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Siegen Universität Siegen Die Bank der Zukunft. Eine Branche im Zeichen der Vertrauenskrise. Erfolgsfaktor Humankapital: Warum nur der Mensch eine Bank aus der Krise führen kann Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Volker Stein Studentische Teammitglieder: Helene Alt Julia Schippers Dominik Schmitt-Bohn Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

Erfolgsfaktor Humankapital – Warum nur der Mensch eine Bank aus der … · 2013. 6. 21. · anschreiten der Digitalisierung des Bankenwesens wird in dieser Arbeit ein aus personaltheo-

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  • Siegen

    Universität Siegen Die Bank der Zukunft. Eine Branche im Zeichen der Vertrauenskrise. Erfolgsfaktor Humankapital: Warum nur der Mensch eine Bank aus der Krise führen kann Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Volker Stein Studentische Teammitglieder: Helene Alt Julia Schippers Dominik Schmitt-Bohn

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • I

    Inhaltsverzeichnis

    Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. III

    Tabellenverzeichnis .................................................................................................................. IV

    1 Einleitung ............................................................................................................................ 1

    1.1 Problemstellung ........................................................................................................... 1

    1.2 Zielsetzung ................................................................................................................... 3

    2 Theoretische Grundlagen .................................................................................................... 3

    2.1 Zentrale Begriffsdefinitionen ...................................................................................... 3

    2.2 Personaltheorien .......................................................................................................... 6

    3 Untersuchungsrahmen ......................................................................................................... 8

    3.1 Mentales Modell .......................................................................................................... 8

    3.2 Methodik .................................................................................................................... 10

    3.2.1 Grundlegende Vorgehensweise .......................................................................... 10

    3.2.2 Aufbau und Ablauf der quantitativen Studentenbefragung ................................ 11

    3.2.3 Aufbau und Ablauf der Experteninterviews mit Personalverantwortlichen ...... 13

    4 Untersuchung .................................................................................................................... 14

    4.1 Ausgangssituation: Geringes Kundenvertrauen trotz Wunsch nach Beratung .......... 14

    4.2 Gestaltungsfeld: Kundenorientierung und Mitarbeiter-Kompetenzen ...................... 17

    4.3 Erfolgskriterien: Servicebeurteilung durch Kundenzufriedenheit ............................. 23

    5 Ergebnis ............................................................................................................................ 24

    5.1 Zusammenfassung ..................................................................................................... 24

    5.2 Handlungsaufträge für die Führungsebene ................................................................ 25

    5.2.1 Expertise durch Entwicklung von Führungskompetenz ..................................... 25

    5.2.2 Kontinuität dank eines kundenorientierten Anreizsystems ................................ 29

    5.2.3 Differenzierte Personalentwicklung als Wettbewerbsvorteil ............................. 32

    5.2.4 Governance durch abteilungsübergreifende Planung ......................................... 36

    5.3 Handlungsaufträge für Bankmitarbeiter .................................................................... 39

    5.3.1 Digitalisierung und die Nachfrage nach Mitarbeitern ........................................ 39

    5.3.2 Fachliche Kompetenz und vertrauensvolle Beratung ......................................... 42

    5.3.3 Kundenorientierter Vertrieb und soziale Verantwortung ................................... 44

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • II

    5.3.4 Innovative Ideen und die Entwicklung neuer Produkte ..................................... 45

    5.5 Limitationen ............................................................................................................... 46

    5.5.1 Bankexterne Limitationen .................................................................................. 46

    5.5.2 Bankinterne Limitationen ................................................................................... 47

    5.5.3 Limitationen der Untersuchung .......................................................................... 48

    5.6 Fazit und Ausblick ..................................................................................................... 49

    Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 51

    Anhang ....................................................................................................................................... 1

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • III

    Abbildungsverzeichnis

    Abbildung 1: Das mentale Modell ........................................................................................... 10

    Abbildung 2: Einschätzungen der größten Probleme von Banken heutzutage (n=239) .......... 15

    Abbildung 3: Grundaussagen bezüglich der Aufgabe eines Bankmitarbeiters (n=239) .......... 16

    Abbildung 4: Prozentuale Anzahl der Bankkonten der befragten Studenten (n=239) ............. 16

    Abbildung 5: Einflüsse auf das Vertrauen in eine Bank (n=239) ............................................ 17

    Abbildung 6: Wichtigkeit von Eigenschaften eines Bankmitarbeiters (n=239) ...................... 19

    Abbildung 7: Bewertungskriterien für Bankenleistungen (n=239) .......................................... 23

    Abbildung 8: Professionalisierungsmodell .............................................................................. 25

    Abbildung 9: 360-Grad-Feedback ............................................................................................ 27

    Abbildung 10: Mögliches Feedback-Formular zur Messung der Kundenzufriedenheit .......... 31

    Abbildung 11: Die fünf Elemente eines S&OP in der Bankenbranche ................................... 37

    Abbildung 12: Veränderung der Nachfrage und des Anforderungsprofils an Bankmitarbeiter

    im Zeitablauf ............................................................................................................................ 41

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • IV

    Tabellenverzeichnis

    Tabelle 1: Deskriptive Statistik, Durchschnitt und Standardabweichungen (n=239) .............. 14

    Tabelle 2: Kurzzusammenfassung der vorgestellten Maßnahmen für die Führungsebene ...... 39

    Tabelle 3: Kurzzusammenfassung der vorgestellten Maßnahmen für Bankmitarbeiter .......... 46

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 1

    1 Einleitung

    1.1 Problemstellung

    In vielen Ländern der Welt haben Bankkunden ihr Vertrauen in die Kreditinstitute verloren.

    Da „Banken (...) nur dann langfristig erfolgreich sein [können], wenn sie das Vertrauen der

    Gesellschaft besitzen“1, stellt Vertrauen der Grundbaustein des Bankengeschäfts dar. Ledig-

    lich die Menschen in einer Bank können dieses Vertrauen generieren und aufrecht erhalten.

    Der Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die jüngste Bankenkrise, welche 2007 durch die

    Subprime-Krise ausgelöst wurde und schließlich über die internationalen Verbindungen der

    Bankportfolios bis in nahezu alle Länder der Welt hinausreichte. Sinn betrachtet diese Fi-

    nanzkrise als ein Resultat der Haftungsbeschränkung, aufgrund welcher im Falle des Schei-

    terns eines Finanzproduktes nur geringes Eigenkapital eingefordert wird und im Falle des

    Erfolgs weitreichende Boni-Zahlungen2 ermöglicht werden.

    3 Die resultierenden risikoreichen

    Entscheidungen führten dazu, dass nach dem Einbruch der Krise der Staat zur Erhaltung ein-

    zelner Banken bereit stehen musste. Ein symbolisches Beispiel ist hier die englische Bank

    Northern Rock, bei welcher im September 2007 der größte „bank run“ im Vereinigten König-

    reich seit mehr als einem Jahrhundert stattfand und der britische Staat die Spareinlagen garan-

    tieren musste.4 Solch ein „bank run“ entsteht durch Informationsasymmetrien zwischen Bank

    und Anlegern.5 Dabei ist es das Anlegerverhalten, das eine Bonitätskrise auslöst und somit zu

    einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.6 Zeitgleich schwand das Vertrauen der Ban-

    ken untereinander, sodass der Interbankenhandel zum Erliegen kam.

    Während die Haftungsbeschränkung für das Vorantreiben von gewinnmaximierenden Ge-

    schäften notwendig ist, ist sie zusammen mit einer geringen Eigenkapitalquote aus personal-

    theoretischer Sicht problematisch, da Entscheidungsträger Verantwortung abgeben und resul-

    tierende Risiken auf die Gesellschaft verteilen. Weiterhin sind es „die Aktionäre, die von der

    Haftungsbeschränkung der Kapitalgesellschaft profitieren.“7 So war das Erzielen kurzfristiger

    Gewinne auf Basis risikoreicher Geldanlagen8 für die Aktionäre eine attraktive Vorgabe, die

    den ausführenden Führungskräften als Anreiz gegeben wurde. Folglich wurde das

    Anreizsystem für die Bankenführungsebene angepasst und der Fokus weniger auf langfristige

    Nachhaltigkeit als auf kurzfristige Gewinnerzielung gelegt.

    1 Ackermann, Joseph, „Die Menschen trauen Ihnen nicht mehr“,

    http://www.tagesschau.de/wirtschaft/weidmann134.html, 14.11.2011, abgerufen am 05.12.2012. 2 vgl. Swisher, Judith, CEO Compensation at US Banks: Pay for Performance? in: Journal of International Fi-

    nance & Economics 12 (4/2012) 31-38, 31. 3 Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein) 2. Aufl. 2009, 289-290.

    4 The Economist, The Bank that Failed, http://www.economist.com/node/9832838, 20.09.2007, abgerufen am

    04.03.2013. 5 Bonn, Joachim K., Bankenkrisen und Bankenregulierung, Wiesbaden (Gabler) 1998, 18.

    6 vgl. Bonn, Joachim K., Bankenkrisen und Bankenregulierung, Wiesbaden (Gabler) 1998, 20.

    7 Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein) 2.Aufl. 2009, 307.

    8 vgl. Kanas, Angelos, Bank Dividends, Risk, and Regulatory Regimes, in: Journal of Banking & Finance 37

    (1/2013) 1-10, 10.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 2

    Die Weitergabe dieser Anreize von der Führungsebene an den einzelnen Bankmitarbeiter9

    hatte unweigerliche Konsequenzen für das generelle Bankengeschäft. Anreizsysteme basie-

    rend auf Verkaufszahlen bestimmter Finanzprodukte führen zu äußerst abschlussorientierten

    Beratungsgesprächen mit Privatkunden, die nicht notwendigerweise die wahren Bedürfnisse

    des Kunden erfüllen. Dieses den Bankmitarbeitern bis heute anhaftende Negativimage10

    kennzeichnet sie mehr als profitorientierte Verkäufer denn als tatsächliche Berater in Finanz-

    angelegenheiten. Unter dieser Entwicklung litten neben der Nachhaltigkeit maßgeblich die

    Kunden der Banken. Zeitgleich resultierte hieraus die bis heute existierende Vertrauenskrise

    zwischen Kunde und Bank, die in dem oben genannten Beispiel des „bank runs“ verkörpert

    wird. Ebenso hat die Unzufriedenheit und der Wechselwille der privaten Bankkunden ein bis-

    her unbekanntes Höchstmaß erreicht11

    , welches symbolisch für das Misstrauen zwischen

    Bank und Kunde steht und einen entscheidenden Indikator für das Scheitern von Bankmitar-

    beiter- und Führungsentscheidungen darstellt.

    Einer einzelnen Führungskraft oder einem einzelnen Bankmitarbeiter vorzuwerfen, nicht im

    Interesse der Bank gehandelt zu haben, ist allerdings verfehlt. Innerhalb der gesamten Finanz-

    branche war es zur Normalität geworden, noch riskantere und komplexere Entscheidungen zu

    treffen als die Konkurrenz, lediglich um sicherzustellen, dass die Bank im vorherrschenden

    Wettrennen um die profitreichsten Produkte mithalten konnte und nicht befürchten musste,

    von Konkurrenten übernommen zu werden.12

    Die Systemkomplexität der Branche hatte ein

    Höchstmaß erreicht, weshalb der Führungsebene nichts anderes übrig blieb, „als auf Risiko zu

    setzen und das oben beschriebene Glücksrittertum zu betreiben.“13

    Dieser unternehmensüber-

    greifende Konkurrenzdruck wurde zusätzlich von den Verantwortlichen mit falschen Anrei-

    zen und geringer Kontrolle unterstützt. Jedoch war auch diese Form der Unternehmensleitung

    durchaus mit rationalem Verhalten vereinbar, denn die Führungsebene hatte nicht nur die Zu-

    kunft der Bank, sondern auch ihre eigene Zukunft zu beachten.

