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Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit einer Störung aus dem autistischen Bereich und Kindern mit einer hyperkinetischen Störung Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. vorgelegt von Mirjam Paschke-Müller (geb. Müller) aus Lörrach Wintersemester 2012/13

Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

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Page 1: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Exekutive Funktionen und Theory of

Mind bei Kindern mit einer Störung aus

dem autistischen Bereich und Kindern

mit einer hyperkinetischen Störung

Inaugural-Dissertation

zur

Erlangung der Doktorwürde

der Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät

der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

vorgelegt von

Mirjam Paschke-Müller (geb. Müller)

aus Lörrach

Wintersemester 2012/13

Page 2: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Danksagung 2

Dekan: Prof. Dr. Dieter K. Tscheulin

Erstgutachter: Prof. Dr. Markus Heinrichs

Zweitgutachter: Prof. Dr. Josef Unterrainer

Datum der Disputation: 19. April 2013

Page 3: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Danksagung 3

Danksagung

Einen herzlichen Dank an alle, die mich während der Arbeit an dieser Dissertation auf

vielfältige Weise begleitet und unterstützt haben.

Ganz herzlich bedanke ich mich bei den Kindern und Jugendlichen, die an der Studie

teilgenommen haben. Ohne ihre Bereitschaft dazu wäre diese Arbeit nicht möglich ge-

wesen.

Herrn Prof. Dr. Markus Heinrichs danke ich für sein Interesse an der Fragestellung, die

Übernahme der Begutachtung meiner Arbeit sowie die Unterstützung bei der Orientie-

rung im Formalitätendschungel.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Josef Unterrainer für die motivierende Be-

treuung, die zuverlässige Begleitung und die Möglichkeit im Rahmen des Projektes Da-

ten für diese Arbeit erheben zu können.

Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei Herrn Dr. Reinhold Rauh für die tatkräfti-

ge Unterstützung, die stets offene Tür und die vielen anregenden Diskussionen.

Der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter, insbe-

sondere Herrn Dr. Klaus Hennighausen und Herrn Prof. Dr. Christian Fleischhaker,

danke ich für die vielfältige Unterstützung bei der Verwirklichung dieses großen Pro-

jektes.

Für die tatkräftige Unterstützung bei der Durchführung der Studie und der Datenerhe-

bung sowie für die gute Zusammenarbeit im Projekt und die bereichernden und span-

nenden Diskussionen danke ich den Mitarbeiterinnen und wissenschaftlichen Hilfskräf-

ten des Projekts, hier insbesondere Frau Dr. Monica Biscaldi-Schäfer.

Und natürlich danke ich den vielen guten Freunden und Kollegen, die mir stets mit auf-

bauenden Worten begegnet sind und für die willkommene Ablenkung zwischendurch

gesorgt haben.

Das allergrößte Dankeschön gebührt meiner Frau. Es ist nicht in Worte zu fassen, was

Du in den letzten Jahren für mich getan hast!

Page 4: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Zusammenfassung 4

Zusammenfassung

Neuere Studien zeigen, dass viele Menschen mit einer Autismusspektrumstörung (ASD)

auch die Kriterien einer Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHD)

erfüllen und dass diese Personen (hier als „ASD+“ bezeichnet) in anderer Weise beein-

trächtigt sind als Personen mit ausschließlich einer ASD („ASD-“). In gängigen Klassi-

fikationssystemen können die Diagnosen jedoch nicht komorbid vergeben werden,

weswegen es bislang nur wenig Forschungsbemühungen, aber auch keine spezifischen

Interventionen für die Patientengruppe der ASD+ gibt. Eine Überschneidung der Stö-

rungsbilder ASD und ADHD findet sich u.a. im kognitiven Bereich, speziell in Beein-

trächtigungen der Theory of Mind (ToM) und der exekutiven Funktionen (EF). Diese

Arbeit hat daher zum Ziel, kognitive Profile dieser Störungsbilder zu erstellen und dabei

speziell die Beeinträchtigungen der Patienten mit einer ASD+ zu untersuchen.

Hierzu werden männliche Patienten mit einer ADHD (N = 48), mit einer ASD- (N =

19), mit einer ASD+ (N = 28) sowie eine Gruppe typisch entwickelter Kinder (TD; N =

44) im Alter von 6-14 Jahren und einem IQ ≥ 80 mit einer Testbatterie von ToM-

Aufgaben (Emotionserkennung, False-belief-Aufgaben) und Aufgaben zu EF (Inhibiti-

on, Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeitsleistung, kognitive Flexibilität, Planungsleis-

tung) untersucht. Die Gruppen sind bezüglich Alter und IQ vergleichbar.

Die Gruppenvergleiche zeigen für die Gruppe der ASD- signifikant längere Entschei-

dungszeiten in der Emotionserkennungsaufgabe sowie, wie auch für die Gruppe der

ASD+, signifikant weniger richtig gelöste False-belief-Aufgaben als für die Gruppe der

TD. Die Patienten mit einer ADHD machen signifikant mehr Fehler in einer Aufgabe

zur kognitiven Flexibilität und weisen, genauso wie die Patienten mit der ASD+, eine

signifikant kürzere visuell-räumliche Arbeitsgedächtnisspanne auf als die Probanden

mit einer TD.

Zusätzlich zu den signifikanten Gruppenunterschieden zeigen deskriptiv einige Ergeb-

nisse in die erwartete Richtung, ergeben jedoch kein signifikantes Ergebnis. Dies könnte

an der zu geringen Stichprobengröße der Gruppen ASD- und ASD+ liegen, aber auch

mit testtheoretischen Schwierigkeiten bei einigen EF-Aufgaben zusammenhängen. Ins-

gesamt lässt sich sagen, dass das Profil der Gruppe der Kinder mit der ASD+ weder

identisch mit dem Profil der ASD- noch mit dem der ADHD ist. Man könnte es am

ehesten als eigenständiges Profil ansehen, das jedoch teilweise Beeinträchtigungen der

Gruppen der ASD- und der ADHD aufweist. Alles in allem zeigt dies, dass Menschen

mit einer ASD+ nicht wie Menschen mit einer ASD- klassifiziert, diagnostiziert oder

behandelt werden sollten, sondern ein großer Bedarf an der Entwicklung von spezifi-

schen Instrumenten und Interventionen besteht.

Page 5: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Zusammenfassung 5

Schlagwörter: Autismusspektrumstörung (ASD), Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperak-

tivitätsstörung (ADHD), Komorbidität, Theory of Mind (ToM), Exekutive Funktionen

(EF)

Page 6: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Abstract 6

Abstract

Recent studies have shown that many people with an autism spectrum disorder (ASD)

also suffer from attention-deficit / hyperactivity disorder (ADHD) and that these pa-

tients (here labeled as “ASD+”) show impairments that differ from those who suffer

only from ASD symptoms (“ASD-“). Nevertheless, current classification systems do

not allow to give both diagnoses to one and the same patient. This may be one of the

reasons why, as yet, only few studies have examined this comorbidity and developed

specific treatments for people with ASD+. Among other clinical features there is an

overlap of the two diagnoses in cognitive abilities, especially in impairments in Theory

of Mind (ToM) and executive functioning (EF). Therefore the goal of this study is to

compare the cognitive profiles of children with ADHD, ASD- and ASD+, thereby fo-

cusing on the impairments of the children with an ASD+.

Male children aged 6 to 14 years old with an IQ ≥ 80 and suffering from ADHD (N =

48), ASD- (N = 19) or ASD+ (N = 28) and 44 typically developed children (TD) were

compared on a battery of ToM tasks (emotion recognition, false-belief-tasks) and tasks

of EF (inhibition, working memory, attention, cognitive flexibility, planning). The

groups are comparable in age and IQ.

Children with ASD- showed significantly longer decision times in the emotion recogni-

tion task and, like the ASD+ group, significantly fewer correct false belief tasks than

TD children. In comparison with the TD group, the children suffering from ADHD re-

vealed significantly poorer results in the flexibility task and, just as the ASD+ group, a

significantly shorter visual-spatial working memory span.

In addition to these significant group differences, several findings showed tendencies in

the expected direction without being significant, possibly related to insufficient statisti-

cal power or suboptimal test construction of some of the EF tasks. Overall, the cognitive

profile of the ASD+ group was dissimilar to the profile of the ASD- or the ADHD

group. The children suffering from ASD+ showed a distinct profile including some im-

pairments of the ASD- and the ADHD group. Therefore, the present study provides evi-

dence for a distinction of ASD+ from ASD- and ADHD in terms of classification, diag-

nosis and treatment. This leads to a demand for the development of specific instruments

and treatments for people suffering from ASD+.

Keywords: autism spectrum disorder (ASD), attention-deficit / hyperactivity disorder

(ADHD), comorbidity, Theory of Mind (ToM), executive function (EF)

Page 7: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Inhaltsverzeichnis 7

Inhaltsverzeichnis

Danksagung ................................................................................................................. 3

Zusammenfassung ....................................................................................................... 4

Abstract ....................................................................................................................... 6

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................ 7

Abbildungsverzeichnis .............................................................................................. 10

Tabellenverzeichnis ................................................................................................... 11

Anmerkungen zur Sprachregelung .......................................................................... 13

Einleitung ................................................................................................................... 14

1 Theoretischer Hintergrund ............................................................................ 16

1.1 Die Störungsbilder ............................................................................................ 16

1.1.1 Autismusspektrumstörung (ASD) ..................................................................... 16

1.1.2 Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHD) ............................. 24

1.1.3 Autismusspektrumstörung mit komorbider Aufmerksamkeitsdefizit- /

Hyperaktivitätsstörung (ASD+) ........................................................................ 29

1.2 Neuropsychologische Erklärungsmodelle ......................................................... 32

1.2.1 Theory of Mind (ToM) ..................................................................................... 32

1.2.2 Exekutive Funktionen (EF) ............................................................................... 41

1.2.3 Theory of Mind und Exekutive Funktionen ...................................................... 53

2 Fragestellung der Untersuchung.................................................................... 62

2.1 Zusammenfassung der aktuellen Studienlage .................................................... 62

2.2 Relevanz der Untersuchung .............................................................................. 64

2.3 Hypothesen und erwartete Ergebnisse............................................................... 65

3 Methode .......................................................................................................... 69

3.1 Teilnehmende ................................................................................................... 69

3.1.1 Rekrutierung der Teilnehmenden und Stichprobenauswahl ............................... 69

3.1.2 Diagnostik der Teilnehmenden ......................................................................... 70

3.1.3 Beschreibung der Stichprobe ............................................................................ 72

3.2 Materialien und Messinstrumente ..................................................................... 76

3.2.1 Beschreibung der Theory of Mind-Batterie ....................................................... 76

3.2.2 Beschreibung der Batterie der exekutiven Funktionen ...................................... 79

3.3 Übersicht und Design ....................................................................................... 85

Page 8: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Inhaltsverzeichnis 8

3.4 Durchführung ................................................................................................... 86

3.4.1 Ort der Durchführung ....................................................................................... 86

3.4.2 Beschreibung des Ablaufs der Datenerhebung .................................................. 87

3.4.3 Aufwandsentschädigung und Rückmeldung an die Teilnehmenden .................. 88

3.5 Datenverarbeitung und Auswertung .................................................................. 88

4 Ergebnisse ....................................................................................................... 91

4.1 Probleme bei der Datenerhebung ...................................................................... 91

4.2 Maße der Theory of Mind ................................................................................. 91

4.2.1 Emotionserkennung: Face-Test ......................................................................... 91

4.2.2 False-belief-Aufgaben ...................................................................................... 98

4.3 Maße der exekutiven Funktionen .................................................................... 101

4.3.1 Inhibition: Stop-Signal-Task und Hund-Katze-Aufgabe .................................. 101

4.3.2 Kognitive Flexibilität: Schatztruhentest .......................................................... 103

4.3.3 Arbeitsgedächtnis: Corsi und Wortspanne ...................................................... 106

4.3.4 Planungsleistung: Tower of London ............................................................... 109

4.3.5 Aufmerksamkeit: Dino1 und Dino2 ................................................................ 110

4.4 Skala zur sozialen Reaktivität ......................................................................... 114

4.5 Korrelationsmuster der abhängigen Variablen ................................................ 114

4.5.1 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Gruppe der

ADHD ............................................................................................................ 115

4.5.2 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Gruppe der ASD- . 117

4.5.3 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Gruppe der ASD+. 119

4.5.4 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Gruppe der TD ..... 121

4.5.5 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für alle Gruppen

zusammen ...................................................................................................... 123

5 Diskussion ..................................................................................................... 125

5.1 Interpretation der Ergebnisse und Integration in den Forschungskontext ......... 125

5.1.1 Interpretation der ToM-Ergebnisse ................................................................. 125

5.1.2 Interpretation der EF-Ergebnisse .................................................................... 131

5.1.3 Interpretation des Ergebnis im SRS ................................................................ 141

5.1.4 Interpretation des Korrelationsmuster der abhängigen Variablen .................... 141

5.1.5 Vertiefung und Einordnung der Ergebnisinterpretation der Gruppe der

ASD+ ............................................................................................................. 146

5.2 Reflexion der Methode ................................................................................... 148

5.2.1 Vorzüge dieser Studie ..................................................................................... 148

5.2.2 Grenzen dieser Studie ..................................................................................... 149

5.3 Schlussfolgerungen ........................................................................................ 150

5.3.1 Anstöße für weitere Forschungsarbeiten ......................................................... 150

5.3.2 Anstöße für die klinische Praxis ..................................................................... 156

5.4 Fazit ............................................................................................................... 158

Page 9: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Inhaltsverzeichnis 9

Literaturverzeichnis ................................................................................................ 160

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur

Rückmeldung ................................................................................................ 189

A.1 Flyer ................................................................................................................... 189

A.2 Zeitungsartikel .................................................................................................... 191

A.3 Informationsblatt zum Projekt ............................................................................. 195

A.4 Einverständniserklärung für Kinder .................................................................... 200

A.5 Einverständniserklärung für Eltern ...................................................................... 203

A.6 Vorlage des Rückmeldebriefes ............................................................................ 206

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests ............................................ 209

B.1 FB-Aufgaben ...................................................................................................... 209

B.2 Wortspanne ......................................................................................................... 214

B.3 Instruktionen der Tests zu EF .............................................................................. 216

B.4 Instruktionen der Tests zur ToM ......................................................................... 222

Page 10: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Abbildungsverzeichnis 10

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anzahl der Teilnehmer pro Alterskategorie (in Jahren) und Gruppe ....... 75

Abbildung 2: Emotionserkennung, Face-Test: Beispielitem ......................................... 77

Abbildung 3: FB-Aufgaben: Bilder zur first-order-FB-Aufgabe ................................... 79

Abbildung 4: Inhibition, Stop-Signal-Task: Stimuli ..................................................... 80

Abbildung 5: Inhibition, Hund-Katze-Aufgabe: Beispielhafte Stimuli ......................... 81

Abbildung 6: Kognitive Flexibilität, Schatztruhentest: Stimuli und Versuchsaufbau .... 82

Abbildung 7: Arbeitsgedächtnis, Corsi: Beispielitem ................................................... 82

Abbildung 8: Planung, Tower of London: Beispielitem ............................................... 84

Abbildung 9: Aufmerksamkeit, Dino: Stimuli.............................................................. 84

Abbildung 10: Face-Test: Antwortkorrektheit (mal hundert ergibt Prozentsatz

korrekter Antworten) in den vier Bedingungen pro Gruppe .............................. 94

Abbildung 11: Face-Test: Entscheidungszeit in den vier Bedingungen pro Gruppe

(in Zehntel ms) ................................................................................................. 97

Abbildung 12: Anteil pro Gruppe, die N Aufgaben richtig gelöst hat (in %) .............. 100

Abbildung 13: Schatztruhentest: Anzahl der Fehler: Lokale Kosten pro Gruppe ........ 106

Abbildung 14: Corsi: Maximal erreichte Spanne pro Proband und Alter .................... 107

Abbildung 15: Dino2: Reaktionszeiten pro Block und Gruppe (in ms) ....................... 113

Page 11: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Tabellenverzeichnis 11

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Studie Müller: Alter (in Jahren) und IQ pro Gruppe .................................... 39

Tabelle 2: Review Sergeant et al. (2002): Ergebnisse................................................... 51

Tabelle 3: Zusammenfassung der bisherigen Forschungsergebnisse zur ToM .............. 63

Tabelle 4: Zusammenfassung der bisherigen Forschungsergebnisse zu EF ................... 64

Tabelle 5: Hypothesen zur ToM .................................................................................. 66

Tabelle 6: Hypothesen zu EF ....................................................................................... 68

Tabelle 7: Anzahl der Teilnehmer pro Gruppe ............................................................. 72

Tabelle 8: Alter (in Jahren) und IQ pro Gruppe............................................................ 74

Tabelle 9: Anzahl der Teilnehmer pro Alterskategorie (in Jahren) ............................... 74

Tabelle 10: SRS: Gesamtwert pro Gruppe ................................................................... 76

Tabelle 11: Übersicht über durchgeführte Test- und Fragebogenverfahren ................... 86

Tabelle 12: Verwendete Kontraste ............................................................................... 89

Tabelle 13: Face-Test: Anteil richtig gelöster Aufgaben pro Gruppe (in %) ................. 92

Tabelle 14: Face-Test: Anteil richtig gelöster Aufgaben pro Bedingung und Gruppe

(in %) ............................................................................................................... 93

Tabelle 15: Face-Test: Entscheidungszeit pro Gruppe (in Sekunden) ........................... 95

Tabelle 16: Face-Test: Entscheidungszeit pro Aufgabenbedingung (in Sekunden)

und Gruppe ...................................................................................................... 96

Tabelle 17: FB-Aufgaben: Anzahl richtig gelöster Aufgaben pro Gruppe .................... 98

Tabelle 18: FB-Aufgaben: Anteil pro Gruppe, die N Aufgaben richtig gelöst hat (in

%) .................................................................................................................... 99

Tabelle 19: FB-Aufgaben: Anteil richtig gelöster Aufgaben pro Aufgabentyp und

Gruppe (in %) ................................................................................................ 101

Tabelle 20: Stop-Signal-Task: Inhibitionsmaß pro Gruppe (in Sekunden) .................. 102

Tabelle 21: Hund-Katze-Aufgabe: Inhibitionsmaß pro Gruppe .................................. 102

Tabelle 22: Schatztruhentest: Reaktionszeiten (in Sekunden) und Fehler (in %) pro

Gruppe ........................................................................................................... 103

Tabelle 23: Corsi: Gedächtnisspanne pro Gruppe ...................................................... 107

Tabelle 24: Corsi: Gedächtnisspanne pro Gruppe ohne die älteste Alterskategorie ..... 108

Tabelle 25: Wortspanne: Gedächtnisspanne pro Gruppe .......................................... 108

Tabelle 26: ToL: Anzahl richtig gelöster Aufgaben pro Gruppe ................................. 109

Tabelle 27: ToL: Planungszeit pro Gruppe (in Sekunden) .......................................... 110

Tabelle 28: ToL: Ausführungszeit pro Gruppe (in Sekunden) .................................... 110

Tabelle 29: Dino1: Reaktionszeit pro Gruppe (in Sekunden)...................................... 111

Tabelle 30: Dino2: Reaktionszeit über alle Blöcke hinweg pro Gruppe (in

Sekunden) ...................................................................................................... 112

Tabelle 31: Dino2: Reaktionszeiten pro Block und Gruppe (in Sekunden) ................. 112

Tabelle 32: SRS: Gesamtwert pro Gruppe ................................................................. 114

Tabelle 33: Korrelationen der abhängigen Variablen - Gruppe ADHD....................... 116

Tabelle 34: Korrelationen der abhängigen Variablen - Gruppe ASD- ......................... 118

Page 12: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Tabellenverzeichnis 12

Tabelle 35: Korrelationen der abhängigen Variablen - Gruppe ASD+ ........................ 120

Tabelle 36: Korrelationen der abhängigen Variablen - Gruppe TD ............................ 122

Tabelle 37: Korrelationen der abhängigen Variablen – alle Gruppen ......................... 124

Tabelle 38: Hypothesen zur ToM .............................................................................. 125

Tabelle 39: Ergebnisse zur ToM ................................................................................ 130

Tabelle 40: Hypothesen zu EF ................................................................................... 132

Tabelle 41: Ergebnisse zu EF .................................................................................... 138

Tabelle 42: Übersicht über die Korrelationen – Gruppe ADHD ................................. 142

Tabelle 43: Übersicht über die Korrelationen – Gruppe ASD- ................................... 142

Tabelle 44: Übersicht über die Korrelationen – Gruppe ASD+ .................................. 143

Tabelle 45: Übersicht über die Korrelationen – Gruppe TD ....................................... 144

Tabelle 46: Übersicht über die Korrelationen – alle Gruppen ..................................... 144

Tabelle 47: Korrelationen der Studie von Perner et al. (2002) .................................... 145

Tabelle 48: Korrelationen der hier vorliegenden Studie ............................................. 146

Tabelle 49: Anzahl der Teilnehmer pro Gruppe und Alterskategorie (in Jahren) ........ 152

Tabelle 50: Zuordnung der Variablen zu den Faktoren .............................................. 155

Page 13: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anmerkungen zur Sprachregelung 13

Anmerkungen zur Sprachregelung

Störungsbezeichnung: Aufgrund einer konzeptuellen Neuausrichtung findet eine klas-

sifikatorische Unterscheidung zwischen den Störungsbildern des frühkindlichen Autis-

mus, des Asperger-Syndroms und des atypischen Autismus in neueren Forschungsarbei-

ten oftmals nicht mehr statt. Stattdessen werden sie unter dem Begriff Autismusspekt-

rumstörungen (ASD) zusammengefasst. In dieser Arbeit wird dies ebenso gehandhabt.

Geschlechtsbezeichnung: Für eine flüssigere Lesbarkeit wird in dieser Arbeit bei per-

sonenbezogenen Angaben, die beide Geschlechter betreffen, die männliche Form ver-

wendet.

Altersgruppenbezeichnung: Im Folgenden ist des Öfteren die Sprache von „Kindern“

obwohl sich die Teilnehmenden dieser Studie in einem Altersspektrum von 6 bis 14

Jahren bewegen und demnach als „Kinder und Jugendliche“ bezeichnet werden müss-

ten. Zur besseren Lesbarkeit wurde an einigen Stellen vereinfachend von „Kindern“

gesprochen.

Abkürzungen:

ADHD Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung („attention-deficit /

hyperactivity disorder“)

ASD Autismusspektrumstörung/ -en („autism spectrum disorder“)

ASD- Autismusspektrumstörung ohne komorbide ADHD

ASD+ Autismusspektrumstörung mit komorbider ADHD

TD Gruppe der typisch entwickelten Kinder („typically developed“)

ToM Theory of Mind

FB False-belief

EF Exekutive Funktionen

ToL Tower of London

N Anzahl der Datensätze

M Mittelwert

SD Standardabweichung

Min minimaler Wert

Max maximaler Wert

Page 14: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Einleitung 14

Einleitung

Jeder im klinischen Bereich tätige Psychologe kennt die Störungsbilder der Autis-

musspektrumstörung (ASD) und der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung

(ADHD). Einiges ist bereits erforscht zu deren Symptomatik, Pathogenese und Epide-

miologie. Es gibt gut validierte Diagnoseinstrumente und mehr oder weniger gut evalu-

ierte Therapiemöglichkeiten. Jedes der beiden Störungsbilder hat seinen festen Platz in

den Klassifikationssystemen; ein Überschneidungsbereich ist nicht vorgesehen, wird

sogar ausgeschlossen.

Diese Ordnung wird seit einiger Zeit weitestgehend gestört durch das wachsende Be-

wusstsein für eine Komorbidität beider Störungsbilder.

Ebenso kennt jeder im klinischen Bereich tätige Psychologe die Komorbidität zwischen

dem Störungsbild der ASD und der ADHD (sie werden als ASD+ bezeichnet). Es gibt

keine oder kaum Forschung zu der Symptomatik, Pathogenese und Epidemiologie die-

ser Komorbidität. Es gibt weder spezifische Diagnoseinstrumente noch spezifische The-

rapiemöglichkeiten. In den gängigen Klassifikationssystemen ist sie nicht verschlüsselt,

sie wird ausgeschlossen.

Diese Kluft zwischen Theorie und Praxis gilt es zu füllen.

Menschen mit einer ASD werden Beeinträchtigungen in der Theory of Mind (ToM)

attestiert. Diese Beeinträchtigung, sich in das Innenleben anderer Menschen hinein zu

versetzen, sei für die Einschränkungen im sozialen Bereich der Menschen mit einer

ASD mitverantwortlich. Menschen mit einer ADHD zeigen Beeinträchtigungen in ihren

Leistungen im Bereich der exekutiven Funktionen (EF). Sie zeigen beispielsweise Be-

einträchtigungen in der Inhibitionsleistung, was sich in einer mangelnden Impulskon-

trolle manifestiert.

Auch diese Aufteilung wird gestört, wenn die neuropsychologischen Profile beider Pati-

entengruppen kritisch betrachtet werden. So gibt es durchaus Studien, die ToM-Defizite

bei Menschen mit einer ADHD finden und Studien, die EF-Defizite bei Menschen mit

einer ASD finden.

Eine besondere Herausforderung stellt nun die Frage dar, wie das neuropsychologische

Profil der Kinder und Jugendlichen mit einer ASD+ aussieht. Dieser Frage widmet sich

die Studie zu dieser Dissertation.

Die Datenerhebung für die Studie zu dieser Dissertation fand im Rahmen des Projektes

„Cognitive development and related neurophysiological and -anatomical changes in

early childhood“ unter der Leitung von Prof. Dr. Josef Unterrainer und speziell in dem

Teilprojekt „Neuropsychiatric perspective: The development of executive functions in

Page 15: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Einleitung 15

children with ADHD and autism“ statt. Der Schwerpunkt in diesem Projekt lag bei der

Untersuchung der exekutiven Funktionen. Es wurden zusätzlich die Testungen zur The-

ory of Mind durchgeführt. Im Rahmen dieses Projektes lag der Fokus zudem auf einer

neurophysiologischen und einer neuroanatomischen Perspektive, die jedoch in der vor-

liegenden Arbeit nicht weiter beleuchtet werden. Das Ziel des übergeordneten Projektes

war die Zusammenführung von kognitiven, neurophysiologischen und neuroanatomi-

schen Ergebnissen der Planungsleistung bei Kindern und Jugendlichen zwischen 4 und

13 Jahren. Dafür wurden neuropsychologische Testverfahren sowie eine Magnetreso-

nanztomographie (MRT) und eine funktionelle Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS)

durchgeführt.

Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird der gegenwärtige Stand der Forschung in den Be-

reichen der Störungsbilder der Autismusspektrumstörung und der Aufmerksamkeitsde-

fizit- / Hyperaktivitätsstörung sowie der Komorbidität beider Diagnosen (ASD+) aufge-

zeigt. Anschließend folgen Einführungen in die Konzepte der Theory of Mind und exe-

kutive Funktionen mit einer ausführlichen Darstellung des Forschungsstandes dieser

neuropsychologischen Bereiche bei Menschen mit einer ASD, ADHD oder ASD+. Im

zweiten Kapitel wird der Stand der Forschung in diesen Bereichen zusammengefasst

und die Fragestellungen sowie Hypothesen dieser Studie abgeleitet. Im dritten Kapitel

geht es um die Darstellung der Methodik und der Durchführung dieser Studie. Es wer-

den die Teilnehmenden und die Messinstrumente der Studie sowie die statistische Aus-

wertung der Daten beschrieben. Das Studiendesign wird vorgestellt und die konkrete

Durchführung beschrieben. Kapitel 4 stellt die Ergebnisse der Untersuchung dar. Nach

Darstellung der deskriptiven Ergebnisse werden Gruppenvergleiche gerechnet. Schließ-

lich sind die korrelativen Zusammenhänge zwischen den abhängigen Variablen darge-

stellt. Im fünften Kapitel findet die Interpretation der Ergebnisse statt. Die Ergebnisse

werden in Zusammenhang mit der aktuellen Literatur gesetzt und kritisch beleuchtet.

Die Arbeit endet mit einem Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten sowie mög-

liche Einflüsse auf die klinische Praxis.

Page 16: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 16

1 Theoretischer Hintergrund

Im Folgenden werden die aktuell verfügbare Literatur und Forschungsergebnisse zum

Thema dieser Arbeit zusammengestellt und aufbereitet, sodass sich im nächsten Kapitel

die Fragestellungen ableiten lassen.

1.1 Die Störungsbilder

Einleitend ist eine Darstellung der Störungsbilder und vor allem ein Blick auf den aktu-

ellen Forschungsstand bei der Autismusspektrumstörung (ASD) und der Aufmerksam-

keitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHD) wichtig.

1.1.1 Autismusspektrumstörung (ASD)1

1.1.1.1 Definition und Klassifikation

In Band V (Psychische und Verhaltensstörungen) der „Internationalen Klassifikation

psychischer Störungen - ICD-10“ (Dilling, Mombour, & Schmidt, 2011) werden die

autistischen Störungen unter die tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (ICD-10: F84.x)

gefasst und beschrieben als Störungen in Folge von devianter, nicht nur verzögerter,

Entwicklung. In der Praxis wird hauptsächlich der frühkindliche Autismus vom Asper-

ger-Syndrom und vom atypischen Autismus unterschieden. Die folgende Übersicht

zeigt eine kategoriale Aufstellung der verschiedenen Diagnosen innerhalb der tiefgrei-

fenden Entwicklungsstörungen nach ICD-10.

F 84.0 Frühkindlicher Autismus

F 84.1 Atypischer Autismus

F 84.10 mit atypischem Erkrankungsalter

F 84.11 mit atypischer Symptomatologie

F 84.12 mit atypischem Erkrankungsalter und atypischer Symptomatologie

F 84.2 Rett-Syndrom

1 Ausschnitte dieses Abschnittes über die ASD finden sich mit ähnlichem Aufbau und teilweise ähnlichem Inhalt

in dem Therapiemanual unserer Arbeitsgruppe (Paschke-Müller, Biscaldi, Rauh, Fleischhaker, & Schulz, 2012) sowie

in der Diplomarbeit der Verfasserin (Müller, 2007). Das Kapitel wurde für diese Arbeit überarbeitet, aktualisiert und

an den Gesamtzusammenhang der Fragestellung angepasst.

Page 17: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 17

F 84.3 Sonstige desintegrative Störung des Kindesalters

F 84.4 Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien

F 84.5 Asperger-Syndrom

F 84.8 Sonstige tiefgreifende Entwicklungsstörungen

F 84.9 Nicht näher bezeichnete tiefgreifende Entwicklungsstörung

Von High-Functioning-Autismus sind Menschen betroffen, die die Kriterien eines früh-

kindlichen Autismus erfüllen, jedoch, je nach Definition, keine geistige Behinderung

haben (IQ ≥ 70) oder eine mindestens durchschnittliche Intelligenz aufweisen (IQ ≥ 85).

Nach dem „Diagnostischen und Statistischen Manual für Psychische Störungen - DSM-

IV-TR“ (Saß, Wittchen, Zaudig, & Houben, 2003) werden zwei Kategorien unterschie-

den:

299.00: Autistische Störung

299.80: Asperger-Syndrom

Der Atypische Autismus kommt im DSM-IV-TR als Diagnose nicht vor.

Bei den ASD wird in beiden Klassifikationssystemen von drei Symptomkomplexen aus-

gegangen, die sich in qualitativen Abweichungen von typischem Verhalten zeigen, je-

doch in ihrem Ausprägungsgrad variieren (Dilling et al., 2011).

Kennzeichnend für die „qualitativen Auffälligkeiten der wechselseitigen sozialen Inter-

aktion“ ist die Art und Weise, wie Menschen mit einer ASD Kontakt aufnehmen und

wie sie mit den verschiedenen Mitteln der Kommunikation umgehen. Hierunter fällt

beispielsweise ein auffälliges Kontaktverhalten durch inadäquaten Blickkontakt oder die

Schwierigkeiten, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen und Freundschaften zu

entwickeln, Trost zu spenden oder sich mit anderen Menschen zu freuen.

Der zweite Bereich betrifft die „qualitativen Auffälligkeiten der Kommunikation“.

Hiermit ist ein breites Spektrum von keiner oder nur unverständlicher Sprache bis hin

zu guten sprachlichen Mitteln kombiniert mit einem Mangel an sprachlichem Austausch

im Sinne einer informellen Konversation (Small-Talk) gemeint. Oftmals finden sich

zudem Beeinträchtigungen in der nonverbalen Kommunikation. Auch Phänomene wie

Echolalie oder Wortneubildungen gehören zu diesem Symptomkomplex.

Der dritte Bereich der „begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster, Inte-

ressen und Aktivitäten“ bezieht sich unter anderem auf Spezialinteressen oder rituali-

sierte Verhaltensmuster. Auch zwanghafte Symptome und motorische Manierismen

werden hier subsummiert.

Page 18: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 18

In neueren Forschungsarbeiten und auch mit Hinweis auf das in Vorbereitung befinden-

de DSM-5 wird die klassifikatorische Unterscheidung, die die ICD-10 (Dilling et al.,

2011) und DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) vorgeben, oftmals vernachlässigt. In diesem

Zusammenhang werden die verschiedenen autistischen Störungen nicht kategorial defi-

niert, als klar voneinander abgrenzbare Störungsbilder, sondern werden als Dimension

im Sinne eines Spektrums, den Autismusspektrumstörungen (ASD) verstanden. Die

bislang kategorial unterschiedenen Autismusformen werden als ineinander übergehende

Ausformungen eines Spektrums aufgefasst.

Im Rahmen der Erarbeitung des DSM-5 wird diskutiert, die verschiedenen Diagnosen

des ASD unter der Klassifikation „autistische Störung“ zusammenzufassen und zusätz-

lich eine Schweregradeinteilung von 1 bis 3 einzuführen. Des Weiteren sollen die bis-

lang getrennten Symptomkomplexe „Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion“ und

„Beeinträchtigungen der Kommunikation“ zusammengefasst werden (Freitag, 2012).

1.1.1.2 Prävalenz

In einer Studie aus dem Jahr 2001 wurde ein Vorkommen von Störungen aus dem autis-

tischen Spektrum von 62.6 : 10000 gefunden, wobei Jungen 3.5 mal so häufig betroffen

waren wie Mädchen (Chakrabarti & Fombonne, 2001).

Des Weiteren wurde eine Kohorte mit fast 0 000 Teilnehmern aus Kanada, die zwi-

schen 1987 und 1998 geboren sind, untersucht. Es wurden insgesamt 180 Kinder, wo-

von 83% männlich waren, gefunden, die die Kriterien für eine ASD erfüllten (Fombon-

ne, Zakarian, Bennett, Meng, & McLean-Heywood, 2006). Dies bedeutet, dass in dieser

Untersuchung ca. 65 von 10000 Teilnehmern die Diagnose einer ASD vorwiesen. Die

Kriterien für einen frühkindlichen Autismus wurden von 22 von 10000, die Kriterien für

das Asperger-Syndrom von 10 von 10000 und die Kriterien für einen atypischen Autis-

mus von 33 von 10000 Kindern erreicht.

In einer Kohortenstudie, in der fast 60000 Kinder zwischen 9 und 10 Jahren gescreent

und bei Auffälligkeiten ausführlich diagnostiziert wurden, zeigte sich eine Auftretens-

wahrscheinlichkeit für frühkindlichen Autismus von 38.9 von 10000 und für andere

ASD von 77.2 von 10000 Kindern, was auf eine Prävalenz von ca. 1% der Bevölkerung

hochgerechnet werden kann (Baird et al., 2006).

In einem Review zeigte sich, dass 1/3 bis 1/4 aller ASD-Diagnosen als Asperger-

Syndrom klassifiziert werden (Fombonne, 2009).

Wie die Studienlage zeigt, stieg die Prävalenz von Erkrankungen des autistischen Spekt-

rums in den letzten Jahrzehnten an. Gründe hierfür sind sicherlich auf der einen Seite

die verbesserten diagnostischen Bedingungen mit dem Vorhandensein von Diagnosein-

strumenten (Fombonne et al., 2006) sowie die Verfügbarkeit von Fördermöglichkeiten

(Freitag, 2012).

Page 19: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 19

1.1.1.3 Differentialdiagnose und Komorbidität

Differentialdiagnostisch gilt es andere tiefgreifende Entwicklungsstörungen, Deprivati-

on, Bindungsstörung, Mutismus, Schizophrenie und Verhaltensauffälligkeiten infolge

einer Intelligenzminderung abzugrenzen.

Wenige methodisch gut durchgeführte Studien gibt es auf dem Gebiet der Komorbidität

bei ASD. Eine populationsbasierte Studie mit Kindern und Jugendlichen zwischen 10

und 14 Jahren mit ASD zeigte, dass 70% der Kinder mit ASD mindestens eine komor-

bide psychische Erkrankung haben (Simonoff et al., 2008). Des Weiteren erfüllten 41%

die Kriterien für mindestens zwei komorbide psychische Störungen. Am häufigsten tra-

ten soziale Ängstlichkeit, ADHD und Störung des Sozialverhaltens auf mit jeweils ca.

30%. Ebenfalls erhöht war die Auftretenswahrscheinlichkeit für andere Angsterkran-

kungen, Zwangsstörungen, Enkopresis und Enuresis.

Eine weitere Studie ergibt eine hohe Komorbidität von ASD mit Zwangserkrankungen,

spezifischen Phobien und ADHD (Leyfer et al., 2006). Die Komorbiditäten wurden hier

anhand des „Autism Comorbidity Interview – Present and Lifetime Version“ (ACI-PL)

bei 109 Kindern zwischen 5 und 17 Jahren mit einer ASD untersucht.

1.1.1.4 Ätiologie

In neuropsychologischen Studien zu Autismus werden vor allem Störungen der Theory

of Mind (ToM), Störungen der exekutiven Funktionen (EF) sowie eine schwache zent-

rale Kohärenz als mögliche psychologische Korrelate autistischen Verhaltens erforscht.

So sei das Interesse von Menschen mit ASD an Details im Gegensatz zum Ganzen ein

Anzeichen der schwachen zentralen Kohärenz (Frith, 1989). Eine Arbeitsgruppe um

Baron-Cohen (Jolliffe & Baron-Cohen, 2001) konnte mit einer Puzzleaufgabe zeigen,

dass Menschen mit einer ASD in diesem Bereich Schwierigkeiten im Vergleich zu Ge-

sunden haben. Die schwache zentrale Kohärenz bei ASD soll jedoch nicht Gegenstand

dieser Arbeit sein. In den folgenden Kapiteln werden die Bereiche der ToM und EF

ausführlich beschrieben und untersucht.

Im neurophysiologischen und neuroanatomischen Bereich wird über die „Simulations-

theorie“ als Ausgangspunkt für viele Defizite bei Menschen mit ASD diskutiert. Das

Spiegelneuronensystem ist bei der Ausführung von Handlungen sowie bei der Beobach-

tung von Handlungen anderer aktiv. Bei der Imitation spielt es eine zentrale Rolle. Die

Theorie lautet, dass Menschen mit ASD unter einer Hypofunktion dieses Systems lei-

den, was bereits von einzelnen Studien bestätigt wurde (z.B. Dapretto et al., 2006). Es

ist gut vorstellbar, wie sich diese Hypofunktion auf Bereiche wie Sprache, ToM-

Fähigkeiten (z.B. Emotionserkennung) oder Motorik auswirkt. Auch die Rolle der

Amygdala, speziell im Rahmen der sozialen Defizite bei ASD, wird als Erklärungsan-

satz diskutiert (Baron-Cohen, Ring, et al., 1999). So konnte gezeigt werden, dass Patien-

Page 20: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 20

ten mit Amygdalaläsionen ähnliche Defizite in der sozialen Wahrnehmung, speziell

beim Erkennen von Emotionen anhand von Gesichtsausdrücken, zeigen, wie Menschen

mit ASD. Die „Dyskonnektionstheorie“ (Geschwind & Levitt, 2007) geht davon aus,

dass Assoziationsareale höherer Ordnung im Gehirn, die normalerweise mit dem Fron-

tallappen verbunden sind, sich im Laufe der Entwicklung eines Menschen mit ASD

nicht verbinden. Diese Theorie vereint Erkenntnisse aus der Forschung zu neurophysio-

logischen und neuroanatomischen Grundlagen sowie zu Umweltfaktoren und wird vie-

len Eigenarten des Störungsbildes, wie zum Beispiel seiner enormen Heterogenität ge-

recht. Als Ursache für die Defizite in dem Bereich der sozialen Kognition bei Menschen

mit ASD wird unter anderem eine frühe Schädigung der neuronalen Entwicklung ver-

mutet. Gestützt wird diese Vermutung durch strukturelle sowie funktionelle Verände-

rungen des Gehirns bei Menschen mit ASD, die in verschiedenen Studien nachgewiesen

werden konnten (Domes, Kumbier, Herpertz-Dahlmann, & Herpertz, 2008).

Die Genetik bei ASD ist ein gut erforschtes Feld, dessen Ergebnisse von einer geneti-

schen Heterogenität sprechen (Freitag, Staal, Klauck, Duketis, & Waltes, 2010). Die

Befunde in diesem Gebiet sind inkonsistent und Ergebnisse können oft nicht repliziert

werden. Es wird davon ausgegangen, dass bis zu 20 Gene bei der Verursachung von

ASD eine Rolle spielen (Remschmidt & Kamp-Becker, 2006). Sicher ist, dass es eine

große erbliche Komponente bei diesem Störungsbild gibt.

Betrachtet man die Gen-Umwelt–Interaktion zeigen sich Risikofaktoren, wie Infekti-

onskrankheiten der Mutter in der Schwangerschaft (Atladóttir et al., 2010), ein höheres

Alter des Vaters bei der Zeugung des Kindes (Hultman, Sandin, Levine, Lichtenstein, &

Reichenberg, 2011), Frühgeburtlichkeit (Pinto-Martin et al., 2011) sowie die Einnahme

von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (Croen, Grether, Yoshida, Odouli, & Hend-

rick, 2011) oder von Antiepileptika (Rasalam et al., 2005) während der Schwanger-

schaft, die aktuell in der Literatur diskutiert werden.

1.1.1.5 Diagnostik

Als Goldstandard in der Diagnostik wird aktuell die Verwendung der „Diagnostischen

Beobachtungsskala für Autistische Störungen - ADOS“ (Rühl, Bölte, Feineis-Matthews,

& Poustka, 2004) sowie des „Diagnostischen Interviews für Autismus – Revidiert -

ADI-R“ (Bölte, Rühl, Schmötzer, & Poustka, 2005) angesehen. Die ADOS besteht, je

nach alters- und entwicklungsabhängigem Modul, aus unterschiedlichen Aufgaben, Ak-

tivitäten und Interviewelementen und kann ab einem Alter von 2 Jahren eingesetzt wer-

den. Anhand von strukturierten Szenen werden vorgegebene Antwortalternativen zu

verschiedenen Verhaltensweisen vom Untersucher bewertet. Dieses Instrument zur

Verhaltensbeobachtung zeigt eine Sensitivität und Spezifität für das autistische Spekt-

rum im Vergleich zu anderen psychischen Erkrankungen von 80% bis 100% (Lord, Rut-

ter, DiLavore, & Risi, 2001). Das Elterninterview ADI-R befasst sich, anhand von 93

Page 21: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 21

vorformulierten Fragen und vorgegebenen Ratingkategorien für den Interviewer, mit

auffälligen Verhaltensweisen des betreffenden Patienten in der Entwicklungsperspekti-

ve. Es ist ebenfalls ab einem Alter von 2 Jahren einzusetzen. Die Evaluation ergab zu-

friedenstellende Ergebnisse (Poustka, Lisch, Rühl, & Sacher, 1996).

Da diese Diagnoseinstrumente in der Durchführung sehr zeitaufwendig sind, werden in

der Praxis meist Screeningfragebögen vorgeschaltet, um die Indikation der Goldstan-

darddiagnostik abzuklären.

Ein solcher Fragebogen ist der „Fragebogen zur Sozialen Kommunikation - FSK“ (Böl-

te & Poustka, 2006). Dieser Elternfragebogen zur Erfassung von abweichenden sozialen

Interaktions- und Kommunikationsmustern sowie zu stereotypem Verhalten ist ab ei-

nem Alter von 4 Jahren einzusetzen. Er orientiert sich an den diagnostischen Leitlinien

von ICD-10 (Dilling et al., 2011) und DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) und umfasst 40

Items. Der Summenwert dieses Fragebogens diskriminiere signifikant zwischen Men-

schen mit ASD und Menschen mit anderen psychischen Störungen oder ohne diese.

Die „Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom - MBAS“ (Kamp-Becker,

Mattejat, Wolf-Ostermann, & Remschmidt, 2005) ist ebenfalls ein Elternfragebogen,

der sich mit seinen 57 Items zum Ziel gesetzt hat, Menschen mit dem Asperger-

Syndrom oder High-Functioning-Autismus zu „screenen“. Ihre psychometrischen Werte

sind sehr gut bis zufriedenstellend (Bölte & Poustka, 2005).

Die Möglichkeit einer dimensionalen Diagnostik bietet die von Bölte und Poustka

(2007) ins Deutsche übersetzte „Skala zur Sozialen Reaktivität - SRS“. Dadurch eignet

sie sich besonders für die Evaluation von Therapien, zur Verlaufskontrolle, zum Einsatz

im Bereich der Forschung und zur Erfassung von komorbiden autistischen Symptomen

und Einschränkungen in der sozialen Reaktivität bei anderen Störungsbildern. Die El-

tern der 4- bis 18- jährigen Kinder und Jugendlichen müssen hierfür 65 Items beantwor-

ten, aus denen die fünf Subskalen „soziale Bewusstheit“, „soziale Kognition“, „soziale

Kommunikation“, „soziale Motivation“ und „autistische Manierismen“ errechnet wer-

den. Sie erreicht eine hohe Retestreliabilität (r = .72 bis r = .91), Interraterreliabilität (r

= .91) und interne Konsistenz (α = .91 bis α = .97) in der Normpopulation und den kli-

nischen Strichproben. Die konvergente Validität mit einigen der bereits genannten Ver-

fahren (ADOS, ADI-R, FSK) ist robust (r = .35 bis r = .58). Nach einer Normierung an

knapp 1 500 Kindern und Jugendlichen liegen nun T-Normen getrennt für Mädchen und

Jungen sowie „Autismusnormen“ zur Einstufung des Individuums im autistischen

Spektrum vor.

Ein Trend in der Forschung ist dahingehend zu beobachten, dass Instrumente zur Diag-

nosestellung speziell für Kleinkinder entwickelt werden (z.B. Kleinman et al., 2008).

Eine vollständige diagnostische Abklärung bezüglich einer ASD sollte zudem eine In-

telligenzdiagnostik, eine Hör- und Sehprüfung, eine neurologische Untersuchung mit

Page 22: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 22

einem EEG und etwaige bildgebende und chromosomale Untersuchungen beinhalten

(Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, 2003).

1.1.1.6 Therapie

Eine Intervention mit dem Ziel der Heilung von ASD gibt es bislang weder pharmako-

logisch noch anderweitig therapeutisch. Es gibt jedoch einige effektive Methoden um

autismusspezifische Verhaltensweisen zu lindern.

Zu den verhaltenstherapeutisch und übungsbasierten Verfahren zählt das TEACCH-

Programm (Treatment and Education of Autistic and related Communication handi-

capped Children), das von Eric Schopler in den sechziger Jahren entwickelt wurde

(Häußler, 2012). Es zielt darauf ab, Menschen mit einer ASD und jedem Funktionsni-

veau und Alter zu fördern und zu erziehen. Das Konzept basiert auf der sozial-

kognitiven Lerntheorie nach Bandura (Bandura, 1979) und greift die Besonderheiten der

Informationsverarbeitung von Menschen mit einer ASD auf. Die zentralen Methoden

sind die „Visualisierung“ sowie das „Structured Teaching“ bei dem eine räumliche und

zeitliche Strukturierung sowie eine Strukturierung der Aufgaben vorgenommen werden

und funktionale Routinen erlernt werden.

Die angewandte Verhaltensanalyse (Applied Behavior Analysis - ABA) ist eine Be-

handlungsform für Menschen mit ASD (Lovaas, 1981), die auf einem behavioristischen

Ansatz basiert. Vor allem das Konzept des operanten Konditionierens kommt zur An-

wendung. Erwünschtes Verhalten sowie dessen Vorformen werden sofort verstärkt. Die

zu lernenden Verhaltensweisen (z.B. sprachliche Fähigkeiten, prosoziales Verhalten)

werden dabei in Einzelschritte zerlegt. Das Konzept sieht eine 1:1 Betreuung des Pati-

enten für 40 Stunden pro Woche vor. Es gehört zu den am besten evaluierten Program-

men in diesem Bereich (z.B. Vismara & Rogers, 2010).

Soziale Kompetenztrainings sind Interventionen, die zunehmend in der Arbeit mit Kin-

dern und Jugendlichen mit ASD angewandt werden. Einige der sozialen Kompetenz-

trainings und andere Verfahren zum Training der ToM und des sozialen Verständnisses

werden nun im Folgenden beschrieben.

Das in der Freiburger Arbeitsgruppe entwickelte Therapiemanual „Theory-of-Mind-

Training bei Autismusspektrumstörungen – TOMTASS“ (Paschke-Müller, Biscaldi,

Rauh, Fleischhaker, & Schulz, 2012) eignet sich besonders für Kinder und Jugendliche

zwischen 7 und 18 Jahren mit einer ASD, die eine kognitive Leistungsfähigkeit im

leicht unterdurchschnittlichen bis leicht überdurchschnittlichen Bereich haben. Es wird

umgesetzt in 24 Gruppenstunden, drei Elternabenden sowie Vor- und Nachgesprächen

auf individueller Ebene. Das Training zeichnet sich durch autismusspezifische Grunds-

ätze aus. Nach der Motivationsstufe mit „Einfinden in die Gruppe“ und „Psychoeduka-

tion“ ist der zentrale Punkt der Basisstufe das gezielte Training der Theory of Mind-

Page 23: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 23

Fähigkeiten. Diese werden in drei Bereichen geübt. Es wird trainiert sich in Gedanken

und Gefühle des Gegenübers hineinzuversetzen sowie zu verstehen was jemand mit

seinen sprachlichen Aussagen meint, wenn er zum Beispiel Ironie benutzt. Anschlie-

ßend findet in der Aufbaustufe ein gezielter Transfer des Gelernten in den Alltag der

Teilnehmer in den Modulen „Kontaktaufnahme und Freundschaft“ und „Konflikte und

Kritik“ statt. Das Programm endet mit dem Modul „Körperübungen, Entspannung und

Stresstoleranz“. An einer großen Evaluationsstudie, die eine randomisiert zugewiesene

Wartelistenkontrollgruppe mit der Therapiegruppe in unterschiedlichen Outcome-

Maßen vergleicht, wird gerade gearbeitet. Eine erste Evaluation zeigte nach dem Trai-

ning in der „Skala zur Sozialen Reaktivität - SRS“ (Bölte & Poustka, 2007) ein signifi-

kant verringertes Ausmaß autistischer Symptomatik im Vergleich zu dem Zeitpunkt vor

dem Training. Die Ergebnisse der anderen verwendeten Fragebögen zeigten entweder

deskriptiv oder signifikant in die erwünschte Richtung. Die Analyse von Videosequen-

zen des Trainings durch einen „blinden“ Rater zeigte eine signifikante Zunahme von

einigen sozialen Verhaltensweisen wie zum Beispiel „Humor/ Lockerheit“ oder „Ver-

ständlichkeit der Sprache“.

Das soziale Kompetenztraining SOKO-Autismus (Häußler, Happel, Tuckermann, Alt-

gassen, & Adl-Amini, 2008) ist ein Gruppentraining für Kinder und Erwachsene mit

ASD. Es ist nicht an ein bestimmtes sprachliches oder kognitives Niveau seiner Teil-

nehmer gebunden. Das Programm orientiert sich inhaltlich und methodisch an dem

Vorgehen des TEACCH-Konzeptes (Häußler, 2012). Eine Evaluationsstudie ist zum

jetzigen Zeitpunkt nicht durchgeführt worden.

Das „Frankfurter Kommunikations- und soziales Interaktions-Gruppentraining bei Au-

tismus-Spektrum-Störungen – KONTAKT“ (Poustka, Bölte, & Herbrecht, 2007) ist für

Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 19 Jahren ohne geistige Behinderung geeignet

und wird ebenfalls im Gruppensetting durchgeführt. Die Evaluation zeigt keinen zufrie-

denstellenden Transfer in den Alltag der Teilnehmer (Herbrecht et al., 2009). Eine mul-

tizentrische Evaluationsstudie wird aktuell durchgeführt.

Das Trainingsprogramm für Jugendliche mit ASD „Kompetenztraining für Jugendliche

mit Autismus-Spektrum-Störungen – KOMPASS“ (Jenny, Goetschel, Isenschmid, &

Steinhausen, 2011) zielt auf die Arbeit im Gruppen- oder Einzelsetting und basiert auf

der personzentrierten und ressourcenorientierten Therapie. Erste Evaluationsergebnisse

zeigen einen Abbau der autistischen Symptomatik und einen Zuwachs an sozialen

Kompetenzen mit einem Transfer in den Alltag der Teilnehmer.

Eine ergänzende Maßnahme, die in eine ganzheitliche Förderung integriert werden

kann, ist der „Frankfurter Test und Training des Erkennens von fazialem Affekt –

FEFA“ (Bölte et al., 2002). Dies ist ein Computerprogramm zum Training der Emoti-

onserkennung des mimischen Ausdrucks. Die Gruppe der Probanden mit einer ASD, die

Page 24: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 24

dieses Training erhielt, verbesserte sich in dem dazugehörigen Test signifikant gegen-

über der Gruppe, die es nicht erhielt.

Durch „Social Stories“ (Greenway, 2000) sollen Menschen mit einer ASD in ihrem pro-

sozialen Verhalten gefördert werden. Die Wirksamkeit wurde bereits in einigen Studien

bestätigt (Karkhaneh et al., 2010).

Im Rahmen der Frühförderung gibt es beispielsweise das „Early Start Denver Modell“

(Rogers & Dawson, 2010). Es ist für Kinder ab 18 Monaten mit ASD geeignet und um-

fasst 20 Therapiestunden sowie fünf Elterntrainingsstunden pro Woche über einen Zeit-

raum von 2 Jahren. Es zeigen sich positive Effekte auf die Intelligenz, die Sprache so-

wie auf das adaptive Verhalten (Dawson et al., 2010).

