8
1 Korrespondenzautor: Prof. Dr. Andreas Hahn Universität Hannover Institut für Lebensmittelwissenschaft Abteilung für Ernährungsphysiologie und Humaner- nährung Wunstorfer Str. 14, 30453 Hannover Tel: 05 11/7 62 50 93, Fax: 05 11/7 62 57 29 E-Mail: [email protected] Im vorangegangenen Beitrag unserer Er- nährung-heute-Serie wurde der Einfluss von Calcium und Vitamin D auf die Knochenge- sundheit dargestellt. Die- sen beiden Mikronähr- stoffen kommt eine zen- trale Bedeutung in Prä- vention und Therapie der Osteoporose zu. Daneben gibt es aber auch zahlreiche ande- re, bisher teilweise wenig beachtete Nahrungsinhaltsstoffe, die im Zusammen- hang mit der Osteoporose diskutiert werden. Für die Apothekenpraxis bedeut- sam ist dabei insbesonde- re die Frage nach dem Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto- estrogenen, der im folgenden Artikel näher beschrieben werden soll. Von Vitamin K hängen viele Knochenproteine ab Bisher noch relativ wenig bekannt ist die Tatsache, dass auch Vitamin K eine we- sentliche Rolle im Knochenstoffwechsel spielt. Als Cofaktor der c-Glutamylcarb- oxylase ist die Substanz an der Carb- oxylierung peptidgebundener Glutamin- säurereste beteiligt (Abb. 1). Im Knochen- gewebe wurden bislang mehrere solcher Vitamin-K-abhängiger Proteine identifi- ziert. Dazu zählt neben dem von Osteo- blasten synthetisierten Osteocalcin das Matrix-Gla-Protein und das Matrix-Gla- Protein-MGP sowie das Knochenprotein S, die an der Mineralisation und Regulati- on des Knochengewebes beteiligt sind. Aufgrund der Funktion von Vitamin K bei der c-Carboxylierung von Osteocalcin wird vielfach der Carboxylierungsgrad als Marker für die Vitamin-K-Versorgung verwendet [37]. In Humanstudien ist eine hohe Konzentration an untercarboxyliertem Osteocalcin (ucOC) mit einer verminderter Knochendichte und erhöhtem Frak- turrisiko assoziiert [116, 124, 136]. Beobachtungs- studien unterstreichen den Zusammenhang zwi- schen der Zufuhr von Vitamin K und der Kno- chendichte, wobei Frauen mit der höchsten Auf- nahme von 309 μg/d Vitamin K eine signifikant höhere Dichte von Oberschenkelhals und Wirbeln aufwiesen als Frauen, die nur 70 μg/d zuführten [14]. Unter den Teilnehmerinnen der Nurses’ Health Study wurde ein erhöhtes Risiko für Hüft- frakturen bei einer Vitamin-K-Zufuhr unter 109 μg/d beobachtet [42]. Auch in der Framingham Heart Study zeigte sich ein ähnlicher Trend. Hier war das Hüftfrakturrisiko in der Gruppe mit der höchs- ten Vitamin-K-Zufuhr um 35% geringer als in der Gruppe mit der niedrigsten Aufnahme [13]. Mehrere Interventionsstudien untermauern die Vermutung, dass Vitamin K ursächlich auf das E RNÄHRUNG HEUTE Ernährung und Osteoporose – Vitamin K, Fluorid und Phytoestrogene Nr. 18 | 05.05.2005 145. J AHRGANG | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 0000 | 1 Qualifizierte Ernäh- rungsberatung in der Apotheke, Teil 8 Alexander Ströhle, Doreen Stettin, Maike Wolters und Andreas Hahn 1 Carboxylase O 2 CO 2 HS O CH 3 O R COOH CH 2 R COOH HC R COOH Enzym SH S Enzym S O O CH 3 O R OH CH 3 OH R NADP + NADPH + H + Epoxid- Reduktase Chinon- Reduktase ABB. 1: Bedeutung von Vitamin K bei der Gamma-Carboxylierung von Glutamylresten [53]. Vitamin K dient als Cofaktor verschiedener Carboxylasereaktionen. Dabei wird die biologisch aktive Hydrochinon- form des Vitamins in das 2,3-Epoxid oxidiert. Die Regeneration des aktiven Metaboliten erfolgt über zwei enzymatische Folgereaktionen, wobei das Epoxid zweifach reduziert wird.

Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

1Korrespondenzautor:

Prof. Dr. Andreas Hahn

Universität HannoverInstitut für LebensmittelwissenschaftAbteilung für Ernährungsphysiologie und Humaner-nährungWunstorfer Str. 14, 30453 HannoverTel: 05 11/7 62 50 93, Fax: 05 11/7 62 57 29E-Mail: [email protected]

Im vorangegangenen Beitrag unserer Er-nährung-heute-Serie wurde der Einfluss vonCalcium und Vitamin D auf die Knochenge-

sundheit dargestellt. Die-sen beiden Mikronähr-stoffen kommt eine zen-trale Bedeutung in Prä-

vention und Therapie der Osteoporose zu.Daneben gibt es aber auch zahlreiche ande-re, bisher teilweise wenig beachteteNahrungsinhaltsstoffe, die im Zusammen-

hang mit der Osteoporosediskutiert werden. Für dieApothekenpraxis bedeut-sam ist dabei insbesonde-re die Frage nach dem

Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel näherbeschrieben werden soll.

