit den Grundgedanken der Firma Polyphonic The patterns that we find pleasing havent changed a lot. What has changed are the instruments used, the styles, the way the music is performed etc.23 verfolgen. ber diese Methode soll die Arbeit jedoch hinausgehen und auch die konomische und textliche Seite erfolgreicher Songs mit einbeziehen. Zunchst richte ich den Fokus auf die Hrer und Kunden von Popmusik im Allgemeinen. In Kapitel werde ich wesentliche Richtungen der wissenschaftlichen Analysen von22

Polyphonic HMI: Hit Song Science FAQ. Online im Internet: http://www.hitsongscience.com/faq.php [abgerufen am 30.12.2005] 23 ebd.

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Popmusikhrern vorstellen, da den Verkaufsinteressen der Produzenten immer tatschliche oder vermeintliche Bedrfnisse der Konsumenten gegenber stehen. Kunden sind die Basis fr jede erfolgreiche Ware. Produkte werden nicht konsumiert, wenn sie den Bedrfnissen der Kunden nicht entsprechen, bzw. wenn diese nicht geweckt werden. Im dritten Kapitel der Arbeit gehe ich dann zu den Produzenten der Musik der Band und den Musikvermarktern ber. Ich beschreibe die Struktur und die derzeitige konomische Situation der Musikwirtschaft und zeige anhand von aktuellen Erfolgsbeispielen Optionen fr Vermarktungsstrategien von Fools Garden auf. Das Selbstverstndnis und ffentliche Erscheinungsbild der Band werde ich auf ihr Potential hin berprfen, erprobte erfolgreiche Starschemata auszufllen. Schlielich gehe ich in Kapitel 4 auf den Erfolgssong der Band, Lemon Tree, ein. Einzelne Elemente wie das Thema des Songs, der Songaufbau, die verwendeten Worte, die erzhlte Geschichte, die Perspektive, die Melodik, die Harmonik, der Rhythmus, die Instrumentation und die Abmischung des Songs werden auf mgliche Erfolgsfaktoren untersucht. In einem Fazit werde ich reflektieren, ob sich der Erfolg von Lemon Tree aus diesen berlegungen begrnden lsst und mgliche erfolgsversprechende Optionen fr die Zukunft der Band aufzeigen. Dieser Arbeit liegt eine CD-ROM bei. Sie enthlt eine elektronische Version der Ausarbeitung, verwendete Bilder, Musikbeispiele und die zitierten Onlinequellen. Die CD-ROM beinhaltet zum Teil auch nicht ffentlich zugngliches bandinternes Material, das mir Fools Garden zur Verfgung gestellt haben. Auf eine Diskussion zur Definition des Begriffs Popmusik und zur Abgrenzung von Ernster- und Unterhaltungs-Musik wird in dieser Arbeit bewusst verzichtet. Populre Musik wird, einer Definition von Peter Wicke folgend, nicht als ein Nominalbegriff, sondern als ein [...] diskursives Instrument kultureller Auseinandersetzungsprozesse auf dem durch die kommerzielle Musikproduktion abgesteckten Territorium24 ver24

Wicke, Peter: Populre Musik. In: Finscher, Ludwig (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Mut Que Sachteil 7. 2., neubearb. Ausg.

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standen. Es werden daher fr dieses durch Musiker, Industrie und Publikum geprgte Korrelationsgefge unterschiedliche Begriffe wie Unterhaltungsmusik, Popmusik, populre Musik oder leichte Musik zur Anwendung kommen, die im Wesentlichen synonym zu verstehen sind. Die ebenfalls verwendeten Bezeichnungen Rock und Rock'n'Roll sind als Untergattungen der Popmusik zu verstehen.

Kassel [u.a.]: Brenreiter [u.a.] 1997, S. 1695-1703, hier S. 1696