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17.03.2017 1 «Essen für die Zukunft – Anforderungen an die Verpflegungskonzepte von Morgen» Impulsnachmittag Care Gastronomie 29. März 2017 Christine Brombach, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft, Wädenswil, Schweiz Gliederung Einführung: warum essen und trinken wir Das «PUZZLE-Modell» Essverhalten: Einfluss unserer Kultur Ernährungsbiografie: Prägungen im Lebensverlauf Anforderungen an Verpflegungskonzepte Einblicke aus einer empirischen Studie Fazit und Schlussbemerkungen [email protected]

Essen für die Zukunft – Anforderungen an die ... · • Wissenschaftliches Wissen nimmt zu, Alltagskompetenzen ab (foodliteracy) • Zubereitungsweisen verändern sich, im Haushalt

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17.03.2017

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«Essen für die Zukunft –

Anforderungen an die

Verpflegungskonzepte von Morgen»

Impulsnachmittag Care Gastronomie

29. März 2017

Christine Brombach, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft,

Wädenswil, Schweiz

Gliederung

• Einführung: warum essen und trinken wir

• Das «PUZZLE-Modell»

• Essverhalten: Einfluss unserer Kultur

• Ernährungsbiografie: Prägungen im Lebensverlauf

• Anforderungen an Verpflegungskonzepte

• Einblicke aus einer empirischen Studie

• Fazit und Schlussbemerkungen

[email protected]

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Zukunft braucht Herkunft (Odo Marquard, Historiker)

Warum wir essen….

• «Die meisten Menschen essen um zu leben, ich aber lebe, um zu essen!» (vermutlich Epikur)

• Warum essen wir, was wir essen (und trinken)?

• Welche Determinanten spielen dabei eine Rolle?

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Gegessen wird das ganze Leben lang…von der Geburt bis zum Tod….

vVegans

Warum essen und trinken wir?

Essen und Ernährung sind lebensnotwendig. Da wir Menschen

ohne Instinkte geboren werden, ist es biologisch nicht

vorgegeben, welche Nahrung wir essen sollen. Wir sind von

Natur aus Omnivoren, eben „Alles-Esser“.

Im Verlaufe unseres Lebens lernen wir, welche Speisen wir

wann, wie, wo und in welcher Abfolge verzehren können. Wir

erlernen dabei den Umgang mit Lebensmitteln, Auswahl,

Zeit, Geschmack, essen gemeinsame Mahlzeiten...

Im Verlaufe unseres Lebens verändert sich unser Bedarf an

Nährstoffen wie auch unsere Bedürfnisse, die die

Nahrungswahl mit beeinflussen.

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Simple Frage: Was esse ich? Was ist

Nahrung?

Sehr komplex, multiple Einflussfaktoren

Zusammenhänge nicht eindeutig (was ist überhaupt

«essbar»?, warum, weshalb esse ich..)

ABER: Frage, «was esse ich» wird mit dem Alter

bedeutsamer:

=> Erfahrungen

=> Zunahme an ernährungsmitbedingten Erkrankungen

[email protected]

Das «PUZZLE-Model»

Essverhalten ist an folgende Prämissen geknüpft, die für alleMenschen gelten:

• (P) eine Person isst, Personen essen gemeinsam

• (U) Gegessen wird an einem Ort, in einer Umwelt, Raum

• (Z) Essen ist zeitgebunden und abhängig von der historischen Zeit, z.B. 21. Jahrhundert, Saisonalität, Tageszeit

• (Z) Essen ist mit Zielen (Motiven) verknüpft, die teilweise auch widersprüchlich sein können (Genuss, Gesundheit, ConvenienceG)

• (L) gegessen werden Lebensmittel

• (E) Essen wird je nach Einstellungen, Werten und Normen und Erwartungen unterschiedlich bewertet

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Makro-Ebene Esskultur

Wechselwirkungen zwischen den Ebenen

Ambiente Meso-Ebene

Eigene Abbildung

P U

Z L

Z

E

IndividuelleEbene

1.5 Tonnen

Lebensmittel

pro Jahr

pro Person

1.5 Tonnen

Lebensmittel

pro Jahr

pro Person

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Ernährungsverhalten ist routiniertes, gewohnheitsmässiges Verhalten!