Von Vitamin K hängen vieleKnochenproteine ab

Bisher noch relativ wenig bekannt ist dieTatsache, dass auch Vitamin K eine we-sentliche Rolle im Knochenstoffwechselspielt. Als Cofaktor der c-Glutamylcarb-oxylase ist die Substanz an der Carb-oxylierung peptidgebundener Glutamin-säurereste beteiligt (Abb. 1). Im Knochen-gewebe wurden bislang mehrere solcherVitamin-K-abhängiger Proteine identifi-ziert. Dazu zählt neben dem von Osteo-blasten synthetisierten Osteocalcin dasMatrix-Gla-Protein und das Matrix-Gla-Protein-MGP sowie das KnochenproteinS, die an der Mineralisation und Regulati-on des Knochengewebes beteiligt sind.Aufgrund der Funktion von Vitamin Kbei der c-Carboxylierung von Osteocalcin

wird vielfach der Carboxylierungsgrad als Markerfür die Vitamin-K-Versorgung verwendet [37]. In Humanstudien ist eine hohe Konzentration anuntercarboxyliertem Osteocalcin (ucOC) mit einerverminderter Knochendichte und erhöhtem Frak-turrisiko assoziiert [116, 124, 136]. Beobachtungs-studien unterstreichen den Zusammenhang zwi-schen der Zufuhr von Vitamin K und der Kno-chendichte, wobei Frauen mit der höchsten Auf-nahme von 309 µg/d Vitamin K eine signifikanthöhere Dichte von Oberschenkelhals und Wirbelnaufwiesen als Frauen, die nur 70 µg/d zuführten[14]. Unter den Teilnehmerinnen der Nurses’Health Study wurde ein erhöhtes Risiko für Hüft-frakturen bei einer Vitamin-K-Zufuhr unter 109 µg/dbeobachtet [42]. Auch in der Framingham HeartStudy zeigte sich ein ähnlicher Trend. Hier wardas Hüftfrakturrisiko in der Gruppe mit der höchs-ten Vitamin-K-Zufuhr um 35% geringer als in derGruppe mit der niedrigsten Aufnahme [13].

Mehrere Interventionsstudien untermauern dieVermutung, dass Vitamin K ursächlich auf das

ERNÄHRUNG HEUTE

Ernährung und Osteoporose –Vitamin K, Fluorid und Phytoestrogene

Nr. 18 | 05.05.2005 145. JAHRGANG | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG |0000|1

Qualifizierte Ernäh-

rungsberatung in der

Apotheke, Teil 8

Alexander Ströhle,

Doreen Stettin,

Maike Wolters und

Andreas Hahn1

Carboxylase

O2

CO2

HS

O

CH3

O

R

COOH

CH2

R

COOH

HC

R

COOH

Enzym

SH

S

Enzym

S

O

O

CH3

O

R

OH

CH3

OH

R

NADP+

NADPH + H+

Epoxid-ReduktaseChinon-

Reduktase

ABB. 1: Bedeutung von Vitamin K bei der Gamma-Carboxylierung von Glutamylresten [53]. Vitamin K dient als Cofaktor verschiedenerCarboxylasereaktionen. Dabei wird die biologisch aktive Hydrochinon-form des Vitamins in das 2,3-Epoxid oxidiert. Die Regeneration desaktiven Metaboliten erfolgt über zwei enzymatische Folgereaktionen,wobei das Epoxid zweifach reduziert wird.

Page 2: Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

Osteoporoserisikio Einfluss nimmt. Die Gabe ei-ner deutlich über dem physiologischen Bereichliegenden Dosis (2 mg Vitamin K pro kg Körper-gewicht und Tag) führte bei Kindern zu einem Ab-sinken des ucOC im Serum und zu einem Anstiegder Knochendichte in den Lendenwirbeln [63].Bei postmenopausalen Frauen mit verminderterKnochendichte wurde nach Gabe von 80 µg Vit-amin K pro Tag eine Erhöhung des carboxyliertenOsteocalcins auf normale Werte beobachtet [113].Eine Supplementierung von 1 mg Vitamin K proTag führte zu einer Abnahme der Konzentrationdieses Markers und zu einem Anstieg der Kno-chendichte [37]. Interessant ist auch der Befund,wonach Vitamin-K-Gaben die renale Calcium-exkretion vermindern [67, 73].

Nicht nur präventiv, auch therapeutisch wirksamNeben diesen präventiven Effekten zeigen sichauch therapeutische Wirkungen von Vitamin K beider Osteoporose. So konnte in Studien durch the-rapeutische Dosierungen der in Nahrungsergän-zungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln nichtzulässigen Substanz Vitamin K2 (Menachinon) beiOsteoporose-Patienten der weitere Knochenmine-ralverlust vermindert und das Frakturrisiko redu-ziert werden [148]. Eine klinische Studie mit 45 mg (!) Vitamin-K2 über zwei Wochen ergab eineVerminderung der Konzentration an ucOC ohneVeränderung der Konzentration an carboxyliertemOsteocalcin [89]. Zudem konnte durch die gleicheDosierung an Vitamin K2 eine geringere Fraktur-inzidenz und eine verminderte Abnahme der Kno-chendichte im Vergleich zur Kontrollgruppe erzieltwerden [115]. Im Hinblick auf die Knochendichteder Lendenwirbelsäule bei Frauen mit Osteoporo-se erwies sich die kombinierte Gabe von VitaminD3 und Vitamin K2 der separaten Gabe der Vitami-ne überlegen [66].

Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich die fürdie Apothekenpraxis relevante Frage, ob eine The-

rapie mit Vitamin-K-Antagonisten mit negativenEffekten auf den Knochenstoffwechsel und dasOsteoporoserisiko verbunden ist. Dies ist physio-logisch plausibel, spielt aber offenbar keine zen-trale Rolle. In einer Metaanalyse ergab sich keinerhöhtes Risiko für eine Reduktion der Knochen-dichte im Bereich der Hüfte und der Wirbelsäule,für die Gelenke zeigte sich ein mäßiger Einfluss[22].