    Während die Finanzkrise den Fokus auf das Verhalten der Verantwortlichen innerhalb des

    Bankengeschäftes lenkt, ist jedoch ein weiterer Faktor maßgebend für die Zukunft dieses Ge-

    schäfts: der anhaltende Prozess der Digitalisierung. So wird die zukünftige Kundengeneration

    9 In dieser Arbeit werden die Begriffe Bankmitarbeiter und Bankangestellter für sowohl das weibliche als auch

    das männliche Geschlecht verwendet. 10

    vgl. Bastian, Nicole/Köhler, Peter, Miserabler Ruf der Banken-Branche,

    http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/image-miserabler-ruf-der-banken-branche/6785982.html,

    23.06.2012, abgerufen am 12.02.2013. 11

    Bain & Company, Bain-Studie zum Retail-Banking: Private Bankkunden sind unzufrieden wie nie zuvor,

    http://www.bain.de/press/press-archive/bain-studie-zum-retail-banking.aspx, 26.07.2012, abgerufen am

    04.12.2012. 12

    vgl. Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein) 2.Aufl. 2009, 96. 13

    Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein) 2.Aufl. 2009, 97.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 3

    Online-Banking als selbstverständlich ansehen.14

    Alltägliche Transaktionen können folglich

    ohne einen Bankangestellten durchgeführt werden. Die Folgen dieser Trendwende sind ein-

    deutig. Es werden auf Grund der Digitalisierung des Bankengeschäftes in Zukunft nicht nur

    oftmals weniger „traditionelle“ Mitarbeiter in einer Bank benötigt, sondern es ändert sich zu-

    dem grundlegend das Aufgaben- und Anforderungsprofil dieser Bankangestellten. Laut einer

    Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group werden Banken in Zukunft auf

    Grund der Automatisierung von Prozessen „die Personaldecke um 20 bis 30 % reduzieren.“15

    Mit einem in die Zukunft gerichteten Blick zeigt diese Arbeit, dass sich zukunftsfähiges Ban-

    kenmanagement in großem Maße auf diejenigen konzentrieren sollte, die mit ihrem Handeln

    die Zukunft der Bank beeinflussen: die Bankenführungsebene sowie die Mitarbeiter einer

    Bank. Während die Finanzkrise die Auswirkungen von fehlendem Vertrauen symbolisiert,

    wird die Zukunft einer Bank von ebendiesem beeinflusst.

    1.2 Zielsetzung

    Unter Berücksichtigung der bisher noch nicht überwundenen Vertrauenskrise und dem Vor-

    anschreiten der Digitalisierung des Bankenwesens wird in dieser Arbeit ein aus personaltheo-

    retischer Sicht tragfähiges Konzept einer „Bank der Zukunft“ entworfen. Hierbei gilt es, das

    angesprochene, verlorengegangene Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen, welches durch

    die Akteure innerhalb der Bankenbranche beeinflussbar und erreichbar ist. Aufbauend auf

    organisationstheoretischen Grundlagen, bereits vorliegenden Erkenntnissen aus der Personal-

    und Führungsforschung sowie eigenen quantitativen und qualitativen Erhebungen sollen kon-

    krete Handlungsempfehlungen für den Bereich des Führungs- und Personalmanagements

    entwickelt sowie Möglichkeiten zur Messung der umgesetzten Vorschläge dargestellt werden.

    Folgerichtig gilt es auch, bankexterne, -interne und untersuchungsbedingte Limitationen für

    die Unternehmenspraxis zu beachten, um somit ein realistisches Zukunftskonzept für das Pri-

    vatkundengeschäft von Banken bieten zu können.

    2 Theoretische Grundlagen

    2.1 Zentrale Begriffsdefinitionen

    Der Begriff Vertrauen stellt einen zentralen Aspekt dieser Arbeit dar. Vor allem in der Ban-

    kenbranche treibt Vertrauen die Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Bank an und ist

    somit ein wichtiger Bestandteil für deren langfristiges Fortbestehen.16

    Nicht ohne Grund warb

    14

    Dapp, Thomas F., Deutsche Bank Research Management, Die digitale Gesellschaft. Neue Wege zu mehr

    Transparenz, Beteiligung und Innovation http://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-

    PROD/PROD0000000000274079.pdf , 01.06.2011, abgerufen am 21.02.2013. 15

    Fehr, Mark/Welp, Cornelius, Bankern droht Kündigungswelle,

    http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/stellenabbau-bankern-droht-kuendigungswelle-seite-all/7049158-

    all.html, 28.08.2012, abgerufen am 22.02.2013. 16

    vgl. Ripperger, Tanja, Ökonomik des Vertrauens. Analyse eines Organisationsprinzips, Tübingen (Mohr Sie-

    beck) 1998, 1.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 4

    eine deutsche Großbank im Jahr 1995 mit dem Slogan „Vertrauen ist der Anfang von al-

    lem.“17

    Vertrauen bedeutet allgemein die Erwartung einer Person, dass auf das Wort oder das

    Versprechen einer anderen Person Verlass ist18

    , und lässt sich gemäß Kenning in vier Arten

    unterteilen19

    : Generalisiertes Vertrauen bezeichnet im Wesentlichen die „grundsätzliche Ver-

    trauensbereitschaft eines Akteurs unabhängig von den Spezifika einer bestimmten Situati-

    on.“20

    Affektives Vertrauen hingegen ist auf eine bestimmte Vertrauensbeziehung gerichtet

    und entsteht aus eigenen, gefühlsabhängigen Erfahrungen. Diese beiden Vertrauensarten sind

    schwer beeinflussbar. Reputationsvertrauen entsteht immer dann, wenn eigene Erfahrungen

    fehlen und die Informationen Dritter zu Rate gezogen werden müssen, die dann zur Beurtei-

    lung der Vertrauenswürdigkeit genutzt werden. Zuletzt gibt es das Erfahrungsvertrauen, wel-

    ches aus eigenen Erfahrungen mit einer anderen Person oder einem Unternehmen entsteht.

    Hierdurch kann ein Unternehmen das Vertrauen eines Kunden gewinnen und diesen langfris-

    tig an sich binden. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass der Kunde nicht enttäuscht wird,

    da so das Erfahrungs- sowie gleichzeitig auch das Reputationsvertrauen sinken.21

    Im Kontext

    dieser Forschungsarbeit bedeutet Vertrauen die Bereitschaft eines Kunden, einer Bank sein

    Geld anzuvertrauen. Somit ist Vertrauen die Basis für die Interaktion zwischen Kunde und

    Bank und folglich der Existenzgrund der letzteren. Hierbei spielen vor allem das Erfahrungs-

    vertrauen und das Reputationsvertrauen eine entscheidende Rolle, da diese zwei Vertrauensar-

    ten das Verhalten von Kunden hinsichtlich ihrer Geldanlage wesentlich beeinflussen.22

    Ein weiterer häufig verwendeter Begriff ist der des „Bankmitarbeiters“, der dem Begriff des

    „Bankangestellten“ entspricht. Hiermit sind diejenigen Personen gemeint, die „aufgrund eines

    privatrechtlichen Vertrages zur Leistung von Diensten für einen Anderen in persönlicher Ab-

    hängigkeit gegen Entgelt“23

    in einer Bank arbeiten. Zum Zweck dieser Forschungsarbeit wird

    der Begriff auf diejenigen Bankangestellten begrenzt, die direkten oder indirekten Kontakt zu

    den Kunden einer Bank haben. Hierzu zählen folglich neben Kundenberatern auch Angestell-

    te im Marketing sowie Vertrieb.

    17

    Ripperger, Tanja, Ökonomik des Vertrauens. Analyse eines Organisationsprinzips, Tübingen (Mohr Siebeck)

    1998, 1. 18

    Rotter, Julian B., A New Scale for the Measurement of Interpersonal Trust, in: Journal of Personality 35

    (4/1967), 651-665, 651. 19

    vgl. Kenning, Peter, Customer Trust Management. Ein Beitrag zum Vertrauensmanagement im Lebensmittel-

    einzelhandel, Wiesbaden (Deutscher Universitäts-Verlag) 2002, 12. 20

    Ripperger, Tanja, Ökonomik des Vertrauens. Analyse eines Organisationsprinzips, Tübingen (Mohr Siebeck)

    1998, 101. 21

    vgl. Kenning, Peter, Customer Trust Management. Ein Beitrag zum Vertrauensmanagement im Lebensmittel-

    einzelhandel, Wiesbaden (Deutscher Universitäts-Verlag) 2002, 14-17. 22

    vgl. Fang, Lily/Ayako, Yasuda, The Effectiveness of Reputation as a Disciplinary Mechanism in Sell-Side

    Research, in: Review of Financial Studies, 22 (9/2009), 3735-3777, 3736. 23

    Dütz, Wilhelm/Thüsing, Gregor, Arbeitsrecht, in: Holtbrügge, Dirk, Personalmanagement, Berlin/Heidelberg

    (Springer) 5. Aufl. 2013, 40.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 5

    Weiterhin wird das Wort und Konzept „Führung“, sowie der personenbezogene Begriff „Füh-

    rungskraft“ fortlaufend in dieser Arbeit gebraucht. Unter Führungskräften werden Mitarbeiter

    eines Unternehmens verstanden, „die das formale Recht besitzen, anderen Personen Weisun-

    gen zu erteilen, denen diese Personen zu folgen verpflichtet sind.“24

    Dieser Begriff ist mit

    dem Begriff „Führungsperson“ gleichzusetzen. Die „Führungsebene“ setzt sich folglich aus

    allen Führungskräften eines Unternehmens zusammen. Die resultierende Tätigkeit „Führung“

    wird in Kapitel 5 erläutert.

    Im Hinblick auf Führung ist weiterhin der Begriff „Systemkompetenz“ von Bedeutung. Sys-

    temkompetenz beschreibt die menschliche Fähigkeit, mit einem komplexen System möglichst

    rational und überlegt umgehen zu können. Wissenschaftlich wird Komplexität laut Dörner als

    „Existenz von vielen, voneinander abhängigen Merkmalen in einem Ausschnitt der Realität

    bezeichnet.“25

    Ausschlaggebend für die Ausprägung der Komplexität sind zum einen die An-

    zahl an Variablen und zum anderen die gegenseitige Abhängigkeit der Variablen. Das daraus

    resultierende komplexe System führt dazu, dass unterschiedliche Merkmale gleichzeitig be-

    trachtet werden müssen, um das ganze System auch nur ansatzweise verstehen zu können.26

    Aus der Außenperspektive erscheint ein komplexes System chaotisch und intransparent. Das

    Zusammenspiel verschiedener Variablen kann in ähnlichen Situationen zu gänzlich unter-

    schiedlichen Ergebnissen führen. Ein „systemkompetenter“ Mensch verfällt in komplexen

    Situation nicht in Flucht- oder Aggressionsverhalten. Außerdem verschließt er nicht die Au-

    gen vor der Situation oder verleugnet sie. Dieses Verhalten symbolisiert „Wahrnehmungsab-

    wehr“, die meist zu spät realisiert wird und folglich in Unternehmen zu Krisensituationen

    führt.27

    Die Bankenbranche zeichnet sich durch ein hohes Maß an Systemkomplexität aus, da

    sie von ausgeprägten Interbankenbeziehungen sowie einem differenzierten Kundenstamm

    lebt. Weiterhin beeinflussen die wirtschaftliche Lage sowie gesetzliche Regelungen maßgeb-

    lich das Bankengeschäft.

