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Freiberger Mathematische SemesterBlätter Studienjahr 2005/2006 ISSN 1433-9056 Das Imaginäre und seine praktische Anwendung Eine Variable mit 2 Werten und ein Kriminalfall -1

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Freiberger Mathematische

SemesterBlätterStudienjahr 2005/2006

ISSN 1433-9056

Das Imaginäre und seinepraktische Anwendung

Eine Variable mit 2 Werten und ein Kriminalfall

�1

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InhaltAus der ForschungRiemann-Hilbert Probleme als mathematischesForschungsgebietDie Mystik des Imaginären und die Funktionentheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Geometrie der Rotationen – Geometrievon Quaternionen auf der KugelMathematische Beschreibung von Rotationen undihre Anwendung in der Geoinformatik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufenund wie Boolesche Gleichungen dabei helfenkönnenEine kriminalistische Aufgabenstellungund ihre Lösung mit 0 und 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Statistische Untersuchungen in derPorenbetonforschungEin Beitrag der Statistik zur Erhöhung der Festigkeitvon Baustoffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Neu an unserer FakultätVirtuelle Realität und MultimediaEine neue Professur am Institut für Informatik, einerweitertes Lehr- und Forschungsangebot. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Die StudenteneckeInformations-Besuch bei InfineonEin Einblick in das Studentenleben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Historische NotizenG. A. Zeuner, ein großer Thermodynamiker,Statistiker und HochschulreformerHeute eher eine Seltenheit – ein Wissenschaftler,der auf vielen Gebieten Großes vollbracht hat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Unser Buchtipp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Wir empfehlen lesenswerte Bücher, die die Mathe-matik auch von der unterhaltsamen Seite zeigen

IMPRESSUMHerausgeber: Fakultät für Mathematik und Informatik

TU Bergakademie Freiberg09596 Freiberg

Redaktion: Dr. Andreas BellmannInstitut für Stochastik unter Nutzungvon Beiträgen aus den Instituten derFakultät für Mathematik und Informatik

Idee/Design: Dr. Andreas BellmannGestaltung/Satz: Dipl.-Dok. (FH) Brita SchlegelGesamtherstellung: Medienzentrum der

TU Bergakademie Freiberg

FMSB 2006 Inhalt

Wie wichtig ist die Mathematikin unserer heutigen Zeit?

Die rasante Entwicklung in der Informationstechno-logie hat einen zusätzlichen Bedarf an Mathemati-kern entstehen lassen. Wir leben in einer mathema-tisierten Arbeitswelt: In jedem Mobiltelefon, Parkleit-system, Computertomografen oder Rechnernetz-werk steckt Mathematik, auch Risikomanagementgewinnt an Bedeutung. Entsprechend vielfältig sinddie Berufsperspektiven. Mathematiker arbeiten beiBanken und Versicherungen, in der Markt- und Mei-nungsforschung, in Unternehmensberatungen, inder öffentlichen Verwaltung, in der medizintechnikund der pharmazeutischen Forschung.

Die Bundesagentur für Arbeit bescheinigt Mathe-matikern nach wie vor gute Berufsaussichten mitsteigender Tendenz.

Beim neuesten Ranking des Centrums für Hoch-schulentwicklung ergab sich für unsere Fakultät eineerfreuliche Positionierung.

Quelle: Die Zeit – Studienführer 2006/07

Stellen Sie sich vor, wie unsere Welt aussehenwürde, wenn es keine Mathematik gäbe?In unseren Freiberger Mathematischen Semester-blättern berichten wir, in welche Bereiche unserestäglichen Lebens die Mathematik eingedrungen istund uns unser Leben erleichtern hilft.

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Aus der Forschung

Riemann-Hilbert Probleme alsmathematisches Forschungsgebiet

von G. Semmler

1. Worum geht es eigentlich in der Mathematik?

Wenn Mathematiker aufgefordert sind, allgemein-verständlich zu erklären, worin der Inhalt ihrer For-schung besteht, so entstehen dabei einige prinzipielleSchwierigkeiten. Während ein Biologe, Mineralogeoder Astroforscher auch zu einem Nichtexpertenüber Zellen, Gesteine oder Himmelskörper sprechenkann und nur die komplizierten Details und Fachaus-drücke seines Spezialgebietes weglassen muss, be-zieht sich schon der eigentliche Inhalt von Mathema-tik nicht auf Gegenstände der realen Erfahrung, son-dern ist nur in den Köpfen der beteiligten Forscherexistent. Mathematische Arbeiten und Bücher sindzudem in einer Sprache verfasst, die durch die präzi-se Verwendung von Symbolen und Formulierungennicht ohne weiteres zugänglich ist. Ihr Verständnissetzt vielmehr Kenntnisse und Begriffe voraus, die nurdurch ein komplettes Studium zu erwerben sind. Ma-thematik hat leider die Eigenschaft, ihr Wissen aufzu-summieren. Während für einen heutigen Ingenieurdie Funktionsweise einer Dampfmaschine irrelevantist, baut sich Mathematik auf den gesamten Erkennt-nissen vergangener Jahrhunderte, sogar Jahrtausen-de auf. Obwohl davon im Laufe der Zeit mancheÜberlegungen vereinheitlicht und vereinfacht werdenkonnten, erscheint der sinnvollste Weg zur allge-meinverständlichen Beschreibung mathematischerIdeenwelten der historische zu sein. Ich will daherüber den Inhalt meiner aktuellen Forschung schrei-ben, indem ich den historischen Weg zu ihrenGrundlagen darstelle.

2. Die Mystik des Imaginären

Mathematische Symbole für Rechenoperationen ha-ben die Entwicklung immer stimuliert. So unterliegt esanschaulich keinem Zweifel, dass das Symbol 2 ei-nen Sinn hat, wenn man daran denkt, dass es sicherein Quadrat mit entsprechender Seitenlänge gibt,dessen Fläche 2 beträgt. Wie man allerdings den Be-griff der reellen Zahl so einführen kann, dass 2auch mathematisch zweifelsfrei ist, sollte erst durch

Dedekinds und Cantors Arbeiten aus dem 19. Jahr-hundert geklärt werden. Die Verwendung von �1verbietet sich vor diesem Hintergrund scheinbarschon intuitiv, da dieses Symbol keine Interpretationals Länge einer Strecke erlaubt. Trotzdem wurden mitWurzeln aus negativen Zahlen erstaunliche Erfolgeerzielt, zuerst bei der Lösung der sogenannten kubi-schen Gleichung

x px qx r3 2 0� � � �

Gewisse Substitutionen führen hier nämlich auf qua-dratische Gleichungen, die in manchen Fällen keinereellen Wurzeln besitzen und somit unlösbar sind.Rechnet man jedoch unbedacht mit Wurzeln aus ne-gativen Zahlen weiter, so fallen diese irgendwannaus der Rechnung wieder heraus und man erhältreelle Lösungen der ursprünglichen kubischen Glei-chung. Dieses Entdeckungen der italienischen Ma-thematik des 16. Jahrhunderts sind mit Namen wieBombelli, Tartaglia und Cardano verbunden, die mitteilweise betrügerischen Methoden um die Auflösungsolcher Gleichungen wetteiferten. Im 18. Jahrhun-dert führte Euler schließlich das Symbol i für �1 einund erzielte weitere erstaunliche Ergebnisse, zumBeispiel die Gleichung

e i� � �1 0,

die fünf der fundamentalen Konstanten der Mathe-matik enthält. Dies ließ die Kritiker nicht verstummen,denn nach wie vor fehlte eine überzeugende Recht-fertigung für die Verwendung der imaginären Zahl i,niemand wusste recht, ob i wirklich existierte und wases mit der Natur dieser seltsamen Zahl auf sich hatte.Die erste stichhaltige Begründung wurde erst 1830durch Hamilton gegeben, der die komplexe Zahl

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Abb 1: Die komplexe Zahlenebene

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a+bi durch das Paar (a,b) reeller Zahlen definierteund anschließend Operationen mit komplexen Zah-len durch Operationen mit Zahlenpaaren erklärte.Grundlage dieser Idee war die Interpretation einerkomplexen Zahl als Punkt in der Ebene mit den karte-sischen Koordinaten (a,b), die von Gauß, Argandund Wessel schon zu Ende des 18. Jahrhunderts ge-geben worden war, siehe Abbildung 1. Damit wardie logische Grundlage für eine Theorie geschaffen,die sich schon längst zu entwickeln begonnen hatte.

3. Funktionentheorie im 19. Jahrhundert

Alle bisher angeführten Ergebnisse gehören zur Alge-bra, im 19. Jahrhundert begann man aber auch, dieBegriffe der Analysis ins Komplexe zu übertragen. Sokann man für Funktionen f D: ��, deren Definitions-bereich D zu den komplexen Zahlen gehört, durchden Grenzwert

� � � �� �lim :

z z

f z f z

z zf z

��

0

0

00

den Begriff der komplexen Ableitung einführen. Ob-wohl dies formal derselbe Grenzübergang ist wie beireellen Funktionen, haben komplex differenzierbareFunktionen, man nennt sie auch holomorph, vielegrundsätzlich andere Eigenschaften als reell differen-zierbare Funktionen. Beispielsweise impliziert dieExistenz der ersten Ableitung einer Funktion, daß so-gar Ableitungen beliebig hoher Ordnung existieren.Die Definition und Auswertung komplexer Integrale

� �f z dz� ,

bei denen statt entlang eines Intervalls entlang einerKurve in der komplexen Zahlenebene integriertwird, und die Entwicklung holomorpher Funktion inkonvergierende Reihen sind klassische Themen derkomplexen Analysis, die sich im 19. Jahrhundert zugroßer Blüte entwickelte. Eine herausragende Be-deutung kommt dabei Berhard Riemann’s Inaugu-raldissertatition aus dem Jahre 1851 zu, die den Titel„Grundlagen für eine allgemeine Theorie derFunctionen einer veränderlichen complexen Grösse“trägt. In ihr werden einige Hypothesen in etwas vagerFormulierung aufgestellt, deren exaktes Verständnisund mathematische Ausarbeitung bis zum heutigenTag dauert und damit Riemanns genialen Weitblickdeutlich unter Beweis stellt. Eine der damit verbunde-nen Fragestellungen ist heute unter dem Namen Rie-mann-Hilbert-Problem bekannt und bildet den Ge-genstand meiner Forschungsarbeit der letzten Jahre.

4. Riemann-Hilbert-ProblemeWir beschränken uns nun auf Funktionen, die im Ein-heitskreis, also der Menge � der Punkte der komple-xen Ebene, die vom Ursprung einen Abstand kleinerals 1 haben, definiert und dort holomorph sind, d.h.differenzierbar im oben erklärten Sinne. Wir setzendes weiteren voraus, dass die betrachteten Funktio-

nen auch noch auf dem Rand � des Einheitskreisesdefiniert und stetig sind. Dabei ist � einfach die Kreis-linie um den Ursprung mit Radius 1. Es zeigt sich nun,dass eine solche Funktion in ganz � eindeutig be-stimmt ist, wenn man gewisse Informationen über ihrVerhalten auf � besitzt. Dies kann in folgender Formgeschehen: Wir fixieren einen Punkt t auf � und ge-ben uns eine Kurve Mt in der komplexen Ebene vor.Die Randbedingung fordert nun, dass der Wert dergesuchten Funktion f im Punkt t auf der Kurve Mt lie-gen soll, symbolisch

� �f t Mt� .

4 Aus der Forschung FMSB 2006

Abb 2: Restriktionsmannigfaltigkeit eines Riemann-Hilbert-Problems

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Veranschaulicht man sich das wie in Abbildung 2und stellt sich vor, dass nun für jedes t �� eine sol-che Kurve Mt gezeichnet wird, so ergibt die Gesamt-heit der Kurven eine gewisse Fläche im Raum. Sinddie Kurven Mt geschlossen, so ist auch diese Flächegeschlossen, etwa in der Art eines verbeulten Fahr-radschlauches. Eine solche Fläche wird Restriktions-mannigfaltigkeit genannt und die Randwerte f(t) dergesuchten holomorphen Funktionen bilden eine Kur-ve, die auf dieser Restriktionsmannigfaltigkeit ent-langläuft, wie Abbildung 3 zeigt.

Typische mathematische Fragestellungen sind nun:• Unter welchen Voraussetzungen an die Restrik-

tionsmannigfaltigkeit und somit an die KurvenMt existieren Lösungen des Riemann-Hilbert-Problems?