Es gibt bislang keine Medikamente, die die Kernsymptome von Autismus behandeln

können. Es ist jedoch möglich, eine Besserung komorbider Erkrankungen und beglei-

tender Symptome pharmakologisch herbeizuführen. Eine umfassende Übersicht hierzu

gibt Freitag in ihrem Buch „Autismus-Spektrum-Störungen“ (Freitag, 2008), weswegen

hier nur einige, wenige Beispiele aufgeführt werden. Das Medikament Risperidon wirkt

bei aggressivem und stereotypem Verhalten (z.B. Arnold et al., 2003), sowie bei

Zwangssymptomen (McDougle et al., 2005). Wie später noch ausführlicher berichtet

wird, leiden Menschen mit ASD häufig zusätzlich unter Aufmerksamkeitsproblemen

und Hyperaktivität. Der Wirkstoff Methylphenidat zeigt in einer niedrigen Dosierung in

diesen Fällen Wirkung (Posey et al., 2007).

1.1.2 Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHD)

1.1.2.1 Definition und Klassifikation

Ebenfalls im Kapitel V des ICD-10 (Dilling et al., 2011) wird das Bild der hyperkineti-

schen Störung beziehungsweise der einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung

in dem Abschnitt „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der frühen

Kindheit“ beschrieben. Die hyperkinetischen Störungen werden hierbei unter dem ICD-

10-Code F90 zusammengefasst, wobei folgende Subtypen unterschieden werden:

F 90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung

F 90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens

F 90.8 Sonstige hyperkinetische Störungen

F 90.9 Nicht näher bezeichnete hyperkinetische Störung

Page 25: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 25

Im ICD-10 (Dilling et al., 2011) meint die Diagnose der hyperkinetischen Störung des

Sozialverhaltens das gleichzeitige Vorliegen einer hyperkinetischen Störung sowie das

Vorliegen einer Störung des Sozialverhaltens.

Im DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) wird der Begriff der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hy-

peraktivitätsstörung gebraucht. Es sind drei Subtypen spezifiziert. Es gibt den Mischtyp,

bei dem sowohl die Kriterien einer Aufmerksamkeitsstörung als auch die der Hyperak-

tivität / Impulsivität erfüllt sind. Als vorherrschend unaufmerksamer Typ werden Men-

schen bezeichnet, bei denen vor allem eine Aufmerksamkeitsstörung vorliegt. Men-

schen mit dem vorherrschend hyperaktiv-impulsiven Typ zeigen vor allem hyperaktive

und impulsive Verhaltensweisen und die Aufmerksamkeitsstörung ist nicht oder nicht

hinreichend stark ausgeprägt.

In beiden Klassifikationssystemen wird dabei von drei Symptomkomplexen ausgegan-

gen, die für die Diagnose einer ADHD erfüllt sein müssen.

Mit beeinträchtigter Aufmerksamkeit sind vor allem zwei Bereiche gemeint (Döpfner,

Schürmann, & Frölich, 2007). Auf der einen Seite ist die selektive Aufmerksamkeit

beeinträchtigt, was dazu führt, dass es den Betroffenen schwer fällt oder nicht möglich

macht, ihre Aufmerksamkeit auf relevante Reize zu lenken und irrelevante Reize zu

ignorieren. Dies führt zu einer erhöhten Ablenkbarkeit. Der zweite Bereich, der im

Rahmen des Aufmerksamkeitsproblems beeinträchtigt ist, ist die Daueraufmerksamkeit.

So brechen viele Menschen mit ADHD beispielsweise Aufgaben vorzeitig ab, verlieren

Gegenstände, sind vergesslich und machen Flüchtigkeitsfehler.

Die erhöhte Impulsivität zeigt sich in kognitiver Impulsivität, was bedeutet, dass die

Betroffenen ihrem ersten Handlungsimpuls folgen, ohne dies genügend zu durchdenken

und in motivationaler Impulsivität, was die Schwierigkeit meint, die eigenen Bedürfnis-

se aufzuschieben und abzuwarten (Döpfner, Schürmann, et al., 2007). Dies äußert sich

beispielsweise in Ungeduld, Herausplatzen mit Antworten, ständigem Reden, Stören im

Unterricht und in häufigen Unfällen.

Die Hyperaktivität bezeichnet eine von innen und außen (soziale Umgebung) schwer zu

regulierende überschießende motorische Aktivität. Sie äußert sich zum Beispiel durch

Herumzappeln, ständigem Unterwegssein und Schwierigkeiten auf einem Stuhl sitzen

zu bleiben

Zusätzliche Symptome sind häufig eine mangelnde Regelakzeptanz, emotionale Instabi-

lität, geringe Frustrationstoleranz, Wutanfälle, aggressive Verhaltensweisen und ein

wenig strukturiertes Ordnungsverhalten (Döpfner, Schürmann, et al., 2007).

Die Symptome müssen nach den Diagnoserichtlinien mindestens 6 Monate lang vorlie-

gen und vor dem Alter von 7 Jahren erstmalig aufgetreten sein. Per Definition entspre-

chen diese Verhaltensweisen nicht dem Alter und Entwicklungsstand und führen zu

Page 26: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 26

Störungen in den sozialen Bezugssystemen, der Wahrnehmung und im Leistungsbereich

von Schule und Beruf (Dilling et al., 2011).

1.1.2.2 Prävalenz

Döpfner und seine Arbeitsgruppe beschreiben in ihrem Leitfaden (Döpfner, Frölich, &

Lehmkuhl, 2000) eine Prävalenz bei 4 bis 16 Jahre alten Kindern und Jugendlichen von

3-6%. Nach der Ontaria- Studie sind ca. 9% der Jungen und ca. 3% der Mädchen betrof-

fen. Die Prävalenzangaben variieren je nach Klassifikationssystem, das der jeweiligen

Studie zugrunde liegt. Es wird von einer Jungen-Mädchen-Relation von 2:1 bis 10:1

ausgegangen. In Feldstichproben sind 3-mal so häufig, in Klinikstichproben 6-mal so

häufig Jungen im Vergleich zu Mädchen vertreten. Dies mag damit zusammenhängen,

dass Mädchen mit ADHD seltener eine komorbide aggressive Symptomatik haben

(Döpfner, Schürmann, et al., 2007).

1.1.2.3 Differentialdiagnose und Komorbidität

Differentialdiagnostisch gilt es nach Döpfner (Döpfner, Frölich, & Lehmkuhl, 2007)

altersgemäße Verhaltensweisen bei aktiven Kindern, hyperkinetische Symptome bei

schulischer Unter- oder Überforderung, hyperkinetische Symptome bei Intelligenzmin-

derung oder als Folge chaotischer psychosozialer Bedingungen sowie oppositionelle

Verhaltensweisen und psychomotorische Erregung und Konzentrationsstörungen bei

affektiven Störungen und Angststörungen abzugrenzen.

30-50% der Menschen mit ADHD erfüllen zudem die diagnostischen Kriterien für eine

oppositionelle Verhaltensstörung, 20-30% leiden an einer Teilleistungsschwäche, 20%

an einer Angststörung, 15% an einer depressiven Erkrankung und 10-20% haben zusätz-

lich eine Tic-Störung. Eine Studie, die sich speziell mit der Komorbidität zwischen

ADHD und der Störung des Sozialverhaltens beschäftigt, zeigte eine mehr als 20fach

erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein komorbides Auftreten beider Störungsbilder (Witt-

höft, Koglin, & Petermann, 2010).

1.1.2.4 Ätiologie

Betrachtet man die Ursachenforschung des Störungsbildes, zeigt sich, dass von einer

multifaktoriellen Genese der ADHD ausgegangen werden kann.

Im neuropsychologischen Bereich werden Störungen in den exekutiven Funktionen eine

wichtige Rolle bei der Entwicklung eines ADHD zugeschrieben. Exekutive Funktionen

sind eine Gruppe von Funktionen, die nötig sind, um flexibel und zukunftsorientiert zu

handeln (Pennington & Ozonoff, 1996). Eine genauere Darstellung des Konstrukts fin-

det sich in Kapitel Exekutive Funktionen (EF). Nach Barkley (1997) führt die mangeln-

de Selbstregulation der Patienten und die mangelnde Inhibitionsfähigkeit zu Störungen

weiterer exekutiver Funktionen im Bereich des Arbeitsgedächtnisses, im Bereich der

Page 27: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 27

Regulation von Affekten, Motivation und Aufmerksamkeit, bei der Automation von

Sprache und bei der Entwicklung von Handlungssequenzen. Auch Tannock (1998) sieht

bezüglich der Pathogenese die Defizite in der Antwortinhibition als zugrundeliegenden

Faktor der ADHD-Symptome.

Im neurochemischen Bereich zeigen sich uneinheitliche Ergebnisse bezüglich Auffäl-

ligkeiten in Neurotransmittersystemen. Es wird am ehesten von einer Inbalance mehre-

rer Systeme ausgegangen (Zametkin & Rapoport, 1987). Aktuell steht vor allem das

dopaminerge System im Mittelpunkt der Forschung.

Als einer der zentralen ätiologischen Faktoren ist die Genetik anzusehen. Studien zei-

gen, dass 56%-98% der Varianz hyperkinetischer Störungen auf genetische Faktoren

zurückzuführen sind, wobei vor allem Gene, die mit dem Dopaminhaushalt in Verbin-

dung stehen, betroffen sind (Tannock, 1998).

Auch psychosoziale Bedingungen spielen bei der Pathogenese von ADHD eine Rolle.

Deutliche Ergebnisse ergaben Längsschnittstudien, die zeigen konnten, dass die Eltern-

Kind-Beziehung die weitere Entwicklung des betroffenen Kindes beeinflussen kann.

Durch die Entwicklung negativer Interaktionen zwischen Eltern und Kind kann sich die

Symptomatik verschlimmern und chronifizieren sowie eine komorbide oppositionelle

Verhaltensstörung entstehen (Barkley, Fischer, Edelbrock, & Smallish, 1991).

1.1.2.5 Diagnostik

Die Diagnostik der ADHD beginnt meist mit einem Basisverfahren. Die CBCL 4--18

(Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist, 1998) ist das in der internationalen

Forschung am meisten angewandte Instrument zur Erfassung von Verhaltensauffällig-

keiten bei Kindern und Jugendlichen. Dieser Elternfragebogen erfasst Kompetenzen

(Aktivität, soziale Kompetenz und Schule) und psychische Auffälligkeiten (Sozialer

Rückzug, Körperliche Beschwerden, Angst/Depressivität, Soziale Probleme, Schi-

zoid/Zwanghaft, Aufmerksamkeitsstörung, Delinquentes Verhalten, Aggressives Ver-

halten) von Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 18 Jahren. Die Syndromskalen

können den externalisierenden, den internalisierenden und den gemischten Störungen

zugeordnet werden, wobei die Aufmerksamkeitsstörung zu den gemischten Störungen

zählt. Es fand eine umfassende Normierung an über 2000 Kindern statt. Die Validität

und die Reliabilität der Problemskalen sind auch für deutsche Stichproben zufriedenstel-

lend.

Im Rahmen der störungsspezifischen Diagnostik werden im deutschen Sprachraum häu-

fig die Diagnosechecklisten sowie Fragebögen des „Diagnostik-System für psychische

Störungen nach ICD-10 und DSM-IV-TR für Kinder und Jugendliche-II – DISYPS“

(Döpfner, Görtz-Dorten, Lehmkuhl, Breuer, & Goletz, 2008) angewandt. Der Fremdbe-

urteilungsbogen (Eltern und/oder Lehrer) FBB-ADHS besteht aus 20 Items, welche die

Page 28: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 28

Diagnosekriterien für hyperkinetische Störungen erfassen. Der Bogen kann kategorial

oder dimensional ausgewertet werden, wobei die kategoriale Auswertung Hinweise auf

eine Diagnose nach ICD-10 (Dilling et al., 2011) oder DSM-IV-TR (Saß et al., 2003)

gibt. Er eignet sich besonders gut für Verlaufskontrollen. Eine Normierung liegt vor. Es

existiert auch ein Selbstbeurteilungsbogen (SBB-ADHS), der von Kindern ab 10 Jahren

ausgefüllt werden kann.

Eine genaue Exploration von Eltern und Lehrer ist zur Diagnosestellung unverzichtbar.

Die oben dargestellten Fragebögen können hilfreich sein, reichen jedoch zur Diagnose-

stellung nicht aus. Diese sollte aufgrund des klinischen Gesamturteils zum Beispiel an-

hand der „Diagnose-Checkliste für Hyperkinetische Störungen“ aus dem DISYPS

(Döpfner et al., 2008) erfolgen. Apparative/videogestützte Diagnostik von ADHD-

Symptomen kann ergänzend hilfreich sein.

Eine Intelligenz-, Entwicklungs- und Teilleistungsdiagnostik ist meist vonnöten. Eine

internistische/neurologische Untersuchung kann eine zugrundeliegende körperliche Er-

krankung ausschließen.

1.1.2.6 Therapie

Bei ADHD wird von einem chronischen Verlauf mit begrenzten Heilungschancen aus-

gegangen (Döpfner, Schürmann, et al., 2007). In der Therapie steht deshalb die Symp-

tomminderung im Vordergrund. Es wird zwischen kindzentrierten, familienzentrierten

und kindergarten-/schulzentrierten Verfahren unterschieden, die oftmals multimodal

miteinander kombiniert werden.

Zu den kindzentrierten Verfahren zählt unter anderem die pharmakologische Interventi-

on. Bei schwerwiegender Beeinträchtigung im Leistungs- und psychosozialen Bereich,

Leidensdruck bei Kindern und Eltern und der damit einhergehender Gefahr für die wei-

tere Entwicklung des Kindes ist eine medikamentöse Therapie mit Stimulanzien (Me-

thylphenidat oder Amphetamin) oder Atomoxetin indiziert. Die Wirksamkeit der Thera-

pie mit Stimulantien ist am besten belegt (Döpfner, Frölich, et al., 2007). 70%-90% der

Kinder profitieren davon. Das Selbstinstruktionstraining soll den Kindern helfen, Auf-

gaben besser lösen zu können, indem anhand von Signalkarten einzelne Problemlöse-

schritte verdeutlicht werden. Das Manual „Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kin-

dern“ (Lauth & Schlottke, 2009) ist ein Beispiel dafür. Eine Kombination dieser Selbst-

instruktionstechniken mit Methoden der operanten Verstärkung ist in den Selbstma-

nagement-Methoden verwirklicht. Das Kind soll dabei lernen seine Verhaltensprobleme

selbst zu bemerken und zu korrigieren beziehungsweise eine adäquate Technik einzu-

setzen. Im Rahmen der Kölner multimodalen Therapiestudie bei Kindern mit hyperkine-

tischen Störungen (Frölich et al. 2002) konnte mit dieser Technik die hyperkinetische

Symptomatik der Patienten verringert werden. Intensivtherapeutische Ansätze werden

Page 29: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 29

seit einigen Jahren kontrovers diskutiert. Das ADHS-Summercamp zeigte eine gute

Wirksamkeit (Gerber-von Müller et al., 2009).

Im Rahmen der familienzentrierten Ansätze sollte eine ausführliche Psychoedukation

aller Familienmitglieder stattfinden. Das Arbeiten mittels eines Kontingenzmanage-

ments, zum Beispiel in Form von Punkteplänen mit Verstärkern für erwünschtes Ver-

halten, hat sich bewährt (Döpfner, Schürmann, et al., 2007). Positive Effekte von Eltern-

trainings konnten mehrere Studien belegen (z.B. Sonuga-Barke, Daley, Thompson, La-

ver-Bradbury, & Weeks, 2001).

Kindergarten- und schulzentrierte Ansätze arbeiten ebenfalls oft mit Methoden der ope-

ranten Verstärkung, wie zum Beispiel Tokensystemen (Döpfner, Schürmann, et al.,

2007).

In den meisten Studien verbessert sich das Ergebnis durch eine Kombination der ge-

nannten Methoden und Techniken (P. S. Jensen et al., 2001). Nicht immer ist eine mul-

timodale Therapie aber dem Einsatz einer einzelnen Interventionsform überlegen (Ia-

longo, Horn, Pascoe, & Greenberg, 1993). Ein Beispiel für ein multimodales Thera-

pieprogramm ist das „Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und opposi-

tionellem Problemverhalten“ (Döpfner, Schürmann, et al., 2007).

1.1.3 Autismusspektrumstörung mit komorbider Aufmerksamkeitsdefizit-

/ Hyperaktivitätsstörung (ASD+)

Das Störungsbild der ADHD und das der ASD zeigen einige gemeinsame kognitive und

behaviorale Auffälligkeiten, unter anderem Schwierigkeiten bei der Verhaltensregulati-

on, Defizite in exekutiven Funktionen, Schwierigkeiten in der motorischen Koordinati-

on und Schwierigkeiten im Sozialverhalten und im Umgang mit Gleichaltrigen (Soorya

& Halpern, 2009).

Gemäß ICD-10 (Dilling et al., 2011) gehört die Diagnose des Autismus zu den Aus-

schlusskriterien für ADHD. Das DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) hält dies etwas differen-

zierter und schreibt, dass die Symptome nicht ausschließlich im Verlauf einer tiefgrei-

fenden Entwicklungsstörung auftreten dürfen. In der Praxis erfüllen Betroffene jedoch

häufig die Kriterien für beide Störungsbilder.

Im Jahr 2001 wurde dieses Thema erstmalig in einer Studie aufgegriffen (Frazier et al.,

2001). Bei Patienten mit ASD- (N = 10), Patienten mit ADHD (N = 105) und Patienten

mit ASD+ (N = 50) wurde ein diagnostisches Interview durchgeführt. Anzumerken ist,

dass in dieser Studie die Gruppe der Kinder mit ASD+ nicht zwangsläufig die Diagno-

sekriterien von beiden Störungen erfüllen. Es handelt sich hier um Patienten, die die

Diagnose einer ASD haben und zusätzlich ADHD-typische Symptome zeigten. Werden

die Symptomkomplexe (soziale Kommunikation und Interaktion, repetitive und stereo-

type Verhaltensweisen) betrachtet, zeigt sich, dass die Patienten mit ASD- und ASD+

Page 30: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 30

ein ähnliches Profil zeigen und sich darin und in der Anzahl der autismustypischen

Symptome signifikant von den Patienten mit ADHD unterscheiden. Bezüglich der An-

zahl der autistischen Symptome gab es zwischen den Gruppen der ASD- und ASD+

keine Unterschiede. Das gleiche Bild zeigte sich auch umgekehrt. Patienten mit ADHD

und ASD+ zeigten ein vergleichbares Profil der Symptomkomplexe der ADHD (Un-

aufmerksamkeit, Hyperaktivität, Impulsivität) und unterschieden sich darin signifikant

von der Gruppe der ASD-. Auch die Anzahl der ADHD-typischen Symptome unter-

schied sich nicht zwischen den Gruppen der ASD+ und ADHD. Die Autoren schluss-

folgern aus den Ergebnissen, dass ADHD als Komorbidität bei der Diagnose ASD Ein-

gang finden sollte. Zu kritisieren bei dieser Studie sind die stark unterschiedlich großen

Stichproben, die verglichen werden.

Neuere Studien zeigen, dass beispielsweise 65% der Kinder und Erwachsenen mit dem

Asperger-Syndrom oder High-Functioning-Autismus über dem klinisch bedeutsamen

Grenzwert in der Skala der Aufmerksamkeitsprobleme des CBCL/ 4--18 (Arbeitsgruppe

Deutsche Child Behavior Checklist, 1998) lagen (Holtmann, Bölte, & Poustka, 2005).

In einem Review konnten bei der Mehrheit der Menschen mit der Diagnose einer ASD,

Symptome festgestellt werden, die die komorbide Diagnose einer ADHD gerechtfertigt

hätten (Goldstein & Schwebach, 2004). Eine weitere Arbeitsgruppe fand bei 85% der

Patienten mit dem Asperger-Syndrom oder mit atypischem Autismus und bei 58% der

Patienten mit High-Functioning-Autismus ADHD-Symptome (Yoshida & Uchiyama,

2004). Die Arbeitsgruppe leitet daraus ab, dass bei ASD- und ASD+ dringend von un-

terschiedlichen Störungen gesprochen werden sollte, um sie effektiv therapieren zu

können. Eine Studie zu Komorbiditäten bei ASD zeigte, dass 70% der Menschen mit

ASD mindestens eine komorbide psychische Erkrankung haben (Simonoff et al., 2008).

Am häufigsten treten Angsterkrankungen, ADHD und Störung des Sozialverhaltens auf

mit jeweils ca. 30%. Bei Sinzig und Kollegen erfüllten 52% der Kinder und Jugendli-

chen mit ASD zusätzlich die Kriterien für die Diagnose einer ADHD (Sinzig, Morsch,

& Lehmkuhl, 2008).

Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass Menschen, die die Kriterien für beide Diag-

nosen erfüllen (ASD+) eine gravierendere allgemeine Psychopathologie im externalisie-

renden wie internalisierenden Bereich zeigen als Menschen, die nur die Diagnosekrite-

rien für eine ASD erfüllen (ASD-) (Holtmann, Bölte, & Poustka, 2007). Zudem errei-

chen die Patienten mit ASD+ einen signifikant höheren Wert auf der Skala „Beeinträch-

tigungen in der sozialen Interaktion“ im ADI-R (Bölte et al., 2005), einem diagnosti-

schen Interview für ASD, als Patienten mit ASD- (Holtmann et al., 2007). Gadow und

Kollegen untersuchten ADHD-Subtypen bei Menschen mit ASD und verglichen sie mit

einer klinischen Vergleichsstichprobe (Gadow, DeVincent, & Pomeroy, 2006). Seine

Ergebnisse zeigen, dass Menschen mit ASD+ sich von Menschen mit ASD- im Schwe-

regrad der psychiatrischen Komorbiditäten sowie im Schweregrad der ASD-Symptome

Page 31: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 31

sowie in der Medikation unterscheiden. Er sah die Notwendigkeit der Unterteilung in

Subtypen, da zum Beispiel der Mischtyp am stärksten beeinträchtigt ist. Menschen mit

ASD und dem vorherrschend unaufmerksamen Subtyp zeigen beispielsweise im Durch-

schnitt mehr soziale und Sprachprobleme. Insgesamt zeigen Menschen mit ASD+ mehr

aggressive und oppositionelle Verhaltensweisen. In einer weiteren Studie berichteten

Eltern von Kindern mit ASD und zusätzlich ADHD-spezifischen Verhaltensweisen in

einem Interview mehr autismustypische Verhaltensweisen als Eltern von Kindern mit

ASD ohne ADHD-Verhaltensweisen (Ames & White, 2011). Fitzgerald und Kewley

(2005) konnten beobachten, dass bei Patienten, die die Kriterien für das Asperger-

Syndrom sowie auch für eine ADHD erfüllten, selbst die autistischen Symptome unter

der Medikation, die aufgrund der hyperkinetischen Störung verabreicht wurde, zurück-

gingen. Eine Studie, die anhand des DISYPS (Döpfner et al., 2008) eine genaue Be-

trachtung der ADHD-Symptome bei ASD vornimmt (Sinzig, Walter, & Döpfner, 2009)

findet bei 53% der Patienten mit ASD ein komorbid vorliegendes ADHD. Es zeigt sich,

dass die Patienten ohne ADHD (ASD-) im Schnitt signifikant älter und intelligenter

sind als die Kinder mit ASD+. Hyperaktivität korreliert in der Untersuchung mit

Schwierigkeiten in der Kommunikation und Unaufmerksamkeit mit stereotypem Ver-

halten.

In ihrem Artikel stellen Sinzig und Lehmkuhl (2011a) drei Voraussetzungen auf, unter

denen sie es für gerechtfertigt halten, dass die ADHD eine Komorbidität von der ASD

darstellen kann und die Kombination ASD+ einen eigenen Phänotyp abbildet. Die erste

Voraussetzung gibt vor, dass ADHD-Symptome bei Menschen mit einer ASD in der

Verteilung und Kombination in ähnlicher Zuordnung wie bei der Diagnose der ADHD

vorkommen müssen. Diese Voraussetzung gilt als belegt, da Studien eine ähnliche Ver-

teilung der ADHD-Subtypen (Gadow et al., 2006) sowie eine ähnliche Faktorenstruktur

der Symptome wie in Studien mit ADHD-Stichproben fanden (Sinzig et al., 2009). Die

zweite Voraussetzung postuliert, dass ADHD-Symptome bei Menschen mit ASD ähnli-

che Entwicklungsverläufe wie bei Menschen mit ADHD aufweisen müssen. Des Weite-

ren sollten die ADHD-Symptome zeitstabil sein. Hier ist die Datenlage, vor allem was

Längsschnittstudien angeht, noch sehr dünn. In einer retrospektiven Studie konnte ge-

zeigt werden, dass Probanden mit ASD, die schon früh zusätzlich unter ADHD-

Symptomen litten, diese auch als Erwachsene noch zeigten (Sinzig & Lehmkuhl,

2011a). Die dritte Voraussetzung appelliert, dass in Studiendesigns, die die Gruppen der

ASD-, ASD+ und ADHD miteinander vergleichen, klare Unterscheidungsmerkmale für

die einzelnen Gruppen definiert sein müssen.

Aber auch autistische Symptome bei Menschen mit einer ADHD wurden schon verein-

zelt untersucht. In einer Studie wurden bei über 800 Probanden mit einer ADHD autist i-

sche Symptome erhoben (Mulligan et al., 2009). Es zeigte sich, dass die Ausprägung

der autistischen Symptome bei den Probanden mit einer ADHD höher war als bei den

Page 32: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 32

Kontrollgruppen. In einer weiteren Studie war der durchschnittliche Wert in der „Skala

zur Sozialen Reaktivität -SRS“ (Bölte & Poustka, 2007), ein Inventar zur Erfassung der

autistischen Symptomatik, bei Probanden mit vorherrschend unaufmerksamem sowie

beim gemischtem Subtyp einer ADHD signifikant höher als für Probanden ohne

ADHD-Diagnose (Reiersen, Constantino, Volk, & Todd, 2007). Bei einer weiteren Stu-

die (Clark, Feehan, Tinline, & Vostanis, 1999) berichteten 65-80% der Eltern von Kin-

dern mit einer ADHD mittels eines Autismus-Fragebogens von Schwierigkeiten in der

sozialen Interaktion und Kommunikation ihrer Kinder.

Insgesamt konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass trotz des Ausschlusses der

Klassifikationssysteme, mehr als die Hälfte der Menschen mit einer ASD eine klinisch

relevante zusätzliche ADHD-Symptomatik zeigen. Diese Menschen sind in einigen Be-

reichen schwerer beeinträchtigt und zeigen eine größere Psychopathologie. Trotz dieser

Ergebnisse besteht weiterhin nach Klassifikation mit der ICD-10 (Dilling et al., 2011)

keine Möglichkeit die Diagnosen komorbid zu vergeben. Leider gibt es bis heute keine

spezifischen Therapieansätze für Menschen mit einer ASD+. Weiterhin wird die tat-

sächliche Komorbidität der beiden Störungsbilder in vielen wissenschaftlichen Studien

bis heute ignoriert, sodass ASD-Patientengruppen mit ADHD-Patientengruppen vergli-

chen werden, ohne dass berücksichtigt wird, dass wahrscheinlich mehr als die Hälfte der

Probanden mit der ASD die Kriterien für beide Diagnosen erfüllt. Dieses Thema wird in

den Unterkapiteln ToM bei der ASD+ und EF bei der ASD+ weiter vertieft.

1.2 Neuropsychologische Erklärungsmodelle

Beeinträchtigungen im neuropsychologischen Bereich, vor allem in der Theory of Mind

(ToM)- Fähigkeit sowie in dem Bereich der exekutiven Funktionen (EF), treten sowohl

bei Menschen mit einer ASD sowie bei Menschen mit einer ADHD auf. Des Weiteren

stellt dies ein wichtiger Überschneidungsbereich zwischen beiden Störungsbildern dar,

der im Folgenden genauer beleuchtet werden soll.

1.2.1 Theory of Mind (ToM)

1.2.1.1 Definition

Unter der ToM wird die Fähigkeit verstanden, sich selbst und seinem Gegenüber ein

Innenleben beziehungsweise mentale Zustände (z.B. Emotionen, Gedanken, Absichten)

zuzugestehen, diese mentalen Zustände zu erfassen und die damit verbundenen Infor-

mationen zu nutzen (Premack & Woodruff, 1978). Diese Fähigkeit umfasst einerseits

explizite und implizite Anteile. Mit expliziter ToM ist das bewusste und über kognitive

Prozesse gesteuerte Verständnis von beispielsweise Gedanken des Gegenübers gemeint

(z.B. das Verständnis für falsche Überzeugungen). Mit impliziter ToM sind Prozesse

Page 33: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 33

gemeint, die intuitiv ablaufen und nur schwer verbalisiert werden können (z.B. das Er-

kennen des emotionalen Ausdrucks in Gesichtern). Synonym für den Ausdruck der

ToM wird oft von sozialer Kognition gesprochen.

1.2.1.2 ToM bei der ASD2

Die ToM spielt bei mindestens zwei der drei Symptomkomplexe von ASD (qualitative

Auffälligkeiten der wechselseitigen sozialen Interaktion; qualitative Auffälligkeiten der

Kommunikation) eine wichtige Rolle, da sie notwendig für die ungestörte Entwicklung

dieser Bereiche ist und somit eine Grundvoraussetzung für eine sozial adäquate Interak-

tion und Kommunikation darstellt. Menschen mit einer ASD zeigen mitunter Auffällig-

keiten in ihren ToM-Fähigkeiten, wie die folgenden Studien belegen. Die ToM-

Fähigkeiten entwickeln sich verzögert und befinden sich dann auf einem Entwicklungs-

niveau, wie es von jüngeren typisch entwickelten Menschen erwartet werden würde.

Das ToM-Konzept wurde in Zusammenhang mit ASD bereits auf verschiedene Weisen

beforscht.

So benutzten Baron-Cohen und seine Arbeitsgruppe unterschiedliche Paradigmen um

experimentell Situationen herzustellen, in denen die Fähigkeit zur ToM abverlangt wird.

Sie nutzten beispielsweise das „puppet play paradigm“ (Baron-Cohen, Leslie, & Frith,

1985) oder das Entdecken eines „faux pas“ (Baron-Cohen, O’Riordan, Stone, Jones, &

Plaisted, 1999). Bei diesen Untersuchungen erzielten die Menschen mit einer ASD

schlechtere Ergebnisse als die jeweiligen Kontrollgruppen. Des Weiteren wurde gezeigt,

dass Menschen mit einer ASD Schwierigkeiten damit haben, Mentales (z.B. Gedanken)

von Physikalischem (z.B. Nahrungsmittel) zu unterscheiden (Baron-Cohen, 1989), eine

schlechtere Fähigkeit die Blickrichtung eines Menschen als Information zu nutzen (Ba-

ron-Cohen, Campbell, Karmiloff-Smith, & Grant, 1995) sowie ein schlechteres Ver-

ständnis davon, was Emotionen verursachen kann, zeigen (Baron-Cohen, 1991). 4-

jährige typisch entwickelte Kinder können normalerweise Bezeichnungen aus einer Lis-

te von Begriffen heraussuchen, die beschreiben, was im Inneren eines Menschen vor

sich geht (z.B. denken, hoffen, vorstellen). Die Probanden mit einer ASD schnitten hier

signifikant schlechter ab als die Kontrollgruppe mit geistig behinderten Kindern (Baron-

Cohen et al., 1994). Kinder mit einer ASD benutzen im Vergleich zu klinischen und

gesunden Vergleichsgruppen weniger Wörter, die sich auf mentale Dinge beziehen (Ba-

ron-Cohen, Leslie, & Frith, 1986; Tager-Flusberg, 1992). Ein ToM-Test auf einem hö-

2 Ausschnitte dieses Abschnittes über die ToM bei der ASD finden sich mit ähnlichem Aufbau und teilweise

ähnlichem Inhalt in dem Therapiemanual unserer Arbeitsgruppe (Paschke-Müller et al., 2012) sowie in der Diplom-

arbeit der Verfasserin (Müller, 2007). Das Kapitel wurde für diese Arbeit überarbeitet, aktualisiert und an den Ge-

samtzusammenhang der Fragestellung angepasst.

Page 34: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 34

heren und komplexeren ToM-Niveau ist der „strange situation test“ (Happé, 1994). Es

wird damit das Verständnis von sozialen Geschichten bei Erwachsenen mit einer ASD

getestet. Es konnte gezeigt werden, dass die Probanden mit der ASD größere Schwie-

rigkeiten mit den Geschichten hatten, in denen es um den mentalen Zustand einer Per-

son ging, als die parallelisierte Vergleichsgruppe. Zudem gebrauchten die Teilnehmer

mit einer ASD weniger Ausdrücke, die mentale Zustände beschreiben, wenn sie erklä-

ren sollten, warum sich eine Person der Geschichte auf diese oder jene Weise verhält.

False-belief-Aufgaben beschäftigen sich mit der Tatsache, dass verschiedene Menschen

zu derselben Situation unterschiedliche Überzeugungen haben können. In manchen Si-

tuationen gehen Menschen von einer anderen Tatsache aus als von der, die der Realität

entspricht und haben somit eine „falsche Überzeugung“. Im Allgemeinen ist die Grund-

struktur von first-order-false-belief-Aufgaben, dass eine Person eine Szene sieht und in

der Abwesenheit der Person ein Objekt an einen anderen Ort gelegt wird oder etwas

verändert wird. Als die Person die Szene wieder betritt hat sie eine „falsche Überzeu-

gung“ über (den Ort) das Objekt, da es in ihrer Abwesenheit ja verändert wurde. Die

Fähigkeit sich in diese „falsche Überzeugung“ der Person hineinzuversetzen, also das

Nichtwissen der Person zu berücksichtigen und nicht vom eigenen Wissensstand auszu-

gehen, verlangt ToM-Fähigkeiten. Diesem Typ von Aufgaben entspricht zum Beispiel

die bekannte „Smarties-Aufgabe“. Ab 4 Jahren können gesunde Kinder diese Aufgaben

für gewöhnlich lösen (Wimmer & Perner, 1983). Bei second-order-false-belief-

Aufgaben geht es darum, sich zu überlegen, was eine Person denkt, was eine andere

Person denkt. Hier ist also eine Repräsentationsstufe mehr enthalten und es geht darum

sich in zwei Menschen hinein zu versetzen. Die meisten typisch entwickelten 6-jährigen

Kinder können solche Aufgaben lösen. Einige Studien haben bei Menschen mit einer

ASD Schwierigkeiten belegt, false-belief-Aufgaben zu lösen (z. B. Swettenham, Baron-

Cohen, Gomez, & Walsh, 1996). Auch in dem „puppet play paradigm“ (Baron-Cohen et

al., 1985) wurde das Verständnis für „falsche Überzeugungen“ geprüft und es zeigte

sich, dass die Kinder mit einer ASD im Vergleich zu Kindern mit Down-Syndrom und

im Vergleich zu Kindern mit einer typischen Entwicklung, Defizite zeigten. In einer

weiteren Studie unterschieden sich die Kinder mit einer ASD ebenfalls von denen mit

einer mentalen Retardierung und von gesunden Kontrollen in einer Aufgabe zur kogni-

tiven Perspektivenübernahme (Reed & Peterson, 1990).

Das Erkennen von Emotionen bei anderen Menschen ist ebenfalls ein Aspekt der ToM,

da sich die Person in das Gegenüber hineinversetzen muss, um die Qualität der Emotion

erkennen zu können.

In einer Studie von Baron-Cohen und seiner Arbeitsgruppe (Baron-Cohen, Wheel-

wright, & Jolliffe, 1997) wurde untersucht, ob sich die Emotionserkennung, je nach

Gesichtsteil, an dem die Emotion abgelesen werden soll, unterscheidet. Bei den ver-

wendeten drei Bedingungen (Darstellung nur des Mundes, nur der Augen, des ganzen

Page 35: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 35

Gesichtes) fanden sie, dass sich die Leistung der Teilnehmer mit einer ASD am meisten

von der der Vergleichsgruppe unterschied, wenn nur die Augenregion als Information

zur Verfügung stand. Bei dem „Reading the Mind in the Eyes Test“ (z.B. Baron-Cohen,

Jolliffe, Mortimore, & Robertson, 1997) geht es darum, an Fotos von Augenpaaren Ge-

fühle abzulesen. Der Test diskriminiert zwischen Gruppen ohne psychischer Erkran-

kung und mit typischer Entwicklung und Erwachsenen mit ASD (Baron-Cohen,

Wheelwright, Hill, Raste, & Plumb, 2001) sowie Kindern mit ASD (Baron-Cohen,

Wheelwright, Spong, Scahill, & Lawson, 2001).

Mit der „Cambridge Mindreading (CAM) Face-Voice Battery” (Golan, Baron-Cohen, &

Hill, 2006) soll jede Emotion über die Modalität des Hörens und die des Sehens unter-

sucht werden. Daher wurde das Erkennen von komplexen Emotionen und mentalen Zu-

ständen aus Gesichtern und Stimmen anhand von Videoausschnitten untersucht. Die

Gruppe der Menschen mit einer ASD hatten unter allen Bedingungen mehr Schwierig-

keiten damit, mentale Zustände zu erkennen, als die Vergleichsgruppe.

Der Face-Test (Baron-Cohen, Wheelwright, et al., 1997) ist ebenfalls ein Emotionser-

kennungstest bei dem es darum geht, Basisemotionen (z.B. Freude, Trauer, Angst Wut)

sowie komplexe mentale Zustände (z.B. Bewunderung, Interesse, Nachdenklichkeit) an

der Fotografie des Gesichts einer Schauspielerin abzulesen, indem sich der Proband für

eine der zwei vorgegebenen Antwortalternativen entscheidet. In ihrer Studie untersuchte

die Arbeitsgruppe um Baron-Cohen diesen Test an 16 Erwachsenen mit einer ASD. Sie

fanden einen signifikanten Unterschied in der Anzahl der Treffer bei den komplexen

mentalen Zuständen, nicht bei den Basisemotionen, im Vergleich zu gesunden Erwach-

senen (Baron-Cohen, Wheelwright, et al., 1997).

Einen qualitativen Unterschied in der Wahrnehmung sozialer Situationen fand eine Ar-

beitsgruppe um Klin (Klin, Jones, Schultz, Volkmar, & Cohen, 2002). Mittels einer

Eye-Tracking-Technologie maßen sie die visuelle Fixation bei 15 Personen mit einer

ASD und 15 nach Alter, Geschlecht und IQ parallelisierten Personen einer Kontroll-

gruppe. Es ergaben sich signifikante Gruppenunterschiede in den Blickmustern. Der

beste Prädiktor für eine Autismusdiagnose war die Zeit, die auf die Augenregion fixiert

wurde. Bei den Menschen mit einer ASD war diese reduziert. Es ergab sich zudem eine

signifikante negative Korrelationen zwischen der Dauer der Fixation und dem Grad des

sozialen Funktionsniveaus und eine signifikante positive Korrelation zwischen der Dau-

er der Fixation auf Münder und dem Grad des sozialen Funktionsniveaus.

Der videobasierte „Movie for the Assessment of Social Cognition - MASC“ (Dziobek et

al., 2006) schafft es mir seinem ökologisch validen Stimulusmaterial auch subtile Be-

einträchtigungen der ToM zu erfassen. Es wurde eine Gruppe Erwachsener mit dem

Asperger-Syndrom (N = 19) sowie eine gematchte Kontrollgruppe (N = 20) mit dem

MASC getestet. Die Menschen mit dem Asperger-Syndrom zeigten Schwierigkeiten in

Page 36: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 36

der sozialen Kognition. Es stellte sich heraus, dass der MASC zwischen den Gruppen

diskriminiert.

Eine aktuelle Metanalyse (Uljarevic & Hamilton, 2012) fand bei der Auswertung von

insgesamt 48 Studien hinsichtlich der Antwortkorrektheit bei Aufgaben zur Emotions-

erkennung eine klare Beeinträchtigung bei Menschen mit einer ASD.

Die Erforschung der Empathiefähigkeiten bei Menschen mit einer ASD beschäftigt sich

fast ausschließlich mit der kognitiven Empathie, die teilweise synonym mit dem Begriff

der ToM gebraucht wird, also der Fähigkeit zur Perspektivübernahme. Die emotionale

Empathie, worunter die eigene emotionale Reaktion, also das Mitgefühl verstanden

wird, scheint bei Menschen mit einer ASD im Gegensatz zur kognitiven Empathie nicht

beeinträchtigt zu sein. Dies konnte beispielsweise der „Multifaceted Empathy Test –

MET“ (Dziobek et al., 2008) zeigen, der die kognitive und die emotionale Empathie

gleichzeitig erfasst. Die Versuchspersonen sollen hier Emotionen anhand von Fotos

erkennen (kognitive Empathie) und danach angeben, wie sie sich selbst nun fühlen, als

Reaktion auf das Bild (emotionale Empathie). Als neues Forschungsfeld beschäftigt

sich diese Arbeitsgruppe mit der dritten Komponente der Empathie, der kinästhetischen

Empathie, also dem körperlichen/motorischen Miterleben bei Gefühlen anderer.

Eine Arbeitsgruppe um Domes (Domes, Heinrichs, Michel, Berger, & Herpertz, 2007)

testete 30 gesunde Männer, in ihren ToM-Fähigkeiten anhand des „Reading the Mind in

the Eyes Test” (z.B. Baron-Cohen, Jolliffe, et al., 1997) nach intranasaler Applikation

des Hormons Oxytocin oder eines Placebos und konnte zeigen, dass die Oxytocingabe

die Leistung im ToM-Test verbesserte. Oxytocin ist bekannt dafür, mit sozialem Ver-

halten, wie beispielsweise Elternverhalten, Beziehungsverhalten und sozialem Gedächt-

nis in Verbindung zu stehen. Dies wiederum stellt ein spannendes neues Forschungsfeld

in dem Bereich der ASD dar. Patienten mit ASD zeigen Veränderungen im endokrinen

Oxytocinsystem (Green et al., 2001). Somit liegt die Vermutung nahe, dass der Wirk-

stoff Oxytocin eine entscheidende Rolle in der Ätiologie von ASD spielt und ein viel-

versprechender Schritt in der Interventionsforschung darstellen könnte (Heinrichs, Von

Dawans, & Domes, 2009).

Als neuronales Korrelat für die Auffälligkeiten in den ToM-Fähigkeiten, speziell bei der

Emotionserkennung, wird eine Dysfunktion der Amygdala diskutiert, die nachweislich

bei der sozialen Wahrnehmung und somit auch bei der Emotionserkennung beteiligt ist

(Adolphs, Baron-Cohen, & Tranel, 2002). Bei einer Variante des “Reading the Mind

Eyes-Tests” (z.B. Baron-Cohen, Jolliffe, et al., 1997) zeigten die Probanden mit einer

ASD im Vergleich zu gesunden Probanden eine signifikant geringere Aktivität der

Amygdala beim Bearbeiten der Aufgabe (Baron-Cohen, Ring, et al., 1999). Einen wei-

teren Erklärungsansatz liefert die „Simulationstheorie“. Demnach entsteht der Mangel

an ToM-Fähigkeiten bei Menschen mit ASD vor allem durch die Schwierigkeiten, Zu-

Page 37: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 37

stände von anderen Menschen mittels des eigenen Spiegelneuronensystem zu simulieren

und nachzufühlen (Poustka, Bölte, Schmötzer, & Feineis-Matthews, 2003), was folglich

zu der Schwierigkeit führt, sich in andere hinein zu versetzen.

Auch bei einigen anderen Krankheitsbildern konnten Auffälligkeiten beim Lösen von

ToM-Aufgaben und/oder eine gering entwickelte ToM gefunden werden, so zum Bei-

spiel bei geistig retardierten Menschen (Yirmiya, Erel, Shaked, & Solomonica-Levi,

1998), bei entwicklungsverzögerten Kindern (Charman et al., 1998) und bei Erwachse-

nen mit einer Schizophrenie (Corcoran & Frith, 1996). Ein neueres Forschungsfeld, mit

dem sich auch die Freiburger Arbeitsgruppe befasst, beschäftigt sich mit ToM-Defiziten

bei Menschen, die an Anorexia nervosa erkrankt sind. Bei Kindern mit einer hyperkine-

tischen Störung sind die Ergebnisse der Forschung zur ToM uneinheitlich, was in dem

folgenden Kapitel dargestellt wird.

Insgesamt gibt es viele unterschiedliche Paradigmen, mit denen das Konzept der ToM

erforscht wurde und wird. Besonders häufig werden Aufgaben zur Emotionserkennung

und die false-belief-Aufgaben als Operationalisierung des ToM-Konstrukts eingesetzt.

Alles in allem sind ToM-Defizite bei Menschen mit einer ASD schon früh in der Ent-

wicklung vorhanden und treten durchgängig auf. Diese Schwierigkeiten sind allerdings

weder hochspezifisch für ASD, noch sind alle Publikationen zu diesem Gebiet völlig

konsistent.

1.2.1.3 ToM bei der ADHD

Bislang gibt es nur wenig Forschung im Bereich der ToM bei Menschen mit einer

ADHD. In der Praxis fällt jedoch auf, dass sich viele Menschen mit einer ADHD

schwer tun, sozial adäquates Verhalten zu zeigen und beispielsweise Freundschaften

aufrecht zu erhalten. Des Weiteren gibt es eine große Komorbidität zwischen der Diag-

nose der ADHD und der Störung des Sozialverhaltens was ebenfalls auf Schwierigkei-

ten dieser Personengruppe mit dem Hineinversetzen in andere Menschen (ToM) hinwei-

sen könnte.

In einer Studie konnten bei Kindern mit einer ADHD Schwierigkeiten bei dem Interpre-

tieren von emotionalen Hinweisreizen aus Bildern mit Gesichtsausdrücken sowie beim

Interpretieren von emotionalen Hinweisreizen aus Tonbandaufnahmen einer Stimme

gefunden werden (Cadesky, Mota, & Schachar, 2000).

Eine weitere Untersuchung befasste sich mit der Erfassung kognitiver und emotionaler

Empathie bei Kindern und Jugendlichen mit einer ADHD und einer gesunden Ver-

gleichsgruppe unter Anwendung subjektiver Fragebogenverfahren und objektiver Test-

verfahren (Schwenck et al., 2011). Insgesamt wurden in der quasiexperimentellen Stu-

die 20 Jungen mit einer ADHD vom vorherrschend unaufmerksamen Subtyp, 20 Jungen

mit einer ADHD vom gemischten Subtyp und 36 Jungen einer nichtklinischen Kon-

Page 38: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 38

trollgruppe untersucht. Das durchschnittliche Alter betrug 12 Jahre. Als Teilaspekte der

emotionalen und kognitiven Empathie wurden die emotionale Reaktivität, die Emoti-

onserkennung und die Perspektivenübernahme erhoben. Die Ergebnisse zeigen eine

Beeinträchtigung der Kinder mit einer ADHD vom gemischten Subtyp in der Fähigkeit

zur Perspektivenübernahme. Keine signifikanten Gruppenunterschiede zeigten sich für

die Aufgabe zur Emotionserkennung und für die Fragebogenmaße.

In einer Metaanalyse der letzten 30 Jahre (Uekermann et al., 2010) über die spärliche

Literatur zu diesem Thema fanden die Autoren klare Zusammenhänge zwischen der

Diagnose der ADHD und Beeinträchtigungen in der ToM, besonders bei der Wahrneh-

mung von fazialem emotionalem Ausdruck und von dem Erkennen des emotionalen

Ausdrucks anhand der Prosodie. Schlussfolgernd kommen sie zu der Einschätzung des

Vorliegens eines ToM- sowie Empathiedefizits bei Menschen mit einer ADHD.

Die spärliche Datenlage ergibt Hinweise auf ein ToM-Defizit bei dem Störungsbild der

ADHD. Bei diesen Studien wurden allerdings nicht etwaige ASD-Symptome bei Men-

schen mit einer ADHD ausgeschlossen, die die ToM-Defizite erklären könnten. In vie-

len Studien wurden die ToM-Fähigkeiten bei Menschen mit ADHD nicht gesondert

untersucht, sondern in Studien im Zusammenhang mit Menschen mit ASD beforscht,

was im nächsten Kapitel dargestellt wird.

1.2.1.4 ToM bei der ASD und der ADHD

In einer Studie der Verfasserin (Müller, 2007) wurden insgesamt Daten von 62 Kindern

erhoben, wovon 19 an einer ASD und 13 an einer ADHD litten sowie 30 typisch entwi-

ckelt waren (TD). Aufgrund der Ein- und Ausschlusskriterien sind weitere fünf Kinder

ausgeschieden. Die Stichprobe wurde nach Alter, IQ und Geschlecht versucht zu paral-

lelisieren. Das Geschlechterverhältnis wurde über alle drei Gruppen konstant gehalten,

indem nur ein Mädchen pro Gruppe in die Auswertung einging. Die gemittelten IQ-

Werte der Gruppen unterschieden sich in der Ausgangsstichprobe so erheblich (MTD =

116, MASD = 98, MADHD = 94), dass hier weitere Teilnehmer ausgeschlossen werden

mussten. Tabelle 1 zeigt schließlich die Werte der endgültigen Stichprobe, wobei sich

die Gruppe der Kinder mit einer ADHD im IQ-Wert weiterhin signifikant von den bei-

den anderen Gruppen unterschied. Die Gruppen unterschieden sich nicht signifikant

bezüglich des Alters.

Page 39: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 39

Tabelle 1: Studie Müller: Alter (in Jahren) und IQ pro Gruppe

ASD (N = 12) ADHD (N = 12) TD (N = 12)

Alter IQ Alter IQ Alter IQ

M 10.77 107.17 10.15 96.00 11.56 109.25

SD 1.87 11.47 1.88 12.60 1.70 6.96

Min 7.33 84 7.57 83 8.07 95

Max 13.33 126 13.97 128 13.61 120

Es fanden Maße der impliziten ToM (Face-Test (Baron-Cohen, Wheelwright, et al.,

1997), „Reading the Mind in the Eyes Test“ (Baron-Cohen, Jolliffe, et al., 1997)) An-

wendung. Im „Reading the Mind in the Eyes Test“ gab es keine signifikanten Gruppen-

unterschiede bezüglich der Antwortrichtigkeit sowie der Bearbeitungszeit. Die Ergeb-

nisse im Face-Test zeigten einen signifikanten Unterschied in der Anzahl richtiger Ant-

worten zwischen der Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung und der Grup-

pe der Kinder mit einer ADHD (W = 102.0, p < .01), wobei die Gruppe der Kinder mit

einer ADHD weniger Aufgaben richtig löste. Wird die Bearbeitungszeit betrachtet, war

der Kontrast, der die gesunde Gruppe mit der der ASD vergleicht signifikant (t(33) = -

2.12, p < .05), wobei die Gruppe mit einer ASD längere Bearbeitungszeiten aufwies.

In einer anderen Diplomarbeit der Freiburger Arbeitsgruppe (Strohmer, 2007) fanden

Maße der expliziten ToM (false-belief-Aufgaben) Anwendung. Bei den FB-Aufgaben

erster Ordnung bildet sich ein Deckeneffekt ab. Bei den Aufgaben zweiter Ordnung

zeigte sich eine Tendenz dahingehend, dass die Kinder mit einer ASD weniger Aufga-

ben richtig lösten als die Kinder mit einer typischen Entwicklung.

Insgesamt scheinen in diesen Untersuchungen sowohl der Face-Test sowie die FB-

Aufgaben zweiter Ordnung Gruppenunterschiede aufzeigen zu können.

Downs und Smith (Downs & Smith, 2004) verglichen in einem quasiexperimentellen

Design Kinder mit einer ASD mit denen mit einer ADHD-Symptomatik sowie mit Kin-

dern ohne eine psychische Erkrankung. Erstaunlicherweise schnitten die Kinder mit

einer ADHD bei Aufgaben zum Emotionsverstehen und -erkennen signifikant schlech-

ter ab als die Vergleichsgruppe der Kinder ohne psychische Auffälligkeiten und

schlechter, als die Kinder mit einer ASD. Diese schnitten wiederum etwas schlechter als

die psychisch gesunden Kinder ab. Bei dem Untertest, bei dem die Emotion ausschließ-

lich anhand der Augenpaare zu bestimmen war, bildeten die Probanden mit einer ASD

das Schlusslicht und unterschieden sich somit signifikant von den beiden anderen Grup-

pen.

Page 40: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 40

In einer anderen Studie (Buitelaar, Van der Wees, Swabb-Barneveld, & Van der Gaag,

1999), die jedoch ähnliche Ergebnisse zeigt, unterschieden sich die Kinder mit einer

ASD nicht signifikant von denen mit einer ADHD beim Lösen von first- und second-

order-FB-Aufgaben sowie bei Aufgaben zur Emotionserkennung.

Gegenteilige Befunde fanden Muris und seine Arbeitsgruppe (Muris et al., 1999). Hier

schnitten Kinder mit einer ASD bei einem ToM-Test schlechter ab als Kinder mit ande-

ren psychischen Störungen, unter anderem auch als Kinder mit einer ADHD.

Dyck und Kollegen (Dyck, Ferguson, & Shochet, 2001) verglichen Kinder mit ver-

schiedenen psychischen Erkrankungen unter anderem in Tests zu empathischen Fähig-

keiten und in einem klassischen ToM-Test. Zur Erhebung der empathischen Fähigkeiten

benutzten sie vier verschiedene Emotionserkennungsaufgaben; die weiteren ToM-

Fähigkeiten wurden mit dem „strange stories Test“ (Happé, 1994) getestet. Die Ergeb-

nisse zeigen, dass Auffälligkeiten in ToM-Fähigkeiten und empathischen Fähigkeiten

nicht spezifisch für Menschen mit einer ASD sind, sondern auch in den meisten anderen

psychischen Erkrankungen eine Rolle spielen. Die Gruppe der Kinder mit einer ADHD

schnitt im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe in den Aufgaben zu empathischen

Fähigkeiten signifikant schlechter ab, sie unterschied sich aber nicht von den Gesunden

in den weiteren ToM-Fähigkeiten.

Zusammenfassend ist nicht auszuschließen, dass auch Menschen mit einer ADHD an

einem ToM-Defizit, speziell auch in der Emotionserkennung und den empathischen

Fähigkeiten, leiden. Die Gruppen der Menschen mit einer ASD und die Gruppen mit

einer ADHD unterscheiden sich in vielen Studien nicht voneinander, aber durchaus von

der gesunden Kontrollgruppe. Sie zeigen jedoch oftmals ein anderes Muster ihrer ToM-

Beeinträchtigung. Beispielsweise zeigen die Menschen mit einer ADHD eher Schwie-

rigkeiten mit der Antwortkorrektheit und die Menschen mit der ASD zeigen eher Auf-

fälligkeiten in der Entscheidungszeit. Dies könnte so interpretiert werden, dass die Men-

schen mit der ASD kognitive Strategien anwenden, um die intuitive Fähigkeit der Emo-

tionserkennung zu ersetzen, und so, zwar mit einer längeren Entscheidungszeit, zum

richtigen Ergebnis kommen, während die Menschen mit einer ADHD schnell und im-

pulsiv reagieren und dabei oft daneben liegen. Die Ergebnisse sind allerdings nicht kon-

sistent und nicht spezifisch für ein bestimmtes Störungsbild.

