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Flucht nach Südamerika Flucht nach Südamerika — Europäische Emigranten in der lateinamerikanischen Psychologie' Ulfried Geuter und Ramón León Zusammenfassung: Für die vielen Psychologen, die aus politischen Gründen Europa vor allem in den dreißiger- Jahren verließen, spielten die lateinamerikanischen Länder als Fluchtziel nur eine randständige Rolle. In diesen Län- dern jedoch hatten die Emigranten für die Entwicklung ihres Faches eine große Bedeutung. Bei einer ersten Bestands- aufnahme der europäischen psychologischen Emigration nach Lateinamerika ließen sich achtzehn Emigranten ermit- teln, über die kurze biographische Notizen beigefügt sind. Anhand des Schicksals von Emilio Mira y López, Waclaw Radecki und Walter Blumenfeld werden einige Faktoren der Rezeption erörtert. Der Tätigkeit der Emigranten an den Universitäten stellten sich Hindernisse entgegen, die vor allem in der rudimentären Entwicklung des Faches und den allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen gründeten. Daher wandten sich die emigrierten Psychologen verstärkt der Anwendung ihrer Wissenschaft zu und wurden vielfach selber berufspraktisch aktiv. Summary: A very few of the many psychologists who left Europe for political reasons mainly in the Thierties went to Latin America. For the development of psychology in these countries, however, emigrants played an important rote. This article provides a first overview of the european psychology emigration to Latin America. Short biographical notes to 18 emigrants who could be identified are added. Some factors of their reception are discussed in the cases of Emilio Mira y López, Waclaw Radecki, and Walter Blumenfeld. Work of emigrants in psychology at South American universities was constrained by the limited development of the discipline and the general economic conditions. Thus, many emigrants turned more to applied psychology and started to work as practitioners. Die Forschung zur Emigration europäi- scher Psychologen hat sich bislang vor allem mit der Emigration deutscher und österreichischer Psychologen in die USA befaßt (vgl. Ash, 1984; Mandler & Mand- ler, 1969). Von der europäischen Psycholo- gie aus gesehen war diese Emigration sicher die bedeutendste. Zum einen nahmen die USA die größte Zahl an Emi- granten auf, zum anderen wählten die bekanntesten, vor dem Nationalsozialismus geflohenen Psychologen, wie Karl Bühler, Wolfgang Köhler, Kurt Lewin, William Stern und Max Wertheimer, die USA als ihre neue Heimat. Eine sehr viel geringere Zahl, insbesondere der deutschen Psycholo- gen, ging nach Lateinamerika. Über ihr Wirken in diesem Kontinent weiß man hier- zulande nur sehr wenig. Aus lateinamerikanischer Sicht stellt sich die Bedeutung der europäischen Emi- granten anders dar. In vielen Ländern präg- ten europäische Psychologen maßgeblich die Entwicklung der Psychologie. Aber dieser Einfluß wurde auch in Lateiname- rika historisch noch wenig erforscht. Allein für den Fall von Brasilien liegen einschlä- gige Arbeiten vor (Penna, 1980; Stubbe, 1987, 1989), darüberhinaus nur einige Bei- träge zu einzelnen Personen {Antipuff, 1975; Ardila, 1988; Lehn, 1983a; Stubbe, 1988). Mit unserer Studie wollen wir versu- chen, einen ersten Überblick über die Geschichte der europäischen psychologi- schen Emigration nach Lateinamerika zu geben. Da aufgrund der derzeitigen For- schungs- und Materiallage eine umfas- sende Analyse noch nicht möglich ist 2, werden wir einige Emigrantenschicksale beispielhaft darstellen und auf bestimmte Probleme der Aufnahme der Emigranten illustrierend eingehen. Damit soll zugleich eine erste Grundlage zur Beantwortung wei- terer Fragen geschaffen werden, etwa der Frage, wie sich die wissenschaftlichen Kon- zepte und die Forschungsaktivitäten der Emigranten in ihrem neuen Ambiente änderten, oder der Frage, welche Impulse die Emigranten für die Psychologie in Lateinamerika gaben. Studien zur Geschichte der Psychologie in Lateinamerika sehen sich einem grund- sätzlichen Problem gegenüber, das Ruben 24 Psychologie und Geschichte

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Flucht nach Südamerika

Flucht nach Südamerika — Europäische Emigranten in derlateinamerikanischen Psychologie'

Ulfried Geuter und Ramón León

Zusammenfassung: Für die vielen Psychologen, die aus politischen Gründen Europa vor allem in den dreißiger-Jahren verließen, spielten die lateinamerikanischen Länder als Fluchtziel nur eine randständige Rolle. In diesen Län-dern jedoch hatten die Emigranten für die Entwicklung ihres Faches eine große Bedeutung. Bei einer ersten Bestands-aufnahme der europäischen psychologischen Emigration nach Lateinamerika ließen sich achtzehn Emigranten ermit-teln, über die kurze biographische Notizen beigefügt sind. Anhand des Schicksals von Emilio Mira y López, WaclawRadecki und Walter Blumenfeld werden einige Faktoren der Rezeption erörtert. Der Tätigkeit der Emigranten an denUniversitäten stellten sich Hindernisse entgegen, die vor allem in der rudimentären Entwicklung des Faches und denallgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen gründeten. Daher wandten sich die emigrierten Psychologen verstärkt der

Anwendung ihrer Wissenschaft zu und wurden vielfach selber berufspraktisch aktiv.

Summary: A very few of the many psychologists who left Europe for political reasons mainly in the Thierties went toLatin America. For the development of psychology in these countries, however, emigrants played an important rote.This article provides a first overview of the european psychology emigration to Latin America. Short biographicalnotes to 18 emigrants who could be identified are added. Some factors of their reception are discussed in the cases ofEmilio Mira y López, Waclaw Radecki, and Walter Blumenfeld. Work of emigrants in psychology at South Americanuniversities was constrained by the limited development of the discipline and the general economic conditions. Thus,

many emigrants turned more to applied psychology and started to work as practitioners.

Die Forschung zur Emigration europäi-scher Psychologen hat sich bislang vorallem mit der Emigration deutscher undösterreichischer Psychologen in die USAbefaßt (vgl. Ash, 1984; Mandler & Mand-ler, 1969). Von der europäischen Psycholo-gie aus gesehen war diese Emigrationsicher die bedeutendste. Zum einennahmen die USA die größte Zahl an Emi-granten auf, zum anderen wählten diebekanntesten, vor dem Nationalsozialismusgeflohenen Psychologen, wie Karl Bühler,Wolfgang Köhler, Kurt Lewin, WilliamStern und Max Wertheimer, die USA alsihre neue Heimat. Eine sehr viel geringereZahl, insbesondere der deutschen Psycholo-gen, ging nach Lateinamerika. Über ihrWirken in diesem Kontinent weiß man hier-zulande nur sehr wenig.

Aus lateinamerikanischer Sicht stelltsich die Bedeutung der europäischen Emi-granten anders dar. In vielen Ländern präg-ten europäische Psychologen maßgeblichdie Entwicklung der Psychologie. Aberdieser Einfluß wurde auch in Lateiname-rika historisch noch wenig erforscht. Alleinfür den Fall von Brasilien liegen einschlä-

gige Arbeiten vor (Penna, 1980; Stubbe,1987, 1989), darüberhinaus nur einige Bei-träge zu einzelnen Personen {Antipuff,1975; Ardila, 1988; Lehn, 1983a; Stubbe,1988).

Mit unserer Studie wollen wir versu-chen, einen ersten Überblick über dieGeschichte der europäischen psychologi-schen Emigration nach Lateinamerika zugeben. Da aufgrund der derzeitigen For-schungs- und Materiallage eine umfas-sende Analyse noch nicht möglich ist 2,werden wir einige Emigrantenschicksalebeispielhaft darstellen und auf bestimmteProbleme der Aufnahme der Emigrantenillustrierend eingehen. Damit soll zugleicheine erste Grundlage zur Beantwortung wei-terer Fragen geschaffen werden, etwa derFrage, wie sich die wissenschaftlichen Kon-zepte und die Forschungsaktivitäten derEmigranten in ihrem neuen Ambienteänderten, oder der Frage, welche Impulsedie Emigranten für die Psychologie inLateinamerika gaben.