• Sind sie eindeutig bzw. durch welche Zusatzfor-derungen können Lösungen eindeutig gemachtwerden?

Es ist interessant, bei geschlossenen Restriktionsman-nigfaltigkeiten wie in Abbildung 3 verschiedene Klas-sen von Lösungen zu unterscheiden. Man kann näm-lich jeder Lösung eine sogenannte Windungszahl zu-ordnen, die angibt, wie oft sich eine Lösung um dieRestriktionsmannigfaltigkeit dreht. So hat die in Ab-bildung 3 auf Seite 4 unten dargestellte Lösung dieWindungszahl 0, während die Windungszahl der aufSeite 5 oben dargestellten Lösung gleich 1 ist. Es las-sen sich nun folgende Aussagen beweisen:

• Durch jeden Punkt auf der Restriktionsmannig-faltigkeit verläuft genau eine Lösung mit Win-dungszahl 0.

• Lösungen mit Windungszahl 1 lassen sich durchdie Angabe von drei Punkten auf der Mannig-faltigkeit charakterisieren.

Dagegen birgt die genaue Charakterisierung von Lö-sungen mit höheren Windungszahlen immer nocheine Reihe interessanter offener Probleme.Der zweite Namensgeber unserer Probleme, nämlichDavid Hilbert, behandelte 1904 die einfachste Klas-se von Riemann-Hilbert-Problemen, bei denen alleKurven Mt Geraden sind und die Restriktionsman-nigfaltigkeit somit nicht geschlossen ist. In diesemFall kann man die Lösung nämlich sogar explizitdurch geschlossene Formeln angeben. Diese For-meln benutzen den (später so benannten) Hilbert-Operator

� � � �H e e di i �

� �

�� ��

: cot��

�1

2 20

2

.

Wir wollen uns anhand dieser Definition die Bedeu-tung eines Integraloperators klarmachen. Sei einefür alle Punkte e i� definierte Funktion, also eineFunktion auf �. Rechnet man nun für jedes � � �

entsprechend der rechten Seite der letzten Formel ei-nen Funktionswert für e i � aus, so erhält man eineneue Funktion H , die ebenfalls auf � gegeben ist.Somit transformiert der Operator H die gegebeneFunktion in eine neue Funktion H . Da die Cotan-gensfunktion für die Vielfachen von � als ArgumenteUnendlichkeitsstellen aufweist, nennt man H außer-dem einen singulären Integraloperator.

Lässt sich das Riemann-Hilbert-Problem mit geradenRestriktionskurven sogar unter Verwendung diesesIntegraloperators explizit lösen, so lässt sich das all-gemeine Problem (mit krummlinigen Restriktionskur-ven Mt ) wenigstens umformulieren. Genauer kannman zeigen, dass das Riemann-Hilbert-Problem zueiner singulären Integralgleichung äquivalent ist,also einer Gleichung, die den Operator H enthält.Solche Gleichungen treten in verschiedenen physika-lischen Anwendungen wie der Elektrodynamik, Akus-tik oder Elastizitätslehre auf. Es ist also auch für prak-tische Belange nützlich, das Lösbarkeitsverhalten vonRiemann-Hilbert-Problemen zu studieren, womit wirzum abschließenden Kapitel kommen.

5 Anwendungen

Wie erwähnt, liegen die meisten Anwendungen vonRiemann-Hilbert-Problemen in den Naturwissen-schaften. Die linke Darstellung in Abbildung 4 zeigt

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Abb 3: Restriktionsmannigfaltigkeit mit verschiedenenLösungskurven

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die mit Hilfe eines Riemann-Hilbert-Problems be-rechnete Umströmung eines zylinderförmigen Rohresmit poröser Wandung. Die Anströmung erfolgt querzum Rohr von links nach rechts. Dargestellt sindStromlinien und Druckverteilung in einem Quer-schnitt der strömenden Flüssigkeit. Beim elektroche-mischen Schneiden wird ein leitfähiges Material mitHilfe eines Werkzeuges getrennt. Dies führt auf ein sogenanntes freies Randwertproblem, das als Rie-mann-Hilbert-Problem umformuliert und dann mitHilfe numerischer Verfahren gelöst werden kann. Dierechte Abbildung zeigt die Feldstärke im Inneren desmit einem Elektrolyten gefüllten Spaltes zwischendem Werkzeug und dem Werkstück. Durch den Vor-trieb des Werkzeugs stellt sich eine zunächst unbe-kannte Form der freien Oberfläche des Werkstücksein, die ebenfalls berechnet wurde.

6 Aus der Forschung FMSB 2006

Abb 4: Anwendungen in der Strömungsmechanik und derElektrodynamik

Professor Wolfgang Sprößig ist neues Ehrenmit-glied der „European Society of ComputationalMethods in Science and Engineering“ (ESCMSE).Der Freiberger Mathematiker erhielt die Auszeich-nung auf der Internationalen Konferenz für nume-rische Analysis und angewandte Mathematik, dieMitte September in Rhodos stattfand.

Die Ehrenmitgliedschaft ist die höchste Auszeich-nung der ESCMSE. Mit ihr werden Wissenschaftlerfür ihre herausragenden Leistungen auf demFachgebiet der Gesellschaft geehrt. WolfgangSprößig wurde aufgrund seiner Veröffentlichun-gen und zahlreichen Zitationen in Fachjournalensowie seiner wissenschaftlichen Erfolge für denPreis vorgeschlagen.

Wolfgang Sprößig erwarb sich besondere Ver-dienste auf dem Gebiet der Analysis in Clifford Al-gebren.

Zur Person:1946 in Chemnitz geboren1965–1969 Mathematik-Studium an der

TH Karl-Marx-Stadt1974 Promotion 1979

Dissertation (B)1980 Dozent für Analysis an der

TU Karl-Marx-Stadt1986 Berufung auf den Lehrstuhl für

Analysis an der BergakademieFreiberg

seit 1996 Direktor des Institut fürAngewandte Analysis

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Geometrie von Rotationen – Geometrievon Quaternionen auf der Kugel �3 � �4

von H. Schaeben

1 Einführung

Eine der grundlegenden Errungenschaften der mo-dernen Mathematik ist das Konzept des „Raums“.Zur Definition eines Raums braucht man

• eine Menge von Elementen, bzw. Objekten,• eine Operation, die zwei Objekte der Menge so

miteinander verknüpft, dass das Ergebnis wie-der ein Element der Menge ist, und

• einen qualitativen oder quantitativen Begriff fürNachbarschaft von Elementen, z.B. ein Maß fürden Abstand von zwei Elementen der Menge.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass esauch anders definierte Räume, z.B. in der Stochastikden Wahrscheinlichkeitsraum � ��, ,A P gibt.Auf diese Art wird die Menge mit einer Struktur verse-hen und zu einem Raum. Beispiele sind

1.• die Menge der reellen Vektoren x ��3 ,• die Operationen der Vektor-Addition + und der

Multiplikation eines Skalars mit einem Vektor, und• die Metrik x y� , die durch die Norm des Vektors

x y� gegeben ist;2.• die Menge der Rotationen � �g SO� 3 im 3 dimen-

sionalen Raum �3,• die Operation der Komposition, d.h. des nachein-

ander Ausführens g g2 1� von Rotationen g1 ge-folgt von g2 ,

• und die Metrik, d.h. der Abstand � �� g g1 21

� derRotation g1 von der Rotation g2 gegeben durchden Drehwinkel der Komposition g g1 2

1�

� ;

dabei bedeutet SO(3) Spezielle Orthogonale Grup-pe im 3 dimensionalen Raum, da Rotationen im 3 di-mensionalen Raum als orthogonale (3 × 3 MatrizenM(g) mit Determinante detM(g) =1 dargestellt wer-den können und eine nicht-kommutative Gruppe bil-den.

In beiden Räumen werden ihre Elemente als Punktedargestellt, mit deren Geometrie wir uns beschäfti-gen können. Durch die Einführung eines abstrakten

„Raums“ hat sich die semantische Bedeutung derPunkte, d.h. seiner Elemente, geändert, die Theore-me der Geometrie bleiben erhalten.

2 Rotationen und Quaternionen

Rotationen können nicht nur als spezielle orthogona-le 3 × 3 Matrizen dargestellt werden. Viele Vorteilebesitzt die Darstellung von Rotationen als Quaternio-nen q �� (vgl. Sprößig, 2003). Ein Quaternion istdefiniert als

� � � �q Sc q Vec q q q q q i q j q k� � � � � � � �0 01 2 3 ,

wobei q 0 als Skalar- und q ��3 als Vektorteil desQuaternions q bezeichnet wird. Quaternionen mitverschwindendem Skalarteil werden reine Quater-nionen genannt. Das Quaternion q q0 � wird als daszu q konjugierte Quaternion q * bezeichnet.

Für Quaternionen wird eine zunächst kompliziert an-mutende Multiplikation

qp q p q p q p p q q p� � � � � � �0 0 0 0

mit Hilfe des Skalar-Produkts � und des Vektor-Pro-dukts � von Vektoren definiert.

FMSB 2006 Aus der Forschung 7

Was ist Geoinformatik ?

Die Verarbeitung von Geoinformationen alsGrundlage des nachhaltigen Umgangs mit denRessourcen des Raumschiffes „Erde“ entwickelnsich zunehmend zu einem bedeutenden Wirt-schaftsgut. Gegenstand der Geoinformatik ist dieErfassung, Verarbeitung, Verfügbarkeit und Ver-breitung geowissenschaftlich und geoingenieur-wissenschaftlich relevanter Daten, die analytischeund numerische Modellierung der durch sie be-schriebenen Prozesse in der Geosphäre und diePräsentation und Kommunikation von Geoinfor-mation und Geowissen mit digitalen Medien.Grundlagen der Geoinformatik sind Methodender angewandten Mathematik und Informatik so-wie wissenschaftliche Arbeitsmethoden zur Erfor-schung der Geosphäre und Methoden zum Erken-nen ihrer Prozesse, deren Zusammenwirken dienotwendige Bedingung für erfolgreiche Anwen-dungen der Geoinformatik ist.

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Die Norm q des Quaternions q wird definiert als

� � � � � �q qq q q q q q q2

02 1 2 2 2 3 2

� � � � � �* * .

Ein Quaternion q mit q � 1wird als Einheitsquater-nion bezeichnet und „lebt“ auf der Einheitskugel�3 � �4 im 4-dimensionalen reellen Raum.

Die Metrik wird in � durch

� � � �� � � �d p q Sc pq q p q p, arccos arccos*� � � �0 0

eingeführt.

Zwei Quaternionen p q, � � werden als orthogonalbezeichnet, falls pq * ein reines Quaternion ist, d.h.falls � �Sc pq * � 0 gilt.

Ein beliebiges Einheitsquaternion kann durch

q n� �cos sin� �2 2

dargestellt werden, wobei n q q� �/ �3 den nor-malisierten Vektorteil q von bezeichnet und

� �� �� 0 2, ist. Diese Darstellung wird insbesondereim Zusammenhang mit Rotationen benutzt, won��2 als Rotationsachse und � als Rotationswinkeleiner Rotation im 3 dimensionalen Raum interpretiertwerden kann.

Die Rotation g eines Einheitsvektors h��2� �3 so,dass h nach r � �2 gedreht, bzw. auf r abgebildetwird, kann mit Quaternionen durch

� � � �q g hq g r* �

dargestellt werden, wobei h und r als reine Quater-nionen, d.h. Quaternionen mit verschwindendemSkalarteil, zu verstehen sind.

3 Quaternionen-Geometrie von Rotationen

Obwohl SO(3) zunächst lediglich eine algebraischeStruktur, eine Gruppe, ist, wird durch die Einführungeiner Metrik ein Raum definiert, in dem man Geome-trie betreiben kann. Jedes Objekt dieses Raums stellteine Rotation dar, und der Abstand von zwei Objek-ten ist durch die Metrik gegeben. Man kann alsosinnvoll ein Dreieck von Rotation durch drei paarwei-se verschiedene Quaternionen, die die Eckpunktedes Dreiecks darstellen, oder einen Kreis von Rota-tionen durch zwei orthogonale Quaternionen, dieden Kreis erzeugen, definieren.

Nimmt man an, dass zwei Einheitsvektoren h,r durcheine Rotation so mit einander verknüpft sind, dass hauf r abgebildet wird, dann ist dadurch nicht eindeu-tig eine Rotation bestimmt.Tatsächlich können wir uns schnell davon überzeu-gen, dass zumindest die beiden Rotationen g1 mit derRotationsachse n h r1 � � und dem Rotationswinkel

� �� �1 � � �arccos h r und g2 mit der Rotationsachsen h r2 � � und Rotationswinkel � �2 � die Gleichung(1) erfüllen.