    Desweiteren ist auch der Begriff „Digitalisierung“ entscheidend für das Verständnis der vor-

    liegenden Arbeit. Laut Definition bedeutet digitalisieren „Daten und Informationen digital

    darstellen“ sowie „ein analoges Signal in ein digitales umwandeln.“28

    Für die vorliegende

    Ausarbeitung muss dieser Begriff enger gefasst werden und beschreibt daher die von einer

    24

    Ulrich Peter/Fluri, Edgar, Management, in: Holtbrügge, Dirk, Personalmanagement, Berlin/Heidelberg

    (Springer) 5. Aufl. 2013, 46. 25

    Dörner, Dietrich, Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen, Reinbek (Ro-

    wohlt) 1995, 60. 26

    vgl. Dörner, Dietrich, Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen, Reinbek

    (Rowohlt) 1995, 60-61. 27

    vgl. Dörner, Dietrich, Umgang mit Komplexität, in: Gleich, Arnim von/Gößling-Reisemann, Stefan (Hrsg.),

    Industrial Ecology. Erfolgreiche Wege zu nachhaltigen industriellen Systemen, Wiesbaden (Vieweg+Teubner)

    2008, 285-287. 28

    Duden, Digitalisieren, http://www.duden.de/rechtschreibung/digitalisieren, abgerufen am 11.03.2013.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 6

    Bank angebotenen digitalen Dienstleistungen, wie beispielsweise Online-Banking oder Onli-

    ne-Kontoeröffnungen. Hierbei gilt es, jeglichen Kundenbedarf zwischen der Information bis

    hin zur Transaktion online bedienen zu können, da die Digitalisierung bereits einen Paradig-

    menwechsel im Privatkundengeschäft losgelöst hat.29

    Der Begriff „Dienstleistung“ wird in

    dieser Arbeit synonym mit „Service“ verwendet.

    Letztlich wird im folgenden Text auf die Begriffe „Filialbank“ und „Direktbank“ eingegan-

    gen. Filialbanken sind „Kreditinstitute, die Bankdienstleistungen bereitstellen, indem sie lokal

    mit Filialen beziehungsweise Zweigstellen präsent sind.“30

    Direktbanken wiederum sind

    „Kreditinstitute, die Finanzdienstleistungen anbieten, ohne ein Filialnetz vorzuhalten. Bank-

    geschäfte werden zumeist per Internet, per Fax, oder telefonisch aufgegeben.“31

    Die Hand-

    lungsempfehlungen dieser Arbeit lassen sich für beide Arten von Kreditinstituten anwenden,

    jedoch geschieht die Implementierung in einem anderen Ausmaß. Grundsätzlich wird in der

    vorliegenden Arbeit nicht zwischen den verschiedenen Banktypen unterschieden, da die Bank

    mit ihren Angestellten im Vordergrund steht und nicht die Art und Weise, wie sie ihren Ser-

    vice ausführt. Dies gilt ebenso für die Unterscheidung zwischen „Universalbank“ und „Spezi-

    albank“.32

    2.2 Personaltheorien

    Die in dieser Arbeit entwickelten Handlungsempfehlungen basieren weiterhin auf personal-

    und organisationstheoretischen Erkenntnissen. Die heutzutage vorzufindende Problematik und

    Dynamik der Bankenbranche kann mit der anfänglich in der Biologie entwickelten Evoluti-

    onstheorie, auch bekannt als „Population Ecology Theory“33

    , erklärt werden. Eine Grundaus-

    sage der Population Ecology Theory ist, dass diejenigen Arten von Lebewesen überleben und

    sich fortpflanzen, die der Umwelt am besten angepasst sind.34

    Auch eine Bank kann nur über-

    leben, wenn sie sich den Umweltgegebenheiten anpasst und sich im vorherrschenden Konkur-

    renzdruck mit anderen Banken behaupten kann.

    Des Weiteren besagt die Theorie, dass bestimmte Gene, also die biologische Grundlage einer

    Art von Lebewesen, für das Überleben und Reproduzieren der Art notwendig sind. In der

    Bankenbranche sind diese „Gene“ die Kompetenzen der Führungskräfte und Angestellten

    29

    vgl. Vater, Dirk, Kundenzufriedenheit: Transparente Preispolitik entscheidend,

    http://www.assetinum.com/de/bain-company-dirk-vater-bank-studie.html, 02.08.2012, abgerufen am 11.03.2013. 30

    Schöning, Stephan, Filialbank, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/7441/filialbank-v8.html, abgerufen

    am 11.03.2013. 31

    Schöning, Stephan, Direktbank, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/3826/direktbank-v9.html, abgeru-

    fen am 11.03.2013. 32

    vgl. Schöning, Stephan, Universalbank, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/10237/universalbanken-

    v7.html, abgerufen am 11.03.2013. 33

    vgl. McKelvey, Bill, Organizational Systematics: Taxonomy, Evolution, Classification, Berkeley (University

    of California Press), 1982. 34

    vgl. Darwin, Charles, The Origin of Species by Means of Natural Selection, Hertfordshire (Wordsworth)

    1998. Original aus dem Jahr 1859.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

    http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kreditinstitute.html

  • 7

    sowie die organisationalen Strukturen und Prozesse. Auch das finanzielle Kapital einer Bank

    wird durch die Tätigkeit der Führungskräfte und Angestellten der Bank generiert, indem sie

    die Kunden davon überzeugen, der Bank ihr Geld anzuvertrauen. Gleichzeitig bedeutet die

    Anwendung dieser Theorie auf die Bankenbranche, dass gewisse Banken aufgrund ihrer Ge-

    ne, also ihrer Angestellten und Führungsebene, in dieser Entwicklung einen Wettbewerbsvor-

    teil haben können.

    Letztlich hängt, laut der Theorie, das Überleben einer Art von Lebewesen von dem Verhalten

    anderer Arten sowie der Umwelt ab. Dieses Prinzip lässt sich in der Bankenbranche bei-

    spielsweise durch die fortschreitende Entwicklung der bereits angesprochenen Digitalisierung

    darstellen. Sobald eine Bank digitale Dienstleistungen anbietet, müssen andere Banken bei

    dieser Entwicklung mitmachen, um die Erwartungen ihrer Kunden erfüllen zu können. Hier-

    durch wurden beispielsweise nicht nur bestimmte Transaktionen durch das Online Banking

    revolutioniert, sondern es entstand die ganz neue „Spezies“ der Direktbank.

    Auf Basis der Evolutionstheorie identifizierte der Evolutionsbiologe Leigh van Valen das so-

    genannte „Red Queen Principle“, welches ein Evolutionsprinzip beschreibt, in dem verschie-

    dene Arten durch konkurrierende Koevolution kontinuierlich miteinander wetteifern.35

    Der

    Satz „In this place it takes all the running you can do to keep in the same place“36

    charakterisiert diese Situation. Die Arten müssen sich dabei fortlaufend weiterentwickeln, um

    in diesem Wettbewerb mithalten zu können, was zu einem sogenannten “arms race”37

    , einem

    Rüstungswettstreit, führt. Genau diese Problematik lässt sich auch auf die Banken der heuti-

    gen Zeit beziehen. Die Entwicklung von immer komplexeren und riskanteren Finanzproduk-

    ten, vor allem in der Investmentbranche, steht für dieses Prinzip.38

    Während die Population Ecology Theory die Problematik der Bankenbranche darstellt, fun-

    giert die „Human Relations Theory“39

    als Basis für den für diese Arbeit gewählten Lösungs-

    ansatz. Im Jahre 1924 führte ein Forschungsteam, initiiert vom National Research Council, in

    den Hawthorne-Werken der Western Electric Company in den USA Experimente bezüglich

    der Zusammenhänge zwischen der Arbeitsplatzbeleuchtung und der daraus resultierenden

    Arbeitsleistung durch. Hierbei wurde den Versuchsleitern schnell klar, dass psychische Fakto-

    35

    vgl. Markose, Sheri/Jaramillo, Serafin M. /Tsang, Edward, The Red Queen Principle and the Emergence of

    Efficient Financial Markets: An Agent Based Approach, in: Lux, Thomas/Reitz, Stefan/Samanidou Eleni (Hrsg.),

    Nonlinear Dynamics and Heterogeneous Interacting Agents, Heidelberg (Springer) 2005, 288. 36

    Markose, Sheri/Jaramillo, Serafin M. /Tsang, Edward, The Red Queen Principle and the Emergence of Effi-

    cient Financial Markets: An Agent Based Approach, in: Lux, Thomas/Reitz, Stefan/Samanidou Eleni (Hrsg.),

    Nonlinear Dynamics and Heterogeneous Interacting Agents, Heidelberg (Springer) 2005, 288. 37

    Markose, Sheri/Jaramillo, Serafin M. /Tsang, Edward, The Red Queen Principle and the Emergence of Effi-

    cient Financial Markets: An Agent Based Approach, in: Lux, Thomas/Reitz, Stefan/Samanidou Eleni (Hrsg.),

    Nonlinear Dynamics and Heterogeneous Interacting Agents, Heidelberg (Springer) 2005, 288. 38

    vgl. Sinn, Hans-Werner, Kasino-Kapitalismus, Berlin (Ullstein), 2.Aufl. 2009, 96. 39

    vgl. O’Connor, Ellen, Minding the Workers: The Meaning of “Human” and “Human Relations” in: Organiza-

    tions, 6 (2/1999), 223-246.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 8

    ren bei der Arbeit eine bedeutende Rolle spielen. Aufgrund der durchgeführten Versuche

    mussten die Versuchsleiter eine „freundliche Beziehung“ zu den Arbeiterinnen aufbauen, um

    deren Zweifel bezüglich der Experimente zu zerstreuen und sie zu animieren, bei den Versu-

    chen, mitzumachen. Vertrauensbildende Maßnahmen waren dabei Absprachen bezüglich sich

    ändernder Pausen, gemütliche Treffen und eine leistungsentsprechende Entlohnung. Dabei

    mussten die Versuchsleiter feststellen, dass sich nicht die Veränderung der Beleuchtung posi-

    tiv auf die Leistung auswirkte, sondern die menschliche Beziehung, die zwischen dem For-

    schungsteam und den Arbeiterinnen heranwuchs.40

    Obwohl die Bedeutung von menschlichen

    Beziehungen am Arbeitsplatz schon weit vorher bekannt war, lieferten die sogenannten

    „Hawthorne-Experimente“ den Beweis für die Theorie und förderten somit auch die Umset-

    zung in die Praxis.41

    Da das größte Kapital einer Bank ihre Menschen sind, beeinflussen zwi-

    schenmenschliche Beziehungen ausschlaggebend die Leistung einer Bank. Dies bezieht sich

    zum einen auf die Beziehungen innerhalb einer Bank, also zwischen Führungsebene und An-

    gestellten, sowie zwischen einer Bank und ihren Kunden. Gleichzeitig bedeutet dies jedoch

    auch, dass mit guter Führung die Leistung einer Bank gesteigert werden kann. Nicht zuletzt

    sind menschliche Beziehungen von Vertrauen geprägt und bilden somit die Basis für langfris-

    tige und erfolgreiche Geschäftsbeziehungen.42

    Weiterhin ist zwischenmenschlicher Kontakt

    für den Aufbau und Erhalt des bereits erwähnten Erfahrungs- sowie Reputationsvertrauens

    unerlässlich.