Studien zur Geschichte der Psychologiein Lateinamerika sehen sich einem grund-sätzlichen Problem gegenüber, das Ruben

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Ulfried Geuter und Ram6n Lehn

Ardila (1986) in seinem Buch über die Psy-chologie in Lateinamerika angesprochenhat. Kann man von einer lateinamerikani-schen Kultur und von einer lateinamerikani-schen Wissenschaft sprechen, wo dochLateinamerika eine Vielfalt geographischweit gestreuter Länder umfaßt, die in ihrerkulturellen Eigenart und Entwicklung, inihrer wirtschaftlichen und wissenschaftli-chen Potenz sowie, was für unseren Fallbesonders bedeutend ist, in der Entwick-lung der Psychologie als akademischer Dis-ziplin immense Unterschiede aufweisen?Diese Unterschiede und die Größe derRegion — allein Argentinien und Brasiliensind zusammen größer als Europa — lassenes nahezu unmöglich erscheinen, ohne län-derspezifische Einzelstudien zu einerzusammenfassenden Betrachtung zu kom-men. Eine solche Betrachtung wird auchdadurch erschwert, daß die Gesamtzahl derEmigranten, gemessen an den Immigra-tionsländern, sehr klein war und die jeweili-gen persönlichen Umstände der Emigrationsehr unterschiedlich waren.

Die Entwicklung der Psychologie inLateinamerika ist von der Abhängigkeitdieses Kontinentes von Europa — und spä-ter von den USA — geprägt. Die westlicheWissenschaft kam als Teil der Kolonialisie-rung und in neuerer Zeit als Teil einermodernen Hegemonialpolitik nach Latein-amerika. Die akademische Psychologie ent-stand als eine Importwissenschaft, nichtnur hinsichtlich ihrer Theorien und Metho-den, sondern zum Beispiel auch hinsicht-lich der Einrichtung der ersten Laborato-rien: Horacio Pilier°, Inhaber eines Lehr-stuhls für Physiologie und ab 1902 Titular-professor für Psychologie in Buenos Aires,der bereits 1898 in der medizinischenFakultät ein, 1902 in die philosophischeFakultät verlegtes, experimentalpsychologi-sches Laboratorium begründete, bezog dieAusrüstung seines Laboratoriums zunächstvon der Firma Zimmermann in Leipzig,später dann aus Frankreich (Papini, 1976,324; Psicologia, 1960, 538) 3 . Mit den Appa-raten kamen die Fragestellungen derjungen Wissenschaft. Import ist aber nichtdie einzige Form der Abhängigkeit. Derbrain-drain zwischen Europa und den USAeinerseits, Lateinamerika andererseits

nahm verschiedene Formen an, zum Bei-spiel diejenige, daß führende lateinamerika-nische Psychologen im Ausland studierten,um die dort erworbenen Konzepte nachLateinamerika zurückzubringen. DieseForm des brain-drains führt bis heute dazu,daß lateinamerikanische Psychologen in rei-chere Länder auswandern.

Die Ideen der europäischen Psychologiewurden in Lateinamerika auch von Profes-soren verbreitet, die zu Vorträgen oder Lehr-veranstaltungen kamen, ohne sich dortanzusiedeln. Zum Beispiel hielt WolfgangKöhler Vorträge in Montevideo, BuenosAires und Rio de Janeiro.4 Henri Piéronkam viermal zu Vortragsreisen nach Brasi-lien und gab 1927 in Säo Paulo einen mehr-monatigen Ausbildungskurs in Psychotech-nik (Stubbe, 1987, 142). Beide Psycholo-gen hatten einen bedeutenden Einfluß aufdie wissenschaftliche Orientierung derlateinamerikanischen Psychologen. Derfranzösische Psychologe Andre Ombre-dane lehrte mehrere Jahre in Rio deJaneiro. Wie Penna (1985) zeigt, ging aberder Einfluß der französischen Psychologie,der für die Entwicklung der brasilianischenPsychologie bestimmend war, weit überdas hinaus, was durch Aufenthalte vonGastlektoren bewirkt wurde; die Werke vonRibot, Binet, Wallon und Janet seien in Bra-silien wesentliche Quellen des modernenpsychologischen Denkens gewesen. AuchPiéron wurde durch seine Bücher bekannt,von denen es einige spanische Übersetzun-gen gab. Ohnehin war aufgrund der Kultur-geschichte des Kontinentes der EinflußFrankreichs und Spaniens immer größer alsder anderer überseeischer Länder, und dieSprachbarriere zum Französischen warweit geringer als die zum Englischen oderDeutschen (vgl. Hall, 1946, 466).

Manche europäische Psychologen mach-ten auf dem Weg ihrer Emigration einigeZeit in Lateinamerika Station, zum Beispieldie Österreicherin Liselotte Fischer, die1939 nach Brasilien und 1941 von dort indie USA emigrierte. Der adlerianische Psy-chotherapeut Rudolf Dreikurs (1897--1972) wollte sich zunächst in Brasilien nie-derlassen, blieb aber nur knappe dreiMonate (Handlbauer, 1988, 272). AnderePsychologen verweilten für längere Zeit in

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Flucht nach Südamerika

Lateinamerika, ohne auf Dauer zu bleiben.Der Analytiker Werner Kemper (1899 —1978) lebte nach dem Zweiten Weltkriegsogar für zwanzig Jahre in Rio de Janeiro,von 1948 bis 1967. Argentinien holte deut-sche Psychologen für längere Zeit als Gast-professoren ins Land, wie Felix Kruegerund F. E. Otto Schultze, die beide am Natio-nalen Lehrerinstitut in Buenos Aires tätigwaren, Krueger von 1906 bis 1908 undSchultze von 1908 bis 1912 (vgl. Geuter,1986, 193 & 227). Der Nachfolger vonSchultze, Carl Jesinghaus, ein Schüler vonWundt, Meumann und Krueger, hingegenließ sich endgültig in Argentinien nieder,abgesehen von einer politisch bedingtenUnterbrechung zwischen 1935 und 1945(vgl. ebd., 183). Jesinghaus rechnen wirdaher zu den Emigranten.

Im Unterschied zu denen, die nur zeit-weise verweilten, wollen wir als Emigran-ten im folgenden all diejenigen verstehen,die sich dauerhaft in Lateinamerika nieder-ließen oder zumindest mit dieser Absichteinen bedeutenden Teil ihres Lebens dortverbrachten. Wir berücksichtigen dabei nurPersonen, die bereits zum Zeitpunkt ihrerEmigration in Europa als Psychologen tätigwaren oder zumindest ein entsprechendesStudium abgeschlossen hatten. 5

In der Mehrzahl der Fälle waren politi-sche Gründe für die Emigration dieser euro-päischen Psychologen ausschlaggebend.Der Bürgerkrieg in Spanien, der Nationalso-zialismus in Deutschland und die Judenver-folgung, die Besetzung Österreichs und derZweite Weltkrieg trieben europäische Intel-lektuelle in die Emigration. PolitischeGründe ließen Veloso (1976, 102) zufolgeauch die russische Psychologin HelenaAntipoff nach einer neuen Heimat außer-halb der Sowjetunion suchen; sie ließ sich1929 in Brasilien nieder. Auch im Fall despolnischen Psychologen Waclaw Radecki,der 1923 nach Brasilien ging, könnten poli-tische Gründe für die Emigration eineRolle gespielt haben. Als nach dem Zwei-ten Weltkrieg viele Nationalsozialistennach Lateinamerika flüchteten, unter ihnenzum Beispiel der Auschwitz-Arzt JosefMengele, gehörte als einziger PsychologeHans Koch dazu, der von 1939 bis 1945das Psychologische Institut an der Universi-

tät Rostock geleitet hatte. Er ließ sich inBuenos Aires nieder (vgl. Geuter, 1986,190). Welche Furcht Koch vor den Folgenseiner Haltung während der Nazi-Zeithaben mußte und welche Rolle dieseFurcht bei seiner Auswanderung spielte,wissen wir nicht. Sein Fall wie auch dieRückkehr von Jesinghaus nach Argentinienwären eine eigene Untersuchung wert.