� Im Laufe des Lebens verzehren wir annährend 50 t feste Nahrung und 50 t flüssige Nahrung

�Annährend 100‘000 Mahlzeiten

� Verbringen 5 Jahre unserer Lebenszeit mit Kauen und Schlucken (wir schlucken mehr als 50 Mio. mal im Leben!)

� Erlernte Handlungen, die wir habitualisieren!

� Rund 73‘000 Ess-Entscheidungen pro Jahr, die überwiegend heuristisch und emotional getroffen werden

[email protected]

Was gehört zur Esskultur (werden vermittelt)

• Herstellung der Lebensmittel

• Angebot und Verfügbarkeit

• Auswahl und Bewertung der Lebensmittel

• Regeln der Küchen und Speisenherstellung (Kochen)

• Mahlzeit als Gemeinschaft und Sinn stiftendes Ereignis

• Tischgespräche, Tischsitten

• Tischgeräte

• Symbolik der Nahrung

• Praktisches Wissen und Alltagskompetenzen

• Esskultur (=Verhältnisse) schafft den Rahmen unseres individuellen Essverhaltens

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• Auswahl: was ist essbar, was nicht (bestimmte Lebensmittel wie z.B. Innereien werden nicht mehr gegessen, neue kommen auf den Markt z.B. Wasabi, MoringaChiasamen, Gojibeeren…)

• Anbau- und Verarbeitungsverfahren der Produkte (technisierte Landwirtschaft, Züchtung und Produktion, Anbau ohne Boden, hors sol)

• Vermarktungs- und Vertriebsstrategien (online-Werbung, online-Kauf, demnächst Auslieferung vielleicht via Drohnen)

• Wissenschaftliches Wissen nimmt zu, Alltagskompetenzen ab (food literacy)

• Zubereitungsweisen verändern sich, im Haushalt und in Industrie (vom Herdfeuer zum Steamer, Handwerk ohne Hände)

• Zeitarmut: Convenience-Produkte, Fast Food (eat – on - the – go)

• Bewertung, Moralisierung des Essens (Selbstverantwortung, Gesundheit, Ethik)

• Internationalisierung der Küchen, Revitalisierung der lokalen Traditionen

• Verknappung von Ressourcen, Peak Oil, Social media, web 2.0

• Globalisierung, bei uns 24h/7d-Verfügbarkeit von Lebensmitteln

• Industrie 4.0 (z.B. personalisierte Lebensmittel, 3D-Druck, nutri-epigenetik)

• Küchen als neuer Showroom und Essen als Lifestyle

Veränderungen hinsichtlich der Esskultur in den letzten 60 Jahren, im Überblick (Auswahl)

Heutiges Handeln und Verhalten wird durch „frames“

geprägt, die (in der Familie) tradiert wurden und

weitergeführt werden.

Hier spielt das Essen als soziale Handlung eine

wesentliche Rolle: Menschen brauchen Menschen,

mit denen sie Essen teilen, damit sie sich selbst

wahrnehmen, „spiegeln“, können.

G. Simmel: das Gemeinsamste, was alle

Menschen miteinander teilen ist, dass sie

gemeinsam essen�

Sozialisation und Biografie sind

untrennbar verknüpft

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Entstehung des Essverhaltens im Lebensverlauf: „frames“

Die Kultur, in die wir hineingeboren werden:

• Technische Entwicklungen

• Politische Entwicklungen

• Ökonomische Entwicklungen

• Neue Lebensmittel auf dem Markt

• Kulturelle Werte und Normen

Niemand wird «voraussetzungslos» geboren; eine

bestimmte Welt, Werte, Kultur und Umgebung sind

bereits «gegeben».