Unklar: die optimale Vitamin-K-Menge

Insgesamt lässt sich derzeit nicht abschließend be-urteilen, welche Zufuhr an Vitamin K zur Präven-tion und Therapie der Osteoporose optimal ist. Obdie derzeit geltenden Zufuhrempfehlungen derwissenschaftlichen Fachgesellschaften (60–80µg/d für Erwachsene je nach Alter und Geschlecht)ausreichend sind, wird kontrovers diskutiert. Wirdder Carboxylierungsgrad von Osteocalcin als Mar-ker herangezogen, so scheint in der Primärpräven-tion eine Aufnahme von 80 µg/d ausreichend zusein [113]. Von anderen Autoren werden Zufuhr-empfehlungen von etwa 200 µg/d empfohlen, umeinen optimalen Effekt auf die Knochengesundheitzu erzielen [114]. Da Vitamin K in zahlreichen Le-bensmitteln, insbesondere aber in grünen Blattge-müsen, enthalten ist (Tab. 1), wird die Versorgungim Allgemeinen als unproblematisch angesehen.

Fluorid macht Knochen hart

Das in der Natur ubiquitär verbreitete Spurenele-ment Fluorid kann im Austausch gegen Hydroxl-ionen des Hydroxylapatits in die Knochenmatrixeingelagert werden. Hierdurch steigert es die Här-te und Widerstandsfähigkeit des Skeletts. Zudemgilt Fluorid als ein potenter Aktivator der Osteo-blasten [24] indem es die Wirkung endogenerWachstumsfaktoren wie IGF-1 verstärkt. Dadurchstimuliert es die Knochenneubildung [106], wo-rauf sein potenzieller Nutzen in der Primär- bzw.Sekundärprävention der Osteoporose zurückzufüh-ren ist. Tatsächlich zeigte sich in einer frühen Be-

ERNÄHRUNG HEUTE

2|0000| DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 145. JAHRGANG 05.05.2005 | Nr. 18

Tab. 1: Vitamin-K-Gehalte ausgewählter Lebensmittel

Lebensmittel Vitamin K [µg/100 g]

Hoher Gehalt (>100 µg/100 g)

J Petersilie 620

J Spinat 335

J Rosenkohl 275

Mittlerer Gehalt (10–100 µg/100 g)

J Butter 60

J Mais (Korn) 40

J Speisequark (20% Fett i. Tr.) 23

Niedriger Gehalt (<10 µg/100 g)

J Tomaten 8

J Kartoffeln 5

J Sojaöl 3

Bedeutung von körperlicher Aktivitätfür die Knochengesundheit.

Insbesondere in der Wachstumsphase reagierenKnochen besonders stark auf mechanische Reize[101]. Untersuchungen an Kindern und Jugendlichenaus dem Leistungssport zeigen, dass intensive kör-perliche Aktivität mit einem gesteigerten Aufbau vonKnochenmasse an tragenden Stellen des Skelettsassoziiert ist [12]. Aber auch bei üblichen sportli-chen Freizeitaktivitäten im Kindes- und Jugendalterergeben sich positive Effekte auf die Knochenmasse[15, 91]. Auch im Erwachsenenalter scheint eineausreichende Bewegung Einfluss auf die Knochen-gesundheit zu haben. So zeigte sich in einer aktuel-len Beobachtung an über 1000 Frauen, dass einehohe körperliche Aktivität zu einer erhöhtenKnochenmasse auch in fortgeschrittenem Lebens-alter (72–78 Jahre) führen kann [33].

Page 3: Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

obachtungsstudie ein Zusammenhang zwischendem Fluoridgehalt des Trinkwassers und dem Os-teoporoserisiko [8]. Nachfolgende Untersuchun-gen fanden allerdings keine überzeugenden Belegefür die These, wonach eine vergleichsweise hoheFluoridaufnahme die Knochenmasse positiv beein-flusst [2, 69].

Widersprüchliche Daten zum TherapienutzenStudien zum therapeutischen Einsatz von Fluori-den bei Osteoporose lieferten widersprüchliche Er-gebnisse. Durch eine Gabe von 34 (!) mg Fluoridsowie 1500 mg Calcium pro Tag konnte bei post-menopausalen Frauen mit Osteoporose die Kno-chendichte erhöht werden, allerdings erhöhte sichinsgesamt in der Versuchsgruppe die Zahl vonKnochenbrüchen gegenüber der Plazebogruppe,die nur Calcium erhielt. Lediglich auf die Anzahlvon Wirbelbrüchen hatte diese sehr hohe Fluorid-gabe keinen negativen Einfluss [107].

Die gleichen Dosierungen zeigten in einer anderenStudie mit einem vergleichbaren Kollektiv keineUnterschiede in Bezug auf Knochendichte undFrakturinzidenz [72]. Dagegen zeigte die Gabevon 20 mg Fluorid/d in Kombination mit 1000 mgCalcium/d einen therapeutischen Effekt bei Frauenmit Osteoporose. Die Knochendichte der Wirbelstieg an und die Häufigkeit von Wirbelbrüchenwar nach einer Studiendauer von vier Jahren nied-riger als in der Vergleichsgruppe, die nur Calciumerhalten hatte. Es wurde kein Unterschied in derAnzahl der übrigen Knochenbrüche zwischen bei-den Gruppen festgestellt [105]. Eine Metaanalysezur Wirksamkeit von Fluorid bei postmenopausa-len Frakturen mit elf eingeschlossenen Studienzeigte, dass Fluorid zwar die Knochendichte derLendenwirbelsäule erhöht, hierdurch jedoch keineVerminderung vertebraler Frakturen erzielt wurde.Besonders bei hoher Dosierung und langfristigerEinnahme erhöht sich zudem das Risiko nicht ver-tebraler Frakturen und gastrointestinaler Neben-wirkungen [52].

