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recht | steuern | wirtschaft 1 1 1 EURO RO EURO § § § § § § 28 DFZ 2 · 2014 Gabriela R. Scholz © iStock / thinkstockphotos.com Achtung Stolpersteine! Familienheim steuerfrei erben – so geht’s Immobilien kommen den Erben teuer, wenn die persönlichen Freibeträge überschritten sind. Sie werden seit der letzten Erbschaftsteuerreform 2009 in einem normierten Verfahren bewertet, was quasi dem Verkehrswert gleichkommt. Umso wichtiger ist die Steuerbefreiung für ein selbst genutztes Wohneigentum. Doch das ist nicht so leicht durchzusetzen! Persönliche Freibeträge und Steuersätze für Erbschaſt oder Schenkung differieren nach der Steuerklasse beziehungsweise dem Verwandschaſtsverhältnis zum Erblasser oder Schenker: Will der Erbe die Steuerfreistellung des Familienheims in Anspruch nehmen, so sind einige „Stolpersteine“ zu beachten. D Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken muss unverzüglich vorgenommen werden. Der Entschluss, die in den Nachlass gefallene Wohnung selbst zu nutzen, ist innerhalb kurzer Zeit zu fassen. Der Umzug muss im zeitlichen Zusammen- hang mit dem Erbfall erfolgen. Ein Umzug innerhalb eines Jahres reicht aber bei widrigen Umständen auch noch aus. D Erheblicher Renovierungsbedarf kann (bei unverzüglicher Vornahme der Renovierungsarbeiten) im Einzelfall auch eine längere Frist rechtfertigen. D Im geerbten Familienheim muss sich der Mittelpunkt des familiären Lebens befinden. Die Befreiung ist nicht mög- lich, wenn die Wohnung nur als Ferien- oder Wochen- endwohnung genutzt wird oder für einen Berufspendler nur die Zweitwohnung darstellt. Es reicht auch nicht, sich lediglich beim Einwohnermeldeamt umzumelden. D Die Steuerbefreiung fällt rückwirkend weg, wenn die Selbstnutzung vor Ablauf von zehn Jahren aufgege- ben wird, es sei denn, es lägen zwingende Gründe vor. Unschädlich ist es aber, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist (zum Beispiel in ein Pflegeheim muss). Steuerklasse I (Freibeträge) Ehegatte (500.000), Kinder und Stiefkinder sowie Kin- der verstorbener Kinder (400.000), Kinder lebender Kinder (200.000), Eltern und Großeltern im Verster- bensfall (100.000) bis 75.000 – 7% bis 300.000 – 11% bis 600.000 – 15% bis 6.000.000 – 19% darüber ansteigend bis 30 % Steuerklasse II (Freibeträge) Eltern und Großeltern im Erlebensfall, Geschwister, Kinder der Geschwister, Stiefeltern, geschiedener Ehegatte usw. (20.000) bis 75.000 – 15% bis 300.000 – 20% bis 600.000 – 25% bis 6.000.000 – 30% darüber ansteigend bis 43 % Steuerklasse III (Freibeträge) Alle übrigen Erwerber (20.000) bis 13.000.000 – 30% bis 6.000.000 30 %, darüber 50 % Gehören zur Erbmasse mehrere Immobilien, so übersteigt der Wert in der Regel die persönlichen Freibeträge. Normalerwei- se führt das dann zu einer Erbschaſtsteuerbelastung mit den genannten Steuersätzen. Da kommt die Steuerbefreiung für das Familienheim ins Spiel, das der Erblasser bis zu seinem Tod bewohnt hat oder pflegebedingt die Nutzung zu eigenen Wohn- zwecken aufgegeben musste. Die Steuerfreiheit gilt: D für den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner, der das Familienheim mindestens zehn Jahre lang zu Wohn- zwecken selbst nutzt; D für die Kinder oder Kinder verstorbener Kinder, wenn der Erbe unverzüglich die Selbstnutzung aufnimmt und das Familienwohnheim mindestens zehn Jahre lang nutzt. Hier ist die Befreiung allerdings auf Wohnungen von maximal 200 Quadratmetern begrenzt. (Größere Immobi- lien werden nur anteilig freigestellt.) Für sonstige Erben gilt die Steuerbefreiung leider nicht! Beispiel: Der Sohn erbt vom Vater ein Mehr- familienhaus (Wert zwei Millionen Euro) und eine Villa mit 200 Quadratmetern Nutzfläche sowie 5000 Quadratmetern Grundstück (Wert eine Million Euro). Der steuerpflichtige Erwerb wäre 1,6 Millionen Euro, die Erbschaftssteuer 304.000 Euro. Wenn der Sohn die Villa unver- züglich selbst bewohnt, spart er 190.000 Euro Erbschaſtssteuer.