Geburtsjahr Eltern minus 25 J Geburtsjahr heute 65+ plus 25 J Geburtsjahr Kinder

1926-1921 1951-1946 65-70 J 1976-1971

1920-1911 1945-1936 71-80 J 1970-1961

1910-1901 1935-1926 81-90 J 1960-1951

1900-1891 1925-1916 91>100J 1950-1941

Prägungseinflüsse im Generationsverlauf

(25-Jahre-Zyklus)

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Beispiele aus dem Bereich der Lebensmittel 1950er Jahre: «Wirtschaftswunder»

• LM-Marken werden abgeschafft

• Getreideprodukte ↓; Fleisch, Milch, Eier, Zucker, frisches Obst, FeSe (BuSer & Margarine, Speck, Schmalz) ↑

• ->Nachholbedarf v.a. an Südfrüchten & Frischobst

• ->tierische Fette werden zunehmend durch pflanzliche Fette ersetzt

• Import von Kartoffeln und Getreidesorten ↓

• ->Kunstdüngereinatz

• ->Ausweitung genutzter landwirtschaftlicher Flächen

• Kaffee-, Kakao- , Tee- & Tabakkonsum ↑ (Steuersenkungen) Bierkonsum ↑ sowie auch teure Alkoholika & Sekt

• Zapfbier (Kneipe) �Flaschenbier (zu Hause)

• Kompakte EBK mit Kühlschrank für jedermann

• Instant Produkte (Gefriertrocknung)

• -Maggie-Slogan „schmeckt wie Hausgemacht“

• -Instantgetränke (Kaffee, Kakao), Brühwürfel, Soßen, Suppen

• LM-Konserven (Kurzzeiterhitzung, Tiefkühlung, Vakuum-Trocknung)

• Abfüllung von „Tütenmilch“ um den Milchkonsum zu erhöhen (Entsorgung von Glasflaschen lästig und hoher Kostenfaktor)

• Erste Supermärkte mit SB (in USA)

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Beispiele aus dem Bereich der Lebensmittel 1960er Jahre

• Genussmittelkonsum (Sekt) steigt weiter an

• Internationalisierung des Essens

• ->zahlreiche Pizzastuben, Balkan-Grills und China-Restaurants erobern Deutschland

• Lust darauf, Neues auszuprobieren

• ->Kochrezepte in Illustrierten/Frauenzeitschriften

• Erste Aufklärungsaktionen des BM für Ernährung

• Ausgefallene Spezialitäten aus In- & Ausland und Produktvielfalt

• ->Käsesortiment

• ->Brotsortiment mit verschiedenen Gewürzen

• Suppenindustrie

• ->verfeinerte Qualität von Trockenkonzantraten

• ->breites Spektrum an Dosensuppen

• Nescafe in Glasverpackung

• ->Ätherische Öle vertragen sich nicht mit Dosenblech

• TK-Ware wird immer beliebter, Einfrieren im Privathaushalt

Beispiele aus dem Bereich der Lebensmittel 1970er Jahre

• Entdeckung von umweltbelasteter Nahrung

• ->Schweizer Käse mit Insektenvertilgungsmitteln belastet (Dieldrin, Lindan)

• ->Bayrische Milch mit Insektenvertilgungsmitteln und Antibiotika

• Bewusstsein für Hunger in der 3. Welt

• Wohlstandsbauch �Schlankheitswahn

• ->Kalorientabellen

• Fast-Food-Ketten in Großstädten

• Gemeinsame Mahlzeiten keine Selbstverständlichkeit mehr

• ->Vorgefertigte Mahlzeiten ersetzen selbstgekochte Speisen

• ->fette snacks vorm TV statt warmer Mahlzeiten

• ->Fast-Food als schneller Snack unterwegs

• Jogurtschokolade

->Trinkmilchverbrauch ↓; Milchprodukte ↑↑

->Kartoffelspezialitäten: Kroketten, Klöße, Rösti

->Exotische Früchte: Kiwi, Mango, Papaya, Passionsfrucht, Aubergine, Avocado

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Beispiele aus dem Bereich der Lebensmittel 1980er Jahre