8 Aus der Forschung FMSB 2006

Die Menge aller Rotationen, die h auf r abbilden, wird durchden Großkreis Ch r, dargestellt.

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Weiterhin kann mit elementarer Kugel-Geometriezeigen, dass alle Elemente des Großkreises aufge-spannt durch n1 und n2 und orthogonal zum Groß-kreis aufgespannt durch h und r die Achse einer Ro-tation, die h nach r rotiert, sein kann; dabei variiertder Rotationswinkel � �� � � �� �,2 .

Tatsächlich kann man mathematische Theoreme be-weisen, die geometrische Objekte � gebildet ausEinheitsquaternionen in Bezug setzen zu geometri-schen Objekten gebildet aus Einheitsvektoren, diedas Ergebnis der Anwendung der Rotationen darge-stellt durch die Elemente von � auf Einheitsvektoren hsind. Die wesentlichen Ergebnisse mit weitreichendenAnwendungen werden im Folgenden zusammenge-stellt.

1.Die Menge � � � �G h r SO, � 3 aller Rotationen, die hauf r drehen, werden durch den KreisC12 erzeugt vonEinheitsquaternionen � � � �q h r q h r1 2, , , auf der Kugel�4 im 4-dimensionalen Raum �4 dargestellt, wobeiq q1 2, durch h und r gegeben sind. Tatsächlich kannman die Quaternionen � � � �q q g q q g1 1 2 2� �, wäh-len, also gerade die Quaternionen, die g g1 2, dar-stellen. Umgekehrt sind auch durch einen Kreis vonEinheitsquaternionen mit dem Ursprung des Koordi-natensystems als Mittelpunkt eindeutig zwei Einheits-vektoren bestimmt, die durch die Rotationen, die derQuaternionenkreis darstellt, miteinander verknüpftsind.

2.Die Menge � �G h r� , aller Rotationen, die -h auf rdrehen, werde durch den Kreis

� � � �� �C C q h r q h r34 3 4� � �, , , dargestellt. Dann sinddie beiden Kreise orthogonal, d.h. jedes beliebigeEinheitsquaternion von C12 ist orthogonal zu jedembeliebigen Einheitsquaternion von C34 , und habeneinen leeren Durchschnitt.

3.Sei � �C h,� � �2 ein Kreis von Einheitsvektoren im3-dimensionalen Raum �3 mit Mittelpunkt h und Ra-dius �, und sei � � �h C h,� . Dann drehen die Rotatio-nen, die durch den Quaternionenkreis C12 � �3 dar-gestellt werden, den Einheitsvektor h' auf einen Ein-heitsvektor � � � �r C r,� �2.Die Menge aller Rotationen, die h auf den Kreis� �C r,� � �2 drehen, ist identisch mit der Menge aller

Rotationen, die den Kreis � �C h,� auf den Einheitsvek-tor r drehen. Und diese Menge von Rotationen wirddurch den Torus � �T C12 2, /� mit der „Seele“ C12 unddem Radius �/2 auf der Einheitskugel �3 im 4-di-mensionalen Raum �4 dargestellt.

4.Die Menge aller Kreise � �C p p1 2, � �3 von Einheits-quaternionen mit einem gegebenen Abstand � von

FMSB 2006 Aus der Forschung 9

Die Menge aller Rotationen, die h auf den Kreis � �C r,� drehen,ist identisch mit der Menge aller Rotationen, die den Kreis� �C h,� auf den Einheitsvektor r drehen, und wird durch den

Torus � �T C 12 2, /� mit der „Seele“ C 12und dem Radius �/2dargestellt.

Die Menge aller Großkreise � �C p p1 2, tangential zur Kugel � �s q; �mit Mittelpunkt q und Radius �.

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einem festen Einheitsquaternion q ��3 stellt alle Ro-tationen dar, die einen beliebigen Einheitsvektorh� �2 auf einen Einheitsvektor des Kreises� �C qhq * ,2� abbilden.

5.Die Menge aller Kreise � �C p p1 2, � �3 von Einheits-quaternionen mit Abständen in � �0, � von einem fes-ten Einheitsquaternion q � �3 stellt alle Rotationendar, die den beliebigen Einheitsvektor h��2 auf ei-nen Einheitsvektor der Kugelkappe � �c qhq * ,2� ab-bilden.

4 Anwendung

Polykristalline Materialien bestehen aus Kristallen,die gewöhnlich anisotrop bezüglich physikalischerEigenschaften sind. Makroskopisch verhält sich eineProbe dieses Materials näherungsweise so anisotropwie sich ihre Kristalle verhalten, falls die Kristalle alledie gleiche Vorzugsorientierung haben, d.h. falls dieNormalen der kristallographischen Netzebenen-scharen der Kristalle die gleiche Vorzugsrichtung ha-ben, und näherungsweise isotrop, falls es keine Vor-zugsorientierung gibt, d.h. falls die Normalen statis-tisch gleichmäßig auf der Kugel verteilt sind. Abhän-gig von der vorgesehenen Verwendung eines Mater-ials werden in der Autoindustrie „isotroper Stahl“, fürSupraleiter und Turbinenschaufeln „technische Ein-kristalle“ bevorzugt. Bevor man mit einem Elektro-nenmikroskop die Orientierung jedes einzelnen Kris-talls, also die Richtungen aller Netzebenen-Norma-len gleichzeitig automatisch bestimmen konnte undihre statistische Verteilungsdichte durch „Auszählen“auf der Kugel approximierte, wurden mit einem Rönt-gen-Texturgoniometer in einem Beugungsexperi-ment Intensitäten gemessen, die als Häufigkeiten in-terpretiert werden können, dass eine durch die Strah-lengeometrie festgelegte Netzebenenschar ihrenNormalvektor in einer bestimmten Richtung hat. Aufdiese Weise konnten die sphärischen statistischenVerteilungen der Normalenvektoren ausgesuchterNetzebenenscharen experimentell bestimmt werden.Durch die Verteilungen der Normalenvektoren aus-gesuchter Netzebenenscharen sind aber die Vertei-lungen der Normalenvektoren aller Netzebenen-scharen, d.h. die Verteilung der Orientierungen, nurnäherungsweise bestimmt. Die mathematische Lö-sung dieses Problems ist Gegenstand der Inte-gral-Geometrie und läuft unter der Überschrift „ma-thematische Tomographie“ auf die Inversion dersphärischen Radon-Transformation hinaus, für die

die oben angeführten geometrischen Ergebnissewichtige Hilfsmittel sind.

Literatur• Gürlebeck, K., Sprößig, W., 1997, Quaternionic

and Clifford Calculus for Physicists and Engineers:J. Wiley & Sons

• Kuipers, J. B., 1999, Quaternions and RotationSequences – A Primer with Applications to Orbits,Aerospace, and Virtual Reality: Princeton Universi-ty Press

• Meister, L., Schaeben, H., 2004, A Concise Qua-ternion Geometry of Rotations:Mathematical Me-thods in the Applied Sciences, in print

• Sprößig, W., 2003, Hyperkomplexe Zahlen undRotation: Freiberger Mathematische Semester-Blätter

10 Aus der Forschung FMSB 2006

Prof. Dr. Helmut SchaebenLehrstuhl für mathematische Geologieund Geoinformatik

• 1976 Abschlussdes Mathematik-studiums an derRWTH Aachen

• 1981 Promotion ander Fakultät fürBergbau undHüttenwesen derRWTH Aachenzum Dr. rer. nat.

• Berufstätigkeit ander RWTH Aachen,der University of California, Berkeley, USA, derUniversität Bonn, der BASYS Software GmbHAachen, der Université de Metz, Frankreich, derUniversität Trier und an der TU BergakademieFreiberg, Institut für Geologie

Aktuelle Arbeitsgebiete sind beispielsweise in derGeoinformatik 3-dimensionale geowissenschaftli-che Informationssysteme und Datenmodelle fürräumlich-zeitliche Geoinformationssysteme, 3-di-mensionale Geomodellierung und bei der Quan-titative Analyse von Orientierungsdaten/TexturenProbleme der Sphärischen Statistik und sphäri-schen Approximation.

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Die Suche nach der Stecknadel imHeuhaufen und wie Boolesche Gleichungendabei helfen könnenvon B. Steinbach

Ohne dass wir bewusst darüber nachdenken, neh-men Boolesche Variablen einen immer umfangrei-cheren Raum in unserem Leben ein. Boolesche Va-riablen sind die einfachsten Variablen, die es gibt.Eine Boolesche Variable kann nur zwei unterschiedli-che Werte annehmen.Wo begegnen uns solche Booleschen Variablen? Miteiner Booleschen Variable kann man zum Beispieldie Stellung des Lichtschalter „an“ bzw. „aus“ be-schreiben. Als Ergebnis einer Prüfung können diebeiden Werte der Booleschen Variable „bestanden“bzw. „nicht bestanden“ sein. In der Technik kannman den Spannungspegel auf einer Leitung mit einerBooleschen Variable zwischen „high“ und „low“ un-terscheiden. Im Allgemeinen nutzt man die Elementeder Menge B = {0, 1} als Werte einer BooleschenVariablen.Die Begrenzung auf zwei Zustände führt zu einer sehrhohen Störsicherheit. Mit dieser Erkenntnis erreichtConrad Zuse vor reichlich 50 Jahren den Durch-bruch bei den jahrhundertelangen Bemühungen zumBau einer Rechenmaschine. Inzwischen sind Compu-ter in fast alle Lebensbereiche vorgedrungen. Siewerden als einfache oder programmierbare Ta-schenrechner genutzt, berechnen das in den nächs-ten Tagen zu erwartende Wetter, steuern Verkehrs-ampeln, Waschmaschinen und viele weitere Geräte.Aber auch in der Kommunikationstechnik werdenanaloge Signale zunehmend von Booleschen, alsozweiwertigen Signalen, verdrängt. Im ISDN-Telefonwerden die analogen Sprachsignale in Folgen vonNullen und Einsen umgewandelt, die dann über dieTelefonleitung übertragen werden. Auf diese Weisekönnen zwei Gespräche gleichzeitig über eine Lei-tung geführt werden. Auch Handys oder schnurloseFestnetztelefone senden und empfangen nur solcheBits, als die Werte Boolescher Variabler.In der Medientechnik erleben wir gerade den Um-bruch von der analogen in die digitale Welt, die alleInformationen auf Nullen und Einsen abbildet. AnCDs, die ca. 48 Millionen Bits – d.h. Boolesche Wer-te 0 bzw. 1 – speichern, haben wir uns schon ge-wöhnt. Durch eine MP3-Codierung lassen sich sogaretwa 10mal so viele ursprünglich vorhandene Bitsauf einer CD speichern. Der aktuelle Übergang vom

analogen zum digitalen Fernsehen wird sowohl zu ei-ner erheblichen Qualitätsverbesserung führen unddarüber hinaus das übertragbare Programmangeboterweitern.Mit einer Booleschen Variablen können wir aberauch festhalten, ob eine Aussage wahr oder falschist. Diesen Ansatz wollen wir nutzen, um knifflige Auf-gaben zu lösen. Greifen wir als Beispiel die Aufgabeeines Kriminalisten auf.

Aufgabe:

An einer Bar saßen fünf Herren ne-beneinander. Ihre Haarfarben wa-ren: blond (fb), schwarz (fs), grau(fg), rot (fr) bzw. weiß (fw).

Als Oberbekleidung trugen sie: Lederjacke (ol), Pull-over (op), Hemd (oh), Strickjacke(os) bzw. Weste(ow).

Auch in der Hosenart unterschieden sie sich: Cord-hose (hc), Jeans (hj), Shorts (hs), Lederhose (hl) bzw.Baumwollhose (hb).

Zur Aufklärung einer Straftat muss der Kommissarfeststellen in welcher Reihenfolge die Herren an derBar saßen. Er befragte die anderen Gäste und erhieltfolgende Aussagen:

1. Der Herr im Hemd saß nicht neben dem Herrnmit der Weste.

2. Der Herr mit roten Haaren saß neben dem Herrnmit grauen Haaren.

3. Der Herr mit der Lederhose saß nicht neben demSchwarzhaarigen.

4. Neben dem Herrn mit der Weste saß nicht derblonde Herr.

5. Der Herr mit der Weste trug Baumwollhosen.6. Die Herren mit blonden und schwarzen Haaren

saßen nebeneinander.7. Die Herren in Jeans und in der Strickjacke saßen

nicht nebeneinander.8. Der Herr mit den Jeans saß nicht neben dem

weißhaarigen Herrn.9. Der grauhaarige Herr trug keine Lederhose.10. Der Herr mit den Jeans saß neben dem Herrn mit

dem Hemd.11. Auf den vierten Barhocker saß der Herr mit den

Lederhosen.12. Der Herr mit der Lederjacke trug die Cordhosen.13. Neben dem Herrn mit der Strickjacke saß der

weißhaarige Herr.