    3 Untersuchungsrahmen

    3.1 Mentales Modell

    Die vorliegende Untersuchung begründet sich in einem mentalen Modell. Dieses gliedert sich

    in drei miteinander verzahnte Bereiche auf: der Ausgangssituation, dem Gestaltungsfeld und

    den Erfolgskriterien. Wie bereits in Kapitel 1 deutlich wurde, bildet die Vertrauenskrise im

    Privatkundengeschäft die Ausgangssituation. Dabei stehen die Menschen, die aufgrund sys-

    temischer Fehlentwicklungen in der Bankenbranche, sowie umfassendem Fehlverhalten letzt-

    endlich für die Vertrauenskrise und ihre weitreichenden Folgen verantwortlich sind, im Zent-

    rum der hier angestellten Betrachtung. Angesprochen sind hiermit alle Hierarchieebenen in-

    nerhalb einer Bank, von den verantwortlichen Führungskräften bis zum ausführenden Bank-

    angestellten. Auswirkungen sind der Vertrauensverlust der privaten Bankkunden, ihre große

    Bereitschaft, die Bank zu wechseln und einem Zufriedenheitsniveau mit dem Bankwesen, das

    40

    vgl. Kieser, Alfred, Human Relations-Bewegung und Organisationspsychologie, in: Kieser, Alfred (Hrsg.),

    Organisationstheorien, Stuttgart (Kohlhammer) 4. Aufl. 2001, 109. 41

    vgl. Kieser, Alfred, Human Relations-Bewegung und Organisationspsychologie, in: Kieser, Alfred (Hrsg.),

    Organisationstheorien, Stuttgart (Kohlhammer) 4. Aufl. 2001, 101. 42

    vgl. Koch, Michael/Richter, Alexander, Enterprise 2.0. Planung, Einführung und erfolgreicher Einsatz von

    Social Software in Unternehmen, München (Oldenbourg) 2. Aufl. 2009, 56.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 9

    auf einem historischen Niedrigstand angekommen ist.43

    Gleichermaßen ist auch das Image der

    Banken innerhalb der Gesellschaft in großen Teilen nachhaltig beschädigt worden. Die Aus-

    gangssituation dieser Arbeit ist weiterhin durch den Prozess der Digitalisierung geprägt, der

    den Bankensektor fortlaufend und grundlegend verändert. Durch die fortschreitende Digitali-

    sierung wurden und werden Tätigkeiten von Bankmitarbeitern zunehmend durch computerge-

    stützte Systeme übernommen und völlig neue Formen des Bankings (beispielsweise Online

    Banking) geschaffen.44

    Gleichzeitig verändert dies die Nachfrage nach Bankmitarbeitern und

    deren Aufgabenstruktur. So werden einerseits tendenziell weniger Bankmitarbeiter nachge-

    fragt werden, andererseits müssen die nachgefragten Bankmitarbeiter ein neues Anforde-

    rungsprofil erfüllen. Eine Bank der Zukunft muss sich auf diese Gegebenheiten einstellen, um

    für die Zukunft gewappnet zu sein. Dabei gilt die Komplexität der Bankenbranche im Allge-

    meinen und der Strukturen einer Bank im Speziellen zu beachten.

    Das Gestaltungsfeld der vorliegenden Untersuchung konzentriert sich auf mögliche personal-

    theoretische Maßnahmen, die zur Überwindung der Vertrauenskrise und Bewältigung der mit

    ihr einhergehenden Herausforderungen nötig sind. Diese Maßnahmen beinhalten Handlungs-

    aufträge für die Führungsebene und die Organisationsgestaltung einer Bank der Zukunft, so-

    wie für das bankinterne Anreizsystem und die Personalentwicklungsplanung. Zum anderen

    haben die Maßnahmen Implikationen hinsichtlich des sich verändernden Anforderungsprofils

    eines zukünftigen Bankmitarbeiters, mit anderen Worten, des „Bankmitarbeiters der Zu-

    kunft“. Hierbei ist zu beachten, dass die Führungskräfte Impulse für die Veränderungen set-

    zen, indem sie Werte vorgeben und vorleben. Begriffe wie Ehrlichkeit, Vertrauen, Fairness

    und Langfristigkeit stehen dabei nicht konträr zur ökomischen Realität, sondern gewinnen in

    Zukunft an strategischer wirtschaftlicher Bedeutung, da sie für die privaten Bankkunden zu

    einem zunehmend relevanten Kriterium bezüglich der Wahl der Bank und ihres Anlageverhal-

    tens werden.

    Um eine größtmögliche Wirkkraft der unterschiedlichen Maßnahmen zu erzielen, müssen die

    unterschiedlichen Gestaltungsvariablen miteinander passgenau verzahnt sein. Ein wesentli-

    ches Erfolgskriterium ist somit die Stimmigkeit der unterschiedlichen Maßnahmen im Zu-

    sammenspiel zwischen den unterschiedlichen internen Hierarchieebenen der Bank und der

    externen Wahrnehmung und Reaktion der Kunden. Bankintern bedeutet dies eine konsequente

    und konsistente Umsetzung von führungs- und personalpolitischen Maßnahmen, in dem Sin-

    ne, dass die proklamierten Werte und die versprochenen Verhaltensänderungen auch faktisch

    43

    vgl. Bain & Company, Bain-Studie zum Retail-Banking: Private Bankkunden sind unzufrieden wie nie zuvor,

    http://www.bain.de/press/press-archive/bain-studie-zum-retail-banking.aspx, 26.07.2012, abgerufen am

    04.12.2012. 44

    vgl. Trefz, Alexandra/Büttgen, Marion, Digitalisierung von Dienstleistungen. Umsetzung und Potenziale im

    Bankensektor, Berlin (Logos) 2007, 160.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 10

    in allen Bereichen und Hierarchieebenen umgesetzt werden und keine bloßen Versprechungen

    sind. Für die externe Wahrnehmung der Kunden müssen die Maßnahmen einen erkennbaren

    Mehrwert generieren und das verlorengegangene Vertrauen wiederherstellen. Inwieweit die

    Maßnahmen sich als erfolgreich auszeichnen, lässt sich anhand unterschiedlicher Messgrößen

    bestimmen. Wichtige Messgrößen des Erfolgs stellen dabei die Entwicklung des Kunden-

    stamms der Bank dar, also die Zu- und Abgänge von Kunden in einem bestimmten Zeitraum

    sowie das festgestellte Ausmaß an Kundenzufriedenheit. Bankintern lassen sich die Erfolgs-

    kriterien durch die Umsetzung der in dieser Arbeit vorgeschlagenen Maßnahmen, wie bei-

    spielsweise dem 360-Grad-Feedback, bemessen. Nicht zuletzt sind auch das Arbeitgeber-

    image und durchgeführte Corporate Social Responsibility-Projekte ein Indikator für die er-

    folgreiche Umsetzung der dargestellten Maßnahmen.

    Abbildung 1: Das mentale Modell

    3.2 Methodik

    3.2.1 Grundlegende Vorgehensweise

    Aufbauend auf der in Kapitel 1 geschilderten Problematik sowie der literaturbasierten theore-

    tischen Untermauerung der in dieser Arbeit eingenommenen Sichtweise durch die Population

    Ecology Theory und die Human Relations Theory, richtet sich der Blick dieser Arbeit in die

    Zukunft. Das bedeutet, dass ausgehend von der heutigen Lage – unter Berücksichtigung un-

    terschiedlicher Einflussfaktoren – eine Version einer Bank der Zukunft gestaltet werden soll.

    Der Fokus liegt hierbei auf den Menschen innerhalb einer Bank. Damit diese Zukunftsversion

    die Verbindung zur Realität bewahrt, wird die Arbeit zum einen durch eine empirische Erhe-

    bung, zum anderen durch Experteninterviews mit Personalverantwortlichen fundiert. Die un-

    Vertrauenskrise Finanzkrise

    Fehlverhalten der

    Menschen in einer

    Bank

    Digitalisierung Sinkende Nachfrage

    nach Mitarbeitern

    Neue Vertriebskanäle

    Kundenberater /

    Bankmitarbeiter

    Führung

    Kunde

    Ab

    teil

    un

    gsü

    ber

    gre

    ifen

    de

    Zu

    sam

    men

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    eit

    Per

    son

    alen

    twic

    klu

    ng

    Ku

    nd

    enori

    enti

    eru

    ng

    VertrauensbeziehungUmsetzung,

    Stimmigkeit

    und Wirkung

    der

    Maßnahmen Führung plant

    und kontrolliert

    Bankmitarbeiter

    entwickelt neues

    Profil

    Kunde gewinnt

    Vertrauen

    Ausgangssituation

    Gestaltungsfeld

    Erfolgskriterien

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 11

    terschiedlichen Zielgruppen der empirischen Erhebung und der Experteninterviews erlauben

    eine differenzierte Betrachtung, da Visionen und Restriktionen der Angebots- und Nachfrage-

    seite ermittelt werden. Eine mögliche Eindimensionalität der eingenommenen Perspektive

    wird somit umgangen. Die theoretischen Betrachtungen der Arbeit können somit auf ihre

    praktische Realisierbarkeit geprüft werden.

    3.2.2 Aufbau und Ablauf der quantitativen Studentenbefragung

    Als Instrument der Datenerhebung wurde ein Fragebogen erstellt.45

    Im Fokus des Fragebo-

    gens standen die Vertrauenskrise der Bankenbranche, die Bankenführungsebene und die

    Bankangestellten sowie die Zukunft der Bank an sich. Der finale Fragebogen umfasste insge-

    samt 18 Fragen zu den unterschiedlichen Themengebieten, wobei sich jede Frage einem be-

    stimmten Themenbereich der Arbeit zuordnen lässt. Die Fragen 1) - 3) beschäftigten sich mit

    dem Vertrauen der Befragten in eine Bank und ihren Bankmitarbeitern. Hierzu gab es insge-

    samt 20 verschiedene Antwortkategorien. Die Fragen 4) - 6) konzentrierten sich auf den

    Bankmitarbeiter und seine zukünftigen Aufgaben und Herausforderungen. Hierzu gab es ins-

    gesamt 12 unterschiedliche Antwortkategorien zu bewerten, wobei Frage 5) als offene Frage

    gestellt wurde. Die Fragen 7) - 9) nahmen Bezug auf das bankmitarbeiterbezogene

    Anreizsystem und die Führungsebene. Hierzu waren insgesamt 18 Antwortkategorien ange-

    geben, wobei Frage 9) als offene Frage gestellt war. Frage 10) bezog sich auf den kundensei-

    tigen Wunsch, den Service einer Bank zu beurteilen. Hierzu gab es die Antwortkategorien

    „Ja“ und „Nein“. Die Fragen 11) - 14) wurden als offene Fragen gestellt. Hier wurde in erster

    Linie nach persönlichen Einschätzungen und Ideen der teilnehmenden Personen gefragt. Fra-

    ge 15) fungierte als Eingruppierungsfrage hinsichtlich der Anzahl an Bankkonten der an der

    Umfrage teilnehmenden Personen. Die Fragen 16) - 18) dienten ausschließlich der demografi-

    schen Datenerhebung. Konkret wurde nach dem Geschlecht, dem Alter, sowie der aktuellen

    Beschäftigung der Teilnehmer gefragt. Die Fragen wurden am Ende des Fragebogens plat-

    ziert, da Geschlecht, Alter oder Beschäftigung keine Ausschlusskriterien darstellten. Zudem

    sollte die hohe anfängliche Aufmerksamkeit beim Beantworten des Fragebogens nicht für

    diese Fragen in Anspruch genommen werden. Insgesamt umfasst der Fragebogen in Papier-

    form drei DIN A4 Seiten. Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle Antwortkategorien über ein

    ordinalskaliertes fünfstufiges Likert-Antwortformat46

    abgefragt. Hierbei stellte der Wert „1“

    (zum Beispiel „nicht wichtig“) den jeweils niedrigsten Wert und „5“ (zum Beispiel „sehr

    wichtig“) den jeweils höchsten Wert dar. In den offenen Fragen gab es ausschließlich die

    Möglichkeit, eigene Antworten zu formulieren, wofür offene Textfelder vorgegeben waren.