Etwa 100 000 Menschen flohen vor demNationalsozialismus nach Lateinamerika.Für die Aufnahme von Wissenschaftlernund Künstlern allerdings hatten die Länderdieses Subkontinentes nicht eine so großeBedeutung (von zur Mühlen, 1988, 88).Zum Beispiel emigrierten nach 1933 insge-samt 45 Mitglieder der Deutschen Gesell-schaft für Psychologie (vgl. Ash, 1984);aber nur drei von ihnen (Blumenfeld, Brug-ger und Katzenstein) gingen nach Latein-amerika.

Bis heute konnten wir eine Gesamtzahlvon 18 emigrierten europäischen Psycholo-gen in Lateinamerika ausmachen. Spanierund Deutsche sind unter ihnen am meistenvertreten, Engländer oder Skandinavier hin-gegen gar nicht. Schon wegen der Sprachedürften vier Spanier Lateinamerika als Zielihrer Emigration gewählt haben: EmilioMira y Löpez, Mercedes Rodrigo, Fran-cisco Campos und Francisco del Olmo.6

Mit Béla Székely und Oliver Brachfeldsind zwei Ungarn unter den Emigranten,von denen der eine, Oliver Brachfeld, biszum Ausbruch des Bürgerkrieges in Spa-nien lebte. Mit Waclaw Radecki und AnielaMeyer-Ginsberg finden wir zwei Polen undmit Helena Antipoff und Wladimiro Woynozwei Russen. Wegen der politischen Ver-hältnisse und der Judenverfolgung emigrier-ten die Deutschen Walter Blumenfeld, Bet-tina Katzenstein, Hans Hahn und ErhartLöhnberg7 sowie der Österreicher HerbertBrugger. Hinzu kommen die schon erwähn-ten Hans Koch und Carl Jesinghaus. 1949emigrierte aus noch nicht bekannten Grün-den der Österreicher Robert F. E. Suchaneknach Brasilien (vgl. die Kurzbiographienim Anhang).

Fast alle Psychologie-Emigranten wähl-ten südamerikanische Länder. Die kleinenStaaten Mittelamerikas waren offensicht-lich als Auswanderungsziel wenig attrak-

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Ulfried Geuter und Ramón León

tiv. Mexiko, ein für die politische Emigra-tion bedeutendes Land, soll allerdingseinige Psychologen aufgenommen haben(vgl. Anm. 6). Für die Emigranten, die wirermitteln konnten, waren die entscheiden-den Aufnahmeländer Brasilien und Argenti-nien, die beiden größten und am meistenentwickelten Länder.8 Vergleichende Aus-sagen lassen sich jedoch kaum treffen, dadie Zahl der Emigranten im Verhältnis zuden Ländern zu klein ist.

Abgesehen von diesen Psychologen gabes eine Reihe von Psychiatern, Psychoana-lytikern oder in der Psychologie sehr enga-gierten Philosophen, die nach Lateiname-rika emigrierten. Aber auch bei ihnen giltdas soeben für die Psychologen Gesagte.So wählte zum Beispiel keines von den 47der 50 Mitglieder der Wiener Psychoanaly-tischen Vereinigung, die ab 1938 — undauch schon vor der deutschen Besetzung inder Zeit des Austrofaschismus — Österreichverließen, Lateinamerika als neue Hei-mat,9 einige andere Analytiker, Adlerianerund Freudianer, die nicht zu diesem Kreisgehörten, jedoch schon. Der

AdlerianerZoltan Wiesinger (1909 —1977), ein gebürti-ger Ungar, floh 1940 von Frankreich ausnach Paraguay und ließ sich 1942 auf derzum britischen Kolonialreich gehörenden,westindischen Insel Antigua nieder (Handl-bauer, 1988, 278). Die politisch links einge-stellte Individualpsychologin Alice Rühle-Gerstel (1894 —1943) flüchtete mit ihremMann Otto Rühle über Prag nach Mexiko.Angel Garma (* 1904), ein in Deutschlandzum Psychoanalytiker ausgebildeter spani-scher Arzt, entfloh dem spanischen Bürger-krieg, um über Frankreich und Uruguaynach Argentinien zu gehen (vgl. zu seinenWerken Anon., 1970). Von den ausgewan-derten Analytikern am bekanntesten istwahrscheinlich Marie Langer, eine Österrei-cherin, die über Uruguay nach Argentinienemigrierte und aus politischen Gründenvon dort 1974 nach Mexiko gehen mußte(vgl. „Leben als Versuch...", 1986). Nochbekannter ist natürlich Erich Fromm(1900-1980), der aber 1934 in die USAemigrierte und erst von 1950 bis 1965 alsOrdinarius für Psychoanalyse in Mexiko-Stadt tätig war.

Emilio Mira y López, WalterBlumenfeld und Waclaw Radecki —drei Einzelschicksale

Mira y López, Blumenfeld und Radeckisind diejenigen Emigranten, über die bis-lang die meisten Kenntnisse vorliegen. Vonallen Emigranten in Lateinamerika warMira y López wohl der erfolgreichste.Nachdem er anfangs in Argentinien undUruguay große Schwierigkeiten gehabthatte, eine angemessene professionelle Posi-tion zu finden (darauf kommen wir noch zusprechen), konnte er sich in Brasilien so eta-blieren, daß er zu einer Schlüsselfigur füll -die Entwicklung der modernen brasiliani-schen Psychologie wurde.

Auch wenn Mira auf lateinamerikani-schem Boden geboren wurde, und zwar inSantiago de Cuba, war er doch ein spani-scher Psychologe. Seine Eltern waren Spa-nier, und bis 1939 verbrachte er fast seinganzes Leben in Spanien. UrsprünglichMediziner, leitete Mira an der Universitätvon Barcelona das Institut für Physiologieund daneben ein Institut für Berufsbera-tung. Er wurde vor allem als Psychotechni-ker bekannt. International hatte sich Miraeinen derart bedeutenden Namen machenkönnen, daß er als Präsident des XII. Inter-nationalen Kongresses für Psychologie vor-gesehen war, der 1936 in Madrid tagensollte, wegen des Bürgerkrieges aber nichtin Spanien stattfinden konnte (vgl. Geuter,1984). Nach dem Bürgerkrieg wanderte erüber verschiedene Länder nach Lateiname-rika aus, wo er sich zunächst in Argenti-nien, dann in Uruguay und später in Brasi-lien niederließ. In Rio de Janeiro leitete erdas Institut für Berufsauslese und -beratung(Instituto de Selecao e Orientacao Profissio-nal, ISOP), das seinerzeit sicher bedeutend-ste psychologische Forschungsinstitut La-teinamerikas, an dem die ersten brasiliani-schen Fachleute für angewandte Psycholo-gie ausgebildet wurden.1 1949 gründeteer die Zeitschrift „Brasilianisches Archivfür Psychotechnik" (Arquivos Brasileirosde Psicotécnica, 1970 bis 1978 unter demNamen Arquivos Brasileiros de Psicologíaaplicada erschienen, heute als ArquivosBrasileiros de Psicologia die angesehenstebrasilianische Fachzeitschrift). Eine ent-

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Flucht nach Südamerika

scheidende Rolle spielte er später bei derVorbereitung des brasilianischen Psycholo-gengesetzes von 1962, des wahrscheinlichersten Gesetzes seiner Art in der Welt. Miratrug somit wesentlich zur akademischenInstitutionalisierung der Psychologie in Bra-silien bei.

In der brasilianischen Schaffensperiodeseines wissenschaftlichen Lebens, in derMira eine Vielzahl von Publikationen veröf-fentlichte, arbeitete er seinen bekanntestenBeitrag zur Psychologie aus, den myokineti-schen Test, der auch auf deutsch veröffent-licht wurde (Mira y Löpez, 1965). Beidiesem Test, der aus einem Verfahren zurPrüfung der kinästhetischen Empfindungenvon Pilotenanwärtern in Spanien hervor-ging, werden von einem Probanden beid-händig nachgezeichnete Linien und Figu-ren persönlichkeitsdiagnostisch ausgewer-tet. Bereits 1939 publizierte Mira in der inLima erscheinenden Revista de Neuropsi-quiatria einen Aufsatz, in dem er die grund-legende Theorie und den Gebrauch diesesInstrumentes beschrieb, das später vonvielen lateinamerikanischen Forschernbenutzt wurde.