1.2.1.5 ToM bei der ASD+

Bei keiner der oben genannten Studien zur ToM im Vergleich zwischen Gruppen mit

einer ASD und mit einer ADHD wurde eine komorbide ADHD-Symptomatik bei den

Patienten mit einer ASD berücksichtigt. Die Autoren machen meist keine Angaben da-

zu, ob dies überprüft wurde.

Page 41: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 41

Eine Studie, die die Emotionserkennung bei Kindern mit einer ADHD, einer ASD- und

einer ASD+ erforscht (Sinzig, Morsch, & Lehmkuhl, 2008) und dies in Beziehung zu

bestimmten exekutiven Funktionen setzt, wird in dem Kapitel ToM und EF bei der

ASD+ genauer erläutert. Ebenfalls in diesem Kapitel wird eine Studie vorgestellt, die

sowohl ToM-Fähigkeiten sowie auch die EF bei den eben genannten klinischen Grup-

pen untersucht (Bühler, Bachmann, Goyert, Heinzel-Gutenbrunner, & Kamp-Becker,

2011).

Eine Studie, die bei Patienten mit einer ASD+ ausschließlich die ToM-Fähigkeiten un-

tersucht ist nicht bekannt.

1.2.2 Exekutive Funktionen (EF)

1.2.2.1 Definition und häufige Operationalisierungen

Exekutive Funktionen sind eine Gruppe von Funktionen, die nötig sind, um flexibel und

zukunftsorientiert zu handeln (Pennington & Ozonoff, 1996). Von Corbett und seiner

Arbeitsgruppe (Corbett, Constantine, Hendren, Rocke, & Ozonoff, 2009) werden exeku-

tive Funktionen als neuropsychologische Prozesse definiert, die physikalische, kognitive

und emotionale Selbstkontrolle ermöglichen. Nach Döpfner und seiner Arbeitsgruppe

(Döpfner, Schürmann, et al., 2007) sind exekutive Funktionen „psychische Prozesse, die

der Ausführung von Handlungen unmittelbar vorausgehen oder sie begleiten“.

Die meisten Autoren gehen davon aus, dass EF in mehrere Komponenten aufgeteilt

werden können (Miyake, Friedman, Emerson, Witzki, & Howerter, 2000). In den meis-

ten Studien werden die Aspekte „Arbeitsgedächtnis“, „Inhibition (Reaktionshem-

mung)“, „Planungsleistung“ und „kognitive Flexibilität“ untersucht. Diese Komponen-

ten umfassen verschiedene Fähigkeiten und Fertigkeiten, die nötig sind um Verhaltens-

weisen zu steuern (Miyake et al., 2000).

Ursprünglich beschäftigte sich die Forschung zu den EF mit Patienten mit Schäden in

den frontalen Hirnregionen. Diese Patienten zeigten große Schwierigkeiten in der Kon-

trolle und Regulation ihres Verhaltens und zeigten dadurch in ihrem Alltag ein stark

beeinträchtigtes Funktionsniveau (Miyake et al., 2000). Exekutive Fähigkeiten sind

Funktionen, die hauptsächlich durch den präfrontalen Cortex gesteuert werden, wie Stu-

dien, mit Menschen mit Läsionen in diesem Bereich, zeigen.

Eines der bekanntesten theoretischen Modelle ist das Mehrkomponentenmodell des Ar-

beitsgedächtnisses (Baddeley, 1986). Es besteht aus drei Komponenten. Die „Phonolo-

gische Schleife“ dient der Aufrechterhaltung sprachlicher Information, der „Räumlich-

visuelle Notizblock“ dient der Aufrechterhaltung visuell-räumlicher Information und

schließlich dient die modalitätsunspezifische „zentrale Exekutive“ der Kontrolle der

Page 42: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 42

beiden Subsysteme. Sie ist verantwortlich für die Kontrolle und Regulation kognitiver

Prozesse, wie beispielsweise der EF.

Es wird diskutiert, ob es eine einheitliche Basis beziehungsweise einen zugrundeliegen-

den Mechanismus der EF gibt, der für die Defizite von Patienten mit Frontalhirnschäden

verantwortlich ist oder ob es keinen einheitlichen Ursprung der Komponenten der EF

gibt. Für Letzteres spricht, dass Korrelationen zwischen Ergebnissen aus Aufgaben zu

verschiedenen Komponenten der EF meist klein sind (Miyake et al., 2000). Weiterhin

ist zu beachten, dass jede Aufgabe zu einer Komponente der EF sich auch kognitiver

Prozesse einer anderer Komponenten bedient. Diese Unreinheit der EF-Aufgaben ist ein

großes Problem in der Erforschung dieser Zusammenhänge. Eine einheitliche Theorie

der EF steht bislang noch aus. Miyake und seine Arbeitsgruppe (2000) betonen auf-

grund ihrer Ergebnisse, dass es wichtig ist, sowohl die Einheitlichkeit als auch die Ver-

schiedenheit von EF und ihren Komponenten wahrzunehmen.

Aktuell werden einige Verfahren und Tests verwendet um die einzelnen Komponenten

der EF zu erfassen.

Unter Inhibition wird die Fähigkeit verstanden, sich selbst absichtlich zu hindern eine

Handlung auszuführen, besonders bei Handlungen, die automatisch ablaufen oder in

diesem Moment vorherrschend oder dominierend sind (Miyake et al., 2000). In diesem

Bereich finden meist zwei verschiedene Aufgabentypen Anwendung. Die „Stop-Signal-

Task“ (Ozonoff & Strayer, 1997) verlangt von den Probanden eine motorische Reakti-

on, die bereits ausgeführt wird, zu inhibieren. Als Grundaufgabe dient hier eine Reakti-

on auf einen Stimulus. Gelegentlich wird jedoch ein Stoppsignal präsentiert, was für den

Probanden bedeutet, dass er seine Antwort auf die Grundaufgabe, also die erste Auffor-

derung, inhibieren muss. Indem man die Zeit bis zum Stoppsignal variiert, kann ein

Schätzer für die Geschwindigkeit des Inhibitionsprozesses gewonnen werden, die „Stop

signal reaction time“ (SSRT). Eine weitere Aufgabe beruht auf dem Stroop-Paradigma

(Stroop, 1935). In der ursprünglichen Version der Aufgabe geht es darum, dass der Pro-

band die Schriftfarbe von Wörtern bestimmen muss. Als Stimuli dienen Wörter, die

Farben bedeuten, so wie „rot“. In einer ersten Bedingung soll der Proband die Farbe des

Wortes benennen, wobei die Farbe des Wortes der Bedeutung des Wortes entspricht,

beispielsweise das Wort „rot“ in roter Schrift. In dem Inhibitionsteil geht es darum, die

Farbe Rot zu benennen, wenn zum Beispiel das Wort „blau“ in roter Schrift geschrieben

steht. Es geht also um die Inhibition des Lesens der geschriebenen Schrift. Eine weitere

Aufgabe ist die Go/NoGo Aufgabe (Ozonoff, Strayer, McMahon, & Filloux, 1994). Den

Probanden werden ein Kreuz oder ein Plus auf dem Bildschirm präsentiert, wobei sie

immer nur auf einen der beiden Stimuli reagieren dürfen und die Reaktion auf den ande-

ren Stimuli inhibieren sollen.

Page 43: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 43

Unter kognitiver Flexibilität wird die Fähigkeit verstanden, eigene Handlungen als Re-

aktion auf einen externen Stimulus zu ändern beziehungsweise zu variieren (White,

2012). In diesem Bereich ist der Wisconsin Card Sorting Test – WCST (Heaton,

Chelune, Talley, Kay, & Curtiss, 1993), eine häufig angewandte Aufgabe. Gegenstand

dieser Aufgabe ist es, dass die Regeln, um die Aufgabe zu lösen, während der Aufgabe

geändert werden, ohne dass der Probanden über den Wechsel informiert ist. In der zu-

grundeliegenden Aufgabe müssen die Probanden Karten nach drei verschiedenen Re-

geln ordnen. Durch Feedback können sie ableiten, welche Regel sie gerade befolgen

müssen. Diese Aufgabe verlangt dem Probanden jedoch weit mehr Fähigkeiten als aus-

schließlich die kognitive Flexibilität ab (Sergeant, Geurts, & Oosterlaan, 2002). So wer-

den zum Beispiel auch Problemlösefähigkeiten, Arbeitsgedächtnisprozesse, Umgang

mit Feedback und Inhibitionsprozesse abverlangt. Ein weiterer häufig verwendeter Test

ist der Intradimensional-Extradimensional shift der CANTAB (Robbins et al., 1998).

Auch hier lernt der Proband durch Feedback welche Regel er gerade beachten muss. Es

gibt zwei Dimensionen, nämlich pinkfarbene Formen und weiße Linien. Im „intradi-

mensional shift“ lernt der Proband beispielsweise welche der pinkfarbenen Formen er

beachten muss, im „extradimensional shift“ wechselt dies auch zwischen Formen und

Linien.

Das Arbeitsgedächtnis beinhaltet die Fähigkeit, gleichzeitig Informationen zu speichern

und zu bearbeiten (Baddeley, 2012). Die einfachsten Varianten zur Überprüfung der

Arbeitsgedächtnisspanne bestehen in der Abfrage von zuvor vorgegebenen Sequenzen.

Als Stimulus dienen zum Beispiel Zahlen oder Wörter. Die self ordered pointing Task

(Petrides & Milner, 1982) ist eine oft verwendete Aufgabe in dem Bereich des Arbeits-

gedächtnisses. Hier soll der Proband bei jedem Durchgang der Aufgabe auf einen Sti-

mulus zeigen, darf auf jeden Stimulus aber nur einmal zeigen. Das bedeutet, dass der

Proband sich die von ihm bereits gezeigten Stimuli merken muss.

Unter der Fähigkeit zu Planen wird das Entwerfen einer Handlungsfolge und die ge-

dankliche Vorwegnahme ihrer Konsequenzen, bevor diese tatsächlich ausgeführt wird,

verstanden (Goel & Grafman, 1995; Ward & Morris, 2005). Die Planung erfordert die

Fähigkeit voraus zu denken, einen Plan zu entwerfen sowie die Ausführung des Plans zu

überwachen und zu bewerten. Oftmals sind Zwischenschritte, die nicht immer direkt

zum Ziel führen, nötig. Die Planungsleistung wird oft mit den „Towers“ erhoben. Der

Tower of London (Shallice, 1982), der von dem Tower of Hanoi abgeleitet wurde, ist

eine Aufgabe, bei der es darum geht, Bälle oder Kugeln zu bewegen. Es gibt drei Stäbe

unterschiedlicher Länge, auf denen die Kugeln in einem Ausgangszustand angeordnet

sind. Die Aufgabe des Probanden ist es, die Kugeln in einen vorgegebenen Zielzustand,

mit so wenigen Zügen wie möglich, zu verschieben. Dabei sind gewisse Regeln zu be-

achten. Durch eine Computerisierung der Aufgabe ist es möglich, die Planungs- und

Ausführungszeit zu messen. Die hauptsächlich verwendeten Ergebnisparameter dieser

Page 44: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 44

Aufgabe sind die Anzahl zusätzlich gebrauchter Züge, die Anzahl der Probanden, die

mindestens die Hälfte der Aufgaben richtig gelöst hat und die Antwortlatenz. Der Un-

terschied zum Tower of Hanoi besteht darin, dass bei diesem die Bälle eine unterschied-

liche Größe haben und die Stäbe alle gleich lang sind. Im Stockings of Cambridge der

CANTAB (Robbins et al., 1998) befinden sich die Kugeln in hängenden Vorrichtungen.

Dies zeigt, dass es insgesamt einige Tests und Aufgabenstellungen gibt, die die einzel-

nen Aspekte des Konstrukts der EF valide und reliabel messen können.

1.2.2.2 EF bei der ASD

In der Literatur werden Auffälligkeiten der EF bei Menschen mit einer ASD diskutiert.

Als mögliche Verhaltenskorrelate, die aus der Störung der exekutiven Funktion bei

Menschen mit einer ASD resultieren können, kann man sich das repetitive Verhalten

vieler Patienten und ihr starkes Festhalten an Routinen und Gleichbleibendem vorstellen

sowie auch die Schwierigkeiten im sozialen und kommunikativen Bereich (White,

2012).

In einer Studie, die sich zum Ziel setzte mit einer großen Stichprobe Profile der exeku-

tiven Funktionen zwischen einer Gruppe von Menschen mit dem Asperger-Syndrom,

dem High-Functioning-Autismus, dem atypischen Autismus sowie einer typisch entwi-

ckelten Kontrollgruppe zu erstellen und zu vergleichen (Verte, Geurts, Roeyers, Ooster-

laan, & Sergeant, 2006), wurde unter anderem der Tower of London (Shallice, 1982) als

Maß der exekutiven Funktionen verwendet. Im Gruppenvergleich zeigten die Gruppen

der Kinder mit dem Asperger-Syndrom und High-Functioning-Autismus die größten

Beeinträchtigungen in den EF-Aufgaben. Das EF-Profil der Kinder mit atypischem Au-

tismus zeigte ebenfalls mehr Beeinträchtigungen im Vergleich zu der gesunden Kon-

trollgruppe, wies jedoch weniger Beeinträchtigungen im Vergleich zu den Gruppen der

Kinder mit Asperger-Syndrom und High-Functioning-Autismus auf. Insgesamt wurden

kaum bis keine Unterschiede zwischen den drei Gruppen mit einer ASD gefunden. Es

ergeben sich hieraus folglich keine Hinweise auf einen Informationsgewinn durch das

Aufteilen der drei Autismus-Gruppen.

In einer weiteren Studie wurden drei verschiedene Inhibitionsaufgaben an 18 Kindern

mit einer ASD, deren Geschwistern und einer Gruppe von typisch entwickelten Kindern

getestet (Christ, Holt, White, & Green, 2007). Eine der Inhibitionsaufgaben war die

„Flankeraufgabe“ (Eriksen & Eriksen, 1974). Sie wurde in der Studie von Christ und

Kollegen von den Kindern am Computer mit zwei Antworttasten bearbeitet. Es gab vier

Zielstimuli, die in der Mitte des Bildschirms präsentiert wurden und auf die die Kinder

reagieren sollten, in dem sie je nach Vorgabe für zwei der Stimuli die rechte und für die

anderen zwei die linke Taste drücken sollten. In den drei Bedingungen wurde der Ziel-

stimulus von zwei anderen Stimuli auf dem Bildschirm „flankiert“. In der kompatiblen

Bedingung wurde der Zielstimulus von zwei Stimuli flankiert, die derselben Taste zu-

Page 45: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 45

geordnet waren wie der Zielstimulus, bei der inkompatiblen Bedingung (Inhibition) von

zwei Stimuli, die der anderen Taste zugeordnet waren und bei der neutralen Bedingung

wurde der Zielstimuli durch Stimuli flankiert, denen keine Taste zugeordnet war. Wie

im Folgenden beschrieben, zeigten sich in zwei der drei Inhibitionsaufgaben Auffällig-

keiten bei den Kindern mit einer ASD im Vergleich zu den Kontrollgruppen. In der

Flankeraufgabe war die Gruppe der Kinder mit einer ASD in der Inhibitionsbedingung

signifikant langsamer als die Vergleichsgruppen. Es ergaben sich keine Unterschiede in

der Anzahl der Fehler. Bei der Go/NoGo Aufgabe machten die Kinder mit einer ASD

signifikant mehr Fehler in der Go-Bedingung als die Kinder der Vergleichsgruppen. Es

wäre zu erwarten gewesen, dass die Kinder mit einer ASD mehr Fehler in der NoGo-

Bedingung machen. Dies war allerdings nicht der Fall. Die Autoren diskutieren dieses

ungewöhnliche Ergebnis als Hinweis auf eine defizitäre Aufmerksamkeitsleistung der

ASD-Gruppe. In der Stroop-Aufgabe zeigten sich weder in der Anzahl der Fehler noch

in der Reaktionszeit Gruppenunterschiede. Die Autoren schlussfolgern, dass Kinder mit

einer ASD in einigen, jedoch nicht in allen Aspekten der Inhibition Defizite zeigen. Des

Weiteren zeigen diese Ergebnisse die Notwendigkeit auf, kognitive Fähigkeiten durch

mehrere Maße zu erheben.

Des Weiteren konnten Schwierigkeiten bei Menschen mit einer ASD bei Aufgaben zur

kognitiven Flexibilität und auch beim vorausschauenden Planen und Problemlösen ge-

funden werden (Ozonoff et al., 2004). Im Bereich der Inhibition bestanden in einer

Stop-Signal-Task keine Beeinträchtigungen bei den Menschen mit einer ASD (Ozonoff

& Strayer, 1997). Im Bereich des Arbeitsgedächtnisses unterschieden sich Kinder und

Jugendliche mit einer ASD in mehreren Studien nicht von Kindern mit einer typischen

Entwicklung (Griffith, Pennington, Wehner, & Rogers, 1999), es gibt jedoch auch ge-

genteilige Befunde (Minshew & Goldstein, 2001).

Ein Review über Studien zur Planung, kognitiven Flexibilität und Inhibition bei Men-

schen mit einer ASD zeigt insgesamt, dass diese Menschen, auch unterschiedlichen Al-

ters und mit verschiedenen kognitiven Leistungsständen, in den Aspekten des Planens

und der kognitiven Flexibilität beeinträchtigt sind (Hill, 2004). Schwierigkeiten bei

Aufgaben zur Inhibition werden nicht per se gezeigt, obwohl eine beeinträchtigte Inhibi-

tionsleistung anhand einer präpotenten Antwortreaktion in einigen Fällen vorkommt.

In einem Review, das speziell Studien zu EF bei Menschen mit einer ASD unter einer

Entwicklungsperspektive zusammenfasst (Russo et al., 2007), zeigt, dass die Inhibiti-

onsfähigkeiten von Menschen mit einer ASD keine Beeinträchtigungen aufweisen,

wenn die Betroffenen ein Entwicklungsalter über 6 Jahren haben. Betrachtet man das

Arbeitsgedächtnis, zeigt sich, dass im späteren Kindesalter und im Jugendalter Beein-

trächtigungen in der Arbeitsgedächtnisspanne vorliegen. Diese Beeinträchtigungen be-

stehen nicht bei Maßen zur Interferenz. Defizite in der kognitiven Flexibilität zeigen

Page 46: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 46

sich durchgehend in der Jugend und im Erwachsenenalter bei Menschen, die von Au-

tismus betroffen sind.

Nach Meinung einiger Autoren sind Störungen der exekutiven Funktionen nicht spezi-

fisch für Störungen des autistischen Spektrums (u.a. Liss et al., 2001). Auch wenn Be-

einträchtigungen in den exekutiven Funktionen ebenso bei anderen Störungsbildern

vorkommen (siehe nächstes Kapitel), scheint es ein spezifisches Muster beim Störungs-

bild der ASD zu geben. Beeinträchtigungen in der kognitiven Flexibilität und in der

Planungsleistung sind konsistent vorhanden und mehrfach repliziert. Inkonsistente Be-

funde finden sich im Bereich des Arbeitsgedächtnisses, wobei die Mehrzahl der Studien

hier keine Beeinträchtigung bei ASD findet. Ob eine Beeinträchtigung in der Inhibiti-

onsleistung vorliegt, scheint von der Aufgabenform abzuhängen. Dies spricht dafür,

mehrere Maße pro Aspekt der EF zu erheben. Des Weiteren ist auf die Altersabhängig-

keit vieler Leistungen in EF-Aufgaben hinzuweisen.

1.2.2.3 EF bei der ADHD

Defizite in Bereichen der EF bei Menschen mit einer ADHD sind gut belegt und finden

sich als Verhaltenskorrelate in den drei Symptomkomplexen (Störung der Aufmerk-

samkeit, Hypermotorik, Impulsivität) wieder (Döpfner, Schürmann, et al., 2007). Bei-

spielsweise sind im ersten Symptomkomplex die Störungen der Aufmerksamkeit und

des Gedächtnisses zusammengefasst. Die mangelnde Inhibitionsleistung kann zu erhöh-

ter Impulsivität führen. Weiterhin ist vorstellbar, dass die mangelnde Regulationsfähig-

keit der Hypermotorik insgesamt aus einer Beeinträchtigung der Selbstregulationsfähig-

keiten entsteht. So werden den Beeinträchtigungen in den EF, wie in dem Kapitel zur

ADHD schon beschrieben, ein wesentlicher Einfluss auf die Pathogenese des Störungs-

bildes zugeschrieben (Döpfner, Schürmann, et al., 2007).

Wie bereits im Kapitel der Ätiologie der ADHD dargestellt, sehen Barkely (1997) und

Tannock (1998) die mangelnde Inhibitionsfähigkeit als zugrundeliegendes Defizit für

die Pathogenese einer ADHD und für die Entstehung weiterer Defizite in den exekuti-

ven Funktionen.

Es wurden in einer Studie 94 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren mit einer ADHD und 28

typisch entwickelte Kinder untersucht (Houghton et al., 1999). Die Kinder mit einer

ADHD nahmen zum Zeitpunkt der Testung keine Medikamente ein. Es fanden Aufga-

ben zur kognitiven Flexibilität (Wisconsin Card Sorting Test; Heaton et al., 1993), zur

Inhibition (Stroop-Test; Stroop, 1935) und zur Planung (Tower of London; Shallice,

1982) statt. Bezüglich der Planungsleistung unterschieden sich die Gruppen nicht von-

einander. Im Stroop-Test schnitten die Kinder mit einer ADHD mit gemischtem Subtyp

signifikant schlechter ab als die Kontrollgruppe. Bei der Aufgabe zur kognitiven Flexi-

bilität schnitten die Kinder mit einer ADHD, unabhängig vom Subtyp, schlechter ab, als

die Gruppe der Kinder mit typischer Entwicklung. Da die untersuchten Kinder keine

Page 47: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 47

Komorbiditäten aufwiesen, betrachten die Autoren die Ergebnisse als Hinweis auf die

Spezifität von EF-Defiziten bei Kindern mit einer ADHD.

Des Weiteren wurden die Leistungen einer großen Stichprobe von männlichen Proban-

den mit einer ADHD im Alter zwischen 6 und 13 Jahren in den Bereichen des Arbeits-

gedächtnisses und der Verarbeitungsgeschwindigkeit aus dem Intelligenztest HAWIK-

IV (Petermann & Petermann, 2010) sowie mit mehreren Tests aus der „Testbatterie zur

Aufmerksamkeitsprüfung für Kinder – KITAP“ (Zimmermann, Gondan, & Fimm,

2002) erhoben (Hellwig-Brida, Daseking, Petermann, & Goldbeck, 2010). Die Ergeb-

nisse wurden schließlich mit den Normwerten verglichen. Es zeigten sich signifikante

Beeinträchtigungen in den Tests zur Aufmerksamkeit, kognitiven Flexibilität, Inhibit i-

on, Reaktionszeitstabilität und zum Arbeitsgedächtnis.

Nonverbale und verbale exekutive Funktionen wurden bei 279 Jugendlichen mit einer

ADHD, bei 136 nicht betroffenen Geschwistern und bei einer Kontrollgruppe mit 173

Jugendlichen erhoben (Gau & Shang, 2010). Wieder wurden hauptsächlich Aufgaben

aus dem „Wechsler-Intelligenztest- WISC“ (Wechsler, 2003) und aus der CANTAB

(Robbins et al., 1998) benutzt. Die Ergebnisse zeigen im Vergleich zu den Kontrollen

bei den Jugendlichen mit einer ADHD und deren Geschwistern Auffälligkeiten im Ar-

beitsgedächtnis (z.B. kürzere Rückwärts-Zahlenspanne, kürzere räumliche Spanne), in

der Aufgabe zur Flexibilität (mehr Wechselkosten) und zur Planung (weniger gelöste

Probleme und eine kürzere Planungszeit). Daraus, dass die nicht betroffenen Geschwis-

ter ein ähnliches Muster an EF-Defiziten wie die Jugendlichen mit einer ADHD zeigen,

schlussfolgern die Autoren, dass die EF ein nützlicher kognitiver Endophänotyp für

genetische Untersuchungen sein könnte.

In einer anderen Studie (Bloch et al., 2012) bearbeiteten 27 Kinder und Jugendliche

zwischen 7 und 17 Jahren mit der Diagnose einer ADHD und sieben Kinder mit dem

Verdacht auf eine ADHD, bei denen die Diagnose jedoch dann ausgeschlossen wurde,

eine computerisierte Testbatterie mit Aufgaben zu EF. Es waren Aufgaben zur Dauer-

aufmerksamkeit, zum Arbeitsgedächtnis, zur Planung und zur kognitiven Flexibilität

enthalten, die hauptsächlich aus der CANTAB (Robbins et al., 1998) entnommen wur-

den. Lediglich das Konzept der Daueraufmerksamkeit stellte sich als spezifisch für die

Gruppe mit der ADHD-Diagnose heraus.

Dass es die Möglichkeit gibt, die Fähigkeiten in den EF per Fragebogen zu erheben,

zeigt folgende Studie (Klenberg, Jämsä, Häyrinen, Lahti-Nuuttila, & Korkman, 2010).

Das von der Arbeitsgruppe entworfene Inventar „Attention and Executive Function Ra-

ting Inventory – ATTEX“ wurde an einer Stichproben von über 700 finnischen Kindern

und Jugendlichen zwischen 7 und 15 Jahren sowie an über 200 Kindern mit einer

ADHD getestet. Die Gütekriterien waren zufriedenstellend und es wurden Normen er-

stellt. Für Mädchen und Jungen wurden unterschiedliche Grenzwerte festgelegt, anhand

Page 48: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 48

derer Patienten mit einer ADHD identifiziert werden können. Zusätzlich können durch

das Inventar Patienten mit einer ADHD vorherrschend unaufmerksamer Subtyp von

Patienten mit einer ADHD gemischter Subtyp differenziert werden.

Eine Metaanalyse mit insgesamt 83 Studien, die allesamt exekutive Funktionen bei Pro-

banden mit einer ADHD (N = 3734) und bei Probanden ohne eine ADHD (N = 2969)

erhoben haben, konnte zeigen, dass die Gruppen der Probanden mit einer ADHD

durchweg Schwierigkeiten in allen Aufgaben zu EF zeigten (Willcutt, Doyle, Nigg, Fa-

raone, & Pennington, 2005). Signifikante Unterschiede zwischen der Gruppe der Pro-

banden mit einer ADHD und ohne eine ADHD konnten bei allen 13 EF-Aufgaben ge-

funden werden. Von 168 Gruppenvergleichen waren 109 signifikant (65%). Die Effekt-

größen für alle EF-Aufgaben im Gruppenvergleich lagen im mittleren Bereich (.46-.69).

Die größten und konsistentesten Effekte fanden sich für die Konstrukte der Inhibition,

der Vigilanz, des Arbeitsgedächtnisses und für Aufgaben zur Planungsleistung. Zu-

sammenfassend sehen die Autoren die Beeinträchtigungen in den EF als eine wichtige

Komponente in der Neuropsychologie von ADHD. Aufgrund der moderaten Effektgrö-

ßen und der Tatsache, dass EF-Defizite nicht bei allen Individuen mit einer ADHD vor-

handen waren, schlussfolgern die Autoren, dass EF-Defizite weder nötig noch ausrei-

chend sind, um ADHD-Symptome zu verursachen.

Beeinträchtigungen in den EF scheinen bei Menschen mit einer ADHD fast durchgän-

gig vorhanden zu sein. Der am meisten untersuchte Aspekt der EF stellt die Inhibition

dar. Aber auch in den Bereichen der Planung, des Arbeitsgedächtnisses, der kognitiven

Flexibilität und der Aufmerksamkeitsleistung konnten Defizite bei den Betroffenen ge-

funden werden.

1.2.2.4 EF bei der ASD und der ADHD

Es finden sich einige Studien, die die Leistung in den EF zwischen den Gruppen der

Menschen mit einer ASD und einer ADHD vergleichen.

Von Ozonoff und ihrer Arbeitsgruppe (Ozonoff & Jensen, 1999) konnte gezeigt werden,

dass die Probanden mit einer ASD sowie die Probanden mit einer ADHD Defizite im

Bereich der exekutiven Funktionen zeigen. Allerdings unterscheiden sich die Kompo-

nenten der exekutiven Funktionen, in denen die Gruppen Schwierigkeiten haben. So

schnitt die Gruppe der Patienten mit einer ASD bei Planungs- und Flexibilitätsaufgaben

schlechter ab, wohingegen die Patienten mit einer ADHD Schwierigkeiten bei den Inhi-

bitionsaufgaben zeigten.

Mit einer großen Stichprobe (N = 136) und einer Batterie von EF-Aufgaben wurden 6

bis 12 Jahre alte männliche Probanden mit einer ASD, einer ADHD oder einer typi-

schen Entwicklung untersucht (Geurts, Verte, Oosterlaan, Roeyers, & Sergeant, 2004).

Auch hier wurden Kinder, die die Diagnose einer ASD+ erfüllten, in die Gruppe der

Page 49: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 49

ASD subsummiert. Als Planungsaufgabe wurde der Tower of London (Shallice, 1982)

eingesetzt, das Inhibitionsmaß war eine Stop-Signal-Task, die kognitive Flexibilität

wurde anhand des „Wisconsin Card Sorting Test“ (Heaton et al., 1993) gemessen und

das Arbeitsgedächtnis wurde mit der „Self-ordered Pointing task“ (Petrides & Milner,

1982) erfasst. Zudem wurde in dieser Studie der Sprachfluss als weiteres EF-Maß erho-

ben. Eine MANCOVA mit Alter und IQ als Kovariaten brachte folgende Ergebnisse.

Die Gruppe der Kinder mit einer ASD zeigten Schwierigkeiten in den Planungsaufga-

ben (v.a. in der Ausführungszeit), in der kognitiven Flexibilität, in der Inhibitionsaufga-

be und beim Sprachfluss. Die Gruppe der Kinder mit einer ADHD wiesen Einschrän-

kungen in den Inhibitionsmaßen und im Sprachfluss auf. Insgesamt zeigten in dieser

Studie die Patienten mit einer ASD größere und breitere EF-Defizite als die Patienten

mit einer ADHD.

In der Studie von Happé und ihrer Arbeitsgruppe (Happé, Booth, Charlton, & Hughes,

2006) wurden 94 männliche Probanden zwischen 8 und 10 Jahren sowie zwischen 11

und 16 Jahren untersucht. Es wurden Patientengruppen mit einer ASD (N = 32), mit

einer ADHD (N = 30) sowie eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit einer typi-

schen Entwicklung (N = 32) anhand einer Batterie von Aufgaben zu exekutiven Funkti-

onen getestet. Die Gruppen waren hinsichtlich IQ und Alter gematcht. Patienten mit

komorbider ADHD wurden aus der ASD-Gruppe ausgeschlossen. Im Bereich der Pla-

nungsleistung kam der „Stockings of Cambridge“ aus der CANTAB (Robbins et al.,

1998) zum Einsatz, das räumliche Arbeitsgedächtnis wurde mit der CANTAB erhoben,

der ID/ED wurde beispielsweise als Maß der kognitiven Flexibilität eingesetzt und die

Inhibitionsleistung wurde unter anderem mittels einer Go/NoGo Aufgabe überprüft. Die

Gruppe der Kinder mit einer ASD zeigte Schwierigkeiten im Arbeitsgedächtnis. Die

Gruppe der Kinder mit einer ADHD zeigte diese ebenfalls, jedoch zusätzlich Defizite in

der Inhibitionsleistung. Es ergaben sich keine Gruppenunterschiede für die Planungs-

leistung und die kognitive Flexibilität

7 bis 12 Jahre alte Probanden mit entweder der Diagnose einer ASD oder einer ADHD

sowie eine Gruppe typisch entwickelter Kinder wurden mit diversen EF-Aufgaben un-

tersucht (Corbett et al., 2009). Die ADHD-Symptomatik wurde mittels Conners-Skalen

erhoben, wobei auffiel, dass auch einige der Patienten mit einer ASD in diesem Bereich

punkteten. Es wurden Aufgaben zur Antwortinhibition, zum Arbeitsgedächtnis, zur

kognitiven Flexibilität, zur Planung und zur Vigilanz durchgeführt. Die Ergebnisse der

MANCOVA mit der Kovariate IQ zeigten keine Unterschiede zwischen den Gruppen

für den Bereich der Planung. Die Gruppe der Kinder mit einer ADHD zeigte Beein-

trächtigungen in den Aufgaben zur Inhibition, zum Arbeitsgedächtnis und in der Vi-

gilanz im Vergleich zur Gruppe der Kinder mit typischer Entwicklung. Die Patienten-

gruppe mit einer ASD zeigte ebenfalls in diesen Bereichen Schwierigkeiten aber zusätz-

lich noch bei den Aufgaben zur kognitiven Flexibilität. Insgesamt zeigen beide Patien-

Page 50: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 50

tengruppen Einschränkungen in dem Bereich der exekutiven Funktionen, wobei sich die

Profile durchaus ähneln.

Ein Review (Pennington & Ozonoff, 1996) zeigt, dass Beeinträchtigungen in den EF

konsistent bei Menschen mit einer ASD und bei Menschen mit einer ADHD gefunden

wurden, jedoch nicht in den anderen beiden Gruppen (Kinder mit Störung des Sozial-

verhaltens und Kinder mit Tourette- Syndrom). Zudem zeigen die Gruppen unterschied-

liche Profile. Während man Schwierigkeiten bei der Inhibition hauptsächlich in der

Gruppe der Kinder mit einer ADHD findet, zeigt die Gruppe der Kinder mit einer ASD

Schwierigkeiten in verbalen Aufgaben zum Arbeitsgedächtnis. Die Aufgabe, die die

Gruppe der Kinder mit einer ASD am besten von „nicht- autistischen“ Gruppen diskri-

miniert ist der Tower of Hanoi.

Ein weiteres Review (Sergeant et al., 2002), das die Fähigkeiten in EF von Menschen

mit einer ADHD, einer ASD (high-functioning), mit einer Störung des Sozialverhaltens,

mit Tourette-Syndrom und von Menschen mit einer oppositionellen Störung vergleicht,

wird im Folgenden dargestellt, wobei in dieser Zusammenschau der Fokus auf die Er-

gebnisse der Gruppen mit einer ADHD und einer ASD gesetzt wird. Es wurden vor al-

lem die Bereiche der Inhibition, der kognitiven Flexibilität, des Arbeitsgedächtnisses

und der Planung beleuchtet. Insgesamt zeigten sich große Unterschiede zwischen den

klinischen Gruppen und den Kontrollgruppen in den Maßen zu EF, was zeigt, dass EF -

Defizite keineswegs spezifisch für eine der Störungen sind. Im Bereich der Inhibition

zeigte sich bei der Stop-Signal-Task, dass in sieben von acht untersuchten Studien Kin-

der mit einer ADHD im Durchschnitt 103ms langsamer reagierten als die Kontrollkin-

der, was eine Effektgröße von d = 0.64 ergibt. Die Autoren fanden 10 Studien, in denen

Menschen mit einer ADHD Beeinträchtigungen in Stroop-Aufgaben zeigten und zwei

Studien in denen sie keine Beeinträchtigungen zeigten. Eine Studie mit Kindern mit

einem High-Functioning-Autismus konnte kein Defizit bei dieser Aufgabe nachweisen.

Im Bereich der kognitiven Flexibilität konnten 17 von 26 Studien mit dem „Wisconsin

Card Sorting Test- WCST“ (Heaton et al., 1993) zwischen Menschen mit und ohne ei-

ner ADHD differenzieren. 11 von 13 Studien mit diesem Test konnten zwischen Men-

schen mit High-Functioning-Autismus und Kontrollgruppen differenzieren. Eine Studie,

die Kinder mit einer ADHD und Kinder mit einer ASD verglich, konnte zeigen, dass die

Kinder mit einer ASD schlechter abschnitten als die mit einer ADHD. Hieraus schluss-

folgern die Autoren, dass der WCST einen quantitativen und keinen qualitativen Unter-

schied zwischen den Gruppen der ADHD und ASD verdeutlicht. Im Arbeitsgedächtnis,

gemessen mit der „Self ordered pointing Task- SOP“, zeigten sich in zwei Studien Be-

einträchtigungen der ADHD-Gruppe im Vergleich zu den Kontrollgruppen. Im Bereich

der Planung, gemessen mit dem „Tower of London - ToL“ (Shallice, 1982), wurden in

fünf Studien Unterschiede und in zwei Studien keine Unterschiede im Vergleich zu

Kontrollgruppen bei den Kindern mit einer ADHD gefunden. Fünf Studien die Kinder

Page 51: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 51

mit einer ASD mit Kontrollgruppen im ToL verglichen, fanden Unterschiede zwischen

den beiden Gruppen. In zwei Studien wurden direkt Probanden mit einer ADHD und

einer ASD in ihren Leistungen im ToL verglichen. Die Probanden mit einer ASD

schnitten signifikant schlechter ab als die Probanden mit einer ADHD und die Proban-

den der Kontrollgruppen. Insgesamt zeigt sich, dass Menschen mit einer ADHD Beein-

trächtigungen in ihren EF-Fähigkeiten haben, das Muster jedoch nicht konsistent über

alle Studien hinweg gleich ist. Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die Ergebnisse dieses

Reviews.

Tabelle 2: Review Sergeant et al. (2002): Ergebnisse

EF-

Fähigkeit:

Kognitive

Flexibilität

Planung Arbeitsgedächtnis Inhibition

Aufgabe: WCST ToL SOP Stop-

Signal

Stroop

ADHD ~ ~ ↓ ↓ ↓

ASD ↓ ↓ ? ↑ ↑

Anmerkungen: WCST = Wisconsin Card Sorting Test; SOP = Self ordered pointing Task;

„↓“: Beeinträchtigung vorhanden; „↑“: Keine Beeinträchtigung vorhanden; „?“: Keine Angabe, „~“: Inkonsistente

Ergebnisse

Betrachtet man die Studien, die die Gruppen der Menschen mit einer ASD und mit einer

ADHD in ihren Leistungen in den EF vergleichen, zeigt sich ein etwas anderes Bild als

bei der Einzelbetrachtung. Alle Studien finden Beeinträchtigungen beider Störungsbil-

der bei den EF. Teilweise finden die Studien ähnliche Profile bei beiden Gruppen, teil-

weise sind die Profile eher unterschiedlich. Menschen mit einer ASD scheinen vorwie-

gend Beeinträchtigungen in ihrer kognitiven Flexibilität, ihren Arbeitsgedächtnisleis-

tungen und ihren Planungsleistungen zu haben. Wobei bei letzterem die Befunde nicht

konsistent sind. Nur wenige Studien finden Einschränkungen in der Inhibitionsleistung.

Menschen mit einer ADHD haben wohl gerade in diesem Bereich die größten Beein-

trächtigungen in den EF. Zusätzlich finden sich Schwierigkeiten im Arbeitsgedächtnis.

Die meisten Studien fanden bei Menschen mit einer ADHD keine Beeinträchtigung in

der Planungsleistung und in der kognitiven Flexibilität. Die Studien weisen jedoch auch

darauf hin, dass EF-Defizite ebenso bei anderen psychischen Erkrankungen auftreten.

1.2.2.5 EF bei der ASD+

Bei keiner der oben genannten Studien zu EF im Vergleich zwischen Menschen mit

einer ASD und einer ADHD wurde die Gruppe der Menschen mit der komorbiden

ADHD-Symptomatik als eigenständige Gruppe untersucht. Vereinzelt wurden die Pro-

Page 52: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 52

banden mit der komorbiden ADHD-Symptomatik ausgeschlossen, meist machen die

Autoren allerdings keine Angaben dazu. In einem Fall, in der Studie von Corbett und

ihrer Arbeitsgruppe (2009) wurden sogar komorbide ADHD-Symptome gefunden, die

Patienten wurden jedoch trotzdem der ASD-Gruppe zugeteilt. Insgesamt gibt es zum

aktuellen Zeitpunkt nur wenige Studien, die im Vergleich von Patienten mit einer ASD

und einer ADHD berücksichtigt haben, dass es auch Patienten mit einer ASD und

komorbider ADHD gibt. Es schränkt die Interpretation der Ergebnisse stark ein, wenn

Menschen mit einer ASD mit Menschen mit einer ADHD verglichen werden und bei-

spielsweise die Hälfte der ASD-Probanden die Kriterien für beide Störungsbilder auf-

weist.

Eine der wenigen Studien, die systematisch die Gruppe der Kinder mit einer ASD und

komorbider ADHD (ASD+) als eigenständige Gruppe in ihrem Quasiexperiment ein-

führte, untersuchte insgesamt 68 männliche und 12 weibliche Probanden im Alter zwi-

schen 6 und 18 Jahren (Sinzig, Morsch, Bruning, Schmidt, & Lehmkuhl, 2008). Vier

Gruppen wurden unterschieden (ADHD [N = 20]; ASD- [N = 20]; ASD+ [N = 20]; TD

[N = 20]). Die untersuchte EF-Batterie bediente sich für den Bereich der Inhibition der

Go/NoGo Aufgabe aus der „Testbatterie für Aufmerksamkeitsstörungen- TAP“ (Zim-

mermann & Fimm, 1993). Für den Bereich der kognitiven Flexibilität wurde der ID/ED

der CANTAB (Robbins et al., 1998) angewandt. Der Test für das räumliche Arbeitsge-

dächtnis entstammt ebenfalls der CANTAB sowie die Aufgabe „Stockings of

Cambridge“ für den Bereich der Planung. Die MANOVA mit einer, wie oben schon

erwähnt, getrennten Analyse für die Gruppen der ASD- und der ASD+ führte zu fol-

genden Ergebnissen. Die Gruppe der Kinder mit der ADHD zeigten Defizite bei der

Inhibitionsaufgabe und im Arbeitsgedächtnis. Die Probanden der Gruppe mit der ASD

(ASD-) zeigten Defizite bei der Planungsaufgabe und der Aufgabe zur kognitiven Fle-

xibilität. Die Kinder, die beide Diagnosen erfüllten (ASD+) zeigten Defizite bei den

Tests zur Planung und kognitiven Flexibilität. Verglichen mit der Gruppe der Kinder

mit der ASD- zeigten sie größere Schwierigkeiten bei der Inhibitionsaufgabe, aber nicht

im Arbeitsgedächtnis. Die Ergebnisse dieser Studie weisen auf einen additiven Effekt

hin, dahingehend, dass sich zumindest teilweise bei den Kindern mit beiden Diagnosen

auch die Defizite beider Diagnosen addieren. Zu kritisieren sind an dieser Studie sicher-

lich die Unterschiede im Geschlechterverhältnis zwischen den Gruppen sowie die signi-

fikanten IQ- und Altersunterschiede zwischen den Gruppen. Zudem beziehen sich die

Ergebnisse auf eine sehr große Altersspanne (6;0-18;9).

Die gleiche Arbeitsgruppe widmete sich ebenfalls der Erfassung neuropsychologischer

Profile, speziell die Aufmerksamkeitsleistung betreffend (Sinzig, Bruning, Morsch, &

Lehmkuhl, 2008). Es wurden Daten von Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 18

Jahren mit der Diagnose einer ADHD (N = 30), einer ASD- (N = 20), einer ASD+ (N =

21) und einer Gruppe mit gesunden Kindern (N = 30) erhoben. Die abhängigen Variab-

Page 53: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 53

len bestanden aus Aufgabenergebnissen zur Inhibition, geteilten Aufmerksamkeit, Dau-

eraufmerksamkeit und einfachen Reaktionszeit. Insgesamt zeigte sich, dass die Gruppe

der Kinder mit der ADHD eine größere Beeinträchtigung in der Aufgabe zur Dauerauf-

merksamkeit und die Kinder der ASD-Gruppen mehr Schwierigkeiten bei der geteilten

Aufmerksamkeit zeigten. Es konnten keine Unterschiede zwischen der Gruppe der Kin-

der mit einer ASD- und einer ASD+ gefunden werden.

Eine andere Studie erfasst, nach eigenen Angaben, auch exekutive Funktionen unter

anderem bei Kindern mit einer ASD+ (Veenstra, Van Geert, & Van der Meulen, 2012).

Mit 18 Kindern zwischen 3 und 7 Jahren mit der Diagnose einer ADHD, einer ASD-,

einer ASD+ sowie einer kleinen Kontrollgruppe mit typisch entwickelten Kindern wur-

de ein Computerspiel durchgeführt und die Fähigkeiten beim Umgang mit der Maus des

Computers erfasst. Die Anzahl der Fehler sowie die Reaktionszeiten wurden als Maß

der EF interpretiert. Die klinischen Gruppen unterschieden sich in ihrem „Maus-

Verhalten“ signifikant von der Kontrollgruppe.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine weiteren Studien bekannt, die das Konstrukt der exe-

kutiven Funktionen bei Menschen mit einer ASD und komorbider ADHD untersuchen.

Aufgrund der spärlichen Datenlage ist unklar, ob sich die Beeinträchtigungen in den EF

bei Menschen mit einer ASD+ aus den Beeinträchtigungen von Menschen mit einer

ASD- und einer ADHD addieren. Insgesamt ähneln die Menschen mit einer ASD+ in

ihrem EF-Profil wohl eher der Gruppe der Menschen mit einer ASD-.

1.2.3 Theory of Mind und Exekutive Funktionen

1.2.3.1 Zusammenhang

Wie im Folgenden dargestellt, zeigt die aktuelle Studienlage, dass es einen Zusammen-

hang zwischen den Leistungen eines Menschen in seinen EF und seiner ToM gibt. Die

Literatur ist sich allerdings uneinig, in welcher Gestalt dieser Zusammenhang besteht.

Ein Review zu exakt diesem Thema diskutiert fünf verschiedene Erklärungen über den

Zusammenhang zwischen ToM-Fähigkeiten und EF-Fähigkeiten (Perner & Lang,

1999). Die erste Erklärung postuliert, dass die exekutiven Funktionen abhängig von der

Fähigkeit der ToM sind. Dies wird folgendermaßen erklärt. Durch die Entwicklung von

mentalen Konzepten ist ein besseres Verständnis der eigenen Mentalität möglich, womit

hier die ToM-Fähigkeit gemeint ist. Durch das Verständnis der eigenen Mentalität ist

eine bessere Kontrolle der eigenen Handlungen möglich, was hier als EF-Fähigkeit be-

trachtet wird. Es wird auch die entgegengesetzte These aufgestellt, nämlich, dass die

ToM-Entwicklung von den exekutiven Funktionen abhängt. Hier wird dies so erklärt,

dass Selbstkontrolle (als Teil der exekutiven Funktionen) eine Voraussetzung für Be-

wusstsein über das Selbst sei, was wiederum eine Voraussetzung für die Ausbildung

einer ToM ist. Die dritte Theorie über den Zusammenhang zwischen EF und ToM pos-

Page 54: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 54

tuliert, dass man zum Lösen von ToM-Aufgaben Fähigkeiten der EF benötigt. Bei FB-

Aufgaben ist es beispielsweise nötig, das eigene Wissen zu unterdrücken um sich in den

Protagonisten der Geschichte hinein zu versetzen, was als Inhibitionsleistung angesehen

wird und zudem ist es nötig, sich die Informationen, die in der Geschichte enthalten

sind, zu merken, wofür das Arbeitsgedächtnis benötigt wird. Anzumerken ist hier aller-

dings, dass es bei ToM-Aufgaben, die keine Anforderungen an die exekutiven Funktio-

nen stellen, trotzdem einen Zusammenhang zwischen den Leistungen in Tests von ToM

und EF gibt (Hughes, 1998; Moses & Carlson, 2004). Als vierte Erklärung für den Zu-

sammenhang, wird die Möglichkeit in Betracht gestellt, dass beide Aufgabentypen (EF

und ToM) dieselbe Grundstruktur aufweisen. Beispielsweise sind einige Aufgaben zur

kognitiven Flexibilität sowie einige false-belief-Aufgaben so aufgebaut, dass es zwei

Bedingungen gibt, unter denen eine Konsequenz zutrifft („Wenn das eine so ist und

wenn das andere so ist, dann ist das Ergebnis so“). Letztlich wird in einer fünften These

diskutiert, ob EF- und ToM-Fähigkeiten auf denselben Hirnregionen (präfrontaler

Cortex) basieren und daher bei Störungen des einen kognitiven Konstrukts (EF oder

ToM) oft auch eine Störung des anderen Konstrukts vorliegt.

Eine Studie untersuchte die Theorie, dass gängige ToM-Aufgaben auch EF-Fähigkeiten

zur Lösung der Aufgabe fordern und so die beschriebenen Zusammenhänge zustande

kommen (Perner, Lang, & Kloo, 2002). An 56 3- bis 6-jährigen Kindern wurde die

„Dimensional Change Card Sorting task –DCCS“ (Frye, Zelazo, & Palfai, 1995) durch-

geführt und mit zwei verschiedenen ToM-Aufgaben in Zusammenhang gesetzt. Die

erste ToM-Aufgabe war eine gewöhnliche false-belief-Aufgabe, die zweite war eine

besondere Form der false-belief-Aufgabe, die ohne exekutive Fähigkeiten auskommt.

Beide Aufgaben korrelierten zu r = .65 mit der DCCS, was diese Theorie des Zusam-

menhangs zwischen EF und ToM widerlegt.

Zwei Experimente, die sich mit dem entwicklungsbedingten Fortschritt der beiden Kon-

zepte der ToM und der EF befassen, werden im Folgenden vorgestellt (Kloo & Perner,

2003). Als Operationalisierung der EF dient der „Dimensional Change Card Sorting

task –DCCS“ (Frye et al., 1995) und für die ToM finden false-belief-Aufgaben Anwen-

dung. Im ersten Experiment werden 60 3-jährige Kinder getestet. Es zeigte sich, dass

die Leistung in der EF-Aufgabe mit der Leistung in der second-order-false-belief-

Aufgabe korreliert. Zwischen dem DCCS und der first-order-false-belief-Aufgabe wur-

de keine signifikante Korrelation gefunden. In Experiment 2 mit 44 3- und 4-jährigen

Kindern wird ein Trainingstransfer aufgezeigt. Das Training der false-belief-Aufgaben

verbesserte die Leistung im DCCS und ein DCCS-Training erhöht signifikant die Leis-

tung in den false-belief-Aufgaben.

Das Ergebnis einer weiteren Studie (Perner, Kain, & Barchfeld, 2002) wird im Kapitel

ToM und EF bei der ADHD vorgestellt. Auch in dieser Studie beschäftigt man sich mit

der Frage, ob nun die exekutiven Funktionen Voraussetzung für die ToM sind oder um-

Page 55: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 55

gekehrt. Die Ergebnisse sprechen gegen die Theorie, dass die ToM- Entwicklung von

den EF abhängt.

Die vorgestellten Studien sprechen meist für eine der Thesen über den Zusammenhang

zwischen EF und ToM wie sie in dem Artikel von Perner und Lang (Perner & Lang,

1999) diskutiert werden oder widerlegen eine dieser Thesen. Eine abschließende Klä-

rung gibt es nicht.

1.2.3.2 ToM und EF bei der ASD

Eine Studie aus der Freiburger Arbeitsgruppe (Weßlau, 2011) untersuchte die Konzepte

der ToM und der EF an einer Patientenstichprobe von 18 männlichen Kindern und Ju-

gendlichen zwischen 7 und 16 Jahren mit einer hochfunktionalen ASD. Es ging darum

abzuschätzen, ob das Training der ToM einen Einfluss auf die ToM- und/oder auf die

EF-Fähigkeiten hat. Neun Teilnehmer durchliefen das „Theory-of-Mind-Training bei

Autismusspektrumstörungen- TOMTASS“ (Paschke-Müller et al., 2012), die anderen

neun Teilnehmer, die durch Zwillingsbildung genau parallelisiert waren, gehörten der

Wartelistekontrollgruppe an. Es fanden Prä- sowie Postmessungen für beide Gruppen

mit einer Testbatterie zur ToM (explizite und implizite ToM) und zu EF (Inhibition,

Planungsleistung, kognitive Flexibilität, Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeit) statt. Die

Ergebnisse zeigten, dass sich die Leistung der Teilnehmer in der expliziten ToM und in

Teilen der impliziten ToM in der Postmessung im Vergleich zur Wartelistenkontroll-

gruppe signifikant verbessert. Für die Aufgaben der EF gibt es für die Stroop-Aufgabe

sowie für die Aufgabe zur kognitiven Flexibilität ähnliche Effekte, für die anderen EF-

Aufgaben gilt dies nicht. Unabhängig von Alter und IQ zeigt sich ein deutlicher Zu-

sammenhang zwischen den Maßen der EF und der ToM (r = .48 bis r = .76).

In einem der Experimente von Pellicano (2007) testete sie 40 Kinder zwischen 4 und 7

Jahren als Kontrollgruppe und 30 Kinder desselben Alters mit der Diagnose einer ASD.

Alle Kinder mussten als Einschlusskriterium einen IQ größer 80 haben. In Form eines

animierten Videofilms sollten die Kinder first- und second-order-false-belief-Aufgaben

lösen. Zu ihrer EF-Batterie gehörten zwei Planungsaufgaben (Labyrinthaufgabe;

Wechsler, 1989; Tower of London; Shallice, 1982), ein Test zur kognitiven Flexibilität

angelehnt an den „Wisconsin Card Sorting Test“ (Heaton et al., 1993) und eine Aufgabe

zur Inhibition (Lurias Hand Game; Luria, Pribram, & Homskaya, 1964). Der Gruppen-

vergleich mit non-parametrischen Testverfahren zeigt, dass die Kinder mit einer ASD

bei den first-order-false-belief-Aufgaben signifikant schlechter waren als die typisch

entwickelten Kinder. Bei den second-order-false-belief-Aufgaben unterschieden sie sich

nicht, es war allerdings ein Bodeneffekt aufgetreten. Zudem waren die Probanden mit

einer ASD schlechter in der Aufgabe zur Inhibition, zur kognitiven Flexibilität und im

ToL. Sie waren nicht schlechter bei der Labyrinthaufgabe. Es ergaben sich signifikante

Korrelationen zwischen den meisten kognitiven Maßen und dem Alter, den verbalen

Page 56: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 56

und den nonverbalen Fähigkeiten bei beiden Gruppen. Bei der Gruppe der Kinder mit

einer ASD ergaben sich signifikante Rangkorrelationen zwischen den Maßen der EF

und der ToM. Diese Korrelationen wurden geringer, wenn das Alter und die verbalen

und nonverbalen Fähigkeiten heraus partialisiert wurden.