Generell lässt sich mittels einer langjährigen Fluo-ridtherapie die Knochendichte erhöhen. Allerdingsist fraglich, ob damit auch das Frakturrisiko zusenken ist. Im Rahmen der adjuvanten Osteo-porosetherapie werden Fluoridgaben von bis zu 20 mg/d empfohlen [146]. Da die therapeutischeBreite des Spurenelements relativ gering ist, be-steht bei zu hoher Dosierung die Gefahr einer Ske-lettfluorose und Osteosklerose, wodurch die Stabi-lität des Knochens abnimmt und das Risiko fürFrakturen steigt [53]. Grundsätzlich werden in derOsteoporosetherapie offenbar Fluoriddosierungenbenötigt, die unter toxikologischen Gesichtspunk-ten nicht mehr in den Bereich von Nahrungsergän-zungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln fallenund damit nicht unbedenklich supplementiert wer-den können und sollten.

Nr. 18 | 05.05.2005

GROSS?KLEIN?

Erfolgreiches Apotheken-Management hängt entscheidend von

der richtigen Software ab. ADG bietet für jede Apotheken-Größe

die optimale Systemlösung:

Von der Warenwirtschaft bis zum Apotheken-Benchmarking, vom

perfekten Controlling bis zu zukunftsweisenden Schnittstellen für

das E-Rezept.

ADG – Mit mehr als 4.500 Kunden wissen wir, worauf es ankommt.

Apotheken-

Dienstleistungsgesellschaft mbH

Pfingstweidstraße 5

68199 Mannheim

Telefon 0621/8505-520

Fax 0621/8505-501

Web www.adg.de

Wir knacken die schwierigsten Nüsse.

P h a r m a c y S o f t w a r e

A c o m p a n y o f P H O E N I X g r o u p

ADG_DAZ15_2005 11.04.2005 11:17 Uhr Seite 1 ADG_DAZ15_2005

Page 4: Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

Phytoestrogene – Langzeitstudien erforderlich

Phytoestrogene gehören zu den selektiven Estro-genrezeptormodulatoren (SERM), die in Gewebensowohl estrogenagonistische als auch -antagonisti-sche Wirkungen ausüben können. Am besten un-tersucht in dieser Gruppe ist mittlerweile das Iso-flavon Genistein, das z. B. in der Sojabohne ent-halten ist. In der asiatischen Ernährung kommenSojaprodukte häufig vor, sodass in Untersuchun-gen eine mittlere Isoflavonzufuhr von etwa 50 mgdokumentiert wurde. In der europäischen Ernäh-rung ist der Sojakonsum in der Regel gering (vgl.DAZ Nr. 5/2005, S. 52ff).

In-vitro-Studien deuten darauf hin, dass Phyto-estrogene nicht nur zu einer Verminderung derKnochenresorption, sondern auch zu einer erhöh-ten Knochenbildung führen könnten [16]. AuchBefunde aus Tierexperimenten an ovarektomiertenRatten als Modell für eine postmenopausale Stoff-wechsellage lieferten Hinweise für positive Effek-te von Phytoestrogenen auf die Erhaltung bzw.Steigerung der Knochendichte [40, 64, 143]. DieDaten aus Beobachtungsstudien dagegen sind wi-dersprüchlich. Studien zeigten sowohl keine [92],schwache [50, 57, 58] wie auch deutliche Zusam-menhänge [86] zwischen der Zufuhr an Isoflavo-nen und der Knochendichte.

Interventionsstudien lieferten ebenfalls wider-sprüchliche Ergebnisse. Dabei wurden sowohl bio-chemische Marker des Knochenstoffwechsels alsauch die Knochendichte als Zielparameter verwen-det. Keinerlei Daten liegen zum Einfluss von So-japrotein bzw. Isoflavonen auf Frakturen als aus-sagekräftigstem Endpunkt vor. Die Verabreichungvon Sojaprotein mit einem Isoflavongehalt von 80 mg/d (über 6 Monate) [1] bzw. von Sojaproteinmit 96 oder 52 mg/d Isoflavonen über 9 Monate

[45] zeigte im Vergleich zu Plazebo keine Effekteauf verschiedene Marker des Knochenstoffwech-sels. Demgegenüber verbesserte die Aufnahmevon 37 bzw. 62 mg/d Sojaisoflavonen in Form von Extrakt sowie eine einjährige Genisteingabe(54 mg/d) Biomarker des Knochenstoffwechsels[90, 131, 144]. Lediglich die alkalische Kno-chenphosphatase, nicht jedoch andere Knochen-marker, wurden durch die Gabe von Protein miteinem Gehalt von 65 bzw. 130 mg/d Isoflavoneüber einen Zeitraum von drei Monaten positiv be-einflusst [138].

Uneinheitlich sind auch die Ergebnisse von Inter-ventionsstudien zum Einfluss von Phytoestrogenenauf die Knochendichte. Bei jungen Frauen hatteSojaprotein mit einem Isoflavongehalt von 90mg/d innerhalb von 12 Monaten keine Auswir-kung auf Knochendichte oder Knochenmineralge-halt [3]. Eine Aufnahme von täglich 40 g Sojapro-tein mit 90 mg enthaltenen Isoflavonen jedochnicht mit 56 mg/d über 24 Wochen führte bei post-menopausalen Frauen zu einer Steigerung derKnochendichte in den Lendenwirbeln um 2,2 %,nicht aber in anderen Knochen [102]. Eine ver-gleichbare Dosierung mit 80 mg/d Isoflavonen in40 g Sojaprotein bewirkte eine Erhöhung der Kno-chendichte um 5,6 % und des Knochenmineralge-

ERNÄHRUNG HEUTE

4|0000| DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 145. JAHRGANG 05.05.2005 | Nr. 18

Die Serie im Überblick

Von unserer Serie „Qualifizierte Ernährungsberatungin der Apotheke“ sind bisher erschienen:

J Teil 1: Von den Grundlagen zur Anwendung (DAZ Nr. 45/2004, S. 43ff)