Nicht weniger interessant als MirasGeschichte ist die Geschichte von WalterBlumenfeld, der unter sehr viel schwierige-ren Bedingungen als Mira in einem Landmit sehr viel spärlicheren Möglichkeitenarbeitete, und zwar in Peru. Blumenfeldhatte sich an der Technische Hochschule inDresden für allgemeine und angewandtePsychologie habilitiert und 1924 eineErnennung zum außerordentlichen Profes-sor erhalten. Da er Jude war, wurde ihm1933 die Lehrbefugnis entzogen. Über dieSchweiz wanderte er nach Peru aus, wo eram 13. August 1935 ankam.' Blumenfeldwar bereits 53 Jahre alt, als er gezwungenwurde, sich an eine neue Sprache, derenGrundlagen er erst auf dem Schiff währendder Auswanderung lernte, und an ein Landanzupassen, in dem zu arbeiten er nie zuvorgedacht hatte. In Deutschland galt seineDissertation „Untersuchungen über diescheinbare Größe im Sehraum" von 1913als eine klassische Studie auf dem Gebietder Psychophysik. Blumenfeld hatte zudemBücher mit den Titeln „Urteil und Beurtei-lung" sowie „Sinn und Unsinn" vorgelegt,

die seinerzeit beachtet, aber in der akademi-schen Psychologie nicht wirklich aufge-nommen wurden, da sie sich nicht in den„mainstream" der Disziplin fügten. Seine„Jugend als Konfliktsituation", nach derEmigration 1936 im jüdischen BerlinerPhilo-Verlag erschienen, wurde vor kurzemneu verlegt (Blumenfeld, 1988).

In Peru konzentrierte Blumenfeld seinepublizistischen Aktivitäten auf dreiGebiete: auf das Erstellen von Einführungs-texten (v.a. eine Einführung in die experi-mentelle Psychologie und eine Psychologieder Berufsausbildung), auf Forschungenüber Fragen, die für das peruanische Erzie-hungswesen und für das Verständnis derJugendlichen in Peru von Bedeutungwaren, und schließlich auf philosophischeThemen. Die Liste seiner Veröffentlichun-gen aus diesen „peruanischen Jahren"beeindruckt durch ihre Länge und ihre the-matische Breite. Sie beeindruckt nochmehr, wenn man die schwierigen Arbeitsbe-dingungen Blumenfelds in Rechnung stellt.Nicht nur, daß die engere akademischeWelt der experimentellen Orientierung desNeuankömmlings reserviert gegenüber-stand, auch die Forschungsmöglichkeitenim Labor waren minimal, die Gehälter nied-rig, die Bibliotheken unzureichend und qua-lifizierte Mitarbeiter gering an Zahl. Hinzukam, daß Blumenfeld auch in Peru mit demAntisemitismus konfrontiert wurde; einerseiner engeren akademischen Kollegen,Honorio Delgado, sprach sich offen für dienationalsozialistische Ideologie aus. 12

Blumenfeld erhielt Einladungen, inCuba, in Argentinien und, an der Seite vonMira y Lopez, am ISOP in Rio de Janeirozu arbeiten; aber er wies sie alle zurück undverblieb in Lima, wo er im Alter von 85Jahren verstarb (vgl. Leön, 1983, 1983 a).

Der dritte Psychologe, über dessenLebensweg wir exemplarisch berichten wol-len, ist der Pole Waclaw Radecki. Ergehörte zu den ersten Emigranten, dieschon in den Zwanziger Jahren nach Süd-amerika gingen. Radecki hatte in Genf beiClaparède gearbeitet und später an derFreien Universität von Warschau Psycholo-gie gelehrt und an der Universität vonKrakau das Laboratorium für Psychologiegeleitet. 1923 kam er nach Rio de Janeiro,

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Ulfried Geuter und Ram6n Lehn

wo er an der Psychiatrischen Klinik des„Hospital do Engenho de Dentro" die Lei-tung des Psychologischen Laboratoriumsübernahm, der ersten brasilianischen For-schungseinrichtung im Bereich der Psycho-logie (Stubbe, 1987, 125). Radecki entwik-kelte ein theoretisches System des „affekti-ven Diskriminationismus", das 1950 zueinem zentralen Thema der Diskussionenauf dem ersten lateinamerikanischen Kon-greß für Psychologie wurde (Lehn, 1981),jedoch ohne Einfluß auf die brasilianischePsychologie blieb (Penna, 1985, 14). Nach-dem 1932 das genannte Laboratorium indas Institut für Psychologie des Erziehungs-ministeriums übergeleitet wurde, verließRadecki Brasilien. Welcher genaue Zusam-menhang zwischen beiden Ereignissenbesteht, wissen wir nicht. Jedenfalls legte,wie Stubbe (1987, 126) berichtet, Radecki1932 „aus politischen Gründen" die Direk-tion nieder. Die folgenden Jahre seinesLebens verbrachte er in Uruguay undArgentinien. In Montevideo organisierteRadecki 1950 den ersten lateinamerikani-schen Psychologenkongreß, und er wollteauch noch einen zweiten organisieren, warzu diesem Zeitpunkt aber schon zu krank(vgl. Leön, 1981).

Die Aufnahme der Emigrantenin Lateinamerika

Die drei Fälle weisen bereits darauf hin,welche für europäische Wissenschaftlerungewohnten Schwierigkeiten die Emigran-ten in Lateinamerika antrafen. Sie mußtensich nicht nur in einer neuen Kultur, in denVerhältnissen eines anderen und armenKontinentes zurechtfinden, sondern siemußten auch darumkämpfen, daß sie eineihrer bisherigen Tätigkeit entsprechendeberufliche Position erhalten konnten.

Vor allem der Aufnahme einer Tätigkeitan einer Hochschule stellten sich viele Hin-dernisse entgegen. Rudolf Dreikurs (1973)berichtet zum Beispiel in seiner Autobiogra-phie, daß er Brasilien deswegen in Rich-tung USA verließ, weil sein Doktor-Titelnicht anerkannt wurde. Walter Blumenfelderhielt von der philosophischen Fakultätder Universität San Marcos in Lima

zunächst die erstaunliche Auskunft, ermüsse einen Doktor dieser Universität nach-weisen, um an ihr unterrichten zu können.Im Laufe seiner Tätigkeit hatte Blumenfelddann immer wieder mit enormen finanziel-len Schwierigkeiten zu kämpfen. Institutio-nelle Unsicherheiten kamen hinzu. Sowurde zum Beispiel das 1935 gegründete„Institut für Psychologie und Psychotech-nik der Universität", dessen erster LeiterBlumenfeld war, 1939 wieder aufgelöst.Blumenfeld fand erst nach einigem Hinund Her in der naturwissenschaftlichenFakultät (Facultad de Ciencias) eine neueHeimat (vgl. Leön, 1973, 71 f.). Mira yLópez wollte sich in Argentinien niederlas-sen, mußte sich aber aufgrund der Arbeits-bedingungen 1945 entschließen, nach Brasi-lien zu gehen. Mehrfach beklagte er in Brie-fen an Walter Blumenfeld seine Schwierig-keit, in Lateinamerika eine angemesseneprofessionelle Stellung zu finden. Am 4.Juli 1941 schrieb er zum Beispiel ausBuenos Aires:

Ich bin wirklich Ihr Kollege aus Barcelona, jetztnach dem spanischen Bürgerkrieg hierher geflo-hen, in dem wir alles verloren haben, außer derEhre und dem Leben. Ich arbeite als Psychologein einem besonderen Sanatorium (für Geistes-krankheiten) und gebe freie Kurse in Psychothe-rapie, Psychiatrie und Psychologie. Ich sammleVersprechen für öffentliche Ämter, aber nochimmer habe ich keine Stelle an der Universität,und die Anerkennung meines Arzt-Titels gelangmir auch nicht. 13

Die Emigranten waren damit konfron-tiert, daß sich die Psychologie in Lateiname-rika vergleichsweise weniger institutionali-siert hatte. Margaret Hall (1946, 460)berichtet, daß Mitte der vierziger Jahre inganz Südamerika nicht eine Universitäteine vollständige Ausbildung für den Berufdes Psychologen anbot, den es als eigen-ständigen Beruf auch noch gar nicht gab.