In einer longitudinalen Studie testete sie 37 Kinder mit einer ASD und 31 typisch ent-

wickelte Kinder (Pellicano, 2010a). Die Kinder waren zum ersten Messzeitpunkt durch-

schnittlich 5;5 Jahre alt. Es wurden jeweils zum ersten Messzeitpunkt und 3 Jahre später

Aufgaben zur ToM, zu EF und zur zentralen Kohärenz durchgeführt. Die Kinder mit

einer ASD zeigten zu beiden Messzeitpunkten Beeinträchtigungen in den false-belief-

Aufgaben, den Planungsaufgaben und der Aufgabe zur kognitiven Flexibilität. Beide

Gruppen schnitten zu Messzeitpunkt 2 in den Aufgaben zu EF und zur ToM besser ab,

als zu Messzeitpunkt 1. In beispielsweise der Planungsaufgabe verbesserten sich die

Kinder mit einer ASD mehr als die Kinder mit der typischen Entwicklung. Im Bereich

der zentralen Kohärenz zeigten sie zu beiden Zeitpunkten eine erhöhte lokale Verarbei-

tung. Betrachtet man die Ergebnisse allerdings auf der individuellen Ebene, kann man

von keiner universellen Beeinträchtigung der EF oder ToM ausgehen.

In einer weiteren longitudinalen Studie wurden 37 Kinder mit mindestens durchschnitt-

lichem IQ und der Diagnose einer ASD zu einem ersten Messzeitpunkt und 3 Jahre spä-

ter in Maßen der EF, der ToM und der zentralen Kohärenz untersucht (Pellicano,

2010b). Die Fragestellung bezog sich in dieser Untersuchung darauf, ob manche kogni-

tiven Parameter zu Messzeitpunkt 1 andere kognitive Parameter zu Messzeitpunkt 2

vorhersagen können. Die Ergebnisse zeigen, dass die Leistungen in den Aufgaben zu EF

und zur zentralen Kohärenz zu Messzeitpunkt 1 die Veränderung der Leistung in den

ToM-Aufgaben vorhersagen. Vorhersagen in die andere Richtung waren nicht signifi-

kant.

Dziobek und Bölte (2011) sehen in ihrem Review bei Menschen mit einer ASD Prob-

leme hauptsächlich in der sozialen Informationsverarbeitung (ToM) sowie in der kogni-

tiven Flexibilität (EF) und fordern einen Einfluss dieser Ergebnisse auf die individuelle

Interventionsplanung. Des Weiteren stellen sie heraus, dass sich bei Menschen mit einer

ASD im Vergleich zu typisch entwickelten Menschen das zerebrale Muster der Aktivie-

rung bei kognitiven Funktionen (ToM & EF) häufig unterscheidet, was zunehmend für

die Hypothese der geringeren Konnektivität kortikaler Netzwerke, als für die Hypothese

von einzelnen betroffenen Gehirnarealen spricht.

Beeinträchtigungen der ToM sowie der EF bei Menschen mit einer ASD finden sich

auch in den Studien zu diesem Kapitel. ToM-Fähigkeiten sowie EF-Fähigkeiten können

bei Menschen mit einer ASD trainiert werden und verbessern sich mit zunehmendem

Alter. Große Zusammenhänge zwischen der Leistung in EF-Aufgaben und ToM-

Aufgaben zeigen sich für die Gruppe der Menschen mit einer ASD.

Page 57: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 57

1.2.3.3 ToM und EF bei der ADHD

Weniger gut untersucht ist der Zusammenhang beziehungsweise der direkte Vergleich

von EF- und ToM-Leistungen bei der Patientengruppe mit einer ADHD.

In einer Forschungsarbeit wurden die Konzepte der ToM und der EF speziell bei klei-

nen Kindern (Alter: 4;6- 6;6), die die Klassifikationskriterien für eine ADHD erfüllen,

im Vergleich zu einer Kontrollgruppe aus typisch entwickelten Kindern untersucht

(Perner, Kain, et al., 2002). Ausschlusskriterium war ein IQ kleiner 80. Als Maße für

die EF wurde der NEPSY (Korkman, Kirk, & Kemp, 1998) verwendet, in dem unter

anderem eine Version des ToL (Shallice, 1982) Anwendung fand, sowie zusätzlich eine

Go/NoGo Aufgabe und eine Zahlenspanne. Eine Batterie mit ToM-Aufgaben höherer

Ordnung, wie beispielsweise zum Thema Witz und Lüge sowie second-order-FB-

Aufgaben wurden zudem durchgeführt. Als Ergebnis zeigte sich bei der typisch entwi-

ckelten Kontrollgruppe ein signifikanter Zusammenhang zwischen deren ToM-Leistung

und der Leistung in den EF, auch nachdem der Einfluss des Alters und des IQs heraus

partialisiert wurde. Das Lösen von second-order-false-belief-Aufgaben korreliert signi-

fikant mit einigen EF-Aufgaben, wie dem ToL und verschiedenen Aufmerksamkeits-

und Gedächtnisaufgaben. Die Fähigkeit eine Lüge von einem Witz zu unterscheiden

zeigt ein ähnliches Korrelationsmuster mit den EF, die Korrelationen sind jedoch weni-

ger stark. Bei der ADHD-Gruppe zeigten sich ausschließlich Beeinträchtigungen in den

EF und nicht in der ToM. Diese Ergebnisse sprechen gegen die Theorie, dass die ToM-

Entwicklung von den EF abhängt.

In einer anderen Studie wurden 22 Jungen zwischen 6 und 10 Jahren mit einer ADHD

mit 22 typisch entwickelten Jungen zwischen 8 und 10 Jahren anhand von zwei Aufga-

ben zu EF und einer ToM-Aufgabe verglichen (Charman, Carroll, & Sturge, 2001). Mit

IQ und Alter als Kovariate unterschieden die Gruppen sich nicht signifikant bezüglich

der ToM-Aufgabe und bei der Planungsaufgabe. Gruppenunterschiede fanden sich le-

diglich bei der Aufgabe zur Inhibition. Leider ist bei dieser Studie die Spannweite des

Alters der beiden Gruppen, die verglichen werden, unterschiedlich.

Aus diesen Studien geht deutlich hervor, dass die EF bei Menschen mit einer ADHD im

Vergleich zur ToM-Leistung schwerer sowie durchgängiger beeinträchtigt zu sein

scheint.

1.2.3.4 ToM und EF bei der ADHD und der ASD

Es gibt zwei Studien, die bei Menschen mit einer ADHD und gleichzeitig bei Menschen

mit einer ASD die ToM-Leistung mit der EF-Leistung vergleichen.

20 Kinder mit einer ASD, 26 mit einer ADHD und 30 typisch entwickelte Kinder wur-

den mit einer Batterie von ToM- und EF-Aufgaben (Arbeitsgedächtnis, Inhibition, kog-

nitive Flexibilität) miteinander verglichen (Yang, Zhou, Yao, Su, & McWhinnie, 2009).

Page 58: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 58

Die Kinder waren zwischen 3.3 und 15.8 Jahren alt. Der Einfluss der nonverbalen Intel-

ligenz wurde aus den Ergebnissen herausgerechnet. So zeigten die Probanden mit der

ASD signifikant schlechtere Ergebnisse in den Aufgaben zur ToM als die beiden ande-

ren Gruppen. Im Bereich der EF unterschieden sich die Gruppen nicht. Nach Kontrolle

der nonverbalen Intelligenz zeigte sich, dass nur der Wert in der Inhibitionsaufgabe mit

der Leistung in den ToM-Tests signifikant korreliert. Zu kritisieren ist bei dieser Studie

die große Altersspanne der Teilnehmer.

Einen weiteren Beitrag zu diesem Thema leistete eine Arbeitsgruppe um Sinzig (Sinzig,

Bruning, Morsch, & Lehmkuhl, 2007). Es wurden Kinder zwischen 6 und 18 Jahren mit

einer ASD (N = 42, High-Functioning-Autismus oder Asperger-Syndrom), Kinder mit

einer ADHD (N = 31) und eine Gruppe typisch entwickelter Kinder (N = 30) anhand

von neuropsychologischen Variablen der ToM und der EF verglichen. Ein Schwerpunkt

der Untersuchung lag auf der Aufteilung der Probanden in drei unterschiedliche Alters-

stufen. Zur Erfassung der ToM wurde der „Frankfurter Test und Training von fazialem

Affekt – FEFA“ (Bölte et al., 2002) eingesetzt, zur Erfassung der EF wurde die TAP

(Zimmermann & Fimm, 1993) für die Bereiche Daueraufmerksamkeit, Inhibition sowie

Reaktionswechsel und die CANTAB (Robbins et al., 1998) für das Arbeitsgedächtnis

sowie die Planungsleistung verwendet. Signifikante Unterschiede zwischen den drei

Gruppen über die gesamte Altersspanne hinweg fand sich weder für das Maß der ToM

noch für die EF. Zwischen den Teilnehmern der Gruppe mit der ASD und den Teilneh-

mern der Gruppe mit der ADHD fand sich für die 11- bis 14- Jährigen im Bereich der

Daueraufmerksamkeit und der Inhibition ein Unterschied zu Ungunsten der ADHD.

Wie sich hier zeigt, sind die Ergebnisse bei den Aufgaben zu den EF und der ToM bei

den Gruppen mit einer ADHD und einer ASD inkonsistent.

1.2.3.5 ToM und EF bei der ASD+

Einzelne Arbeitsgruppen befassen sich mittlerweile mit der Untersuchung neuropsycho-

logischer Parameter bei Menschen mit einer ASD und einer komorbiden ADHD.

Unterschiede in der Emotionserkennung, gemessen mit dem Computerprogramm

„FEFA“ (Bölte et al., 2002) bei vier Gruppen von Kindern (ASD-, ASD+, ADHD, TD)

zwischen 6 und 18 Jahren beforschte eine Arbeitsgruppe um Sinzig (Sinzig, Morsch, &

Lehmkuhl, 2008). Die Ergebnisse der Aufgabe zur Emotionserkennung wurden mit

Aufmerksamkeitsaufgaben (Set shifting, Inhibition, Daueraufmerksamkeit) korreliert.

Die Aufgabe zur Emotionserkennung wurde ohne eine vorgegebene Präsentationszeit

dargeboten. Als Ergebnis zeigte sich, dass die Gruppen der Kinder mit einer ADHD und

einer ASD+ signifikant schlechter bei der Emotionserkennungsaufgabe sind als die

Gruppen der Kinder mit einer typischen Entwicklung oder einer ASD-, woraus man

schließen könnte, dass das Vorhandensein von ADHD-Symptomen die Emotionserken-

nung beeinflusst. Weder Korrelationen mit den Symptomen der ASD noch mit ADHD-

Page 59: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 59

Symptomen können diese Ergebnisse erklären. Bei Kindern mit einer ADHD zeigten

die Ergebnisse der Aufgaben der Daueraufmerksamkeit und der Inhibition einen signifi-

kanten Zusammenhang mit den Ergebnissen der Emotionserkennung.

Erwachsene mit einem IQ über 71 bearbeiteten Aufgaben zur Gedächtnisleistung, zur

Aufmerksamkeit, zur Planung mit dem ToL (Shallice, 1982) und Aufgaben zur ToM

(Nydén et al., 2010). Es wurden Gruppen mit einer ASD- (N = 55), einer ASD+ (N =

33) und einer ADHD (N = 73) eingeschlossen. Insgesamt zeigten die drei klinischen

Gruppen Beeinträchtigungen in den meisten kognitiven Bereichen. Es zeigten sich je-

doch Differenzierungen. Zum Beispiel wies die Gruppe der Menschen mit einer ADHD

Beeinträchtigungen im Arbeitsgedächtnis und in der Aufmerksamkeitsaufgabe auf, je-

doch nicht die Gruppe der ASD+. Keine Beeinträchtigungen bei den drei Gruppen fan-

den sich unerwarteter Weise bei der ToL-Aufgabe und den ToM-Aufgaben. Die Beein-

trächtigungen der Gruppe der ASD+ kann demnach nicht als Addition der Beeinträchti-

gungen der Gruppe der ASD- und der ADHD gesehen werden. Die Gruppe der Men-

schen mit einer ADHD zeigte von den drei Gruppen insgesamt die schwerste Beein-

trächtigung in den neuropsychologischen Maßen. Alles in allem konnte keine spezifi-

sche Beeinträchtigung für eine der drei Gruppen gefunden werden. Die Autoren inter-

pretieren die Ergebnisse dahingehend, dass es einen großen Überschneidungsbereich

zwischen den drei diagnostischen Kategorien gibt und man eher von einem neuropsy-

chologischen Kontinuum als von spezifischen Kategorien ausgehen sollte.

In einer weiteren Studie wurden Probanden mit einer ASD (ASD-; N = 86), Probanden

mit einer ADHD (N = 84) sowie Probanden mit ASD und komorbider ADHD (ASD+;

N = 52) zwischen 5 und 22 Jahren in den abhängigen Variablen ToM und Inhibition

verglichen (Bühler et al., 2011). Als Inhibitionstest wurde die Go/NoGo Aufgabe aus

der TAP (Zimmermann & Fimm, 1993) verwendet, als ToM-Maß eine Emotionserken-

nungsaufgabe sowie eine soziale Zuordnungsaufgabe. Die Ergebnisse zeigten Unter-

schiede in der Inhibitionsleistung zwischen der Gruppe mit der ASD- und der Gruppe

mit der ASD+ sowie ADHD zu Ungunsten der ASD+ beziehungsweise ADHD-

Gruppen. In der Emotionserkennungsaufgabe zeigte sich ein Gruppenunterschied zwi-

schen der Gruppe mit der ADHD und der ASD- zu Ungunsten der ASD-, jedoch nur bei

den jüngeren, nicht bei den älteren, Kindern. Die Arbeitsgruppe schlussfolgert daraus,

dass durch die Erfassung der Inhibitionsleistung eine diagnostische Differenzierung

zwischen der Gruppe der ASD- und ASD+ möglich ist, was sich wiederum auf die In-

terventionsplanung auswirken sollte. Die Ergebnisse sind allerdings nur für den hoch-

funktionalen Teil des autistischen Spektrums zu interpretieren. Zu kritisieren ist, dass es

in dieser Untersuchung keine Kontrollgruppe gab und die ohnehin schon großen Alters-

spannen der drei klinischen Gruppen stark differierten.

12 Tests zur ToM und ein Test zur Inhibitionsleistung bearbeiteten 55 Kinder mit einer

ASD, die im Durchschnitt 10 Jahre alt waren (Ames & White, 2011). Durch ein Eltern-

Page 60: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 60

interview wurden ADHD-Verhaltensweisen bei jedem Kind spezifiziert. Die Ergebnisse

zeigten einen Zusammenhang zwischen der Inhibitionsleistung und der berichteten Im-

pulsivität und einen Zusammenhang zwischen der Leistung in den ToM-Aufgaben und

den sozialen Schwierigkeiten bezogen auf die ASD-Symptomatik, nicht aber auf die

ADHD-Symptomatik. Diese Ergebnisse unterstützen die bereits in den vorhergehenden

Kapiteln gezogene Schlussfolgerung auf Verhaltenskorrelate der neuropsychologischen

Beeinträchtigungen.

Einen etwas anderen Ansatz wählte eine Arbeitsgruppe aus den Niederlanden (Van der

Meer et al., 2012). Sie untersuchten 370 Schulkinder einer Zufallsstichprobe und 274

Kinder aus einer ASD/ADHD- Genetikstudie zwischen 5 und 17 Jahren mit einem IQ

über 70. Anhand von einem Fragebogen zu autismusspezifischen Verhaltensweisen und

einem zu ADHD-typischen Verhaltensweisen wurden die Probanden mittels latenter

Klassenanalyse in fünf Klassen aufgeteilt. Es fanden sich zwei Klassen ohne Verhal-

tensauffälligkeiten, eine Klasse mit ausschließlich ADHD-typischen Auffälligkeiten und

zwei Klassen mit Auffälligkeiten aus dem Bereich der ASD und der ADHD. Bei den

beiden letztgenannten Gruppen waren jeweils die Auffälligkeiten eines Störungsbildes

stärker ausgeprägt (ASD+[ADHD] und ADHD+[ASD]). Diese 5 Gruppen wurden unter

anderem in ihren EF-Fähigkeiten sowie ihrer Leistung in einer Emotionserkennungs-

aufgabe untersucht. In der Emotionserkennungsaufgabe antworteten die Probanden mit

einer ASD+ signifikant langsamer und fehlerhafter als die Gruppe ohne Verhaltensauf-

fälligkeiten und signifikant langsamer als die Gruppe der ADHD. Die Gruppe der

ADHD+ antwortete signifikant langsamer als die Gruppe ohne Auffälligkeiten. Im Be-

reich der EF zeigte sich, dass es bezüglich der Inhibition und der kognitiven Flexibilität

keine signifikanten Gruppenunterschiede gab. Im Bereich des visuell-räumlichen Ar-

beitsgedächtnisses schnitt die Gruppe der ADHD+ signifikant schlechter ab als die

Gruppe ohne Auffälligkeiten und im Bereich des verbalen Arbeitsgedächtnisses schnitt

die Gruppe der ADHD signifikant schlechter ab als die Gruppe ohne Verhaltensauffäl-

ligkeiten. In Aufgaben zur Aufmerksamkeit zeigte sich im visuell-räumlichen Bereich,

dass die Gruppe der ADHD+ signifikant schlechter abschnitt als die Gruppe ohne Auf-

fälligkeiten und die Gruppe der ADHD. Des Weiteren schnitt die Gruppe der ASD+

signifikant schlechter ab als die Gruppe ohne Auffälligkeiten. In einer Aufgabe zur ver-

bal gemessenen Aufmerksamkeit schnitten alle Gruppen signifikant schlechter ab als die

Gruppe ohne Auffälligkeiten. Insgesamt zeigen die Ergebnisse dieser Untersuchung,

dass es spezifische kognitive Defizite der unterschiedlichen Gruppen gibt. Aufgrund des

Vorhandenseins einer ADHD-Gruppe ohne ASD-Symptome, aber keiner ASD-Gruppe

ohne ADHD-Symptome sowie einer geringeren Beeinträchtigung der ADHD-Gruppe

im kognitiven Bereich sehen die Autoren Hinweise auf ein beide Störungsbilder umfas-

sendes Kontinuum.

Page 61: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

1 Theoretischer Hintergrund 61

Dieser Abschnitt der vorliegenden Arbeit verdeutlicht die Beeinträchtigungen der Men-

schen mit einer ADHD in dem Bereich der Emotionserkennung, der Aufmerksamkeit,

bei der Inhibition und im Arbeitsgedächtnis. Bei den Menschen mit einer ASD- zeigen

sich in diesen Studien keine Beeinträchtigungen. Gäbe es einen vollständig additiven

Effekt der Defizite in den EF und der ToM bei Menschen, die beide Störungsbilder ha-

ben (ASD+), müssten sie die gleichen Beeinträchtigungen wie die Menschen mit einer

ADHD zeigen. Dies tun sie jedoch nur teilweise. Sie zeigen in den vorliegenden Studien

dieses Kapitels Einschränkungen in der Inhibition, der Aufmerksamkeitsleistung und

der Emotionserkennung. Alles in allem ist hier die Studienlage nicht eindeutig. Am

ehesten könnte von einem teilweise additiven Effekt ausgegangen werden. Der Gedanke

von der Arbeitsgruppe um Nydén (Nydén et al., 2010), dass es wahrscheinlich einen

großen Überschneidungsbereich zwischen den drei diagnostischen Kategorien (ADHD,

ASD-, ASD+) gibt und eher von einem neuropsychologischen Kontinuum als von spe-

zifischen Kategorien ausgegangen werden sollte, lässt sich mit diesen Ergebnissen ver-

einbaren. Eine niederländische Arbeitsgruppe (Van der Meer et al., 2012) interpretiert

ihre Ergebnisse auf ähnliche Weise und stellt die Vermutung auf, dass es sich bei

ADHD und ASD um ein umfassendes Störungsbild handeln könnte.

Page 62: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

2 Fragestellung der Untersuchung 62

2 Fragestellung der Untersuchung

2.1 Zusammenfassung der aktuellen Studienlage

Nach der ausführlichen Darstellung der Störungsbilder der ASD und der ADHD fallen

zwei Dinge auf:

1. Es gibt einen großen Überschneidungsbereich der Symptomatik im Sinne von

vor allem ADHD-typischen Verhaltensweisen bei Menschen mit einer ASD.

2. Es gibt einen großen Überschneidungsbereich was die neuropsychologischen

Profile angeht, speziell im Bereich der EF und der ToM.

Zum ersten Punkt konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass trotz des Ausschlus-

ses der Klassifikationssysteme, mehr als die Hälfte der Menschen mit einer ASD eine

klinisch relevante zusätzliche ADHD-Symptomatik zeigt. Diese Menschen sind in eini-

gen Bereichen schwerer beeinträchtigt und zeigen eine größere Psychopathologie. Dies

wird sowohl in der Interventionsforschung sowie in den Bereichen der Grundlagenfor-

schung bis heute weitestgehend ignoriert. So werden in einigen Studien Patientengrup-

pen mit einer ASD mit Patientengruppen mit einer ADHD verglichen, ohne dass be-

rücksichtigt wird, dass wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Probanden mit einer ASD

die Kriterien für beide Diagnosen erfüllt.

Zum zweiten Punkt zeigt sich, dass ToM-Defizite bei Menschen mit einer ASD schon

früh in der Entwicklung vorhanden sind und durchgängig auftreten. Diese Schwierigkei-

ten sind allerdings weder hochspezifisch für ASD, noch sind alle Publikationen zu die-

sem Gebiet konsistent. Die spärliche Datenlage ergibt ebenfalls Hinweise auf ein ToM-

Defizit bei dem Störungsbild der ADHD, speziell in der Emotionserkennung. Die Grup-

pen der Menschen mit einer ASD oder einer ADHD unterscheiden sich in vielen Stu-

dien zur ToM nicht voneinander, aber durchaus von der gesunden Kontrollgruppe. Sie

zeigen jedoch oftmals ein anderes Muster ihrer ToM-Beeinträchtigung. Beispielsweise

weisen die Menschen mit einer ADHD in Aufgaben zur Emotionserkennung eher

Schwierigkeiten mit der Antwortkorrektheit und die Menschen mit der ASD eher Auf-

fälligkeiten in der Entscheidungszeit auf.

Im Bereich der Defizite der EF scheint es ein spezifisches Muster beim Störungsbild der

ASD zu geben. Beeinträchtigungen in der kognitiven Flexibilität und in der Planungs-

leistung sind konsistent vorhanden und mehrfach repliziert. Inkonsistente Befunde fin-

den sich im Bereich des Arbeitsgedächtnisses. Ob eine Beeinträchtigung in der Inhibiti-

onsleistung vorliegt, scheint von der Aufgabenform abzuhängen. Beeinträchtigungen in

den EF scheinen auch bei Menschen mit einer ADHD fast durchgängig vorhanden zu

Page 63: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

2 Fragestellung der Untersuchung 63

sein. Der am meisten untersuchte Aspekt der EF stellt die Inhibitionsleistung dar. Aber

auch in den Bereichen der Aufmerksamkeitsleistung, des Arbeitsgedächtnisses, der Pla-

nung und der kognitiven Flexibilität sind Defizite bei den Betroffenen gefunden wor-

den, vor allem die Ergebnisse der beiden letztgenannten Aspekte sind jedoch inkonsis-

tent. Betrachtet man die Studien, die direkt die beiden Gruppen der Menschen mit einer

ASD und der Menschen mit einer ADHD in ihren Leistungen in den EF vergleichen,

zeigt sich, dass alle Studien Beeinträchtigungen bei beiden Störungsbildern in den EF

finden. Teilweise finden die Studien ähnliche Profile bei beiden Gruppen, teilweise sind

die Profile eher unterschiedlich. Die spärliche Datenlage ist sich zudem uneinig, ob sich

die Beeinträchtigungen in den EF bei Menschen mit einer ASD+ aus den Beeinträchti-

gungen von Menschen mit einer ASD- und einer ADHD addieren. In manchen Studien

ähneln die Menschen mit einer ASD+ in ihrem neuropsychologischen Profil eher der

Gruppe der Menschen mit einer ASD- und manchmal eher der Gruppe mit der ADHD.

Alles in allem ist hier die Studienlage nicht eindeutig und man könnte am ehesten von

einem teilweise additiven Effekt ausgehen. Auch der Gedanke von zwei Arbeitsgruppen

(Nydén et al., 2010; van der Meer et al., 2012), dass es wahrscheinlich einen großen

Überschneidungsbereich zwischen den drei diagnostischen Kategorien (ADHD, ASD-,

ASD+) gibt und man eher von einem neuropsychologischen Kontinuum als von spezifi-

schen Kategorien ausgehen sollte, lässt sich mit diesen Ergebnissen vereinbaren. Eine

Übersicht der Ergebnisse der Forschung findet sich in Tabelle 3 und Tabelle 4.

Tabelle 3: Zusammenfassung der bisherigen Forschungsergebnisse zur ToM

Emotionserkennung FB-Aufgaben

Antwortkorrektheit Entscheidungszeit

ADHD ↓ ↑ ↑

ASD(-) ~ ↓ ↓

ASD+ ~ ~ ?

Anmerkungen: „↓“: Beeinträchtigung vorhanden; „↑“: Keine Beeinträchtigung vorhanden; „~”: Inkonsistente For-

schungsergebnisse; „?“: Keine oder nur wenige Forschungsergebnisse

Page 64: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

2 Fragestellung der Untersuchung 64

Tabelle 4: Zusammenfassung der bisherigen Forschungsergebnisse zu EF

Kognitive

Flexibilität

Planung WM Inhibition Aufmerksamkeit

ADHD ~ ~ ↓ ↓ ↓

ASD(-) ↓ ↓ ~ ~ ?

ASD+ ~ ~ ? ~ ~

Anmerkungen: „↓“: Beeinträchtigung vorhanden; „~”: Inkonsistente Forschungsergebnisse; „?“: Keine oder nur

wenige Forschungsergebnisse; WM = Arbeitsgedächtnis

Insgesamt sind die Ergebnisse in dem Bereich der neuropsychologischen Beeinträchti-

gungen (EF und ToM) bei den Störungsbildern der ASD-, ASD+ und der ADHD dünn

(zumindest in manchen Bereichen) oder inkonsistent, was es erschwert, Hypothesen

aufzustellen.

Ziel dieser Arbeit ist es, die zwei genannten Punkte zu kombinieren und somit ein neu-

ropsychologisches Profil der Menschen zu erstellen, die die Kriterien für beide Diagno-

sen (ASD+) erfüllen.

2.2 Relevanz der Untersuchung

Zum einen bedarf es neuer Studien, die im Vergleich der Gruppen von Menschen mit

einer ADHD und mit einer ASD den Aspekt der Komorbidität berücksichtigen. Diese

Ergebnisse sollten mit den älteren Studien, die die Komorbidität nicht berücksichtigt

haben, verglichen und kritisch evaluiert werden.

Zum anderen gibt es Bedarf aus der klinischen Praxis, das Patientenklientel der Men-

schen mit einer ASD+ zu untersuchen. Die Komorbidität führt zu schwerwiegenderen

Beeinträchtigungen im Alltag und somit zu einer höheren Rate an Inanspruchnahme von

Krankenbehandlungen (Grodberg & Kolevzon, 2009). Es gibt allerdings bis dato keine

spezielle Therapieform, die die Bedürfnissen dieser Menschen berücksichtigt. Zudem

werden die Menschen mit einer ASD+ oft lange Zeit falsch diagnostiziert (z.B. als

ADHD) und entsprechend falsch behandelt. Dies zieht wichtige ökonomische aber auch

ethische Gründe mit sich, die die Relevanz dieser Untersuchung unterstreichen.

Page 65: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

2 Fragestellung der Untersuchung 65

2.3 Hypothesen und erwartete Ergebnisse

Wie schon erwähnt, ist das Ziel dieser Arbeit, kognitive Profile in den Bereichen der EF

und der ToM speziell für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen mit einer ASD+ zu

erstellen und diese mit den Gruppen der ASD-, ADHD und TD zu vergleichen.

Durch die inkonsistente und in diesem Bereich noch dünne Datenlage ist es nicht leicht

Hypothesen über das erwartete kognitive Profil der Menschen mit einer ASD+ aufzu-

stellen. Im Prinzip kann man sich vier mögliche Modelle vorstellen:

1. Das Profil der ASD+ ist identisch mit dem Profil der ASD-.

2. Das Profil der ASD+ ist identisch mit dem Profil der ADHD.

3. Die Gruppe der ASD+ hat ein eigenständiges Profil, das unabhängig von der

Gruppe der ASD- und ADHD ist.

4. Es gibt einen additiven Effekt dahingehend, dass die Gruppe der ASD+ die Be-

einträchtigungen der Gruppe der ASD- und die der ADHD zeigt. Hier kann man

wiederum zwischen zwei Modellen unterscheiden:

a. Der additive Effekt ist quantitativ. Dies bedeutet, dass in Bereichen, in

denen sowohl die Gruppe der Menschen mit einer ADHD sowie die

Gruppe der Menschen mit einer ASD- Beeinträchtigungen zeigen, sich

diese addieren, sodass die Gruppe der Menschen mit einer ASD+ stärke-

re Beeinträchtigungen in diesen Bereichen zeigt.

b. Der additive Effekt ist qualitativ. Dies bedeutet, dass die Gruppe der

Menschen mit einer ASD+ in all jenen Bereichen Beeinträchtigungen

zeigt, in denen die Menschen mit ADHD oder die Menschen mit ASD-

Beeinträchtigungen zeigen.

Die folgenden Hypothesen beziehen sich auf Modell 4b, da es aufgrund der Zusammen-

schau der Literatur als am wahrscheinlichsten erscheint. Für alle Modelle finden sich

jedoch Belege in der Literatur, weswegen es wichtig ist, auch die anderen Modelle zur

Interpretation der Ergebnisse heranzuziehen und abzuwägen.

Im ersten Teil der Fragestellung geht es um die Leistung in den Aufgaben zur ToM bei

den Gruppen der ASD+, ASD-, ADHD sowie TD. Folgende Fragestellungen sind von

Interesse:

Gibt es bezüglich der ToM Unterschiede zwischen den vier Gruppen?

Gibt es einen (zumindest teilweise) additiven Effekt in dem Sinne, dass die Patienten

mit einer ASD+ die Defizite in der ToM der Gruppe der ASD- und der ADHD zeigen?

Page 66: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

2 Fragestellung der Untersuchung 66

Aus den Fragestellungen ergeben sich folgende Hypothesen:

1. Die Probanden mit einer ADHD weisen im Vergleich zu den typisch entwickel-

ten Probanden mehr Fehler in einer Emotionserkennungsaufgabe (Face-Test)

auf.

2. Die Probanden mit einer ASD- weisen im Vergleich zu den typisch entwickelten

Probanden und den Probanden mit einer ADHD höhere Werte in der Entschei-

dungszeit in einer Emotionserkennungsaufgabe (Face-Test) und eine geringere

Anzahl gelöster false-belief-Aufgaben auf.

3. Die Probanden mit einer ASD+ weisen im Vergleich zu den typisch entwickel-

ten Probanden mehr Fehler und höhere Werte in der Entscheidungszeit in einer

Emotionserkennungsaufgabe (Face-Test) und eine geringere Anzahl gelöster fal-

se-belief-Aufgaben auf.

Die Hypothesen sind überblicksartig in Tabelle 5 dargestellt.

Tabelle 5: Hypothesen zur ToM

Emotionserkennung FB-Aufgaben

Antwortkorrektheit Entscheidungszeit

ADHD ↓ ↑ ↑

ASD- - ↓ ↓

ASD+ ↓ ↓ ↓

Anmerkungen: „↓“: Beeinträchtigung vorhanden; „↑“: Keine Beeinträchtigung vorhanden; „-“: Keine Aussage

Im zweiten Teil der Fragestellung geht es nun um die Leistung in den Aufgaben zu den

EF bei den Gruppen der ASD+, ASD-, ADHD sowie TD. Folgende Fragestellungen

sind von Interesse:

Gibt es bezüglich der EF Unterschiede in den vier Gruppen?

Addieren sich auch hier die Effekte?

Aus den Fragestellungen ergeben sich folgende Hypothesen:

4. Die Probanden mit einer ADHD weisen im Vergleich zu den typisch entwickel-

ten Probanden Beeinträchtigungen im Arbeitsgedächtnis, in der Inhibitionsleis-

tung und in der Aufmerksamkeitsleistung auf.

Page 67: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

2 Fragestellung der Untersuchung 67

a. Sie haben eine geringere visuell-räumliche Arbeitsgedächtnisspanne

(Corsi) und eine geringere verbale Arbeitsgedächtnisspanne (Wortspan-

ne).

b. Sie zeigen einen größeren Wert in der „Stop signal reaction time“

(SSRT) in der Stop-Signal-Task und einen größeren Wert der Inhibiti-

onsleistung gemessen mit einer Stroop-Variante (Hund-Katze-Aufgabe).

c. Sie zeigen längere Reaktionszeiten in Aufmerksamkeitsaufgaben mit ei-

ner geringeren Anzahl Trials (Dino1) und einer größeren Anzahl Trials

(Daueraufmerksamkeit, Dino2).

5. Die Probanden mit einer ASD- weisen im Vergleich zu den typisch entwickelten

Probanden Beeinträchtigungen in der kognitiven Flexibilität und der Planungs-

leistung auf.

a. Sie haben höhere Reaktionszeiten und mehr Fehler in den Wechselbe-

dingungen in einer Aufgabe zur kognitiven Flexibilität (Schatztruhen-

test).

b. Sie zeigen eine geringere Performanz in einer Tower of London-

Aufgabe (ToL).

6. Die Probanden mit einer ASD+ zeigen in allen erhobenen Bereichen der EF Be-

einträchtigungen im Vergleich zu den typisch entwickelten Probanden.

a. Sie haben höhere Reaktionszeiten und mehr Fehler in den Wechselbe-

dingungen in einer Aufgabe zur kognitiven Flexibilität (Schatztruhen-

test).

b. Sie zeigen eine geringere Performanz in einer Tower of London-

Aufgabe (ToL).

c. Sie haben eine geringere visuell-räumliche Arbeitsgedächtnisspanne

(Corsi) und eine geringere verbale Arbeitsgedächtnisspanne (Wortspan-

ne).

d. Sie zeigen einen größeren Wert in der „Stop signal reaction time“

(SSRT) in der Stop-Signal-Task und einen größeren Wert der Inhibiti-

onsleistung gemessen mit einer Stroop-Variante (Hund-Katze-Aufgabe).

e. Sie zeigen längere Reaktionszeiten in Aufmerksamkeitsaufgaben mit ei-

ner geringeren Anzahl Trials (Dino1) und einer größeren Anzahl Trials

(Daueraufmerksamkeit, Dino2).

Die Hypothesen sind überblicksartig in Tabelle 6 dargestellt.

Page 68: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

2 Fragestellung der Untersuchung 68

Tabelle 6: Hypothesen zu EF

Kognitive

Flexibilität

Planung WM Inhibition Aufmerksamkeit

ADHD - - ↓ ↓ ↓

ASD- ↓ ↓ - - -

ASD+ ↓ ↓ ↓ ↓ ↓

Anmerkungen: „↓“: Beeinträchtigung vorhanden; „-“: Keine Aussage; WM = Arbeitsgedächtnis

Explorativ interessiert des Weiteren die Fragestellung, ob es signifikante Zusammen-

hänge zwischen den Variablen der ToM und denen der EF gibt.

Page 69: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 69

3 Methode

Die eben dargestellten Hypothesen sollen mit der im Folgenden dargestellten Methode

geprüft werden.

3.1 Teilnehmende

Im Rahmen dieser Untersuchung werden Daten an vier Gruppen erhoben. Die drei kli-

nischen Gruppen bestehen aus Kindern und Jugendlichen mit der Diagnose einer

ADHD, einer ASD ohne komorbide ADHD und der Diagnose einer ASD mit komorbi-

der ADHD. Zusätzlich findet eine Datenerhebung bei einer Gruppe von Kindern und

Jugendlichen statt, die eine typische Entwicklung aufweisen und an keiner psychischen

Erkrankung leiden.

3.1.1 Rekrutierung der Teilnehmenden und Stichprobenauswahl

Bei der Rekrutierung der Teilnehmenden für diese Studie war es wichtig, die Alterszel-

len gleich zu besetzen und zumindest bei den klinischen Gruppen durch Einsehen von

vorab durchgeführten IQ-Tests nur Patienten mit einem IQ ≥ 80 in die Untersuchung

einzuschließen. Die Teilnehmenden der klinischen Gruppen wurden hauptsächlich über

die psychiatrische Institutsambulanz der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie

des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik Freiburg rekrutiert. Über das Auslegen von

Flyern sowie einen Artikel in der Badischen Zeitung wurden die Probanden der Gruppe

der typisch entwickelten Kinder rekrutiert. Hierauf meldeten sich jedoch auch Familien

mit Kindern mit einer ADHD, die als Patienten von niedergelassenen Kinder- und Ju-

gendpsychiatern behandelt wurden. Der Flyer sowie der Zeitungsartikel befinden sich

im Anhang A.1 und A.2.

Die Ein- und Ausschlusskriterien für die Studie werden im Folgenden dargestellt:

• Einschlusskriterien:

o Muttersprache: Deutsch

o Alter: 6;0-14;0 Jahre

o IQ ≥ 80

o Händigkeit: Rechts

o Visus: Unbeeinträchtigt oder korrigiert

o Hörfähigkeit: Unbeeinträchtigt

o Von Eltern und Kindern unterschriebener „informed consent“

• Ausschlusskriterien:

o Neurologische Erkrankungen

o Farbenblindheit

Page 70: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 70

o Bei der Gruppe TD: Neurologische oder psychiatrische Diagnose, sowie ein

auffälliger Wert im SRS und/oder CBCL/ 4--18

Insgesamt wurden 202 Probanden zur Teilnahme an der Studie einbestellt. Davon sind

fünf Probanden (drei Kinder mit einer ADHD, zwei Kinder mit einer ASD) aus unter-

schiedlichen Gründen nicht erschienen. Manche hatten den Termin vergessen, andere

mussten aufgrund einer Erkrankung absagen. Ein Kind hatte sich beispielsweise den

Arm gebrochen. Von den dann erhobenen 197 Datensätzen mussten 3 ausgeschlossen

werden, wegen einer im Nachhinein bekannt gewordenen neurologischen Erkrankung

(z.B. Epilepsie; ein Kind mit einer ADHD, ein Kind mit einer ASD, ein Kind der Grup-

pe TD). Weitere sechs Probanden wurden ausgeschlossen, weil die Diagnose im Nach-

hinein als unklar eingestuft wurde (bei vor allem von extern rekrutierten Patienten; ein

Kind mit einer ASD, fünf Kinder mit einer ADHD). Des Weiteren wurden sieben Kin-

der ausgeschlossen, die ursprünglich als typisch entwickelte Kinder getestet wurden, im

Nachhinein aber eine Diagnose gestellt wurde, beziehungsweise bei denen auffällige

Werte in den störungsspezifischen Fragebögen festgestellt wurden. Bei den Probanden

mit einer ADHD kam es zu vier weiteren Ausschlüssen wegen unzureichenden Werten

im IQ-Test (SPM). Es verblieben somit 177 Datensätze.

In den klinischen Gruppen fanden sich nur vereinzelt weibliche Probanden. Um die

Gruppen zu parallelisieren und somit vergleichbar zu machen, gingen nur die Werte der

männlichen Probanden in die Auswertung ein. Da für diese Auswertung somit aus-

schließlich die Werte der männlichen Probanden interessieren, wurden die Datensätze

der 38 Mädchen ausgeschlossen, was schließlich zu insgesamt 139 Datensätzen führte.

3.1.2 Diagnostik der Teilnehmenden

Alle Teilnehmenden der klinischen Gruppen (ASD & ADHD) sind bereits im Rahmen

ihrer Behandlung in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und

Jugendalter der Uniklinik Freiburg diagnostiziert worden. Eine Ausnahme bildeten ver-

einzelte ADHD-Patienten, die in Praxen von niedergelassenen Kinder- und Jugendpsy-

chiatern angebunden sind. Die Diagnostik wurde in allen Fällen nach den gängigen

Standards durchgeführt, was vor Einschluss jedes einzelnen Patienten in die Studie ge-

prüft wurde.

Die Kinder mit einer ASD wurden mit den Autismus-Screening-Verfahren FSK (Bölte

& Poustka, 2006) und MBAS (Kamp-Becker et al., 2005), dem strukturierten Beobach-

tungsverfahren ADOS (Rühl et al., 2004), dem Elterninterview ADI-R (Bölte et al.,

2005) und einer ausführlichen kognitiven Leistungsdiagnostik, wie zum Beispiel dem

HAWIK-IV (Petermann & Petermann, 2010), untersucht. Die Differenzierung in die

Gruppen ASD- und ASD+ erfolgte im Rahmen dieser Studie. In die Diagnosestellung

der Kinder mit einer ADHD flossen ein ausführliches Anamnesegespräch sowie die

Page 71: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 71

Auswertung des Schulberichts mit ein. Zudem wurden hier in Form einer Gruppendiag-

nostik eine Leistungstestung sowie verschiedene Konzentrationsverfahren durchgeführt.

Das Verhalten der Teilnehmer wurde dabei von geschulten Psychologen bewertet. Für

alle Patienten liegen die Ergebnisse des CBCL/4--18 (Arbeitsgruppe Deutsche Child

Behavior Checklist, 1998) vor.

Die Klassifikation erfolgte nach den Kriterien der ICD-10 (Dilling et al., 2011).

Die oben erwähnten störungsspezifischen Verfahren wurden bereits in den Kapiteln

zum theoretischen Hintergrund vorgestellt und beschrieben.

Zur weiteren diagnostischen Abklärung entsprechend der Einschlusskriterien dieser

Studie, wurden im Rahmen dieser Erhebungen die Fragebögen FBB-ADHS und SBB-

ADHS aus dem DISYPS-II (Döpfner et al., 2008) zur Erfassung der ADHD-

Symptomatik sowie die SRS (Bölte & Poustka, 2007) zur Erfassung der autismusspezi-

fischen Symptomatik erhoben. Der Wert in der SRS diente zum Ausschluss einer tief-

greifenden Entwicklungsstörung bei den Gruppen der Kinder mit einer typischen Ent-

wicklung und der Gruppe der Kinder mit einer ADHD. Hierfür wurden die T-Normen

verwendet, die für ein T = 61 - 75 von einer schwachen bis mittelschweren Beeinträch-

tigung der sozialen Reaktivität und ab einem T = 76 von einer schweren Beeinträchti-

gung der sozialen Reaktivität ausgehen. Die Ergebnisse in den Fragebögen des DISYPS

dienten zusammen mit dem, im Rahmen der Studie durchgeführten, Interview KIDDIE-

SADS (Chambers et al., 1985) als Klassifikationskriterium für die Unterscheidung zwi-

schen dem Störungsbildes der ASD- und der ASD+. Die CBCL/4--18 (Arbeitsgruppe

Deutsche Child Behavior Checklist, 1998) wurde als begleitendes klinisches Verfahren

zum Ausschluss einer psychischen Störung in der Gruppe der typisch entwickelten Kin-

der und Jugendlichen eingesetzt.

Die eben erwähnten Verfahren wurden mit Ausnahme der KIDDIE-SADS bereits in den

Kapiteln zum theoretischen Hintergrund erläutert.

Die KIDDIE-SADS ist ein semistrukturiertes, diagnostisches Interview zur Erfassung

der Psychopathologie des Kindes- und Jugendalters. Seit der Erstpublikation (Chambers

et al., 1985) wurde es mehrfach adaptiert. Aktuell sind mehrere Versionen verfügbar

(Ambrosini, 2000). Die „KIDDIE-SADS – Present and Lifetime Version“, die in dieser

Untersuchung Anwendung fand, erfasst gegenwärtige und zurückliegende Episoden

psychischer Störungen nach DSM-IV-TR (Saß et al., 2003). Der Interviewer stellt vor-

formulierte Fragen und kodiert anhand der Antworten der Eltern und des Kindes die

Ausprägung des jeweiligen Symptoms in einer zusammenfassenden Beurteilung.

Die Einteilung in die Gruppen der ASD- und ASD+ erfolgte, wie oben schon kurz er-

wähnt, hauptsächlich anhand des Ergebnisses der KIDDIE-SADS. Zur Überprüfung

wurden zusätzlich die Ergebnisse in den Fragebögen des DISYPS-II hinzugezogen. Die

Einschätzung wurde von einem Team aus einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsy-

Page 72: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 72

chiatrie und einer Diplom-Psychologin auf der Grundlage der Ergebnisse aus den Inven-

taren vorgenommen. Im Zweifel flossen zusätzlich die Anamnesen der Patienten und

Informationen des Krankheitsverlaufs in das klinische Urteil ein. Somit entspricht diese

Vorgehensweise den von Sinzig und Lehmkuhl postulierten Anforderungen an eine

komorbide ADHD bei Menschen mit einer ASD (Sinzig & Lehmkuhl, 2011b), dass in

Studiendesigns, die die Gruppen der ASD-, ASD+ und ADHD miteinander vergleichen,

klare Unterscheidungsmerkmale für die einzelnen Gruppen definiert sein müssen.

3.1.3 Beschreibung der Stichprobe

Die in die Datenauswertung eingegangenen 139 Datensätze teilen sich in 48 Kinder und

Jugendliche mit einer ADHD, 47 Kinder mit einer ASD und 44 Kinder der Gruppe TD

auf. Von den 47 Kindern mit einer ASD wurden 19 als ASD- und 28 als ASD+ klassifi-

ziert (siehe Tabelle 7). Somit haben 60% der ASD-Patienten eine komorbide ADHD,

was den Ergebnissen der Literatur entspricht.

Tabelle 7: Anzahl der Teilnehmer pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 19 28 44 139

Klassifiziert nach ICD-10 (Dilling et al., 2011) haben von den 19 Patienten mit einer

ASD- 40% die Diagnose einer F84.0 (frühkindlicher Autismus, high-functioning), 20%

eine F84.1 (atypischer Autismus) und 40% eine F84.5 (Asperger-Syndrom). Von den 28

Patienten mit einer ASD+ haben 28% die Diagnose einer F84.0, 21% eine F84.1 und

52% eine F84.5. Von den Patienten mit einer ADHD haben 31% die Diagnose einer

F90.0 (einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung) und 69% die Diagnose einer

F90.1 (hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens).

Betrachtet man die Diagnose der Kinder und Jugendlichen mit einer ADHD nach dem

Klassifikationsschema des DSM-IV-TR (Saß et al., 2003), das in unterschiedliche Sub-

typen unterteilt, zeigen 21% die Diagnose einer ADHD mit vorherrschend unaufmerk-

samem Typus, 26% die Diagnose mit vorherrschend hyperaktiv-impulsiven Typus, 33%

leiden an dem Mischtypus und 19% haben eine ADHD-nicht näher bezeichnet. Die

Teilnehmer mit einer ASD und einer komorbiden ADHD haben zu 36% die Diagnose

einer ADHD mit vorherrschend unaufmerksamem Typus, 28% die Diagnose mit vor-

herrschend hyperaktiv-impulsiven Typus, 28% leiden an dem Mischtypus und 8% ha-

ben eine ADHD–nicht näher bezeichnet.

Die Erfassung der Komorbiditäten mit dem KIDDIE-SADS (Chambers et al., 1985)

zeigte bei den Kindern mit einer ADHD zum Zeitpunkt der Studie sieben Kinder mit

Page 73: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 73

einer komorbiden Enuresis, zwei Kinder mit einer Enkopresis, ein Kind mit einer de-

pressiven Störung, 14 Kinder mit einer oppositionellen Störung, vier Kinder mit einer

Störung des Sozialverhaltens, zwei Kinder mit einer Anpassungsstörung mit gemischter

Störung der Emotionen und des Sozialverhaltens und zweimal kam eine komorbide Tic-

Störung vor. Insgesamt erfüllten hiervon 16 Kinder die Kriterien für eine weitere

Komorbidität und acht Kinder die Kriterien für zwei weitere Komorbiditäten.

Von den 19 Kindern mit einer ASD- erfüllten 2 die diagnostischen Kriterien für eine

soziale Phobie.

Von den 28 Kindern mit einer ASD und einer komorbiden ADHD (ASD+) kam zusätz-

lich bei einem Kind die Komorbidität der „Major Depression“ vor. Ein Kind litt an ei-

nem Tourette-Syndrom und jeweils drei Mal konnte die zusätzliche Diagnose einer En-

uresis, Enkopresis und oppositionellen Störung vergeben werden vor. Auch hier kamen

bei zwei Kindern zusätzlich zum ASD+ mehrere Komorbiditäten vor. Ein Kind litt an

zwei weiteren Komorbiditäten und ein Kind sogar an drei.

Des Weiteren interessiert die Alters- und IQ-Verteilung der Kinder und Jugendlichen.

Um ein einheitliches Maß für den IQ-Wert zu haben, mit dem man die Gruppen verglei-

chen kann, wird fortan immer das Ergebnis des SPM als Maß für den IQ herangezogen

und nicht die Werte aus Vortestungen mit ausführlichen Verfahren, die zur Überprüfung

der Einschlusskriterien herangezogen wurden, wie zum Beispiel den HAWIK-IV (Pe-

termann & Petermann, 2010).

Die „Standard Progressive Matrices – SPM“ (Raven, Raven, & Court, 2002) sind ein

Intelligenztest für Jugendliche und Erwachsene. Sie bestehen aus fünf Sets mit je 12

Aufgaben. Die Aufgaben bestehen aus bildlichen Problemstellungen, deren unvollstän-

dige Darstellung von dem Probanden vervollständigt werden soll, indem er aus mögli-

chen Antwortalternativen das passende Teil auswählt. Es wurden zufriedenstellende

Reliabilitäten und Validitäten festgestellt. Er zeigt bei Kindern und Jugendlichen mittle-

re bis hohe Korrelationen mit anderen non-verbalen IQ-Tests. Für die SPM liegt eine

umfangreiche Normierung vor.

Die Kinder und Jugendlichen sind im Mittelwert 10.0 Jahre alt (SD = 2.2) und haben

einen IQ von 96 Punkten (SD = 15.7). Die Mittelwerte und die Verteilung von Alter und

IQ der einzelnen Gruppen zeigt Tabelle 8.

Page 74: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 74

Tabelle 8: Alter (in Jahren) und IQ pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD

Alter IQ Alter IQ Alter IQ Alter IQ

M 10.0 92.8 10.1 95.6 9.9 98.9 9.8 97.8

SD 2.2 15.5 2.4 17.2 2.1 15.3 2.4 15.4

Min 6.1 65 6.0 69 6.1 65 6.3 61

Max 14.0 135 13.2 139 13.5 135 13.9 139

Der im Rahmen der Studie durchgeführte und hier berichtete SPM wurde an dieser Stel-

le genutzt, um die Gruppen miteinander vergleichen und um auf eventuelle Zusammen-

hänge mit anderen Variablen schließen zu können. Er wurde nach der anstrengenden

Testbatterie von 2 Stunden neuropsychologischer Tests durchgeführt. Einige der Kinder

konnten sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gut konzentrieren. Dies erklärt sicherlich

die teilweise niedrigen Ergebnisse. Als IQ-Einschlusskriterium wurde bei den klini-

schen Gruppen ein vor der Studie und in einem standardisierten Setting durchgeführtes

ausführliches Intelligenzverfahren benutzt.

Die Gruppen unterscheiden sich weder im Alter (F(3, 135) < 1) noch im IQ (F(3, 133) =

1.17, p < .33) signifikant.

Betrachtet man die Besetzung verschiedener Alterskategorien (Alterskategorie1: 6.00-

7.99 Jahre; Alterskategorie2: 8.00-9.99 Jahre; Alterskategorie3: 10.00-11.99 Jahre; Al-

terskategorie4: 12.00-13.99 Jahre) pro Gruppe zeigt sich ein ausgewogenes Bild. Zum

Zeitpunkt der Rekrutierung war noch nicht absehbar, welcher Anteil der Patienten mit

einer ASD noch eine komorbide ADHD hat. Somit konnte nicht explizit auf die einheit-

liche Besetzung der Alterskategorien der beiden Untergruppen mit einer ASD geachtet

werden. Die Verteilung fiel dennoch zufriedenstellend aus. Die Ergebnisse sind in Ta-

belle 9 und zur Veranschaulichung in Abbildung 1 dargestellt.

Tabelle 9: Anzahl der Teilnehmer pro Alterskategorie (in Jahren)

Alter ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

6.00- 7.99 10 4 6 14 34

8.00- 9.99 15 4 9 9 37

10.00-11.99 12 7 5 10 34

12.00-13.99 11 4 8 11 34

Gesamt 48 19 28 44 139

Page 75: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 75

Abbildung 1: Anzahl der Teilnehmer pro Alterskategorie (in Jahren) und Gruppe

Alterskategorie: 1 = 6.00-7.99; 2 = 8.00-9.99; 3 = 10.00-11.99; 4 = 12.00-13.99

Das Ausmaß der autismusspezifischen Symptomatik wurde mit dem SRS (Bölte &

Poustka, 2007) erhoben. Es zeigt sich deutlich, dass, wie erwartet, die Teilnehmenden

der Gruppen der ASD die höchsten Werte erreichen, die auch im auffälligen Bereich

liegen. Die Gruppe der Kinder mit einer ASD+ zeigt den höchsten Mittelwert, also die

größte Beeinträchtigung der sozialen Reaktivität. Auch manche Teilnehmer mit einer

ADHD zeigen erhöhte Werte. Dies ist nicht überraschend, da auch Menschen mit einer

ADHD an Einschränkungen in der sozialen Reaktivität und im sozialen Miteinander

leiden. Diese Fälle wurden jedoch einzeln geprüft und der entsprechende Proband ver-

blieb nur in der Auswertung, wenn bei ihm ein klarer Ausschluss für eine ASD-

Diagnose bestand. Die Ergebnisse sind in Tabelle 10 dargestellt.

Page 76: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 76

Tabelle 10: SRS: Gesamtwert pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 43 19 26 42 130

M 66.09 74.68 80.38 46.07 63.74

SD 10.45 7.86 12.65 10.06 16.86

Min 44 61 61 25 25

Max 91 90 100 68 100

3.2 Materialien und Messinstrumente

In diesem Abschnitt folgt eine Beschreibung der verwendeten Untersuchungsinstrumen-

te, die bei den eben beschriebenen Gruppen von Probanden angewandt wurden.

Es fand eine Ausreißereliminierung nach dem Interquartilskriterium nach Tukey statt.

Als Ausreißer nach oben, wurden alle Werte +Q3 festgelegt, als Ausreißer nach unten

alle Werte unter 100ms.

Die Instruktionen aller Tests und Aufgaben befinden sich im Anhang B.3 und B.4.

3.2.1 Beschreibung der Theory of Mind-Batterie

Wie im Kapitel des theoretischen Hintergrundes dargestellt, gibt es insgesamt viele un-

terschiedliche Paradigmen, mit denen das Konzept der ToM erforscht wurde und wird.

Besonders häufig werden Aufgaben zur Emotionserkennung und false-belief-Aufgaben

als Operationalisierung des ToM-Konstrukts eingesetzt.