Familienheim steuerfrei erben – so geht’s

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Gabriela R. Scholz

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Achtung Stolpersteine!

Familienheim steuerfrei erben – so geht’sImmobilien kommen den Erben teuer, wenn die persönlichen Freibeträge überschritten sind. Sie werden seit der letzten Erbschaftsteuerreform 2009 in einem normierten Verfahren bewertet, was quasi dem Verkehrswert gleichkommt. Umso wichtiger ist die Steuerbefreiung für ein selbst genutztes Wohneigentum. Doch das ist nicht so leicht durchzusetzen!

Persönliche Freibeträge und Steuersätze für Erbscha� oder Schenkung di�erieren nach der Steuerklasse beziehungsweise dem Verwandscha�sverhältnis zum Erblasser oder Schenker:

Will der Erbe die Steuerfreistellung des Familienheims in Anspruch nehmen, so sind einige „Stolpersteine“ zu beachten.

D Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken muss unverzüglich vorgenommen werden. Der Entschluss, die in den Nachlass gefallene Wohnung selbst zu nutzen, ist innerhalb kurzer Zeit zu fassen. Der Umzug muss im zeitlichen Zusammen-hang mit dem Erbfall erfolgen. Ein Umzug innerhalb eines Jahres reicht aber bei widrigen Umständen auch noch aus.

D Erheblicher Renovierungsbedarf kann (bei unverzüglicher Vornahme der Renovierungsarbeiten) im Einzelfall auch eine längere Frist rechtfertigen.

D Im geerbten Familienheim muss sich der Mittelpunkt des familiären Lebens be�nden. Die Befreiung ist nicht mög-lich, wenn die Wohnung nur als Ferien- oder Wochen-endwohnung genutzt wird oder für einen Berufspendler nur die Zweitwohnung darstellt. Es reicht auch nicht, sich lediglich beim Einwohnermeldeamt umzumelden.

D Die Steuerbefreiung fällt rückwirkend weg, wenn die Selbstnutzung vor Ablauf von zehn Jahren aufgege-ben wird, es sei denn, es lägen zwingende Gründe vor. Unschädlich ist es aber, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist (zum Beispiel in ein P�egeheim muss).

Steuerklasse I (Freibeträge)

Ehegatte (500.000), Kinder und Stiefkinder sowie Kin-der verstorbener Kinder (400.000), Kinder lebender Kinder (200.000), Eltern und Großeltern im Verster-bensfall (100.000)

bis 75.000 – 7%bis 300.000 – 11%bis 600.000 – 15%bis 6.000.000 – 19%darüber ansteigend bis 30 %

Steuerklasse II (Freibeträge)

Eltern und Großeltern im Erlebensfall, Geschwister, Kinder der Geschwister, Stiefeltern, geschiedener Ehegatte usw. (20.000)

bis 75.000 – 15%bis 300.000 – 20%bis 600.000 – 25%bis 6.000.000 – 30%darüber ansteigend bis 43 %

Steuerklasse III (Freibeträge)

Alle übrigen Erwerber (20.000)

bis 13.000.000 – 30%bis 6.000.000 30 %, darüber 50 %

Gehören zur Erbmasse mehrere Immobilien, so übersteigt der Wert in der Regel die persönlichen Freibeträge. Normalerwei-se führt das dann zu einer Erbscha�steuerbelastung mit den genannten Steuersätzen. Da kommt die Steuerbefreiung für das Familienheim ins Spiel, das der Erblasser bis zu seinem Tod bewohnt hat oder p�egebedingt die Nutzung zu eigenen Wohn-zwecken aufgegeben musste. Die Steuerfreiheit gilt:

D für den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner, der das Familienheim mindestens zehn Jahre lang zu Wohn-zwecken selbst nutzt;

D für die Kinder oder Kinder verstorbener Kinder, wenn der Erbe unverzüglich die Selbstnutzung aufnimmt und das Familienwohnheim mindestens zehn Jahre lang nutzt. Hier ist die Befreiung allerdings auf Wohnungen von maximal

200 Quadratmetern begrenzt. (Größere Immobi-lien werden nur anteilig freigestellt.) Für sonstige Erben gilt die Steuerbefreiung leider nicht!

