Fitness in der grundschule - lehrer.uni-karlsruhe.deza343/osa/spinfo/UK Fitness in der GS... · 14 INFO-Fachbereich Sport 1/2006 Interventionsmaßnahme: leitfaden Praxis Was ist die

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  • 1/2006 INFO-Fachbereich Sport 1

    Unsere Schlerinnen und Schler werden immer ungeschickter und leis-tungsschwcher! Die motorischen Fhigkeiten und Fer-tigkeiten meiner Erstklssler im Sport-unterricht werden zunehmend schlech-ter. Was ich noch vor wenigen Jahren als gegeben voraussetzen konnte, muss ich heute erst mhsam erarbei-ten!Solche oder hnliche Aussagen und Ein-schtzungen von Lehrkrften in Grund-schulen sind vermehrt zu hren. Handelt es sich hierbei lediglich um sub-jektive Eindrcke oder haben gesell-schaftliche und schulpolitische Entwick-lungen der letzten Jahre tatschlich da-zu gefhrt, dass bereits bei Grundsch-lern vermehrt Bewegungs- und Leis-tungsmngel und in der Folge davon gesundheitliche Risiken auftreten? Um solche oder hnliche Fragen zu be-antworten, vorhandene Entwicklungs-tendenzen aufzuzeigen und gegebe-nenfalls erforderliche Interventionsstra-tegien zu entwickeln, haben insgesamt acht gesetzliche Unfallversicherungstr-ger unter der Federfhrung der Unfall-kasse Baden-Wrttemberg und der wis-senschaftlichen Leitung von Prof. Klaus Bs vom Institut fr Sport und Sport-wissenschaft der Universitt Karlsru-he ein Forschungsprojekt zum Thema Frderung von krperlich-sportlicher Aktivitt, Haltung, Fitness und Gesund-heit in der Grundschule - kurz: Fitness in der Grundschule initiiert.

    ziele des Forschungsprojektes

    Die Zielsetzung des Projektes war drei-geteilt. Zum einen ging es darum, aktu-elle Daten zum Ist-Zustand der Motorik

    Fitness in der grundschuleEin Forschungsprojekt der unfallkasse baden-wrttemberg und der

    universitt karlsruhe zur krperlichen Fitness von grundschulkindernHans-Joachim Wachter

    von Grundschlern auf einer breiten Ba-sis zu gewinnen und mittels vorhande-ner Vergleichsdaten frherer Jahre Ent-wicklungsverlufe und Vernderungen zu ermitteln. In einem zweiten Schritt sollte ein einfaches Verfahren fr Moto-riktests fr Grundschler entwickelt wer-den. Das wichtigste Ziel stellte jedoch die Konzeption von Interventionsstra-tegien, Manahmen und praxisnahen Handlungshilfen dar, die von Sportleh-rerinnen und Sportlehrern im alltg-lichen Unterricht genutzt werden kann.

    Projektablauf

    Testbung: Koordination unter Zeitdruck - Hindernislauf

    1. Entwicklung und berprfung von Methoden zur Erfassung von Aktivi-tt, Haltung und Fitness bei Grund-schlern

    2. Hauptuntersuchung in insgesamt sechs Bundeslndern (davon zwei ost- und vier westdeutsche Bundes-lnder) und verschiedenen Regional-rumen (Stadt, Land)

    Gesamtstichprobe: 1442 Grund-schulkinder der Klassen 1-4 (insge-samt 66 Klassen in 33 Grundschu-len)

    3. Entwicklung eines Testmanuals (Handbuch zu Motoriktests fr Grund-

    schler)

    4. Gesamtauswertung des Datenma-terials - Endbericht

    5. Entwicklung einer Lehrerhandrei-chung Fitness in der Grundschule Leitfaden Praxis

    Konzeption und Durchfhrung von Fortbildungsmanahmen (Modell-lehrgnge Fitness in der Grund-schule fr Lehrkrfte an Grund-schulen).

    untersuchungsergebnisse

    testaufgabe jungen mdchen

    6-Minuten-Lauf -2% -1%

    Medizinballstoen +3% +6%

    Standweitsprung -9% -15%

    20-m-Lauf -2% -1%

    Hindernislauf -3% -4%

    Zielwerfen -3% +7%

    Tabelle zeigt:Zusammenfassender Vergleich ausgewhlter Testaufgaben frher/heute(- bedeutet Verschlechterung, + bedeutet Ver-besserung)

    Der Vergleich des Fitnesszustandes heutiger Grundschler mit Fitness-werten frherer Generationen zeigt in einzelnen motorischen Fertigkeitsbe-reichen zum Teil beunruhigende Vern-derungen.

    So verschlechterte sich beispielsweise das Koordinations- und Gleichgewichts-vermgen (Testbungen: Hindernis-lauf, Zielwerfen u.a.) innerhalb von fnf-zehn Jahren um durchschnittlich 4%, die Schnellkraft sogar um durchschnitt-lich 12% (Testbung: Standweitsprung u.a.).