3.2.1.1 Face-Test

Beim Face-Test handelt es sich um einen Emotionserkennungstest, bei dem implizite

ToM-Fähigkeiten abverlangt werden. Der Test wurde in englischer Sprache erstellt und

erstmals angewandt von einer Arbeitsgruppe um Baron-Cohen (Baron-Cohen, Wheel-

wright, et al., 1997) und von der Freiburger Arbeitsgruppe im Rahmen einer anderen

Studie (Müller, 2007) übersetzt und computerisiert, um die Entscheidungszeiten messen

zu können. Bei diesem Test ist das ganze Gesicht einer Schauspielerin zu sehen, die 10

basale Emotionen (Freude, Trauer, Angst, Wut, etc.) und 10 komplexe mentale Zustän-

de (Bewunderung, Interesse, Nachdenklichkeit, etc.) darstellt. Der Proband muss zwi-

schen zwei Gefühlsausdrücken (Adjektiven) wählen, die unter dem Bild stehen. Abbil-

dung 2 zeigt ein beispielhaftes Item.

Page 77: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 77

Abbildung 2: Emotionserkennung, Face-Test: Beispielitem

Vom Ablauf her erscheinen zuerst die beiden Adjektive. Sie werden dem Probanden

vorgelesen und etwaige Verständnisprobleme können geklärt werden. Dann erscheint

das Bild auf dem Bildschirm und der Proband nennt seine Antwort. Der Versuchsleiter

drückt sofort die entsprechende Taste. Ausgezählt werden die Anzahl richtiger Antwor-

ten sowie die Entscheidungszeit. Die Aufgabe startet mit vier Beispielitems aus ande-

rem Stimulusmaterial. Erstmalig in dieser Untersuchung wird zudem die Präsentations-

zeit des Stimulus, also des Bildes, variiert und begrenzt. Durch die begrenzte Darbie-

tungszeit ist das Verfahren ökologisch valider, da in der Alltagswelt der mimische Ge-

sichtsausdruck einer Person meist nur kurz sichtbar ist und schnell wechseln kann und

somit nur wenig Zeit für eine Interpretation bleibt. In der gerade erwähnten Studie

(Müller, 2007) wurde bereits der Face-Test ohne begrenzte Darbietungszeit benutzt und

herausgefunden, dass die Kinder und Jugendlichen mit einer ASD bei ausreichend vor-

handenen Zeiträumen eben auch zur richtigen Lösung kommen. Befragt nach Strategien

konnten einige der Probanden mit einer ASD explizit dazu Auskunft geben, wie sie die

Aufgabe gelöst haben. Die Probanden mit einer ADHD oder einer typischen Entwick-

lung konnten dies in der Mehrzahl nicht. Durch die begrenzte Darbietungszeit besteht

die Hoffnung, das Anwenden explizit angewandter und erlernter Strategien zu verhin-

dern, beziehungsweise an Alltagsbedingungen anzupassen. Insgesamt gibt es vier Be-

dingungen, die für jeden Probanden randomisiert dargeboten werden, um Reihenfol-

geeffekte ausschließen zu können. Der Proband weiß nicht, welche Bedingung jeweils

Page 78: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 78

als nächstes kommt oder gerade vorliegt. In Bedingung 1 ist die Darbietungszeit des

Bildes auf 500ms begrenzt, in Bedingung 2 auf 1000ms und in Bedingung 3 auf

1500ms. Danach sind nur noch die Adjektive zu sehen. In Bedingung 4 ist die Darbie-

tungszeit des Bildes unbegrenzt (wie in der ursprünglichen Version). Der Proband ent-

scheidet in Bedingung 4 selbst, wann er die Antwort gibt und beendet somit die Darbie-

tung (self-paced). Somit besteht jede Bedingung aus fünf Bildern. Die Zeiten für die

Beschränkung der Darbietungszeit wurden aus der erwähnten vorhergehenden Studie

(Müller, 2007) abgeleitet sowie an anderen Studien orientiert (z.B. Rump, Giovannelli,

Minshew, & Strauss, 2009; Tracy, Robins, Schriber, & Solomon, 2011).

3.2.1.2 False-belief-Aufgaben

Die FB-Aufgaben, deren Grundstruktur bereits im Kapitel zum theoretischen Hinter-

grund beschrieben wurde, dienen hier als Maß der expliziten ToM. Die FB-Batterie die-

ser Studie besteht aus einer first-order-FB-Aufgabe (verstehen was eine andere Person

denkt) und zwei second-order-FB-Aufgaben (verstehen, was eine andere Person denkt,

was wieder eine andere Person denkt), wobei hier jeweils eine Aufgabe nach der Hand-

lung und die andere nach der Intention des Protagonisten fragt. Die first-order-FB-

Aufgabe (Wo sind die nassen Schuhe?; Kern, 2005) besteht aus einer Geschichte, in der

ein Mädchen, da es gerade im Badezimmer ist, nicht merkt, dass ihr Hund ihre Schuhe

versteckt, und sie somit nicht mehr da stehen, wo sie sie abgestellt hat. Die Kinder sol-

len schließlich beantworten, wo das Mädchen zuerst nach den Schuhen suchen wird.

Um die Aufgabe korrekt lösen zu können, müssen die Probanden sich in das Mädchen

hinein versetzen und verstehen, dass ihr eine Information fehlt, die sie selbst aber haben.

In der second-order-FB-Aufgabe mit der Frage nach der Handlung (Bonbongeschichte)

geht es um einen Bonbonverkäufer sowie einen Jungen und ein Mädchen in einem Park.

Das Mädchen möchte sich Bonbons kaufen, hat aber kein Geld dabei und eilt nach Hau-

se um welches zu holen in der Annahme, dass der Bonbonverkäufer im Park bleibt. Die-

ser geht jedoch in die Stadt, was allerdings nur der Junge, der im Park zurückbleibt,

mitgeteilt bekommt. Er will das Mädchen informieren. Dieses hat jedoch von seinem

Fenster aus den Verkäufer in die Stadt fahren sehen. Deren Mutter sagt dem Jungen,

dass das Mädchen schon unterwegs zum Bonbonverkäufer sei. Die FB-Frage an den

Probanden lautet: „Wo wird der Junge das Mädchen suchen?“. Hier geht es also darum,

dass der Proband sich vorstellen muss, was der Junge denkt, was das Mädchen denkt,

um die Frage richtig beantworten zu können. Es ist hier eine Repräsentationsstufe und

somit eine ToM-Stufe mehr enthalten. Die Bonbongeschichte basiert auf der Eiscreme-

geschichte von Wimmer und Perner (Perner & Wimmer, 1985) und wurde für Untersu-

chungen im Rahmen der Freiburger Arbeitsgruppe leicht abgeändert. Ähnlich verhält es

sich mit der Aufgabe nach der Frage nach der Intention des Protagonisten (die Waldge-

schichte; Wichmann, 1996). Es konnte gezeigt werden, dass das das Erkennen von In-

Page 79: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 79

tentionen im Vergleich zu Verhaltensvorhersagen eine weitere Schwierigkeitsstufe be-

inhaltet (Wichmann, 1996).

In der Durchführung werden den Probanden diese drei Geschichten vorgelesen, und sie

können parallel dazu die Bilder zu jeder Geschichte betrachten. Im Anschluss werden

den Kindern Fragen gestellt. Die Fragen nach jeder Geschichte setzen sich im Fall der

first-order-FB-Aufgabe aus der FB-Frage erster Ordnung, der Begründungs-, Realitäts-

und Wissensfragen zur Kontrolle der Antworten und Absicherung gegenüber reinem

Raten zusammen. Bei den second-order-FB-Aufgaben wird zusätzlich die FB-Frage

zweiter Ordnung gestellt. Als richtig wird die Antwort einer Geschichte nur gewertet,

wenn alle Fragen richtig beantwortet werden. Die Geschichten befinden sich im Anhang

B.1 und sind entnommen aus einer unveröffentlichten Diplomarbeit der Freiburger Ar-

beitsgruppe (Strohmer, 2007). Abbildung 3 zeigt die Illustration zur first-order-FB-

Aufgabe.

Abbildung 3: FB-Aufgaben: Bilder zur first-order-FB-Aufgabe

3.2.2 Beschreibung der Batterie der exekutiven Funktionen

Die im Folgenden beschriebene Batterie der Tests zu den EF wurde im Rahmen des

eingangs erwähnten Projektes „Cognitive development and related neurophysiological

and -anatomical changes in early childhood“, in dem auch diese Studie durchgeführt

Page 80: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 80

wurde, von einer Gruppe klinisch sowie testtheoretisch versierter Psychologen und Ärz-

ten entwickelt, zusammengestellt und erprobt.

3.2.2.1 Inhibition

Wie die Darstellung der Ergebnisse zur Inhibitionsleistung im Kapitel des theoretischen

Hintergrundes zeigt, scheint es von der Aufgabenform abzuhängen, ob eine Beeinträch-

tigung in der Inhibitionsleistung bei Menschen mit einer ASD vorliegt oder nicht. Dies

spricht dafür, mehrere Maße der Inhibition zu erheben.

Stop-Signal-Task

Dieser Test, der auf dem bereits im Kapitel zu EF beschriebenen Stop-Signal-Paradigma

(Ozonoff & Strayer, 1997) beruht, bedient sich dem Stimulus einer Katze (siehe Abbil-

dung 4). Als Grundaufgabe, die in der Grundstruktur eine einfache Reaktionsaufgabe

ist, erscheint hier eine Katze auf dem Bildschirm und der Versuchsteilnehmer soll so

schnell wie möglich auf eine extern angeschlossene Taste drücken. In der Inhibitionsbe-

dingung leuchtet der Hintergrund rot auf. Dann soll der Proband die Reaktion inhibieren

und nicht die Taste drücken. Die Zeit zwischen dem Erscheinen der Katze auf dem

Bildschirm und dem Erscheinen des roten Hintergrundes ist variabel und adaptiert an

die Inhibitionsleistung des Probanden. Die hieraus berechnete Stop-Signal-Reaction-

Time (SSRT) ist ein Maß für den Inhibitionsprozess und beschreibt in Sekunden einen

Adaptionsvorgang der Aufgabe. Je nach Inhibitionsleistung des Probanden wurde das

Stoppsignal zeitlich näher oder entfernter an das Go-Signal gesetzt und zwar so, dass es

dem Probanden möglich war, 2/3 der Trials zu inhibieren. Kleine Werte sprechen also

für einen guten motorischen Inhibierer. Damit die Versuchsperson nicht den Adaptions-

prozess beeinflusst, indem sie ihre Reaktion absichtlich verlangsamt, ertönt ein Warnton

bei zu langem Abwarten.

Abbildung 4: Inhibition, Stop-Signal-Task: Stimuli

Hund-Katze-Aufgabe

Dieser Test basiert auf dem Stroop-Paradigma (Stroop, 1935), kommt jedoch, was ein

großer Vorteil bei Kindern und Jugendlichen ist, ohne den Einfluss der Lesefähigkeit

aus. In der kongruenten Bedingung soll der Proband „Hund“ beziehungsweise „Katze“

Page 81: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 81

sagen, wenn er das entsprechende Bild des Tieres auf dem Bildschirm sieht. In der

Testbatterie sind unterschiedliche Bilder von Katzen und Hunden enthalten, die jedoch

klar zuzuordnen sind (als Beispiel siehe Abbildung 5). In der Stroop-Bedingung soll der

Proband „Hund“ sagen, wenn er eine Katze sieht und „Katze“, wenn ein Hund auf dem

Bildschirm erscheint. Die Antworten der Probanden werden per Audiorekorder aufge-

zeichnet, was eine Auswertung der Reaktionszeiten möglich macht. Zusätzlich soll die

relative Häufigkeit korrekter Antworten in der ersten Bedingung mit der Stroop-

Bedingung ins Verhältnis gesetzt werden, um so ein Maß für die Inhibition zu erhalten.

Abbildung 5: Inhibition, Hund-Katze-Aufgabe: Beispielhafte Stimuli

3.2.2.2 Kognitive Flexibilität

Schatztruhentest

Diese Aufgabe entstand in Anlehnung an die Switch Task von Dibbets und Jolles

(2006). Die in Form einer Geschichte vorgetragene Instruktion des Versuchsleiters leitet

den Probanden an, den Schatz des Prinzen unter gewissen Regeln zu suchen. Auf dem

Bildschirm kann entweder eine Tag-Bedingung simuliert sein (hellblauer Hintergrund

und eine Sonne) oder eine Nacht-Bedingung (schwarzer Hintergrund und ein Mond).

Immer ist zusätzlich ein orangenes und ein blaues Haus zu sehen, die mit Hilfe von zwei

Tasten ausgewählt werden können (rechts / links). Tagsüber ist der Schatz im blauen

Haus versteckt und nachts im orangenen Haus. Die Aufgabe besteht aus drei Bedingun-

gen. Bedingung 1 besteht nur aus Tag-Trials, die aufgeteilt in zwei Blöcken zu je 10

Trials erscheinen. Bedingung 2 verhält sich äquivalent mit nur Nacht-Trials. In 4×10

Durchgängen von Bedingung 3 erscheinen ausbalanciert Nacht- und Tag-Trials im

Wechsel. Die drei Bedingungen sind in Abbildung 6 dargestellt. Somit können globale

Wechselkosten entstehen beim Wechsel von den Bedingungen 1 oder 2 („gleich“-

Bedingungen) nach 3 (Wechsel-Bedingung). Zur Berechnung der globalen Wechselkos-

ten werden also die Blöcke der „gleich“-Bedingung mit Blöcken der Wechselbedingung

verglichen. Lokale Wechselkosten können innerhalb Bedingung 3 entstehen beim Ver-

gleich von Items bei denen gewechselt wird, wo also beispielsweise auf ein Tag-Item

ein Nacht-Item folgt, mit Items bei denen zwei Items der gleichen Kategorie (Tag oder

Page 82: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 82

Nacht) aufeinander folgen. Es werden jeweils die Antwortkorrektheit sowie die Ant-

wortzeit erhoben und ausgewertet.

Abbildung 6: Kognitive Flexibilität, Schatztruhentest: Stimuli und Versuchsaufbau

3.2.2.3 Arbeitsgedächtnis

Corsi-Test

Dies ist ein Test der visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisspanne. Der Proband sieht auf

dem Bildschirm 16 blaue Quadrate, vier in jeder der insgesamt vier Reihen. Manche der

Quadrate sind grün eingefärbt. Die Aufgabe des Probanden besteht darin, sich die Loka-

lisation der grünen Quadrate zu merken. Nach wenigen Sekunden erscheint wieder die

Fläche mit den blauen Quadraten und der Proband soll die Quadrate, die vorher grün

gewesen sind, via Touchscreen, antippen (für ein Beispielitem siehe Abbildung 7). Die

Anzahl der grünen Quadrate, die zu merken sind, steigert sich mit den Durchläufen,

sodass hier eine Gedächtnisspanne von maximal acht zu erreichen ist. Ein Abbruch er-

folgt automatisch, wenn alle Durchgänge einer Schwierigkeitsstufe nicht gemeistert

werden. Der Proband wird nach jeder richtig gemeisterten Aufgabe durch eine Ton-

bandaufnahme verstärkt („Weiter so!“).

Abbildung 7: Arbeitsgedächtnis, Corsi: Beispielitem

Page 83: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 83

Wortspanne

Die verbale Arbeitsgedächtnisspanne ist ein Paper-Pencil-Test, der dem Anhang B.2

dieser Arbeit beigefügt ist. Dem Probanden werden verschiedene Begriffe vorgelesen,

die er anschließend wiedergeben soll. Die Anzahl der Begriffe steigt immer nach zwei

Items. Abgebrochen wird, wenn beide Aufgaben einer Schwierigkeitsstufe nicht ge-

meistert wurden.

3.2.2.4 Planung

Tower of London (ToL)

Die Grundstruktur dieses Tests in der ursprünglichen Form (Shallice, 1982) wurde be-

reits im Kapitel der EF beschrieben. In dieser Untersuchung wird der Test computeri-

siert durchgeführt, was das Messen der Planungszeit (initial thinking time) und der Aus-

führungszeit (movement execution time) erlaubt. Zusätzlich interessiert die Anzahl der,

mit dem Minimum der nötigen Züge, gelösten Probleme. Bei der hier verwendeten 3-

Ball-Version erscheint auf der oberen Hälfte des Bildschirms der Zielzustand und in der

unteren Hälfte der Startzustand (Für ein Beispielitem siehe Abbildung 8). Die Kinder

sollen nun die Bälle des Startzustandes mit der Maus in die Anordnung des Zielzustan-

des bringen und dabei mehrere Regeln beachten. Es lässt sich nur der obere Ball bewe-

gen, also kein Ball, der unter einem anderen liegt. Es lässt sich nur ein Ball zu einer Zeit

bewegen. Auf die längste Stange passen maximal drei Bälle, auf die mittlere Stange

maximal zwei Bälle und auf die kürzeste Stange maximal ein Ball. Mit der Ansage vor

jedem Trial: „Denk ganz genau nach, bevor du anfängst“ ist gewährleistet, dass die

Kinder im Voraus planen und somit wirklich die Planungszeit gemessen wird und die

Kinder nicht nach dem „Trial and error Prinzip“ handeln. Die Aufgaben reichen von

Zwei-Zug- bis zu Fünf-Zug-Problemen und werden nach einer Minute abgebrochen.

Der Übungsdurchgang besteht aus vier Zwei-Zug-Problemen, die Aufgabe startet dann

mit acht Drei-Zug-, gefolgt von acht Vier-Zug- und schließlich acht Fünf-Zug-

Problemen. Diese Aufteilung entspricht dem von Kaller und Kollegen (Kaller, Rahm,

Köstering, & Unterrainer, 2011) vorgeschlagenen ToL-Problem-Set.

Page 84: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 84

Abbildung 8: Planung, Tower of London: Beispielitem

3.2.2.5 Aufmerksamkeit

Dino1

Beim Dino1 geht es um die Messung der Reaktionszeit. Der Test wird am Anfang der

Testbatterie durchgeführt, um Ermüdungserscheinungen zu vermeiden. Die Kinder sol-

len immer, wenn der Dino (siehe Abbildung 9) auf dem Bildschirm erscheint, eine ex-

tern angeschlossene Taste drücken. Insgesamt sind dies 40 Trials, wobei das erste nicht

in die Auswertung mit aufgenommen wurde. Werte über 2000ms und unter 100ms wur-

den aus der Auswertung ausgeschlossen.

Abbildung 9: Aufmerksamkeit, Dino: Stimuli

Page 85: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 85

Dino2

Dieser Test zur Messung der Daueraufmerksamkeit wird analog zum Dino1 durchge-

führt, nur dass hier 4 mal 40 Trials zu bearbeiten sind. Dieser Test wird am Ende der

Testbatterie der EF durchgeführt. Auch hier werden Werte über 2000ms und unter

100ms aus der Auswertung ausgeschlossen.

3.3 Übersicht und Design

Das in dieser Studie durchgeführte Quasiexperiment besteht aus vier Gruppen (ADHD,

ASD-, ASD+, TD), die als unabhängige Variablen dienen. Bei manchen Aufgaben ist

durch die verschiedenen Bedingungen innerhalb einer Aufgabe zusätzlich ein Messwie-

derholungsfaktor vorhanden. Als abhängige Variablen dienen die Ergebnisparameter

der Maße der EF und der Maße der ToM.

Tabelle 11 gibt eine Übersicht über die im Rahmen dieser Studie durchgeführten Test-

und Fragebogenverfahren.

Page 86: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 86

Tabelle 11: Übersicht über durchgeführte Test- und Fragebogenverfahren

ADHD ASD-/ASD+ TD

Voruntersuchung CBCL/4--18

Leistungs- und Kon-

zentrationsdiagnostik

Verhaltensbeobachtung

Anamnese und klini-

sches Urteil

CBCL/4--18

FSK

MBAS

ADOS

ADI-R

Ausführliche Leis-

tungsdiagnostik

CBCL/4--18

SRS SRS SRS

Zusätzliche

Fragebögen/

Interview

FBB-ADHS

SBB-ADHS

KIDDIE-SADS

FBB-ADHS

SBB-ADHS

KIDDIE-SADS

-

Testverfahren

(in zeitlicher

Abfolge)

Dino1

ToL

Wortspanne

Hund-Katze- Aufgabe

Corsi

Stop-Signal-Task

Schatztruhentest

Dino2

SPM

Face-Test

FB-Aufgaben

Dino1

ToL

Wortspanne

Hund-Katze-Aufgabe

Corsi

Stop-Signal-Task

Schatztruhentest

Dino2

SPM

Face-Test

FB-Aufgaben

Dino1

ToL

Wortspanne

Hund-Katze-Aufgabe

Corsi

Stop-Signal-Task

Schatztruhentest

Dino2

SPM

Face-Test

FB-Aufgaben

3.4 Durchführung

3.4.1 Ort der Durchführung

Die eben beschriebenen Testungen der Kinder sowie die Interviews mit den Eltern wur-

den in den Räumlichkeiten der Ambulanz der Abteilung für Psychiatrie und Psychothe-

rapie im Kindes- und Jugendalter oder in den Räumen des „Freiburg Brain Imaging

Laboratory“ des Neurozentrums der Uniklinik Freiburg durchgeführt, die ausreichend

Page 87: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 87

lärmgeschützt waren. Der Computer sowie der dazugehörige Touchscreen standen auf

einem Schreibtisch. Zwei an den Computer angeschlossene Tasten dienten bei einigen

Aufgaben als Antworttasten. Bei einigen Aufgaben, bei denen es besonders um die

Messung der Reaktionszeiten ging, diente ein Blatt mit einem farbigen Kreis, auf den

die Kinder zwischen den Trials ihre Hand legen mussten, als Hilfe, um die Ergebnisse

vergleichbar zu machen. Getränke und Knabbersachen wurden zur Stärkung der Pro-

banden bereitgestellt.

3.4.2 Beschreibung des Ablaufs der Datenerhebung

Den Teilnehmenden wurden bereits im Voraus die Einverständniserklärungen für die

neuropsychologische Testbatterie (Anhang A.5) sowie für die, die Studie begleitende,

MRT- und fNIRS-Untersuchung zugeschickt. Zudem wurden die Fragebögen (SRS,

CBCL/ 4--18, FBB-ADHS, SBB-ADHS), das Informationsblatt zum Projekt (Anhang

A.3), eine Anfahrtsskizze und eine Terminbestätigung zugeschickt. Die Kinder mit ei-

ner Methylphenidat-Medikation wurden gebeten, diese am Tag der Testung bezie-

hungsweise 24h vorher nicht einzunehmen. Dieser Bitte kamen die betroffenen Teil-

nehmer nach. Die Datenerhebung der Kinder sowie die Interviews der Eltern erfolgten

einzeln. Nach einer kindgerechten Erläuterung über den Ablauf und Sinn der Datener-

hebung anhand der Einverständniserklärung für Kinder (Anhang A.4), sowie einer Er-

läuterung für die Eltern, begann die Datenerhebung. Die Eltern hatten vorab die Mög-

lichkeit weitere Fragen zu klären. Eltern und Kind trennten sich, wenn möglich, und ein

Versuchsleiter führte mit den Eltern das Interview durch, während ein anderer die neu-

ropsychologischen Testverfahren mit dem Kind bearbeitete. Es wurden die EF-Batterie,

der SPM und schließlich die ToM-Tests mit den Probanden durchgeführt. Die Abfolge

der Testverfahren ist in Kapitel 3.3 dargestellt. Die Instruktionen finden sich im Anhang

B.3 und B.4. Auffälligkeiten, Besonderheiten und Abweichungen vom Standardproze-

dere wurden auf einem Protokollbogen notiert. Diese meist 2.5-stündige Erhebung war

durch mehrere Pausen unterbrochen. Die Versuchsleiter waren Diplom-Psychologen,

Studierende der Psychologie oder der Medizin. Nach einer ausführlichen Einarbeitung,

wurde sich regelmäßig in mehreren Treffen abgestimmt, um die Durchführungsobjekti-

vität zu sichern. Die Kinder wurden motiviert, indem ein selbstgebasteltes Schiebesys-

tem sie in ihrem Fortkommen verstärkte und visualisierte, wie viele Aufgaben sie schon

geschafft haben und wie viele Tests noch vor ihnen liegen. Des Weiteren durfte sich

jedes Kind am Ende der Untersuchung etwas aus einer Schatzkiste aussuchen. In einem

zweiten Termin erfolgten die MRT-Erhebung und die fNIRS-Erhebung. Beide Messun-

gen sind nicht Gegenstand dieser Arbeit.

Page 88: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 88

3.4.3 Aufwandsentschädigung und Rückmeldung an die Teilnehmenden

Den Teilnehmenden wurden die Fahrtkosten erstattet. Hierzu wurde entweder der Fahr-

schein des Kindes und einer Begleitperson bezahlt oder bei Anreise mit dem Auto eine

Kilometerpauschale ausbezahlt. Des Weiteren erhielt jeder Proband beziehungsweise

seine Eltern 65€ als Aufwandsentschädigung für die Teilnahme an dem vom BMBF

geförderten Projekt (EF-Batterie, MRT-Erhebung, fNIRS-Erhebung, Elterninterview

und Fragebögen) und zusätzlich einen Kinogutschein für die Teilnahme an der ToM-

Batterie. Den Probanden der klinischen Gruppen (ADHD, ASD-, ASD+) wurden in

Briefform auf individueller Ebene Rückmeldungen über ihre Ergebnisse in den Frage-

bögen (SRS, SBB-ADHS, FBB-ADHS), dem orientierenden Intelligenzverfahren

(SPM) und im klinischen Interview (KIDDIE-SADS) gegeben. Eine Vorlage ist in An-

hang A.6 zu finden.

3.5 Datenverarbeitung und Auswertung

Wie bereits erwähnt, besteht das Untersuchungsdesign aus der unabhängigen Variable

der Gruppenzugehörigkeit sowie bei manchen Aufgaben aus den verschiedenen Bedin-

gungen innerhalb einer Aufgabe (Messwiederholungsfaktor). Als abhängige Variablen

dienen die Ergebnisparameter der Maße der EF und der Maße der ToM. Nach Darstel-

lung der deskriptiven Statistik wurden Gruppenvergleiche gerechnet. Des Weiteren inte-

ressiert das Korrelationsmuster der Variablen der EF und der ToM.

Die Untersuchungsbefunde wurden innerhalb der Abteilung für Psychiatrie und Psycho-

therapie im Kindes- und Jugendalter statistisch ausgewertet. Die Auswertung erfolgte

mit Verfahren der beschreibenden und schließenden Statistik mittels der Standard-

Software SAS Version 9.1.3 und SPSS (PASW) Version 18 und 20.

Die zentrale Auswertung bestand im Vergleich der vier Gruppen mittels einer einfakto-

riellen Varianzanalyse mit den Maßen der ToM und der EF als abhängiger Variable. Wo

es möglich war, wurde mit a priori Kontrasten gearbeitet, um herauszufinden, wie sich

die Gruppen unterscheiden. Die Kontraste wurden angelehnt an die Differenz-

Kontraste. Eine der Hauptfragestellungen dieser Arbeit bezieht sich auf den Unterschied

zwischen der Gruppe der ASD+ und der ASD-. Dieser Vergleich ist im ersten Kontrast

verwirklicht. Interessant ist weiterhin, wie die Gruppen der Kinder mit einer Diagnose

aus dem autistischen Spektrum im Vergleich zur Gruppe der Kinder mit einer ADHD

abschneiden (Kontrast 2). Als dritter Kontrast wurden die klinischen Gruppen mit der

Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung verglichen. Die verwendeten Kon-

traste sind in Tabelle 12 veranschaulicht.

Page 89: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 89

Tabelle 12: Verwendete Kontraste

Kontrast

ADHD ASD- ASD+ TD

1 0 -1 1 0

2 2 -1 -1 0

3 -1 -1 -1 3

Es wurden zusätzlich post-hoc Vergleiche (Tukey-HSD-Prozedur) gerechnet.

Bei den Gruppenvergleichen wurden die Varianzen der Variablen mittels des Levene-

Tests auf Homogenität überprüft. War dies nicht der Fall, wurde die Korrektur mit dem

Welch-Test herangezogen.

Falls die Voraussetzungen für die geplante Auswertung nicht erfüllt waren, wurden non-

parametrischen Verfahren gerechnet. Es wurden der Kruskal-Wallis-Test und der U-

Test von Mann-Whitney gerechnet.

Bei einigen Variablen wurde zusätzlich ein Messwiederholungsfaktor in die Berech-

nung einbezogen. Aufgrund der Robustheit des Verfahrens wurde diese zweifaktorielle

Varianzanalyse auch gerechnet, wenn die Normalverteilungsvoraussetzung nicht für alle

Gruppen über alle Variablen hinweg gegeben war.

Falls trotz eines signifikanten Kolmogorov-Smirnoff-Tests ein parametrisches Verfah-

ren gerechnet wurde, wurde zuvor mittels eines Histogramms überprüft, ob die Vertei-

lung unimodal und symmetrisch ist.

War die Voraussetzung der Sphärizität nicht gegeben, wurde die Greenhouse-Geisser-

Korrektur gerechnet.

Bei signifikanten Gruppenunterschieden wurden, wo es möglich war (Voraussetzungen

für parametrische Verfahren erfüllt), Effektstärken berechnet und angegeben. Als Ef-

fektstärkemaß für die Varianzanalysen wurde das part. η2 verwendet, was den

Anteil der

durch einen Faktor aufgeklärten Varianz auf der Ebene der Stichprobe angibt. Bei den

paarweisen Vergleichen wurde Cohens d berechnet, bei den Kontrasten rContrast und bei

den Korrelationen dient r selbst als Effektgröße.

Bei der Überprüfung der Zusammenhänge wurde die Produkt-Moment-Korrelation nach

Pearson gerechnet, falls die Voraussetzungen hierfür erfüllt waren. Da für die 3-stufige

Variable „Anzahl korrekt gelöster FB-Aufgaben“ die Voraussetzungen hierfür nicht

erfüllt sind, wurde hier die Rangkorrelation nach Spearman berechnet.

Wie zu erwarten, korreliert das Alter mit einigen der abhängigen Variablen signifikant.

Da die Gruppen sich allerdings vom Alter her nicht signifikant unterscheiden, die Al-

terszellen ähnlich stark besetzt sind und etwaige Alterseffekte sich somit auf alle Grup-

Page 90: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

3 Methode 90

pen gleichmäßig auswirken, wurde das Alter nicht als Kovariate eingeführt. Die Variab-

le wurde a priori versuchsplanerisch kontrolliert, sodass diese Störvariable zwischen

den Gruppen vergleichbar gehalten wurde. Es gibt Studien (z.B. Happé et al., 2006), die

unterschiedliche Entwicklungsverläufe zwischen den Gruppen, speziell zwischen der

Gruppe mit einer typischen Entwicklung und der Gruppe mit einer ASD, zeigen. Daher

würde hier hauptsächlich die Interaktion „Gruppe × Alter“ interessieren. Diese Auswer-

tung, mit dem Alter als zweiter unabhängiger Variable, wurde durchgeführt. Hierbei

ergaben sich vereinzelt Tendenzen, die auf unterschiedliche Entwicklungsverläufe der

Gruppen hinweisen. Leider sind in der hier vorliegenden Studie die einzelnen Alters-

gruppen für diese Art der Auswertung zu schwach besetzt um diese Unterschiede infer-

enzstatistisch belegen zu können und somit eine Aussage treffen zu können. Die vorläu-

fige Auswertung wird in der Diskussion in Abschnitt 5.3.1.1 dargestellt.

Signifikante Zusammenhänge der abhängigen Variablen mit dem IQ bestehen kaum.

Das Alpha-Fehler-Niveau wurde bei 5% festgelegt.

Page 91: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 91

4 Ergebnisse

Im Anschluss folgt eine Darstellung der Ergebnisse. Die Interpretation der Ergebnisse

sowie die Integration in den Gesamtzusammenhang der Fragestellung folgt im darauf-

folgenden Kapitel Diskussion.

4.1 Probleme bei der Datenerhebung

Als problematisch bei der Datenerhebung ist sicherlich die hohe kognitive Anstrengung

der Kinder bei der großen Testbatterie zu sehen. Dies führte zu Ermüdungserscheinun-

gen und Konzentrationsabfällen. Trotz aller Versuche das Testmaterial möglichst an-

sprechend zu gestalten, empfanden manche Kinder es als langweilig, was mit Motivati-

onseinbußen einherging.

Bei der Hund-Katze-Aufgabe (Stroop, Inhibition) sollten ursprünglich auch die Reakti-

onszeiten gemessen werden, was durch eine Tonaufnahme der Antwort der Kinder rea-

lisiert war. Leider war diese Aufnahme teilweise unzuverlässig und nicht immer eindeu-

tig auswertbar, weswegen nur die Antwortkorrektheit ausgewertet werden konnte.

Die Schwierigkeiten bei der Durchführung der SPM wurden bereits bei der Beschrei-

bung der Stichprobe erwähnt.

4.2 Maße der Theory of Mind

Im Folgenden werden die Ergebnisse der ToM-Aufgaben dargestellt.

4.2.1 Emotionserkennung: Face-Test

Die Erhebung der impliziten ToM anhand des Face-Tests liefert als Ergebnisparameter

die Antwortkorrektheit sowie die Entscheidungszeit.

4.2.1.1 Antwortkorrektheit

Beim Face-Test interessiert unter anderem der durchschnittliche Anteil richtig gelöster

Aufgaben pro Gruppe.

Bei der univariaten 2-faktoriellen Varianzanalyse mit Innersubjektfak-

tor/Messwiederholungsfaktor „Bedingung“ (vier unterschiedliche Darbietungszeiten)

und Zwischensubjektfaktor „Gruppe“ (ADHD, ASD-, ASD+, TD) wird der Zwischen-

subjektfaktor „Gruppe“ nicht signifikant (F(3, 121) = 1.03, p < .39). Die Kinder der

Gruppe mit einer ASD- haben 72% der Aufgaben richtig gelöst (SDASD- = 14%), die

Kinder der Gruppe mit einer ASD+ 75% (SDASD+ = 12%), genauso die Kinder mit einer

Page 92: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 92

ADHD (SDADHD = 14%) und die Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung

haben 78% der Aufgaben richtig gelöst (SDTD = 12%). Die deskriptive Statistik ist in

Tabelle 13 dargestellt.

Tabelle 13: Face-Test: Anteil richtig gelöster Aufgaben pro Gruppe (in %)

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 44 17 21 43 125

M 75 72 75 78 76

SD 14 14 12 12 13

Min 30 50 50 50 30

Max 100 95 90 100 100

Die Kontraste und paarweisen Vergleiche ergeben keine signifikanten Gruppenunter-

schiede.

Der Innersubjektfaktor „Bedingung“ ist nicht signifikant (F(3, 363) = 1.61, p < .19).

Betrachtet man die Anzahl richtig gelöster Items in den vier Bedingungen getrennt,

zeigt sich, dass in Bedingung1 und in Bedingung2 jeweils 77% der Aufgaben richtig

gelöst wurden (Bedingung1: SDGesamt = 21%; Bedingung2: SDGesamt = 22%), Bedin-

gung3 befindet sich im Mittelfeld (MGesamt = 76%; SDGesamt = 20%) und in Bedingung4

wurden am wenigsten Items richtig gelöst (MGesamt = 72%; SDGesamt = 18%).

Die Wechselwirkung zwischen „Bedingung“ und „Gruppe“ ist signifikant (F(9, 363) =

2.13, p < .03), was einer Effektgröße von part. η2 = 0.05 (kleiner Effekt) entspricht.

Wie sich das Muster der Antwortkorrektheit in den vier Bedingungen pro Gruppe ver-

hält, zeigen Tabelle 14 und Abbildung 10.

Page 93: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 93

Tabelle 14: Face-Test: Anteil richtig gelöster Aufgaben pro Bedingung und Gruppe (in

%)

Bedingung ADHD (N = 44)

ASD- (N = 17)

M SD Min-Max M SD Min-Max

1 75 23 20-100 74 23 20-100

2 75 24 0-100 74 21 40-100

3 80 20 20-100 66 23 40-100

4 72 18 40-100 73 17 40-100

Bedingung ASD+ (N = 21)

TD (N = 43)

M SD Min-Max M SD Min-Max

1 71 22 40-100 84 15 60-100

2 77 21 40-100 80 21 40-100

3 82 15 60-100 74 19 20-100

4 68 15 40- 80 74 20 20-100

Anmerkungen: Bedingung 1: Darbietungszeit = 500ms; Bedingung 2: Darbietungszeit = 1000ms; Bedingung 3:

Darbietungszeit = 1500ms; Bedingung 4: Darbietungszeit = unbegrenzt

Page 94: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 94

Abbildung 10: Face-Test: Antwortkorrektheit (mal hundert ergibt Prozentsatz korrekter

Antworten) in den vier Bedingungen pro Gruppe

Darbietungszeit in den Bedingungen: 1 = 500ms; 2 = 1000ms; 3 = 1500ms; 4 = unbe-

grenzt

Die Gruppe der TD zeigt in Bedingung1 im Vergleich zu den anderen Bedingungen die

meisten korrekten Antworten (M = 84%, SD = 15%). Für die anderen Gruppen ist dies

nicht der Fall. Der Gruppenvergleich für Bedingung1 mit dem Welch-Test ist signifi-

kant (F(3, 45.90) = 3.25, p < .03). Kontrast 3 ist signifikant (t(88.47) = 3.05, p < .01;

rContrast = 0.31 [mittlerer Effekt]), was bedeutet, dass sich die klinischen Gruppen von

den typisch entwickelten Kindern signifikant unterscheiden. Knapp nicht signifikant ist

der Vergleich der Gruppe der Kinder mit einer ASD+ mit den typisch entwickelten

Kindern (p < .09; d = 0.71 [mittlerer Effekt]). Bei Bedingung2 (χ2 (3) = 1.71, p < .64)

und Bedingung4 (χ2 (3) = 2.17, p < .54) unterscheiden sich die Gruppen im Kruskal-

Wallis-Test nicht signifikant voneinander. Auch die paarweisen Vergleiche ergeben

keine signifikanten Unterschiede. Hingegen zeigt sich bei Bedingung3 ein signifikanter

Gruppenvergleich über alle vier Gruppen hinweg (χ2 (3) = 8.23, p < .04). Während die

Gruppen der ADHD (M = 80%, SD = 20%) und ASD+ (M = 82%, SD = 15%) bei dieser

Bedingung im Vergleich zu den anderen Bedingungen die meisten korrekten Antworten

geben, geben die Teilnehmer der Gruppe mit einer ASD- hier die wenigsten korrekten

Page 95: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 95

Antworten (M = 66%, SD = 23%). Bei den paarweisen Vergleichen zeigen sich zwei

signifikante Gruppenunterschiede. So unterscheidet sich die Gruppe der Kinder mit ei-

ner ASD- signifikant von der Gruppe der Kinder mit einer ASD+ (W = 260.50, p < .04)

und einer ADHD (W = 392.00, p < .02).

4.2.1.2 Entscheidungszeit

Beim Face-Test konnte zudem die Entscheidungszeit erhoben werden.

Bei der univariaten 2-faktoriellen Varianzanalyse mit Innersubjektfak-

tor/Messwiederholungsfaktor „Bedingung“ (1-4) und Zwischensubjektfaktor „Gruppe“

(ADHD, ASD-, ASD+, TD) wird der Zwischensubjektfaktor „Gruppe“ signifikant (F(3,

121) = 4.78, p < .01), was eine Effektgröße von part. η2

= 0.11 (mittlerer Effekt) ergibt.

Hier zeigt sich, dass die Kinder mit einer typischen Entwicklung mit durchschnittlich

1,79s am schnellsten reagierten, und die Kinder mit einer ASD- mit 2.70s am langsams-

ten (MADHD = 1.99s, SDADHD = 0.87s, MASD- = 2.70s, SDASD- = 1.28s, MASD+ = 2.28s,

SDASD+ = 0.91s, MTD = 1.79s, SDTD = 0.67s). Die deskriptive Statistik ist in Tabelle 15

dargestellt.

Tabelle 15: Face-Test: Entscheidungszeit pro Gruppe (in Sekunden)

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 44 17 21 43 125

M 1.99 2.70 2.28 1.79 2.07

SD 0.87 1.28 0.91 0.67 0.92

Min 1.03 1.25 1.29 0.96 0.96

Max 5.66 6.02 5.58 3.53 6.02

Kontrast 2 und 3 sind signifikant. Somit unterscheiden sich sowohl die zwei Gruppen

mit einer ASD zusammen von der Gruppe der Kinder mit einer ADHD (t(121) = -2.53,

p < .02; rContrast = 0.22 [kleiner Effekt]) und die klinischen Gruppen von der Gruppe der

Kinder mit einer typischen Entwicklung (t(121) = -3.09, p < .01; rContrast = 0.27 [kleiner

Effekt]). In den Post-hoc-Tests ergeben sich signifikante paarweise Vergleiche. Die

Gruppe der Kinder mit einer ASD- entschied sich signifikant langsamer als die Gruppe

der Kinder mit einer typischen Entwicklung (p < .01; d = 1.02 [großer Effekt]) und die

Gruppe der Kinder mit einer ADHD (p < .03; d = 0.70 [mittlerer Effekt]).

Der Innersubjektfaktor „Bedingung“ ist nach der Greenhouse-Geisser-Korrektur eben-

falls signifikant (F(2.56, 312.74) = 55.72, p < .01), was einer Effektgröße von part. η2

=

0.32 (großer Effekt) entspricht. Betrachtet man die Entscheidungszeit für die vier Be-

dingungen getrennt, zeigt sich, dass im Mittelwert bei der self-paced Bedingung (Be-

Page 96: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 96

dingung4) die längste Entscheidungszeit gezeigt wurde, wohingegen bei Bedingung3

die kürzeste Entscheidungszeit gezeigt wurde (Bedingung1: MGesamt = 2.09s; SDGesamt =

0.86s; Bedingung2: MGesamt = 1.69s; SDGesamt = 1.02s; Bedingung3: MGesamt = 1.52s;

SDGesamt = 1.28s; Bedingung4: MGesamt = 2.98s; SDGesamt = 1.56s).

Die Wechselwirkung zwischen „Bedingung“ und „Gruppe“ ist knapp nicht signifikant

(F(7.75, 312.74) = 1.80, p < .08; part. η2 = 0.04 [kleiner Effekt]).

Eine getrennte Auswertung der Bedingungen pro Gruppe ergibt das Bild, wie es in Ta-

belle 16 und Abbildung 11 dargestellt ist.

Tabelle 16: Face-Test: Entscheidungszeit pro Aufgabenbedingung (in Sekunden) und

Gruppe

Bedingung ADHD (N = 44)

ASD- (N = 17)

ASD+ (N = 21) TD (N = 43)

M SD Min-

Max

M SD Min-

Max

M SD Min-

Max

M SD Min-

Max

1 1.94 0.57 0.96-

4.04

2.45 1.02 1.39-

5.99

2.53 0.97 1.29-

5.08

1.88 0.88 0.67-

3.92

2 1.72 1.28 0.41-

8.02

2.36 0.96 1.01-

4.24

1.61 0.63 0.88-

3.22

1.42 0.76 0.32-

3.24

3 1.40 0.90 0.28-

5.45

2.59 2.62 0.65-

11.68

1.48 0.76 0.49-

3.94

1.25 0.78 0.28-

4.11

4 2.91 1.74 1.71-

12.94

3.39 1.77 1.94-

8.77

3.51 1.99 2.00-

11.23

2.63 0.83 1.39-

4.65

Anmerkungen: Bedingung 1: Darbietungszeit = 500ms; Bedingung 2: Darbietungszeit = 1000ms; Bedingung 3:

Darbietungszeit = 1500ms; Bedingung 4: Darbietungszeit = unbegrenzt

Page 97: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 97

Abbildung 11: Face-Test: Entscheidungszeit in den vier Bedingungen pro Gruppe (in

Zehntel ms)

Darbietungszeit in den Bedingungen: 1 = 500ms; 2 = 1000ms; 3 = 1500ms; 4 = unbe-

grenzt

Der Gruppenvergleich in Bedingung1 mittels Welch-Test ergibt ein signifikantes Er-

gebnis (F(3, 44.56) = 3.48, p < .02), was einer Effektgröße von part. η2 = 0.10 (mittlerer

Effekt) entspricht. Kontrast 2 und 3 sind signifikant. Somit unterscheiden sich die bei-

den Gruppen mit einer ASD zusammen von der Gruppe der Kinder mit einer ADHD

signifikant (t(51.99) = -2.98, p < .01; rContrast = 0.38 [mittlerer Effekt]) und die klini-

schen Gruppen zusammen von der Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung

signifikant (t(79.07) = -2.46, p < .02; rContrast = 0.27 [kleiner Effekt]). In den Post-hoc-

Einzelvergleichen zeigen sich zudem signifikante Gruppenunterschiede zwischen der

Gruppe der Kinder mit einer ASD+ und einer ADHD (p < .04; d = 0.81 [großer Effekt])

sowie TD (p < .02, d = 0.71 [mittlerer Effekt]). Der paarweise Vergleich zwischen der

Gruppe mit typischer Entwicklung und mit ASD- ist knapp nicht signifikant (p < .08; d

= 0.61 [mittlerer Effekt]).

Der Gruppenvergleich für Bedingung2 ergibt ebenfalls einen signifikanten Unterschied

zwischen den vier Gruppen (χ2(3) = 15.48, p < .01). Es ergeben sich zudem signifikante

Page 98: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 98

Unterschiede zwischen der Gruppe der Kinder mit einer ASD- und einer ADHD (W =

1182.00, p < .01), einer ASD+ (W = 313.00, p < .01) sowie der Gruppe der Kinder mit

einer typischen Entwicklung (W = 1094.00, p < .01). Die Gruppe der Kinder mit einer

ASD+ unterscheidet sich knapp nicht von der Gruppe der typisch Entwickelten (W =

1277.00, p < .09).

Der Gruppenvergleich in Bedingung3 ergibt auch einen signifikanten Unterschied zwi-

schen den vier Gruppen (χ2(3) = 11.92, p < .01). Und wieder unterscheidet sich die

Gruppe der Kinder mit einer ASD- von der Gruppe der Kinder mit einer ADHD (W =

1203.00, p < .01) und TD (W = 1112.00, p < .01) signifikant, nicht jedoch von der

Gruppe der Kinder mit einer ASD+.

Bei Bedingung4 ist der Gruppenvergleich knapp nicht signifikant (χ2 (3) = 7.72, p <

.06). Die paarweisen Vergleiche ergeben einen signifikanten Unterschied zwischen der

Gruppe der Kinder mit einer ASD+ und den typisch entwickelten Kindern (W =

1239.00, p < .03).

4.2.2 False-belief-Aufgaben

Es wurden insgesamt drei unterschiedliche false-belief-Aufgaben durchgeführt. Zuerst

werden die Gruppen anhand der Anzahl gelöster Aufgaben verglichen und schließlich

werden die Gruppenunterschiede für jede Aufgabe einzeln betrachtet.

4.2.2.1 Summe aller false-belief-Aufgaben

Die Analyse der Anzahl gelöster FB-Aufgaben (mit einem Wertebereich von 0-3) zeigt,

dass die Gruppe der Kinder mit einer ASD- durchschnittlich am wenigsten Aufgaben

richtig gelöst hat, gefolgt von den Kindern mit einer ASD+ und die typisch entwickelten

Kinder haben am meisten Aufgaben richtig gelöst (MADHD = 1.73, SDADHD = 0.90, MASD-

= 1.39, SDASD- = 0.92, MASD+ = 1.45, SDASD+ = 0.86, MTD = 1.93, SDTD = 0.87). Die de-

skriptive Statistik ist in Tabelle 17 dargestellt.

Tabelle 17: FB-Aufgaben: Anzahl richtig gelöster Aufgaben pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 44 18 22 42 126

M 1.73 1.39 1.45 1.93 1.70

SD 0.90 0.92 0.86 0.87 0.90

Min 0 0 0 0 0

Max 3 3 3 3 3

Page 99: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 99

Der Gruppenvergleich mit dem Kruskal-Wallis-Test mit durchschnittlicher Anzahl kor-

rekt gelöster FB-Aufgaben als abhängiger Variable ist knapp nicht signifikant (χ2(3) =

6.40, p < .09). Die Einzelvergleiche mittels des Mann-Whitney-U-Tests zeigen signifi-

kante Gruppenunterschiede zwischen der Gruppe der Kinder mit einer typischen Ent-

wicklung und den Gruppen der Kinder mit einer ASD- (W = 427.5, p < .04) und einer

ASD+ (W = 581.50, p < .05).

14% der Kinder mit einer ASD+ haben keine Aufgabe richtig gelöst, 36% haben nur

eine Aufgabe richtig gelöst, 41% haben zwei Aufgaben richtig gelöst und 9% haben alle

drei Aufgaben richtig gelöst. Wie sich dies bei den anderen Gruppen verhält zeigt Ta-

belle 18 und Abbildung 12.

Tabelle 18: FB-Aufgaben: Anteil pro Gruppe, die N Aufgaben richtig gelöst hat (in %)

Anzahl

gelöster

Aufgaben

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

0 9 17 14 5 10

1 30 39 36 26 31

2 41 33 41 40 40

3 20 11 9 29 20

Page 100: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 100

Abbildung 12: Anteil pro Gruppe, die N Aufgaben richtig gelöst hat (in %)

4.2.2.2 Die unterschiedlichen FB-Aufgabentypen

Betrachtet man die unterschiedlichen Aufgabentypen, zeigt sich, dass 88% der Teil-

nehmer die false-belief-Aufgabe erster Ordnung, 47% die false-belief-Aufgabe zweiter

Ordnung mit der Frage nach der Handlung des Protagonisten und 35% der Teilnehmer

die false-belief-Aufgabe zweiter Ordnung mit der Frage nach der Intention des Protago-

nisten richtig lösten. Durchweg lösten die Kinder mit einer typischen Entwicklung die

meisten Aufgaben. Die genaue Verteilung zeigt Tabelle 19.

Page 101: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 101

Tabelle 19: FB-Aufgaben: Anteil richtig gelöster Aufgaben pro Aufgabentyp und Grup-

pe (in %)

Aufgabentyp

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

1.Ordnung 91 72 82 95 88

2. Ordnung-

Handlung

43 44 41 55 47

2. Ordnung-

Intention

39 22 23 43 35

Betrachtet man die Gruppenvergleiche für jede FB-Aufgabe getrennt, zeigt sich folgen-

des Bild:

FB-Aufgabe erster Ordnung: Hier zeigt der Gruppenvergleich ein knapp nicht signifi-

kantes Ergebnis (χ2(3) = 7.47, p < .06). Die Einzelvergleiche zeigen einen signifikanten

Unterschied zwischen der Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung und der

Gruppe der Kinder mit einer ASD- (W = 462.00, p < .02). Knapp nicht signifikante Er-

gebnisse zeigen sich zwischen den typisch entwickelten Kindern und den Kindern mit

einer ASD+ (W = 653.00, p < .08) sowie zwischen der Gruppe mit einer ASD- und der

Gruppe mit einer ADHD (W = 493.00, p < .06).

FB-Aufgabe zweiter Ordnung - Handlung: Der Gruppenvergleich zeigt kein signifi-

kantes Ergebnis (χ2(3) = 1.63, p < .65). Es zeigen sich keine signifikanten Ergebnisse in

den paarweisen Vergleichen.

FB-Aufgabe zweiter Ordnung - Intention: Der Vergleich aller vier Gruppen zeigt

kein signifikantes Ergebnis (χ2(3) = 4.12, p < .25). Es zeigen sich keine signifikanten

Ergebnisse in den paarweisen Vergleichen.

4.3 Maße der exekutiven Funktionen

4.3.1 Inhibition: Stop-Signal-Task und Hund-Katze-Aufgabe

4.3.1.1 Stop-Signal-Task

Aufgrund technischer Probleme konnten hier einige Datensätze, vor allem von Proban-

den, die zu Beginn der Untersuchung teilgenommen haben, nicht ausgewertet werden.

Es zeigt sich, dass die Kinder mit einer ADHD mit einem Mittelwert von 0.30s (SDADHD

= 0.18s) den geringsten Wert erreichen, gefolgt von der Gruppe der Kinder mit einer

typischen Entwicklung (MTD = 0.34s, SDTD = 0.16s) und die beiden Gruppen der Kinder

Page 102: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 102

mit einer ASD bilden das Schlusslicht (MASD- = 0.37s, SDASD- = 0.18s; MASD+ = 0.37s,

SDASD+ = 0.16s). Die ausführliche deskriptive Statistik ist in Tabelle 20 dargestellt.

Tabelle 20: Stop-Signal-Task: Inhibitionsmaß pro Gruppe (in Sekunden)

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 41 14 23 44 122

M 0.30 0.37 0.37 0.34 0.33

SD 0.18 0.18 0.16 0.16 0.17

Min 0.02 0.14 0.12 0.07 0.02

Max 0.68 0.82 0.71 0.67 0.82

Der Gruppenvergleich über alle vier Gruppen (χ2(3) = 3.15, p < .37) sowie die paarwei-

sen Vergleiche sind nicht signifikant.

4.3.1.2 Hund-Katze-Aufgabe (Stroop)

In dieser klassischen Inhibitionsaufgabe wurde als Maß die Differenz der relativen Häu-

figkeit der richtig gelösten Items zwischen der Stroop-Bedingung und der Nicht-Stroop-

Bedingung berechnet. Je kleiner also der Wert ist, desto geringer ist die Differenz zwi-

schen der Stroop-Bedingung und der Nicht-Stroop-Bedingung und umso besser ist

demnach die Inhibitionsleistung. Die Kinder mit einer ADHD erreichen im Schnitt ei-

nen Wert von 0.067 (SDADHD = 0.090), die Kinder mit einer ASD- einen Wert von 0.026

(SDASD- = 0.073), die Kinder mit einer ASD+ einen Wert von 0.071 (SDASD+ = 0.087)

und die Kinder mit einer typischen Entwicklung einen Wert von 0.063 (SDTD = 0.061).

Die deskriptive Statistik ist in Tabelle 21 dargestellt.

Tabelle 21: Hund-Katze-Aufgabe: Inhibitionsmaß pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 19 24 44 135

M 0.067 0.026 0.071 0.063 0.061

SD 0.090 0.073 0.087 0.061 0.079

Min -0.10 -0.10 -0.07 -0.07 -0.10

Max 0.47 0.17 0.30 0.27 0.47

Der Vergleich über alle vier Gruppen ergibt keine signifikanten Unterschiede (F(3, 131)

= 1.50, p < .22). Kontrast 1, der die Gruppe der Kinder mit einer ASD- und einer ASD+

Page 103: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 103

vergleicht, ist knapp nicht signifikant (t(131) = 1.87, p < .07; rContrast = 0.16 [kleiner Ef-

fekt]). Die weiteren paarweisen Vergleiche sind nicht signifikant.

