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11 Die vier Verhaltensfacetten | Rot, gelb, grün, blau: 1. Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit PEK bedeutet, die aktive Grundemotion hinter einem Verhalten zu erkennen und gezielt darauf einzugehen. Dabei kann die Grundemotion Ihres Gegenübers im Gespräch durchaus wechseln. Darum geht es In diesem Kapitel lernen Sie die vier Grundemotionen ausführlich kennen, auf denen Verhalten beruht. Damit haben Sie die Grundlage, das Verhalten anderer besser zu verstehen und eine wirksame Kommunikation aufzubauen. 1.1 Die vier Verhaltensfacetten Stellen Sie sich vor, Sie stehen bei einem wichtigen Kunden kurz vor dem Abschluss. Sie haben ein gutes Angebot abgegeben, Qualität und Preis stim- men. Seit Monaten sind Sie mit dem Einkaufsleiter und seinem Stellvertre- ter in Kontakt, haben an den Feinheiten gefeilt, zusätzliche Serviceleistun- gen offeriert und Ihr Angebot mit Argumenten und Fakten untermauert. Sie sind sicher, heute die Unterschrift unter den Vertrag zu bekommen. Doch alles kommt anders. Mitten im Gespräch macht Ihr Gegenüber einen Rück- zieher, und Sie verstehen nicht wieso. Alle Argumente sind ausgetauscht, Die emotion Die vier Verh

Ganz einfach überzeugen || Rot, gelb, grün, blau: Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit

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Page 1: Ganz einfach überzeugen || Rot, gelb, grün, blau: Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit

11 Die vier Verhaltensfacetten |

Rot, gelb, grün, blau: 1. Die emotionalen Facetten

jeder Persönlichkeit

PEK bedeutet, die aktive Grundemotion

hinter einem Verhalten zu erkennen

und gezielt darauf einzugehen.

Dabei kann die Grundemotion Ihres Gegenübers

im Gespräch durchaus wechseln.

Darum geht es

In diesem Kapitel lernen Sie die vier Grundemotionen ausführlich kennen, auf denen Verhalten beruht. Damit haben Sie die Grundlage, das Verhalten anderer besser zu verstehen und eine wirksame Kommunikation aufzubauen.

1.1 Die vier Verhaltensfacetten

Stellen Sie sich vor, Sie stehen bei einem wichtigen Kunden kurz vor dem Abschluss. Sie haben ein gutes Angebot abgegeben, Qualität und Preis stim-men. Seit Monaten sind Sie mit dem Einkaufsleiter und seinem Stellvertre-ter in Kontakt, haben an den Feinheiten gefeilt, zusätzliche Serviceleistun-gen offeriert und Ihr Angebot mit Argumenten und Fakten untermauert. Sie sind sicher, heute die Unterschrift unter den Vertrag zu bekommen. Doch alles kommt anders. Mitten im Gespräch macht Ihr Gegenüber einen Rück-zieher, und Sie verstehen nicht wieso. Alle Argumente sind ausgetauscht,

Die emotion

Die vier Verh

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der Preis ausgehandelt, die Umsetzung in den Details besprochen und op-timiert. Der Einkaufsleiter zieht sich plötzlich zurück, schließlich ginge es um eine riesige Investition und mit der alten Lösung sei man doch eigent-lich ganz zufrieden. Aus heiterem Himmel kommt eine unerklärliche Absa-ge.

Was ist passiert? Wenn besondere Umstände, zum Beispiel wirtschaft-liche, die Investition unmöglich machen, warum legt Ihr Kunde die Karten nicht auf den Tisch? Kann es möglich sein, dass Sie seit Wochen aneinan-der vorbei geredet haben? Kann es sein, dass Ihre Daten, Fakten und Argu-mente nicht ausschlaggebend sind, Ihr Kunde vielmehr andere Bedürfnis-se und Motive hat, denen Sie nicht adäquat begegnet sind? Oder haben Sie im Gesprächsverlauf einen Fehler gemacht, der die Sache zum Kippen ge-bracht hat?

Trotz perfekter Argumentationsleitfäden, umfangreicher Gesprächs-vorbereitungen oder dem Aushebeln der Konkurrenz schlagen Kunden An-gebote aus oder entscheiden sich für ein teureres zweites Angebot. Ande-re Kunden verzichten dagegen auf lange Ausführungen und entscheiden beim zweiten Termin, ohne alle Details zu besprechen, dass Sie ins Geschäft kommen. Wieder andere Kunden entscheiden erst, nachdem Sie auch Din-ge zur Sprache gebracht haben, die Sie eher als unwichtig sehen, zum Bei-spiel dass Ihr Unternehmen regelmäßig repräsentative Kundenbefragun-gen durchführt oder dass Ihre Fluktuationsrate nur halb so hoch ist wie im Durchschnitt Ihrer Branche.

Wichtig:Erfolg ist immer wieder einzigartig. Es gibt kein Standardrezept dafür.

An diesen kurzen Episoden merken Sie bereits, dass es wenig Sinn hat, jeden Kunden auf die gleiche Weise anzusprechen. Argumentationsleit-fäden funktionieren vielleicht beim ersten Gespräch, wenn ein Kunde er-wartet, dass Sie ihm als Verkäufer Ihre besten Argumente und Versprechen liefern. Doch Ihre Mitbewerber sind ebenso vorbereitet. Argumente und Ver-sprechen schaffen eine Grundlage – aber keinen Vorsprung! Den erreichen Sie nur, wenn Sie schneller als andere wissen, was Ihrem Kunden wirklich wichtig ist und wie er „tickt“.