    45

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, A5- A7. 46

    vgl. Mayer, Horst O., Interview und schriftliche Befragung. Entwicklung, Durchführung, Auswertung. Mün-

    chen (Oldenbourg) 4. Aufl. 2008, 87.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 12

    Der Fragebogen als Instrument der Datenerhebung erfüllte dabei die drei wesentlichen Quali-

    tätsanforderungen der Operationalisierung: Objektivität, Reliabilität und Validität.47

    In Bezug

    auf die Objektivität war die praktische Durchführung der Untersuchung unabhängig von den

    untersuchenden Personen. Alle Personen, die an der Befragung teilnahmen, erhielten den

    gleichen Fragebogen, so dass die Formulierungen, die Antwortkategorien und die Reihenfolge

    der Fragen für alle Teilnehmer gleich waren. Zudem ließ sich ein Großteil der Antworten an-

    hand einer Skalierung der Antwortkategorien quantitativ vergleichbar machen. Nicht zuletzt

    erfolgte die Befragung anonym, so dass sich keine Rückschlüsse auf die individuellen Ant-

    worten der Teilnehmer ziehen ließen. Bevor der Fragebogen von den Autoren dieser Arbeit

    den Studenten im Rahmen von wirtschaftswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen ausgehän-

    digt wurde, fand bereits in einer ausgewählten Gruppe von wenigen Personen ein „Pretest“

    statt. Ziel des Pretests war es zu ermitteln, „wie valide und reliabel der Fragebogen ist; ob er

    also in der Lage ist, ‚gute Daten‘ zu liefern.“48

    Durch den Pretest konnte sichergestellt wer-

    den, dass die Fragen für die Teilnehmer klar und verständlich waren und keinen verzerrenden

    Interpretationsspielraum gewährten, was für die Güte und Aussagekraft entscheidend ist.49

    Fragen, die für die Teilnehmer des Pretests unklar und noch nicht ausreichend spezifiziert

    waren, wurden modifiziert oder vollständig ersetzt. Bezüglich der Validität des Fragebogens

    konnte durch den durchgeführten Pretest auch sichergestellt werden, dass der Fragebogen

    tatsächlich das „misst“ was er „messen“ soll.50

    Die Gültigkeit und Belastbarkeit der Untersu-

    chungsmethode wurde somit bestätigt.

    Bei der Verbreitung des Fragebogens wurde bewusst auf zur Verfügung stehende Online-

    Ressourcen verzichtet. Im konkreten Fall wurde befürchtet, dass die Anzahl an offenen Fra-

    gen (insgesamt sechs) und die durchschnittliche Beantwortungsdauer von rund 13 Minuten

    neben einer bestehend niedrigen Rücklaufquote51

    von Online-Befragungen eine extrem hohe

    Abbrecherquote hätte bewirken können. Außerdem wurde angenommen, dass Personen mit

    einem bisher geringen Interesse für die Thematik „Bank“ dadurch in der Erhebung überhaupt

    nicht vertreten gewesen wären. Der Fragebogen wurde somit in Papierform (Paper-Pencil-

    Methode) ausgegeben und von den Teilnehmern selbstständig ausgefüllt. In einem zweiten

    Schritt wurden die gewonnenen Daten von den Untersuchenden von den Papierfragebogen in

    47

    vgl. Scholz, Christian, Personalmanagement. Informationsorientierte und verhaltenstheoretische Grundlagen,

    München (Vahlen) 5. Aufl. 2000, 224. 48

    Möhring, Wiebke/Schlütz, Daniela, Die Befragung in der Medien- und Kommunikationswissenschaft. Eine

    praxisorientierte Einführung. Wiesbaden (VS Verlag) 2. Aufl. 2010, 169. 49

    vgl. Kudela et al,. Cognitive Interviewing versus Behavior Coding,

    http://www.amstat.org/sections/srms/proceedings/y2006/Files/JSM2006-000201.pdf, 2006, abgerufen am

    21.03.13. 50

    vgl., Bortz, Jürgen/Döring, Nicola, Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaft-

    ler, Heidelberg (Springer) 4. Aufl. 2006, 200. 51

    Zur Problematik von Rücklaufquoten von Internetbefragungen vgl. Theobald, Axel, Rücklaufquoten bei Onli-

    ne-Befragungen, in: Theobald, Axel/Dreyer, Marcus/Starsetzki, Thomas (Hrsg.), Online-Marktforschung. Theo-

    retische Grundlagen und praktische Erfahrungen, Wiesbaden (Gabler) 2.Aufl. 2003, 203-210.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 13

    das statistische Auswertungsprogramm SPSS Statistics eingepflegt, ausgewertet und gespei-

    chert. In der weiteren Bearbeitung wurde auch auf die Software Microsoft Excel zurückgegrif-

    fen.

    Aus mehreren Gründen wurden Studenten als Zielgruppe der Befragung gewählt. Zum einen

    ist davon auszugehen, dass aus den heutigen Studenten einkommensstarke zukünftige Bank-

    kunden werden, deren heutige Erfahrungen mit und Einstellungen zu Kreditinstituten ihre

    späteren Entscheidungen beeinflussen werden. Zum anderen wurden aufgrund der universitä-

    ren Bildung der Teilnehmer differenzierte Antworten und sinnvolle Lösungsvorschläge erwar-

    tet. Nicht zuletzt sollte auch eine möglichst homogene Kohorte gewählt werden, um mögli-

    chen Verzerrungen in der Auswertung vorzubeugen. Die Teilnehmer wurden im Rahmen re-

    gulärer wirtschaftswissenschaftlicher Lehrveranstaltungen der Universität am 29.01.2013 ge-

    beten, die Fragebogen auszufüllen. Über den Sinn und Zweck der Umfrage wurde im Vorlauf

    eine kurze Einführung gegeben, in deren Zusammenhang den Studenten auch der Postbank

    Finance Award vorgestellt wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Tatsache der persönli-

    chen Ansprache und der physischen Präsenz der Untersuchenden die Motivation und die

    Sorgfalt der Teilnehmer erhöhte. Dafür spricht auch die Quantität sowie Qualität der Antwor-

    ten auf die offenen Fragen. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit des Fragebogens lag bei

    der Erhebung bei rund 13 Minuten. Insgesamt nahmen an der Umfrage 239 Personen (n=239)

    teil, wobei das durchschnittliche Alter der Teilnehmer 23,6 Jahre betrug. Von den befragten

    239 Personen waren 138 Frauen und 98 Männer. Drei Befragte machten keine Angabe zu

    ihrem Geschlecht.

    3.2.3 Aufbau und Ablauf der Experteninterviews mit Personalverantwortlichen

    Um nicht nur eine kundenseitige Wahrnehmung hinsichtlich der Anforderungen an einen

    Bankmitarbeiter und die Aufgaben der Führungsebene einer Bank der Zukunft zu erhalten,

    wurden zudem schriftliche Interviews mit Personalverantwortlichen von drei deutschen Kre-

    ditinstituten durchgeführt.52

    Die Banken wurden dabei nach einem einfachen aber zweckmä-

    ßigen Muster bestimmt. Die Unterteilung sah drei Gruppen von Kreditinstituten mit unter-

    schiedlichen Profilen vor: große Privatbanken, Sparkassen beziehungsweise Genossen-

    schaftsbanken und Direktbanken ohne das traditionelle Filialgeschäft. Mit der vorgenomme-

    nen Einteilung der unterschiedlichen Kreditinstitute sollten unterschiedliche Organisations-

    formen und Ausrichtungen der Kreditinstitute untersucht werden. Aufgrund fehlender perso-

    neller und zeitlicher Ressourcen war es den Direktbanken nicht möglich auf Interviewfragen

    zu antworten. Folglich wurden Personalverantwortliche einer Sparkasse und zweier großer

    Privatbanken zu ihren Einschätzungen und Meinungen befragt. Im konkreten Fall waren dies

    Personalverantwortliche der Sparkasse, der Targobank und der Commerzbank. Die Befragun-

    52

    vgl. Anhang, Experteninterview 1-3, A8-A17.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 14

    gen der Personalverantwortlichen wurden anhand eines Interview-Fragebogens mit acht aus-

    schließlich offenen Fragen durchgeführt. Die Fragen waren dabei so konzipiert, dass sie mit

    den Fragen der Studentenumfrage vergleichbar waren. Dies bedeutet, dass nach dem bankin-

    ternen Anreizsystem, den Aufgaben der Führungsebene und den Aufgaben und Fähigkeiten

    von Bankmitarbeitern/Kundenberatern der Zukunft gefragt wurde. Außerdem wurde nach

    aktuellen Herausforderungen und zukünftigen Bewertungskriterien, unabhängig von der Jah-

    resbilanz, einer Bank gefragt. Die Personalverantwortlichen, die sich bereiterklärten, die In-

    terviewfragen zu beantworten, taten dies in zwei Fällen in digitaler Schrift, in einem Fall

    handschriftlich. Auf Grund der formalen Vorschriften des Postbank Finance Awards sowie

    aus datenschutzrechtlichen Gründen werden die Namen der interviewten Personalverantwort-

    lichen nicht veröffentlicht. Durch die Sichtweise der Personalverantwortlichen konnten wert-

    volle Einschätzungen zu der Problematik dieser Forschungsarbeit gewonnen werden.

    4 Untersuchung

    Tabelle 1: Deskriptive Statistik, Durchschnitt und Standardabweichungen (n=239)

    4.1 Ausgangssituation: Geringes Kundenvertrauen trotz Wunsch nach Beratung

    Das Ziel der quantitativen sowie qualitativen Untersuchung war, die Problematik der Vertrau-

    enskrise in der Bankenbranche klar zu definieren, Gestaltungsbereiche zu ermitteln sowie

    Erfolgskriterien für die Gestaltung auszumachen.53

    Die studentischen Antworten auf die Frage

    „Was ist das größte Problem von Banken heutzutage?“ stehen zum einen symbolisch für das

    Thema und die Ausgangssituation dieser Forschungsarbeit, zum anderen zeigen sie die Hand-

    lungsmöglichkeiten derjenigen auf, die die Vertrauenskrise in der Bankenbranche ausgelöst

    haben: die Entscheidungsträger im Bankengeschäft. Die beiden weitaus größten Probleme der

    Bankenbranche sehen durchschnittlich 21,2% der Befragten zu nahezu gleichen Anteilen in

    „Vertrauen / Glaubwürdigkeit“ sowie in der „Verkaufs- und Profitorientierung“ der Branche.

    Resultierend daraus sind weitere 15,5% der Antworten in der Kategorie „schlechtes Image“

    aufzufinden und unterstreichen den weitreichenden Einfluss, den die Angestellten einer Bank

    auf dessen Erfolg haben können. Auch die in der Einleitung angesprochene Problematik der

    53

    Die Ergebnisse der Studentenumfrage befinden sich im Anhang sofern sie nicht im Fließtext dieser Arbeit

    dargestellt sind. Die ausgefüllten Fragebögen der Experteninterviews befinden sich ebenso im Anhang.