• Lieber „gesündere“ Margarine statt Butter

• Geflügel & mageres Schweinefleisch statt Rindfleisch

• Mineralwasser wird „In“

• „Bioprodukte“ erfahren wachsenden Zulauf

• ->Schadstoffe im Essen schrecken Bürger auf

• Naturkost- & Bioläden und Direktvermarktung vom Bauernhof

• Exklusive Imbissstände für Nobelesser

• ->Delikatessen wie Hummersuppe & Kaviar mit Champagner

• Vollwertkost liegt voll im Trend: Dinkel, Buchweizen, Grünkern, Hirse & Co. Erleben ein Comeback

• Dritte-Welt-Shops: Fair-Traid-LM

• Coca-Cola-Light erobern den Markt

• Weight-Watchers etablieren sich

• Mikrowelle zieht in die HH ein,kürzere Garzeiten, ungeklärt, ob Strahlung schädlich ist

• Überflutung von Kochbüchern für jeden Anspruch

Beispiele aus dem Bereich der Lebensmittel 1990er Jahre

• BSE-Skandal• Salate in Fast-Foodketten• Vollkornprodukte als Fertiggerichte• Diät- & Alkoholfreie Biere etablieren sich• „Trenn-Diät“• Buch „Köstliche Insekten“• „Tödliche Eier“ –Salmonellenvergiftungen• Trend zur „neuen Bescheidenheit“• Novel-Foods wollen den Markt erobern• LM aus neuartigen Preis wird für Kauf von LM immer wichtiger• Discounter erobern den Markt• Fastfood-Ketten & Lieferservices statt Restaurant • Snack- & Convenience-Food Gesellschaft• ->Snackshops jetzt auch in Tankstellen• Mineralwasser in PET-Flaschen

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Beispiele aus dem Bereich der Lebensmittel 2000er Jahre

• Gentechnisch veränderte LM werden überwiegend von Gesellschaft abgelehnt

• Functional Food erobert den Markt

• ->Probiotische LM, cholesterinsenkende Margarine (Becel)

• Kaffee-Spezialitäten werden Trend

• Frischetheken in Supermärkten

• ->geschnittenes Obst, gewaschener Salat etc.

• Exotisches wird immer mehr zu Hause zubereitet

• ->Sushi, asiatisches im Wok etc.

• BIO-Siegel verliert an Glaubwürdigkeit

• Küchenklassiker kehren zurück

• ->kulinarisches Erbe bewahren

• ->Fettgehalt aber „modernisiert“

• Junge Köche bringen neues Image für Kochsendungen: Kochen wird jung & wild, Jamie Oliver, Tim Mälzer & Co.

• Kochen, Selbermachen wird Trend (Internetforen, bloggs)

2010- Gegenwart

• Steviaprodukte erobern den Markt• 3D-Drucker für LM• Smoothies• Lassies• Trinknahrung z.B. Soylent• Personalisierte Ernährung• Lebensmittel „frei von“• Vegane und vegetarische

Lebensmittel• Cradle to cradle, fair

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Essen im Verlauf des Lebens: was ändert sich, was

bleibt?

Dazu soll eine 3-Generationenstudie vorgestellt

werden

Einblicke aus einer 3-Generationenstudie*

In dieser Studie wurden Studierende der Friedrich-Schiller-

Universität Jena, der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe,

der Hochschule Albstadt-Sigmaringen und der Zürcher

Hochschule für Angewandte Wissenschaften Wädenswil

sowie deren Familien über drei Generationen befragt

(hauptsächlich waren es D Teilnehmende).

Die F1-Generation steht dabei für die Grosseltern,

die F2-Generation für die Eltern und

die F3-Generation für die Kinder (Enkel).