    Diese mangelnde Fitness wirkt sich u.a. negativ auf das Unfallgeschehen im Schulsport aus. So nehmen beispiels-weise die Stolper- und Sturzunflle durch unzureichende Bewegungserfah-rungen oder Ungeschicklichkeit zu, gleich-zeitig nimmt die Verkehrssicherheit ab. Hiervon besonders betroffen sind Sch-lerinnen und Schler in sozialen Brenn-punktgebieten und Kinder mit gesund-heitlichen Beschwerden.

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  • 14 INFO-Fachbereich Sport 1/2006

    Interventionsmanahme: leitfaden Praxis

    Was ist die Konsequenz aus diesen Er-kenntnissen? Es gengt nicht, bei der diagnostischen Bestandsaufnahme ste-hen zu bleiben. Folgt man der These, dass fitte Kinder, die ihre motorischen Kompetenzen in optimaler Weise ein-setzen knnen, einen aktiven Unfall-schutz besitzen (PRoF. KLAUS BS, Universitt Karlsruhe 2004), so sind in-haltlich gut fundierte und flchendek-kend wirksame Interventionsmanah-men gefordert.Dieser Forderung trug die Unfallkas-se Baden-Wrttemberg mit der Erar-beitung der Broschre Fitness in der Grundschule Leitfaden Praxis Rech nung (vgl. Literaturhinweise). Basierend auf den Ergebnissen der oben genannten Studie werden in diesem Leitfaden fr die Hand der Lehrkrfte einfache Tests zur Erfassung motorischer Fhigkeiten im Schulalltag vorgestellt und, darauf aufbauend, gezielte Bewegungspro-gramme fr den Grundschulsport vor-geschlagen. In zwanzig praktischen Unterrichtsbei-spielen wird besonderes Augenmerk auf die Verbesserung der allgemeinen Ausdauer, der Koordination sowie der Kraftausdauer und Beweglichkeit von Grundschulkindern gelegt (siehe hierzu Literaturhinweise).

    Interventionsmanahme: lehrerfortbildungen

    Damit der Schulsport in der Grundschu-le den vernderten Anforderungen ge-recht und zielgerichtet gestaltet wer-den kann, wird eine epochale Ausrich-tung des Unterrichts empfohlen. Unter epochalem Unterricht versteht man die Vermittlung eines oder mehrerer inhalt-licher Schwerpunkte (z.B. Schulung der aeroben Ausdauer) ber einen lnge-ren Zeitraum hinweg. Hierdurch kn-nen Vernderungsprozesse im Motorik-bereich angeregt und gezielt gefrdert werden. Um eine mglichst breite Akzeptanz und Umsetzung eines solchen Ansatzes zu erreichen, hat die Unfallkasse Baden- Wrttemberg gemeinsam mit dem Kul-tusministerium, dem Landesinstitut fr Schulsport und der Bundesarbeits-gemeinschaft fr Bewegungsfrderung in den Jahren 2004-2006 in den Regie-rungsprsidien Stuttgart, Karlsruhe, T-bingen und Freiburg vier Modelllehr-gnge durchgefhrt.

    Teilgenommen haben mittlerweile ber 100 Grundschullehrerinnen und Grund-schullehrer. Vermittelt wurden u.a. die Ergebnisse des Forschungsprojektes, ein praxisnahes Testverfahren zur Er-mittlung des aktuellen Fitnesszustan-des der Schler sowie ausgewhlte Un-terrichtssequenzen zu den Bereichen aerobe Ausdauer, Koordination und Gleichgewicht sowie Kraftausdauer. Aufgrund der beraus positiven Re-sonanz der Teilnehmerinnen und Teil-nehmer sind weitere Lehrgangsma-nahmen geplant. Die Unfallkasse Ba-den-Wrttemberg verspricht sich hier-von eine gezielte und evaluierbare Fr-derung motorisch schwcherer Sch-lerinnen und Schler durch den Schul-sportunterricht.

    LiteraturhinweiseBs, K., Opper, E., Woll, A. (2002): Fitness in der Grundschule. Frderung von krperlich-sportlicher Aktivitt, Haltung und Fit-ness zum Zwecke der Gesundheitsfrderung und Unfallverhtung Endbericht. Wiesbaden

    Bs, K., Opper, E., Woll, A., Liebisch, R., Breit-hecker, D., Kremer, B. (2001): Das Karlsruher Testmanual fr Kinder (KATS-K) TestmanualSonderheft Haltung und Bewegung, 21(4), 4-66, Wiesbaden

    Liebisch, R., Schieb, Ch., Woll, A., Wachter, H.-J., Bs, Klaus (2004): Fitness in der Grundschule Leitfaden PRAXISUnfallkasse Baden-Wrttemberg et. al.kostenlos downloaden berwww.uk-bw.de

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