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DIE FURCHE • 13 | 31. März 2016 DAS THEMA DER WOCHE | Smarte neue Welt | 5 Foto: Shutterstock Foto: Sylvia Einöder (2) Null-Emission Bei der Null-Emission entste- hen keinerlei umweltschäd- liche Emissionen, egal, ob es um Fahrzeuge, Produktions- prozesse, Dienstleistungen oder Gebäude, wie etwa das Plusenergiehaus, geht. Smart City vermittelt das Bild einer postpolitischen Ge- sellschaft, in der die Daten- auswertung das gemeinsame Diskutieren ersetzt. in der mittels Big Data (siehe Kommen- tar rechts) alles gemessen, geregelt, überwacht und evaluiert werden soll? Mit dem Spruch „Beste Lebensqualität für alle Wienerinnen und Wiener“ wirbt die Stadt Wien für ihre Smart City-Ak- tivitäten. Die idealen Bürger, genannt „Smart People“, werden gerne als beson- ders kreativ, flexibel, sozial heterogen und vernetzt dargestellt. Doch die Vernet- zung hat auch ihre Kehrseite: Für Rio de Janeiro hat IBM bereits einen zentralen Kontroll- und Überwachungsraum ent- wickelt – unter dem Namen „Intelligent Operations Center“. Die Überwachung des öffentlichen Raumes sehen auch die Architekten von Pentaplan kritisch. Ein belebter öffentlicher Raum kontrolliere sich schließlich selbst. „Wenn man unbe- dingt überall Kameras benötigt, ist doch in puncto Sicherheit und Soziales schon einiges schief gelaufen“, betont Jeschek. Für das Zusammenleben in der Smart City gilt als oberste Prämisse: Alle Ab- läufe müssen reibungslos funktionie- ren. Kritiker erkennen darin eine Stadt, in der den einzelnen die Notwendigkeit abgenommen wird, sich aktiv Lösungen zu überlegen. „Smart City vermittelt das Bild einer postpolitischen Gesellschaft, in der das Auswerten von Daten Diskus- sionen bei Entscheidungsfindungen er- setzt“, kritisiert Laimer. Ob die Innova- tionen das Leben der Bürger tatsächlich einfacher und besser gestalten, oder sie vielmehr zu Konsumenten degradiert werden, die nur mehr mit Smart Apps am Handy ausgestattet sind? Der US-So- ziologe Richard Sennet erkennt in den Werkzeugen der Smart City eher das Po- tenzial, die urbane Bevölkerung zu ver- dummen. Kosten für Bürger – Profit für Betreiber Was den Bürgern in der Praxis oft bleibt, sind die zu tragenden Umstel- lungskosten – und die Gewissheit, dass Hersteller ein gutes Geschäft gemacht haben. „Das Ausmaß an unkritischer Technikgläubigkeit erinnert frappant an die Fünfziger- und Sechzigerjahre“, meint Laimer. Sogar die Visualisierung so mancher Smart City ähnle den futu- ristischen Stadtvisionen von damals. Was für die Pentaplan-Architekten eine Stadt also wirklich smart macht? „Wenn das gesamte Leben an einem Ort stattfin- den kann, wenn man nicht ständig den Ort wechseln muss, um zu arbeiten, ein- zukaufen oder auszugehen“, erklärt Ar- chitekt Stephan Loidl. Gerade für die wach- sende Gruppe der älteren und weniger mobilen Menschen sind solche belebten Viertel essentiell. Das Zusammenleben ver- schiedener Gruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen stärkt schließlich die soziale Kompetenz. „Man hilft etwa gebrechlichen Menschen über die Straße. Wenn jeder nur stur in seiner eigenen Schiene unterwegs ist, nimmt er ja die anderen gar nicht mehr wahr“, betont Loidl. Ein Ort, an dem die vielzitierte urbane Vielfalt gelebt wird, ist das von den Pentapla- nern entworfene Pawlatschenhaus mit dem klingenden Namen „Prinzessin Veranda“ am Lendplatz. Dort gibt es Büros und Woh- nungen genauso wie Geschäfte und Dienst- leister. „Es ist ein kommodes Grätzel, man kennt sich“, sagt Jeschek. Er bezieht etwa sein Olivenöl von dem griechischen Lokal, das sich im Erdgeschoß des Hauses einquar- tiert hat. „Wir rufen einfach beim Griechen an, und er bringt uns die Sachen herüber.