Bei dieser Aufgabe kann man von einem Deckeneffekt ausgehen, der jedoch nicht al-

ters- oder gruppenabhängig ist. Im Schnitt lösten die Kinder in der Nicht-Stroop-

Bedingung 97% der Aufgaben richtig (SD = 5%) und in der Stroop-Bedingung 91% (SD

= 8%).

4.3.2 Kognitive Flexibilität: Schatztruhentest

Beim Schatztruhentest interessieren, sowohl für die Auswertung der globalen Kosten als

auch für den Bereich der lokalen Kosten, die Reaktionszeiten und die Antwortkorrekt-

heit. Die deskriptiven Werte der Gruppen sind in Tabelle 22 dargestellt.

Tabelle 22: Schatztruhentest: Reaktionszeiten (in Sekunden) und Fehler (in %) pro

Gruppe

ADHD

(N = 48)

ASD-

(N = 19)

ASD+

(N = 28)

TD

(N = 44)

Bedingung M SD M SD M SD M SD

Globale Kosten RT gleich 1.08 0.38 1.22 0.43 1.21 0.39 1.06 0.31

Wechsel 1.33 0.45 1.46 0.44 1.40 0.47 1.29 0.36

Acc gleich 5 6 2 2 4 4 3 4

Wechsel 15 8 10 8 10 6 11 8

Lokale Kosten RT gleich 1.26 0.47 1.39 0.48 1.33 0.46 1.25 0.40

Wechsel 1.39 0.45 1.54 0.43 1.45 0.47 1.33 0.36

Acc gleich 9 9 7 9 8 10 7 9

Wechsel 18 10 12 10 12 7 13 9

Anmerkungen: RT: Reaktionszeit in Sekunden; Acc: Fehler in Prozent

Um Wechselwirkungen zwischen dem Faktor der Bedingung (gleich vs. Wechsel) und

dem Faktor der vier Gruppen entdecken zu können, wurden 2-faktorielle Varianzanaly-

sen durchgeführt.

globale Kosten / Reaktionszeiten: Im Messwiederholungsdesign, in dem der Faktor

„Gruppe“ als Zwischensubjektfaktor und der Vergleich zwischen den Bedingungen

„gleich“ und „Wechsel“ als Innersubjektfaktor/Messwiederholungsfaktor eingesetzt

wurden, zeigt sich kein signifikanter Gruppenunterschied (F(3, 135) = 1.17, p < .33).

Vergleicht man die vier Gruppen innerhalb der „gleich“-Bedingung, zeigt sich kein sig-

nifikantes Ergebnis (F(3, 135) = 1.55, p < .21). Der Gruppenvergleich in der Wechsel-

Bedingung ist ebenfalls nicht signifikant (F(3, 135) < 1). Die Kontraste und paarweisen

Vergleiche sind bei beiden Vergleichen ebenfalls nicht signifikant.

Page 104: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 104

Der Messwiederholungsfaktor „Bedingung“ ist signifikant (F(1, 135) = 268.89, p <

.01), was einer Effektgröße von part η2 =

0.67 (großer Effekt) entspricht. Alle vier

Gruppen zeigen höhere Reaktionszeiten in der Wechselbedingung als in der „gleich“-

Bedingung.

Es zeigt sich jedoch keine signifikante Interaktion der Faktoren (F(3, 135) < 1).

globale Kosten / Anzahl Fehler: Hier ist der Zwischensubjektfaktor „Gruppe“ signifi-

kant (F(3, 135) = 4.08, p < .01) was einer Effektgröße von part η2 =

0.08 (mittlerer Ef-

fekt) entspricht. Es zeigt die Gruppe der ADHD mit 5% Fehler in der „gleich“-

Bedingung und 15% Fehler in der Wechsel-Bedingung die meisten Fehler, gefolgt von

den Gruppen der ASD+ („gleich“-Bedingung: 4% Fehler; Wechselbedingung: 10%

Fehler) und TD („gleich“-Bedingung: 3% Fehler; Wechselbedingung: 11% Fehler). Am

wenigsten Fehler machen die Teilnehmer der Gruppe ASD- („gleich“-Bedingung: 2%

Fehler; Wechselbedingung: 10% Fehler). Der Gruppenvergleich innerhalb der „gleich“-

Bedingung ist nicht signifikant (χ2(3) = 3.89, p < .28). Die paarweisen Vergleiche sind

ebenfalls nicht signifikant. Der Gruppenvergleich innerhalb der Wechsel-Bedingung ist

signifikant (F(3, 135) = 3.92, p < .01), was einer Effektgröße von part η2 =

0.08 (mittle-

rer Effekt) entspricht. Der zweite Kontrast, der die Gruppe der ADHD mit den beiden

Gruppen der ASD vergleicht, ist signifikant (t(135) = 3.08, p < .01; rContrast = 0.26 [klei-

ner Effekt]). Im Post-hoc-Vergleich unterscheidet sich die Gruppe der Kinder mit einer

ADHD signifikant von der Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung (p <

.03; d = 0.56 [mittlerer Effekt]) und knapp nicht signifikant von den Gruppen der Kin-

der mit einer ASD- (p < .07; d = 0.63 [mittlerer Effekt]) und einer ASD+ (p < .06; d =

0.62 [mittlerer Effekt]).

Auch hier wird der Innersubjektfaktor „Bedingung“ signifikant (F(1, 135) = 150.26, p <

.01), was einer Effektgröße von part η2 =

0.53 (großer Effekt) entspricht. Alle Gruppen

machen in der Wechselbedingung mehr Fehler als in der „gleich“-Bedingung.

Die Interaktion ist allerdings nicht signifikant (F(3, 135) = 1.76, p < .16).

lokale Kosten / Reaktionszeiten: Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwieder-

holung zeigt hier keinen signifikanten Haupteffekt „Gruppe“ (F(3, 135) < 1). Die Grup-

penvergleiche in der „gleich“-Bedingung (F(3, 135) < 1) sowie in der Wechsel-

Bedingung (F(3, 135) = 1.17, p < .33) sind nicht signifikant. Die Kontraste und paar-

weisen Vergleiche sind ebenfalls nicht signifikant.

Es ergibt sich jedoch wieder ein signifikanten Haupteffekt für den Faktor „Bedingung“

(F(1, 135) = 70.86, p < .01), was einer Effektgröße von part η2 =

0.34 (großer Effekt)

entspricht. Auch hier reagieren alle vier Gruppen durchschnittlich langsamer in der

Wechselbedingung als in der „gleich“-Bedingung.

Es zeigt sich keine signifikante Interaktion (F(3, 135) < 1).

Page 105: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 105

lokale Kosten / Anzahl Fehler: Betrachtet man die Anzahl der Fehler bei den lokalen

Kosten, zeigen sich signifikante Haupteffekte. Die Ergebnisse sind in Abbildung 13

dargestellt. Der Faktor „Gruppe“ (F(3, 135) = 3.92, p < .01) ist signifikant, was einer

Effektgröße von part η2 =

0.08 (mittlerer Effekt) entspricht. Es zeigt wieder die Gruppe

der ADHD mit 9% Fehler in der „gleich“-Bedingung und 18% Fehler in der Wechsel-

Bedingung die meisten Fehler, gefolgt von den Gruppen der ASD+ („gleich“-

Bedingung: 8% Fehler; Wechselbedingung: 12% Fehler) und TD („gleich“-Bedingung:

7% Fehler; Wechselbedingung: 13% Fehler). Am wenigsten Fehler machen die Teil-

nehmer der Gruppe ASD- („gleich“-Bedingung: 7% Fehler; Wechselbedingung: 12%

Fehler). Der Gruppenvergleich innerhalb der „gleich“-Bedingung ist nicht signifikant

(χ2 (3) = 2.05, p < .57). Die Kontraste und paarweisen Vergleiche sind ebenfalls nicht

signifikant. Der Gruppenvergleich innerhalb der Wechsel-Bedingung ist signifikant

(F(3, 135) = 5.02, p < .01), was einer Effektgröße von part η2 =

0.10 (mittlerer Effekt)

entspricht. Der zweite Kontrast, der die Gruppe der ADHD mit den beiden Gruppen der

ASD vergleicht, ist signifikant (t(135) = 3.58, p < .01; rContrast = 0.29 [kleiner Effekt]).

Im Post-hoc-Vergleich unterscheidet sich die Gruppe der Kinder mit einer ADHD signi-

fikant von der Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung (p < .02; d = 0.60

[mittlerer Effekt]) und von den Gruppen der Kinder mit einer ASD- (p < .04; d = 0.71

[mittlerer Effekt]) und ASD+ (p < .02; d = 0.74 [mittlerer Effekt]).

Der Faktor „Bedingung“ ist ebenfalls signifikant (F(1, 135) = 139.34, p < .01), was ei-

ner Effektgröße von part η2 =

0.51 (großer Effekt) entspricht. Auch hier machen alle

Gruppen in der Wechselbedingung mehr Fehler als in der „gleich“-Bedingung.

Zudem zeigt sich eine signifikante Wechselwirkung „Bedingung x Gruppe“ (F(3, 135)

= 3.96, p < .01), was einer Effektgröße von part η2 =

0.08 (mittlerer Effekt) entspricht.

Der stärkste Anstieg der Fehlerzahl von der „gleich“- zur Wechsel-Bedingung ist bei

der Gruppe der Kinder mit einer ADHD zu verzeichnen.

Page 106: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 106

Abbildung 13: Schatztruhentest: Anzahl der Fehler: Lokale Kosten pro Gruppe

4.3.3 Arbeitsgedächtnis: Corsi und Wortspanne

Im Bereich des Arbeitsgedächtnisses wurden eine visuell-räumliche Spanne sowie eine

verbale Spanne erhoben.

4.3.3.1 Visuell-räumliche Arbeitsgedächtnisspanne: Corsi

Zur Überprüfung der Arbeitsgedächtnisspanne im visuell-räumlichen Bereich wurde der

Corsi-Test durchgeführt. Die Kinder mit einer typischen Entwicklung zeigen eine Ge-

dächtnisspanne von durchschnittlich 6.25 Einheiten (SDTD = 1.88), gefolgt von den Kin-

dern mit einer ASD- mit 5.58 Einheiten (SDASD- = 1.58) und den Kindern mit einer

ASD+ mit 5.29 Einheiten (SDASD+ = 2.24). Den geringsten Wert erreichen die Kinder

mit einer ADHD mit durchschnittlich 5.23 Einheiten (SDADHD = 2.34). Die deskriptiven

Werte sind in Tabelle 23 dargestellt.

Page 107: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 107

Tabelle 23: Corsi: Gedächtnisspanne pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 19 28 44 139

M 5.23 5.58 5.29 6.25 5.61

SD 2.34 1.58 2.24 1.88 2.12

Min 2 2 2 2 2

Max 8 8 8 8 8

Der Gruppenvergleich mit dem Kruskal-Wallis-Test ist nicht signifikant (χ2(3) = 5.96, p

< .11). Der paarweise Vergleich der Gruppe der Kinder mit einer ADHD mit der Grup-

pe der typisch entwickelten Kinder ist signifikant (W = 1962.00, p < .03). Die Kinder

mit einer ASD+ unterscheiden sich knapp nicht signifikant von der Gruppe der Kinder

mit typischer Entwicklung (W = 873.00, p < .08).

Bei dieser Aufgabe kann man von einem Deckeneffekt ausgehen, in dem Sinne, dass ab

einem gewissen Alter fast alle Probanden die Aufgabe bis zum Schluss lösten. Dies ist

aus Abbildung 14 ersichtlich.

Abbildung 14: Corsi: Maximal erreichte Spanne pro Proband und Alter

Page 108: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 108

Führt man die Analyse ohne die älteste Altersgruppe (12.00-13.99) durch, ergeben sich

folgende Werte, die in Tabelle 24 angegeben sind.

Tabelle 24: Corsi: Gedächtnisspanne pro Gruppe ohne die älteste Alterskategorie

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 37 15 20 33 105

M 4.54 5.27 4.40 5.73 4.99

SD 2.17 1.49 1.96 1.89 2.01

Min 2 2 2 2 2

Max 8 8 8 8 8

Der Gruppenvergleich mit dem Kruskal-Wallis-Test ist jetzt signifikant (χ2(3) = 8.49, p

< .04). Der paarweise Vergleich zwischen der Gruppe der ASD+ und der Gruppe der

typisch entwickelten Kinder (W = 412.50, p < .02) ist ebenso wie der Vergleich der

Gruppe der Kinder mit einer ADHD und der Gruppe mit einer typischen Entwicklung

(W = 414.00, p < .02) signifikant. Die anderen paarweisen Vergleiche sind nicht signifi-

kant.

4.3.3.2 Verbale Arbeitsgedächtnisspanne: Wortspanne

In der Überprüfung der Arbeitsgedächtnisspanne im verbalen Bereich, zeigt sich, dass

die Kinder mit einer ADHD tendenziell den geringsten Wert zeigen (MADHD = 4.69,

SDADHD = 1.04, MASD- = 4.89, SDASD- = 1.41, MASD+ = 4.93, SDASD+ = 0.87, MTD = 5.09,

SDTD = 1.12). Die deskriptive Statistik ist in Tabelle 25 dargestellt.

Tabelle 25: Wortspanne: Gedächtnisspanne pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 18 27 44 137

M 4.69 4.89 4.93 5.09 4.89

SD 1.04 1.41 0.87 1.12 1.09

Min 3 3 3 3 3

Max 7 8 6 7 8

Der Gruppenvergleich mit dem Kruskal-Wallis-Test ist nicht signifikant (χ2(3) = 3.43, p

< .33). Der paarweise Vergleich der Gruppe mit einer ADHD mit der Gruppe der ty-

pisch entwickelten Kinder ist knapp nicht signifikant (W = 2010.50, p < .07).

Page 109: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 109

4.3.4 Planungsleistung: Tower of London

Die Ergebnisse des ToL der typisch entwickelten Kontrollgruppe wurden, in Ergänzung

mit einer anderen Studie, bereits ausführlich dargestellt (Unterrainer et al., 2012).

Beim ToL interessiert die Anzahl richtig gelöster Aufgaben sowie die Bearbeitungszei-

ten, die sich aus der Planungszeit und der Ausführungszeit zusammensetzt.

4.3.4.1 Anzahl richtig gelöster Aufgaben

Bei der Planungsaufgabe „Tower of London“ interessiert unter anderem die Anzahl

richtig gelöster Items, das heißt die Anzahl der Items, die mit der minimal möglichen

Anzahl der Züge gelöst wurden. Die Kinder der Gruppe mit einer ASD- lösen deskriptiv

am meisten Aufgaben richtig (MADHD = 15.69, SDADHD = 2.91, MASD- = 16.42, SDASD- =

2.97, MASD+ = 15.93, SDASD+ = 3.62, MTD = 16.36, SDTD = 2.56). Die deskriptive Statis-

tik ist in Tabelle 26 dargestellt.

Tabelle 26: ToL: Anzahl richtig gelöster Aufgaben pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 19 28 44 139

M 15.69 16.42 15.93 16.36 16.05

SD 2.91 2.97 3.62 2.56 2.96

Min 6 10 5 10 5

Max 20 20 20 21 21

Der Gruppenvergleich über alle vier Gruppen (χ2(3) = 1.24, p < .74) sowie die paarwei-

sen Vergleiche sind nicht signifikant.

4.3.4.2 Bearbeitungszeiten

Planungszeit (initial thinking time)

Bei der Planungszeit zeigt sich, dass die Kinder mit einer ADHD den geringsten Wert

erreichen, wogegen die Kinder mit einer ASD- den höchsten Wert erreichen (MADHD =

5.03s, SDADHD = 1.98s, MASD- = 6.30s, SDASD- = 2.77s, MASD+ = 5.71s, SDASD+ = 2.41s,

MTD = 5.94s, SDTD = 2.47s). Die deskriptiven Werte sind in Tabelle 27 dargestellt.

Page 110: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 110

Tabelle 27: ToL: Planungszeit pro Gruppe (in Sekunden)

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 19 28 44 139

M 5.03 6.30 5.71 5.94 5.63

SD 1.98 2.77 2.41 2.47 2.36

Min 2.34 3.02 2.64 2.88 2.34

Max 13.37 11.22 14.35 12.63 14.35

Der Gruppenvergleich ist nicht signifikant (F(3, 135) = 1.85, p < .14). Der zweite Kon-

trast, der die beiden Gruppen mit der autistischen Störung mit den Kindern der Gruppe

mit einer ADHD vergleicht, ist signifikant (t(135) = -2.02, p < .05; rContrast = 0.17 [klei-

ner Effekt]). Die anderen paarweisen Vergleiche sind nicht signifikant.

Ausführungszeit (movement execution time)

Zum Ausführen der Aufgaben benötigen die Kinder mit der typischen Entwicklung

12.17s (SDTD = 3.56s), die Kinder mit der ADHD 12.57s (SDADHD = 3.73s), die Kinder

mit der ASD- 12.59s (SDASD- = 5.79s) und die Kinder mit der ASD+ 12.65s (SDASD+ =

5.06s). Die deskriptiven Werte sind in Tabelle 28 dargestellt.

Tabelle 28: ToL: Ausführungszeit pro Gruppe (in Sekunden)

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 19 28 44 139

M 12.57 12.59 12.65 12.17 12.46

SD 3.73 5.79 5.06 3.56 4.26

Min 5.92 7.61 6.90 6.41 5.92

Max 22.51 30.83 29.87 20.63 30.83

Der Gruppenvergleich (F(3, 135) < 1) sowie die paarweisen Vergleiche sind nicht signi-

fikant.

4.3.5 Aufmerksamkeit: Dino1 und Dino2

Als Aufmerksamkeitsmaß für die Reaktionszeit dienen die Werte des Dino1 und zur

Daueraufmerksamkeit wurde der Dino2 durchgeführt.

4.3.5.1 Reaktionszeit: Dino1

Beim Dino1 interessieren vor allem die Reaktionszeiten. Die Gruppe der Kinder mit

einer ASD+ zeigt die längsten Reaktionszeiten (MASD+ = 0.36s, SDASD+ = 0.16s), gefolgt

Page 111: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 111

von der Gruppe der Kinder mit einer ASD- (MASD- = 0.34s, SDASD- = 0.09s) und einer

ADHD (MADHD = 0.33s, SDADHD = 0.10s). Am schnellsten reagieren die Kinder mit ei-

ner typischen Entwicklung (MTD = 0.30s, SDTD = 0.05s). Die deskriptive Statistik ist in

Tabelle 29 dargestellt.

Tabelle 29: Dino1: Reaktionszeit pro Gruppe (in Sekunden)

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 19 28 44 139

M 0.33 0.34 0.36 0.30 0.33

SD 0.10 0.09 0.16 0.05 0.10

Min 0.22 0.25 0.22 0.21 0.21

Max 0.69 0.54 0.86 0.42 0.86

Die Gruppen unterscheiden sich signifikant (F(3, 52.15) = 2.86, p < .05), was einer Ef-

fektgröße von part. η2 = 0.05 (kleiner Effekt) entspricht. Der dritte Kontrast, der die

klinischen Gruppen mit den Kindern mit einer typischen Entwicklung vergleicht, ist

signifikant (t(88.76) = -2.9, p < .01; rContrast = 0.29 [kleiner Effekt]). Die Gruppe der

Kinder mit einer ASD+ unterscheidet sich knapp nicht signifikant von der Gruppe der

Kinder mit typischer Entwicklung (p < .08; d = 0.56 [mittlerer Effekt]).

4.3.5.2 Daueraufmerksamkeit: Dino2

Auch hier interessiert der Vergleich der Reaktionszeiten.

Bei der univariaten 2-faktoriellen Varianzanalyse mit Innersubjektfak-

tor/Messwiederholungsfaktor „Block“ (1-4) und Zwischensubjektfaktor „Gruppe“

(ADHD, ASD-, ASD+, TD) wird der Zwischensubjektfaktor „Gruppe“ nicht signifikant

(F(3, 129) = 1.62, p < .19). Es ergeben sich über alle vier Blöcke zusammen im Mittel

Reaktionszeiten von 0.39s bei der Gruppe der Kinder mit einer ADHD (SDADHD =

0.12s), von 0.37s bei der Gruppe der Kinder mit einer ASD- (SDASD- = 0.11s), von

0.36s bei der Gruppe der Kinder mit einer ASD+ (SDASD+ = 0.07s) und 0.34s bei der

Gruppe der typisch entwickelten Kinder (SDTD = 0.08s). Die deskriptive Statistik ist in

Tabelle 30 dargestellt.

Page 112: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 112

Tabelle 30: Dino2: Reaktionszeit über alle Blöcke hinweg pro Gruppe (in Sekunden)

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 48 18 23 44 133

M 0.39 0.37 0.36 0.34 0.37

SD 0.12 0.11 0.07 0.08 0.10

Min 0.22 0.21 0.25 0.21 0.21

Max 0.85 0.68 1.03 0.66 1.03

In den paarweisen Vergleichen ergeben sich keine signifikanten Gruppenunterschiede.

Der Innersubjektfaktor „Block“ wird nach der Greenhouse-Geisser-Korrektur nicht sig-

nifikant (F(2.69, 347.39) = 1.11, p < .35). Betrachtet man die vier Blöcke des Dino2

getrennt, zeigt sich, dass die Mittelwerte ähnlich sind (Block1: MGesamt = 0.36s; SDGesamt

= 0.09s; Block2: MGesamt = 0.37s; SDGesamt = 0.11s; Block3: MGesamt = 0.37s; SDGesamt =

0.10s; Block4: MGesamt = 0.36s; SDGesamt = 0.09s).

Die Wechselwirkung zwischen „Block“ und „Gruppe“ ist signifikant (F(8.08, 347.39) =

2.09, p < .04), was einen kleinen Effekt ergibt (part η2 =

0.05). Die Werte der Blöcke,

getrennt für die vier Gruppen, ergibt die Verteilung, die in Tabelle 31 und Abbildung 15

dargestellt ist.

Tabelle 31: Dino2: Reaktionszeit pro Block und Gruppe (in Sekunden)

Block ADHD (N = 48)

ASD- (N = 18)

ASD+ (N = 23) TD (N = 44)

M SD Min-

Max

M SD Min-

Max

M SD Min-

Max

M SD Min-

Max

1 0.37 0.11 0.22-0.75

0.37 0.10 0.26-0.67

0.36 0.07 0.25-1.03

0.33 0.07 0.23-0.49

2 0.39 0.14 0.24-

0.85

0.37 0.11 0.26-

0.68

0.36 0.07 0.25-

0.56

0.34 0.08 0.24-

0.62

3 0.40 0.12 0.25-

0.75

0.37 0.11 0.26-

0.64

0.35 0.07 0.25-

0.56

0.35 0.09 0.23-

0.57

4 0.38 0.10 0.25-

0.64

0.36 0.10 0.21-

0.66

0.36 0.07 0.25-

0.47

0.35 0.09 0.21-

0.66

Page 113: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 113

Abbildung 15: Dino2: Reaktionszeiten pro Block und Gruppe (in ms)

Es zeigt sich kein einheitlicher Verlauf der vier Gruppen über die vier Blöcke hinweg.

Die Gruppe der TD zeigt in den ersten beiden Blöcken deutlich schnellere Reaktionszei-

ten als in den letzten beiden Blöcken. Ganz anders verhält es sich bei der Gruppe der

ASD+. Sie zeigen in den letzten beiden Blöcken kürzere Reaktionszeiten als in den ers-

ten beiden Blöcken. Es ergibt sich in der einfaktoriellen Varianzanalyse für Block1

knapp kein signifikanter Unterschied für den Faktor „Gruppe“ (F(3, 135) = 2.65, p <

.06; part η2 =

0.06 [mittlerer Effekt]). Hier unterscheiden sich die drei klinischen Grup-

pen zusammen von der Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung signifikant

(t(135) = -2.66, p < .01; rContrast = 0.22 [kleiner Effekt]).

Der Gruppenvergleich mittels Welch-Test in Block2 ergibt knapp keinen signifikanten

Gruppenunterschied (F(3, 55.87) = 2.34, p < .09; part η2 =

0.04 [kleiner Effekt]). Auch

hier unterscheiden sich die drei klinischen Gruppen zusammen von der Gruppe der Kin-

der mit einer typischen Entwicklung signifikant (t(96.55) = -2.40, p < .02; rContrast = 0.24

[kleiner Effekt]). Knapp nicht signifikant ist der Unterschied zwischen der Gruppe der

TD und der ADHD (p < .09; d = 0.43 [kleiner Effekt]).

Page 114: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 114

Die Gruppenvergleiche ergeben für Block3 (F(3, 54.52) = 2.34, p < .22) und Block4

(F(3, 129) < 1) keine signifikanten Gruppenunterschiede. Die Kontraste und paarweisen

Vergleiche ergeben ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

4.4 Skala zur sozialen Reaktivität

Die Skala zur sozialen Reaktivität wurde zur Erfassung der autistischen Symptomatik

erhoben. Die deskriptive Statistik der einzelnen Gruppen ist in Tabelle 32 dargestellt.

Tabelle 32: SRS: Gesamtwert pro Gruppe

ADHD ASD- ASD+ TD Gesamt

N 43 19 26 42 130

M 66.09 74.68 80.38 46.07 63.74

SD 10.45 7.86 12.65 10.06 16.86

Min 44 61 61 25 25

Max 91 90 100 68 100

Bei dem Kruskal-Wallis-Test ergibt sich ein signifikanter Gruppenunterschied (χ2(3) =

82.51, p < .01). Die paarweisen Vergleiche zeigen signifikante Gruppenunterschiede

zwischen allen Gruppen, mit Ausnahme zwischen den beiden Gruppen der Kinder mit

einer ASD. Die Gruppe der Kinder mit einer ASD+ unterscheidet sich signifikant von

der Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwicklung (W = 915.50, p < .01), aber

auch von der Gruppe der Kinder mit einer ADHD (W = 1174.00, p < .01). Die Gruppe

der Kinder mit einer ASD- erzielt ebenfalls signifikant höhere Werte als die Gruppe der

Kinder mit einer typischen Entwicklung (W = 910.00, p < .01) und mit einer ADHD (W

= 1143.50, p < .01). Die Gruppe der Kinder mit einer ADHD unterscheidet sich eben-

falls signifikant von den typisch entwickelten Kindern (W = 1046.00, p < .01).

4.5 Korrelationsmuster der abhängigen Variablen

Bei der Überprüfung der Zusammenhänge wurde die Produkt-Moment-Korrelation nach

Pearson gerechnet, falls die Voraussetzungen hierfür erfüllt waren. Da für die 3-stufige

Variable „Anzahl korrekt gelöster FB-Aufgaben“ die Voraussetzungen nicht erfüllt wa-

ren, wurde hier die Rangkorrelation nach Spearman berechnet. Zur Vollständigkeit ist

im Folgenden die komplette Korrelationsmatrix dargestellt, wobei inhaltlich vor allem

die Korrelationen zwischen den Aufgaben zur ToM und den Aufgaben zu EF interessie-

ren, weshalb auch nur hierauf im Text eingegangen wird. Es werden nun die Korrelati-

Page 115: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 115

onsmuster für jede Gruppe einzeln und schließlich für alle Gruppen zusammen darge-

stellt.

4.5.1 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Gruppe

der ADHD

Die vollständige Korrelationsmatrix der abhängigen Variablen für die Teilstichprobe

der ADHD ist in Tabelle 33 dargestellt. In Textform werden nur die signifikanten Kor-

relationen zwischen den Aufgaben zur ToM und den Aufgaben zu EF beschrieben.

Von den ToM-Maßen korreliert hauptsächlich die Antwortkorrektheit im Face-Test

signifikant mit den Variablen der EF. Sie korreliert mit dem Hund-Katze-

Inhibitionsmaß (r(42) = -.31, p .02, mittlerer Effekt), der Spanne im Corsi (r(42)

= .38, p .02, mittlerer Effekt), der Antwortkorrektheit (r(42) = .48, p .01, mittlerer

Effekt) sowie der Ausführungszeit (r(42) = -.38, p .02, mittlerer Effekt) im ToL und

mit den Reaktionszeiten in Dino1 (r(42) = -.54, p .01, großer Effekt) und Dino2 (r(42)

= -.50, p .01, großer Effekt).

Die Entscheidungszeit im Face-Test korreliert mit keinem der EF-Maße signifikant.

Es korreliert die Anzahl gelöster FB-Aufgaben signifikant mit der Spanne im Corsi

(rSP(42) = .34, p .03, mittlerer Effekt) und mit dem Ergebnis des Dino2 (rSP(42) = -.31,

p .05, mittlerer Effekt).

Page 116: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Tabelle 33: Korrelationen der abhängigen Variablen - Gruppe ADHD

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

1. Face-Test: Acc

1

2. Face-Test: RT

-.05 1

3. FB-Aufgabe:

Acc

.41** -.08 1

4. SST: Inhibi-tions-maß

.12 -.06 .25 1

5. Hund-Katze: Inhibitionsmaß

-.31* .08 -.11 -.04 1

6. STT: RT

Globale Kosten

-.13 .22 -.06 .08 .50** 1

7. STT: RT Lokale Kosten

.25 .02 .11 .05 .31* .45** 1

8. STT: Acc Globale Kosten

-.12 .01 -.05 -.31* -.02 -.08 .34* 1

9. STT: Acc

Lokale Kosten

-.14 .01 -.12 -.27 .08 .04 .19 .66** 1

10.Corsi: Spanne

.38* .05 .34* -.01 -.25 -.36* .06 .20 -.01 1

11.Wortspanne .13 -.22 .29 .08 -.10 -.16 -.08 -.02 -.15 .31* 1

12. ToL: Acc .48** .01 .26 .21 -.23 -.08 .24 .28 .09 .36* .12 1

13. ToL: Planungszeit

-.03 -.05 -.10 .25 .07 .27 .18 -.25 -.14 -.13 .23 -.04 1

14. ToL: Aus-

führungszeit

-.38* .21 -.23 -.12 .44** .52** -.16 -.30* -.07 -.43** -.24 -.39** .28 1

15. Dino1: RT -.54** .06 -.27 .07 .04 .04 -.37** -.26 .03 -.32* -.20 -.54** .10 .41** 1

16. Dino2: RT -.50** .07 -.31* .01 .11 .32* -.33* -.14 .06 -.46** -.26 -.33* .13 .58** .68** 1

17. SRS: Gesamtwert

-.01 .08 -.09 .29 -.11 .24 -.21 -.29 -.20 -.21 -.03 .01 -.05 .14 .29 .34* 1

Anmerkungen: Acc = Antwortkorrektheit; RT = Reaktionszeit; STT = Schatztruhentest; SST = Stop-Signal-Task;

* Korrelation ist auf dem .05 Niveau signifikant; ** Korrelation ist auf dem .01 Niveau signifikant

Page 117: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 117

4.5.2 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Gruppe

der ASD-

Die vollständige Korrelationsmatrix der abhängigen Variablen für die Teilstichprobe

der ASD- ist in Tabelle 34 dargestellt. In Textform werden nur die signifikanten Korre-

lationen zwischen den Aufgaben zur ToM und den Aufgaben zu EF beschrieben.

Es korrelieren Maße der ToM mit dem Inhibitionsmaß der Hund-Katze-Aufgabe, der

Spanne des Corsi, mit Maßen der Planungsleistung sowie mit den Reaktionszeiten des

Dino2 signifikant.

Die Entscheidungszeit im Face-Test korreliert signifikant mit dem Inhibitionsmaß der

Hund-Katze-Aufgabe (r(15) = .51, p .04, großer Effekt). Mit der Spanne im Corsi

korreliert die Entscheidungszeit im Face-Test (r(15) = -.60, p .02, großer Effekt) so-

wie die Anzahl korrekt gelöster FB-Aufgaben (rSP(16) = .53, p .03, großer Effekt). Mit

allen drei ToM-Maßen korrelieren signifikant die Antwortkorrektheit des ToL (Face-

Test Antwortkorrektheit: r(15) = .58, p .02, großer Effekt; Face-Test Entscheidungs-

zeit: r(15) = -.56, p .02, großer Effekt; FB-Aufgaben Anzahl richtiger Aufgaben:

rSP(16) = .55, p .02, großer Effekt) sowie die Ausführungszeit im ToL (Face-Test

Antwortkorrektheit: r(15) = -.63, p .01, großer Effekt; Face-Test Entscheidungszeit:

r(15) = .74, p .01, großer Effekt; FB-Aufgaben Anzahl richtiger Aufgaben: rSP(16) = -

.63, p .01, großer Effekt). Mit den Reaktionszeiten des Dino2 korrelieren die Ant-

wortkorrektheit im Face-Test (r(15) = -.56, p .02, großer Effekt) sowie die Anzahl

korrekter FB-Aufgaben (rSP(16) = -.61, p .01, großer Effekt).

Page 118: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Tabelle 34: Korrelationen der abhängigen Variablen - Gruppe ASD-

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

1. Face-Test: Acc

1

2. Face-Test: RT

-.50* 1

3. FB-Aufgabe:

Acc

.70** -.49* 1

4. SST: Inhibi-tionsmaß

-.23 .52 -.21 1

5. Hund-Katze: Inhibitionsmaß

.10 .51* .12 .43 1

6. STT: RT

Globale Kosten

-.62 -.12 -.17 .05 .02 1

7. STT: RT Lokale Kosten

.23 .16 .06 .03 .52* .14 1

8. STT: Acc Globale Kosten

.15 -.22 .16 -.14 .15 .19 .56* 1

9. STT: Acc

Lokale Kosten

.43 -.44 .31 -.26 -.09 -.02 .49* .69** 1

10.Corsi: Spanne

.43 -.60* .53* -.13 -.24 -.22 .01 .09 .46* 1

11.Wortspanne .44 -.47 .44 .02 .02 -.20 .04 .15 .37 .65** 1

12. ToL: Acc .58* -.56* .55* -.29 -.08 -.10 -.14 .10 .22 .58* .44 1

13. ToL: Planungszeit

.41 .16 .37 .51 .35 -.04 -.02 -.32 -.22 .18 .27 .32 1

14. ToL: Aus-

führungszeit

-.63** .74** -.63** .67** .23 .15 -.17 -.17 -.54* -.69** -.66** -.72** -.01 1

15. Dino1: RT -.44 .25 -.36 .16 -.39 .16 -.08 -.23 -.17 -.45 -.68** -.66** -.27 .54* 1

16. Dino2: RT -.56* .34 -.61** .40 -.23 .31 -.21 -.19 -.18 -.50* -.58* -.65** -.23 .71** .85** 1

17. SRS: Gesamtwert

.31 .01 .01 .31 .17 -.08 .15 -.18 -.07 -.01 -.13 .07 .28 .01 .07 -.07 1

Anmerkungen: Acc = Antwortkorrektheit; RT = Reaktionszeit; STT = Schatztruhentest; SST = Stop-Signal-Task;

* Korrelation ist auf dem .05 Niveau signifikant; ** Korrelation ist auf dem .01 Niveau signifikant

Page 119: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 119

4.5.3 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Gruppe

der ASD+

Sämtliche Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Stichprobe der

ASD+ sind in Tabelle 35 dargestellt. Im folgenden Text werden nur die signifikanten

Korrelationen zwischen den Aufgaben zur ToM und den Aufgaben zu EF beschrieben.

Es gibt eine signifikante Korrelation zwischen der Antwortkorrektheit im Face-Test und

den Reaktionszeiten des Dino1 (r(19) = -.66, p .01, großer Effekt). Des Weiteren kor-

reliert die Anzahl korrekt gelöster FB-Aufgaben mit der Antwortkorrektheit im ToL

(rSP(20) = .50, p .02, großer Effekt).

Page 120: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Tabelle 35: Korrelationen der abhängigen Variablen - Gruppe ASD+

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

1. Face-Test: Acc

1

2. Face-Test: RT

-.01 1

3. FB-Aufgabe:

Acc

.14 -.14 1

4. SST: Inhibi-tionsmaß

.23 .05 -.05 1

5. Hund-Katze: Inhibitionsmaß

.18 -.12 -.03 .31 1

6. STT: RT

Globale Kosten

-.42 -.11 -.08 -.31 .31 1

7. STT: RT Lokale Kosten

-.12 -.02 -.10 .24 -.16 -.27 1

8. STT: Acc Globale Kosten

.30 -.30 .42 -.03 .24 .06 -.24 1

9. STT: Acc

Lokale Kosten

.25 .02 .26 -.14 -.23 -.19 .08 .56** 1

10.Corsi: Spanne

.38 -.06 .11 -.01 -.31 -.17 -.09 .43* .38* 1

11.Wortspanne .13 .09 .27 -.07 .08 .10 -.22 .32 .53** .05 1

12. ToL: Acc .32 .24 .50* .07 -37 .02 -.02 .48* .56** .45* .49** 1

13. ToL: Planungszeit

-.10 .26 -.42 .04 -.22 -.15 .40* -.43* -.17 -.27 -.31 -.41* 1

14. ToL: Aus-

führungszeit

-.34 .15 -.14 -.15 .09 -.11 .01 -.43* -.34 -.71** -.22 -.56** .33 1

15. Dino1: RT -.66** .22 -.38 -.23 -.07 -.02 .20 -.42* -.47* -.51** -.38 -.33 .12 .73** 1

16. Dino2: RT -.26 .14 -.24 -.25 -.22 .09 .05 -.39* -.55** -.35 -.34 -.31 .08 .60** .84** 1

17. SRS: Gesamtwert

-.28 -.35 .09 .09 .24 .18 -.45* .04 -.14 -.15 .36 -.14 -.13 .03 -.11 -.07 1

Anmerkungen: Acc = Antwortkorrektheit; RT = Reaktionszeit; STT = Schatztruhentest; SST = Stop-Signal-Task;

* Korrelation ist auf dem .05 Niveau signifikant; ** Korrelation ist auf dem .01 Niveau signifikant

Page 121: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 121

4.5.4 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für die Gruppe

der TD

Die vollständige Korrelationsmatrix ist in Tabelle 36 dargestellt. In Textform werden

nur die signifikanten Korrelationen zwischen den EF- und den ToM-Maßen beschrie-

ben.

Sowohl die Antwortkorrektheit im Face-Test sowie die Anzahl richtiger Antworten in

den FB-Aufgaben korrelieren signifikant mit Maßen zum Arbeitsgedächtnis, zur Pla-

nungsleistung und zur Aufmerksamkeit.

Die Antwortkorrektheit im Face-Test korreliert hochsignifikant mit der Corsi-Spanne

(r(41) = .48, p .01, mittlerer Effekt), der Antwortkorrektheit im ToL (r(41) = .45, p

.01, mittlerer Effekt), der Ausführungszeit im ToL (r(41) = -.48, p .01, mittlerer

Effekt) und mit den Reaktionszeiten von Dino1 (r(41) = -.44, p .01, mittlerer Effekt)

und Dino2 (r(41) = -.45, p .01, mittlerer Effekt). Die Anzahl korrekt gelöster FB-

Aufgaben korreliert hochsignifikant mit der Corsi-Spanne (rSP(40) = .54, p .01, großer

Effekt) sowie der Wortspanne (rSP(40) = .40, p .01, mittlerer Effekt), mit der Ausfüh-

rungszeit im ToL (rSP(40) = -.42, p .01, mittlerer Effekt) und mit den Reaktionszeiten

von Dino2 (rSP(40) = -.51, p .01, großer Effekt). Des Weiteren korreliert sie signifikant

mit der Antwortrichtigkeit im ToL (rSP(40) = .31, p .05, mittlerer Effekt) und mit den

Reaktionszeiten des Dino1 (rSP(40) = -.39, p .02, mittlerer Effekt).

Page 122: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Tabelle 36: Korrelationen der abhängigen Variablen - Gruppe TD

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

1. Face-Test: Acc

1

2. Face-Test: RT

-.36* 1

3. FB-Aufgabe:

Acc

.29 -.14 1

4. SST: Inhibi-tionsmaß

.15 -.01 .28 1

5. Hund-Katze: Inhibitionsmaß

.01 -.05 -.21 -.28 1

6. STT: RT

Globale Kosten

.08 -.03 .13 -.23 .09 1

7. STT: RT Lokale Kosten

.51 .02 .19 .23 -.37* -.09 1

8. STT: Acc Globale Kosten

-.18 -.09 -.02 -.15 .27 .08 .20 1

9. STT: Acc

Lokale Kosten

-.07 .02 .14 -.10 .25 -.02 .01 .61** 1

10.Corsi: Spanne

.48** -.14 .54** .17 -.03 -.11 .12 .06 .23 1

11.Wortspanne .17 -.27 .40** .14 .21 .02 .03 .25 .15 .21 1

12. ToL: Acc .45** .05 .31* .36* -.06 -.12 .01 -.20 -.09 .51** .20 1

13. ToL: Planungszeit

.07 .01 -.11 .17 -.15 -.21 -.19 -.35* -.28 .12 -.01 .48** 1

14. ToL: Aus-

führungszeit

-.48** .10 -.42** -.20 .02 .20 -.09 .11 -.12 -.72** -.24 -.62** -.14 1

15. Dino1: RT -.44** .11 -.39* -.33* .13 .33* -.20 -.06 -.20 -.52** -.19 -.26 .10 .57** 1

16. Dino2: RT -.45** .23 -.51** -.24 .25 .31* -.21 .02 -.14 -.53** -.17 -.34* -.10 .58** .76** 1

17. SRS: Gesamtwert

.12 .11 .23 .16 -.01 .05 .25 .14 -.07 .21 .31* .22 .13 -.17 -.26 -.18 1

Anmerkungen: Acc = Antwortkorrektheit; RT = Reaktionszeit; STT = Schatztruhentest; SST = Stop-Signal-Task;

* Korrelation ist auf dem .05 Niveau signifikant; ** Korrelation ist auf dem .01 Niveau signifikant

Page 123: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

4 Ergebnisse 123

4.5.5 Korrelationen zwischen den abhängigen Variablen für alle Gruppen

zusammen

Sämtliche Korrelationen sind in Tabelle 37 dargestellt. Es werden nun nur die signifi-

kanten Korrelationen zwischen den EF- und den ToM-Maßen beschrieben.

Die Aufgaben zur ToM, vor allem die Antwortkorrektheit im Face-Test und die FB-

Aufgaben, korrelieren signifikant mit den Maßen zum Arbeitsgedächtnis, zur Planungs-

leistung und zur Aufmerksamkeit.

Die Antwortkorrektheit im Face-Test korreliert hochsignifikant mit der Corsi-Spanne

(r(123) = .42, p .01, mittlerer Effekt), der Antwortkorrektheit im ToL (r(123) = .45, p

.01, mittlerer Effekt), der Ausführungszeit im ToL (r(123) = -.45, p .01, mittlerer

Effekt) und mit den Reaktionszeiten von Dino1 (r(123) = -.51, p .01, großer Effekt)

und Dino2 (r(123) = -.48, p .01, mittlerer Effekt). Sie korreliert zudem signifikant mit

der Wortspanne (r(123) = .20, p .03, kleiner Effekt).

Des Weiteren korreliert die Entscheidungszeit im Face-Test mit der Wortspanne (r(123)

= -.24, p .01, kleiner Effekt) und der Ausführungszeit im ToL (r(123) = .32, p .01,

mittlerer Effekt) hochsignifikant sowie mit den Reaktionszeiten des Dino2 (r(123)

= .20, p .03, kleiner Effekt) signifikant.

Die Anzahl korrekt gelöster FB-Aufgaben korreliert hochsignifikant mit der Corsi-

Spanne (rSP(124) = .39, p .01, mittlerer Effekt) sowie der Wortspanne (rSP(124) = .35,

p .01, mittlerer Effekt), mit der Antwortkorrektheit (rSP(124) = .34, p .01, mittlerer

Effekt) und der Ausführungszeit im ToL (rSP(124) = -.31, p .01, mittlerer Effekt) und

mit den Reaktionszeiten von Dino1 (rSP(124) = -.35, p .01, mittlerer Effekt) und Dino2

(rSP(124) = -.42, p .01, mittlerer Effekt).

Page 124: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Tabelle 37: Korrelationen der abhängigen Variablen – alle Gruppen

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

1. Face-Test: Acc

1

2. Face-Test:

RT

-.24** 1

3. FB-Aufgabe: Acc

.40** -.22* 1

4. SST: Inhibi-tionsmaß

.09 .14 .13 1

5. Hund-Katze:

Inhibitionsmaß

-.04 .05 -.08 .02 1

6. STT: RT Globale Kosten

-.14 .01 .01 -.12 .29** 1

7. STT: RT Lokale Kosten

.10 .06 .06 .14 .04 .08 1

8. STT: Acc

Globale Kosten

-.02 -.13 .08 -.21* .13 .05 .19* 1

9. STT: Acc Lokale Kosten

.03 -.10 .08 -.23* .07 -.01 .15 .64** 1

10.Corsi: Spanne

.42** -.14 .39** .04 -.21* -.23** .01 .18* .15 1

11.Wortspanne .20* -.24** .35** .09 .03 -.07 -.06 .12 .10 .29** 1

12. ToL: Acc .45** -.05 .34** .17 -.19* -.07 .05 .17* .14 .45** .32** 1

13. ToL:

Planungszeit

.07 .08 -.06 .25** -.02 -.03 .05 -.35** -.25** -.02 .09 .09 1

14. ToL: Aus-führungszeit

-.45** .32** -.31** -.02 .22* .20* -.09 -.20* -.22* -.58** -.33** -.55** .11 1

15. Dino1: RT -.51** .15 -.35** -.08 -.04 .05 -.07 -.26** -.18* -.43** -.30** -.42** .04 .55** 1

16. Dino2: RT -.48** .20* -.42** -.06 .03 .24** -.15 -.16 -.14 -.47** -.32** -.38** -.02 .60** .76** 1

17. SRS: Gesamtwert

-.10 .21* -.15 .18 .01 .05 .06 -.03 -.11 -.17 .02 -.01 .01 .04 .18* .17 1

Anmerkungen: Acc = Antwortkorrektheit; RT = Reaktionszeit; STT = Schatztruhentest; SST = Stop-Signal-Task;

* Korrelation ist auf dem .05 Niveau signifikant; ** Korrelation ist auf dem .01 Niveau signifikant

Page 125: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 125

5 Diskussion

Im Folgenden werden die eben dargestellten Ergebnisse interpretiert und in Beziehung

zu anderen Forschungsergebnissen gesetzt. Des Weiteren folgen eine kritische Betrach-

tung der Methode sowie ein Ausblick auf wissenschaftliche und klinische Implikatio-

nen.

5.1 Interpretation der Ergebnisse und Integration in den

Forschungskontext

Die im vorherigen Kapitel dargestellten Ergebnisse sollen nun anhand der aufgestellten

Hypothesen interpretiert werden.

5.1.1 Interpretation der ToM-Ergebnisse

Zur Orientierung sind die, zu Beginn aufgestellten, Hypothesen für den Bereich der

ToM in Tabelle 38 veranschaulicht. Im Anschluss erfolgt eine Interpretation der Ergeb-

nisse der ToM-Tests anhand Hypothese 1-3. Dann findet eine Interpretation weiterer

Ergebnisse der ToM-Tests statt, die allerdings nicht als Hypothesen formuliert wurden.

Der Abschnitt endet mit einer Zusammenfassung der Interpretation der ToM-

Ergebnisse.

Tabelle 38: Hypothesen zur ToM

Emotionserkennung FB-Aufgaben

Antwortkorrektheit Entscheidungszeit

ADHD ↓ ↑ ↑

ASD- - ↓ ↓

ASD+ ↓ ↓ ↓

Anmerkungen: „↓“: Beeinträchtigung vorhanden; „↑“: Keine Beeinträchtigung vorhanden; „-“: Keine Aussage

5.1.1.1 Hypothese 1 - ADHD

Hypothese 1 besagt, dass die Probanden mit einer ADHD im Vergleich zu den typisch

entwickelten Probanden mehr Fehler im Face-Test aufweisen. Bezüglich der Antwort-

korrektheit im Face-Test gibt es jedoch keine signifikanten Gruppenunterschiede. Die

Kinder mit einer ADHD machten mehr Fehler als die typisch entwickelten Kinder, je-

Page 126: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 126

doch weniger als die Kinder mit einer ASD- und gleich viele wie die Patienten mit einer

ASD+, was sich jedoch inferenzstatistisch nicht als Gruppenunterschied belegen lässt.

Die Nullhypothese muss somit beibehalten werden.

Bezüglich der Entscheidungszeit schnitten alle klinischen Gruppen zusammen, also

auch die Gruppe der ADHD, signifikant schlechter ab als die Gruppe der TD.

Die publizierten inkonsistenten Ergebnisse, die Schwierigkeiten in der ToM bei Men-

schen mit einer ADHD belegen (Uekermann et al., 2010), konnten in der, dieser Arbeit

zugrundeliegenden, Studie nicht bestätigt werden. Die Kinder mit einer ADHD schnit-

ten tendenziell zwar schlechter ab als die typisch entwickelten Kinder, unterscheiden

sich aber nicht signifikant von ihnen. Es gibt jedoch auch Studien, die, wie die hier vor-

liegende, keine signifikanten Beeinträchtigungen der ADHD-Gruppe in Aufgaben zur

ToM finden (z.B. Charman et al., 2001; Perner, Kain, et al., 2002).

5.1.1.2 Hypothese 2 – ASD-

Hypothese 2 postuliert, dass die Probanden mit einer ASD- im Vergleich zu den ty-

pisch entwickelten Probanden und denen mit einer ADHD höhere Werte in der Ent-

scheidungszeit im Face-Test und eine geringere Anzahl gelöster FB-Aufgaben aufwei-

sen. Bezüglich der Entscheidungszeit im Face-Test gibt es einige signifikante Grup-

penunterschiede. Es zeigte sich, dass die Kinder mit einer ASD- die höchsten Entschei-

dungszeiten aufwiesen und sich somit von den Kindern mit einer typischen Entwicklung

und mit einer ADHD signifikant unterscheiden. Die Ergebnisse stützen folglich die Hy-

pothese. Die signifikant erhöhte Entscheidungszeit beim Face-Test bei keiner signifi-

kant erhöhten Fehlerzahl könnte so interpretiert werden, dass die Menschen mit der

ASD- kognitive Strategien zur Emotionserkennung anwenden und keine intuitiven Fä-

higkeiten nutzen. Dieses Herangehen benötigt für die Auswahl der richtigen Lösung

mehr Zeit, was sich in der Entscheidungszeit niederschlägt.

Die Analyse der Anzahl gelöster FB-Aufgaben zeigt, dass die Gruppe der Kinder mit

einer ASD- durchschnittlich am wenigsten Aufgaben richtig gelöst hat, gefolgt von den

Kindern mit einer ASD+. Die typisch entwickelten Kinder lösten am meisten Aufgaben

richtig. Die Kinder mit einer ASD- unterscheiden sich signifikant von den Kindern mit

einer typischen Entwicklung, was die Hypothese stützt, jedoch nicht signifikant von den

Kindern mit einer ADHD. Die Ergebnisse stützen den zweiten Teil der Hypothese also

nur teilweise. In der Literatur finden sich ebenfalls Studien, die die Schwierigkeiten von

Menschen mit einer ASD im Lösen von FB-Aufgaben beschreiben (z.B. Swettenham et

al., 1996). Dass der zweite Teil der Hypothese nur teilweise gestützt wird, hängt wahr-

scheinlich damit zusammen, dass die Gruppe der Kinder mit einer ADHD in dem Lösen

der FB-Aufgaben schlechter als erwartet abschnitt und sich somit nicht stark genug von

der Gruppe der ASD- unterscheidet.

Page 127: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 127

5.1.1.3 Hypothese 3 – ASD+

Hypothese 3 besagt, dass die Probanden mit einer ASD+ im Vergleich zu den typisch

entwickelten Probanden mehr Fehler und höhere Werte in der Entscheidungszeit im

Face-Test und eine geringere Anzahl gelöster FB-Aufgaben aufweisen.

Bezüglich der Antwortkorrektheit im Face-Test gibt es keine signifikanten Gruppenun-

terschiede. Die Kinder mit einer ASD+ machten mehr Fehler als die typisch entwickel-

ten Kinder, jedoch weniger als die Kinder mit einer ASD- und gleich viele wie die Pati-

enten mit einer ADHD, was sich jedoch nicht inferenzstatistisch belegen lässt. Die Ent-

scheidungszeit im Face-Test betreffend, zeigte sich, dass die Kinder mit einer ASD-,

gefolgt von den Kindern mit einer ASD+ die längste Entscheidungszeit zeigten. Am

schnellsten entschieden sich die Kinder mit einer typischen Entwicklung. Die Kinder

der beiden Gruppen mit einer ASD unterscheiden sich zusammen signifikant von der

Gruppe der Kinder mit einer ADHD (Kontrast 2). Die klinischen Gruppen unterschei-

den sich zusammen signifikant von der Gruppe der Kinder mit einer typischen Entwick-

lung (Kontrast 3). In paarweisen Vergleichen unterscheiden sich die Kinder mit einer

ASD+ allerdings nicht signifikant von einer der anderen Gruppen.

Bezüglich der FB-Aufgaben haben die Kinder mit einer ASD+ am zweitwenigsten

Aufgaben richtig gelöst. Sie unterscheiden sich signifikant von der Gruppe der Kinder

mit einer typischen Entwicklung. Für den zweiten Teil der Hypothese kann somit die

Alternativhypothese angenommen werden.

5.1.1.4 Explorative Ergebnisinterpretation der ToM-Tests

Face-Test – die Rolle der begrenzten Darbietungszeit

Ableitend aus anderen Studien (z.B. Rump et al., 2009), die gezeigt haben, dass Kinder

und Jugendliche mit einer ASD in der Emotionserkennung schlechter abschneiden als

Kontrollgruppen mit typischer Entwicklung, sobald die Darbietungszeit des Stimulus-

materials beschränkt ist, hätte man sich ursprünglich vorstellen können, dass eine Be-

grenzung der Darbietungszeit zu einer Beeinträchtigung in der Antwortkorrektheit bei

den ASD-Gruppen führt.

In der hier verwendeten Version des Face-Tests ist in Bedingung1 die Darbietungszeit

des Bildes auf 500ms begrenzt, in Bedingung2 auf 1000ms und in Bedingung3 auf

1500ms. In Bedingung4 ist die Darbietungszeit des Bildes unbegrenzt (wie in der ur-

sprünglichen Version). Der Proband entscheidet in Bedingung4 selbst, wann er die

Antwort gibt und beendet somit die Darbietung (self-paced). Somit zählen die Bedin-

gungen1-3 zu den Bedingungen mit begrenzter Darbietungszeit und die Bedingung4 ist

eine Bedingung mit unbegrenzter Darbietungszeit.