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Deshalb sagt Ihnen kein Drehbuch, wann Sie vom Argument zum kon-kreten Angebot, vom Angebot zur Preisverhandlung, von der Preisverhand-lung zur Entscheidung weitergehen können. Beim einen klappt es mit gro-ßer Leichtigkeit, beim nächsten Kunden gehen Wochen ins Land, bis der Vertrag unter Dach und Fach ist. Dass es zwischen den einzelnen Kun-den erhebliche Unterschiede gibt, haben Sie längst erfahren, doch wissen Sie auch, welchen Kunden Sie wie angehen müssen, um zum Ziel zu kom-men? Können Sie anhand Ihrer Menschenkenntnis sagen, ob Ihr Kunde Zeit braucht und wann Sie auf eine Entscheidung drängen können? Hilft Ihnen Ihr Bauchgefühl?

Beeinflussen Sie Verhalten und Entscheidungen mit PEK

In diesem Buch stellen wir Ihnen den Ansatz der praktischen emotiona-len Kompetenz (PEK) vor. Damit erlangen Sie Ihr individuelles Handwerks-zeug, um Ihre Menschenkenntnis und Erfahrungen zu systematisieren und bewusst einzusetzen. Zunächst, um zu erkennen, was Verhalten verursacht und wie Entscheidungen getroffen werden. Doch dieses Buch liefert Ihnen darüber hinaus einen Schlüssel, mit dem Sie die oben beschriebenen Situa-tionen wesentlich besser bewältigen können. Einen Schlüssel, mit dem Sie Verhalten und Entscheidungen nicht nur verstehen, sondern auch in legiti-men Maß beeinflussen können! Das schaffen Sie dauerhaft weder mit aus-gefeilten – und damit starren – Verhandlungsstrategien noch mit bloßem Bauchgefühl.

Was ist praktische emotionale Kompetenz (PEK)?Das Konzept der praktischen emotionalen Kompetenz (PEK) verbindet Raymond B. Cattells 1 Sicht der Persönlichkeit als „dem Verhalten eines Menschen in einer bestimmten Situation“ mit dem klassischen situativen Ansatz nach William M. Marston 2 mit vier primären

1 Raymond Bernard Cattell (1905-1998) war ein britisch-US-amerikanischer Persönlichkeits-Psychologe.

2 William Moulton Marston (1893-1947) war ein US-amerikanischer Psychologe.

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Emotionen als Triebkräfte von Verhalten. Diese vier Facetten der Persönlichkeit sind ein vereinfachendes und gleichzeitig sehr anschauliches Hilfsmittel, um wesentliche Verhaltensmuster zu identifizieren, klar voneinander zu unterscheiden und die zu Grunde liegenden Emotionen transparent zu machen. Mit Hilfe einfacher und sofort einsetzbarer Werkzeuge lässt sich jede zwischenmenschliche Situation bewusst und aktiv gestalten. Basis für die Auswahl des richtigen Werkzeuges ist das beobachtbare Verhalten wie z. B. Ausdrucksweise, Sprache und Körpersprache.

Mit PEK schärfen Sie Ihre Beobachtungsgabe, nehmen Aussagen von Kunden, Mitarbeitern oder Geschäftspartnern bewusster wahr und öffnen Ihren Blick für eine ganzheitliche Wahrnehmung von Gestik, Mimik und Körpersprache. Damit erhalten Sie Anhaltspunkte und Indizien, die es Ih-nen ermöglichen, Beweggründe und Motive, die Verhalten und Kommuni-kation bestimmen, zu „entschlüsseln“. Mit diesem Wissen können Sie auf Ihr Gegenüber besser eingehen und ihm genau das bieten, was er bzw. sie braucht. Das hat nichts mit Manipulation zu tun, sondern eher mit klassi-scher Rhetorik, der in der Einführung beschriebenen Kunst des Überzeu-gens.

Unterscheiden Sie zwischen Gefühle n und Emotionen

Sie lernen, Ihr „Bauchgefühl“ rational zu entschlüsseln und mit einfa-chen Werkzeugen daraus einen Nutzen für Ihren (Berufs-)Alltag zu schaf-fen. Sie tun dies, indem Sie aus Verhalten und Äußerungen, aus Körper-sprache und Gesten die dahinter liegenden Grundemotionen identifizieren. Emotionen bestimmen sehr wesentlich unser Verhalten und auch unsere Gefühle, wie Wut, Trauer und Freude. Gefühle sind subjektiv und individuell erlebte Emotionen, sie sind damit bereits Teil unseres Verhaltens und nicht dessen Ursache.

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Abbildung 1: Einfluss der Grundemotionen auf das Verhalten

Die vier Grundemotionen nach William Marston

William Marston hat bereits 1928 erklärt, wie menschliches Verhalten durch vier sogenannte Grundemotionen verursacht und getrieben wird. In diesen Grundemotionen verbindet Marston Persönlichkeit und deren unter-bewusste, subjektive, individuelle Sicht auf die konkrete Situation zu einer gemeinsamen Wirkung. Er setzt so auf die Integration der beiden für das menschliche Verhalten bestimmenden Ursachen – und nicht auf deren je-weils isolierte Betrachtung.

Damit bietet Marston eine elegante Lösung für das Dilemma, dass Ver-halten zwar unstrittig sowohl durch Persönlichkeit als auch durch die Situ-ation bestimmt wird, es aber praktisch kaum möglich ist zu sagen, ob ein wahrgenommenes Verhalten der Persönlichkeit oder der Situation zuzu-schreiben ist.

Wichtig:Verhalten kann nur verstehen, wer Persönlichkeit und Situation zusammen betrachtet.

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Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Wer unter Zeitdruck steht, weil er seinen Flug erreichen muss, wird im Gespräch kurz angebunden sein, das Verhalten ist also in diesem Fall durch die Situation bestimmt. Es ist aber auch möglich, dass Sie bei einem Kunden auf eine Persönlichkeit treffen, die, ohne es unhöflich zu meinen, grundsätzlich kurz, knapp und sachlich agiert.