J Teil 2: Vitamine in der Prävention (DAZ Nr. 49/2004, S. 65ff)

J Teil 3: Neue Erkenntnisse zu Vitamin D und Vitamin B12 (DAZ Nr. 2/2005, S. 49ff)

J Teil 4: Sekundäre Pflanzenstoffe – die neuen „Vitamine“? (DAZ Nr. 5/2005, S. 73ff)

J Teil 5: Mineralstoffe – ist eine Supplementierungimmer sinnvoll? (DAZ Nr. 8/2005, S. 52ff)

J Teil 6: Selen und Zink in Prävention und Therapie(DAZ Nr. 11/2005, S. 62ff)

J Teil 7: Ernährung und Osteoporose – Bedeutungvon Calcium und Vitamin D (DAZ Nr. 15/2005, S. 74ff)

Literatur

Die richtige Ernährung besitzt eine herausragendeBedeutung bei der Vermeidung und Behandlung vie-ler Erkrankungen. Diese Zusammenhänge sind immernoch zu wenig bekannt. Wirksame Unterstützung istgefragt! Wer gesunde wie kranke Menschen in Ernäh-rungsfragen kompetent beraten will, benötigt dafüreine solide Basis. Von den Autoren dieser Serie,Ernährungswissenschaftler aus Hochschulen, Lehreund Praxis, steht seit kurzem das Buch „Ernährung –Physiologische Grundlagen und ernährungsassoziier-te Erkrankungen“ zur Verfügung. Es baut das Thema„Ernährung“ Schritt für Schritt auf. Ein Lehrbuch undNachschlagewerk, das alle Aspekte der Ernährungdes Menschen behandelt – umfassend, fundiert undpraxisnah.

Hahn, Andreas, Ströhle, Alexander,und Wolters, Maike

Ernährung – PhysiologischeGrundlagen und ernährungs-assoziierte Erkrankungen

469 S., 154 s/w Abb., 139 s/w Tab.;Erschienen in der WissenschaftlichenVerlagsgesellschaft mbH 2005, 56 Euro, Subskriptionspreis bis zum30. Juni 2005: 44 Euro.

Dieses Buch können Sie einfach und schnell bestellen unterder Postadresse:Deutscher Apotheker VerlagPostfach 1010 6170009 Stuttgart

oder im Internet unter: www.dav-buchhandlung.de

oder per Telefon unter: (0711) 2 58 23-41 oder -42

Page 5: Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

haltes um 10,1 % [1]. Demgegenüber konnte in ei-ner neueren randomisierten Interventionsstudie mitlangfristiger Supplementierung von isoflavonrei-chem Sojaprotein keine Verbesserung der Kno-chendichte erzielt werden [74].

Aufgrund der vorliegenden Daten lässt sich keinprotektiver Effekt von Isoflavonen auf die Kno-chendichte und das Osteoporoserisiko postmeno-pausaler Frauen nachweisen. Weitere gut kontrol-lierte Langzeitstudien wären erforderlich, um die bestehenden Hinweise zu bestätigen oder zuwiderlegen [133]. Deshalb ist auch das Ergebniseines jüngst publizierten Konsensus-Papiers zuPhytoestrogenen [108] wissenschaftlich in keinerForm nachvollziehbar. Die dort gegebene Emp-fehlung, wonach Frauen ab 35 Jahren generell die Einnahme von 50–100 mg Isoflavonen zurPrävention des Knochenabbaus anzuraten ist,entbehrt aufgrund widersprüchlicher Daten zumEinfluss von Isoflavonen auf die Knochendichteund gänzlich fehlender Daten zum Frakturrisikoder notwendigen wissenschaftlichen Grundlage[140].

Weitere Ernährungsfaktoren bei OsteoporoseNeben den oben ausgeführten Verbin-dungen existieren eine Reihe weitererMineralstoffe und Vitamine, die Ein-fluss auf den Knochenstoffwechselnehmen. Zu den wichtigsten zählenRetinol, Ascorbinsäure, Phosphor,Magnesium, Natrium, Zink und Kup-fer. Ihre knochenspezifischen Effektesind in Tabelle 2 zusammengestellt.Während sich die Befunde mehren,wonach eine erhöhte Zufuhr an Reti-nol als Risikofaktor für Osteoporoseanzusehen ist [43, 87, 104], trifft diesfür Phosphor offenbar nur dann zu,wenn die Calciumaufnahme gleich-zeitig niedrig ist [7, 26].

Inwieweit eine optimierte Versorgungan Ascorbinsäure, Magnesium, Na-trium, Zink und Kupfer dazu beitra-gen kann, das Osteoporoserisiko zusenken, ist bislang unzureichend er-forscht. Wie aus Tabelle 2 hervorgeht,stammen Daten, die einen derartigenZusammenhang nahe legen könnten,vorwiegend aus tierexperimentellenUntersuchungen und einigen Beob-achtungsstudien. Bei Letzteren istnicht auszuschließen, dass die Ergeb-nisse durch andere Störgrößen zustan-de kamen (siehe DAZ Nr. 45/2004, S. 43ff). So ist beispielsweise dergünstige Effekt einer hohen Magne-siumzufuhr auf die Knochendichtemöglicherweise nur ein Indikator füreine insgesamt „gesunde Ernährung“[128].

Auch im Bereich der Sekundärprävention und ad-juvanten Therapie der Osteoporose mangelt es bis-lang an aussagekräftigen Interventionsstudien, dieanhand definierter klinischer Endpunkte bzw. in-termediärer Marker belegen, dass eine Supplemen-tierung mit z.B. Zink, Kupfer oder Vitamin C miteinem entsprechenden klinischen Nutzen einher-geht. Bestimmte „Therapieempfehlungen“ zur Vit-amin- und Mineralstoffsupplementierung beiOsteoporose [51] müssen vor diesem Hintergrundbesonders überraschen. So ist von der dort ge-machten Empfehlung einer Supplementierung mitVitamin A aufgrund der oben dargestellten Daten-lage abzuraten.