    Durchschn. S.d.

    1 Vertrauensfaktor bzgl. Bank 3,9 1,0

    2 Vertrauensbasis 3,4 1,2

    3 Vertrauensfaktor Bankmitarbeiter 3,8 1,0

    4 Eigenschaften Bankmitarbeiter 4,4 0,8

    5 Kompetenzen Bankmitarbeiter 3,7 1,1

    6 Entlohnungskriterien 3,5 1,3

    7 Werte Führungskraft 4,4 1,0

    8 Bankkonten 2,1 0,9

    Variable

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 15

    Systemkomplexität der Bankenbranche findet sich hier an fünfter Stelle wieder, wie Abbil-

    dung 2 zeigt.54

    Dies ist insofern von Bedeutung, als dass die Befragten selbst als externe Be-

    obachter die Grundproblematik der Bankenbranche erkannt und definiert haben. Das

    „schlechte Image“ wurde auch aus Expertensicht hervorgehoben, laut derer Banken mit einem

    „verbesserungsfähigen Ruf zu kämpfen haben“ und das verlorengegangene Vertrauen wieder-

    gewinnen müssen55

    . Vertrauen wurde hier als ein „fragiles Gut“56

    dargestellt, was einerseits

    die fundamentale Bedeutung von Vertrauen als Teil des Kapitals einer Bank darstellt und an-

    dererseits die Schwierigkeit andeutet, dieses Gut intakt zu halten. Weiterhin wurde die Perso-

    nalarbeit an sich als bedeutendste Problematik der Branche dargelegt und die Mitarbeiterak-

    quise sowie -entwicklung hervorgehoben.57

    Abbildung 2: Einschätzungen der größten Probleme von Banken heutzutage (n=239)

    Des Weiteren sollte festgestellt werden, ob und inwiefern ein Bankmitarbeiter Einfluss auf

    das Vertrauen zukünftiger Kunden in eine Bank haben kann. Hier zeichnen die Umfrageer-

    gebnisse ein weiteres klares Bild: 71,8% der Befragten antworteten in den Antwortkategorien

    „sehr stark“ und „stark“, dass sie sich für ihre Bankangelegenheiten einen „vertrauensvollen

    Bankmitarbeiter wünschen, der dauerhaft für sie zuständig ist“, siehe Abbildung 3. Eine ähn-

    liche Tendenz zeichnet sich bei der Wichtigkeit von „persönlichen Beratungsgesprächen und

    das gemeinsame Gestalten maßgeschneiderter Finanzprodukte“ ab. Hier antworteten 66,9 %

    mit „stark“ oder „sehr stark“. Auffallend ist, dass 82,4% der Befragten antworteten, dass es

    ihnen „gar nicht“, „kaum“ oder nur „teils/teils“ egal ist, „welcher Bankmitarbeiter sie berät

    und ihre Bankangelegenheiten für sie ausführt“. Der Bankmitarbeiter bildet offensichtlich

    54

    29,7% ohne Antwort. 55

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 8, A12. 56

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 1, A11. 57

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 8, A9.

    0,4%

    0,8%

    1,3%

    1,7%

    2,1%

    2,5%

    2,5%

    3,8%

    3,8%

    6,7%

    8,8%

    15,5%

    19,7%

    22,6%

    0% 5% 10% 15% 20% 25%

    Steigende Kosten

    Datenschutzprobleme

    Anlagensicherheit

    Falsches Anreizsystem

    Inflation

    Kundennähe- und haltung

    Akzeptanzdruck

    Wettbewerb

    Spekulation und Risiko

    Bankensystemkomplexität

    Unzureichender Service

    Schlechtes Image

    Verkaufs- und Profitorientierung

    Vertrauen / Glaubwürdigkeit

    Was ist Ihrer Meinung nach das größte Problem von Banken

    heutzutage?

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 16

    weiterhin die Verbindung zwischen Bank und Kunde für die befragten Studenten. Schlussend-

    lich und hauptsächlich konnte festgestellt werden, dass Vertrauen „in erster Linie durch einen

    vertrauenswürdigen Bankmitarbeiter“ geschaffen wird: 68,6% antworteten, dass sie der Aus-

    sage „stark“ oder „sehr stark“ zustimmen.

    Abbildung 3: Grundaussagen bezüglich der Aufgabe eines Bankmitarbeiters (n=239)

    Die Ausgangssituation dieser Arbeit wird weiterhin durch ein weiteres Resultat definiert und

    liegt im Bereich der Anzahl an Bankkonten, die die Befragten zurzeit besitzen. 60% der Be-

    fragten besitzen zwei oder mehr Bankkonten, im Gegensatz zu 30% mit nur einem Bankkon-

    to, siehe Abbildung 4. 9% der Befragten besitzen mehr als drei Bankkonten und ein kleiner

    Prozentsatz von 1% besitzt keins. Diese Auswertung deutet darauf hin, dass der momentane

    Kundenstamm die Leistungen mehrerer Banken gleichzeitig in Anspruch nimmt und dass der

    Wettbewerb zwischen den Leistungsangeboten verschiedener Banken groß ist. Gleichzeitig

    kann eine erhöhte Anzahl an Konten auch als eine Form der Absicherung von Sparanlagen als

    Resultat der internationalen Finanzkrise interpretiert werden.

    Abbildung 4: Prozentuale Anzahl der Bankkonten der befragten Studenten (n=239)

    4%

    23%

    21%

    9%

    33%

    6%

    6%

    29%

    21%

    26%

    24%

    21%

    33%

    51%

    13%

    44%

    36%

    13%

    18%

    5%

    23%

    36%

    0% 20% 40% 60% 80% 100%

    Ich vertraue der Bank als Ganzes und nicht

    einem einzelnen Bankmitarbeiter /

    Kundenberater

    Für mich entsteht Vertrauen in eine Bank in

    erster Linie durch vertrauenswürdige

    Bankmitarbeiter / Kundenberater

    Mir ist egal, welcher Bankmitarbeiter /

    Kundenberater mich berät und meine

    Bankangelegenheiten für mich ausführt

    Ein persönliches Beratungsgespräch und das

    gemeinsame Gestalten auf mich

    maßgeschneiderter Finanzprodukte sind mir …

    Für meine Bankangelegenheiten wünsche ich

    mir einen vertrauensvollen Bankmitarbeiter /

    Kundenberater, der dauerhaft für mich …

    Inwieweit stimmen Sie persönlich folgenden Aussagen zu?

    Gar nicht

    Kaum

    Teils/teils

    Stark

    Sehr stark

    1%

    30%

    38%

    22%

    9%

    60% der Befragten besitzen zwei oder drei Bankkonten, nur 30%

    besitzen lediglich eins

    Kein Bankkonto

    Ein Bankkonto

    Zwei Bankkonten

    Drei Bankkonten

    Mehr als drei Bankkonten

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 17

    4.2 Gestaltungsfeld: Kundenorientierung und Mitarbeiter-Kompetenzen

    Wie anfänglich erläutert, stellt Vertrauen einen wichtigen Faktor für die Bankenbranche dar,

    der, falls nur gering ausgeprägt oder gar nicht vorhanden, zu Bankenkrisen führen kann. Ver-

    trauen wird gleichzeitig jedoch durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Unsere quantitative

    Umfrage hat dies bestätigt, wie Abbildung 5 darstellt. Deutlich wird jedoch, dass der wich-

    tigste Vertrauensfaktor im „Umgang mit Kundenanfragen“ liegt. Diesen Faktor bewerteten

    93,3% der Befragten als einen „sehr starken“ oder „starken“ Einflussfaktor. Ebenfalls ist bei

    diesen Antworten auffallend, dass die Standardabweichung der Antworten bei lediglich 0,667

    liegt und somit ein relativ homogenes Meinungsbild widerspiegelt. Bemerkenswert ist weiter-

    hin, dass die „Qualifikation der Mitarbeiter“ und das „Image der Bank“ mit jeweils 88,3%

    und 86,1% in den Antwortkategorien „sehr stark“ und „stark“ an zweiter und dritter Stelle

    stehen. Die „Größe der Bank“ beeinflusst im Vergleich nur geringfügig das Vertrauen in eine

    Bank, wie an der hohen Prozentzahl der Antworten „teils/teils“, „kaum“ und „gar nicht“ mit

    insgesamt 51,5% in der unteren Abbildung gesehen werden kann.

    Abbildung 5: Einflüsse auf das Vertrauen in eine Bank (n=239)

    Bei der Frage, durch welche Faktoren Vertrauen in einen Bankmitarbeiter entsteht, ist zu er-

    wähnen, dass es nicht unbedingt notwendig ist, einen Bankmitarbeiter persönlich zu kennen,

    um ihm vertrauen zu können. Hier antworteten 54,6% der Befragten, dass sie „nicht“,

    „kaum“, oder „weder zu noch nicht“ zustimmen, dass Vertrauen in einen Bankmitarbeiter

    durch „persönliches Kennen des Bankmitarbeiters“ entsteht. Dies spiegelt die Auswirkungen

    der bereits erläuterten und fortschreitenden Digitalisierung wider, die in Kapitel 1 dieser Ar-

    beit erläutert wurde. Dennoch bedeutet dies, dass trotzdem 45,4% der im Durchschnitt 23,6-

    Jahre-alten Studenten das „persönliche Kennen“ eines Bankmitarbeiters als wichtig erachten.

    Folgende Personalexpertenaussage bestätigt dies: „Der persönliche Kontakt ist eines der we-

    13%

    10%

    11%

    7%

    8%

    35%

    6%

    11%

    11%

    23%

    29%

    34%

    30%

    40%

    37%

    42%

    41%

    41%

    41%

    36%

    35%

    8%

    56%

    46%

    46%

    25%

    16%

    22%

    25%

    0% 20% 40% 60% 80% 100%

    Größe der Bank

    Umgang mit Kundenanfragen

    Image der Bank

    Qualifikation der Mitarbeiter

    Empfehlung durch Freunde / Familie

    Bekanntheit der Bank

    Transparenz in der Darstellung der

    Geschäftstätigkeit der Bank

    Staatliche Vorschriften zur Sicherung der

    Kundenersparnisse (Einlagensicherung)

    Inwiefern beeinflussen die folgenden Faktoren Ihr Vertrauen in eine

    Bank?

    Gar nicht

    Kaum

    Teils/teils

    Stark

    Sehr stark

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 18

    sentlichen Elemente einer vertrauenswürdigen Bank.“58

    Aus Sicht der Bank benötigt ein Kun-

    de „die Sicherheit, für die Geschäftsvorfälle mit Beratungsbedarf schnell und kompetent einen

    Ansprechpartner zu haben.“59

    Für den einzelnen Bankmitarbeiter wird laut Studentenumfrage

    ersichtlich, dass hier eine Kombination aus verschiedenen Faktoren für die Entstehung von

    Vertrauen wichtig ist. Neben „Fachwissen des Bankmitarbeiters“ sind „Erreichbarkeit per

    Telefon, Mail, etc.“, sowie auch der „direkte menschliche Kontakt“ mit jeweils 73% der Ant-

    worten unter „stimme sehr zu“ und „stimme zu“ am wichtigsten.60

    Zusätzlich wurde in den

    freien Antworten auf diese Frage erwähnt, dass „gute Beratung“ und „Freundlichkeit“ einen

    Beitrag zum Vertrauen in einen Bankmitarbeiter leisten, ebenso wie „Ehrlichkeit, Flexibilität

    und Persönlichkeit“. Dies spiegelt die von den befragten Personalexperten hervorgehobene

    Notwendigkeit der „ganzheitlichen Beratung“ wieder, die durch systematische und regelmä-

    ßige Gespräche zwischen Mitarbeiter und Kunde erreicht wird.61

    Hierzu sind transparente

    Prozesse benötigt, die es dem Kunden erlauben, die Bankgeschäfte nachvollziehen zu kön-

    nen.62

    Weiterhin entsteht Vertrauen vor allem durch kundenorientierte, zertifizierte Beratung,

    bei der jeder einzelne Bankmitarbeiter eine Rolle spielt63

    , denn „[d]er Mitarbeiter ist das Ge-

    sicht der Bank“64

    .