Die vier Grundemotionen wirken nach Marston wie ein innerer Motor, der den Drang erzeugt, in einer bestimmten Weise zu handeln. Jede von ih-nen ist demnach Auslöser von typischen Verhaltensweisen und gleichzeitig Quelle der zugehörigen Motive, Bedürfnisse und Vorlieben. So verursacht jede der vier Grundemotionen jeweils eine ganze Facette menschlichen Ver-haltens.

Indem Sie aus dem Verhalten Ihres Gegenübers die dahinter liegende, momentan aktive Grundemotion erkennen, können Sie sich in diesen Men-schen hineinversetzen – ohne seine Persönlichkeit und seine Situation ge-nauer zu kennen. Dies ist ein großer Vorteil in Erstgesprächen, im Umgang mit Menschen, mit denen man selten zu tun hat, oder bei konfliktträchtigen Zusammentreffen.

Die Frage, wie stark Verhalten durch die aktuelle Situation oder durch Persönlichkeitsmerkmale verursacht wird, ist eine klassische Frage der Psy-chologie. Alle drei möglichen Antworten, „Persönlichkeit“, „Situation“ und „beides“, haben ihre Fürsprecher. Auch wenn die praktische Erfahrung nur die dritte Antwort – „beides“ – zulässt, so erfreuen sich Persönlichkeitstypo-logien und die daraus abgeleiteten Persönlichkeitstests aus der Psycholo-gie der „messbaren Persönlichkeit“ immer noch großer Beliebtheit und wei-ter Verbreitung. Oft unausgesprochen beruhen sie auf der Annahme, dass der Einfluss der Situation auf das Verhalten nicht größer als der „Messfeh-ler“ sei.

Natürlich stellt sich hier auch die Frage, inwieweit das Ankreuzen von Antwortalternativen auf einem Fragebogen die Grundlage einer Messung der „Persönlichkeit“ sein kann. Genau so schwer wiegt die oft ignorierte Tatsache, dass jede Messung die zu messende Größe beeinflusst. Bleiben wir beim Fragebogen. Es ist ein großer Unterschied, ob Sie Ihre Kreuze in der lockeren Atmosphäre eines Seminars machen oder ob Sie einer von zehn Bewerbern um eine Position sind und wissen, dass Ihr „Test“ Grundlage des nachfolgenden Personalgespräches sein wird – falls Sie nicht einer von den

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sieben sind, die „durchfallen“. Natürlich ist so ein Test durchaus bequem. Sie (glauben zu) wissen, wer Sie sind, Sie bauen auf die Ihnen bescheinigten Stärken und haben eine Entschuldigung für Ihre Schwächen.

Da Bequemlichkeit keine Basis für Erfolg in rauen Zeiten ist, bietet Ih-nen dieses Buch die Chance, Ihren Erfolg von Situation zu Situation immer wieder neu zu erarbeiten. Mit Ihrer Beobachtungsgabe und Ihrem gesun-den Menschenverstand und frei von Klischees, Schubladendenken oder „Ty-pisierung“.

Die vier Verhaltensfacetten , die Sie in diesem Buch kennen lernen

In der Tradition von William M. Marston benennen wir die vier Facetten menschlichen Verhaltens griffig mit wesentlichen, leicht erkennbaren Ei-genschaften und visualisieren sie plakativ mit den von ihm für die zugehö-rigen Grundemotionen benutzten vier Farben:

Rot: Y unsere pragmatische, handelnde Seite,Gelb: Y unsere optimistische, unbeschwerte Seite,Grün: Y unsere sanftmütige, einfühlsame Seite,Blau: Y unsere nachdenkliche, hinterfragende Seite.

Das handelnde Rot, das unbeschwerte Gelb, das einfühlsame Grün und das hinterfragende Blau bilden die vier Facetten unseres Verhaltens, die un-sere Kommunikation und unser Handeln widerspiegeln und einordnen. Je-der Mensch agiert grundsätzlich in allen vier Verhaltensfacetten. Im norma-len Alltag lassen sich dabei oft Präferenzen für die eine oder andere Facette beobachten. Widerstehen Sie jedoch der Versuchung, Etiketten für Ihre Mit-menschen zu vergeben – „der oder die ist so und so“.

Die Sicht einer Situation kann sich von einer Sekunde zur anderen än-dern und mit ihr die aktive, die verhaltensbestimmende Grundemotion, zum Beispiel durch eine unbedachte Bemerkung. Das gilt natürlich auch für Sie selbst. Wenn Sie sich gerne als optimistisch und locker sehen, gibt es da nicht diesen einen Einkäufer bei Ihrem wichtigen Kunden, dem Sie am liebs-ten aus dem Weg gehen? Weil Sie sich durch ihn eingeschüchtert fühlen?

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Die vier in diesem Buch benutzten Farben sind also keine Etiketten, die Ihnen Verantwortung abnehmen und einfache Lösungen bieten. Die Farben bilden eine vereinfachende Grundlage für die Vertiefung und Systematisie-rung Ihrer Menschenkenntnis. Die folgende kurze Beschreibung der vier Grundemotionen geht direkt auf Marston zurück:

Die erste Grundemotion (Rot) entspringt der Unzufrieden-heit, auf die eigene, individuelle Wahrnehmung einer Situa-tion noch nicht angemessen reagiert zu haben. Der daraus resultierende starke, übergeordnete Drang, zu handeln und

konkrete Ergebnisse zu erreichen, prägt das zugehörige Verhalten. Proble-me werden direkt angegangen, Hindernisse beseitigt. Rot strebt stets die Kontrolle über die wahrgenommene Situation an. Marston nennt diese Emo-tion „Dominance“, was mit „Dominanz“ sicher korrekt übersetzt ist. Die kleine Grafik symbolisiert die resultierende Einstellung. „Ihr könnt noch zaudern, ich gehe los!“