“ Genau diese Identifikation vor Ort sei für das Heimischwerden im Viertel ausschlag- gebend – viel mehr als jede Smart App. | Von Katharine Sarikakis K ünftig werden datengesteuerte Systeme das Hirn jeder Smart City sein. So sollen etwa die Müllwägen flexibel in jene Viertel gerufen wer- den, wo gerade die Mülltonnen überquellen. Sämt- liche „smarte“ Prozesse werden auf gigantischen Da- tenmengen basieren – „Big Data“ genannt. Dank der Analyse dieser Daten wittern Unternehmen eine spru- delnde Quelle der Gewinnmaximierung: Individuell maßgeschneiderte Werbung im Netz ist nur ein sicht- bares Beispiel. Wird uns diese Werbung in Smart City auch auf der Straße folgen? Die unauslöschlichen Spu- ren, die wir mit jedem Klick im Netz hinterlassen, ver- raten viel mehr über uns, als wir freiwillig preisgeben würden: Sie ermöglichen nicht nur Rückschlüsse auf unser Konsumverhalten, sondern gar auf unsere poli- tische Orientierung oder unseren Lebensstil. Diese beunruhigende Entwicklung schreitet rasant voran: Allein für 2017 prognostizieren Software-Unter- nehmen einen 650-prozentigen Anstieg des Datenvolu- mens. Die schiere Menge an Daten, die zwar von Privat- personen erzeugt, aber von Unternehmen gespeichert wird, übersteigt jedes Vorstellungsvermögen. Einmal gespeichert, werden unsere Daten einem wachsenden globalen Datenpool hinzugefügt und stehen auf unbe- stimmte Zeit weiteren Verwendungen zur Verfügung. Aber wem genau? Und mit welchen Konsequenzen für uns? Die öffentliche Debatte darüber sollte vor allem geprägt sein von den ethischen Fragen, die diese neu- en Technologien aufwerfen: Wie wichtig sind uns un- sere Bürgerrechte, wann können wir von einer ech- ten Demokratie sprechen? Schließlich ist der Weg vom Posting eines Urlaubsfotos auf Facebook bis zur Ge- fährdung demokratischer Werte ein sehr kurzer. Daher müssen wir uns einer Sache klar sein: Wir können die Zukunft der vielschichtigen Verwertung globaler, weit- gehend privater Daten nicht steuern. Deshalb müssen wir effektive Mechanismen und Institutionen der Auf- sicht schaffen, die nicht nur gut informiert und wach- sam sind, sondern auch überzeugt vom Schutz der ge- fährdeten Grundfreiheiten. Immer schlauer werdende Prozesse Obendrein werden unsere Online-Aktivitäten al- gorithmisch „reguliert“ – die „Maschine“ kreiert wei- tere Anregungen, damit sie noch mehr Aktionen des Users analysieren kann. Schon heute müssen wir darü- ber nachdenken, was die Folgen dieser immer schlau- er werdenden Prozesse sein könnten. Einerseits ist es sicher sinnvoll, dass sich die Wissenschaft Big Da- ta zunutze macht, um Probleme vorherzusagen und künftig besser lösen zu können. Doch selbst bei besten Absichten der Wissenschaft bleibt es eine Frage der gesellschaftlichen Definition, welche Datennutzung künftig als problematisch erachtet wird: Steht Vorher- sagbarkeit einen Schritt vor der Korrektur mensch- lichen Verhaltens? Können Algorithmen mehr Wis- sen über ein Individuum erzeugen, als es selbst über sich hat? Was geschieht mit dem freien Willen, der in- formierten Zustimmung, dem Schutz der Privatsphäre oder sogar dem Recht auf Bedauern? Fakt ist, dass Computer intelligenter als Men- schen werden; viel effizienter, viel