    Bei der Frage nach der generellen Wichtigkeit unterschiedlicher Eigenschaften eines Bank-

    mitarbeiters wurde die „fachliche Kompetenz“ von 97,5% als „sehr wichtig“ und „wichtig“

    erachtet. Als noch bedeutender empfanden die Befragten die „Ehrlichkeit in der Beratung“,

    die mit 98,7% im Bereich „sehr wichtig“ und „wichtig“ fast alle abgegebenen Antworten dar-

    stellt. Abbildung 6 zeigt, dass auch die weiteren angegebenen Kategorien wichtige Eigen-

    schaften darstellen. Lediglich in der Antwortkategorie „Eigeninitiative“ gab ein Teil der Be-

    fragten (4,2%) an, dass diese „kaum wichtig“ ist.

    58

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 1, A8. 59

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 1, A8. 60

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 3, A1. 61

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 1, A8. 62

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 1, A11. 63

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 1, A11. 64

    vgl. Anhang, Experteninterview 3, Frage 1, A14.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 19

    Abbildung 6: Wichtigkeit von Eigenschaften eines Bankmitarbeiters (n=239)

    In Bezug auf die Aufgaben eines Bankmitarbeiters und im Hinblick auf den in Kapitel 1 er-

    läuterten Prozess der Digitalisierung stellt sich die Frage, falls und in wie fern sich der Auf-

    gabenbereich eines Bankmitarbeiters in Zukunft ändern wird. Hier haben fast 20% der Be-

    fragten in einer offenen Antwort angedeutet, dass „Digitalisierung“ maßgeblich den zukünfti-

    gen Aufgabenbereich eines Bankmitarbeiters beeinflussen wird. Weiterhin wurde von 16,4%

    der Befragten angedeutet, dass die „Kundenberatung“ an Wichtigkeit zunehmen wird, wobei

    diese vor allem „individuell“, aber auch „transparent“ sein muss.65

    Auch hier haben die Be-

    fragten den Kern der zukünftigen Aufgaben eines Bankmitarbeiters getroffen, da auch die

    Expertenbefragung deutlich gemacht hat, dass „Beratungs- und Spezialistentätigkeiten heraus-

    ragend wichtig“ sein werden. Service wird dem Kunden in Zukunft auf Grund des technologi-

    schen Fortschritts selbst überlassen.66

    Für eine Bank gilt es daher auf eine „Multikanalstrate-

    gie“ zu setzen, bei der der Kunde „gute Beratung auf Augenhöhe“ erfährt, die in der Filiale,

    per Telefon oder über das Internet vermittelt werden kann.67

    Gute Erreichbarkeit des Bank-

    mitarbeiters ist dabei von Bedeutung.68

    Diese „Multikanalstrategie“ bedarf jedoch weiterhin differenzierter Kompetenzen eines zu-

    künftigen Bankmitarbeiters, um erfolgreich ausgeführt werden zu können. Mit 91,2% der stu-

    dentischen Antworten wurde die „generelle Fachkompetenz“ als diejenige Kompetenz ausge-

    drückt, die „sehr stark“ und „stark“ von einem Bankmitarbeiter in Zukunft ausgebildet werden

    sollte. „Kommunikationskompetenz“ und „Sozialkompetenz“ bilden die am nächsthöchsten

    angekreuzten Antwortkategorien. Diese Einschätzung der Studenten wurde in Experteninter-

    65

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 5, A1, 55,6% ohne Antwort. 66

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 2, A8. 67

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 2, A11. 68

    vgl. Anhang, Experteninterview 3, Frage 2, A14.

    4%

    7%

    10%

    10%

    31%

    34%

    40%

    53%

    15%

    46%

    41%

    63%

    52%

    37%

    84%

    43%

    24%

    0% 20% 40% 60% 80% 100%

    Fachliche Kompetenz

    Freundlichkeit

    Schnelle Reaktion auf Anfragen

    Ehrlichkeit in der Beratung

    Persönliches Engagement für den

    Kunden

    Eigeninitiative

    Wie wichtig sind Ihnen generell die folgenden Eigenschaften eines

    Bankmitarbeiters / Kundenberaters?

    Nicht wichtig

    Kaum wichtig

    Weder wichtig noch

    unwichtig Wichtig

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 20

    views bestätigt69

    . Beachtenswert ist auch die Bewertung der „Technologiekompetenz“, die

    von 50,6% der Studenten als „teils/teils“, „kaum“ oder „gar nicht“ wichtig bewertet wurde

    und die „Kompetenz in sozialen Netzwerken“, die sogar von 78,4% der Befragten in diese

    Kategorien eingeteilt wurde70

    . Freie Antworten auf diese Frage nannten einzelne Aspekte der

    Sozialkompetenz, wie etwa die Wichtigkeit von „Menschenkenntnissen“, „Ehrlichkeit und

    Verantwortungsbewusstsein“, sowie „Problemlösungskompetenz“ und die Fähigkeit, „indivi-

    duelle Produktlösungen“ zu finden. Laut Experteneinschätzung wird die vertrauenswürdige,

    vertriebliche und somit kommunikative Kompetenz in Zukunft wichtig sein, zusammen mit

    der Fähigkeit, „analytisch und vernetzt zu denken“71

    : „Abteilungs-Denken ist nicht mehr zu-

    kunftsfähig, heute werden Sonderaufgaben und Projekte über verschiedenste Fachbereiche

    umgesetzt“.72

    Dies erfordert gute Teamfähigkeit sowie einen empathischen Projektsteurer

    neben Spezialisten und Führungskräften mit einer starken Werteorientierung. Auch hier er-

    gänzt sich die externe und interne Einschätzung von Studenten und Experte.

    Im Bereich der leistungsorientierten Entlohnung und somit wichtiger Bestandteil der Heraus-

    forderungen an die Führungskräfte einer Bank der Zukunft haben die befragten Teilnehmer

    klare Aussagen getroffen: Entlohnung sollte mit „hoher Kundenzufriedenheit“ und „persönli-

    chem Engagement“ verbunden werden. Diese Antwortkategorien bildeten mit jeweils 95,3%

    und 90,6% in den Kategorien „sehr stark“ und „stark“ die beiden ersten Plätze der Befragung,

    gefolgt von „sozialer Nachhaltigkeit“ mit 77,2% in diesen beiden Kategorien. Auch die weite-

    ren Bestandteile der Corporate Social Responsibility, „ökonomische und ökologische Nach-

    haltigkeit“ wurden mit einem Mittelwert von 3,7673

    und damit als „stark“ versehen, wobei die

    „ökonomische Nachhaltigkeit“ für das Bankengeschäft wichtiger angesehen wurde als die

    „ökologische“. Dies jedoch überrascht nicht, da das Bankengeschäft das Bestehen und Funk-

    tionieren einer Ökonomie eines Landes beeinflusst, aber gleichzeitig keine weitreichenden

    umweltbeeinflussenden Produktions- oder Supply-Chain-Externalitäten mit sich bringt. Weit-

    aus am Eindeutigsten machten die Studenten jedoch die Aussage, dass der „kurzfristige Ge-

    winn der Bank“ nicht zur Entlohnung von Bankmitarbeitern dienen sollte. Der Mittelwert lag

    hier bei 2, welches die Antwortkategorie „kaum“ darstellt und somit eine eindeutige Aussage

    ist. Auch die Kategorie „Verkaufszahlen bestimmter Produkte“ fand für die leistungsorientier-

    te Belohnung wenige Unterstützer: 83,3% antworteten in den ebengenannten Kategorien, mit

    einem Mittelwert von nur 2,5 aus 5.74

    Als zusätzliches Bewertungskriterium in einer freien

    Antwort wurde hier außerdem das „langfristige Binden von Kunden“ angeführt. Diese Stu-

    69

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 3, A11 und Experteninterview 3, Frage 3, A14. 70

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 6, A2. 71

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 3, A8. 72

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 3, A8. 73

    In einer Skala von 1 bis 5, mit 1=gar nicht und 5=sehr stark. 74

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 7, A2.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 21

    denteneinschätzungen wurden in der Expertenbefragung bestätigt. Hierbei wurde ein relativ

    hohes Grundgehalt zusammen mit einer variablen Vergütung als effektiv ausgesprochen75

    .

    Die variable Vergütung sollte sich dabei an dem langfristigen Erfolg der Bank orientieren,

    und nicht an kurzfristig erreichten Zielen.76

    Weiterhin sollten „Kundenzufriedenheits- und

    Qualitätsdimensionen in die Zielerreichung und die Incentivierung“77

    einfließen. Somit liegt

    auch hier eine Stimmigkeit zwischen den Einschätzungen der Experten und Studenten vor.

    Wie anfangs erwähnt soll diese Arbeit vor allem einen praktischen Leitfaden für die Zukunft

    der Bankenbranche liefern, weshalb auch hierfür die Studenten bezüglich ihrer Lösungsvor-

    schläge für die bereits genannten Probleme der Bankenbranche befragt wurden. An erster

    Stelle der Lösungsansätze standen die „ehrliche Beratung“ sowie die Aufforderung, „Transpa-

    renz zu schaffen“ mit jeweils 9,7%. Weiterhin bildet die Kategorie „Kundenkontakt verbes-

    sern“ die nächstgrößte Antwortgruppierung mit 8%. Auch die „Mitarbeiter (MA) – Schulun-

    gen“ wurden von 5% der Befragten als wichtig empfunden. Auffallend ist ebenfalls, dass le-

    diglich 52,7% auf die Frage geantwortet haben, was unter anderem die Komplexität der Prob-

    lematik ausdrückt. Generell kann gesagt werden, dass bis auf eine der genannten Antworten

    jegliche Vorschläge auf Aspekte des Mitarbeiter- oder Führungsverhaltens hindeuten, wie

    zum Beispiel die „Änderung der Mitarbeiter-Entlohnung“ oder den „Image-Wiederaufbau“78

    .