Die zweite Grundemotion (Gelb), resultiert aus der Freude des Agierens oder Reagierens auf eine wahrgenommene Si-tuation, also aus der Befriedigung, die aus der Interaktion mit anderen oder mit dem eigenen Tun erwächst. Marston

nennt diese Emotion „Inducement“, was man mit „Antrieb, Ansporn“ aber auch mit „Beeinflussung“ übersetzen kann. Im auf Gelb basierenden Ver-halten treiben wir uns und andere mit wachsender Begeisterung an. Mit die-ser Begeisterung geht es uns selbst gut und wir beeinflussen andere, die da-für empfänglich sind. Hier symbolisiert die Grafik „Seht her, ich habe es geschafft!“

Die dritte Grundemotion (Grün) erwächst aus der Freude über die Zunahme von Einklang und Übereinstimmung mit einer subjektiv als positiv und vertraut erlebten Situation. Dies bildet den Antrieb für Handlungen, die Harmonie und

positive Verbundenheit mit dem Umfeld und den zugehörigen Menschen herstellen sollen. Marston nennt diese Grundemotion „Submission“, was so viel bedeutet wie „sanftmütig“, „nachgebend“, „bescheiden“ agieren. Dazu passt die grafisch visualisierte Botschaft „Wir stehen alle fest zusammen.“

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Die vierte Grundemotion (Blau) wurzelt in der Unzufrieden-heit darüber, dass bei einer aktuell erlebten Situation noch keine Klarheit darüber herrscht, wie man damit umgehen soll, um sowohl zu einer innerlichen als auch äußerlichen

Übereinstimmung zu kommen. Marston nennt diese Grundemotion „Com-pliance“, was als das höfliche, aber gründliche Streben nach Übereinstim-mung übersetzt werden kann. Basis für Übereinstimmung im Bewusstsein ist dabei das Streben nach einer vollständigen Klärung der Situation. Dies gilt auch für große, komplexe Fragen, wie hier symbolisiert durch das „ge-stemmte“ Fragezeichen.

Abbildung 2: Die Beziehungen der Grundemotionen untereinander

Abbildung 2 zeigt, wie die vier Grundemotionen miteinander in Bezie-hung stehen und wie sich der Wechsel der aktiven Grundemotion grund-sätzlich gestaltet. Auslöser ist demnach immer eine Veränderung der Selbst-sicht (wie erlebe ich mein Ego) und/oder der Interpretation des Umfeldes. Sehr ausführlich behandeln wir dieses zentrale Thema in Kapitel 2.3.

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Wichtig für das Verständnis der Grundemotionen ist, dass sie einen kon-kreten Auslöser brauchen, um aktiv zu werden. Dieser Auslöser ist stets die individuelle, ganz persönliche Wahrnehmung der Umwelt vor dem Hinter-grund von Veranlagung, Erziehung, Erfahrung, Werten, Kultur oder Welt-anschauung. Zwischen Umwelt und Individuum wirkt die Persönlichkeit als Wahrnehmungsfilter – jeder Mensch erlebt seine persönliche Welt. Dies bedeutet auch, dass für den einen ein für andere scheinbar unbedeutender Reiz starke Emotionen auslösen kann, zum Beispiel weil er mit starken Er-innerungen verbunden ist und diese die Wirkung verstärken. Jemand, der bei einem Mitarbeiter erlebt hat, dass die unkonkrete Aussage „es läuft ganz gut“ am Ende ein Desaster mit sich brachte, wird auf die gleiche Aus-sage bei einem anderen Mitarbeiter sehr unwillig reagieren, da sich dieses Erlebnis tief eingeprägt hat.

Tipp: xAkzeptieren Sie, dass Emotionen Ihr Verhalten weit stärker beeinflussen als der Verstand.

Eine Änderung im Verhalten geht immer damit einher, dass sich die Wahrnehmung der Situation und die damit vorherrschende Grundemotion ändert. Das ist etwa der Moment, wenn der Kunde die Vorzüge eines Pro-dukts ausreichend überprüft hat und nun bereit für die Kaufentscheidung ist. Seine Körpersprache und Mimik verändern sich, er wird andere Begriffe wählen, die Ihnen signalisieren, dass jetzt Handeln und Aktion in den Vor-dergrund treten.

Die Grundemotion hinter dem Verhalten erkennen und darauf eingehen

William Marston ging es also nicht um Typisierung von Persönlichkeit, wie es verschiedene Autoren heute fälschlich unterstellen. Er ist damit auch definitiv nicht der geistige Vater des DISG-Persönlichkeitsprofils® .

Damit sind wir beim zentralen Punkt von PEK: Es geht nicht darum, zu er-kennen, welchem Persönlichkeitstyp jemand entspricht, oder gar seine Per-sönlichkeit einzuschätzen. Ersteres ist ein Irrweg, da es keine situationsun-

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abhängigen Typen gibt. Egal, auf welche Typen man sich festlegt, im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass man nicht jedes Verhalten auf einen Typus zurückführen kann und jeder Mensch jeden Typus zeitweise verkörpert. Noch kritischer ist es bei der Frage nach der Persönlichkeit. Da Verhalten jedoch immer situationsspezifisch ist, definiert sich die Persönlichkeitsfor-schung gerade neu und bietet den gängigen Persönlichkeitsmodellen und den darauf basierenden Tests keine wissenschaftliche Grundlage mehr. Und selbst wenn es „irgendwie“ gelänge, Persönlichkeit zu beschreiben – ohne umfassende Kenntnis der jeweiligen Situation könnte daraus keine Progno-se für Verhalten abgeleitet werden.

PEK bedeutet, die aktive Marstonsche Grundemotion hinter einem Ver-halten zu „erkennen“ und darauf bewusst und gezielt einzugehen. Die Grund-emotion Ihres Gegenübers kann im Laufe eines Gesprächs durchaus wech-seln, auch mehrfach – schließlich sind Emotionen im Vergleich z. B. zu Stim-mungen, die auch über Tage andauern können, kürzer, doch dafür intensi-ver. Zudem haben Emotionen immer einen situationsbezogenen Auslöser, auch wenn dieser nicht immer sofort und jedem transparent wird.