schneller und ohne ethische Bedenken ausgestattet. Bleibt die Frage, wie sich Bildung und Arbeitswelt verändern, wenn sich Un- ternehmen diese neue Effizienz zunutze machen. Ge- wiss bestehen unendlich viele Möglichkeiten zur posi- tiven, emanzipatorischen Nutzung von Big Data. Leider ist dieses Szenario angesichts ökonomischer Interes- sen unwahrscheinlich. Um eine alptraumhafte Zukunft zu verhindern, dürfen wir das Schicksal von Big Data nicht allein Unternehmen oder Staat überlassen. | Die Autorin ist politische Philosophin und Kommu- nikationswissenschaftlerin und hat eine Professur am Wiener Institut für Publizistik | Eine alptraumhafte Zukunft verhindern Big Data soll zwar unseren Alltag erleichtern, wird Firmen und Staat aber mehr Macht über Individuen geben. Ein Gastkommentar. Andere Ideen „Wir wollen auf die Bedürfnisse der urbanen Gesell- schaft eingehen, statt den Fokus bloß auf Techno- logie zu setzen“, sind sich die Archi- tekten des Grazer Architekturbüros Pentaplan einig. Bild: Klaus Jeschek (l.),Wolfgang Köck, Stephan Loidl (r.) Wie Europas Städte klimafit werden sollen An den Metropolen wird sich zeigen: Schaffen wir den Wandel zu einem nachhaltigen Lebensstil mit deutlich weniger Energie- und Ressourcenverbrauch – oder ver- lieren wir den Wettlauf gegen die Zeit? Schon jetzt leben rund 3,2 Milliarden Menschen weltweit im urbanen Raum, bis 2050 wird sich diese Zahl verdoppeln – und damit auch die Umweltbelastung erheblich steigen. Kein Wunder also, dass die EU 20 Prozent ihres Ge- samtbudgets bis 2020 in Klimaprojekte investiert. Die großen Aufgaben sind die Reduktion von Emissionen wie auch die Anpassung der Städte an den Klimawan- del. „Beide Strategien müssen gleichzeitig verfolgt und aufeinander abgestimmt werden“, erklärt Sandro Nie- to Silleras von der EU-Generaldirektion für Klimamaß- nahmen. Bis 2030 will die EU so 40 Prozent der CO 2 - Emissionen reduzieren. „Dafür brauchen wir aber die Städte als Partner, die unsere vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen“, so Silleras. Nordische Städte wie Kopenhagen, Stockholm oder Hamburg sind mit ihren Maßnahmen schon sehr weit. „Gerade den verwundbarsten Städten im Süden fehlen oft die finanziellen und technischen Mittel“, sagt der Klimaexperte. Vor allem Hitzewellen, Wasserknapp- heit, Waldbrände, aber auch Überschwemmungen und Küstenerosion setzen den Städten am Mittelmeer zu. In kontinentalen Städte wie Wien, die unter sommerlichen Hitzewellen leiden, brauche es Maßnahmen wie Fassa- denisolierungen, Ventilationssysteme, begrünte Dächer und mehr Wasserflächen, um kühlere Mikroklimen zu schaffen. Weil die meisten europäischen Städte oben- drein an Flüssen liegen, bergen heftiger Regen, Stürme und Schneeschmelze das Risiko einer Überflutung. Zusätzlich zu den Anpassungsmaßnahmen setzt die EU Anreize für die politischen Entscheidungsträger, die Emissionen in ihren Städten zu reduzieren. „Es braucht ein langfristiges politisches Bekenntnis zum Kampf ge- gen den Klimawandel, da sich die Effekte nicht von heu- te auf morgen zeigen“, betont Silleras. Schließlich gehen die Umweltprobleme Hand in Hand mit Gesundheits- und Sicherheitsproblemen, vermindern die Arbeitsfä- higkeit der Menschen und gefährden teure Infrastruk- tur – ganz zu Schweigen von der Lebensqualität (öd) Ob die Innovationen der Smart City das Leben der Bür- ger wirklich einfacher machen, oder sie vielmehr zu Konsu- menten degradiert werden? NACHHALTIGE STäDTE