Empfehlungen für die Praxis

Die Primärprävention der Osteoporose ist vongrößter Bedeutung, da bisher keine sicheren Me-thoden zur vollständigen Regeneration des Kno-chengewebes verfügbar sind. Basis hierfür ist dieMaximierung und die „Pflege“ der angelegtenKnochenmasse in allen Lebensabschnitten. Dieserfordert neben dem Ausschalten von Risikofakto-

ERNÄHRUNG HEUTE

Nr. 18 | 05.05.2005 145. JAHRGANG | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG |0000|5

Perocur® forte (Kapseln): Wirkstoff: Saccharomyces cerevisiae HANSEN CBS 5926 (= S. boulardii). Zus.: 1 Kaps. enth. 250 mgSaccharomyces cerevisiae HANSEN CBS 5926. Sonst. Bestandt.: Hypromellose, hochdisperses Siliciumdioxid, ger. Wasser.Anwend.: Symptomat. Behand. akuter Durchfallerkrank., Vorbeug. u. symptomat. Behand. v. Reisedurchfall u. Durchfall unterSondenernährung, Adjuvanz bei chron. Formen d. Akne. Gegenanz.: Überempf. geg. Hefe o. einen d. sonst. Bestandt., Patienten mitgeschwächter Immunabwehr (z.b. HIV-Infektionen, Organtranspl., Leukämie, bösart. Tumore, Bestrahlung, Chemoth., langz. hochd.Kortisonbeh.), Patienten mit Zentralvenenkatheter; Schwangersch./Stillz., Säugl. u. Kleinkindern < 2 J. Nebenwirk.: Häufig Blähungen,sehr selten Juckreiz, Urtikaria, Exanthem, Quincke-Ödem, Atemnot, anaphyl. Schock. Weitere Einzelh. s. Fach-, Gebrauchsinfo.Mat.-Nr.: 3/300451. Stand: März 2004 – HEXAL AG, 83607 Holzkirchen – http://www.hexal.de

*Dr. K. Scheithe, GKM München, 2001 Die Studie erhalten Sie unter der

Tel. Nr. 0800/4392510-99. Bitte halten Sie Ihre Faxnummer bereit.

Perocur_DAZ18_2005 26.04.2005 11:30 Uhr Seite 1 Perocur_DAZ18_20

Anzeige

Page 6: Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

ren (Bewegungsmangel, Rauchen und geringe UV-Licht-Exposition) eine lebenslange „knochenpro-tektive“ Ernährung. Im Grundsatz gleicht dieseden generellen Empfehlungen für eine gesund er-haltende Ernährung, die bereits in Teil 1 der Bei-tragsserie (siehe DAZ Nr. 45/2004, S. 43ff) näherausgeführt worden waren. Der reichliche Verzehrvon Gemüse und Obst (Calcium, Magnesium,Vitamin C, Folsäure), mageren Milchprodukten,Samen und Nüssen (Calcium, Magnesium), Voll-

korn- und Sojaprodukten (Magnesium, Phytoestro-gene, Zink), ergänzt um Fischgerichte (VitaminD), optimiert die Versorgung mit allen „knochen-protektiven“ Nährstoffen. In diesem Zusammenhang sind – besonders inder ersten Lebenshälfte – die Calciumzufuhr unddie Vitamin-D-Aufnahme von Relevanz. Be-kanntlich wird Milch und Milchprodukten für dieCalciumversorgung ein besonderer Stellenwertbeigemessen. Sie weisen nicht nur eine hohe Cal-

ERNÄHRUNG HEUTE

6|0000| DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 145. JAHRGANG 05.05.2005 | Nr. 18

Tab. 2: Einfluss weiterer Mikronährstoffe, die mit dem Knochenstoffwechsel und dem Osteoporoserisiko inZusammenhang stehen

Nährstoffe bzw. Biochemisch-physiologischer Effekt auf den Stoffwechsel und Ernährungsfaktor Hintergrund Evidenz

Vitamin A J Retinol aktiviert Osteoklasten, J Hohe Dosen Retinol beschleunigenhemmt die Kollagensynthese und im Tierexperiment den Knochen-steigert die Knochenresorption abbau [60].[35, 99].

J In Beobachtungsstudien positiveAssoziation zwischen der Retinol-,nicht aber der b-Carotinaufnahme,und dem Hüftfrakturrisiko [43, 87,104].

J Positive Korrelation zwischen demRetinol-Serumspiegel und dem Frak-turrisiko [88].

Vitamin B12 und Folsäure J Beide Vitamine sind in Form ihrer J Patienten mit sehr hohen Blut-Coenzyme Adenosylcobalamin und spiegeln an Homocystein 5-Methyl-THF an der Remethylie- (Homocysteinurie) erkranken rung von Homocystein zu Methionin bereits im frühen Lebensalter beteiligt auffallend häufig an Osteoporose [23].

J Homocystein schädigt die Querver- J In Beobachtungsstudien positive netzung der Kollagenfasern und damit Assoziation zwischen den Homo-möglicherweise den Aufbau der cystein-Plasmaspiegeln und demorganischen Knochenmatrix [75]. Risiko osteopathischer Frakturen

[84, 135]

J In Beobachtungsstudien positive Assoziation zwischen dem Vitamin-B12- [34, 130] bzw. Folsäure-Blutspie-gel [17, 47] und der Knochendichte.

J Intervention mit Folsäure und Vita-min B12 reduziert Fraktur-risiko bei älteren Personen [112].