Durch die Beispiele im Buch erarbeiten Sie sich Werkzeuge, mit deren Hilfe Sie das Verhalten Ihrer Kunden und Gesprächspartner interpretieren und direkt darauf reagieren können. Dazu machen wir Sie in den folgen-den Kapiteln mit den relativ leicht beobachtbaren, äußeren Merkmalen ver-traut, anhand derer sich die Grundemotionen im Verhalten zeigen. Dabei geht es um die Schwerpunkte Mimik, Gestik und Körpersprache, Sprache sowie vor allem um das charakteristische Verhalten. Mit der Interpretation des beobachtbaren Verhaltens bekommen Sie die Indizien, die einen Rück-schluss auf die zugrunde liegende Grundemotion ermöglichen. Wenn Sie auf Basis der vier Facetten erkennen, welche Grundemotion das Verhalten Ihres Gesprächspartners gerade bestimmt, können Sie Ihren Vorschlag oder Ihr Angebot so formulieren, dass Sie die Person in der jeweiligen Grund-emotion erreichen.

Wichtig:Körpersprache ist ein zuverlässiger Indikator der aktiven Grundemotion.

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Doch Sie können noch einen großen Schritt weitergehen. Sie können ver-suchen, bei Ihrem Kunden bewusst eine andere als die gerade aktive Grund-emotion anzusprechen. Zum Beispiel, indem Sie seine blaue, die nachdenk-lich hinterfragende Facette mit einer umfassenden und schlüssigen Erklä-rung in ihrem Hunger nach Information befriedigen und danach sofort ei-nen signifikanten Vorteil Ihres Angebotes auf den Tisch legen. So ebnen Sie gezielt den Weg, um bei Ihrem Kunden die rote, pragmatisch handelnde Fa-cette zu aktivieren. Das wird Ihnen nicht immer gelingen, aber durch Übung immer öfter.

1.2 Die Facetten im Vertriebsalltag

In diesem Kapitel lernen Sie, Grundemotionen praktisch zu erkennen und das Verhalten anderer besser zu verstehen.

Die folgenden kurzen Dialoge erleben Sie so oder so ähnlich täglich, be-sonders im Verkauf. Hier erfahren Sie, wie Sie die aktive, also die verhal-tensbestimmende Grundemotion ganz einfach ableiten. Jeder Akteur der verschiedenen Szenen zeigt in seinem Verhalten deutlich die Indikatoren für die zugrunde liegende Emotion. Wie im wirklichen Leben klappt entwe-der die Verständigung zwischen zwei Gesprächspartnern, oder es kommt zum Konflikt. Ein Großteil der Ursachen unserer alltäglichen Kommunika-tionsprobleme lässt sich mit der Wechselwirkung verschiedener Grundemo-tionen erklären.

Es geht – das sei nochmals ausdrücklich vorangestellt – nicht darum, die Beteiligten der folgenden Szenen mit einem Etikett zu versehen, wie „Der Workaholic“ oder „Der Kreative“. Es gibt in diesem Buch und im richtigen Leben keine Typen, sondern nur Basisemotionen, die sich in beobachtba-rem Verhalten manifestieren.

Versuchen Sie beim Lesen die Merkmale zu finden und zu entschlüsseln, die darauf hinweisen, welche Grundemotion Anne, Bernd, Martin, Katrin und Alexandra in der beschriebenen Situation bewegen. Wer zeigt dadurch seine dominante, handelnde Seite (Rot), wer seine optimistische, unbe-

rtriebsalltag

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schwerte (Gelb)? Wer agiert eher sanftmütig, einfühlsam und vorsichtig (Grün), wen erleben wir nachdenklich, hinterfragend (Blau)? Unterscheiden Sie also die vier Facetten menschlichen Verhaltens, plakativ veranschau-licht mit vier Farben.

Der Hintergrund der Dialoge

Markus, der als Presales Consultant arbeitet, soll innerhalb von nur einer Woche fünf sehr wichtige und umfassende Angebote erstellen. Sowohl we-gen seiner Fachkompetenz als auch wegen seiner sympathischen Art beim Präsentieren, die bei den meisten Kunden sehr gut ankommt, ist er häufig der erste Ansprechpartner der Vertriebskollegen im Außendienst. Natürlich freut das Markus, und er sagt kaum einmal Nein, wenn er um Unterstüt-zung gebeten wird. Doch für diese Woche ist es einfach zu viel, und er muss mindestens ein, wenn nicht gar zwei Angebote an einen Kollegen überge-ben. Doch davon muss er noch seine Kollegen überzeugen ... Die Dialoge zei-gen, wie es Markus dabei ergeht, wann und warum er mit seinem Anliegen Erfolg hat und wann und warum nicht.

Markus und Anne

Anne ist die beliebte und sehr dynamische Key-Account-Managerin für einen Automobilhersteller. Da sie immer sehr beschäftigt ist, hat Markus extra mit ihr telefonisch einen Termin vereinbart. Diesen hatte sie kurz und ungewohnt unfreundlich mit „Ja, ist gut. Wenn es sein muss“ bestätigt. Er kommt pünktlich zum verabredeten Termin in Annes Büro an.

Markus: „Hallo Anne, wie geht’s? Unser neuer Kunde entwickelt sich ja prächtig, immerhin gibt es jetzt schon die vierte Anfrage in nur zwei Monaten und aus den drei davor sind ja umfangreiche Pro-jekte geworden.“

Anne: „Ja, danke. Wir sind halt ein gutes Team. Aber Du willst sicher mehr als ein Lob. Also?“

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Markus: „Nun ja, Anne, im Moment weiß ich gar nicht, wo mir der Kopf steht. Und wahrscheinlich kann ich gar nicht alles schaffen, was im Moment auf meinem Tisch liegt.