FMSB 2006 Aus der Forschung 11

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14. Die Herren mit dem Pullover und dem Hemd sa-ßen nebeneinander.

15. Der Herr mit der Lederjacke hatte blonde Haare.16. Der Herr mit der Lederjacke saß nicht auf dem

dritten Barhocker.17. Der Herr mit der Strickjacke saß neben dem

Herrn mit der Weste.

Der Kommissar hat folgende Fragen zu beantworten:

(a) Auf welchem Barhocker saß der grauhaarigeHerr?

(b) Auf welchem Barhocker saß der Herr mit der We-ste?

(c) Auf welchem Barhocker saß der Herr mit denShorts?

Um diese Aufgabe besser zu verstehen, sei jeder Le-ser aufgerufen, Kommissar zu spielen und die Aufga-be zu lösen. Im Weiteren soll hier gezeigt werden, wieBoolesche Gleichungen bei der mühsamen Suchehelfen können. Dazu benötigen wir aber zunächst ei-nige grundlegende Begriffe.

Ein Boolescher Raum Bn ist die Menge aller n-stelli-gen Booleschen Vektoren. Es gilt:

B1 = {0, 1},B2 = {(00), (01), (10), (11)} undB3 = {(000), (001), (010), (011), (100), (101),

(110), (111)}.Die Anzahl der Booleschen Vektoren in Bn ist endlichund beträgt 2n.Eine Boolesche Funktion von n Variablen ist eine ein-deutige Abbildung von Bn auf B1. Jedem der 2n Boo-leschen Vektoren wird durch die Boolesche Funktiongenau einer der Werte aus B1 zugeordnet.Einigen Booleschen Funktionen wurden zur beque-meren Handhabung Operatoren zugeordnet. DerNOT- (bzw. NICHT)-Operator beschreibt die Boole-sche Funktion von einer Variable, die den Wert dergegebenen Booleschen Variable in sein Gegenteilumwandelt. Dargestellt wird der NOT-Operator miteinem Querstrich über der Variablen: a .

a a

0 1

1 0Für häufig verwendete Funktionen von zwei Boole-schen Variablen wurden der AND- (bzw. UND)-Ope-rator und der OR- (bzw. ODER)-Operator einge-führt. Die folgenden Tabellen zeigen die Definitionund die zugeordneten Operationszeichen.

a b a b�

0 0 0

0 1 0

1 0 0

1 1 1

a b a b�

0 0 0

0 1 1

1 0 1

1 1 1

Wie man sieht, ist das Ergebnis der AND-Operationnur dann 1, wenn der Wert von a und der Wert von b1 sind. Für die OR-Funktion muss der Wert von aoder der Wert von b 1 sein, damit der Funktionswert1 entsteht.

Die drei bisher definierten Booleschen Operationengenügen, um jede Boolesche Funktion mit einemBooleschen Ausdruck beschreiben zu können.

Eine Boolesche Gleichung entsteht, wenn zwei Boo-lesche Funktionen mit einem Gleichheitszeichen ver-bunden werden. Die Lösung einer Booleschen Glei-chung ist die Menge aller Booleschen Vektoren, fürdie beide Booleschen Funktionen der Gleichung dengleichen Funktionswert besitzen, also entweder beideden Wert 0 (0 = 0) oder beide den Wert 1 (1= 1).Man kann schließlich beliebig viele Boolesche Glei-chungen in einem System Boolescher Gleichungenzusammenfassen. Die Lösung eines solchen Glei-chungssystems besteht aus den Booleschen Vekto-ren, die alle Gleichungen des Systems lösen.

Mit diesen Kenntnissen können wir nun die Lösungder Aufgabe des Kriminalisten in Angriff nehmen. Al-les, was wir über den Sachverhalt wissen, beschrei-ben wir mit Booleschen Gleichungen eines Glei-chungssystems.

Zunächst müssen wir überlegen, welche BooleschenVariablen wir benötigen. Eine Aussage, die wahroder falsch sein könnte, ist die folgende:

12 Aus der Forschung FMSB 2006

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Der Herr mit blonden Haaren sitzt auf Platz 1 (Farbe– blond – 1). Dieser Aussage ordnen wir die Boole-sche Variable fb1 zu. Man kann sich leicht überle-gen, dass es vier weitere Boolesche Variablen fb2,fb3, fb4 und fb5 geben muss, die beschreiben, obder Herr mit blonden Haaren auf jeweils einem deranderen Plätze sitzt. Da der Herr mit blonden Haarengenau auf einem der Plätze gesessen hat, ergibt sichdie folgende Boolesche Gleichung.

fb fb fb fb fb

fb fb fb fb fb

fb fb fb

1 2 3 4 5

1 2 3 4 5

1 2

� � � � �

� � � � �

� � 3 4 5

1 2 3 4 5

1 2 3 4 5

� � �

� � � � �

� � � � �

fb fb

fb fb fb fb fb

fb fb fb fb fb 1

(1)

Entsprechende Boolesche Variablen und BoolescheGleichungen kann man für die anderen 4 Haarfar-ben aufstellen, so dass sich für die Haarfarben be-reits 25 verschieden Boolesche Variablen ergeben.Auf der rechten Seite unser Booleschen Gleichungsteht die konstante Boolesche Funktion 1. Es handeltsich deshalb um eine charakteristische BoolescheGleichung, in der die linke Seite angibt, was geltenmuss. Wir können die Gleichung also wie folgt lesen:„Es muss gelten, dass

Farbe blond auf Platz 1 UNDNICHT Farbe blond auf Platz 2 UNDNICHT Farbe blond auf Platz 3 UNDNICHT Farbe blond auf Platz 4 UNDNICHT Farbe blond auf Platz 5 ODERNICHT Farbe blond auf Platz 1 UNDFarbe blond auf Platz 5 UND …“

Hierbei wird angenommen, dass die UND-Operati-on eine höhere Priorität als die ODER-Operationhat. Boolesche Gleichungen kann man aber auchrestriktiv formulieren. Dieses Vorgehen wird zum Bei-spiel bei der Straßenverkehrsordnung benutzt, in derBeschrieben wird, was alles verboten ist. Für unsereAufgabe gilt, dass auf einem Platz nur ein Herr mit ei-ner Haarfarbe gesessen haben kann. Für den erstenPlatz an der Bar muss deshalb die folgende Boole-sche Gleichung gelten.

fb fs fb fg fb fr fb fw

fs fg fs fr fs

1 1 1 1 1 1 1 1

1 1 1 1

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� � � � 1 1

1 1 1 1

1 1 0

� �

� � � �

� �

fw

fg fr fg fw

fr fw

(2)

Diese restriktive Boolesche Gleichung hat auf derrechten Seite die konstante Boolesche Funktion 0.Wir können die Gleichung also wie folgt lesen:

„Es ist verboten, dassFarbe blond auf Platz 1 UND Farbe schwarz auf Platz1 ODERFarbe blond auf Platz 1 UND Farbe grau auf Platz 1ODERFarbe blond auf Platz 1 UND Farbe rot auf Platz 1ODERFarbe blond auf Platz 1 UND Farbe weiß auf Platz 1ODERFarbe schwarz auf Platz 1 UND Farbe grau auf Platz1 ODER …“

Entsprechende Gleichungen müssen für die anderenvier Plätze gelten.Analog zur Haarfarbe kann man die Art der Oberbe-kleidung und die Hosenart der Herren modellieren.Es ergeben sich jeweils weitere 25 Boolesche Varia-blen. Unser „Heuhaufen“ in dem wir die „Steckna-del“ suchen umfasst also2(25+25+25)=275= 37.778.931.862.957.161.709.568Kombinationen der Wahrheitswerte der 75 Boole-schen Variablen.

Bisher haben wir exemplarisch zwei spezielle Boole-sche Gleichungen angegeben, für die in der jeweili-gen Kategorie, also Haarfarbe – Oberbekleidung –

FMSB 2006 Aus der Forschung 13

George Boole(1815–1864)

Boole, am 2. November1815 in Lincoln in Eng-land geboren, eignetesich sein Fachgebiet imSelbststudium an. SeinWerk „MathematischeAnalyse der Logik“ führtedie Mathematik von ihrerzweckgebundenen Ziel-setzung hin zu einem ab-strakten System mit allgemein anwendbaren logi-schen Gesetzen. Die nach ihm benannte Bool-esche Algebra und seine daraus abgeleitete for-male Logik sind heute unter anderem eine Grund-lage der Computerprogrammierung. 1852 wurdedie Leistung des Autodidakten mit einer Professuran der Universität Cork belohnt.Er starb 1864 imirischen Ballintemple.

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Hose, fünf konkrete Ausprägungen gebildet werdenkönnen. Es ergeben sich also insgesamt bereits 30Boolesche Gleichungen, die die potentielle Lösungs-menge auf die Kombination von allen Permutationenin den drei Kategorien einschränkt. Die Lösungsmen-ge eines solchen Systems Boolescher Gleichungenreduziert unseren „Heuhaufen“ auf

� �5 120 17280003 3! . .� �

mögliche Situationen der Herren an der Bar.

Weitere Einschränkungen ergeben sich aus den Aus-sagen der Gäste, die jeweils als Boolesche Glei-chung formuliert werden kann. Für die erste Aussage

„Der Herr im Hemd saß nicht neben dem Herrn mitder Weste.“

ergibt sich zum Beispiel folgende Boolesche Glei-chung:

oh oh oh oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

1 2

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� � 3 4 5 1 2 3 4 5

1 2 3 4 5

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oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh oh oh ow ow ow

1 2 3 4 5

1 2 3 4 5 1 2

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� � � � � � � 3 4 5

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

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ow ow

oh oh oh oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

1 2

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� � 3 4 5 1 2 3 4 5

1 2 3 4 5

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� � � � �

oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh oh oh ow ow ow

1 2 3 4 5

1 2 3 4 5 1 2

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� � � � � � � 3 4 5

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

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� � � � � � � � � �

ow ow

oh oh oh oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh oh oh ow ow ow ow ow

oh oh oh

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

1 2

� � � � � � � � � �

� � 3 4 5 1 2 3 4 5

1

� � � � � � �

oh oh ow ow ow ow ow

(3)

In ähnlicher Weise können die Aussagen 2 bis 17 inBoolesche Gleichungen umgeformt werden. Die ge-suchte Lösung der Aufgage ergibt sich, wenn dasGleichungssystem aller 47 Booleschen Gleichungengelöst wird. Alternativ kann man auch jede dieserGleichungen separat lösen und den Durchschnitt derLösungsmengen berechnen.

Von Hand würde die Lösung sicher sehr lange dau-ern. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern mei-ner jetzigen und früheren Forschungsgruppe habeich zur Lösung dieser und vieler anderer komplizierterProbleme Softwarewerkzeuge unter der Bezeichnung

XBOOLE entwickelt. An der Entwicklung der Wind-ows-Oberfläche eines XBOOLE-Monitors, den mansich wie einen Taschenrechner für Operationen mitBooleschen Funktionen vorstellen kann, hat auch einSchüler mitgearbeitet, der inzwischen sein Bakkalau-reusstudium im Fach „Network Computing“ an unse-rer Fakultät erfolgreich abgeschlossen hat.

In der Büchern• Bochmann, D.; Steinbach, B.: Logikentwurf mit

XBOOLE. Verlag Technik, Berlin 1991 und• Posthoff, Ch.; Steinbach, B.: Logic Functions and

Equations – Binary Models for ComputerScience. Springer-Verlag Berlin Heidelberg NewYork, 2004.

wird sowohl die Theorie als auch die praktische An-wendung von XBOOLE dargestellt.