31 Fragen erfassten die Themen Essen, Lebensmittel,

Kochen, Einkaufen, Vorratshaltung, Umgang mit Essen und

Esstraditionen in der Kindheit und heute

* Gemeinsam mit Prof. S. Bartsch, Karlsruhe, Prof. G. Winkler, Sigmaringen

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Ergebnisse der 3-Generationenstudie

Variable

Grosseltern

(F1)

n = 52

Eltern (F2)

n = 95

Kinder (F3)

n = 100

Total

n=247

Geschlecht

männlich 10 (19.2 %) 28 (29.5 %) 22 (22.0 %)60

(24.3 %)

weiblich42 (80.8 %) 67 (70.5 %) 78 (78.0 %)

187

(75.7%)

Range [Jahre] 58 – 91 44 – 68 16 – 36 16 – 91

Mahlzeitenmuster

Brombach et al., 2015, 22

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Dauer der Mahlzeiten wochentags

Brombach, et al., 2015, 22

Dauer der Mahlzeiten am Wochenende

Brombach et al, 2015, 22

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Umgang mit Lebensmittelresten

Brombach et al, 2015, 23

Welche Prägungen sind in Bezug auf Verpflegung/Essen bedeutsam?Alter heute 80-90 Jahre 60-70 Jahre 20-30 Jahre

Mahlzeiten/Speisen/Ort

Regelmässig,Kernfamilie HauptmahlzeitRegionale, saisonale Speisen und GerichteSonntag wird mit besonderem Essen begangenEssen war wertvoll, keine Verschwendung

Regelmässig,auch Ausser-Haus Verzehr, Restaurants, Convenience, internationale Küche, liberaler Umgang mit Resten

Wie es gerade passt, auch to gound unterwegs, vorwiegend mit FreundenEssen ist eine Einstellung ; vegan, flexitarisch, vegetarisch, international, Food events, foodtrucks, international ist normal

Zeit 7-12-18 Überwiegend regelmässig, zunehmend abends warme Hauptmahlzeit

Wie es gerade so passt, spontan, wenn Lust darauf besteht, unkonventionell (als Motiv)

Werte/Einstellungen

Frau kocht, Essen duldet keine Nebentätigkeit, autoritäre Erziehung, Mann gibt Wünsche vor

Überwiegend Frau, die kocht, zunehmend auch Männer, die Interesse haben, Gesundheit ist wichtig, Qualität, kritische Einstellungen

Essen und Kochen je nachdem, wer es besser kann, Essen als Nebensache und als Hauptbeschäftigung/Hobby, Autonomie, Selbstbestimmung

Bedeutungen Soziale Aspekte aber: am Tisch wird wenig/nicht mit Kindern geredet

Kommunikation, Gemeinsamkeit Genuss

Kommunikation GemeinsamkeitGenuss, Ausdruck der Einstellung

Anforderungen Pünktlichkeit, sparsam, Wertschätzung, man isst gerne, was man kennt, Restaurantbesuche eher selten

Pragmatisch, Wertschätzung des Essens, auch internationale Küche und Restaurantbesuche

Je nach Situation, Convenience, Preis ,Regionalität, Saisonalität, Geschmack, personalisierte Ernährungskonzepte, Selbstoptimierung

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Was bedeuten diese Prägungenin Bezug auf die Verpflegung von morgen?

Bereiche

Mahlzeiten/Speisen /Ort

Modularisierte KonzepteGastronomiebetriebe mit hoher Flexibilität

Individualisierte Ernährung, die die gesundheitlichen,umweltbewussten Aspekte im Vordergrund haben

Selbstoptimierung durch Essen, Orte frei wählbar (Zimmer, an anderen Orten in der Einrichtung), Internationalisierung gemischt mit traditionellen Gerichten

Zeit z.B. über individualisierte sous-vide Verfahren (z.B. jetzt schon in Hamburg-Eppendorf, das Krankenhaus ohne Küche)

Totale Flexibilität 24/7 Angebot und Verfügbarkeit

Werte/Einstellungen

Essen als Event Virtuelles Ambiente, das die jeweiligen Bedürfnisse befriedigt. Digitale Tischgemeinschaft