Politische Schwierigkeiten kamen hinzu.Von der großen Politik aus Europa vertrie-ben, hörte es für viele Emigranten in Latein-amerika nicht auf, daß die politischen Ver-hältnisse unmittelbar in ihre beruflicheArbeit hineinwirkten. Ein besonders kras-ses Beispiel ist das von Erhart Löhnberg.Als er 1938 nach Bolivien emigrierte, unter-richtete er als Physiklehrer an einem staatli-

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Flucht nach Südamerika

chen Gymnasium und einer Mädchen-schule in der Provinzhauptstadt Tarija. Dortlebten „einige Auslandsdeutsche, die alsAnhänger des NS-Regimes ihren ganzenEinfluß aufboten, um Löhnberg zu schika-nieren und aus der Mädchenschule zu ent-fernen, so daß sein Einkommen kaum nochdas Existenzminimum garantierte. Wegender Schikanen und Diffamierungen durchauslandsdeutsche Nazis, aber auch durchbolivianische Behörden, legte Löhnbergschließlich 1944 sein Lehramt nieder undzog nach La Paz, wo er sich sicherer undfreier fühlte." (von zur Mühlen, 1988, 94)

Mercedes Rodrigo war mit der Zusiche-rung für eine Stelle an die Nationaluniversi-tät nach Kolumbien gekommen. Als sichaber im Zuge politischer Unruhen strei-kende Studenten auch massiv gegen psy-chologische Tests wandten, sah sich Rod-rigo gezwungen, ihre akademische Tätig-keit in Kolumbien aufzugeben (vgl. Ardila,1988). Sie ging daraufhin nach PuertoRico. Oliver Brachfeld verlor 1954 seineStelle als Professor in Caracas, als nacheinem Staatsstreich das Institut, an dem erarbeitete, geschlossen wurde.

Daß sich ein gerade angekommener Wis-senschaftler in seinem neuen Gastlandwohlfühlen konnte, dafür spielte es aucheine Rolle, ob er auf eine Atmosphäre desEntgegenkommens stieß oder nicht. WalterBlumenfeld wies zum Beispiel in seinerKorrespondenz mit verschiedenen Perso-nen, unter anderem mit dem Präsidentender Argentinischen Psychologen-Vereini-gung, Enrique Mouchet, immer wiederdarauf hin, welche außerordentlichenSchwierigkeiten er mit seinen Kollegen ander Universität San Marcos hatte, undnannte die dortigen Professoren HonorioDelgado und Mariano Iberico mehrfachseine Feinde, die beide die Psychologienoch als Teil der Philosophie verstandenund daher der experimentellen MethodikBlumenfelds mit großer Skepsis gegenüber-standen (León, 1983, 69). In einem Brief anBettina Katzenstein vom 20.1.1955 schrieber, daß er nie das Gefühl verloren hätte, inLima auf einem „Isolierstuhl" zu sitzen. 14

Aber so isoliert und ohne Einfluß, wieBlumenfelds Klage klingt, waren die Emi-granten nicht. Es gelang Blumenfeld auch,

eine Gruppe von Schülern um sich zu scha-ren und die experimentelle Psychologie inPeru bekannt zu machen. Und Mira yLópez konnte, wie schon erwähnt, in Brasi-lien eine die Entwicklung der Psychologieprägende Aktivität entfalten (vgl. Stubbe,1987, 139 & 144).

Ein Faktor des Einflusses der Emigran-ten in Lateinamerika ist das Ausmaß, indem ihr wissenschaftliches Werk bekanntwurde. Wenn man an den außergewöhnli-chen Fall von Erich Fromm denkt, der ineinigen seiner Studien auch die mexikani-sche Gesellschaft behandelte, kann manerkennen, welche Verbreitung das Werkeines Emigranten finden kann. Aber keinPsychologe erreichte eine solche Publizität,was sicher vor allem am Inhalt dessen liegt,mit dem sie sich in ihren Forschungenbeschäftigten. Nehmen wir wieder den Fallvon Walter Blumenfeld. Der normale perua-nische Psychologe kennt den größeren Teilseines Werkes schon allein aus dem Grundenicht, weil er nicht ins Spanische übersetztwurde. Aber auch seine spanischsprachige„Einführung in die experimentelle Psycho-logie" (1945) war nicht allzusehr verbrei-tet, auch nicht außerhalb Perus. Allein inArgentinien scheint das Buch mehr beach-tet worden zu sein, denn die UniversitätTucumán berief Blumenfeld auf eine Profes-sur, die er jedoch ablehnte. Auch MercedesRodrigo konnte mit ihrer „Einführung indas Studium der Psychologie" (Introduc-ciön al estudio de la psicologfa, 1949)keine größere internationale Resonanzerzielen.

Orientierung auf die Anwendungder Psychologie

Die Emigranten kamen auf dem Gebiet derpsychologischen Theorie Zeit ihres Wir-kens in Lateinamerika nicht zu breiter inter-nationaler Beachtung. Dazu hat sicher bei-getragen, daß es nicht die großen Theoreti-ker der europäischen Psychologie waren,die sich in Lateinamerika niederließen.Emilio Mira y López zum Beispiel, derinternational sicher bekannteste Emigrant,hatte zwar einen Ruf als Psychotechniker,aber nicht als systematischer Theoretiker.

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Ulfried Geuter und Ramón León

Er hatte sich schon in Spanien auf die ange-wandte Psychologie orientiert. Einigesspricht dafür, daß die meisten Emigrantenbei ihrer wissenschaftlichen Arbeit inLateinamerika mehr in die Richtung einerAnwendung der Psychologie gingen.Walter Hahn beschäftigte sich in Peru mitden psychologischen Auswirkungen desLebens in außergewöhnlichen Höhenlagen;Walter Blumenfeld wandte sich mehr als inDeutschland Fragen der Psychometrik undTestkonstruktion zu; Mira y López war beiseinem zweijährigen Aufenthalt in Uru-guay mit der Adaptation psychologischerTests, vor allem solcher für Schulkinder,beschäftigt; Helena Antipoff wurde insbe-sondere für die Entwicklung von Testverfah-ren für Kinder bekannt; Béla Székely publi-zierte ein dreibändiges Werk über psycholo-gische Tests, um einige Beispiele zu nen-nen. Wir finden hier Parallelen zu einer Tat-sache, die Ash (1985) für die Rezeption deremigrierten Gestaltpsychologie in den USAfeststellte, nämlich daß der Kontext derRezeption einer Theorie diese selber verän-dert: Die Gestaltpsychologie ging in denUSA als Theorie mit breitem philosophi-schen Anspruch verloren, und ihre Einzeler-kenntnisse wurden in den Fundus des allge-mein-psychologischen Wissens aufgenom-men. Wahrscheinlich würde eine genauereUntersuchung der Werke der Emigranten inLateinamerika zu dem Ergebnis führen,daß die neuen Verhältnisse zu einem neuenSchwerpunkt ihrer wissenschaftlichenTätigkeit in der angewandten Psychologie,möglicherweise vor allem in der Testpsy-chologie führten.

Auffallend viele Emigranten verbandendie akademische mit einer praktisch-psy-chologischen Tätigkeit. Manche arbeitetenzunächst außerhalb der Universität, um erstspäter akademische Verpflichtungen anzu-nehmen. In Brasilien engagierte sich Bet-tina Katzenstein maßgeblich in den Berei-chen Vorschulerziehung und Berufsbera-tung; Helena Antipoff arbeitete mit geistigBehinderten, mit Jugendlichen, in der Leh-rerbildung und als Professorin für Pädagogi-sche Psychologie; Aniela Meyer-Ginsbergverband über Jahre hinweg die Tätigkeit ander Universität mit der Leitung einesBerufsberatungszentrums. In Peru war

Hans Hahn nicht nur als Psychologie-Pro-fessor tätig, sondern auch als Leiter ver-schiedener psychotechnischer Einrichtun-gen in Industrie und Militär. In Argentinienwirkte Herbert Brugger vor allem auf denGebieten der Psychotechnik und Berufsbe-ratung; Jesinghaus hatte hier die Idee fürein „Institut für Psychotechnik und Berufs-beratung" entwickelt, das auf ministeriellenErlaß hin 1925 geschaffen wurde.