Aus den bisherigen Betrachtungen geht hervor, dassdie Anzahl der potentiellen Lösungen einer Boole-schen Gleichung oder eines Systems BoolescherGleichung exponentiell von der Anzahl der Boole-schen Variablen abhängt. Dem daraus resultieren-den Komplexitätsproblem setzt XBOOLE eine eben-falls exponentielle Abschwächung entgegen. DieIdee dazu besteht im Zusammenfassen von zweiBooleschen Vektoren, die sich nur an einer Stelle un-terscheiden, zu einem Ternärvektor, der an dieserStelle ein ´–´ Element besitzt. Analog können auchPaare von Ternärvektoren zusammengefasst werden.Ein einziger Ternärvektor, der s Strichelemente ent-hält, beschreibt somit 2s Boolesche Vektoren.

Der XBOOLE Monitor kann frei von der Internetseite

http://www.informatik.tu-freiberg.de/xboole

herunter geladen werden. Ein Online-Hilfesystemgibt leicht verständlich Hinweise zur Handhabungdes XBOOLE Monitor. Mit diesem XBOOLE Monitorkann man Boolesche Probleme in beliebig vielen be-liebig Dimensionalen Booleschen Räumen lösen unddie Eingabe mit Booleschen Gleichungen, als Ter-närvektorlisten (TVL) oder als Variablentupel vorneh-men. Der XBOOLE Monitor stellt auch Operationendes Booleschen Differentialkalküls zur Verfügung,der in der obigen Literatur beschrieben wird.

Die Steuerung der Berechnungsreihenfolge kann mitdem Menü, dem Toolbar oder über Kommandos er-folgen. Die Kommandos lassen sich zu so genanntenProblemprogrammen zusammenfassen. In einem

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solchen Problemprogramm kann man die Lösungs-vorschrift für die Aufgabe des Kommissars vollstän-dig unter Verwendung von Ternärvektorlisten undXBOOLE-Operationen beschreiben.

Die Abarbeitung des Problemprogramms findet dieLösung in weniger als einer Sekunde.

Bild 1 zeigt eine Ansicht des XBOOLE-Monitors. ImFenster rechts unten wird die gesuchte Lösung ange-zeigt. Die Aussagen der Barbesucher lassen tatsäch-lich nur eine Lösung zu.• Herr mit grauen Haaren (fg3 =1): Platz 3• Herr mit Weste als Oberbekleidung (ow5 = 1):

Platz 5• Herr mit Shorts (hs3 = 1): Platz 3

Wir haben also die „Stecknadel“ in Heuhaufen ge-funden.

FMSB 2006 Aus der Forschung 15

Bild 1. Ansicht des XBOOLE-Monitors

a) Teilfenster links oben: TVL als Lösung der Booleschen Gleichung (1)

b) Teilfenster links unten: Kanaughplan der Lösung der Booleschen Gleichung (1)

c) Teilfenster rechts oben: TVL einer Zwischenlösung mit 75 Booleschen Variablen (um alle Spalten zu sehen muss gescrollt werden)

d) Teilfenster rechts unten: TVL der Lösung der Aufgabe

Prof. Dr.-Ing. habil.Bernd Steinbach

Institut für InformatikProfessur für Software-technologie und Pro-grammierungstechnik

1952 in Chemnitz geboren1973/77 Studium der Infor-mationstechnik an der TH Karl-Marx-Stadt1981, 1984 Promotion Dr.-Ing., Dr. sc. techn.1983/85 Forschungsingenieur bei Robotron1985/92 Hochschullehrer an der TU Chemnitz1992 Berufung zum Professor an die TU Freiberg1998/2000 Direktor Institut für Informatik2003/06 Prodekan der Fakultät für Mathematikund Informatik

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Statistische Untersuchungen in derPorenbetonforschung

von Susann Wolf

Einleitung

Porenbeton und mathematische Statistik, wie passtdas zusammen? Heutzutage ist man bestrebt, Werk-stoffe optimal an ihre Anforderungen anzupassen.Dem leichten Massivbaustoff Porenbeton kommt da-bei eine beständig wachsende Bedeutung zu, wobeiinsbesondere die Druckfestigkeit eine Rolle spielt.

Die Simulation oder Prognose von natürlichen odertechnologischen Prozessen auf der Basis mathemati-scher Modelle ist aus vielen Bereichen der Wirtschaftund unseres Lebens nicht mehr wegzudenken. Müs-sen Entscheidungen auf der Grundlage empirischerInformationen über Sachverhalte getroffen werden,kann die Statistik weiterhelfen. Diese ist die Theorieund Praxis der Erfassung und Analyse von Daten un-ter Berücksichtigung der unvermeidlichen Unschärfe,die durch zufällige Schwankungen und Fehler verur-sacht wird.

Dieser Linie folgend wird im Rahmen eines vom Bun-desministerium für Bildung und Forschung finanzier-ten Themas mittels mathematisch-statistischer Me-thoden die Druckfestigkeit von Porenbeton unter-sucht.

Bedeutung der Modellierung

Der Werkstoff Porenbeton ist zur Zeit noch nicht voll-ständig erforscht. Einige Beobachtungen in der Praxisbedürfen immer noch einer wissenschaftlichen Fun-dierung. Ein Ziel ist dabei die statistische Analyse derDruckfestigkeit von Porenbeton. Dies kann sowohlaus mikro- als auch makrostruktureller Sicht gesche-hen. Auf der Mikroebene wird Fragen bezüglich derWechselwirkung von Feinstruktur und Bruchverhaltenmit Methoden der stochastischen Geometrie nach-gegangen, während die makroskopischen Problememit stochastischen Methoden der Zuverlässigkeits-theorie bearbeitet werden.

Mit der Entwicklung neuer mathematisch-statistischerVerfahren, die zur praxiswirksamen Bestimmung derDruckfestigkeit von Porenbetonsteinen geeignet sind,könnte ein Beitrag zur Verbesserung der Qualitäts-kontrolle geleistet werden. Die Festigkeit von Poren-

beton ist ein wichtiger Qualitätsparameter undnimmt eine entscheidende Rolle in der Qualitätssi-cherung und -steuerung ein. Auf der Grundlage derDIN 4165 werden aufwändige Druckfestigkeitsversu-che durchgeführt. Laut dieser DIN-Norm müssen dieDruckfestigkeiten der Steine bestimmte Minimalwerteeinhalten. Sie wird derzeit überarbeitet.

Eine zentrale Rolle spielt die Frage der Abhängigkeitder Festigkeit von der Blockgröße, der Größen-Ef-fekt. Die Festigkeit von Porenbeton wird praktischfestgestellt, indem ganze Blöcke geprüft werden,aber auch Würfel (100 × 100 × 100 mm), was vieleleganter ist. Beim Arbeiten mit Würfeln entsteht die

16 Aus der Forschung FMSB 2006

Proben nach dem Druckversuch

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Frage, wie die Resultate auf die größeren Blöckeübertragen werden können. Hier werden Umrech-nungsfaktoren verwendet, die durch Experimente be-stimmt wurden und umstritten sind. Bis jetzt gibt eskeine mathematisch-statistische Theorie für den Grö-ßen-Effekt von Porenbeton.

Material und Herstellung

Porenbeton ist ein spröder mineralischer Werkstoffmit einem sehr hohen Luftporenanteil und einer fes-ten Struktur aus Calcium-Silikat-Hydraten. Er weisteine feinporige Struktur auf, welche der Struktur vonnatürlichem Holz nachempfunden wurde. Des weite-ren zeichnet sich Porenbeton durch gute Dämmunggegen Hitze und Kälte, leichte und rationelle Verar-beitbarkeit und hohe Druckfestigkeit aus. DieserBaustoff ist ein Gemisch aus Quarzsand, Kalk, Ze-ment und Wasser, dem ein Porenbildner (Alumini-umpulver) zugesetzt wird, woraufhin die Mischungaufzutreiben beginnt. Ist die Masse erstarrt, könnendie Steine geschnitten werden. Danach erfolgt dieDurchhärtung im Autoklaven.

Prüfung

Vor der Prüfung werden die Druckflächen eben undparallel zueinander abgeschliffen. Die Belastung er-folgt senkrecht zur Treibrichtung. Die Prüfmaschinestoppt, sobald der erste Belastungsabfall eintritt. DieDruckspannung (in N/mm2) ermittelt sich aus demQuotienten der im Druckversuch festgestelltenHöchstkraft und der Belastungsquerschnittsfläche.Die Druckfestigkeit ist vom Material und der Proben-größe abhängig.

Daten

Die erforderlichen Daten wurden von der Xella Tech-nologie- und Forschungsgesellschaft mbH zur Verfü-gung gestellt, mit welcher eine enge Zusammenar-beit besteht.

Stochastische Modellierung

Zu den stochastischen Modellen mit Größeneffektenaus makrostruktureller Sicht gehören das Weibull-sche Bruchmodell und Modelle mit Schadensakku-mulation. Es wird angenommen, dass im Materialzufällig verteilte Schwächepunkte existieren. Diesesind zuerst passiv, aber mit wachsender Last werdenmehr und mehr Defekte aktiviert. Die Weibull-Vertei-

FMSB 2006 Aus der Forschung 17

Ebener Schnitt durch eine Porenbetonprobe

Porenbetonstruktur

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lung ist eine klassische Festigkeitsverteilung, die aufder ,,schwächsten Kettenglied’’-Annahme beruht,der erste aktivierte Defekt führt zum Bruch.

Die Festigkeit von Porenbeton folgt in guter Nähe-rung der Weibull-Verteilung, die Weibull-Theorie istaber nicht zutreffend, der Größen-Effekt für Porenbe-ton ist anders als nach dieser Theorie.

Die Weibull-Verteilungsfunktion lautet

� �Fm

���

� � ��

���

!!

"#$

%$

&'$

($1

0

exp .

Entsprechend der Weibull-Theorie sollten die Para-meter m und der Festigkeitsverteilung für alle Block-größen gleich sein und die mittlere Festigkeit mit demBlockvolumen abnehmen. Die von uns untersuchtenempirischen Daten entsprachen diesen Annahmenjedoch nicht.Erst Schadensakkumulationsmodelle liefern den rich-tigen Größeneffekt. Die Annahme einer Art von Aus-fallakkumulation ist eine Verallgemeinerung derschwächsten Kettenglied-Annahme. Jeder Teilschä-digung, welche durch die äußere Belastung des Po-renbetonkörpers auftritt, wird eine bestimmte zufälli-ge Größe zugeordnet. Der gesamte Körper brichterst dann, wenn die kumulative Summe der Teilschä-den ein bestimmtes Niveau übersteigt.

Internationales

Im September 2005 konnten drei Mitarbeiter des In-stituts für Stochastik der TU Bergakademie Freiberg,darunter die Verfasserin, auf der 4. InternationalenKonferenz für Porenbeton an der Universität Kingstonbei London unsere neusten Forschungsergebnisseder Porenbetonindustrie darlegen.

18 Aus der Forschung FMSB 2006

Histogramm und Weibulldichte für Würfelproben(100 × 100 × 100 mm)

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Neu an unserer Fakultät

Virtuelle Realität und Multimedia

Auf eine neu geschaffene Professur für „Infor-matik – Virtuelle Realität und Multimedia“ wur-de am 1. Oktober 2005 Bernhard Jung am Insti-tut für Informatik berufen.

1966 in Stuttgart geboren,studierte Bernhard Jung In-formatik und Computer-linguistik an der UniversitätStuttgart und der Universityof Missouri, Saint Louis,USA. An der Universität Bie-lefeld promovierte er 1996mit einer Arbeit über Wis-sensverarbeitung in virtuel-len und realen Umgebun-gen und schloss dort 202seine Habilitation auf dem Gebiet WissensbasierterSysteme ab. 2003 trat Bernhard Jung an der Univer-sität Lübeck eine Professur für Medieninformatik an,wo er auch das DFG-Projekt „Virtuelle Werkstatt:Entwicklungsplattform für virtuelles Konstruieren mitGestik und Sprache“ leitete. 2005 erhielt er für seinePublikationstätigkeit den „Ken Brodlie Price for BestPaper“ der Eurographics Conference on Theory andPractice of Computer Graphics. Die Forschung-schwerpunkte von Bernhard Jung liegen im Bereichder neuartigen Mensch-Maschine-Schnittstellen, ins-besondere der Virtuellen Realität mit Anwendungenim Ingenieurbereich. Im Rahmen des DFG-Projekts„VirtualWorkers“ entwickelt er Computermodelle,mit denen die Arbeit von digitalen Menschen an Ma-schinen nachgeahmt werden kann. Dies erlaubt bei-spielsweise Aussagen über die Ergonomie eines zu-künftigen Arbeitsplatzes. Daneben ermöglichen sei-ne Arbeiten zu intelligenten virtuellen Agenten, realis-tisch wirkende Charaktere mit emotionalem Aus-druck zu simulieren. Sie haben bereits in Lernpro-grammen ihre Anwendung gefunden, mit denen Ärz-te für den Umgang mit Patienten in emotional kriti-schen Situationen sensibilisiert werden.