Anne: „Ja, ja. Diese Situationen kennen wir alle.“

Markus: „Eigentlich hatte ich gehofft, Du könntest mir helfen. Ich würde gern eine Anfrage an Peter aus meinem Team abgeben. Der kennt sich doch mit dem Thema mittlerweile genauso gut aus wie ich, und, wie schon gesagt, ich schaffe einfach nicht alles.“

Anne: „Das ist doch ein Experiment. Das machen wir definitiv nicht bei meinem Kunden. Ist das alles? Ich muss weitermachen.“

Markus: „Sprich doch einfach mal mit Peter, dann siehst Du selbst …“

Anne: „Sag mal, geht es noch?! Ich habe wirklich genug zu tun, Ich muss meine Deadline einhalten und Du stiehlst mir meine Zeit mit Jam-mern. Bis Donnerstag 17.00 Uhr habe ich das Angebot und eine Präsentation auf dem Tisch. Und am Freitag treffen wir uns Punkt 8.15 Uhr auf unserem Parkplatz, und wir fahren mit meinem Auto zum Kunden. Mehr ist dazu nicht zu sagen.“

Markus: „Das geht doch aber nicht. Ich kann das doch nicht alles alleine schaffen, und ich habe Peter doch eigentlich schon voll informiert, lass uns doch bitte …“

Anne: „Markus, das ist nicht mein Thema. Zum letzten Mal: Bis Don-nerstag 17.00 Uhr habe ich alle Unterlagen, und Freitag fahren wir 8.15 Uhr zum Kunden. So, und nun muss ich arbeiten. Tschüss!“

Markus weiß nicht, was er zu so viel Ignoranz und Arroganz sagen soll, und verlässt wortlos den Raum. Anne macht sich, ärgerlich über die Stö-rung, wieder an die Jahresplanung, die dem Vertriebsvorstand am kommen-den Abend vorliegen muss.

Wichtig:In der PEK heißt Menschen verstehen, ihr Verhalten dahingehend zu interpretieren, welche Grundemotion sich darin zeigt.

Wie sehen Sie ganz spontan die beiden? Tut Ihnen Markus leid? Finden Sie Anne unmöglich? Doch lassen Sie uns hier nicht werten, sondern schau-en, welche Indizien für primäre Emotionen wir finden können, die die trei-benden Kräfte hinter dem Verhalten von Anne und Markus waren.

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Entscheiden Sie sich zunächst ganz spontan: In welchen Farben (Grund-emotionen) haben Sie Anne bzw. Markus erlebt?

Farbe(n) von Anne: ………..

Farbe(n) von Markus: ……………

Welche Anhaltspunkte liefert dieser kurze Dialog? Welche Belege bzw. Indizien haben Sie für Ihre spontanen Antworten?

Analyse: Markus begrüßt Anne freundlich, und er bemüht sich um eine angenehme Atmosphäre für diesen Termin. Er bleibt auch noch freundlich und verbindlich nach der ersten knappen und für ihn unverständlichen und so nicht erwarteten Abfuhr von Anne. Markus zeigt sich von Anfang an von seiner sanftmütigen und einfühlsamen Seite. Er bemüht sich um Einklang und Harmonie mit Anne. Ein starkes Indiz dafür, dass bei einem Menschen das Handeln aus der grünen Grundemotion heraus beeinflusst ist. Weitere Anzeichen für Grün liefert die Reaktion auf Annes strikte Weigerung, mit Markus überhaupt zu diskutieren: Markus macht vorsichtig einen Alterna-tivvorschlag, ist dabei aber alles andere als bestimmt, wie zum Beispiel die Redewendung „Peter ist doch eigentlich schon gut eingearbeitet, lass uns doch bitte …“ zeigt. Markus wäre es am liebsten, wenn Anne sich besinnen würde. Er bemüht sich daher um ihr Verständnis für seine Situation und will ihr die Schwierigkeiten aufzeigen, die er sieht. Er tritt nicht aggressiv oder übermäßig bestimmt auf, er baut auf Einsicht und Verständnis bei Anne. In Grün suchen wir Harmonie und Einklang, leben auf, wenn sich die Situati-on positiv entwickelt, und leiden still, zumindest anfangs, wenn es anders kommt. Markus zeigt uns also hier einen Ausschnitt aus dem Verhaltens-spektrum, das ein deutlicher Indikator für die grüne Grundemotion ist.

Anne geht in dieser Szene nicht auf Markus ein, für sein Anliegen und seine Befindlichkeiten zeigt sie keinerlei Interesse. Würden Sie sagen, Anne wirkt hier aggressiv, ignorant, anmaßend und egoistisch? Selbst wenn Sie Annes Gründe – der wichtige Termin, verbunden mit Zeitdruck – kennen? Anne kann im Moment sicher damit leben, für sie zählt jetzt nur die termin-gerechte Erledigung ihrer Aufgabe. In Rot setzen wir klare Prioritäten, ohne allzu viel Rücksicht auf die Meinung anderer zu nehmen. Wo gehobelt wird, da fallen Späne, so könnte man die hier von Anne gezeigten Indikatoren für die rote Grundemotion umschreiben.

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Markus wird das wenig trösten, und Anne soll damit auch nicht entschul-digt werden. Im Moment geht es nur darum, Verhalten zu interpretieren und zu verstehen, welche Grundemotion dahinter steht. An anderer Stelle wer-den wir diskutieren, was Markus in dieser Szene hätte tun können, um nicht so sang- und klanglos abzublitzen. Auch Anne hätte bei gleichem Zeitauf-wand ihren Kollegen nicht so verprellen müssen.

Jetzt schauen wir erst einmal, was Markus bei seinem nächsten Termin erlebt.

Markus und Bernd

Immer noch bedrückt und verärgert durch Annes Abfuhr geht Markus ins nächste Büro auf seinem Plan. Hier sitzt Bernd. Bernd arbeitet als soge-nannter „Jäger“ zur Neukundengewinnung, ist umgänglich und scheinbar immer gut gelaunt.