Für diese Hinwendung der Emigrantenzur angewandten Psychologie bieten sicheinige Erklärungen an. Im Fall von Argenti-nien kann man darauf verweisen, daß diesehr früh institutionalisierte akademischePsychologie von vornherein in einemengen Bezug zu praktischen Fragen stand,vor allem zur Lehrerausbildung (vgl.Papini, 1976, 1978; Psicología, 1960). Ander „Escuela Normal de ProfesoresMariano Acosta", einer Einrichtung derLehrerbildung, wurde schon 1904 eineexperimentalpsychologische Versuchsstellegeschaffen, nur zwei Jahre nach der Einrich-tung der ersten Universitätsprofessur fürPsychologie. Als Krueger 1906 auf einezweite Professur berufen wurde, übernahmer zur gleichen Zeit das neu gegründete Psy-chologische Laboratorium des „Institut()Nacional del Profesorado Secundario", dassich der Ausbildung der Lehrer HöhererSchulen widmete. Ob Ähnliches für andereLänder gilt, müßte noch untersucht werden.

Für die auffallende, berufspraktischeOrientierung der Emigranten dürften zweiweitere Gründe ausschlaggebend gewesensein: Die Universitätsgehälter waren füreine angemessene Existenz meist nicht aus-reichend, so daß — wie es heute noch Psy-chologie-Professoren in lateinamerikani-schen Ländern tun müssen — eine Nebentä-tigkeit wirtschaftlich zwingend wurde. 15Zudem waren die Emigranten sozusagenüber Nacht mit einem völlig neuartigensozialen und kulturellen Ambiente konfron-tiert, dem Ambiente armer und im Verhält-nis zu Europa unterentwickelter Ländervoller sozialer Spannungen und Probleme.Vielleicht hat diese Tatsache dazu beigetra-gen, daß sie ihre wissenschaftliche Kennt-nisse mehr in den Dienst eines, wie immerverstandenen, sozialen Fortschritts stellenwollten.

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Flucht nach Südamerika

Anhang: Kurzbiographien

ANTIPOFF Helena, 1892-1974, russischePsychologin, Studium in London, Paris undGenf, 1925 ein Jahr als Erzieherin in Ber-lin, 1926 nach Genf als Assistentin vonClaparède, 1929 Emigration nach Brasilien,zunächst Tätigkeit in der Lehrerausbildungin Belo Horizonte, Minas Gerais (Escola deAperfeicoamento para Professores), Profes-sorin für Pädagogische Psychologie an derUniversidade Federal de Minas, 1946 Grün-dung des „Centro de Orientacao Juvenil" inRio de Janeiro, Tätigkeit im DepartamentoNacional da Crianca des Ministeriums fürErziehung und Gesundheit, Gründung desInstituto Pestalozzi in Belo Horizonte undArbeit mit geistig Behinderten in der„Fazenda do Rosário". Quelle: Antipoff,1975; Franca e Silva & Galland de Mira,1974; Stubbe, 1987, 141; Veloso, 1976.

BLUMENFELD Walter, 1882-1967, Stu-dium an der Technischen Hochschule inBerlin-Charlottenburg, Dipl.Ing. 1905,1905 —1908 Ingenieur bei der AEG-Berlin,Studium an der Universität Berlin, Dr.phil.1912, 1920 Habilitation für allgemeine undangewandte Psychologie an der Techni-schen Hochschule Dresden, 1924 Ernen-nung zum außerordentlichen Professor,1933 Entzug der Lehrbefugnis, 1935 Emi-gration über die Schweiz nach Peru, Profes-sor an der Universidad Nacional Mayor deSan Marcos in Lima, 1950 (oder 1949?)Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaftfür Psychologie. Quelle: Geuter, 1986, 146f.; León, 1983.

BRACHFELD Oliver, 1908-1967, gebürti-ger Ungar, Studium in Wien, Budapest undParis, 1930 Promotion in Budapest,1931-1936 Arbeit als Übersetzer, Verlegerund Lehrbeauftragter in Barcelona, danachin verschiedenen anderen Ländern, 1951Professor an der Universidad de los Andesin Mérida, Venezuela, 1952-1954 Profes-sor in Caracas, 1954 Präsident der Interame-rikanischen Gesellschaft für Psychologie,1954 —1956 Psychotherapeut und freierDozent, 1956 Emigration nach Spanien, bis1960 dort als Schriftsteller, 1960-1965Lehrauftrag an der Universität Münster,danach zurück nach Lateinamerika. Quelle:

Metzger, 1968; Stubbe, 1989; Journal ofIndividual Psychology, 24, 1968, 124 f.

BRUGGER Herbert, 1896— ?, Österrei-cher, Dr.phil. in Innsbruck 1928, 1935 Emi-gration nach Italien, 1937 oder 1938 Emi-gration nach Argentinien, dort Professorund Direktor des Instituts für Psychotech-nik und Berufsberatung in Buenos Aires,1958 Direktor des Laboratoriums für Psy-chotechnik des Instituto Nacional de Bioti-pologia y Materias Afines. Quelle: Geuter,1986, 257; Psicología, 1960, 540 f.

CAMPOS Francisco, keine Lebensdatenermittelt, offensichtlich 1983 verstorben,spanischer Psychologe, emigrierte nachBrasilien und arbeitete am Institut fürBerufsauslese und -beratung (ISOP) in Riode Janeiro. Quelle: Germain, 1983.

HAHN Hans, 1900— ?, verstorben, Deut-scher, 1922-1924 Assistent am Psychologi-schen Institut der Handelshochschule Nürn-berg, 1922-1933 Praxis für Psychothera-pie, Dr.phil. in Heidelberg 1923, 1933 Emi-gration nach Belgien, wissenschaftlicherAssistent am Institute des Hautes Etudes inBrüssel, 1938 Emigration nach Peru, Profes-sor und Direktor des Instituts für experimen-telle Psychologie der Universität Trujillo,1939 —1950 Professor und später Direktorder Abteilung für angewandte Psychologieund Anthropologie an der UniversidadNacional Superior in Lima, Dozent in derwirtschaftswissenschaftlichen Fakultät derUniversität San Marcos, Leitung des Labo-ratoriums für Psychologie am Institut fürAndenbiologie in Lima, 1950 Emigrationin die USA, bis 1965 Professor und Insti-tutsleiter am Transylvania College, Lexing-ton, Kentucky, ab 1965 GeschäftsführenderDirektor an der Psychologischen Abteilungdes State Hospital in Trenton, New Jersey,und Direktor in Klinischer Psychologie ander Woodbridge State School. Quelle: Geu-ter, 1986, 265; Hall, 1946, 455 f. & 475;Strauss & Röder, 1983, 450.

JESINGHAUS Carl, 1886 —1948, Studiumin Leipzig, Dr.phil. 1911, 1911-1913 Assi-stent bei Krueger in Halle, 1913 Professorfür Philosophie und Psychologie am Natio-nalen Lehrerinstitut in Buenos Aires (Insti-tut° Nacional del Profesorado Secundario)

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Ulfried Geuter und Ramón León

und Leiter des dortigen Laboratoriums fürPsychologie, 1920-1925 Professor für Phi-losophie und Psychologie, Universidad delLitoral, Paraná, Argentinien, 1922 Profesorsuplente, Facultad de Filosofia y Letras,Buenos Aires, 1925-1931 Direktor desInstituts für Psychotechnik und Berufsbera-tung (Instituto de Psicotécnica y de Orienta-ción Profesional), 1939-1945 Professorfür Philosophie, Pädagogik und Psycholo-gie an der Universität Würzburg, nach demKrieg zurück nach Buenos Aires. Quelle:Geuter, 1986, 183.