Ein neues Forschungsfeld wird für Bernhard Jung inFreiberg die Erweiterte Realität sein. Dabei wird dieechte Welt durch virtuelle Informationen ergänzt,

beispielsweise durch Einblendungen in halbtranspa-rente Datenbrillen. Derartige Techniken kommenschon heute unter anderem bei Wartungsarbeiten inder Automobilindustrie zum Einsatz.

Quelle: Report Nr. 38 Dezember 2005, Nachrichten aus Lehre

und Forschung der TU Bergakademie Freiberg

Über die Arbeiten an diesem Lehrstuhl werden wir imnächsten Heft der Freiberger Mathematischen Se-mesterblätter berichten.

FMSB 2006 Neu an unserer Fakultät 19

Virtuelle Realität – Was ist das ?

Virtual Reality ist eine mit Hilfe des Computers er-zeugte Scheinwelt, in der man sich scheinbar be-wegen kann.

Um diese virtuelle Umgebung sichtbar zu machen,wird ein digitales Bild verwendet. Zur Berechnungdieses Bildes ist jedoch ein viel größerer Aufwanderforderlich als in der Bildbearbeitung, weil einModell der Realität zu Grunde liegt. Zuerst wird inmehreren aufwendigen Schritten dieses komplexeModell für die virtuelle Umgebung generiert, umaus diesem anschließend in einem sehr rechenin-tensiven Prozess ein digitales Bild für den Betrach-ter zu berechnen.

Die einzelnen Schritte der Erzeugung virtuellerWelten sind:

• Modelling (Erzeugung und Positionierung vonDrahtgittermodellen)

• Texture Mapping (Erzeugung von Oberflächenfür die Drahtgittermodelle)

• Raytracing (Ausleuchtung der Szene,Verfolgung der Strahlen)

• Animation (Generierung vonBewegungssequenzen für Objekte)

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20 Studentenecke FMSB 2006

Studentenecke

Informations-Besuch beiInfineon

von T. Mischke

Neunzehn Freiberger Studenten ( 17 BNC-ler, 1 Ma-thematiker und 1 BWL-ler) versammelten sich mor-gens auf dem großen Messeparkplatz in Freiberg.Obwohl alle noch recht verschlafen dreinschauten,wurde schon gelacht und fleißig über die kommendeVeranstaltung diskutiert. Nachdem sich alle auf diePKW verteilt hatten, ging es auch schon los auf dieAutobahn Richtung Dresden. Trotz einiger Widrigkei-ten mit verlorenen Autos betrat die gesamte Mann-schaft pünktlich um 10 Uhr die Empfangshalle von In-fineon. Nachdem wir kurz begrüßt wurden und alleihre Besucherausweise erhalten hatten, ging es direktin den Besucherkonferenzraum. Dort stellte sich HerrSchoder von der Personalabteilung unseren zahlrei-chen Fragen bezüglich des beruflichen Fortkommens,der richtigen Wahl unserer Ausbildungsschwerpunkteuvm.

Nach den interessanten Ausführungen von HerrnSchoder führte Herr Luhn vom Hochschulmarketingeinige interessante Präsentationen über Infineon, dasWerk Dresden und die Herstellungstechniken vor.Währenddessen wurde auch er fleißig von uns Besu-chern mit Fragen gelöchert. Im Anschluss wurde dieGruppe von Herrn Luhn im Werk herumgeführt.Highlights waren dabei natürlich die Gebäude mitder Produktion der Halbleiter. Zunächst sahen wir dieUmkleiden. Anschließend besichtigten wir von drau-ßen die Produktion, die mit 200-mm-Wafern arbeitet.Mutig erklommen dazu alle mehr oder wenigerSchwindelfreien die Feuertreppen und konnten vonaußen hineinschauen. Viel konnte man durch die klei-nen Fenster leider nicht sehen, aber schon ein kurzerBlick verschaffte uns den Eindruck einer Hightec-Pro-duktionsstätte. Das Gelblicht in der Belichtungsabtei-lung sorgte für wildeste Spekulationen bei den gut ge-launten Studenten („Ob schon jemand die Auswir-kung von jahrelangem Gelblicht auf den Menschenuntersucht hat?“). Zurück im Gebäude mit der300-mm-Wafer verarbeitenden Anlage wartete eineÜberaschung auf uns alle: Wir durften in den Grau-raum – dem Raum direkt an der Produktion, schon

voll klimatisiert und mit Reinstluft beschickt! Dazumussten wir uns alle Überschuhe, einen langenMantel und lustige Hauben anziehen. Eigentlichschon ein Reinraum, ist der Grauraum nur durcheine mit großen Glasscheiben durchsetzte Metall-wand von der richtigen Produktion im Reinstraumgetrennt. So kam es auch vor, dass Arbeiter aus demReinstraum heraus direkt an uns vorbei wieder durcheine andere normale (!) Tür in den Reinstraum zu-rückkehrten. Das ist insofern beeindruckend, da diePartikelkonzentration in so einem Raum laufend aufextrem niedrigem Niveau gehalten werden muss. Indiesem Fall auf Reinstraumklasse 1. Das heißt, dasshöchstens ein Teilchen Verunreinigung sich in einemKubikfuß Luft befinden darf. Aus diesem Grundumfasst die gesamte Produktion auch immerhin dreiStockwerke (Infrastruktur, Produktion, Luftreini-gung). Nach diesem ungeschlagenen Highlight ginges dann zurück zum Konferenzraum. Nach einerkurzen Verabschiedung versorgten sich noch einigemit ausliegenden Broschüren und dann ging es abzur Besucher-Kantine von Infineon („Kasino“) umsich schnell noch ein Mittagessen vor der ereignislo-sen Heimfahrt zu gönnen.

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Freiberg hat natürlich außer derUniversität sehr viel mehr zu bieten:

Neben den beiden Studentenkneipen in der NeuenMensa ( EAC – Erdalchemistenclub ) und der AltenMensa ( Füllort ). Gibt es in der Freiberger Innenstadtunzählige weitere Kneipen – vor allem in der MeißnerGasse. Doch auch sonst hat Freiberg und seine Um-gebung viel zu bieten, z.B. sportliche Aktivitäten vonder Kegelbahn bis hin zu Golfclubs oder eine Out-door-Kartrennbahn. Auch nette Ausflugsziele gibt esin der schönen Umgebung. Und wenn es dann dochetwas Besonderes sein soll, dann kann man immernoch des Abends mal nach Dresden fahren

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Frage: Woran erkennt man einen Studentender Fakultät für Mathematik und Informatik?

Antwort: An seinem T-Shirt

Wie erklärt man einem Computerfachmann,was ein Buch ist?

Das ist ein altmodischer Datenträger auf Zellulose-Basis, auf dem die Informationen in Form von gra-phischen Elementen im Ikositetral-System kodiertist, mit Inline-Graphik und Fixformatierung.Der Vorteil: Es braucht keinen Telefonanschluss undkeine Akkus.

Besucht auch unsere Web-Seite

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Am Samstag, den 6. August 2006 ermittelten wir denKart-Champion 2005 der Fakultät für Mathematik und Informatik

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Mathematik und Informatik –Wissenschaften, die unserenAlltag beeinflussenIm „Wissenschaftsjahr Informatik 2006“ veranstalte-te die Fakultät für Mathematik und Informatik der TUBergakademie Freiberg im Rahmen ihrer Öffentlich-keitsarbeit vom 20. bis 23. März 2006 die

13. Frühjahrsakademie Mathematik.

Ermutigt durch den großen Erfolg dieser Veranstal-tungen in der Vergangenheit haben wir auch in die-sem Jahr wieder interessierte Schülerinnen und Schü-ler zu einer Projektwoche an unsere Fakultät eingela-den.

Unsere Frühjahrsakademien zeigen, wie interessantund nützlich Mathematik sein kann und welche Ver-bindungen zur Informatik bestehen. Neben Vorlesun-gen und Übungen bietet das Rahmenprogrammauch Gelegenheit, sich mit den historischen Sehens-würdigkeiten von Freiberg vertraut zu machen. Erfah-rungsgemäß hilft diese Art des „Schnupperstudiums“,sich ein konkretes Bild von den Anforderungen einesMathematikstudiums im allgemeinen und Vorstellun-gen vom Freiberger Studentenleben im besonderenzu machen. Insofern wollen wir auch auf unsere Stu-dienangebote hinweisen und Freiberg als Studienortpropagieren.

Aufgrund des benötigten mathematischen Wissens-standes wendet sich diese Veranstaltung in erster Li-nie an Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen11 bis 13.

Das Vorlesungsprogramm in diesem Jahr:

• Hilfe! Stochastik! Glücksspiele, Trugschlüsse,Paradoxien

• Wie löst man Gleichungssystememit einer Million Unbekannten?Hat K. F. Gauß einen Lösungsvorschlag?

• Färbungsalgorithmen in der Mobilkommuni-kation. Frequenzzuweisungen in Mobilfunknetzen

• Können Computer denken? Das Computer-Algebrasystem MATHEMATICA

• Selbstaffine Mengen und fraktale DimensionWas ist Selbstähnlichkeit?

• Boolesche Gleichungen – Lösen, Auflösen,AnwendenKann man mit 0 und 1 richtig rechnen?

• Tücken und Fallen beim Rechnen mit demComputerRechnet der Computer immer richtig?

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Die Studiengänge unserer Fakultät imCHE-Hochschulranking, veröffentlicht imZEIT-Studienführer 2006/07

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24 Historische Notizen FMSB 2006

Historische Notizen

Ein großer Thermodynamiker,Statistiker und HochschulreformerGustav Anton Zeuner (1828–1907)

Gustav Zeuner wurde am 28. November 1828 inChemnitz geboren und erhielt an der dortigen Ge-werbeschule eine gute mathematisch-naturwissen-schaftliche Grundausbildung. 1848 kam er an dieBergakademie Freiberg (Matrikel-Nummer 1655)und war hier vor allem ein Schüler Julius Weisbachs.1849 nahm er mit der Freiberger Kommunalgardean den Kämpfen des Dresdner Maiaufstands zurVerteidigung der Demokratie und der Reichsverfas-sung teil. Nach der Niederlage konnte er noch 1853in Leipzig promovieren, ging dann aber ins Ausland,und wurde 1855 Professor für Technische Mechanikund theoretische Maschinenlehre an der damals neugegründeten ETH Zürich. Hier war er sehr erfolg-reich und war 1865/67 Direktor (= Rektor). Trotzehrenvoller Rufe nach Karlsruhe als Nachfolger desberühmten Maschinenwissenschaftlers Redtenba-cher sowie nach Wien, München und Aachen, die eralle ablehnte, kam Zeuner 1871 als Nachfolger sei-nes berühmten Lehrers Julius Weisbach als Professorfür Mechanik und Bergmaschinenlehre und als Di-rektor und Reorganisator an seine einstige „almamater fribergensis“ zurück. Bis 1875 hatte Zeunerdie Bergakademie zu einer modernen technischenHochschule reorganisiert. Seine herausragendenLeistungen veranlassten schließlich das Ministeriumin Dresden, ihn gleichzeitig ab 1873 als Direktor amPolytechnikum Dresden (1890 in technische Hoch-schule umbenannt) zu gewinnen, wo er bis 1890wirkte. Er starb am 17. Oktober 1907. Zürich undFreiberg ehrten Zeuner als Ehrenbürger, Bolognaund Dresden als Ehrendoktor.