Betrachtet man die Antwortkorrektheit, ist der Faktor „Bedingung“ nicht signifikant. In

Bedingung1, mit der kürzesten Darbietungszeit, erreichten die Teilnehmer deskriptiv

Page 128: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 128

die höchste Antwortkorrektheit. Bedingung2 und 3 befinden sich bezüglich der Anzahl

richtiger Antworten im Mittelfeld. Am wenigsten Aufgaben wurden in Bedingung4

(unbegrenzte Darbietungszeit) richtig gelöst. Es ergibt sich allerdings ein signifikanter

Interaktionseffekt „Bedingung × Gruppe“. Die Gruppe der typisch entwickelten Kinder

ist in Bedingung1 signifikant besser als die klinischen Gruppen. Bei Bedingung3 sind

die Kinder der Gruppe mit der ASD- signifikant schlechter als die Kinder der Gruppen

mit der ADHD und der ASD+. Der Rückschluss, dass eine begrenzte Darbietungszeit

die Anzahl der Fehler erhöht, kann in keiner der Gruppen gezogen werden. Die Kinder,

insbesondere die Kinder mit einer typischen Entwicklung, scheinen am meisten von

einer kurzen Darbietungszeit zu profitieren. Ein mögliches Erklärungsmodell könnte

sein, dass die Kinder mit einer typischen Entwicklung weniger Fehler machen, wenn sie

gezwungen sind, die Aufgabe aufgrund der kurzen Darbietungszeit intuitiv zu lösen als

wenn sie darüber nachdenken würden. Von einer längeren aber begrenzten Darbie-

tungszeit scheinen die Gruppen der Teilnehmer mit einer ADHD und ASD+ zu profitie-

ren. Insgesamt lässt sich der anfangs postulierte Effekt nicht bestätigen.

Die Entscheidungszeit betreffend ist der Faktor „Bedingung“ signifikant. Wie zu erwar-

ten wurde in Bedingung4 (unbegrenzte Darbietungszeit) die längste Entscheidungszeit

gezeigt (hier wurden aber am wenigsten Items richtig gelöst). Unerwarteterweise zeigte

sich bei Bedingung3 (begrenzte Darbietungszeit, 1500ms) die kürzeste Entscheidungs-

zeit. In der Bedingung mit der kürzesten Darbietungszeit (Bedingung1) unterscheiden

sich die klinischen Gruppen von der Gruppe der TD signifikant, in dem Sinne, dass die

klinischen Gruppen längere Entscheidungszeiten aufweisen. Ebenso signifikant längere

Entscheidungszeiten weisen die beiden Gruppen mit der ASD zusammengenommen

auf, im Vergleich zur Gruppe der ADHD. Die Kinder mit einer ASD+ sind hier, in Be-

dingung1, die langsamsten und unterscheiden sich somit signifikant von den Gruppen

der ADHD und der TD. Dies könnte ein Hinweis auf eine nicht intuitive Aufgabenbear-

beitung und ein Anzeichen für das Anwenden zeitlich aufwendigerer kognitiver Strate-

gien zur Lösung der Aufgabe sein. Auch bei Bedingung2 unterscheiden sich die Grup-

pen signifikant voneinander. Die Gruppe der Kinder mit einer ASD- benötigte hier die

längste Entscheidungszeit und unterscheidet sich von den anderen drei Gruppen signifi-

kant. Bei Bedingung3 gibt es dahingehend signifikante Gruppenunterschiede, dass sich

die Gruppe der Kinder mit einer ASD- am langsamsten entschieden und sich signifikant

von der Gruppe der Kinder mit einer ADHD und TD unterscheidet. Bei Bedingung4

benötigten die Kinder mit einer ASD+ die längste Entscheidungszeit und unterscheiden

sich somit signifikant von den Kindern mit einer TD.

Teilweise ähnliche Ergebnisse fanden sich auch in einer anderen Studie (Tracy et al.,

2011). Hier zeigte sich, dass die Teilnehmer bezüglich ihrer Antwortkorrektheit besser

abschnitten, wenn sie schneller antworteten. In dieser Untersuchung unterschieden sich

die Teilnehmer mit einer ASD weder in ihrer Antwortkorrektheit noch in ihrer Ent-

Page 129: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 129

scheidungszeit bei Aufgaben zur Emotionserkennung mit einer beschränkten Darbie-

tungszeit von 1500ms (vergleichbar mit Bedingung3) von den Teilnehmern mit einer

typischen Entwicklung. Mit einer beschränkten Darbietungszeit von 500ms (vergleich-

bar mit Bedingung1) fand eine andere Studie (Rump et al., 2009) jedoch einen signifi-

kanten Unterschied in der Antwortkorrektheit zwischen den Teilnehmern mit einer ASD

und den typisch entwickelten Teilnehmern. Dies kann in der hier vorliegenden Untersu-

chung bestätigt werden.

False-Belief-Aufgaben – die unterschiedlichen Aufgabentypen

Die meisten Kinder lösten eine oder zwei FB-Aufgaben. Erwartungsgemäß wurde die

FB-Aufgabe erster Ordnung am häufigsten und die FB-Aufgabe zweiter Ordnung mit

der Frage nach der Intention des Protagonisten am seltensten richtig gelöst. Nur ein gu-

tes Drittel der Teilnehmer löste diese Aufgabe. Die False-Belief-Aufgabe zweiter Ord-

nung mit der Frage nach der Handlung des Protagonisten wurde von circa der Hälfte der

Teilnehmer gelöst und die FB-Aufgabe erster Ordnung von 88%. Dies zeigt insgesamt,

dass die Aufgabenauswahl für die Stichprobe passend war.

Werden die verschiedenen Aufgaben getrennt betrachtet, zeigt sich, dass die FB-

Aufgabe erster Ordnung von den Kindern mit einer ASD- signifikant seltener gelöst

wurde als von den Kindern der Gruppe TD. Das zweitschlechteste Ergebnis erzielte hier

die Gruppe der ASD+.

Bezüglich der FB-Aufgaben zweiter Ordnung zeigten sich für die einzelnen Aufgaben

keine signifikanten Gruppenunterschiede. Deskriptiv zeigte sich eine Tendenz, dass die

Kinder mit einer ASD- Diagnose schlechter abschnitten.

5.1.1.5 Zusammenfassung der Interpretation der ToM-Ergebnisse

Eine zusammenfassende Interpretation der Ergebnisse ist in Tabelle 39 veranschaulicht.

Bei dieser Darstellung sind signifikante Gruppenunterschiede, die sich lediglich in ein-

zelnen Bedingungen einer Aufgabe zeigen, nicht dargestellt.

Page 130: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 130

Tabelle 39: Ergebnisse zur ToM

Emotionserkennung FB-Aufgaben

Antwortkorrektheit Entscheidungszeit

ADHD ↑ (↓) ↑

ASD- ↑ ↓ ↓

ASD+ ↑ (↓) ↓

Anmerkungen:

„↑“: Keine Beeinträchtigung vorhanden (Gruppe schneidet im Gruppenvergleich nicht signifikant schlechter ab als

eine andere Gruppe);

„(↓)“: Deskriptive Beeinträchtigung vorhanden (Gruppe schneidet im Gruppenvergleich knapp nicht signifikant

schlechter ab als eine andere Gruppe (.05 < p < .10) oder Gruppe schneidet im Rahmen der Kontrasttestung mit einer

anderen Gruppe zusammen signifikant schlechter ab als eine andere Gruppe);

„↓“: Signifikante Beeinträchtigung vorhanden (Gruppe schneidet im Gruppenvergleich signifikant schlechter ab als

eine andere Gruppe)

Dieser Abschnitt befasste sich mit der Frage, ob es bezüglich der ToM Unterschiede

zwischen den vier Gruppen gibt. Diesen gibt es in dem Sinne, dass die Kinder mit einer

typischen Entwicklung bei allen erhobenen ToM-Parametern die besten Ergebnisse er-

zielten. Die Gruppe der Kinder mit einer ADHD unterscheidet sich nicht signifikant von

der Gruppe der Kinder mit einer TD, benötigte deskriptiv jedoch eine längere Entschei-

dungszeit beim Face-Test. Beide ASD-Gruppen machten bei den FB-Aufgaben mehr

Fehler und hatten eine längere Entscheidungszeit beim Face-Test. Die Gruppe der ASD-

unterscheidet sich allerdings in zwei Parametern und die Gruppe der ASD+ in einem

Parameter signifikant von der Gruppe der typisch entwickelten Kinder. Somit kann

nicht von einem additiven Effekt für die Gruppe der ASD+ ausgegangen werden. Es

scheint sogar so, als seien die Kinder, die nur an einer ASD-Diagnose leiden in ihren

ToM-Fähigkeiten stärker beeinträchtigt als die Kinder mit einer komorbiden ADHD.

Die Kinder mit einer ASD+ zeigen nur teilweise die Defizite der Kinder mit einer

ASD-. Die Kinder mit einer ASD+ schnitten jedoch schlechter ab als die Kinder mit

einer ADHD, das heißt, sie haben eine größere Beeinträchtigung als diese in ihren ToM-

Fähigkeiten.

Dass es bezüglich der Antwortkorrektheit bei einer Emotionserkennungsaufgabe keine

signifikanten Gruppenunterschiede zwischen den Gruppen der ASD, ADHD und TD

geben kann, beschreiben auch andere Studien (z.B. Sinzig et al., 2007).

An dieser Stelle interessiert die Frage, wo die Defizite in der ToM bei Menschen mit

einer ASD verankert sind. Es gibt einige Erklärungsansätze, die Frage ist bislang jedoch

nicht zufriedenstellend beantwortet.

Page 131: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 131

Bildgebende Studien sehen vor allem drei Bereiche ursächlich an der Beeinträchtigung

der ToM bei Menschen mit einer ASD beteiligt, die nun im Folgenden beschrieben

werden.

In Zusammenhang mit dem Erkennen von Gesichtern wird eine Minderaktivierung des

Gyrus fusiformis diskutiert. Beispielsweise konnte eine Studie (Schultz et al., 2000)

zeigen, dass die Gruppe der Menschen mit einer ASD beim Wahrnehmen von Gesich-

tern eine geringere Aktivierung des Gyrus fusiformis im Vergleich zur Kontrollgruppe

zeigte. Die Menschen mit einer ASD zeigten dafür eine Aktivierung des Gyrus tempora-

lis inferior, der normalerweise bei der Wahrnehmung von Objekten aktiviert ist.

Auch eine Minderaktivierung des Sulcus Temporalis Superior wird in Zusammenhang

mit der Beeinträchtigung von Menschen mit einer ASD beim Erkennen von Gesichts-

ausdrücken gebracht (Hadjikhani, Joseph, Snyder, & Tager-Flusberg, 2007).

Des Weiteren fand eine Arbeitsgruppe (Baron-Cohen, Ring, et al., 1999) bei Menschen

mit einer ASD eine Minderaktivierung der Amygdala beim Bearbeiten einer Emotions-

erkennungsaufgabe.

Eine weitere Theorie geht von einer Hypofunktion des Spiegelneuronensystem bei

Menschen mit einer ASD aus (z.B. Dapretto et al., 2006). Die Spiegelneuronen sind bei

der Ausführung von Handlungen sowie bei der Beobachtung von Handlungen anderer

aktiv und somit auch bei der Ausführung und Beobachtung von Mimik.

Die Autoren eines Reviews (Dziobek & Bölte, 2011) kommen zu dem Schluss, dass

sich bei Menschen mit einer ASD das zerebrale Aktivierungsmuster beim Lösen von

ToM-Aufgaben von dem bei gesunden Menschen unterscheidet, was von den Autoren

auf eine verringerte Konnektivität kortikaler Netze zurückgeführt wird. Wie bereits in

Kapitel 1.1.1.4 beschrieben, geht diese „Dyskonnektionstheorie“ (Geschwind & Levitt,

2007) davon aus, dass Assoziationsareale höherer Ordnung im Gehirn, die normaler-

weise mit dem Frontallappen verbunden sind, sich im Laufe der Entwicklung eines

Menschen mit ASD nicht verbinden.

Die Beeinträchtigungen in der ToM lassen sich bei Menschen mit einer ASD am wahr-

scheinlichsten auf Besonderheiten der Aktivierung von bestimmten Gehirnregionen

zurückführen, die auch unter dem Begriff „soziales Gehirn“ (z.B. Dziobek & Bölte,

2011) in die Literatur Eingang fanden. Diese Beeinträchtigungen bilden wiederum die

Ursache für vielfältige Schwierigkeiten in der wechselseitigen sozialen Kommunikation

und Interaktion der Menschen mit einer ASD.

5.1.2 Interpretation der EF-Ergebnisse

Zur Orientierung sind die anfangs aufgestellten Hypothesen für den Bereich der EF in

Tabelle 40 veranschaulicht. Im Anschluss erfolgt eine Interpretation der Ergebnisse der

Page 132: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 132

EF-Tests anhand Hypothese 4-6. Anschließend wird eine Interpretation weiterer wichti-

ger Ergebnisse der EF-Tests vorgenommen, die allerdings nicht als Hypothesen formu-

liert wurden. Der Abschnitt endet mit einer Zusammenfassung der Interpretation der

EF-Ergebnisse.

Tabelle 40: Hypothesen zu EF

Kognitive

Flexibilität

Planung WM Inhibition Aufmerksamkeit

ADHD - - ↓ ↓ ↓

ASD- ↓ ↓ - - -

ASD+ ↓ ↓ ↓ ↓ ↓

Anmerkungen: „↓“: Beeinträchtigung vorhanden; „-“: Keine Aussage; WM = Arbeitsgedächtnis

5.1.2.1 Hypothese 4 - ADHD

Hypothese 4 besagt, dass die Probanden mit einer ADHD im Vergleich zu den typisch

entwickelten Probanden Beeinträchtigungen im Arbeitsgedächtnis, in der Inhibitions-

leistung und in der Aufmerksamkeitsleistung aufweisen.

Sie sollen also eine geringere Spanne im Corsi und in der Wortspanne haben (Hypothe-

se 4a). Die längste Spanne im visuell-räumlichen Bereich (Corsi) erreichten die typisch

entwickelten Kinder, gefolgt von den Kindern mit einer ASD- und ASD+ und das

Schlusslicht bildeten die Kinder mit einer ADHD. Im Corsi gab es allerdings einen De-

ckeneffekt dahingehend, dass die älteren Teilnehmer meist alle Aufgaben lösten. Mit

sowie ohne die älteste Altersgruppe gerechnet, unterscheiden sich die Kinder mit einer

ADHD signifikant von den typisch entwickelten Kindern, was der postulierten Hypo-

these entspricht. Auch bei der verbal erfassten Gedächtnisspanne (Wortspanne) zeigten

die Kinder mit einer ADHD die geringste Gedächtnisspanne, gefolgt von den Kindern

mit einer ASD- und dann denen mit einer ASD+. Die Kinder mit einer typischen Ent-

wicklung erzielten deskriptiv die längste Spanne. Es gab keine signifikanten Gruppen-

unterschiede, allerdings unterscheiden sich die Kinder mit einer ADHD nur knapp nicht

signifikant von der Gruppe der TD. Trotzdem muss für den zweiten Teil der Hypothese

die Nullhypothese beibehalten werden. Insgesamt weisen die Ergebnisse der Arbeitsge-

dächtnisspannen in die erwartete Richtung. Eventuell würde eine größere Stichprobe die

vorhergesagten Gruppenunterschiede bei beiden Aufgaben inferenzstatistisch belegen

können.

Des Weiteren wird ein größerer Wert der SSRT in der Stop-Signal-Task und ein größe-

rer Wert der Inhibitionsleistung in der Hund-Katze-Aufgabe angenommen (Hypothese

Page 133: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 133

4b). Überraschenderweise schnitten in der Stop-Signal-Task tendenziell die Kinder mit

einer ADHD am besten ab und die Kinder mit einer ASD-Diagnose bildeten das

Schlusslicht. Die Gruppen unterscheiden sich jedoch nicht signifikant. Bei der Stop-

Signal-Task ist es fraglich, ob der Adaptionsprozess bei der Aufgabenbearbeitung ge-

lungen ist. Einige Kinder schienen gemerkt zu haben, dass sie durch langsames Antwor-

ten den Zeitpunkt des Erscheinens des roten Hintergrundes hinauszögern können und

somit eine größere Treffsicherheit haben. Bei der Hund-Katze-Aufgabe schnitten die

Kinder mit einer ADHD tendenziell zwar schlechter ab als die Kinder mit einer typi-

schen Entwicklung, unterschieden sich aber nicht signifikant voneinander. Die Ergeb-

nisse der Hund-Katze-Aufgabe sind allerdings nur eingeschränkt zu interpretieren, da

man bei dieser Aufgabe von einem Deckeneffekt ausgehen kann. Wie bereits beschrie-

ben, konnten bei dieser Aufgabe nicht die Reaktionszeiten ausgewertet werden, die viel-

leicht die Inhibitionsleistung besser abgebildet hätten. Die Ergebnisse stützen insgesamt

nicht die Hypothese. Dies ist sehr verwunderlich, da Defizite im Bereich der Inhibition

in der Literatur fast durchgehend bei Menschen mit einer ADHD gefunden werden (z.B.

Hellwig-Brida et al., 2010; Houghton et al., 1999). Es gibt jedoch auch einzelne Stu-

dien, die keinen Unterschied zwischen Gruppen mit einer ADHD und typisch entwi-

ckelten Probanden in Maßen zur Inhibition finden (z.B. Van der Meer et al., 2012).

Zusätzlich wurde angenommen, dass die Probanden mit einer ADHD längere Reakti-

onszeiten im Dino1 und Dino2 zeigen als die Probanden mit einer typischen Entwick-

lung (Hypothese 4c). Im Dino1 reagierten die Kinder mit einer ADHD deskriptiv lang-

samer als die typisch entwickelten Kinder. Im Dino2 wiesen die Kinder mit einer

ADHD die langsamsten Reaktionszeiten auf, was sich jedoch nicht inferenzstatistisch

belegen lässt. Somit muss hier die Nullhypothese beibehalten werden.

Nicht in der Hypothese über die Kinder mit einer ADHD bei den Tests zu EF verankert,

aber trotzdem erwähnenswert, scheint das Ergebnis dieser Gruppe im ToL. Die Kinder

mit einer ADHD hatten, im Vergleich mit den anderen Gruppen, tendenziell die ge-

ringste Planungszeit beim ToL und auch am wenigsten Aufgaben richtig gelöst. Diese

Gruppenunterschiede ließen sich allerdings nicht inferenzstatistisch belegen. Dies könn-

te dennoch auf eine erhöhte Impulsivität und Schwierigkeiten in der Inhibition bei der

Ausführung, zu Ungunsten der Planungsleistung schließen lassen. Die Planungszeit

(initial thinking time) beim ToL wurde beispielsweise in einer Studie (Steinberg et al.,

2008) als Maß für die Impulsivität verwendet. Eine kürzere Planungszeit soll demnach

auf eine erhöhte Impulsivität hinweisen. Auch Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität,

Kernsymptome der ADHD, wirken sich negativ auf die Leistung im ToL aus (Luciana,

Collins, Olson, & Schissel, 2009). Eine kürzere Planungszeit sowie weniger gelöste

Aufgaben in einer Planungsaufgabe bei Jugendlichen mit einer ADHD finden sich auch

in anderen Studien (z.B. Gau & Shang, 2010).

Page 134: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 134

Auch die Ergebnisse der ADHD-Gruppe in der Antwortkorrektheit des Schatztruhen-

tests sollten an dieser Stelle interpretiert werden. Die Gruppe der Kinder mit einer

ADHD machten insgesamt die meisten Fehler, gefolgt von der Gruppe der Kinder mit

einer ASD+. In der Wechsel-Bedingung der globalen Kosten unterscheiden sich die

Kinder mit einer ADHD signifikant von den beiden ASD-Gruppen zusammengenom-

men (Kontrast 2). In dieser Bedingung schnitten die Kinder mit einer ADHD signifikant

schlechter ab als die Kinder mit einer typischen Entwicklung. Auch in der Wechselbe-

dingung der lokalen Kosten unterscheidet sich die Gruppe der Kinder mit einer ADHD

signifikant von den Gruppen mit einer ASD zusammen, jedoch auch in den paarweisen

Vergleichen von jeder der anderen drei Gruppen (ASD+, ASD-, TD) einzeln. Bei dieser

Aufgabe war ebenfalls ein hohes Maß an Aufmerksamkeit gefordert, was eventuell zu

diesen Ergebnissen der ADHD-Gruppe beigetragen haben könnte. Bezüglich der Reak-

tionszeiten unterscheiden sich die Gruppen nicht. Entsprechende Beeinträchtigungen

von Menschen mit einer ADHD bei Aufgaben zur kognitiven Flexibilität finden sich

auch in der Literatur (z.B. Hellwig-Brida et al., 2010; Houghton et al., 1999).

5.1.2.2 Hypothese 5 – ASD-

Laut Hypothese 5 zeigen die Probanden mit einer ASD- im Vergleich zu den typisch

entwickelten Probanden Beeinträchtigungen in der kognitiven Flexibilität und der Pla-

nungsleistung.

Sie sollen somit höhere Reaktionszeiten und mehr Fehler in den Wechselbedingungen

der lokalen und der globalen Kosten im Schatztruhentest haben (Hypothese 5a). Im

Bereich der Reaktionszeiten zeigten die Kinder mit einer ASD- sowohl im Bereich der

lokalen wie auch der globalen Kosten die längsten Reaktionszeiten. Es ergaben sich

jedoch keine signifikanten Gruppenunterschiede, womit die Nullhypothese beibehalten

werden muss. Die Anzahl der Fehler betreffend zeigte sich überraschenderweise eine

Tendenz, dass die Kinder mit einer ASD- am wenigsten Fehler gemacht haben, die je-

doch inferenzstatistisch nicht belegt werden konnte. Diese Ergebnisse sind nicht hypo-

thesenkonform.

Des Weiteren wurde angenommen, dass die Gruppe der ASD- eine geringere Perfor-

manz als die Gruppe der TD im ToL zeigt (Hypothese 5b). Die Kinder mit einer ASD-

lösten tendenziell die meisten Aufgaben, gefolgt von den Kindern mit einer typischen

Entwicklung. Die Gruppen unterscheiden sich allerdings nicht signifikant voneinander.

Dieses Ergebnis ist nicht hypothesenkonform. Die Kinder mit einer ASD- planten auch

durchschnittlich am längsten bevor sie mit einer Aufgabe begannen. Am zweit längsten

planten die Kinder mit einer typischen Entwicklung und am wenigsten lang die Kinder

mit einer ADHD. Signifikant unterscheidet sich die Planungszeit der ADHD-Gruppe

von den beiden ASD-Gruppen zusammen (Kontrast 2). Zum Ausführen der Aufgaben

benötigten die Kinder mit einer ASD- deskriptiv mehr Zeit als die Kinder mit einer ty-

Page 135: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 135

pischen Entwicklung und mit einer ADHD, nicht aber mit einer ASD+, was jedoch kei-

ne signifikanten Gruppenunterschiede nach sich zieht. Somit muss auch hier die Null-

hypothese beibehalten werden.

Die bereits mehrfach replizierten Defizite von Menschen mit einer ASD im Bereich der

kognitiven Flexibilität und Planungsleistung (z.B. Ozonoff et al., 2004; Russo et al.,

2007) konnten hier nicht bestätigt werden. In weiteren Studien lohnt es sich hier sicher-

lich die Altersverläufe der Gruppen zu betrachten. Erste Auswertungen werden in Kapi-

tel 5.3.1.1 beschrieben.

5.1.2.3 Hypothese 6 – ASD+

Hypothese 6 postuliert, dass die Probanden mit einer ASD+ in allen erhobenen Berei-

chen der EF Beeinträchtigungen im Vergleich zu den typisch entwickelten Probanden

zeigen.

Sie sollen somit höhere Reaktionszeiten und mehr Fehler in den Wechselbedingungen

der lokalen und der globalen Kosten im Schatztruhentest haben (Hypothese 6a). Im

Bereich der Reaktionszeiten zeigten die Kinder mit einer ASD+ zwar sowohl im Be-

reich der lokalen wie auch der globalen Kosten die zweitlängsten Reaktionszeiten nach

den Kindern mit der ASD-, es ergaben sich jedoch keine signifikanten Gruppenunter-

schiede. Sie zeigten zudem die zweithöchste Fehlerquote sowohl im Bereich der lokalen

wie auch globalen Kosten, aber auch hier waren keine hypothesenkonformen Gruppen-

unterschiede belegbar. Die Ergebnisse stützen somit nicht die Hypothese.

Zweitens sollen sie, laut Hypothese 6b, eine geringere Performanz als die typisch ent-

wickelten Probanden im ToL zeigen. Die Kinder mit einer ASD+ lösten am zweitwe-

nigsten Aufgaben, unterscheiden sich aber nicht signifikant von den anderen Gruppen.

In ihrer Planungszeit unterscheiden sie sich zusammen mit der Gruppe der ASD- signi-

fikant von der Gruppe der ADHD, die deutlich kürzer plante. Zum Ausführen der Auf-

gaben benötigten die Kinder mit einer ASD+ am längsten, was sich allerdings nicht

inferenzstatistisch belegen lässt. Das heißt, auch für den ToL muss die Nullhypothese

beibehalten werden.

Des Weiteren wurde postuliert, dass die Kinder mit einer ASD+ eine geringere Spanne

im Corsi und in der Wortspanne haben als typisch entwickelte Kinder (Hypothese 6c).

Im Corsi gab es allerdings einen Deckeneffekt dahingehend, dass die älteren Teilneh-

mer meist alle Aufgaben lösten. Ohne die älteste Altersgruppe gerechnet, zeigte sich,

dass die Kinder mit einer ASD+ die kürzeste Spanne aufwiesen und sich somit signifi-

kant von den typisch entwickelten Kindern unterscheiden, was hypothesenkonform ist.

Für den Corsi kann die Alternativhypothese also angenommen werden. In der Wort-

spanne unterscheiden sich die Kinder mit einer ASD+ nicht signifikant von den Kin-

Page 136: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 136

dern mit einer TD. Somit muss für den Bereich der verbal abgefragten Arbeitsgedächt-

nisspanne die Nullhypothese beibehalten werden.

Es wurde zusätzlich angenommen, dass sie im Vergleich zu den typisch entwickelten

Probanden einen größeren Wert der SSRT in der Stop-Signal-Task und einen höheren

Wert der Inhibitionsleistung in der Hund-Katze-Aufgabe zeigen (Hypothese 6d). In der

Stop-Signal-Task bildeten die Kinder mit einer ASD+ zusammen mit den Kindern mit

einer ASD- das Schlusslicht, unterscheiden sich allerdings nicht signifikant von der

Gruppe der TD. Bei der Hund-Katze-Aufgabe bildeten die Kinder mit einer ASD+ das

Schlusslicht. Die beiden ASD-Gruppen unterscheiden sich knapp nicht signifikant von-

einander. Bei dieser Aufgabe kann allerdings, wie schon erwähnt, von einem Deckenef-

fekt ausgegangen werden. Die Ergebnisse weisen für die Gruppe der ASD+ in die er-

wartete Richtung, die Gruppenunterschiede sind allerdings nicht signifikant, weswegen

die Nullhypothese beibehalten werden muss. Auch andere Arbeitsgruppen (z.B. Van der

Meer et al., 2012) fanden keine signifikanten Beeinträchtigungen der Gruppe der ASD+

in Aufgaben zur Inhibition.

Schließlich sollen sie, laut Hypothese 6e, längere Reaktionszeiten im Dino1 und Dino2

zeigen. Im Dino1 reagierten die Kinder mit einer ASD+ durchschnittlich am langsams-

ten, gefolgt von den Kindern mit einer ASD- und denen mit einer ADHD. Die klini-

schen Gruppen unterscheiden sich signifikant von der Gruppe der typisch entwickelten

Kinder und im paarweisen Vergleich unterscheidet sich die Gruppe der ASD+ knapp

nicht signifikant von der Gruppe der TD. Im Bereich der Daueraufmerksamkeit (Dino2)

lag die Gruppe der Kinder mit einer ASD+ im Mittelfeld. Es gibt keine signifikanten

Gruppenunterschiede. Somit muss auch für den Bereich der Aufmerksamkeit die Null-

hypothese beibehalten werden.

5.1.2.4 Explorative Ergebnisinterpretation der EF-Tests

Der Schatztruhentest – und seine Bedingungen

Sowohl im Bereich der globalen wie auch der lokalen Kosten hatten alle Gruppen in der

Wechsel-Bedingung signifikant höhere Reaktionszeiten und machten mehr Fehler als in

der „gleich“-Bedingung. Zudem gibt es keine signifikanten Unterschiede der Gruppen

innerhalb der „gleich“-Bedingungen. Dies spricht für eine valide Testkonstruktion.

Im Bereich der lokalen Kosten zeigt sich für die Antwortkorrektheit eine signifikante

Interaktion „Bedingung × Gruppe“. Diese kann so interpretiert werden, dass die Kinder

mit einer ADHD im Vergleich zu den anderen drei Gruppen in der Wechselbedingung

ihre Fehlerzahl deutlicher erhöhten im Vergleich zur „gleich“-Bedingung.

Insgesamt scheint bei dieser Aufgabe die Anzahl der Fehler aussagekräftiger zu sein als

die Werte der Reaktionszeiten.

Page 137: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 137

Ob auf lokaler Ebene oder auf globaler Ebene ein Wechsel stattfindet, scheint sich nicht

auf die Höhe der Wechselkosten auszuwirken.

Tower of London – und die Planungszeit

Allgemein gilt es an dieser Stelle die Frage zu diskutieren, ob eine längere Planungszeit

im ToL positiv oder negativ zu bewerten ist. Negativ zu bewerten wäre eine längere

Planungszeit unter dem Gesichtspunkt, dass der Proband entsprechend länger braucht,

um eine Aufgabe zu planen, da sie ihm schwerer fällt als Probanden mit einer kürzeren

Planungszeit. Für ersteres würde jedoch sprechen, dass eine längere Planungszeit zeigen

könnte, dass der Proband die Fähigkeit zu Planen besitzt, diese auch nutzt und nicht

impulsiv oder nach dem „Trial- and- error Prinzip“ versucht die Aufgabe zu lösen. Die

Gruppe der ASD- plante deskriptiv am längsten, hat aber auch deskriptiv am meisten

Aufgaben richtig gelöst. Genau anders herum verhält es sich bei den Patienten mit einer

ADHD. Sie planten am kürzesten und haben am wenigsten Aufgaben richtig gelöst.

Betrachtet man die Korrelationen der Gruppe der TD zeigt sich, dass die Antwortrich-

tigkeit mit der Planungszeit im ToL signifikant positiv korreliert. Dieses Ergebnis, das

bereits mehrfach repliziert wurde (z.B. Luciana et al., 2009), stützt ebenfalls diese

Sichtweise. In der Interpretation der Ergebnisse dieser Arbeit wird somit eher von ei-

nem positiven Effekt einer längeren Planungszeit ausgegangen.

Dino2 – und seine vier Blöcke

Als Maß der Daueraufmerksamkeit wurde der Dino2 in vier Blöcken durchgeführt. Die

vier Blöcke unterscheiden sich nicht signifikant voneinander, es besteht jedoch eine

signifikante Wechselwirkung „Block × Gruppe“. Es zeigt sich kein einheitlicher Verlauf

der vier Gruppen über die vier Blöcke hinweg. Die Gruppe der TD zeigte in den ersten

beiden Blöcken deutlich schnellere Reaktionszeiten als in den letzten beiden Blöcken.

Dies entspricht den Erwartungen, da anzunehmen war, dass die Reaktionszeiten mit

zunehmender Dauer der Aufgabe langsamer werden. Ganz anders verhält es sich bei der

Gruppe der ASD+. Sie zeigten in den letzten beiden Blöcken kürzere Reaktionszeiten

als in den ersten beiden Blöcken. Auch die Gruppe der ADHD wurde im letzten Block

deutlich schneller und erreichte fast ihr Ausgangsniveau. Eventuell kann dies als

Übungseffekt interpretieren werden. Warum dies jedoch nicht alle Gruppen zeigen,

bleibt offen. Die Kinder der Gruppe mit einer ASD- hält ihr Niveau über die vier Blö-

cke ungefähr. Im ersten und zweiten Block unterscheiden sich die klinischen Gruppen

zusammen von der TD-Gruppe signifikant (Kontrast 3). In Block3 und 4 gibt es keine

signifikanten Gruppenunterschiede.

Page 138: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 138

5.1.2.5 Zusammenfassung der Interpretation der EF-Ergebnisse

Eine zusammenfassende Interpretation der Ergebnisse ist in Tabelle 41 veranschaulicht.

Bei dieser Darstellung sind signifikante Gruppenunterschiede, die sich lediglich in ein-

zelnen Bedingungen einer Aufgabe zeigen, nicht dargestellt.

Tabelle 41: Ergebnisse zu EF

Kognitive Flexibilität Planung Arbeitsgedächtnis Inhibition Aufmerksamkeit

STT

x

Acc

STT

x

Bearbei-

tungszeiten

ToL

xxx

Acc

ToL

xxx

Bearbei-

tungszeiten

Corsi-

Spanne

Visuell-

räumlich

Wort-

spanne

Verbal

x

Hund-

Katze

Anhand

Acc

SST

xxxx

Anhand

Reaktions-

zeiten

Dino1

xx

Reaktions-

zeiten

Dino2

xx

Dauerauf-

merksamkeit

ADHD ↓ ↑ ↑ (↓) ↓ (↓) ↑ ↑ (↓) ↑

ASD- ↑ ↑ ↑ ↑ ↑ ↑ ↑ ↑ (↓) ↑

ASD+ ↑ ↑ ↑ ↑ ↓ ↑ (↓) ↑ (↓) ↑

Anmerkungen: Acc = Antwortkorrektheit; STT= Schatztruhentest; SST= Stop-Signal-Task

„↑“: Keine Beeinträchtigung vorhanden (Gruppe schneidet im Gruppenvergleich nicht signifikant schlechter ab als

eine andere Gruppe);

„(↓)“: Deskriptive Beeinträchtigung vorhanden (Gruppe schneidet im Gruppenvergleich knapp nicht signifikant

schlechter ab als eine andere Gruppe (.05 < p < .10) oder Gruppe schneidet im Rahmen der Kontrasttestung mit einer

anderen Gruppe zusammen signifikant schlechter ab als eine andere Gruppe);

„↓“: Signifikante Beeinträchtigung vorhanden (Gruppe schneidet im Gruppenvergleich signifikant schlechter ab als

eine andere Gruppe)

Dieser Abschnitt befasst sich mit der Fragestellung, ob es bezüglich der EF Unterschie-

de in den Leistungen der vier Gruppen gibt. Diese sind deskriptiv durchaus vorhanden,

jedoch selten signifikant. Teilweise sind die Ergebnisse überraschend.

Die Kinder mit einer ADHD überraschen durch keine Beeinträchtigungen in Teilberei-

chen der Inhibition. Ein weiteres unerwartetes Ergebnis ist die hohe Fehlerquote im

Bereich der kognitiven Flexibilität. Betrachtet man die Antwortkorrektheit in den

Wechselbedingungen, schneiden die Kinder mit einer ADHD signifikant am schlechtes-

Page 139: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 139

ten ab. Hypothesenkonform ist die signifikante Beeinträchtigung in der Arbeitsgedächt-

nisspanne, die visuell-räumlich abgefragt wurde. Die Patienten mit einer ADHD hatten

deskriptiv auch die kürzeste verbale Gedächtnisspanne, was knapp nicht signifikant ist.

Die Ergebnisse bestätigen jedoch nicht die durchgängige und schwere Beeinträchtigung

der EF bei Menschen mit einer ADHD wie sie in anderen Studien bereits gefunden

wurde (Willcutt et al., 2005).

Weitere überraschende Ergebnisse erzielten die Kinder mit einer ASD- im Bereich der

kognitiven Flexibilität und der Planung. Sie zeigen sowohl in der Aufgabe zur kogniti-

ven Flexibilität, als auch bei der Planungsaufgabe keine Beeinträchtigungen. Insgesamt

gibt es keinen Bereich der EF, in denen die Kinder mit einer ASD- eine signifikante

Beeinträchtigung zeigen. Unabhängig von der Komponente der EF scheint es so, dass es

bei der Gruppe der Kinder mit einer ASD- eine Tendenz gibt, bei Aufgaben, bei denen

die Antwortkorrektheit gemessen wird, sehr gut abzuschneiden. Dies könnte mit der

Eigenschaft vieler Menschen mit Autismus zu tun haben, Dinge exakt und regelkon-

form zu bearbeiten.

Die Kinder mit einer ASD+ liegen oft in ihren Leistungen zwischen denen der ASD-

und der ADHD, was eventuell auch so interpretiert werden könnte, dass ihr Störungs-

bild ein Mischbild aus ASD und ADHD ist. Die Probanden mit einer ASD+ gehören in

keinem der EF-Bereiche zu den Besten und weisen in drei Aufgaben, wenn auch meist

nur deskriptiv, Beeinträchtigungen auf. Eine signifikante Beeinträchtigung zeigt sich,

wie bei den Patienten mit einer ADHD, in der visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnis-

spanne. Man könnte hier spekulieren, dass im Sinne eines additiven Effekts die Komor-

bidität der ADHD zu einer Verschlechterung der Leistung beigetragen hat.

Die Gruppe der typisch entwickelten Kinder schneidet nicht in jedem Bereich der EF

am besten ab. Es ergeben sich jedoch in keinem Bereich signifikante Gruppenunter-

schiede zu Ungunsten der Gruppe der TD.

Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass Beeinträchtigungen in den exekutiven Funkti-

onen bei Patienten mit ASD und ADHD durchaus vorhanden sind, jedoch nicht so stark,

durchgängig und vor allem nicht so spezifisch wie angenommen. Dies bestätigt ähnlich

kritische Publikationen in der Literatur. Ein Review (Sergeant et al., 2002) zeigt, dass

Defizite in den EF bei Menschen mit einer ADHD oder einer ASD zwar in den meisten

Studien vorhanden sind, jedoch keineswegs in allen. In einer anderen Studie (Yang et

al., 2009) unterschieden sich die Gruppen der ASD und ADHD sowie die der typisch

entwickelten Kinder in allen erhobenen Bereichen der EF (Arbeitsgedächtnis, Inhibit i-

on, kognitive Flexibilität) nicht voneinander. Eine weitere Arbeitsgruppe (Sinzig et al.,

2007) fand ebenfalls weder im Bereich der Daueraufmerksamkeit, der Inhibition, des

Reaktionswechsels, des Arbeitsgedächtnisses noch im Bereich der Planungsleistung

signifikante Gruppenunterschiede zwischen Kindern mit einer typischen Entwicklung,

Page 140: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 140

mit einer ASD oder mit einer ADHD. Ebenfalls keine Unterschiede zwischen den Pati-

enten mit einer ASD- und einer ASD+ in den Bereichen der EF fand eine Arbeitsgruppe

um Sinzig (Sinzig, Bruning, Morsch, et al., 2008).

Eine gewagte, doch gut begründete Hypothese geht davon aus, dass die Schwierigkei-

ten, die Probanden mit einer ASD in den Aufgaben zu EF haben, nicht aus einer exeku-

tiven Dysfunktion resultieren, sondern aus den Schwierigkeiten die Instruktion zu ver-

stehen (White, 2012). Implizite Erwartungen des Versuchsleiters würden aufgrund der

ToM-Schwäche nicht verstanden werden, was dazu führe, dass die Aufgaben anders als

gedacht ausgeführt werden. White geht davon aus, dass sich immer dann die Gruppen

mit einer ASD von den typisch entwickelten Kontrollgruppen unterscheiden, wenn die

Instruktionen dem Probanden kein explizites Verständnis der Aufgabe vermitteln, da sie

beispielsweise zu offen sind oder den Probanden nicht durch die Aufgabe lenken. Sie

nennt dies eine Beeinträchtigung in Inferring Implicit Information (Triple I -

Beeinträchtigung). Entsprechend könnten die Ergebnisse dieser Arbeit so interpretiert

werden, dass keine oder kaum signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen der

ASD und der TD bestehen, da explizit darauf geachtet wurde, dass die Aufgaben zu den

EF keine ToM-Anteile beinhalten. Sie wurden mit ausführlichen und genauen Instrukti-

onen vorgegeben. Zusätzlich wurde der Proband durch Ansagen des Computers und der

Versuchsleiter durch die Aufgaben gelenkt.

Dennoch lohnt es sich an dieser Stelle zu diskutieren, wo die Defizite in Teilbereichen

der EF, vor allem das hier nachgewiesene Defizit im Arbeitsgedächtnis, bei Patienten

mit einer ADHD ursächlich verankert sind.

Nach einer Theorie von Barkley (1997), die bereits in Kapitel 1.1.2.4 beschrieben wur-

de, führt die mangelnde Selbstregulation der Patienten und die mangelnde Inhibitions-

fähigkeit zu Störungen weiterer exekutiver Funktionen im Bereich des Arbeitsgedächt-

nisses, im Bereich der Regulation von Affekten, Motivation und Aufmerksamkeit, bei

der Automation von Sprache und bei der Entwicklung von Handlungssequenzen. In der

hier vorliegenden Studie konnten jedoch keine Beeinträchtigungen in der Inhibitions-

leistung gefunden werden, was sicherlich auch auf testtheoretische Schwierigkeiten zu-

rück zu führen ist, dennoch zeigt sich eine Beeinträchtigung im Arbeitsgedächtnis. Die

These von Barkley, dass eine mangelnde Inhibitionsfähigkeit unter anderem zu Schwie-

rigkeiten im Arbeitsgedächtnis führt, kann somit nicht gestützt werden.

Bildgebende Studien bei Menschen mit einer ADHD zeigen eine Reduktion der Größe

des präfrontalen Cortex, der wiederum eine wichtige Rolle in der Steuerung der EF

spielt, vor allem des Arbeitsgedächtnis, der Planungsleistung und der Aufmerksamkeits-

leistung (Durston et al., 2004). Auch eine Hypoaktivität dieser Bereiche wird bei Patien-

ten mit einer ADHD beobachtet (Rubia et al., 1999).

Page 141: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 141

Bislang lässt sich jedoch kein eindeutiges und konsistentes Ergebnis zur Erklärung die-

ser Defizite finden.

5.1.3 Interpretation des Ergebnis im SRS

Bezüglich der Ergebnisse in der „Skala zur Sozialen Reaktivität - SRS“ (Bölte & Poust-

ka, 2007) wurde keine Hypothese aufgestellt.

Wie zu erwarten, unterscheiden sich alle Gruppen in der Schwere der autismusspezifi-

schen Symptomatik signifikant voneinander mit Ausnahme der zwei Autismus-

Gruppen. Die Gruppe der Kinder mit einer ASD+ erreicht den höchsten Wert, was für

die stärkste Beeinträchtigung in der sozialen Reaktivität steht, gefolgt von der Gruppe

der Kinder mit einer ASD- und schließlich der Gruppe der Kinder mit einer ADHD. Da

sowohl die Gruppe der ASD- als auch die Gruppe der ADHD im Vergleich zur Gruppe

der typisch entwickelten Kinder eine signifikant erhöhte Beeinträchtigung im Elternur-

teil aufweist, könnte man hier von einem additiven Effekt in der Beeinträchtigung der

ASD+ ausgehen.

Ein erhöhtes Ergebnis der Kinder mit einer ADHD im SRS im Vergleich zur nicht-

klinischen Kontrollgruppe wurde auch bereits in anderen Studien gefunden (Reiersen et

al., 2007).

5.1.4 Interpretation des Korrelationsmuster der abhängigen Variablen

Explorativ interessiert des Weiteren die Fragestellung, ob es signifikante Zusammen-

hänge zwischen den Maßen der EF und der ToM in den einzelnen Gruppen und in der

Gesamtstichprobe gibt.

Wie in Tabelle 42 dargestellt, zeigen sich für die Gruppe der ADHD signifikante Zu-

sammenhänge zwischen den Maßen der ToM und den EF-Maßen der Inhibition, des

Arbeitsgedächtnisses, der Planungsleistung und gehäuft bei den Maßen der Aufmerk-

samkeit.

Page 142: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 142

Tabelle 42: Übersicht über die Korrelationen – Gruppe ADHD

ToM Inhibition Flexibilität WM Planung Aufmerksamkeit SRS

ToM +

Inhibition +

Flexibilität + ++

WM + + ++

Planung + + + + +

Aufmerk-

samkeit

++ + ++ ++ ++

SRS ++

Anmerkungen: WM = Arbeitsgedächtnis, SRS = Gesamtwert in der Skala zur sozialen Reaktivität

++: Die Hälfte oder mehr als die Hälfte der Korrelationen in diesem Bereich sind signifikant; +: Es gibt signifikante

Korrelationen in diesem Bereich

Wie in Tabelle 43 dargestellt ist, zeigen sich für die Gruppe der ASD- vermehrt signifi-

kante Korrelationen der ToM-Maße mit den Maßen zur Planungsleistung. Auch Aspek-

te der Aufmerksamkeitsleistung, der Arbeitsgedächtnisspanne und der Inhibition korre-

lieren signifikant mit Aspekten der ToM.

Tabelle 43: Übersicht über die Korrelationen – Gruppe ASD-

ToM Inhibition Flexibilität WM Planung Aufmerksamkeit SRS

ToM ++

Inhibition +

Flexibilität + ++

WM + + ++

Planung ++ + + ++ +

Aufmerk-

samkeit

+ ++ ++ ++

SRS

Anmerkungen: WM = Arbeitsgedächtnis, SRS = Gesamtwert in der Skala zur sozialen Reaktivität

++: Die Hälfte oder mehr als die Hälfte der Korrelationen in diesem Bereich sind signifikant; +: Es gibt signifikante

Korrelationen in diesem Bereich

Page 143: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 143

Wie in Tabelle 44 dargestellt, zeigen sich für die Gruppe der ASD+ deutlich weniger

signifikante Zusammenhänge. Die Maße der ToM korrelieren lediglich signifikant mit

einem Maß der Planungsleistung und einem Maß der Aufmerksamkeit.

Tabelle 44: Übersicht über die Korrelationen – Gruppe ASD+

ToM Inhibition Flexibilität WM Planung Aufmerksamkeit SRS

ToM

Inhibition

Flexibilität +

WM +

Planung + + ++ ++

Aufmerk-

samkeit

+ ++ + + ++

SRS +

Anmerkungen: WM = Arbeitsgedächtnis, SRS = Gesamtwert in der Skala zur sozialen Reaktivität

++: Die Hälfte oder mehr als die Hälfte der Korrelationen in diesem Bereich sind signifikant; +: Es gibt signifikante

Korrelationen in diesem Bereich

Wie in Tabelle 45 dargestellt, korrelieren die ToM-Maße für die TD-Gruppe gehäuft

signifikant mit den Maßen zum Arbeitsgedächtnis und zur Aufmerksamkeit. Es finden

sich zudem signifikante Korrelationen mit verschiedenen Maßen der Planungsleistung.

Page 144: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 144

Tabelle 45: Übersicht über die Korrelationen – Gruppe TD

ToM Inhibition Flexibilität WM Planung Aufmerksamkeit SRS

ToM +

Inhibition

Flexibilität + +

WM ++

Planung + + + + ++

Aufmerk-

samkeit

++ + + ++ ++ ++

SRS +

Anmerkungen: WM = Arbeitsgedächtnis, SRS = Gesamtwert in der Skala zur sozialen Reaktivität

++: Die Hälfte oder mehr als die Hälfte der Korrelationen in diesem Bereich sind signifikant; +: Es gibt signifikante

Korrelationen in diesem Bereich

Wie in Tabelle 46 dargestellt, zeigen sich, alle Gruppen zusammen genommen, ge-

häuft signifikante Korrelationen der ToM-Maße mit dem Arbeitsgedächtnis, der Pla-

nungs- und der Aufmerksamkeitsmaße.

Tabelle 46: Übersicht über die Korrelationen – alle Gruppen

ToM Inhibition Flexibilität WM Planung Aufmerksamkeit SRS

ToM ++

Inhibition

Flexibilität + +

WM ++ + + +

Planung ++ ++ ++ ++ +

Aufmerk-

samkeit

++ + ++ ++ ++

SRS ++

Anmerkungen: WM = Arbeitsgedächtnis, SRS = Gesamtwert in der Skala zur sozialen Reaktivität

++: Die Hälfte oder mehr als die Hälfte der Korrelationen in diesem Bereich sind signifikant; +: Es gibt signifikante

Korrelationen in diesem Bereich

Page 145: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 145

5.1.4.1 Zusammenfassung der Interpretation der Ergebnisse der Korrelationen

Zusammenfassend zeigt sich kein einheitliches Muster in den Korrelationsmatrizen der

unterschiedlichen Gruppen.

Auffallend ist, dass die Flexibilitätsmaße bei keiner Gruppe und auch nicht in der Ge-

samtstichprobe mit den ToM-Maßen signifikant korrelieren. Auch die Inhibitionsmaße

zeigen kaum signifikante Korrelationen mit den Maßen der ToM. Bei den Maßen zur

Planung und zur Aufmerksamkeit finden sich durchgehend signifikante Korrelationen

mit den Aspekten der ToM.

Ein Vergleich der Korrelationen der Gruppe der TD mit berichteten Korrelationen von

einer Arbeitsgruppe um Perner (Perner, Lang, et al., 2002) zeigt folgende Ergebnisse.

Die von der Arbeitsgruppe um Perner berechneten Korrelationen sind in Tabelle 47

dargestellt. Die Korrelationen der hier vorliegenden Untersuchung sind zum Vergleich

in Tabelle 48 dargestellt. Die Korrelation bei Perner und Kollegen zwischen einer FB-

Aufgabe und einer Aufgabe zur kognitiven Flexibilität zeigt eine Korrelation, die einem

großen Effekt entspricht. In der hier vorliegenden Studie ergibt sich jedoch nur ein klei-

ner Effekt. Die Korrelation zwischen der FB-Aufgabe und der Inhibitionsaufgabe ent-

spricht bei Perner und Kollegen einem kleinen bis mittleren Effekt und in der hier vor-

liegenden Studie einem kleinen Effekt. Der Zusammenhang zwischen den beiden EF-

Maßen entspricht bei Perner und Kollegen einem kleinen Effekt und in der hier vorlie-

genden Studie einem kleinen bis mittleren Effekt. Oftmals haben die Korrelationen je-

doch andere Vorzeichen.

Tabelle 47: Korrelationen der Studie von Perner et al. (2002)

False-Belief Kogn. Flexibilität Inhibition

False-Belief 1

Kogn. Flexibilität .65** 1

Inhibition .15 - .32** .20 1

Anmerkungen: * Korrelation ist auf dem .05 Niveau signifikant; ** Korrelation ist auf dem .01 Niveau signifikant

Page 146: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 146

Tabelle 48: Korrelationen der hier vorliegenden Studie

False-Belief Kogn. Flexibilität Inhibition

False-Belief 1

Kogn. Flexibilität -.02 - .19 1

Inhibition -.21 - .28 -.37* - .09 1

Anmerkungen: * Korrelation ist auf dem .05 Niveau signifikant; ** Korrelation ist auf dem .01 Niveau signifikant

5.1.5 Vertiefung und Einordnung der Ergebnisinterpretation der Gruppe

der ASD+

Die Hauptfragestellung dieser Arbeit bezieht sich darauf, wie die Patienten mit einer

ASD+ den anderen beiden klinischen Gruppen in ihren Fähigkeiten in den EF und der

ToM ähneln.

Die Ergebnisse wurden bereits dargestellt und interpretiert. Nun sollen diese auf die

eingangs postulierten Modelle in Kapitel 2.3 übertragen werden. Bei der Überprüfung

der Hypothesen wurde Modell 4b zugrunde gelegt, da es aufgrund des aktuellen For-

schungsstandes als am wahrscheinlichsten erschien. Für alle Modelle finden sich jedoch

Belege in der Literatur, weswegen es wichtig ist, auch die anderen Modelle zur Interpre-

tation der Ergebnisse heranzuziehen und abzuwägen.

Insgesamt zeigen die Kinder mit einer ASD+ signifikante Beeinträchtigungen im Be-

reich der visuell-räumlichen Gedächtnisspanne und im Bereich der FB-Aufgaben. Erste-

res zeigt ebenfalls die Gruppe der Kinder mit einer ADHD und Letzteres die Gruppe der

Kinder mit einer ASD-.

Das erste Modell stellte die Möglichkeit vor, dass das Profil der Kinder mit einer ASD+

identisch mit dem Profil der ASD- ist. Hierfür spricht, dass sich die beiden Gruppen nur

in zwei Bedingungen im Face-Test signifikant voneinander unterscheiden und ansons-

ten in allen Maßen zur ToM und zur EF keine signifikanten Gruppenunterschiede be-

stehen. Im Face-Test in Bedingung3 bezüglich der Antwortkorrektheit machte die

Gruppe der Kinder mit einer ASD+ signifikant weniger Fehler als die Gruppe der ASD-

und in Bedingung2, die Entscheidungszeit betreffend, war die Gruppe der Kinder mit

einer ASD- signifikant langsamer als die Gruppe der Kinder mit einer ASD+. Aller-

dings gibt es, wie bereits erwähnt, einen Bereich (Entscheidungszeit im Face-Test), in

dem die Gruppe der ASD- signifikante Beeinträchtigungen im Vergleich zur Gruppe der

Page 147: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 147

TD zeigt, die die Gruppe der ASD+ nur deskriptiv zeigt, was wiederum gegen dieses

Modell spricht.

Das zweite Modell postulierte, dass das Profil der ASD+ identisch mit dem Profil der

Gruppe der ADHD ist. Auch hierfür lassen sich Belege finden. Es gibt auch hier nur in

zwei Teilbereichen signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Die beiden Grup-

pen unterscheiden sich in der Bedingung1 des Face-Tests voneinander. Hier waren die

Kinder mit einer ASD+ signifikant langsamer als die Kinder mit einer ADHD. Im

Schatztruhentest im Bereich der lokalen Kosten in der Wechselbedingung machten die

Patienten mit einer ADHD signifikant mehr Fehler als die Gruppe der ASD+. Ansons-

ten zeigen sich keine signifikanten Unterschiede der beiden Gruppen. Allerdings gibt es

auch hier einen Bereich (Antwortkorrektheit im Schatztruhentest), wo die Gruppe der

ADHD signifikante Beeinträchtigungen im Vergleich zur Gruppe der ASD- zeigt, die

die Gruppe der ASD+ jedoch nicht zeigt.

Des Weiteren stellte Modell 3 in den Raum, dass die Gruppe der ASD+ ein eigenständi-

ges Profil, das unabhängig von der Gruppe der ASD- und ADHD ist, haben könnte.

Hierfür spricht, dass es keine exakte Übereinstimmung mit einem der anderen Profile

gibt. Allerdings zeigt die Gruppe der ASD+ in keinem Bereich eine signifikante Beein-

trächtigung, wo es keine der beiden anderen Gruppen zeigt, was gegen eine Unabhän-

gigkeit der Profile spricht.