KATZENSTEIN, Bettina, 1906 — ?, 1927 —1933 wissenschaftliche Hilfsassistentin beiWilliam Stern am Psychologischen Institutder Universität Hamburg, Dr. phil. in Ham-burg 1931, 1933 entlassen, Arbeit alsRechtsanwaltsgehilfin, 1935 vorüberge-hende Festnahme, Emigration in dieSchweiz, 1936 nach Brasilien, 1936-1941Assistentin am Psychologischen Laborato-rium des Pädagogischen Institutes in SäoPaulo, 1941-1951 Direktorin der Psycholo-gischen Klinik für Vorschulkinder des Cru-zado Pro-Infancia, 1946 Professorin fürKinderpsychologie an der Universität SäoPaulo, ab 1946 zugleich Tätigkeit in derPersonalauslese und Berufsberatung alsDirektorin im Servico Nacional de Aprendi-zagem Industrial, Mitarbeiterin im Institutfür rationelle Arbeitsorganisation (Institutode Organizacäo Racional do Trabalho),1950-1953 Direktorin der Abteilung fürVorschulpädagogik des Staates Säo Paulo,ab 1954 verschiedene Dozenturen in SäoPaulo, 1960/61 Gastprofessorin für ange-wandte Psychologie an der Universität Frei-burg, 1976-1980 Professorin an der Uni-versität Säo Paulo. Quelle: Geuter, 1986,186; Hall, 1946; Strauss & Röder, 1983,603.

KOCH Hans, 1897-1979, Schulbesuchund Studium in Berlin, 1922-1927 Assi-stent am Vinderen Laboratorium, Institutfür Rassenhygiene und Erbbiologie inOslo, Dr. phil. in Berlin 1927, 1928-1933Assistent am Physiologischen Institut derUniversität Leipzig, Mitbegründer und1932/33 Vorstandsmitglied der Gesell-schaft für Rassenhygiene in Leipzig,

1933-1935 Assistent am PsychologischenInstitut der Universität Würzburg, ab 1935Assistent am Psychologischen Institut derUniversität Rostock, 1936 Habilitation fürPhilosophie in Würzburg, 1937 Dozent fürPsychologie in Rostock, seit 1939 dort Lei-tung des Psychologischen Instituts, nachdem Krieg nach Buenos Aires, zunächstTätigkeit für eine Regierungsinstitution,dann Professor für Arbeitspsychologie ander Universidad Católica Argentina inBuenos Aires. Quelle: Geuter, 1986, 190;Auskunft Dr. Hugo Vezzetti vom 12. Juli1989.

LÖHNBERG Erhart, 1903 — ?, gebürtigerDeutscher, Dr. phil. Berlin 1933, 1937 Emi-gration in die Schweiz, von dort nach Bel-gien, Ausbildung zum Maschinenschlosser,1938 Emigration über Frankreich nach Boli-vien, Arbeit als Gymnasiallehrer in Tanja,1944 nach La Paz, 1958 Rückkehr in dieBundesrepublik Deutschland. Quelle: vonzur Mühlen, 1988, 94; Stubbe, 1989.

MEYER-GINS BERG Aniela, polnischePsychologin, Promotion in Psychologie ander Universität Warschau 1933, danachzweijährige Tätigkeit am Laboratorium fürBerufsberatung der Stadt und einjährigesVertiefungsstudium in Deutschland, 1936Emigration nach Brasilien, Leitung desLaboratoriums für Sozialpsychologie ander Schule für Soziologie und Politik inSäo Paulo, seit 1940 Tätigkeit am Institutfür Psychologie der Erziehung der Universi-tät Säo Paulo, von 1940 bis 1958 Leitungeines Berufsberatungszentrums in SäoPaulo, Mitarbeiterin der Abteilung „Aus-lese" des Servico Nacional de Aprendiza-gem Industrial (Nationaler Dienst für indu-strielle Lehre) und des Instituto de Organi-zacäo Racional do Trabalho (Institut fürrationelle Arbeitsorganisation), seit 1948zugleich im wissenschaftlichen Mitarbeiter-stab des Instituts für Berufsauslese und-beratung (ISOP) in Rio de Janeiro, 1950Wechsel zum Institut für Psychologie derPäpstlichen Universität von Säo Paulo, seit1959 Vizedirektorin der neugeschaffenenPsychologischen Klinik dieses Instituts,später Vizedirektorin des Instituts. Quelle:Anon., 1985; Hall, 1946, 448.

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Flucht nach Südamerika

MIRA Y LÓPEZ Emilio, 1896-1964, ge-boren in Kuba, Arzt, Direktor des Institutsfür Berufsberatung in Barcelona, 1939 Emi-gration über Frankreich, England, USA,Kuba, Argentinien und Uruguay nach Brasi-lien, in Uruguay zwei Jahre Leitung einesForschungsprojektes zur Testadaptation,1945 Ankunft in Brasilien, 1947 Gründungund Leitung des Instituts für Berufsausleseund -beratung (Instituto de Selecao e Orien-tacao Profissional) in Rio de Janeiro, Grün-dung der Brasilianischen Vereinigung fürPsychotechnik und der Zeitschrift „Brasilia-nisches Archiv für Psychotechnik" (Arqui-vos Brasileiros de Psicotécnica). Quelle:Ardila, 1986, 43ff., Hall, 1946, 458.

OLMO Francisco del, spanischer Psycho-loge, Emigration nach Venezula.

RADECKI Waclaw, 1887 —1953, polni-scher Psychologe, Studium in Krakau, Flo-renz und Genf, Dr. phil. in Genf 1911,1912-1914 Tätigkeit am Laboratorium fürPsychologie der Universität Krakau,1915-1917 Direktor des Laboratoriumsfür Psychologie an der Freien PolnischenUniversität in Warschau, nach dem KriegTätigkeit im Bereich der Höheren Schulbil-dung und als Professor an der Fakultät fürPsychologie der Freien Polnischen Univer-sität, 1923 Emigration nach Brasilien, fürkurze Zeit Dozent für Allgemeine Psycholo-gie an der Juristischen Fakultät der Univer-sität Curitiba, 1923 —1932 Leitung des Psy-chologischen Laboratoriums der Psychiatri-schen Klinik des „Hospital do Engenho deDentro" in Rio de Janeiro, ab 1933 Dozentan den Universitäten von Montevideo, Uru-guay, und Buenos Aires, Argentinien, 1936Gründung des Zentrums für Psychopädago-gische Studien in Buenos Aires (ab 1948:Institut für Psychologie), 1944 Gründungdes Zentrums für Psychologische Studienund der Psychologischen Hochschule(Escuela Profesional de Psicología) in Mon-tevideo. Quelle: Ardila, 1986, 39 ff.;Stubbe, 1987, 125 f.

RODRIGO Mercedes, 1891-1982, Spanie-rin, Emigration nach Kolumbien, Professo-rin an der Universidad Nacional vonBogotá, 1939 dort Gründung der psycho-technischen Abteilung in der medizini-

schen Fakultät, später Umsiedlung nachPuerto Rico. Quelle: Ardila, 1988; Hall,1946, 453.

SUCHANEK Robert Franz Emil, 1905--1977, österreichischer Psychologe, Stu-dium in Wien und Zürich, 13jährige Tätig-keit in der Jugend- und in der Arbeitsver-waltung in Wien, 1949 Emigration nachBrasilien, Tätigkeit im Nationalen Dienstfür industrielle Lehre in Säo Paulo (ServicoNacional de Aprendizagem Industrial), seit1951 Leiter der Abteilung für Lebens- undBerufsberatung im Institut für Berufsaus-lese und -beratung (ISOP) in Rio deJaneiro, ab 1954 dort Leitung der Abtei-lung für Psychomotorik und ab 1959 derFahrerauslese. Quelle: Persönliche Mittei-lung von Alice Galland de Mira vom 26.Juli 1988.