Die Mathematische Statistik und Gustav Zeuner

Im 19. Jahrhundert war als eines der wichtigsten Ar-beitsgebiete der Statistik die Demographie. Deut-sche Wissenschaftler leisteten dabei um 1870 Be-sonderes: G. F. Knapp (Leipzig), G. Zeuner (Zürich),K. Becker (Berlin) und W. Lexis (Straßburg). Damalswurde der Begriff „Mathematische Statistik“ geprägt,von den Engländern zunächst abgelehnt. G. F.Knapp schrieb 1874:

„So hat sich insbesondere an den Aufgaben überSterblichkeit in den letzten Jahren eine noch sehr ju-gendliche Disciplin herangebildet, die man hier undda als mathematische Statistik bezeichnet. Darin wirdbekanntlich die Forderung aufgestellt, dass in derTheorie der Statistik die Erscheinungen in ihrer wirkli-chen Gestalt zu erfassen seien, während man sich frü-her mit einem willkürlich zugerichteten Abbild be-gnügte, und ferner wird jene unsicher tastende Re-chenkunst, die früher gebräuchlich war, verdrängtdurch streng zu begründende Messungsmethoden.“

1869 verfasste Zeuner das Buch „Abhandlungen ausder Mathematischen Statistik“. Es war das zweiteBuch der Welt, in dem das Wort „Mathematische Sta-tistik“ im Titel stand, in dem er bevölkerungsmathe-matische Untersuchungen durchführte und eine drei-dimensionale graphische Darstellung der Zahl derGeburten und Tode verschlug, die die Grundlage fürdas Lexis-Diagramm wurde, das heute allgegenwär-tig in der Demographie ist. Das so dargestellte Ge-schehen wird durch die Differentialgleichung vonMcKendrick (1926) – von Foerster (1959) beschrie-

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ben, Brillinger (1986) entwickelte eine Theorie mittelsPunktprozessen.

Gustav Zeuner als Ingenieur

Von dem Bemühen um die Anpassung der Elbschiffean die üblichen Niedrigwasserbedingungen zeugtdie Suche nach geeigneten alternativen Schiffsantrie-ben. Unter persönlicher Beteiligung des DresdnerProfessors Gustav Zeuner, der einen „Turbinenpro-peller mit Kontraktor“ als Antrieb erfunden hatte,wurden in Übigau einige Dampfer mit diesem An-trieb gebaut. Als erstes Versuchsschiff diente der1888 gebaute Schraubendampfer ELBFEE. Er er-hielt anstelle der Schraube einen Turbinenpropeller,welcher sich bewährte. Ferner baute die Werft für dieWasserbaudirektion Dresden das StrahlschiffSACHSEN mit gleichem Antriebssystem. Mit Turbi-nenpropeller für die Talfahrt und als Manövrierhilfein der Bergfahrt an der Kette wurden die beiden neu-en Elbekettendampfer GUSTAV ZEUNER undBAENSCH sowie einige zum Main gelieferte Ketten-dampfer ausgerüstet. Im Gebrauch waren die Schiffenicht praktikabel, die Einleitung von Rückwärtsmanö-vern war zeitaufwendig und kompliziert, außerdem verstopften treibende Fremdkörper oft die Anlage.

Heute findet dieses Antriebssystem seine Wiederge-burt in Form der modernen „PUMP-Jet“-Antriebe aufden Elbe-Kreuzfahrtschiffen.

Weitere Informationen unter: http://www.raddamp-fer-kaiser-wilhelm.de/museum/archiv_sonder/Son-der/Bellingrath/bellingrath_1.htm

FMSB 2006 Historische Notizen 25

Demografie

Die Demografie (auch Demographie geschrieben,griechisch )�*+�, -,, von )�*+., démos – Volkund �, �, graphé – Schrift, Beschreibung) bzw.Bevölkerungswissenschaft ist eine wissenschaftli-che Disziplin, die sich mit dem Leben, Werden undVergehen menschlicher Bevölkerungen befasst,sowohl mit ihrer Zahl als auch mit ihrer Verteilungim Raum und den Faktoren, insbesondere auch so-zialen, die für Veränderungen verantwortlich sind.Die Erforschung der Regelmäßigkeiten und Ge-setzmäßigkeiten in Zustand und Entwicklung derBevölkerung wird mit Hilfe der Statistik erfasst undgemessen.Die Demografie untersucht:• die Bevölkerung selbst (z. B. Wohnbevölkerung,

Tag-/Nachtbevölkerung),• die Bevölkerungsstruktur (z. B. Alter, Geschlecht,

Nationalität, Haushaltsstruktur),• die Bevölkerungsbewegung (horizontale Mobili-

tät, Natürlicher Bevölkerungssaldo, Migrations-saldo) sowie

• als Historische Demographie die Bevölkerungs-geschichte.

Quelle: Wikipedia

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Nachdem A. Weisbach in dem großen Uranerzan-bruch von 1871 auf dem Walpurgis Flachen, GrubeWeißer Hirsch in Schneeberg schon Trögerit undWalpurgin als neue Minerale beschrieben hatte, kammit dem Zeunerit ein drittes Uranmineral dazu. Weis-bach stellt das Mineral 1872 in einem Brief an Prof.Geinitz vor. Die Erstbeschreibung machte A. Weis-bach (1872): Mittheilungen an Professor H. B. Gei-nitz, Freiberg 9. Februar 1872 (Über Zeunerit). –Neues Jahrbuch für Mineralogie, 206–208.

Die chemische Zusammensetzung von Zeunerit inheutiger Notation ist:

� � � �Cu UO AsO H O2 2 4 2 210 16� �

Und so sieht Zeunerit aus:

26 Historische Notizen FMSB 2006

Aus der Geschichte der Bergakademie:Gustav A. Zeuner-Stiftung

Anläßlich seines 70. Geburtstages im Jahre 1898wurde der Geheime Rat Professor Dr. Gustav Zeu-ner (1828 – 1907) von seinen Schülern und Vereh-rern mit einer Stiftung von 10.000 Mark gehrt. Da-von stellte er 4.000 Mark als „aus der Zeuner-Stif-tung herührender Stiftungsfonds“ der Bergakade-mie Freiberg zur Verfügung. 1917 betrug das Stif-tungskapital rund 4.600 Mark. Die Erträge wurdenals Stipendium an einen Bergakademisten unab-hängig von der Fachrichtung, Heimat und Konfes-sion vergeben.

Und nach einem Studiumder Angewandten Mathematik?(Nicht ganz ernst gemeinte Praxissituationen)

Ein Mathematiker, ein Physiker und ein Ingenieurbekommen jeweils 12 Stäbe und einen 100 mlangen Draht und sollen damit ein möglichst gro-ßes Gebiet abstecken.Der Ingenieur steckt sehr uneffektiv mal hier undmal da einen Stab in die Erde.Der Physiker überlegt und meint, er würde mit ei-nem gleichseitigen 12-Eck die größte Fläche ab-stecken können (damit hat er eigentlich Recht).Der Mathematiker nimmt die Stäbe, wickelt denDraht um sich und sagt: „Ich bin außen!”

Ein Physiker, ein Mathematiker und ein Informati-ker übernachten in einer Blockhütte. Plötzlichbricht ein Feuer aus. Der Informatiker versuchtsein eigenes Leben zu retten, rennt raus, und über-lebt. Der Physiker ist ganz von dem Phänomen be-geistert und kommt bei der Suche nach dem Ther-mometer um. Der Mathematiker wacht kurz auf,sieht den Feuerlöscher an der Wand und schläftruhig weiter, denn es gibt eine Lösung!

Ein Mechaniker, ein Pysiker und ein Informatikerbleiben plötzlich mit ihrem Jeep in der Wüste ste-cken. Der Mechaniker meint, es könnte am Motorliegen, wenn da so Sand reinkommt und das Ge-triebe … fasel fasel. Der Physiker sagt: „Vielleichtist auch nur das Benzin alle!“ Da meint der Infor-matiker: „Was sollen wir uns eigentlich streiten,wir steigen am Besten alle aus, und wieder ein unddann wird sich der Fehler schon von selbst zei-gen“.

Über diesen„Taschenrechner“werden wir imnächsten Heftberichten.

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Unser BuchtippPoguntke, Werner

Keine Angst vor MatheHochschulmathematik für EinsteigerVieweg, 2004. 222 S. Br., EUR: 19,90ISBN: 3-519-00501-8

Der Einstieg in Mathe, der begeistert: Er vermitteltpraktische Fertigkeiten, faszinierende Einblicke undviel Spaß. Begeisterung für Mathematik gibt es nicht?Lassen Sie sich vom Gegenteil überzeugen. DieseEinführung in die Mathematik wird Sie faszinieren.Spannende Themen, viele Beispiele und Aufgabenvermitteln die grundlegenden Fertigkeiten für denStudienbeginn. Wir wünschen Ihnen mit diesem Buchviel Erfolg und Vergnügen.

Aus dem InhaltZahlen – Rechnen – Gleichungen und Ungleichun-gen – Funktionen und ihre Ableitungen – Glei-chungssysteme – Geometrie – Zählen – Zufall undWahrscheinlichkeit – Endlich und Unendlich – Dieneuen Probleme mit der Endlichkeit

„Ein hervorragendes Buch, dass den Wiedereinstiegin die Mathematik bestens gewährleistet. Poguntkegelingt es glänzend, wesentliche mathematischenGrundlagen verständlich darzulegen, die zu Beginneines Studiums beherrscht werden sollten. Darüber

hinaus gewährt er den Lesern Einsichten in das We-sen der Mathematik, die Vorbehalte abbauen undSpaß an der Mathematik vermitteln.“

Prof. Dr. Nikolaus Wolik

Taschner, Rudolf

Der Zahlen gigantische SchattenMathematik im Zeichen der Zeit2. Aufl., Vieweg, 2005. 200 S. Geb., EUR: 39,90ISBN: 3-528-13211-6

Ein faszinierendes Kaleidoskop über die Vielfalt, mitder Zahlen alle Bereiche unseres Lebens durchdrin-gen. Wie sehr Zahlen die vielfältigen Aspekte desDaseins durchdringen, ist wenig bekannt, und kaumjemand scheint bisher ermessen zu haben, wie un-fassbar weit der Zahlen lange Schatten reichen. DasBuch spürt diesen Schatten nach und gelangt unver-sehens zu überraschenden, zu verwirrenden Einsich-ten über die Welt, die, wenn man sie zu Ende zu den-ken wagt, alle von der gängigen Science Fiction dar-gebotenen Hypothesen und Szenarien locker über-bieten. In keinem Fall jedoch wird rechnen gelehrt.Ja, es wäre auch ein Irrtum, würde man vermuten,die Zahlen nähmen die Hauptrolle ein: nicht sie sindes, sondern deren „gigantische Schatten“. Zahlen,welche die Schatten werfen, kennen wir ohnedies nurallzu gut – so gut, dass es geradezu unsinnig wäre,sie durch vermeintlich Einfacheres erklären zu wol-len. Nicht was die Zahlen sind, wird hier erzählt, son-dern was sie bedeuten.

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Aus dem InhaltPythagoras: Zahl und Symbol – Bach: Zahl und Mu-sik – Hofmannsthal: Zahl und Zeit – Descartes: Zahlund Raum – Leibniz: Zahl und Logik – Laplace: Zahlund Politik – Bohr: Zahl und Materie – Pascal: Zahlund Geist

Über den AutorRudolf Taschner ist Professor am Institut für Analysisund Scientific Computing an der Technischen Uni-versität Wien. Er betreibt mit anderen das „math.spa-ce“ im Wiener MuseumsQuartier, eröffnet 2003. R.Taschner ist Autor von zahlreichen Veröffentlichun-gen, Lehrbüchern für Universität und Gymnasien so-wie von Sachbüchern. Der Club der Bildungs- undWissenschaftsjournalisten Österreichs wählte RudolfTaschner zum „Wissenschaftler des Jahres 2004“.

Hirsch, Ulrich/Dueck, Gunter (Hrsg.)

Management by MathematicsErfahrungen und Erfolge von Executives und PolitikernVieweg, 2003. XI, 217 S. Geb., EUR: 34,90ISBN: 3-528-03187-5

Die praktischen Stärken mathematischen Manage-mentdenkens im Führungsteam: Sollte eine Füh-rungskraft am besten Management studiert haben?Oder Jura? Oder gleich Mathematik? Der Unterneh-mensberatungschef Ulrich Hirsch und der IBM-Chef-technologe Gunter Dueck haben Mathematiker ausdem Top-Management und der Politik zu Wort gebe-ten. Diese berichten hier Persönliches und reflektie-ren, was sie selbst als Mathematiker in Führungsposi-tionen besonders sein lässt. Für viele vielleicht ver-wunderlich: Es hat etwas mit einer mehr intuitivenDenkweise zu tun! Es geht in diesem Buch also nichtum die heute allgegenwärtige technische Mathema-tik der Zahlen, sondern um Formeln des Erfolgs imwirklichen Leben: Mathematisches Management-denken und -handeln sollte einen Platz in jedemTop-Management-Team haben. Warum, das zeigt„Management by Mathematics“ auf sehr anschauli-che, inspirierende und mitunter amüsante Weise.