erleichtern, wird Firmen und Staat aber mehr Macht über ...homepage.univie.ac.at/katharine.sarikakis/wp-content/uploads/2011/12/... · DIE FURCHE • 13 | 31. März 2016 Das Thema

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DIE FURCHE • 13 | 31. März 2016 Das Thema Der Woche | Smarte neue Welt | 5

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Bei der Null-Emission entste-hen keinerlei umweltschäd-liche Emissionen, egal, ob es um Fahrzeuge, Produktions-prozesse, Dienstleistungen oder Gebäude, wie etwa das Plusenergiehaus, geht.

„SmartCityvermitteltdasBildeinerpostpolitischenGe-sellschaft,inderdieDaten-auswertungdasgemeinsameDiskutierenersetzt.“

in der mittels Big Data (siehe Kommen-tar rechts) alles gemessen, geregelt, überwacht und evaluiert werden soll? Mit dem Spruch „Beste Lebensqualität für alle Wienerinnen und Wiener“ wirbt die Stadt Wien für ihre Smart City-Ak-tivitäten. Die idealen Bürger, genannt „Smart People“, werden gerne als beson-ders kreativ, flexibel, sozial heterogen und vernetzt dargestellt. Doch die Vernet-zung hat auch ihre Kehrseite: Für Rio de Janeiro hat IBM bereits einen zentralen Kontroll- und Überwachungsraum ent-wickelt – unter dem Namen „Intelligent Operations Center“. Die Überwachung des öffentlichen Raumes sehen auch die Architekten von Pentaplan kritisch. Ein belebter öffentlicher Raum kontrolliere sich schließlich selbst. „Wenn man unbe-dingt überall Kameras benötigt, ist doch in puncto Sicherheit und Soziales schon einiges schief gelaufen“, betont Jeschek.

Für das Zusammenleben in der Smart City gilt als oberste Prämisse: Alle Ab-läufe müssen reibungslos funktionie-ren. Kritiker erkennen darin eine Stadt, in der den einzelnen die Notwendigkeit abgenommen wird, sich aktiv Lösungen zu überlegen. „Smart City vermittelt das Bild einer postpolitischen Gesellschaft, in der das Auswerten von Daten Diskus-sionen bei Entscheidungsfindungen er-setzt“, kritisiert Laimer. Ob die Innova-tionen das Leben der Bürger tatsächlich einfacher und besser gestalten, oder sie

vielmehr zu Konsumenten degradiert werden, die nur mehr mit Smart Apps am Handy ausgestattet sind? Der US-So-ziologe Richard Sennet erkennt in den Werkzeugen der Smart City eher das Po-tenzial, die urbane Bevölkerung zu ver-dummen.

Kosten für Bürger – Profit für Betreiber

Was den Bürgern in der Praxis oft bleibt, sind die zu tragenden Umstel-lungskosten – und die Gewissheit, dass Hersteller ein gutes Geschäft gemacht haben. „Das Ausmaß an unkritischer Technikgläubigkeit erinnert frappant an die Fünfziger- und Sechzigerjahre“, meint Laimer. Sogar die Visualisierung so mancher Smart City ähnle den futu-ristischen Stadtvisionen von damals. Was für die Pentaplan-Architekten eine Stadt also wirklich smart macht? „Wenn das gesamte Leben an einem Ort stattfin-den kann, wenn man nicht ständig den Ort wechseln muss, um zu arbeiten, ein-zukaufen oder auszugehen“, erklärt Ar-

chitekt Stephan Loidl. Gerade für die wach-sende Gruppe der älteren und weniger mobilen Menschen sind solche belebten Viertel essentiell. Das Zusammenleben ver-schiedener Gruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen stärkt schließlich die soziale Kompetenz. „Man hilft etwa gebrechlichen Menschen über die Straße. Wenn jeder nur stur in seiner eigenen Schiene unterwegs ist, nimmt er ja die anderen gar nicht mehr wahr“, betont Loidl.