Beispiel: Der Sohn erbt vom Vater ein Mehr-familienhaus (Wert zwei Millionen Euro) und eine Villa mit 200 Quadratmetern Nutzf läche sowie 5000 Quadratmetern Grundstück (Wert eine Million Euro). Der steuerp�ichtige Erwerb wäre 1,6 Millionen Euro, die Erbschaftssteuer 304.000 Euro. Wenn der Sohn die Villa unver-züglich selbst bewohnt, spart er 190.000 Euro Erbscha�ssteuer.

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KON

KRET Für die Enkel finanziell vorsorgen

Frage: Ein Enkel ist „in Sicht“, und wir fragen uns, was außer den üblichen Geschenken wir dazu beisteuern könnten, ihm oder ihr etwas Gutes zu tun. Also monetär. Wir denken an eine kontinuierliche monatliche Zahlung, meinen aber, dass zu einem geeigneten Zeitpunkt das Geld oder Teile davon auch verfügbar sein sollte.

Deutsche Ärzteversicherung: Es gibt sicher einige Möglichkeiten, und wen Sie auch ansprechen, werden Sie unterschiedliche Antworten auf ihre Frage erhalten. Wir als Versicherer bieten immer die Kombination „Sicherheit und Rendite“ als Antwort. Und es gibt natürlich entsprechende Produktangebote. So zum Beispiel „DocJunior“, mit dem eine solide finanzielle Basis für den Nachwuchs geschaffen wird. Wie geht's? Zum Beispiel 25 Euro, es können auch 100 Euro oder mehr sein, werden monatlich in eine fondsgebundene Rentenversicherung investiert. Es sind Dachfonds oder Fonds von renommierten und attraktiven Gesellschaften, die eine stabile und überdurchschnittliche Rendite versprechen. Über zusätzliche Module lässt sich das Kapital optimal absichern. Und jetzt kommt der Clou: Während der Laufzeit lassen sich kleinere oder auch größere Zuzahlungen, zum Beispiel bei Geburtstagen oder bei Schulabschluss, vornehmen, und – was Sie angesprochen haben – es können auch Beträge abgehoben werden. Zum Beispiel bei Studienbeginn oder für den Kauf eines Autos oder als Startkapital der eigenen Immobilie, oder, oder …

D Eine vorübergehende Vermietung durch den Erblasser aus zwingenden Gründen ist nicht steuerschädlich, beispiels-weise wenn dieser vor seinem Tod in einem P�egeheim untergebracht war.

D Eine vorübergehende Vermietung durch den Erben hin-gegen ist steuerschädlich! So urteilte aktuell das Finanz-gericht Münster (31.01.13, Az. 3 K 1321/11). Nach dem Tod der Eltern konnte ein Dozent das Haus nicht direkt selbst nutzen, weil er sich bereits vor dem Erbfall bei der Beru-fung zum Universitätsprofessor verp�ichtet hatte, seinen Wohnsitz in der Nähe der Universität zu nehmen. Diese beru�iche Verhinderung an einer unmittelbaren Selbst-nutzung ließ das Finanzgericht jedoch unbeeindruckt. Der Fall liegt nun zur Entscheidung beim Bundes�nanzhof (Az. II R 13/13).

D Noch nicht entschieden ist folgender Sachverhalt: Der Erbe nutzt zunächst das Eigenheim zu eigenen Wohnzwecken, muss aber innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen „Hal-

tefrist“ von zehn Jahren die Eigennutzung aus beru�ichen Gründen aufgeben.

D Nicht entschieden ist ebenso, ob die Steuerbefreiung nach-träglich entfällt, wenn der Erbe sich innerhalb der Zehn-jahresfrist scheiden lässt und aus dem bis dahin gemein-sam bewohnten Familienheim auszieht, dort aber der Lebensmittelpunkt der restlichen Familienangehörigen – die aber nicht Erben geworden waren – verbleibt.

Die Steuerbefreiung des Familienheims lässt also noch sehr viele Fragen o�en. Dennoch lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob sie infrage kommt. Dies kann eine erhebliche Steuerersparnis im Erbfall bedeuten!

Fragen richten Sie bitte an die AutorinGabriela Scholz

Steuerberaterin/Wirtscha�sprüferin, Sankt Augustin