Schließlich könnte es einen additiven Effekt dahingehend geben, dass die Gruppe der

ASD+ die Beeinträchtigungen der Gruppe der ASD- und die der ADHD zeigt (Modell

4). Hier wurde wiederum zwischen zwei Modellen unterschieden. In Modell 4a wurde

angenommen, dass der additive Effekt quantitativ ist. Dies bedeutet, dass in Bereichen,

in denen sowohl die Gruppe der Menschen mit einer ADHD sowie auch die Gruppe der

Menschen mit einer ASD- Beeinträchtigungen zeigen, sich diese addieren, sodass die

Gruppe der Menschen mit einer ASD+ stärkere Beeinträchtigungen in diesen Bereichen

zeigt. Dafür spricht, dass die Probanden mit einer ASD+ im Dino1 deskriptiv die

schlechtesten Ergebnisse der vier Gruppen erzielten. Hier könnten sich deskriptive Be-

einträchtigungen der Gruppe der ASD- und der ADHD addiert haben. Beim SRS, der

das Ausmaß an sozialer Reaktivität wiedergibt, bilden die Kinder mit einer ASD+ eben-

falls das Schlusslicht. Ansonsten finden sich jedoch keine Belege für dieses Modell.

Modell 4b geht davon aus, dass der additive Effekt qualitativ ist. Dies bedeutet, dass die

Gruppe der Menschen mit einer ASD+ in all jenen Bereichen Beeinträchtigungen zei-

gen sollte, in denen die Probanden mit einer ADHD oder die Probanden mit einer ASD-

Beeinträchtigungen zeigen. Dies trifft nicht durchgängig zu. Im Bereich der kognitiven

Flexibilität zeigt beispielsweise nur die Gruppe der ADHD eine signifikante Beeinträch-

tigung, nicht die Gruppe der ASD+.

Page 148: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 148

Insgesamt lässt sich sagen, dass das Profil der Gruppe der Kinder mit der ASD+ nicht

unabhängig von den Profilen der ASD- und ADHD ist, ihnen auch nicht vollständig

gleicht, jedoch auch keiner eindeutigen additiven Regel folgt. Man könnte es am ehes-

ten als eine Art Mischform der Beeinträchtigungen der anderen beiden Gruppen sehen.

Für den Alltag der Patienten und deren Familien bedeuten diese Ergebnisse, dass sie mit

Beeinträchtigungen in Bereichen der EF und der ToM zurechtkommen müssen.

5.2 Reflexion der Methode

Im Anschluss wird die Methodik der Studie kritisch geprüft. Es werden sowohl Vorzüge

als auch Grenzen hervorgehoben.

5.2.1 Vorzüge dieser Studie

Ein besonderer Vorzug dieser Studie ist die klare Trennung zwischen den Gruppen der

Menschen mit einer ASD- und einer ASD+, was in der aktuellen Forschung noch nicht

die Regel ist.

Des Weiteren liegt dieser Studie eine sehr große Testbatterie zugrunde, die sorgfältig

ausgewählt wurde und viele Aspekte berücksichtigt. Beispielweise wurde die ToM so-

wohl mit impliziten (Emotionserkennung: Face-Test) als auch mit expliziten Maßen

(FB-Aufgaben) erfasst. Zusätzlich wurden bei der Emotionserkennung die Reaktions-

zeiten erfasst. Dies stellt generell eine weitere Stärke dieser Untersuchung dar. Bei den

meisten Maßen wurde die Erhebung der Antwortkorrektheit mit der Erhebung von Re-

aktions-/Entscheidungs- oder Ausführungszeiten kombiniert. Die Begrenzung der Dar-

bietungszeit bei der Aufgabe zur Emotionserkennung macht diese Aufgabe ökologisch

valider, da im Alltag Emotionen in Sekundenbruchteilen erfasst und interpretiert werden

müssen. Ein weiterer Vorzug dieser Studie zeigt sich in der Erfassung von mehreren

Maßen pro Aspekt der EF. Dass sich diese Vielfalt bewährt hat, zeigen die Ergebnisse,

die sich je nach Test unterscheiden und so ein differenziertes Spektrum aufzeigen.

Eine weitere Stärke dieser Untersuchung stellt die Verwendung von selbst generierten

Tests, die auf den Standardparadigmen beruhen, jedoch an die spezielle Zielgruppe an-

gepasst sind, dar.

Hervorzuheben ist weiterhin der große Datensatz mit einer großen Anzahl an Teilneh-

mern. Selten konnten Studien mit insgesamt vier Gruppen, davon drei klinischen Grup-

pen, auf eine so große Stichprobe zurückgreifen. Die Gruppen wurden zudem schon bei

der Rekrutierung in wichtigen Parametern angeglichen, sodass vergleichbare Stichpro-

ben entstanden.

Des Weiteren stellt diese Arbeit eine Verknüpfung von Grundlagenforschung und klini-

scher Forschung dar, was eine große Praxisrelevanz mit sich bringt.

Page 149: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 149

5.2.2 Grenzen dieser Studie

Eine erste Limitation der Studie ergibt sich aus der Auswahl der Stichprobe. In die end-

gültige Auswertung wurden, um die Gruppen vergleichbar zu machen, nur männliche

Probanden eingeschlossen. Somit können die Ergebnisse auch nur auf die männliche

Population verallgemeinert werden. Des Weiteren wurde nur ein gewisses Altersspekt-

rum erfasst.

Ein weiteres Problem der externen Validität stellt die mangelnde Verallgemeinerbarkeit

der Ergebnisse auf andere Diagnosen des autistischen Spektrums dar. So wurden keine

Menschen mit einem low-functioning frühkindlichen Autismus (also mit geistiger Be-

hinderung) untersucht. In dieser Studie, sowie auch in den meisten anderen Studien auf

diesem Gebiet, wurden keine Menschen mit einer ASD untersucht, die nicht sprechen

können. Dabei stellen diese Gruppen einen großen Anteil an der mit einer ASD diag-

nostizierten Population dar. Eine Arbeitsgruppe (Colle, Baron-Cohen, & Hill, 2007)

versuchte mit einem sprachfreien ToM-Test auch diese Gruppen zu untersuchen. Sie

arbeiteten mit Süßigkeiten, die in Schachteln versteckt waren und einer weiteren Person,

die je nach Bedingung dem Kind die richtige oder falsche Schachtel als Lösung nannte.

Unter anderem ging es darum, dass das Kind durchschauen sollte, dass diese Person

falsch informiert sei, also einen false belief habe. Sie konnten damit zeigen, dass diese

ToM-Fähigkeiten unabhängig vom Sprachniveau des Kindes sind und auch bei Kindern

mit einer ASD und einer nur schwach entwickelten Sprache beeinträchtigt sind.

Eine weitere Begrenzung liegt durch die Gruppengröße der beiden ASD-Gruppen vor.

Da sie nur nachträglich in ASD- und ASD+ aufgeteilt werden konnten, sind diese

Gruppen ungleich groß und insgesamt, im Vergleich mit den anderen beiden Gruppen,

kleiner. Hierdurch ist die Zellenbesetzung bei manchen Aufgaben nur dünn und etwaige

Gruppenunterschiede sind nicht inferenzstatistisch belegbar.

Einige Schwierigkeiten bereitete die Auswertung der Inhibitionstests. Bei der Hund-

Katze-Aufgabe konnten die Reaktionszeiten nicht ausgewertet werden, die die Inhibiti-

onsleistung eventuell besser abgebildet hätten, da die Auswertung der Antwortkorrekt-

heit zu einem Deckeneffekt führte. Bei der Stop-Signal-Task scheint der Adaptionsvor-

gang nicht gelungen zu sein, da er von den Kindern teilweise durchschaut und entspre-

chend beeinflusst wurde.

Auch bei der Corsi-Aufgabe kam es zu einem Deckeneffekt. Hier sollten zukünftig

schwierigere Aufgaben beziehungsweise längere Spannen Anwendung finden.

Beim Dino2 stellt sich die Frage, ob mehr Blöcke die Ergebnisse zur Daueraufmerk-

samkeit valider gemessen hätten. Die erwarteten Ergebnisse eines Nachlassens der Re-

aktionszeiten bei Fortschreiten der Durchgänge zeigten sich nicht.

Page 150: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 150

Die Begrenzung der Darbietungszeit beim Face-Test sollte eine ökologisch validere

Erhebung des zugrunde liegenden Konstrukts gewährleisten. Es ergaben sich hier nicht

die erwünschten Effekte der Begrenzung der Darbietungszeit. Hier gilt es, noch einmal

die Auswahl der Darbietungszeit zu überdenken und diese in zukünftigen Durchführun-

gen eventuell noch weiter zu verkürzen.

Insgesamt zeigt sich, dass bei Aufgaben, bei denen unsere Arbeitsgruppe schon ausrei-

chend Erfahrungen in Untersuchungen mit Patientenstichproben gesammelt hat, wie den

ToM-Aufgaben, die Ergebnisse eher hypothesenkonform ausfallen. Aufgaben, die noch

nicht so oft bei den entsprechenden Patientengruppen angewandt wurden oder extra für

die Durchführung dieser Studie erstellt wurden, was bei einigen der EF-Aufgaben der

Fall ist, liefern oft nicht die erwarteten Ergebnisse. Es zeigten sich Hindernisse bei der

Auswertung, Deckeneffekte und unerwartete Einflussmöglichkeiten der Probanden.

Diese Aufgaben müssen dringend überarbeitet und an einer neuen Patientenstichprobe

evaluiert werden.

Insgesamt war die Testbatterie zeitintensiv und damit für viele Teilnehmer anstrengend.

Es ist nicht auszuschließen, dass Ermüdungserscheinungen und Motivationseinbußen

die Ergebnisse einiger Tests beeinflusst haben. Während der Durchführung wurde aller-

dings darauf geachtet, dass die Kinder ausreichend Möglichkeiten zu Pausen und Ab-

wechslung hatten. Zudem fanden die Erhebungen an Wochenenden statt, das heißt die

Kinder kamen ausgeruht zur Testung und hatten noch keinen Schultag hinter sich.

5.3 Schlussfolgerungen

Aus den Ergebnissen dieser Studie können theoretische und praktische Konsequenzen

abgeleitet werden, die neue Forschungsfragestellungen aber auch Einflüsse auf die kli-

nische Praxis mit sich bringen.

5.3.1 Anstöße für weitere Forschungsarbeiten

Es gibt einige Ideen, um auf der Basis dieser Studie weiterführende Berechnungen oder

Untersuchungen zu planen und durchzuführen. Diese werden im Folgenden diskutiert.

Einige zusätzliche Auswertungen wurden bereits durchgeführt. Deren Ergebnisse sowie

die daraus abgeleiteten Pläne für weitere Forschungsvorhaben werden im Anschluss

dargestellt.

Insgesamt erscheint es sinnvoll, noch mehr Datensätze zu erheben, um die Analysen mit

einer größeren Stichprobe neu zu berechnen. Eventuell erhält man dann signifikante

Gruppenunterschiede, da einige Ergebnisse ja deskriptiv in die erwartete Richtung ge-

hen, aber nicht signifikant sind. Vor allem die Gruppen der ASD- und ASD+ gilt es

aufzufüllen, da sich diese durch die Aufteilung der ASD-Gruppe in eine reine ASD-

Page 151: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 151

Gruppe und eine Gruppe mit komorbider ADHD stark verkleinert haben. Mit einer grö-

ßeren Stichprobe bestünde zudem die Möglichkeit, die Gruppen weiter zu unterteilen.

So könnte man bei der Gruppe der ADHD und ASD+ zwischen verschiedenen Formen

der ADHD-Symptomatik unterscheiden und Patienten mit einem Mischtyp vom vor-

herrschend unaufmerksamen Typ und vom vorherrschend hyperaktiv-impulsiven Typ

abgrenzen und somit auf dieser Ebene die kognitiven Profile untersuchen.

Auch Stichproben mit autistischen Störungen im low-functioning Bereich, also mit geis-

tiger Behinderung und wenig bis keinen sprachlichen Fähigkeiten, sollten untersucht

werden. Sowohl im Bereich der ToM wie auch im Bereich der EF fand dies bislang

kaum statt. Dies wäre jedoch wichtig, um auf das Störungsbild des Autismus verallge-

meinern zu können. Hierfür würden sich vorrangig sprachfreie Tests eignen. Aber nicht

nur für Probanden mit einer Low-Functioning-ASD, auch in Studien mit Probanden mit

einer ASD im Allgemeinen wäre es interessant, sprachfreie Tests zu verwenden.

Schwierigkeiten in der Kommunikation und Sprache gehören zu den Hauptauffälligkei-

ten bei dem Störungsbild der ASD. Um dadurch bedingte Verzerrungen auszuschließen,

könnte im Bereich der Emotionserkennung beispielsweise mit Hilfe eines Paarver-

gleichs gearbeitet werden. Die Probanden müssen dann entscheiden, ob auf zwei gleich-

zeitig dargebotenen Bildern jeweils Gesichtsausdrücke zur gleichen Emotion dargestellt

sind. Eine weitere Möglichkeit wäre, das Sprachniveau der teilnehmenden Probanden

zu erheben und zu überprüfen, ob dies mit den Leistungen in den durchgeführten ToM-

und EF-Tests zusammenhängt.

Vor allem für die Aufgaben zur Emotionserkennung könnte es interessant sein, die Au-

genbewegungen der Probanden beim Lösen solcher Aufgaben aufzuzeichnen. Wie be-

reits in Kapitel 1.2.1.2 ausführlich beschrieben, fand eine Arbeitsgruppe (Klin et al.,

2002) mittels einer Eye-Tracking-Technologie interessante qualitative Unterschiede

zwischen Probanden mit einer ASD und typisch entwickelten Probanden bei der Be-

trachtung sozialer Szenen. Auch für die anderen Tests könnte diese Auswertung zusätz-

liche Informationen enthalten und zum Verständnis der Beeinträchtigungen beitragen.

Ein Kritikpunkt an den Aufgaben zur Emotionserkennung stellt die Darbietung anhand

von statischen Bildern dar. Eine ökologisch validere Messung ließe sich anhand von

kurzen Filmsequenzen mit animierten und dynamischen Stimuli erreichen. Entspre-

chende Projekte werden bereits in der Freiburger Arbeitsgruppe durchgeführt.

Aufgaben zur und Auswertung der intraindividuellen Reaktionszeitvariabilität stellen

eine zusätzliche Informationsquelle dar. Vor allem bei Kindern mit einer ADHD scheint

diese überzufällig groß zu sein (Klein, Wendling, Huettner, Ruder, & Peper, 2006). Ei-

ne Studie (Gómez-Guerrero et al., 2011) fand, dass die Reaktionszeitvariabilität bei

Menschen mit einer ADHD einen Zusammenhang mit den Leistungen in Aufgaben zu

Page 152: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 152

EF hat. Somit könnte dies auch Auswirkungen auf die Ergebnisse dieser Studie gehabt

haben.

Im Bereich der Interventionsforschung gibt es noch keine Studien für den Bereich der

Patienten mit einer ASD+. Hier fehlen zum einen pharmakologische Studien, zum Bei-

spiel zur Wirksamkeit von Methylphenidat. Es fehlen bislang aber auch spezifische

psychotherapeutische Ansätze für Menschen mit einer ASD+ und deren Evaluation.

5.3.1.1 Alter als zweiter Faktor

Eine interessante Fragestellung stellt die Berechnung von Entwicklungsverläufen der

vier Gruppen dar. Voraussetzung hierfür sind gleichmäßig und stark besetzte Alterszel-

len der vier Gruppen, die in der hier vorliegenden Arbeit nicht ausreichen. Dennoch

wurden einige Auswertungen bereits explorativ durchgeführt, um Trends der Entwick-

lungsverläufe erfassen zu können. Die Gruppenvergleiche wurden hierfür zusätzlich mit

dem Alter als zweitem Faktor berechnet. Damit die Zellen nicht zu schwach besetzt

sind, wurden die Kinder in drei Altersgruppen aufgeteilt, die vom Altersspektrum her

gleich groß sind. Die Anzahl der Teilnehmer pro Gruppe und Alterskategorie ist in Ta-

belle 49 ersichtlich. Wie man deutlich sieht, sind die Zellen der Gruppe der ASD- nur

sehr schwach besetzt, vor allem in der jüngsten Alterskategorie.

Tabelle 49: Anzahl der Teilnehmer pro Gruppe und Alterskategorie (in Jahren)

Gruppe/ Alter 6.00-8.66 8.67-11.33 11.34-14.00

ADHD 15 16 17

ASD- 5 6 8

ASD+ 8 11 9

TD 15 15 14

Gesamt 43 48 48

Die Ergebnisse zeigen meist einen signifikanten Haupteffekt „Alterskategorie“ an. Der

Interaktionseffekt „Gruppe × Alterskategorie“ ist nur in wenigen Fällen signifikant. Für

das Inhibitionsmaß der Hund-Katze-Aufgabe zeigt sich eine signifikante Wechselwir-

kung, die wohl hauptsächlich dadurch zu erklären ist, dass die Gruppe der ASD+ in der

mittleren Alterskategorie ihr schlechtestes Ergebnis zeigt, wohingegen die Kinder mit

einer ADHD in dem mittleren Altersbereich ihre besten Resultate erzielen. Bei der

Wortspanne zeigt sich ebenfalls eine signifikante Interaktion „Gruppe × Alterskatego-

rie“. Die Gruppe der Kinder mit einer ASD- hat in der jüngsten Alterskategorie eine

eher kurze Spanne, wohingegen sie sich in der ältesten Alterskategorie an die Gruppe

Page 153: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 153

der TD angeglichen hat. Beim Dino1 holt die Gruppe der ASD+ mit zunehmendem Al-

ter stark auf und wird von der langsamsten zur schnellsten Gruppe. Auch hier findet

sich ein signifikanter Interaktionseffekt. Bezüglich der Antwortkorrektheit im ToL zeigt

sich kein signifikanter Interaktionseffekt. Deskriptiv zeigt sich jedoch eine deutliche

Verbesserung der beiden ASD-Gruppen mit steigendem Alter und damit fast ein An-

gleichen an das Niveau der TD. Insgesamt könnte dies als Aufholeffekt der ASD-

Gruppen interpretiert werden, der vereinzelt auch schon in anderen Studien gefunden

wurde. So zeigte sich in einer Studie (Happé et al., 2006), die Patienten mit einer ASD

und ADHD mit typisch entwickelten Kontrollen in ihren Leistungen in EF verglich und

dabei die Stichprobe in eine jüngere und eine ältere Gruppe aufteilte, dieser Aufholef-

fekt. Altersbezogene Verbesserungen in EF-Leistungen zeigten sich am deutlichsten bei

der Gruppe der Kinder mit einer ASD. In der älteren Altersgruppe schnitten die Kinder

mit einer ASD meist besser ab als die Kinder mit einer ADHD, auch wenn dies in der

jüngeren Altersgruppe nicht so war, und glichen sich an das Niveau der typisch entwi-

ckelten Kinder an. In einer longitudinalen Studie (Pellicano, 2010a) zeigte sich eben-

falls, dass sich die Kinder mit einer ASD in einer Planungsaufgabe im Verlauf von drei

Jahren stärker verbesserten als die Kontrollgruppe der typisch entwickelten Kinder.

Dies könnte bedeuten, dass die Defizite in den Bereichen der EF bei Kindern mit einer

ASD altersabhängig sind und Beeinträchtigungen mit zunehmendem Alter verschwin-

den. Dies hätte deutliche Auswirkungen auf die Förderung und Interventionsplanung.

Um dies genauer zu untersuchen ist eine größere Stichprobe mit gleichmäßig und stark

besetzten Zellen notwendig.

Eine Studie, die Alterseffekte bei ToM-Fähigkeiten, speziell bei der Emotionserken-

nung, bei Menschen mit einer ASD im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit einer ty-

pischen Entwicklung untersuchte (Rump et al., 2009), zeigte, dass sich bei den Men-

schen mit einer ASD keine Verbesserung in dieser Fähigkeit mit steigendem Alter fin-

den lässt, bei der Kontrollgruppe allerdings schon. Daher wäre es möglich, dass sich

dieser Aufholeffekt nur auf die EF- und nicht auf die ToM-Fähigkeiten bezieht. Dies

gilt es mit einer größeren Stichprobe zu untersuchen.

5.3.1.2 Zusammenhang zwischen EF und ToM

Wie bereits in Kapitel 1.2.3.1 dargestellt, ist die Art des Zusammenhangs, den es zwi-

schen dem Konstrukt der ToM und der EF gibt, ein interessantes und gut beforschtes

Thema. Trotz dieser Forschungsbemühungen gibt es noch keine abschließende Klärung

welcher Natur dieser Zusammenhang ist. Die Daten dieser Studie unter diesem Ge-

sichtspunkt auszuwerten würde das Ausmaß dieser Arbeit sprengen, wäre aber sicher-

lich für zukünftige Studien und Berechnungen eine interessante Herangehensweise. Auf

Grundlage der in Kapitel 4.5 dargestellten Korrelationsmatrizen der abhängigen Variab-

len könnte versucht werden, diese Vielzahl von korrelierenden Variablen auf wenige

Page 154: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 154

unabhängige Faktoren zu reduzieren. Das Ziel wäre, die Anzahl der Variablen und die

Redundanzen zwischen den Variablen zu reduzieren und latente Merkmale herauszufil-

tern, die eventuell über die Art des Zusammenhanges zwischen den Konzepten der ToM

und der EF Aufschluss geben können. Exemplarisch wurde bereits eine Hauptkompo-

nentenanalyse und Varimax-Rotation für alle Gruppen zusammen durchgeführt. Die

Voraussetzungen dafür wurden überprüft und sind gegeben. Es werden fünf Faktoren

extrahiert, die insgesamt 59.7% der Varianz aufklären. Die Variablen lassen sich wie in

Tabelle 50 dargestellt den Faktoren zuordnen.

Page 155: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 155

Tabelle 50: Zuordnung der Variablen zu den Faktoren

Faktor Variablen Inhaltliche Interpretation

1 FB-Aufgaben: Acc

Face-Test: Acc

Wortspanne

Corsi-Spanne

ToL: Acc

Antwortkorrektheiten der

ToM-Maße, der Pla-

nungsleistung sowie Ar-

beitsgedächtnisspannen

2 Dino1

Dino2

ToL: Ausführungszeit

STT, globale Kosten: RT

Aufmerksamkeitsmaße,

Ausführungszeit der Pla-

nungsleistung, Reaktions-

zeit im Maß zur kogniti-

ven Flexibilität im Be-

reich der globalen Kosten

3 STT, globale Kosten: Acc

STT, lokale Kosten: Acc

ToL: Planungszeit

Antwortkorrektheiten in

dem Maß zur kognitiven

Flexibilität und Planungs-

zeit in der Planungsauf-

gabe

4 Face-Test: Entscheidungszeit

STT, lokale Kosten: RT

Stop-Signal-Task

SRS: Gesamtwert

Entscheidungszeit bei der

ToM-Aufgabe, Reakti-

onszeit im Maß zur kog-

nitiven Flexibilität im

Bereich der lokalen Kos-

ten, zeitl. gemessenes

Inhibitionsmaß, Schwere

der autismusspezifischen

Symptomatik

5 Hund-Katze-Aufgabe Inhibitionsmaß anhand

der Antwortkorrektheit

Anmerkungen: Acc = Antwortkorrektheit; RT = Reaktionszeit; STT = Schatztruhentest

Inhaltlich sind die Faktoren schwer zu interpretieren, ein möglicher Versuch die einzel-

nen Variablen inhaltlich zu interpretieren ist ebenfalls in Tabelle 50 dargestellt.

Page 156: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 156

Diese und weitere Herangehensweisen sind für zukünftige Auswertungen denkbar, um

den Zusammenhang zwischen den beiden neuropsychologischen Konzepten (ToM und

EF) besser zu verstehen.

5.3.2 Anstöße für die klinische Praxis

Im Bereich der klinischen Praxis sollten die Ergebnisse dieser Studie, aber auch anderer

Studien mit der Patientengruppe der ASD+ oder der Erfassung der neuropsychologi-

schen Bereiche der EF und ToM, auf Bereiche der Klassifikation, der Diagnostik sowie

auch der Intervention Einfluss nehmen.

Zuerst stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, dass eine Störung aus dem autistischen

Spektrum eine Ausschlussdiagnose für eine ADHD-Diagnose ist. Wie in dieser Studie,

aber auch in anderen Studien (z.B. Holtmann et al., 2007; Sinzig, Morsch, Bruning, et

al., 2008) gezeigt werden konnte, sind die Kinder mit der Komorbidität von ASD und

ADHD (ASD+) in anderen Bereichen und in einem anderen Ausmaß beeinträchtigt als

Kinder, die nur an einer Autismus-Diagnose leiden. Der Ausschluss dieser komorbiden

Diagnose führt allerdings dazu, dass Beeinträchtigungen in Bereichen, die eher für

Menschen mit einer ADHD typisch sind, wie beispielsweise dem Arbeitsgedächtnis,

schwerer erkannt und somit nicht gezielt gefördert werden. Auch andere Arbeitsgruppen

(z.B. Yoshida & Uchiyama, 2004) betonen aufgrund ihrer Ergebnisse die Notwendig-

keit beide Diagnosen komorbid vergeben und dadurch für die Betroffenen eine effektive

Behandlung implementieren zu können. Dies konnte auch anhand von Fallbeispielen

belegt werden (Yoshida & Uchiyama, 2004). Eine Klassifikation der Betroffenen in

beide Diagnosen hatte für die Patienten der Fallbeispiele zudem den Vorteil, dass sie

selbst, aber auch die Helfersysteme, dadurch ein umfassendes Wissen und damit einen

anderen Blick auf die unterschiedlichen Verhaltensschwierigkeiten entwickelten. Vor

allem die Lehrer sahen im schulischen Bereich mehr Schwierigkeiten aufgrund der

ADHD als aufgrund der ASD. Sie fühlten sich durch die Doppel-Diagnose bestätigt und

sicherer im Umgang mit den individuellen Beeinträchtigungen des Schülers. Viele Kin-

der, die beide Diagnosekriterien erfüllen, bemerken die Symptome der ADHD deutli-

cher und sind durch diese Symptome beeinträchtigter als durch die ASD-Symptome.

Eine Vergabe von beiden Diagnosen führt zu einer Validierung der eigenen Sicht sowie

des eigenen Erlebens und trägt somit zu einem gefestigten Selbstbild bei. Yoshida und

Uchiyama (2004) gehen in ihrem Artikel sogar so weit, den Ausschluss der ADHD-

Diagnose für Menschen mit einer ASD im klinischen Alltag als unpraktisch zu bewer-

ten. Ihrer Meinung nach kann es drei mögliche Gründe geben, warum dieser Ausschluss

sinnvoll sein kann, die jedoch alle nicht gegeben sind. Ein Ausschluss würde nur dann

Sinn machen, wenn die Unaufmerksamkeit und die Hyperaktivität ausschließlich im

Rahmen der Symptomtriade der ASD zu erklären sind, wenn die ADHD-Symptome

immer bei der Diagnose der ASD auftreten würden, oder wenn die qualitative Ausprä-

Page 157: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 157

gung der ADHD-Symptome bei ASD sich von der bei ADHD unterscheidet. Eine Wei-

terentwicklung des DSM-IV-TR (Saß et al., 2003), das DSM-5, das 2013 erscheinen

wird, wird dies vermutlich berücksichtigen und die komorbide Vergabe der Diagnosen

von ASD und ADHD zulassen.

Eine Gruppe von Autoren (Nydén et al., 2010) geht noch weiter und stellt das kategoria-

le System der Diagnosen ASD, ADHD und ASD+ in Frage. Sie machen den Vorschlag,

zukünftig von einem neuropsychologischen Kontinuum auszugehen. Eine niederländi-

sche Arbeitsgruppe (Van der Meer et al., 2012) findet Ergebnisse, die sie dazu veran-

lasst, bei ASD und ADHD von einer einzigen Störung zu sprechen, deren Ausprä-

gungsgrad kognitiver sowie verhaltensbezogener Beeinträchtigungen auf einem Konti-

nuum anzuordnen ist.

Des Weiteren sollte standardisiert neben der autismusspezifischen Diagnostik eine Di-

agnostik bezüglich einer ADHD durchgeführt werden, um mögliche Aufmerksamkeits-

defizite zu erkennen. In der vorliegenden Arbeit konnte, wie auch in anderen Studien

(z.B. Sinzig, Morsch, & Lehmkuhl, 2008) gezeigt werden, dass mehr als die Hälfte der

Patienten mit einer ASD an einer komorbiden ADHD leidet.

Auch Clark (Clark et al., 1999) fordert die Möglichkeit beide Diagnosen komorbid ver-

geben zu können und führt dies auf die Ergebnisse seiner Studie zurück, in der bei der

Mehrzahl der Kinder mit einer ADHD autismusspezifische Symptome gefunden wur-

den. Des Weiteren hält er es für sinnvoll, dass Diagnoseinstrumente für die ASD sowie

auch für die ADHD sensibel für das Vorliegen der jeweils anderen Störung sein sollten,

um auf etwaige Komorbiditäten hinweisen zu können. Zusätzlich fordert diese Arbeits-

gruppe, dass alle Kinder, die die Diagnose einer ADHD erhalten, auf das Vorliegen ei-

ner ASD untersucht werden sollten, um in gegebenem Falle auch eine darauf abge-

stimmte Behandlung bekommen zu können. Es erscheint auch deswegen sinnvoll, dass

Patienten mit einer ADHD frühzeitig auf das Vorliegen einer ASD überprüft werden, da

Studien gezeigt haben, dass ein Großteil der Kinder mit der Diagnose einer ASD vor

dieser Diagnosestellung mit einer ADHD diagnostiziert war. Beispielsweise konnte eine

Studie zeigen (V. K. Jensen, Larrieu, & Mack, 1997), dass 74% der untersuchten Pati-

enten mit einer ASD, zuvor ausschließlich mit einer ADHD diagnostiziert waren. Dies

zeigt auch der klinische Alltag. Oft dauert es einige Zeit, bis die Diagnose einer ASD

gestellt wird. Dadurch fehlen betroffenen Kindern und ihren Familien häufig adäquate

Förderungen, was sich wiederum negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirkt.

Die speziellen Beeinträchtigungen der Menschen mit einer ASD+ sollten auch in Inter-

ventionen, die speziell für diese Patientengruppe entwickelt werden, Berücksichtigung

finden. Hierbei ist es wichtig, dass sie die Förderung sozialer Fähigkeiten sowie auch

Verhaltensmanagement-Strategien beinhalten (Soorya & Halpern, 2009), um gleicher-

Page 158: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 158

maßen den Schwierigkeiten der ASD-Symptomatik sowie auch der ADHD-

Symptomatik Rechnung zu tragen.

Wie das Kapitel zum theoretischen Hintergrund zeigt, weisen über 20 Jahre Forschung

in dem Bereich der ToM und der EF bei Menschen mit einer ASD darauf hin, dass es

Beeinträchtigungen in beiden Bereichen gibt. Die Ergebnisse der hier vorliegenden Stu-

die bestätigen die beschriebenen Beeinträchtigungen in beiden Bereichen. Daher sollten

die Defizite beider neuropsychologischer Bereiche bei der individuellen Interventions-

planung berücksichtigt werden (Dziobek & Bölte, 2011). Vereinzelt fanden die Beein-

trächtigungen der ToM Eingang in Konzepte zu sozialen Kompetenztrainings, wie bei-

spielsweise das Training aus der Freiburger Arbeitsgruppe (Paschke-Müller et al.,

2012). Besonderheiten der Informationsverarbeitung von Menschen mit einer ASD, die

auch bestimmte Beeinträchtigungen in den EF betreffen, finden im TEACCH-Ansatz

(Häußler, 2012) Berücksichtigung. Eine systematische Integration dieser Ergebnisse in

die Interventionsplanung fand bislang jedoch nicht statt (Dziobek & Bölte, 2011). Stu-

dien, die sich mit der Gruppe der ASD+ befassen, sind sich einig, dass eine spezifische

Förderung dieser Gruppe von Menschen unabdingbar ist (z.B. Van der Meer et al.,

2012).

Alles in allem zeigt dies, dass Menschen mit einer ASD+ nicht wie Menschen mit einer

ASD- oder ADHD klassifiziert, diagnostiziert oder behandelt werden sollten, sondern

ein großer Bedarf an spezifischen Instrumenten und Interventionen besteht.

5.4 Fazit

Insgesamt wurde in der hier vorliegenden Untersuchung deutlich, dass es Überschnei-

dungsbereiche der Störungsbilder der ASD und ADHD gibt und dass Patienten beider

Störungsbilder Beeinträchtigungen in den kognitiven Bereichen der EF und der ToM

zeigen. Die Patienten mit einer ASD scheinen jedoch hauptsächlich im Bereich der

ToM Schwierigkeiten zu haben und die Patienten mit einer ADHD im Bereich der EF.

Bei Patienten mit einer ASD+ addieren sich die Schwierigkeiten der ASD- und der

ADHD eher nicht. Die Kinder mit einer ASD+ sind nicht einem der beiden Störungsbil-

der zuzuordnen, sondern bilden eine Art Mischform. Sie zeigen in der ToM sowie auch

in dem Bereich der EF Beeinträchtigungen. Offen bleibt, diese Defizite genauer zu un-

tersuchen. Aktuell sind die Ergebnisse inkonsistent. Deutlich wird jedoch, dass die Pati-

enten mit einer ASD+ dringend eine spezifische Förderung benötigen. Dies ist jedoch

dadurch erschwert, dass sie in den gängigen Klassifikationsschemata nicht als komorbi-

de Diagnose eingeordnet werden können und entsprechende Diagnoseinstrumente und -

abläufe bis dato fehlen. Nur dann können sie auch in wissenschaftlichen Studien als

eigenständiges Krankheitsbild anerkannt werden. Dies wäre wichtig, da ein großer Auf-

holbedarf an epidemiologischen, ätiologischen und interventionsbezogenen Studien für

Page 159: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

5 Diskussion 159

das Störungsbild der ASD+ besteht, die zum Verständnis des Störungsbildes beitragen

und somit den Besonderheiten der betroffenen Patienten gerecht werden können.

Page 160: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 189

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum

Einverständnis und zur Rückmeldung

A.1 Flyer

Page 190: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 190

Page 191: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 191

A.2 Zeitungsartikel

Page 192: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 192

Page 193: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 193

Page 194: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 194

Page 195: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 195

A.3 Informationsblatt zum Projekt

Page 196: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 196

Informationsblatt zum Projekt:

„Wenn Kinder Planen lernen“

Ziel:

Wie Sie ja aus eigener Erfahrung wissen, machen Kinder teilweise in sehr kurzen

Zeiträumen beeindruckende Entwicklungsfortschritte. Mit zunehmendem Alter können

sie sich mehr und vor allem genauer Dinge merken, erinnern sich an Situationen, die Sie

längst vergessen geglaubt hatten, oder löchern Sie mit Fragen, auf die Sie nur schwer

eine Antwort finden. All dies spricht für eine deutliche Verbesserung von geistigen

Fertigkeiten im frühen Kindesalter, deren Verlauf man bereits seit langem

wissenschaftlich systematisch untersucht. Ebenfalls aus der Forschung bekannt ist die

Tatsache, dass im Kleinkindalter erhebliche Veränderungen im Gehirn in Form von

Reifungsprozessen stattfinden. Eine gemeinsame Untersuchung dieser geistigen

Entwicklungen und den damit einhergehenden Reifungsprozessen im Gehirn wurde

bislang noch nicht durchgeführt und stellt das Ziel dieser Studie dar.

Den Schwerpunkt dieser Studie bilden Planungsleistungen, also die geistige Fähigkeit,

mehrere „Denkschritte“ im Voraus durchzuführen. Diese Fähigkeit lässt sich sehr gut

mit einem von uns entwickelten kindgerechten Computerspiel erfassen. In eigenen

Studien konnten wir wiederholt beobachten, dass Kinder im Alter zwischen 5 und 6

Jahren erstaunlich gut auch über mehrere Schritte hinweg vorausplanen konnten,

während 4- bis 5-Jährige dabei noch Schwierigkeiten haben. Diese Fähigkeiten

entwickeln sich dann graduell bis ca. 12 Jahre. Um das 15. Lebensjahr herum erreichen

sie das Erwachsenen-Niveau. Uns interessiert nun, welche Hirnregionen bei diesen

Aufgaben aktiviert sind und welchen Reifungsgrad sie erlangen müssen, um diese

Anforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Die Gehirnaktivierungen messen wir

mit den modernsten und zugleich kinderfreundlichsten Methoden, die selbstverständlich

keine Gesundheitsgefährdungen beinhalten. Detaillierte Informationen hierzu erhalten

Sie im Abschnitt „Untersuchungen“. Neben Planungsspielen kommen auch noch andere

Aufgaben zum Einsatz, damit wir wichtige Entwicklungsschritte bezüglich der

Merkfähigkeit, des Zurückhaltens von voreiligen Reaktionen oder des Wechsels

zwischen mehreren Aufgaben und Anweisungen nachvollziehen können.

Ablauf:

Die Untersuchung wird an zwei Tagen (in der Regel am Wochenende) erst in der

Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und am zweiten Termin im Neurozentrum

des Universitätsklinikums Freiburg stattfinden.

Am ersten Termin wird das Kind eine Reihe von Aufgaben am Computer durchführen,

die etwa 2,5 Stunden dauern, wobei hier auch Zeit für Pausen eingeplant ist.

Am zweiten Termin beginnt das Kind mit der kernspintomographischen Untersuchung,

die genaue anatomische Aufnahmen des Gehirns liefert (Dauer ca. 30 Minuten). Es

folgt die funktionelle Nah-Infrarotspektroskopie-Untersuchung. Dabei werden Optoden

am Kopf platziert, um die Hirnaktivität während der Durchführung von

Planungsaufgaben messen zu können (Dauer ca. 30 Minuten).

Danach können noch zwei kurze Aufgaben am Computer folgen (30 Minuten), wenn

das Kind noch dazu bereit ist. Für diese Untersuchungen werden jedoch die Optoden

wieder entfernt und es gibt dafür eine zusätzliche Entschädigung, z.B. in Form eines

Kinogutscheines.

Page 197: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 197

Als Ergebnis dieser Untersuchungen werden wir über Daten zur aktuellen kognitiven

Entwicklung Ihres Kindes wie auch zu dessen Hirnreifungsstatus verfügen. Einige

dieser Ergebnisse können wir Ihnen, wenn gewünscht, nach der Auswertung der Daten

schriftlich mitteilen.

Untersuchungen:

Im Folgenden werden einige Punkte angeführt, um Ihnen einen kurzen Überblick zu

verschaffen, welche Untersuchungen wir durchführen und mit welchen Methoden wir

arbeiten.

Computerspiele

In spielerischer und kindgerechter Form haben wir Computerprogramme zur Messung

von geistigen Fähigkeiten wie Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Planungsleistungen

entwickelt.

Die Kinder lösen dabei Aufgaben mit kindgerechten Symbolen am Computer, indem sie

so schnell wie möglich auf einen dargebotenen Reiz am Bildschirm reagieren oder

bestimmte Gegenstände ausfindig machen müssen. So sollen sie beispielsweise den

Schäferhund in einer Schafherde ausfindig machen. In anderen Aufgaben werden sie

aufgefordert, ihre Antwort zurückzuhalten, also auf bestimmte Reize nicht zu reagieren,

auf andere hingegen möglichst schnell. In einem Verfahren müssen die Kinder eine

Schatztruhe suchen, die abwechselnd unter jeweils einem anderen Gegenstand versteckt

ist. Zur Messung der Merkfähigkeit werden die Kinder gebeten, Vorgesprochenes zu

wiederholen oder am Bildschirm kurz dargebotene farbige Blöcke nachzutippen.

Um planerische Fähigkeiten feststellen zu können, werden die Kinder

so genannte „Tower of London“-Aufgaben lösen. Ein Beispiel dafür

sehen sie in der nebenstehenden Abbildung. Ziel des Spieles ist es, eine

bestimmte Anordnung verschiedenfarbiger Bälle nachzubauen. Dabei

müssen die Bälle im unteren Feld so umgesteckt werden, dass sie dem

vorgegebenen Zielzustand (Abbildung oben) entsprechen.

Alle Computeraufgaben haben einen hohen spielerischen

Aufforderungscharakter und sind abwechslungsreich. Zudem sind

Pausen zwischen den einzelnen Aufgabenblöcken vorgesehen, um

Überforderungen oder Ermüdungserscheinungen zu vermeiden. Erfahrungsgemäß

machen diese Aufgaben den Kindern Spaß, und es kommt keine Langeweile auf.

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 198

Messung der Hirnaktivität

Die Messung der Hirnaktivität wird mittels funktioneller Nah-Infrarotspektroskopie

(kurz: fNIRS) erfolgen. Die fNIRS ist mit keinerlei Risiken oder Nebenwirkungen

verbunden und wird deshalb speziell für die Untersuchung von Kleinkindern

empfohlen.

Bei der fNIRS werden zur Messung der

Durchblutung bestimmter Hirnregionen

Messeinheiten auf dem Kopf mit einer flexiblen

Kappe befestigt. Diese „Optoden“ bestehen jeweils

aus einer Lichtquelle und einem Sensor. Die

Lichtquelle sendet infrarotes Licht in die

interessierenden Areale des Gehirns. Dort wird

dieses Licht reflektiert und durch den Sensor an der

Schädeloberfläche gemessen. Das reflektierte Licht

gibt Aufschluss über den Sauerstoffgehalt des Blutes

der darunter liegenden Hirnareale. Daraus kann

geschlossen werden, inwieweit gewisse Hirnregionen bei Kindern während des Lösens

von Planungsaufgaben beteiligt sind. Diese Methode arbeitet also ausschließlich mit

Lichtsignalen, wie sie auch bei Heizstrahlern, Wärmelampen und zur Datenübertragung

durch die Fernbedienung verwendet werden. Die Kinder werden während der Messung

keiner ionisierenden, radioaktiven oder sonstigen gesundheitsgefährdenden Strahlung

ausgesetzt (im Gegensatz z.B. zu Röntgen-, CT-, SPECT- oder PET-Untersuchungen).

Anatomische Aufnahmen des Gehirns

Die Aufnahmen der Hirnstruktur werden mittels der

Methode der Kernspintomographie erstellt. Die

Kernspintomographie ist ein alltäglich eingesetztes

klinisch-diagnostisches Verfahren, welches mit

Magnetfeldern und Radiowellen Bilder des

menschlichen Körpers erzeugt, ohne dass hierzu

Röntgenstrahlen oder radioaktive Substanzen

eingesetzt werden müssen. Die Untersuchung ist

ungefährlich, sofern das Kind keinen

Herzschrittmacher, metallische Fremdkörper oder

Implantate hat.

Während dieser Messung wird das Kind im Kernspin-Scanner liegen und einen

altersgerechten Film nach Wahl anschauen können. Über eine Gegensprechanlage ist

das Kind in ständigem Kontakt mit dem Versuchsleiter. Des Weiteren können die

Eltern, während der Messung an der Seite Ihres Kindes verbleiben, wenn es möchte,

und eventuell auch mit ihren Händen Kontakt zum Körper Ihres Kindes halten. Das

Kind bzw. die Eltern können auf eigenen Wunsch hin die Untersuchung ohne

irgendwelche negativen Folgen jederzeit abbrechen. Dazu wird das Kind einen Luftball

in der Hand halten, sodass es nach Drücken dieses Balles sofort aus dem Scanner

geschoben werden kann. Bisher haben wir allerdings nur positive Erfahrungen mit

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 199

Kindern im Scanner gemacht, und in der Regel wollten die Kinder erst nach Filmende

wieder rausgefahren werden.

Allgemein:

Alle angeführten Untersuchungen sind von der Ethikkommission der Universität

Freiburg begutachtet und positiv beurteilt worden und werden vom Bundesministerium

für Bildung und Forschung gefördert. Das Wohl des Kindes und die Gewissheit der

Eltern über die Unbedenklichkeit der Untersuchungen haben für uns höchsten

Stellenwert. Die Freiwilligkeit der Teilnahme des Kindes ist Grundvoraussetzung, und

sowohl das Kind als auch die Eltern können auf eigenen Wunsch hin jederzeit die

Untersuchung ohne irgendwelche negativen Folgen abbrechen.

Die Kinder erhalten für die zweitägige Untersuchung eine Aufwandsentschädigung von

65 €. Außerdem bekommen sie Bildaufnahmen vom eigenen Gehirn mit nach Hause.

Zudem werden unsere Mitarbeiter anhand dieser Bilder eine kurze und einfache

Einführung über die Funktionsweise des Gehirns geben.

Sie und ihr Kind leisten somit auch einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der

neurologischen und funktionalen Abweichungen, die spezifisch und charakteristisch für

Störungen der kindlichen Entwicklung, wie autistische Störungen und ADHS

(Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätssyndrom), sind. Dieses Wissen soll zum

Verständnis der Ursachen solcher Entwicklungsstörungen sowie auch künftig zur

Verbesserungen von therapeutischen Maßnahmen beitragen.

Studienleitung: Frau Dr. Monica Biscaldi- Schäfer

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung:

Dipl. Psychologin Mirjam Müller

Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie

im Kindes- und Jugendalter

Hauptstraße 8

79104 Freiburg

Tel.: 0761-270 6873

Email: [email protected]

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 200

A.4 Einverständniserklärung für Kinder

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 201

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 202

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 203

A.5 Einverständniserklärung für Eltern

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 204

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 205

Page 206: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 206

A.6 Vorlage des Rückmeldebriefes

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Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 207

Page 208: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang A: Materialien zur Rekrutierung, zum Einverständnis und zur Rückmeldung 208

Page 209: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 209

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests

B.1 FB-Aufgaben

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Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 210

Wo sind die nassen Schuhe? (erster Ordnung)

Bild 1

Es hat geregnet. Kathrin kommt völlig durchnässt nach Hause. Sie zieht ihre triefnas-sen Schuhe aus und stellt sie hinter den Vorhang in das Schuhregal. Bello ist Kathrins Hund. Er liegt faul im Zimmer.

Bild 2

Kathrin ist ins Bad gegangen und duscht, damit sie sich keinen Schnupfen holt. Da

steht Bello auf, schiebt mit der Schnauze den Vorhang am Schuhregal zurück und schnappt sich Kathrins Schuhe.

Bild 3

Bello trägt die Schuhe zum Sessel und versteckt sie unter dem Sessel. Kathrin ist noch unter der Dusche. Sie weiß nicht, dass Bello ihre Schuhe versteckt hat.

Bild 4

Jetzt hat Kathrin fertig geduscht und frische Kleider angezogen. Sie kommt aus der Dusche. Jetzt will Kathrin ihre Schuhe gleich mit Zeitungspapier ausstopfen, damit sie schneller trocknen. Testfrage: Wo wird Kathrin nach ihren Schuhen suchen? Unter dem Sessel oder im Schuhregal? Schuhregal

Begründung: Warum?

Weil sie nicht weiß, dass Bello sie versteckt hat

Realitätsfrage: Wo sind die Schuhe wirklich? Unter dem Sessel oder im Schuhregal? Sessel

Wissensfrage: Weiß Kathrin, dass Bello die Schuhe versteckt hat?

Nein

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Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 211

Der Bonbonverkäufer (zweiter Ordnung – Frage nach Handlung)

Bild 1

Jan und Anna sind im Park und sehen einen Bonbonverkäufer. Anna möchte sich ger-

ne Bonbons kaufen, hat aber kein Geld dabei. „Sei nicht traurig“ sagt der Bonbonver-

käufer, „Du kannst Dein Geld zu Hause holen und Dir später noch Bonbons kaufen, ich

bin heute den ganzen Tag hier im Park.“

Bild 2

Nun geht Anna nach Hause um Geld zu holen und Jan bleibt alleine im Park zurück.

Bild 3

Als Anna weg ist, sieht Jan, wie der Bonbonverkäufer mit seinem Wagen aus dem

Park fährt. Der Bonbonverkäufer sagt: „Ich fahre in die Stadt, hier ist niemand mehr,

der Bonbons kaufen will.“

Bild 4

Auf seinem Weg kommt der Bonbonverkäufer an Annas Haus vorbei und Anna sieht

wie er in die Stadt fährt. „So ein Glück, dass ich den Bonbonverkäufer gesehen habe“,

denkt Anna. Jan weiß nicht, dass Anna den Bonbonverkäufer gesehen hat.

Bild 5

Später will Jan Anna zu Hause abholen, aber Anna ist nicht da. Annas Mutter sagt zu

Jan: „Anna ist gerade weggegangen, sie wollte sich Bonbons kaufen.“ Da läuft Jan los,

um Anna zu suchen.

Testfrage: Wo wird Jan Anna suchen?

Park

Begründungsfrage: Warum?

Weil er nicht weiß, dass Anna den Bonbonverkäufer gesehen hat

Sachverhalt nachher: Wo ist der Bonbonverkäufer wirklich?

Stadt

Überzeugungen erster Ordnung: Was glaubt Jan, wo der Bonbonverkäufer ist?

Stadt

Was glaubt Anna, wo der Bonbonverkäufer ist?

Stadt

Nichtwissen: Weiß Jan, dass Anna das weiß?

nein

Überzeugung 2. Ordnung: Was glaubt Jan, was Anna glaubt, wo der Bonbonverkäufer

ist?

Park

Page 212: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 212

Die Waldgeschichte (zweiter Ordnung – Frage nach Intention)

Bild 1

Das sind Ute, Sonja und Tim. Sie sind Freunde und spielen oft zusammen. Heute sind

die Drei zusammen im Wald. Ute ist das Mädchen mit dem Pferdeschwanz und Sonja

das Mädchen mit den ganz langen Haaren. Und der Junge ist Tim. Als Tim sich hinter

einem Baum verstecken will, macht er auf einmal eine tolle Entdeckung.

Bild 2

Da steht ein Radio und es sieht noch gut aus. Und tatsächlich, das Radio funktioniert

noch. Sonja ist ganz begeistert, sie hat sich schon lange ein Radio gewünscht. Sie will

das Radio haben, aber Tim hat einen anderen Plan. Er will das Radio in einer kleinen

Holzhütte verstecken, damit sie im Wald immer Musik hören können.

Bild 3

Die Kinder verstecken das Radio also in der Holzhütte und spielen weiter.

Bild 4

Plötzlich macht Tim wieder eine Entdeckung. Im Laub glitzert was. Er schaut genauer

hin und findet eine Armbanduhr, die sogar noch funktioniert. Ute hat noch keine Uhr

und will die Uhr unbedingt haben, aber Tim möchte die Uhr lieber an einem zweiten

geheimen Ort verstecken, unter einem Busch.

Bild 5

Tim, Ute und Sonja verstecken also die Uhr im Gebüsch. Dann müssen die Mädchen

zum Mittagessen nach Hause und nur Tim bleibt im Wald zurück.

Bild 6

Aber Ute und Sonja gehen nur ein Stück in Richtung Stadt. Dann kehren sie doch

noch einmal um, um zu sehen, was Tim alleine im Wald so macht. Überrascht be-

obachten sie, wie er zu den Verstecken zurückgeht und nun die Uhr in der Hütte und

das Radio im Busch versteckt. „Das ist sicherer“, denkt er, „Sonja möchte so gerne

das Radio und Ute die Armbanduhr.“. Ute und Sonja beobachten alles so leise, dass

Tim sie nicht bemerkt. Dann laufen erst Sonja und Ute und schließlich auch Tim nach

Hause.

Bild 7

Als Tim am Nachmittag aus dem Fenster schaut, sieht er gerade noch ein Mädchen im

Wald verschwinden. Er hat sie sofort erkannt und fährt mit seinem Fahrrad deshalb

direkt zur Waldhütte. Er will vor ihr an dem Versteck sein, an dem er denkt, dass sie

zuerst suchen wird.

Page 213: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 213

Testfrage: Welches Mädchen hat er am Fenster gesehen?

Sonja

Begründung: Warum?

Weil er nicht weiß, dass die Mädchen wissen, dass er die Sachen vertauscht hat und

daher denkt, dass Sonja zur Holzhütte will um sich das Radio zu holen

Sachverhalt (nachher): Was ist jetzt in der Hütte versteckt?

Uhr

Überzeugungen erster Ordnung: Was glaubt Tim, was in der Hütte versteckt ist?

Uhr

Was glauben die Mädchen, was in der Hütte versteckt ist?

Uhr

Nichtwissen: Weiß Tim, dass die Mädchen das wissen?

Nein

Überzeugung zweiter Ordnung: Was glaubt Tim, was die Mädchen glauben, was in der

Hütte versteckt ist?

Radio

Page 214: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 214

B.2 Wortspanne

Page 215: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 215

Page 216: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 216

B.3 Instruktionen der Tests zu EF

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Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 217

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Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 218

Page 219: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 219

Page 220: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 220

Page 221: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 221

Page 222: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 222

B.4 Instruktionen der Tests zur ToM

Page 223: Exekutive Funktionen und Theory of Mind bei Kindern mit

Anhang B: Materialien zu den durchgeführten Tests 223

Instruktionen Face- Test

„Vor dir auf dem Bildschirm wirst Du gleich Fotos vom Gesicht einer Frau sehen. Un-

ter dem Bild stehen zwei Eigenschaftswörter, also Adjektive (Wie-Wörter), und Du sollst

mir sagen, welches der Wörter am besten zu dem passt, was die Frau auf dem Bild

denkt oder fühlt. Das ist sicherlich nicht immer ganz eindeutig, dann sage mir einfach,

welches Wort Deiner Meinung nach am ehesten passt. Das Ganze wird so ablaufen:

Zuerst siehst Du nur die Wörter. Ich werde sie Dir laut vorlesen. Diese sind manchmal

nicht einfach zu verstehen. Wenn Du ein Wort nicht verstehst, sag bitte Bescheid, dann

kann ich es Dir erklären.

Glossar (bitte notieren, welche Wörter nachgefragt wurden

Wenn alle Wörter klar sind, kommt das Bild hinzu. Ab diesem Zeitpunkt ist es wichtig,

dass Du so schnell wie möglich antwortest. Das Bild verschwindet manchmal nach ei-

ner gewissen Zeit auch wieder. Du kannst ruhig überlegen, aber Verständnisfragen soll-

ten vorher geklärt sein. Wir machen jetzt erst mal Beispiele, damit Du siehst wie es

funktioniert. Alles klar?“

erste 3 Bilder als Beispiel

mit 1 oder 3 weiter

1 für linkes Bild, 3 für rechtes Bild (Vl drückt, bitte möglichst zeitnah!)

Instruktionen False-belief-Aufgaben

„Ich lese Dir jetzt Geschichten vor und zeige Dir Bilder zu den Geschichten. Danach

werde ich Dir Fragen zu der Geschichte stellen, ok?“

vorlesen und umblättern

Kind darf nach Abschluss der Geschichte auch nochmal in den Bildern zurückblättern.

Auch inhaltliche Fragen dürfen beantwortet werden (z.B. „Wie hieß das Mädchen mit

dem Pferdeschwanz?“)

Antworten bitte notieren.