Ein Ort, an dem die vielzitierte urbane Vielfalt gelebt wird, ist das von den Pentapla-nern entworfene Pawlatschenhaus mit dem klingenden Namen „Prinzessin Veranda“ am Lendplatz. Dort gibt es Büros und Woh-nungen genauso wie Geschäfte und Dienst-leister. „Es ist ein kommodes Grätzel, man kennt sich“, sagt Jeschek. Er bezieht etwa sein Olivenöl von dem griechischen Lokal, das sich im Erdgeschoß des Hauses einquar-tiert hat. „Wir rufen einfach beim Griechen an, und er bringt uns die Sachen herüber.“ Genau diese Identifikation vor Ort sei für das Heimischwerden im Viertel ausschlag-gebend – viel mehr als jede Smart App.

| Von Katharine Sarikakis

Künftig werden datengesteuerte Systeme das Hirn jeder Smart City sein. So sollen etwa die Müllwägen flexibel in jene Viertel gerufen wer-

den, wo gerade die Mülltonnen überquellen. Sämt-liche „smarte“ Prozesse werden auf gigantischen Da-tenmengen basieren – „Big Data“ genannt. Dank der Analyse dieser Daten wittern Unternehmen eine spru-delnde Quelle der Gewinnmaximierung: Individuell maßgeschneiderte Werbung im Netz ist nur ein sicht-bares Beispiel. Wird uns diese Werbung in Smart City auch auf der Straße folgen? Die unauslöschlichen Spu-ren, die wir mit jedem Klick im Netz hinterlassen, ver-raten viel mehr über uns, als wir freiwillig preisgeben würden: Sie ermöglichen nicht nur Rückschlüsse auf unser Konsumverhalten, sondern gar auf unsere poli-tische Orientierung oder unseren Lebensstil.

Diese beunruhigende Entwicklung schreitet rasant voran: Allein für 2017 prognostizieren Software-Unter-nehmen einen 650-prozentigen Anstieg des Datenvolu-mens. Die schiere Menge an Daten, die zwar von Privat-personen erzeugt, aber von Unternehmen gespeichert wird, übersteigt jedes Vorstellungsvermögen. Einmal gespeichert, werden unsere Daten einem wachsenden globalen Datenpool hinzugefügt und stehen auf unbe-stimmte Zeit weiteren Verwendungen zur Verfügung. Aber wem genau? Und mit welchen Konsequenzen für uns? Die öffentliche Debatte darüber sollte vor allem geprägt sein von den ethischen Fragen, die diese neu-en Technologien aufwerfen: Wie wichtig sind uns un-sere Bürgerrechte, wann können wir von einer ech-ten Demokratie sprechen? Schließlich ist der Weg vom Posting eines Urlaubsfotos auf Facebook bis zur Ge-fährdung demokratischer Werte ein sehr kurzer. Daher müssen wir uns einer Sache klar sein: Wir können die Zukunft der vielschichtigen Verwertung globaler, weit-gehend privater Daten nicht steuern. Deshalb müssen wir effektive Mechanismen und Institutionen der Auf-sicht schaffen, die nicht nur gut informiert und wach-sam sind, sondern auch überzeugt vom Schutz der ge-fährdeten Grundfreiheiten.

Immer schlauer werdende Prozesse

Obendrein werden unsere Online-Aktivitäten al-gorithmisch „reguliert“ – die „Maschine“ kreiert wei-tere Anregungen, damit sie noch mehr Aktionen des Users analysieren kann. Schon heute müssen wir darü-ber nachdenken, was die Folgen dieser immer schlau-er werdenden Prozesse sein könnten. Einerseits ist es sicher sinnvoll, dass sich die Wissenschaft Big Da-ta zunutze macht, um Probleme vorherzusagen und künftig besser lösen zu können. Doch selbst bei besten Absichten der Wissenschaft bleibt es eine Frage der gesellschaftlichen Definition, welche Datennutzung künftig als problematisch erachtet wird: Steht Vorher-sagbarkeit einen Schritt vor der Korrektur mensch-lichen Verhaltens? Können Algorithmen mehr Wis-sen über ein Individuum erzeugen, als es selbst über sich hat? Was geschieht mit dem freien Willen, der in-formierten Zustimmung, dem Schutz der Privatsphäre oder sogar dem Recht auf Bedauern?