Vitamin C J Ascorbinsäure ist Cofaktor der Prolyl- J In Beobachtungsstudien positive und Lysylhydroxylase und damit bzw. negative Assoziationessenziell für die Bildung von zwischen der Vitamin-C-AufnahmeTyp-I-Kollagen und dessen Quer- und der Knochendichte [54] bzw.vernetzung im Knochen. dem Frakturrisiko

Phosphor J Phosphor- und Calciumstoffwechsel J Im Tierexperiment vermindertunterliegen der gemeinsamen eine hohe Zufuhr an PhosphorRegulation von PTH. bei gleichzeitig geringer Calcium-

aufnahme die Knochenmasse [21].

J Eine Erhöhung der Phosphat- J In Humanstudien steigertkonzentration im Plasma ist ver- Phosphor die PTH-Spiegelbunden mit der Sekretion von PTH. [19, 20], allerdings ohne den

Knochenstoffwechsel negativ zu beeinflussen [9, 55, 120].

Page 7: Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

ciumdichte auf (Tab. 3), auch die Bioverfügbar-keit ist mit ca. 30% vergleichsweise hoch. Aller-dings sollte nicht verkannt werden, dass auchMineralwässer, manche Nüsse und Samen, ange-reicherte Fruchtsäfte und calciumreiche Gemüse-sorten (Broccoli, Grünkohl) eine reichhaltigeNahrungsquelle für gut verfügbares Calcium dar-stellen. Daher ist es auch für Personen die unter

Kuhmilchallergie leiden oder aus anderen Grün-den auf den Konsum von Milchprodukten ver-zichten (z. B. Veganer) möglich, ihre Cal-ciumzufuhr zu optimieren. Der Einsatz von Cal-ciumsupplementen ist dann indiziert, wenn sichdie empfohlene Calciumaufnahme über die Er-nährung nicht realisieren lässt. Vermehrt Beach-tung finden sollten dabei Hochrisikogruppen wie

ERNÄHRUNG HEUTE

Nr. 18 | 05.05.2005 145. JAHRGANG | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG |0000|7

Tab. 2 (Fortsetzung): Einfluss weiterer Mikronährstoffe, die mit dem Knochenstoffwechsel und dem Osteo-poroserisiko in Zusammenhang stehen

Nährstoffe bzw. Biochemisch-physiologischer Effekt auf den Stoffwechsel und Ernährungsfaktor Hintergrund Evidenz

Magnesium J Magnesium ist Bestandteil der J Hohe Mengen Magnesiumanorganischen Knochenmatrix und steigern im Tierexperiment diestabilisiert dort amorphe Calcium- Knochenmasse, während beiphosphatverbindungen [11]. Magnesiumdefizit die Osteoklasten-

aktivität erhöht und das Knochen-wachstum vermindert ist [28, 70, 111, 110].

J Sowohl die Sekretion von PTH als J In Beobachtungsstudien sowohl auch die renale 1-a-Hydroxylierung positive [61, 93, 94, 105, 127, 128]von 25-Cholecalciferol erfolgt in als auch keine [4, 44] AssoziationAbhängigkeit von Magnesium [41]. zwischen der Magnesiumzufuhr und

der Knochendichte.

J In Humanstudien positiver Einflusseiner Magnesiumgabe auf den Kno-chenturnover [36] und die Knochen-dichte bei postmenopausalen Frauenmit Osteoporose [122].

Natrium J Die renale Exkretion von Natrium J Hohe Mengen Natrium beschleunigenist gekoppelt an die von Calcium im Tierexperiment den Knochenabbau,

insbesondere dann, wenn die Calci-umzufuhr niedrig ist [48, 49].

J Eine hohe Natriumaufnahme erhöht J In Beobachtungsstudien inkonsistentedie renale Calciumausscheidung Ergebnisse hinsichtlich der [83, 96]. Assoziation zwischen der renalen

Natriumausscheidung und der Kno-chendichte [30, 83, 97]

J In Beobachtungs- und Interventions-studien inkonsistente Ergebnisse hin-sichtlich der Effekte einer hohenNatriumzufuhr auf die Knochen-resorption [38, 46, 65, 78].

Zink J Cofaktor verschiedener Enzyme wie J Tierexperimentell reduziert sichz. B. alkalische Phosphatase und bei ausgeprägtem ZinkmangelKollagenase, denen eine Be- der Zinkgehalt im Knochen [18]deutung im Knochenstoffwechsel zukommt [6, 142].

J Die renalen Zinkverluste sind beiOsteoporosepatienten erhöht [56],ohne dass die klinische Relevanz die-ser Beobachtung bekannt ist.

Kupfer J Bestandteil des kupferhaltigen J Tierexperimentell ist im KupfermangelEnzyms Lysyl-Oxidase, das an der die Knochenbildung beeinträchtigtSynthese von Typ-I-Kollagen und [68, 85, 109].dessen Quervernetzung im Knochenbeteiligt ist [129].

Page 8: Ern−hrung und Osteoporose — Vitamin K, Fluorid und ... · Einfluss von Vitamin K, Fluorid und Phyto-estrogenen, der im folgenden Artikel n−her beschrieben werden soll. Von Vitamin

etwa postmenopausalen Frauen. Besonders beidieser Personengruppe ist die Calciumversorgunghäufig unzureichend, sodass eine Supplementie-rung von bis zu 1000 mg/Tag empfohlen werdenkann [29].