Bernd: „Ach Markus, gut, dass Du kommst. Ich sitze hier gerade, und mein Skype funktioniert nicht, die Webcam wird nicht erkannt.“

Markus: „Skype? Aber das ist doch noch gar nicht freigegeben. Lass das lie-ber, sonst gibt es noch Ärger.“

Bernd: „Woher denn, das wissen doch nur ein paar Eingeweihte. Alle in unserem Team haben das. Wie stehe ich denn nachher da, wenn ich als Einziger nicht zu sehen bin? Schau doch schnell mal. Ist be-stimmt nur eine Kleinigkeit.“

Markus: „Du Bernd, ich habe im Moment ganz andere Sorgen. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht, und ich brauche jetzt ganz dringend Deine Hilfe.“

Bernd: „Klar Markus, eine Hand wäscht doch die andere. Sag, was ich für Dich tun kann, und in der Zwischenzeit bringst Du mein Skype zum Fliegen. Okay?!“

Markus: „Bitte Bernd, hör mir doch erst einmal zu. Ich kann unmöglich alle Angebote für diese Woche schaffen. Du kennst doch Peter, den habe ich in den letzten Monaten wirklich gut eingearbeitet. Peter würde sich riesig freuen und wäre stolz, wenn er das aktuelle An-gebot für Dich machen dürfte. Wie findest Du die Idee?“

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Bernd: „Das ist doch jetzt nicht dein Ernst Markus, oder? Das ist die Chance, auf die ich seit einem Jahr warte. Da ist das beste Ange-bot gerade gut genug, das muss ein Hammer werden. Ein Hammer verstehst du? Dazu brauche ich Dich und nicht Deinen Lehrling, okay?“

Markus: „Bernd, Du unterschätzt Peter völlig, der ist manchmal schon bes-ser als ich, wirklich!“

Bernd: „Netter Versuch, Markus. Mein Gott, jetzt hätte ich beinahe wegen Dir noch meinen Termin verschwitzt. Also, wir sprechen übermor-gen unser Angebot durch, ich gebe auch ein Kaffee aus.“

Markus: „Bitte Bernd, die Situation ist ernst, Du musst mir helfen.“

Bernd: „Klar, ich verstehe Dich, wir helfen uns doch gegenseitig, so gut wir können, schließlich sind wir doch ein Superteam. Du schaffst das schon, ich kenne Dich doch. Also hau rein und mach‘s gut, Tschüss, bis übermorgen.“

Markus: „Bernd, bitte lauf nicht einfach weg. Ich …“

Bernd: „Sorry Markus, bin spät dran. Ich verlass mich auf Dich! Ciao!“

Wieder hat Markus kein Gehör gefunden und schon gar nicht die Unter-stützung, auf die er gehofft hat. Bevor wir darüber sprechen, was diesmal warum schief gelaufen ist, betrachten wir zunächst die jeweils aktive Ver-haltensfacette.

Welche Farben haben Sie erkannt?

Farbe(n) von Bernd: …………………

Farbe(n) von Markus: ………………….

Analyse: Wie steht es hier mit den Indizien? Dass Bernd in dieser Sze-ne gut drauf ist, ist nicht zu übersehen. Er freut sich, dass Markus kommt, zeigt sich umgänglich und bindet ihn sofort in seine augenblickliche Situa-tion ein. Als Markus darauf nicht eingeht, sondern sein Problem anspricht, reagiert er absolut gelassen, wobei er jede Diskussion vermeidet. Stattdes-sen setzt er auf seine Beredsamkeit und versucht Markus zu motivieren. Als das nicht gelingt, verlässt er einfach die Szene mit Worten, die Markus aufbauen und motivieren sollen. Dass er sein eigenes Ziel, ein Softwarepro-blem in den Griff zu kriegen, dadurch auch nicht erreicht, scheint Bernd nicht zu stören, wahrscheinlich hat er zum Schluss gar nicht mehr daran

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gedacht. Damit zeigt Bernd viele typische Anzeichen dafür, dass die gelbe Grundemotion hier sein Handeln bestimmt hat.

Markus trägt sein Anliegen sehr vorsichtig vor, benutzt oft den Konjunk-tiv als Höflichkeitsform und umschreibende Fragen. Er bittet um Verständ-nis, reagiert ausgesprochen behutsam und ohne jede Aggression, will auf keinen Fall das Verhältnis zu seinem Kollegen gefährden. Auch hier zeigt uns Markus wieder deutliche Beispiele eines grünen Verhaltens.

Katrin und Markus

Voller Hoffnung macht sich Markus auf den Weg zu seiner guten Kol-legin Katrin. Sie ist im Team mit anderen Aufgaben beschäftigt, kümmert sich aber auch um die Angebotserstellung, wenn Not am Mann ist. Markus hatte sich telefonisch bei Katrin angekündigt, und sie erwartet ihn bereits. Sie freut sich, dass er vorbeikommt, bietet ihm gleich einen Kaffee an und hat sogar Plätzchen und Schokolade auf einem kleinen Tellerchen vorberei-tet.

Katrin: „Hallo Markus. Schön, dass Du wieder mal vorbeikommst. Wir ha-ben uns ja lange nicht gesehen. Du hast sicherlich eine Menge Ar-beit, oder?“

Markus: „Ach, es ist furchtbar. Ich habe so viel auf dem Tisch, ich weiß nicht, wie ich alles schaffen soll.“

Katrin: „Sind wohl wieder Überstunden angesagt, Du Armer.“

Markus: „Ach, selbst mit Überstunden ist das nicht mehr zu schaffen.“

Katrin: „Kann ich Dir irgendwie helfen? Wo liegt denn das Problem?“

Markus: „Nun, ich wollte Dich eigentlich genau darum bitten, wenn es Dir irgendwie möglich ist, mich bei der Erstellung eines Angebots zu unterstützen.“