Aus dem Inhalt:• Gunter Dueck: Über das Wahre und das Richtige

– Management von rechts und links gesehen• Peter Zencke: Die drei Begabungen des

Managers• Mario Daberkow: Fünf Gebote für’s Management

• Ulrich Bos: Unternehmer sind die besserenMathematiker

• Wolf-Rüdiger Heilmann: Die Mathematik, dieMathematiker und ich

• Werner Carstengerdes: Mathematik undManagement: Unterschiedliche Disziplinen –gleiche Methoden

• Conrad Reynvaan: Kreativität undmathematisches Denken

• Christoph Klingenberg: Vorteile mathematischerDenkweisen im Management

• Julia Bertrams: Mathematik – eine Basis fürAufgaben in Führungspositionen?

• Jörg Bewersdorf: Mathematik:Das Latein unserer Zeit

• Hermann Hueber: Die Axiome der Firma• Udo Dierk: Management Learning bei Siemens• Friedrich Hirzebruch: Wir sind für uns erfolgreich• Achim Bachem:

Mathematik und industrienahe Forschung• Hermann Schunck:

Mathematik in der Politischen Verwaltung• Bärbel Höhn: Leitfunktion Nachhaltigkeit• Reinhard Höppner:

Was hat Mathematik mit Politik zu tun?• Johanna Wanka:

Politik mit mathematischem Faden?• Rainer Janßen: Mathematiker sind zu allem

oder zu nichts zu gebrauchen• Michael Rosenberg:

Versicherungen atmen Mathematik• Stephan Huthmacher:

Die Macht der Transparenten Netze• Norbert Wielens: Standard versus Kreativität –

Zur Dualität in der IT

28 Unser Buchtipp FMSB 2006

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• Dieter Pütz: Merger als Chance zur Steigerungdes Unternehmenswertes

• Monika Rühl: Diversity und disruptive change –Spannungsfeld zwischen Vielfalt und Ordnung

• Ulrich Hirsch: Eine Theorie für die Praxis

„Die Mathematik wird von vielen Zeitgenossen in ih-ren Möglichkeiten stark unterschätzt, dabei ist siedoch gleichsam das Latein der modernen Zeit. Daherist Mathematik gerade für Führungskräfte eine wichti-ge Basis für kluges Management. Das Buch gibt dieErfahrungen zahlreicher Wirtschaftsführer und Politi-ker über die Bedeutung der Mathematik in ihrem Be-rufsleben wieder.“

Die Welt, 22.05.2004

„Wie eine edle Pralinenmischung ist diese Schatz-kiste von 25 zusammengestellten Aufsätzen, die er-folgreiche Manager und Politiker geschrieben ha-ben, denen etwas gemeinsam ist: Die Autoren habenallesamt Mathematik studiert und sind deshalb unty-pische Führungskräfte. Das ganze Buch ist einGlücksfall, ich möchte es mit einer gelungenenhochwertigen Pralinenmischung vergleichen. Zuerstkommt ein Foto und Kurzlebenslauf des Autors miteinem Kommentar der Herausgeber und dann dereigentliche Beitrag. Diese Aufsätze sind so verschie-den, wie die Wege, die die jeweiligen Autoren vomMathematikstudium zum Management geführt ha-ben. Sie reichen von der bissig-satirischen Selbstdar-stellung des eigenen Lebenslaufes über echte Unter-nehmensphilosophie bis zur handfesten nützlichenGebrauchsanweisung zur Karriereplanung mit demAusgangspunkt Mathematikstudium. Und eine Men-ge weiterführender und unterhaltsamer Literaturtippszu Management und Mathematik gibt es nebenbeiauch noch dazu.“

www.amazon.de

Petit, Jean-Pierre

Die Abenteuer des Anselm Wüßtegern:Das GeometrikonVieweg, 1995. IV, 64 S. Br., EUR: 14,90ISBN: 3-528-06673-3

Anselm Wüßtegern und seine Freundin Sophie erle-ben in diesen Wissenschafts-Comics im wörtlichenSinne die faszinierende Welt der modernen Mathe-matik und Physik: Sich selbst durchdringende Flä-chen, Dreiecke mit drei rechten Winkeln, schwarzeLöcher sowie die ersten Momente unserer Welt. Die

Abenteuer, die der ewig wissbegierige Anselm hierzusammen mit Sophie und seinen anderen Freundenerlebt und die der Autor (er ist Physiker) alle selbst ge-zeichnet hat, lassen Gewohntes in einem neuen Lichterscheinen und zeigen, daß die Ergebnisse der mo-dernen Wissenschaft nicht immer trocken und ab-strakt sein müssen.

George G. Szpiro

Mathematik für Sonntagmorgen50 Geschichten aus Mathematikund Wissenschaft (Band 1)240 Seiten, Buchverlag Neue Zürcher Zeitung 2005EUR 25.00, ISBN 3-03823-213-0

Mathematik ist für viele Leser ein Wissenszweig, vondem sie am liebsten die Finger lassen würden. Demmuss aber nicht so sein, denn Mathematik kann –durchaus auch mit Humor – jedermann zugänglichgemacht werden. Der Journalist George G. Szpiroerzählt 50 Geschichten über das Fach und seine Pro-tagonisten. In der leicht lesbaren, sowohl für Laienals auch für Fachleute gedachten Sammlung werdenThemen der reinen Mathematik, der Wissenschafts-geschichte und der interdisziplinären Anwendung

FMSB 2006 Unser Buchtipp 29

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aufgegriffen. Anekdoten und biographische Einzel-heiten der manchmal schrulligen Akteure werdennicht vernachlässigt, doch wird wenn immer möglichauch noch eine Idee der Theorie oder des Beweisesgegeben.

Aus dem InhaltDaniel Bernoulli und seine schwierige Familie – DerMöchtegern-Newton – Zum Tee bei Albert Einstein –Zufallszahlen können glücklich machen – An Tetrisverzweifeln auch Mathematiker – Der Schwänzeltanzder Internet-Server – Knoten, Knöpfe und Knäuel –Die Schönheit der Symmetrie u.a.

George G. Szpiro

Mathematik für SonntagnachmittagWeitere 50 Geschichten aus Mathematikund Wissenschaft (Band 2)236 Seiten, Buchverlag Neue Zürcher Zeitung 2006ISBN 3-03823-225-4, EUR [D] 26.00

In „Mathematik für Sonntagnachmittag“ erzählt derJournalist George G. Szpiro 50 neue Geschichten, indenen Mathematik als Teil unserer Kultur präsentiertwird. Reine Mathematik, Interdisziplinäres sowie Per-sönlichkeiten aus der mathematischen Welt werdendem Leser auf unterhaltsame Weise nähergebracht.

Die Kolumne „George Szpiros kleines Einmaleins“,die monatlich in der „NZZ am Sonntag“ erscheint,wurde von der Schweizerischen Akademie der Natur-wissenschaften mit dem „Prix Média“ 2003 ausge-zeichnet und erfreut sich auch drei Jahre nach ihrem

Erstauftritt eines lebhaften Leserinteresses. Eine ersteSammlung von NZZ-Artikeln über diesen Wissens-zweig erschien unter dem Titel „Mathematik fürSonntagmorgen“ und erlebte bisher drei Auflagen. Inder zweiten Sammlung, nun „Mathematik für Sonn-tagnachmittag“, fasst George G. Szpiro wiederum50 neue Geschichten zusammen, in denen Mathe-matik nicht als trockener Unterrichtsstoff, sondern aufunterhaltsame Weise als Teil unserer Kultur präsen-tiert wird. Reine Mathematik wird zum Beispiel in„Das Auswahlaxiom und seine Konsequenzen“ be-handelt, Persönlichkeiten aus der mathematischenWelt kommen in Kapiteln wie „Ein Diplomat mit Liebefür Zahlen und Schach“ zu Wort, und Interdisziplinä-res wird dem Leser etwa in „Wie friedliche Menschensich einen Kuchen teilen“ nähergebracht.Den Lesern der Semesterblätter sei das populärwis-senschaftliche Buch empfohlen. Der Autor schreibtfür die Neue Züricher Zeitung des öfteren in populär-wissenschaftlicher Form über moderne Entwicklun-gen und klassische Probleme der Mathematik undangrenzender Gebiete. Davon profitiert das Buch,das sehr gut verständlich ist und dessen Kapitel allerelativ kurz sind und jeweils eine interessante Ideezum Nachdenken an einem veregneteten Sonntag-nachmittag behandeln. Der Autor schreibt über mo-dernste Ergebnisse in souveräner Art und Weise,auch der Fachmann staunt. Viele Gebiete der Ma-thematik werden gestreift, Mengenlehre, Zahlen-theorie, Statistik usw., aber auch Astronomie undQuantenphysik und das Problem, weshalb es so we-nig Professorinnen der Mathematik gibt.

Prof. Dr. D. Stoyan

30 Unser Buchtipp FMSB 2006

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Warum man ausgerechnet inFreiberg studieren soll:

… Weil Sie sich nach Ihrem Studium mitIhrem Ausbildungsprofil von anderenAbsolventen abheben wollen!

Was ist das Besondere an einemStudium in Freiberg ?

• individuelle fachliche Betreuung durch dieHochschullehrer

• frühzeitiges selbständiges wissenschaftlichesArbeiten

• keine überfüllten Hörsäle, keine Wartezeiten beiPraktika

• Unterstützung bei Auslandssemestern undproblemlose Einbindung in ein individuellesStudium

• umfangreiche Fachbibliothek mit ausreichendenArbeitsplätzen

• Abschluss des Studiums in der Regelstudienzeitmöglich

• ständiger Zugang zu den Rechnern der Fakultät,zum Campusnetz und zum Internet

Welches Studien-Umfeld erwartet Sie ?

• eine Campusuniversität der kurzen Wege• es gibt ausreichend Wohnheimplätze• ein gut organisiertes Studentenwerk• ein Hochschul-Sportzentrum• vielfältige Sprachlehrgänge• Vermittlung von Auslandaufenthalten• Studium generale als Ergänzung zum

Fachstudium

Was bietet die Stadt Freiberg ?

• einen historischen Stadtkern mit spätgotischemStadtensemble

• eine sehr gute Verkehrslage im Herzen Sachsens• Ansiedlung bedeutender Elektronikfirmen in und

um Freiberg• ein breites Kulturangebot• eine touristisch gut erschlossenen Umgebung

Welche mathematischen Studiengängekann man bei uns studieren ?

• Angewandte Mathematik(Diplomstudiengang)

• Network Computing(Bachelor-Studiengang mit der Erweiterung durch ei-nen Masterstudiengang)

• Wirtschaftsmathematik(Bachelor-Studiengang)

• Sie haben Spaß daran, abstrakte Ideen in realeAnwendungen umzusetzen?

• Sie wollen wissen, wie das mathematischeHandwerkszeug zum Lösen von anspruchsvollenProblemen der Wirtschaft, der Ökologie oderauch der modernen Kommunikationstech-nologien professionell eingesetzt wird?

• Sie wollen tiefergehende Kenntnisse in derSoftwaretechnologie und der Rechner-kommunikation erwerben?

• Sie wollen auf die künftigen beruflichenHerausforderungen unserer multimedialenInformationsgesellschaft vorbereitet sein?

Worauf warten Sie noch? Bei uns sind Sie richtig!

FMSB 2006 Warum man ausgerechnet in Freiberg studieren soll: 31

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Wie sind wir zu erreichen?

So können Sie unsere Fakultät virtuell besuchen:

http://www.matheakademie.de

http://www.mathe.tu-freiberg.de

Informationen erhalten Sie bei:

[email protected]

und

[email protected]

Und so können Sie uns tatsächlichbesuchen:

Wichtige Anschriften

BesucheranschriftFakultät für Mathematik und Informatik

TU Bergakademie FreibergPrüferstraße 9

09599 Freiberg

PostanschriftFakultät für Mathematik und Informatik

TU Bergakademie Freiberg09596 Freiberg

Studiendekan Angewandte MathematikProf. Dr. rer. nat. habil. M. Eiermann

Tel. (03731) 39-2322E-Mail: [email protected]

Studiendekan Network ComputingProf. Dr. rer. nat. habil. H. Jasper

Tel. (03731) 39-31 16E-Mail: [email protected]

Studiendekan WirtschaftsmathematikProf. Dr. rer. nat. habil. S. Dempe

Tel. (03731) 39-29 56E-Mail: [email protected]

StudienberatungDr. S. Schellbach

Nonnengasse 2209596 Freiberg

Tel. (03731) 39-27 11, 39-34 61E-Mail: [email protected]

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