SZÉKELY 13é1a, 1892-1955, ungarischerPsychologe und Psychoanalytiker, 1938Emigration nach Argentinien, Chefredak-teur der ungarisch-sprachigen Zeitung„Jövö", Gründung des Instituto SigmundFreud, lebte auch in Chile und Brasilien,1954 Gründung des Psychologischen Insti-tuts an der Universidad Catölica de San-tiago in Chile. Quelle: Ardila, 1986, 46 f.,Stubbe, 1988, 1989.

WOYNO Wladimiro, 1900 —1977, gebürti-ger Russe, Studium in Berlin und Löwen,Belgien, Dr. phil., emigrierte 1930 nachKolumbien, 1935 Gründung einer psycholo-gischen Abteilung am Colegio Barranquillapara Varones in Barrranquilla, 1956 Institutfür Psychologische Studien und Berufsbera-tung beim Erziehungsministerium inBogotá, 1963 Gründung der EdicionesPedagógicas Latino-Americanas (für Ausar-beitung, Übersetzung und Adaption vonTests), Lehrtätigkeit an verschiedenenErziehungseinrichtungen und Universitä-ten, 1975 Dekan der Fakultät für Psycholo-gie der Universidad Metropolitana. Quelle:González, 1977.

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Reichmayr, J., 1987, „,Anschluß` und Aus-schluß. Die Vertreibung der Psychoanalytikeraus Wien", in F. Stadler (Hg.), VertriebeneVernunft I. Emigration und Exil österreichi-scher Wissenschaft 1930-1940, Wien, Mün-chen: Jugend und Volk, 123-181.

Rodrigo, M., 1949, Introducción al Estudio de laPsicología, Bogotá: Universidad Nacional deColombia.

Strauss, H.A. & Röder W. (Hg.), 1983, Biogra-phisches Handbuch der deutschsprachigenEmigration nach 1933, Bd. II: The Arts,Sciences, and Literature, München, NewYork, London, Paris: Saur.

Stubbe, H., 1987, Geschichte der Psychologie inBrasilien. Von den indianischen und afrobrasi-lianischen Kulturen bis in die Gegenwart, Ber-lin: Dietrich Reimer.

Stubbe, H., 1988, "Béla Székely (1.6.1892-9.12.1955) — Ein ungarischer Psychologie-Pionier in Lateinamerika", in VII. EuropeanCheiron Conference, Budapest, Sept. 1988,Budapest: Institute of Psychology of the Hun-garian Academy of Sciences, Manu-skriptdruck, 598-606.

Stubbe, H., 1989, „Zur Rezeption der deutsch-sprachigen Psychologie in Lateinamerika",Manuskript.

Veloso, E.D., 1976, „Helena Antipoff, psicologa", Arquivos Brasileiros de PsicologíaAplicada, 28 (H. 1) , 101-107.

Anmerkungen

'Überarbeitete Fassung eines Vortrages mit demTitel „Al otro lado del mundo: Notas sobre losemigrantes europeos en la Psicología Latino-americana", gehalten auf der 1. Tagung fürlateinamerikanische Geschichte der Psycholo-gie in Rio de Janeiro, April 1988 (I semináriode História Latino-Americana da Psicología).

Wir danken Herrn Professor Dr. RubenArdila, Bogotá, Frau Alice Galland de Mira,Rio de Janeiro, Frau Professor Dr. Maria doCarmen Guedes, Säo Paulo, Herrn Dr. H.Jürgen Kagelmann, München, und Herrn Dr.Hugo Vezzetti, Buenos Aires, für Ihre Hilfenund Hinweise.

2In keinem lateinamerikanischen Land gibt esein psychologiegeschichtliches Archiv. Auchfehlen weitgehend Kompendien, auf Grundderer sich auf einfache Weise Daten zusammen-tragen lassen. Dieses Problem bitten wir denLeser gerade auch bei den von uns mitgeteiltenKurzbiographien zu berücksichtigen.

3 Ähnliches ereignete sich in Chile. Hier wurdeGuillermo Mann, Professor am PädagogischenInstitut der Universidad de Chile, 1908 damitbeauftragt, für die Gründung eines experimen-talpsychologischen Laboratoriums die notwen-digen Apparate in Deutschland zu besorgen(Stubbe, 1989).

4Der Zeitpunkt dieser Vorträge wird unterschied-lich datiert. Jaeger (1987, 1) gibt 1930 für Uru-guay und 1932 für Argentinien und Brasilienan, während Stubbe (1987, 141) unter Beru-fung auf eine brasilianische Quelle von einemAufenthalt Köhlers in Rio de Janeiro und SäoPaulo im Jahre 1930 berichtet.

5 Daher rechnen wir im Unterschied zu Stubbe(1989) Hans Ludwig Lippmann nicht als Emi-granten, der im Alter von 15 Jahren emigrierteund später Professor der Psychologie wurde.

6Diaz Guerrero (1981, 129) nennt als spanischeFlüchtlinge in der mexikanischen Psychologienoch die Namen Del Roncal, Gaos, GarciaBacca, Imaz, Nicol, Roura-Parella und Xirau;wir konnten nicht verifizieren, ob es sich hierum Personen handelte, die bereits als Psycholo-gen emigrierten.

7 Löhnberg wird bei von zur Mühlen (1988, 94)erwähnt, der schreibt, er sei „von der Ausbil-dung her Naturwissenschaftler, Soziologe undPsychologe" gewesen; im Register des Bucheswird Löhnberg als Sozialwissenschaftlerbezeichnet. Löhnberg promovierte jedoch 1933mit einer Arbeit über „Die Typen der Nachah-mung bei den primitiven Völkern", die im„Archiv für die gesamte Psychologie" (Bd. 88,77-130) veröffentlicht wurde (vgl. Geuter,1987, 89). Daher rechnen wir ihn zu den Psy-chologen-Emigranten.8Für die deutsche, vor allem jüdische Emigra-tion war Argentinien insgesamt das bedeutend-ste Aufnahmeland, gefolgt von Brasilien undChile, das besonders nach 1939 Emigranten ein-reisen ließ, um den durch ein Erdbeben zerstör-ten Süden zu besiedeln (von zur Mühlen, 1988,45 ff.)

36 Psychologie und Geschichte

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Ulfried Geuter und Ramón León

9Vgl. die Aufstellung bei Reichmayr, 1987, 142ff.

'°Unter der Abkürzung ISOP wird noch heutedas „Institut° Supertor de Estudos e PesquisasPsicossociais" der Fundacao Getúlio Vargasgeführt, sozusagen das Institut für höhere psy-chologische Studien der brasilianischen Wis-senschaftsakademie.

León, 1983, 71; irrtümlich wird bei Geu-ter, 1986, 147, das Jahr 1936 angegeben.

12Gonzáles (1985) spricht in diesem Zusammen-hang von einer „Verschwörung des Schwei-gens" gegenüber dem Werk von Blumenfeld.13Aus dem persönlichen Nachlaß von Blumen-feld, Original in spanisch, unsere Überset-zung. Dieser Nachlaß befindet sich in privaterHand in Lima. Ein großer Teil davon wurdeeinem von uns (R. L.) von den Nachfahren Blu-menfelds überlassen.

14Persönlicher Nachlaß; vgl. Anmerkung 13.

15von zur Mühlen (1988, 89 ff.) berichtet, daßviele emigrierte Geisteswissenschaftler inLateinamerika auf einen anderen Beruf umstei-gen mußten, Naturwissenschaftler, Techniker,Mediziner und Ökonomen hingegen in ihremBereich mehr Chancen hatten.

Margaret Hall schrieb seinerzeit in ihremausführlichen und kenntnisreichen Überblicküber die Lage der Psychologie in Südamerika:„It is customary for professors in South Ame-rica to have several positions. A university isseldom able to pay a professor a full timesalary adequate to maintain him and hisfamily. For that reason, university teaching isonly one part of a professor's activities. Hemay have a private practice, may be an thestaff of other organizations or may teach psy-chology or other subjects in other educationalinstitutions such as normal schools or schoolsfor social service, or may have other types ofwork even more removed from his universitycareer" (1946, 464f. )

Die Autoren:

Dr. Ulfried Geuter, Martin-Luther-Str. 78, 1000 Berlin 62

Dr. Ramón León, Alameda de los Bobos 243-D, Lima, 25, Peru.

1. Jahrgang Heft 4 37