Gesundheit, Autonomie,Selbstbestimmung

Bedeutungen Soziale Aspekte Kommunikation, Gemeinsamkeit Genuss

Kommunikation GemeinsamkeitGenuss, Ausdruck der Einstellung

Anforderungen Anregung für alle Sinne Lokale Produktion und Subsistenz (urban gardening, brutal lokal)

Selbstoptimierung, Gesundheit

Veränderungen auf Lebensmittelebene in den nächsten 20 Jahren

• Lebensmittel werden teurer!

• Pflanzliche Proteine (Fleischersatzprodukte)

• Insekten als Proteinquellen sind eingeführt

• Personalisierte Daten liegen vor und die Lebensmittel sind personalisiert optimiert

• Bestellungen/Kommunikation via Internet Voraussetzung

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Konzepte?

• Müssen sich auf die Autonomiebestrebungen und individuellen Wünsche einrichten im Hinblick auf Zeit, Präferenzen, Ort!

(modularisierte Konzepte, Gastronomie-Konzepte!)

• Verpflegung als Teil der Selbstoptimierung

(Körperzusammensetzung, genotypisiert)

• Verpflegung als Teil des Marketingkonzeptes

(Kunden wählen entsprechend der Verpflegungsangebote die Institutionen aus, z.B. ob die

Verpflegung den ethischen Vorstellungen entspricht)

• Verpflegung als Teil der Therapie und Beschäftigung(z.B. Garten- und Kochangebote, kulinarische Angebote)

Befähigung zum «KATZENMODELL»

Gesundheit,Aktivität, Aussehen, WohlbefindenLebensstil

LEBENSALTER

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Essen als Mittel zum Zweck, Selbstoptimierung, Therapie

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Schlussfolgerungen und Ausblicke (1)

• Essverhalten entsteht im Lebensverlauf

• Wir erlernen Essverhalten und Prägungen in der

Kindheit

• Ernährungsbiografie verschränkt Verhaltens- und

Verhältnisaspekte

• Bestimmte früh erlernte Muster des Essverhaltens

werden an die nächste Generation tradiert

• Mahlzeitenstrukturen werden ebenfalls

weitergegeben jedoch in jeder Generation an

individuelle Gegebenheiten angepasst

[email protected]

Schlussfolgerungen und Ausblicke (2)

Essverhalten ist immer Teil der individuellen Erfahrungen

aber auch der gesellschaftlichen Prägungen. Wir erlernen

bereits früh in unserer Kindheit die Muster und Strukturen

des Essens:

• Strukturierung des Tages durch Essen

• Wertschätzung und Umgang mit Lebensmitteln

• Traditionen wie z.B. beim Essen an Festtagen

Ohne Verständnis der Ernährungsbiografie kann

es kein Verständnis des Essverhaltens geben!

[email protected]

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Schlussfolgerungen und Ausblicke (3)

• Vorlieben und Prägungen sind immer auch Ausdruck einer

bestimmten historischen Zeit

• Es ist wichtig, zu verstehen, woher die jeweiligen

Präferenzen innerhalb einer Kohorte kommen und aus

welcher Zeitepoche diese sind,

• Prägungen werden mit ins hohe Alter «mitgenommen»

• Für zukunftsweisende Verpflegungskonzepte sollte daher

immer mit herangezogen werden, was die Menschen in

ihrer Kindheit und Jugend geprägt hat

• Verpflegung ist immer mehr als «Nahrungszufuhr», es

meint, die Menschen in ihrer Ganzheitlichkeit ernst zu

nehmen, ihre Bedürfnisse nach Gemeinschaft,

Wohlergehen und auch den Wunsch nach «Daheimsein»

zu erfüllen.

Daher ist es wichtig,

die jeweiligen Prägungen

zu kennen und zu verstehen

Um eine Geschmacks- und

Essensheimat zu

schaffen.

Vielen Dank!

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