Fakt ist, dass Computer intelligenter als Men-schen werden; viel effizienter, viel schneller und ohne ethische Bedenken ausgestattet. Bleibt die Frage, wie sich Bildung und Arbeitswelt verändern, wenn sich Un-ternehmen diese neue Effizienz zunutze machen. Ge-wiss bestehen unendlich viele Möglichkeiten zur posi-tiven, emanzipatorischen Nutzung von Big Data. Leider ist dieses Szenario angesichts ökonomischer Interes-sen unwahrscheinlich. Um eine alptraumhafte Zukunft zu verhindern, dürfen wir das Schicksal von Big Data nicht allein Unternehmen oder Staat überlassen.

| Die Autorin ist politische Philosophin und Kommu-nikationswissenschaftlerin und hat eine Professur

am Wiener Institut für Publizistik |

Eine alptraumhafte Zukunft verhindern

Big Data soll zwar unseren Alltag erleichtern, wird Firmen und Staat aber mehr Macht über Individuen geben. Ein Gastkommentar.

Andere Ideen„Wir wollen auf die Bedürfnisse der urbanen Gesell-schaft eingehen, statt den Fokus bloß auf Techno-logie zu setzen“, sind sich die Archi-tekten des Grazer Architekturbüros Pentaplan einig. Bild: Klaus Jeschek (l.),Wolfgang Köck, Stephan Loidl (r.)

Wie Europas Städte klimafit werden sollen

An den Metropolen wird sich zeigen: Schaffen wir den Wandel zu einem nachhaltigen Lebensstil mit deutlich weniger Energie- und Ressourcenverbrauch – oder ver-lieren wir den Wettlauf gegen die Zeit? Schon jetzt leben rund 3,2 Milliarden Menschen weltweit im urbanen Raum, bis 2050 wird sich diese Zahl verdoppeln – und damit auch die Umweltbelastung erheblich steigen. Kein Wunder also, dass die EU 20 Prozent ihres Ge-samtbudgets bis 2020 in Klimaprojekte investiert. Die großen Aufgaben sind die Reduktion von Emissionen wie auch die Anpassung der Städte an den Klimawan-del. „Beide Strategien müssen gleichzeitig verfolgt und aufeinander abgestimmt werden“, erklärt Sandro Nie-to Silleras von der EU-Generaldirektion für Klimamaß-nahmen. Bis 2030 will die EU so 40 Prozent der CO2-Emissionen reduzieren. „Dafür brauchen wir aber die Städte als Partner, die unsere vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen“, so Silleras. Nordische Städte wie Kopenhagen, Stockholm oder Hamburg sind mit ihren Maßnahmen schon sehr

weit. „Gerade den verwundbarsten Städten im Süden fehlen oft die finanziellen und technischen Mittel“, sagt der Klimaexperte. Vor allem Hitzewellen, Wasserknapp-heit, Waldbrände, aber auch Überschwemmungen und Küstenerosion setzen den Städten am Mittelmeer zu. In kontinentalen Städte wie Wien, die unter sommerlichen Hitzewellen leiden, brauche es Maßnahmen wie Fassa-denisolierungen, Ventilationssysteme, begrünte Dächer und mehr Wasserflächen, um kühlere Mikroklimen zu schaffen. Weil die meisten europäischen Städte oben-drein an Flüssen liegen, bergen heftiger Regen, Stürme und Schneeschmelze das Risiko einer Überflutung. Zusätzlich zu den Anpassungsmaßnahmen setzt die EU Anreize für die politischen Entscheidungsträger, die Emissionen in ihren Städten zu reduzieren. „Es braucht ein langfristiges politisches Bekenntnis zum Kampf ge-gen den Klimawandel, da sich die Effekte nicht von heu-te auf morgen zeigen“, betont Silleras. Schließlich gehen die Umweltprobleme Hand in Hand mit Gesundheits- und Sicherheitsproblemen, vermindern die Arbeitsfä-higkeit der Menschen und gefährden teure Infrastruk-tur – ganz zu Schweigen von der Lebensqualität (öd)

„ObdieInnovationenderSmartCitydasLebenderBür-

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nachhaltige Städte