    Dies ergab auch ein Experteninterview, das die Personalarbeit als ein wesentliches „Funda-

    ment für künftigen Erfolg“ darstellt.79

    Weiterhin wurde in der Studentenumfrage deutlich, dass die Führungsebene einer Bank einen

    entscheidenden Einfluss darauf hat, welche Werte ein Bankmitarbeiter letztendlich lebt. Wäh-

    rend alle vorgegebenen Antwortkategorien (Verantwortung, Respekt und Toleranz, Ehrlich-

    keit und Aufrichtigkeit, Vertrauen, Zuverlässigkeit und Treue) hohe Werte erzielten, zeichne-

    ten sich „Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit“ sowie „Vertrauen“ durch einen sehr hohen Durch-

    schnittswert von 4,6 und damit zwischen der Antwortkategorie „stark“ und „sehr stark“ lie-

    gend aus.80

    Außerdem wurde hinzugefügt, dass eine Führungskraft „Einfühlungsvermögen“

    benötigt, sowie „als Freund auftreten“ sollte, um diese Werte zu vermitteln. Ausschlaggebend

    ist weiterhin, dass die Wertung der Antwortmöglichkeit „Ehrlichkeit in der Beratung“ in Fra-

    ge 4 des Fragebogens bezüglich der „Wichtigkeit von Eigenschaften des Bankmitarbeiters“

    relativ stark mit der Wertung der Antwortmöglichkeit „Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit“ in

    Frage 8 bezüglich der „Wichtigkeit der Vermittlung verschiedener Werte durch die Unter-

    nehmensführung“ korreliert: hier liegt der Korrelationskoeffizient relativ hoch bei 0,6. Dies

    75

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 4, A8. 76

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 4, A11. 77

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 4, A11. 78

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 13, A4, 47,3% ohne Antwort. 79

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 8, A9. 80

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 8, A3.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 22

    gibt einen Hinweis darauf, dass zum einen Ehrlichkeit von Mitarbeitern eine wichtige Eigen-

    schaft ist, dass sie zum anderen aber durch eine entsprechende Führungsethik als erreichbar

    angesehen wird.

    Diese Einschätzung deutet mögliche Maßnahmen zur Vermittlung der oben genannten Werte

    an. An erster Stelle nannten 28% der Befragten die praktische Maßnahme der „Trainings“.

    Weiterhin ist es für Führungskräfte wichtig, die oben genannten „Werte zu verkörpern“ und

    durch „gute Führung“ an ihre Mitarbeiter weiter zu geben. Dies machte weitere 15,9% der

    Antworten aus. Zusammen mit „persönlichen Gesprächen“ antworteten somit 51% der Be-

    fragten, dass Führungskräfte durch den persönlichen Kontakt, Aufmerksamkeit und Trainings

    Werte bei ihren Mitarbeitern schaffen können. Weiterhin bilden „monetäre und nicht-

    monetäre Anreize“ 5,4% der Antworten. 3,3% der Befragten machten deutlich, dass diese

    Anreize nicht unbedingt eine „Bindung an Verkaufszahlen“ darstellen sollten.81

    Aus Sicht der

    befragten Personalexperten findet die Vermittlung von Werten wie Wertschätzung und Res-

    pekt vor allem durch das Vorleben dieser Werte statt82

    . Dies bedeutet die Identifizierung mit

    dem eigenen Unternehmen als authentisches Vorbild, kooperativ und kontaktfähig sein, sowie

    für spezielle Aufgaben schnell Teams bilden zu können. „Führungskräfte können heute nicht

    mehr die besten Fachleute sein, sondern sie sind eher Beziehungsmanager.“83

    Weiterhin wurden die Studenten nach denjenigen Eigenschaften befragt, die einer Bank in

    Zukunft einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten. Mehr als 20% der Antworten bezo-

    gen sich auf „Kundenorientierung“, gefolgt von „Service und Erreichbarkeit“ mit 8,4%. Ein

    Wettbewerbsvorteil wird auch aus „individuellen Produkten und Qualität“ sowie einer „ehrli-

    chen Beratung“ bestehen, so 12,6% der Befragten.84

    Diese Antworten wurden von der Exper-

    tenbefragung unterstützt: „Kundenzufriedenheit ist der Schlüssel zu langfristigem Erfolg.“85

    Zusätzlich wurde die Einschätzung geäußert, dass gutes Image, positives Unternehmens- und

    Führungsklima, sowie Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit zu langfristigem Unternehmenser-

    folg führen.86

    Auch die Innovationsfähigkeit mit Produktfeldern wie dem Mobile Payment,

    Mobile Wallet und mobilen Apps spielt hier eine wichtige Rolle87

    und spiegelt den Kunden-

    wunsch nach „Service und Erreichbarkeit“ wieder. Es bedarf folglich einer „Multikanalbank“,

    bei der es möglich ist, mit einem Kundenberater über unterschiedliche Kanäle in Kontakt zu

    treten.88

    81

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 9, A3, 39,7% ohne Antwort. 82

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 5, A12 und Experteninterview 3, Frage 5, A15. 83

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 5, A9. 84

    vgl. Anhang, Studentenumfrage, Frage 14, A4, 47,7% ohne Antwort. 85

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 7, A12. 86

    vgl. Anhang. Experteninterview 1, Frage 7, A9. 87

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 7, A12. 88

    vgl. Anhang, Experteninterview 3, Frage 7, A15.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 23

    4.3 Erfolgskriterien: Servicebeurteilung durch Kundenzufriedenheit

    Letztlich wurden die Studenten befragt, ob sie sich wünschten, den Service ihrer Banken zu

    beurteilen, sowie nach Vorschlägen zur praktischen Umsetzung dieser Bewertung. Auf die

    Frage „Würden Sie sich in Zukunft wünschen, aufgefordert zu werden, den Service Ihrer

    Bank zu beurteilen?“ antworteten 66% der Befragten mit „Ja“ und machten somit eine zu-

    kunftsweisende Aussage darüber, dass der Service ihrer Bank jetzt und in Zukunft wichtig

    sein wird. Weiterhin wurden die Teilnehmer gefragt, wie die Leistung einer Bank, außer an

    ihrer Jahresbilanz, noch bewertet werden kann. Hier zeichnete sich ein eindeutiges Bild ab,

    welches in Abbildung 7 dargestellt ist. 41,0% der Befragten sehen die Zukunft der Banken-

    bewertung in der „Kundenzufriedenheit“ und signalisieren hiermit die Wichtigkeit der Bezie-

    hung zwischen Bankmitarbeiter, Bankenführungsebene und Kundenstamm. Eine der befrag-

    ten Banken gab an, telefonische Kundenzufriedenheitsabfrage durchzuführen, was die Reali-

    sierbarkeit des Vorschlags der Studenten aufzeigt.89

    Kundenzufriedenheit wurde ebenso in

    den anderen durchgeführten Experteninterviews hervorgehoben.90

    Auch die von den Studen-

    ten am zweithöchsten eingeschätzte Antwort „Anzahl der Kunden“ weist in diese Richtung.

    Weiterhin wurde die Corporate Social Responsibility von den Studenten (6,7%) als wichtig

    bewertet.91

    Das damit einhergehende Ziel ethischen Verhaltens wurde auch von einem Exper-

    ten betont.92

    Aus professioneller Sicht ist in diesem Zusammenhang außerdem die Attraktivi-

    tät der Bank als Arbeitgeber, also das Arbeitgeberimage, wichtig, welches praktisch messbar

    ist93

    .

    Abbildung 7: Bewertungskriterien für Bankenleistungen (n=239)

    89

    vgl. Anhang, Experteninterview 3, Frage 6, A15. 90

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 6, A12 und Experteninterview 1, Frage 6, A9. 91

    31,4% ohne Antwort. 92

    vgl. Anhang, Experteninterview 1, Frage 6, A9. 93

    vgl. Anhang, Experteninterview 2, Frage 6, A12 und Experteninterview 1, Frage 6, A9.

    0,4% 0,8% 0,8% 1,3% 1,7%

    2,9% 2,9% 3,3%

    4,6% 5,0%

    5,9% 6,3% 6,7%

    15,1% 41,0%

    0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45%

    Marktanteil

    Bekanntheit

    Transparenz

    Langfristiges Bestehen

    Gesamtvermögen

    Kundenbewertung

    Ehrlichkeit

    Angestellten- und Kundenfeedback

    Service

    Image

    Leistung

    Kundenbeziehungen

    Soziales Engagement

    Anzahl der Kunden

    Kundenzufriedenheit

    Woran könnte man die Leistung einer Bank (außer an ihrer

    Jahresbilanz) noch bewerten?

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 24

    5 Ergebnis

    5.1 Zusammenfassung

    Die vorherrschende Vertrauenskrise in der Kreditwirtschaft, die sich vor allem durch das

    Fehlverhalten der Bankenführungskräfte und Mitarbeiter, kurzfristige Profitorientierung, un-

    durchsichtige Finanzprodukte und eine bestehend hohe Systemkomplexität entwickelte, stellt

    die Bankenbranche vor enorme Herausforderungen. Geringe Kundenzufriedenheit, eine hohe

    Wechselbereitschaft sowie mangelndes Vertrauen sind direkte Auswirkungen dieser Krise,

    denen die Bankenbranche entgegenwirken muss. Da die Bankenbranche nur existieren kann,

    wenn sie das Vertrauen der Gesellschaft besitzt, muss sie das geschwundene Kundenvertrauen

    zurückgewinnen. Die fortschreitende Digitalisierung des Bankengeschäfts, die sowohl den

    Aufgabenbereich der Mitarbeiter als auch das Verhalten der privaten Kunden beeinflusst, ist

    dabei ein wichtiger Aspekt, der ebenfalls berücksichtigt werden muss.

    Die Ausgangssituation dieser Problematik wurde anhand der Population Ecology Theory er-

    klärt. Bezogen auf die Bankenbranche bedeutet dies, dass eine Bank nur durch adäquate An-

    passung an Umweltgegebenheiten überleben kann. Aus dem Blickwinkel dieser Arbeit kann

    dies nur durch verantwortungsvolle Führungskräfte, kompetente Mitarbeiter und organisatio-

    nale Prozesse erreicht werden. Als Grundlage für einen möglichen Lösungsansatz wird die

    Human Relations Theory herangezogen, die besagt, dass die Produktivität eines Angestellten

    in größerem Ausmaß von zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb einer Organisation

    abhängt als von physischen Arbeitsbedingungen. Innerhalb der Bankenbranche bedeutet dies,

    dass eine bessere Beziehung zwischen Führungsebene und Angestellten zu höherer Produkti-

    vität führt.

    Um angemessene Handlungsempfehlungen aussprechen zu können, wurden im Rahmen die-

    ser Forschungsarbeit sowohl eine empirische Erhebung unter Studenten als auch Expertenin-

    terviews mit Personalverantwortlichen dreier Banken durchgeführt. Diese bilden in Einklang

    mit den theoretischen Grundlagen die Basis für die im Folgenden dargestellten Maßnahmen,

    die nicht nur den heutigen Kundenwünschen, sondern auch der Realität des Bankgeschäfts

    entsprechen.

    Die entscheidenden Elemente der hier vorgestellten Lösung für eine Bank der Zukunft sind

    somit Aspekte der Unternehmensführung, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit sowie die

    Bankmitarbeiter selbst. Diese Elemente bilden die Grundlage des in den folgenden Gliede-

    rungspunkten erörterten Lösungsansatzes.

    Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

  • 25

    5.2 Handlungsaufträge für die Führungsebene

    Auf Grund der Tatsache, dass das größte Kapital einer Bank ihre Menschen sind, ist Personal-

    führung eine Hauptaufgabe einer Führungskraft in Kreditinstituten. In Anlehnung an das

    Konzept der Professionalisierung des Personalmanagements nach Stein besteht Bankenfüh-

    rung aus „vier ständig einzulösenden Selbstverpflichtungen“94

    : Expertise, Kontinuität, Diffe-

    renzierung und Governance.

    Abbildung 8: Professionalisierungsmodell95

    5.2.1 Expertise durch Entwicklung von Führungskompetenz

    Die erste Selbstverpflichtung stellt die Aktivität der Führung selbst dar. Während Führung

    kein „sachliches, wohl strukturiertes Forschungsfeld ist, sondern soziale, wenig bis gar nicht

    strukturierte Realität“96

    ist „Führung (…) zuallererst praktisches Handeln.“97

    Dieses Handeln

    ist durch f