Neben der Calciumzufuhr ist in allen Lebensphasenauf eine optimierte Vitamin-D-Aufnahme zu achten.Höhere Mengen finden sich ausschließlich in fettrei-chen Fischarten (z. B. Lachs, Hering, Sardine, Thun-fisch und Heilbutt). Personen die keinen Fisch ver-zehren, laufen insbesondere in den WintermonatenGefahr, unzureichend versorgt zu sein. Aber auch äl-tere und hospitalisierte Menschen mit geringer UV-Exposition zählen zu den Risikogruppen [126]. EineSupplementierung (25 µg/Tag) ist in diesen Fällenausdrücklich zu empfehlen. Die wissenschaftlicheEvidenz für eine generelle Supplementierung vonVitamin D und Calcium in der Gesamtbevölkerungist hingegen noch nicht ausreichend [29, 103]. Die oben ausgeführten Ernährungsempfehlungenbilden in gleichem Maße die Grundlage für dieSekundärprävention bzw. die adjuvante Therapieder Osteoporose. Zusätzlich gewinnt hier die Sup-plementierung mit Calcium (1000–1500 mg/Tag),Vitamin D (10–20 µg/d = 200–400 IE/d) [29] undgegebenenfalls Fluorid (bis zu 20 mg/Tag) [146]an Bedeutung. Tabelle 4 fasst die dargestelltenEmpfehlungen zur Prävention und Therapie noch-mals übersichtlich zusammen.

Literatur

[6] Beattie J, Avenell A (1992): Trace element nutrition and bonemetabolism. Nutr Res Rev 5: 167 – 88.

[23] Cashman KD (2005): Homocysteine and osteoporotic fracturerisk: a potential role for B vitamins. Nutr Rev. 63(1): 29 – 36.

[32] Dawson-Hughes B, Heaney RP, Holick MF, Lips P, MeunierPJ, Vieth R (2005): Estimates of optimal vitamin D status.Osteoporos Int. 18; [Epub ahead of print]

[52] Haguenauer D, Welch V, Shea B, Tugwell P, Adachi JD, Wells G (2000): Fluoride for the treatment of postmenopau-sal osteoporotic fractures: a meta-analysis. Osteoporos Int.11(9): 727 – 738.

[53] Hahn A, Ströhle A, Wolters M (2005): Ernährung. Physiolo-gische Grundlagen, Prävention, Therapie. WissenschaftlicheVerlagsgesellschaft mbH Stuttgart

[62] Ilich JZ, Kerstetter JE (2000): Nutrition in bone healthrevisited: a story beyond calcium.J Am Coll Nutr. 19(6):715 – 737.

[100] Papadimitropoulos E, Wells G, Shea B, Gillespie W, WeaverB, Zytaruk N, Cranney A, Adachi J, Tugwell P, Josse R,Greenwood C, Guyatt G (2002): Osteoporosis MethodologyGroup and The Osteoporosis Research Advisory Group.Meta-analyses of therapies for postmenopausal osteoporosis.VIII: Meta-analysis of the efficacy of vitamin D treatment inpreventing osteoporosis in postmenopausal women. EndocrRev. 23(4): 560 – 569.

[102] Potter SM, Baum JA, Teng H, Stillman RJ, Shay NF, Erd-man JW Jr (1998): Soy protein and isoflavones: their effectson blood lipids and bone density in postmenopausal women.Am J Clin Nutr. 68(6 Suppl): 1375 – 1379.

[103] Prentice A. Diet (2004): nutrition and the prevention ofosteoporosis. Public Health Nutr. 7(1A): 227 – 243.

[119] Shea B, Wells G, Cranney A, Zytaruk N, Robinson V, Grif-fith L, Hamel C, Ortiz Z, Peterson J, Adachi J, Tugwell P,Guyatt G (2004): Osteoporosis Methodology Group; Osteo-porosis Research Advisory Group. Calcium supplementationon bone loss in postmenopausal women. Cochrane DatabaseSyst Rev. (1):CD004526.

[148] Zittermann A (2001): Effects of vitamin K on calcium andbone metabolism. Curr Opin Clin Nutr Metab Care. 4(6):483 – 487.

Das vollständige Literaturverzeichnis der Folgen 7 und 8 finden Sieim Internet unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de im Anschlussan die Folge 8

ERNÄHRUNG HEUTE

8|0000| DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 145. JAHRGANG 05.05.2005 | Nr. 18

Tab. 3: Calciumgehalte ausgewählter Lebensmittel

Lebensmittel Calcium [mg/100 g]

Parmesan (37% Fett i. Tr.) 1178

Emmentaler (45% Fett i. Tr.) 1029

Calciumreiche Mineralwässer 350–800

Mandeln 252

Haselnüsse 225

Grünkohl (roh) 212

Petersilienblatt (roh) 179

Pistazienkerne 130

Kuhmilch oder Joghurt (3,5% Fett) 120

Spinat (roh) 117

Fenchel (roh) 109

Broccoli (roh) 58

Porree (roh) 63

Walnüsse 87

Tab. 4: Zusammenfassende Empfehlungen zur Prä-vention und Therapie der Osteoporose

Primärprävention

J Regelmäßige körperliche Aktivität und Aufenthalt imFreien (mindestens 30 Minuten).

J Moderater Alkoholkonsum (< 30 g/Tag).

J Calciumreiche Ernährung in allen Lebensphasen, ins-besondere im Kindes- und Jugendalter durch reichli-chen Verzehr an Gemüse, mageren Milchproduktenund calciumreichen Mineralwässern.

J Optimierung der Vitamin-D-Versorgung durch regel-mäßigen Verzehr fettreicher Fische.

J Bei Risikogruppen (z. B. Senioren, postmenopausalenFrauen) und in den Wintermonaten ggf. Einsatz vonVitamin-D- (20 µg/Tag) und Calciumsupplementen(500–1500 mg/Tag).

Sekundärprävention und adjuvante Therapie

J Calcium- und Vitamin-D-reiche Ernährung durch reich-liche Aufnahme an Gemüse, magerer Milchprodukte,calciumreicher Mineralwässer und regelmäßiger Ver-zehr fettreicher Fische.

J Basistherapie: 1000–1500 Calcium/Tag und 20 µgVitamin D/Tag als Supplement.

J Zusätzlich ggf. Fluorid (bis 20 mg/Tag).