Katrin: „Oh, ich helfe Dir herzlich gerne, aber Du weißt doch, dass ich mich nur sehr selten um die Angebotserstellung kümmere. Ich kenne auch die Preise und das ganze Umfeld nicht so genau. Ich glau-be nicht, dass ich Dir eine Hilfe sein kann. Kannst Du nicht Bernd fragen, der scheint vielleicht noch ein bisschen Luft zu haben?“

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Markus: „Nein, der kann mir leider auch nicht helfen. Katrin, Du bist die Einzige, die mir noch helfen kann. Ich weiß wirklich nicht, was ich sonst tun soll. Und auf Dich konnte ich mich immer verlassen. Das Angebot muss am Donnerstagabend fertig sein.“

Katrin: „Also gut, wenn es so schlimm ist, ich sehe, was ich tun kann. Gib mir mal die Eckdaten. Du musst das Angebot aber unbedingt selbst überprüfen, weil ich, wie gesagt, nur am Rande mit der An-gebotserstellung zu tun habe.“

Markus: „Vielen Dank, Katrin, Du bist so ein Goldstück. Ich wüsste nicht, was ich ohne Dich tun sollte. Hier ist die Mappe.“

Katrin: „Na, gib her. Ich sehe mal, wie weit ich komme.“

Markus verlässt sichtlich erleichtert Katrins Büro. Es ist zwar nicht die ideale Lösung, weil Katrin mit der Kalkulation sicherlich nicht alleine zu-rechtkommen wird, aber so braucht er das Angebot nur noch zu ergänzen und zu überprüfen. Alle Standardseiten sind bei Katrin in guten Händen. Katrin reagiert nicht begeistert, denn sie fühlt sich bei der Angebotserstel-lung unsicher. Dennoch mag sie Markus die Hilfe nicht verweigern und lässt sich zur freiwilligen Mehrarbeit überreden.

Welche Farben haben Sie diesmal wahrgenommen?

Farbe(n) von Markus: ……………..

Farbe(n) von Katrin: …………………..

Analyse: Katrin zeigt hier viele Indizien für die grüne Grundemotion. Sie freut sich auf das Treffen mit Markus, bietet ihm Kaffee und Plätzchen an. Sie fragt ihn auch von sich aus, wie es ihm geht, so dass Markus gleich auf offe-ne Ohren trifft. Allerdings fühlt sie sich unsicher, was die Angebotserstellung angeht, und schlägt zunächst eine andere Lösung vor, die Markus ja bereits versucht hat, nämlich Bernd zu fragen. Als Markus sein Problem als wirklich dringend vorträgt und nochmals an Katrins Hilfe appelliert, kann sie sich nicht mehr entziehen und lässt sich überreden, das Angebot zu erstellen.

Markus selbst beginnt sehr stark in der grünen Grundemotion, er appel-liert, bittet und nutzt wiederum stark den Konjunktiv als Höflichkeitsform. Als Katrin versucht, sich durch einen anderen Lösungsvorschlag heraus-zuwinden, wird der Appell von Markus eindringlicher, indem er ihr klar- macht, dass sie die einzige Rettung für seine schwierige Situation ist. Als

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Katrin daraufhin ganz zart Bereitschaft signalisiert, zeigt Markus auch Be-redsamkeit und so bereits einige Aspekte der gelben Grundemotion.

Markus und Martin

Sein dringlichstes Problem hat Markus gelöst, doch nun hat er noch ei-nen Termin mit dem Vertriebscontroller. Das unangenehme Thema, das über der Abteilung schwebt, sind die Preisrabatte, die guten Kunden immer wie-der gewährt werden. Markus weiß, dass er einer derjenigen ist, der beson-ders oft und im großen Umfang bei den Preisen Rabatte einräumt. Markus ist zunächst erleichtert, dass er sein vordringlichstes Problem mit dem Ter-min für das Angebot gelöst hat. Durch das Gespräch mit Katrin hat er sich etwas verspätet. Zudem ist ihm das Gespräch mit Martin unangenehm, so dass er froh ist, auf dem Weg zu Martin mit einem netten Kollegen am Kaf-feeautomaten noch etwas zu plaudern.

Martin: „Endlich kommst Du. Ich hatte Dich schon vor mehr als dreißig Minuten erwartet!“

Markus: „Ich werde dauernd aufgehalten. Bei uns brummt der Laden, jeder hat wahnsinnig viel zu tun. Alle jammern und stöhnen. Du glaubst es nicht. Jedenfalls prima, dass es so gut läuft.“

Martin: „Zunächst erwarte ich, dass Du um 14.00 Uhr da bist, wenn wir uns für diesen Termin verabredet haben, und nicht erst um 14.36 Uhr.“

Markus: „Ja, sorry, kann ich verstehen, tut mir leid. Mach ich nicht mehr. Das war aber ein Notfall. Ich habe wahnsinnig viel zu tun, und wie gesagt, das Geschäft läuft, der Laden brummt. „

Martin: „Das muss er auch. Wenn alle so viel am Preis nachlassen wie Du, sind wir bald Pleite.“

Markus: „Komm, Martin. Du kennst doch das Geschäft. Die Konkurrenz ist hart. Die Leistung stimmt, die wir bieten, aber bei den Preisen sind wir immer über dem Wettbewerb.“

Martin: „Alle anderen scheinen damit aber besser zurechtzukommen. Du bist der mit den höchsten Rabatten. Ich habe das mal zusammen-gestellt. Hier kannst Du es sehen. Es gibt in den letzten drei Mona-ten nur einen Fall, bei dem Du nicht das Limit unterschritten hast.“

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Markus: „Komm, aber der Umsatz stimmt doch. Ich habe viele zufriedene Kunden. Das spricht doch für mich, und das reißt den Preisrabatt doch dreimal raus.“

Martin: „Nein, Markus, so einfach geht nicht. Wir müssen auf die Marge achten. Bei Dir gibt es die höchsten Rabatte, Du machst unsere Preise kaputt, wenn Du so weitermachst. Sieh doch mal hier, ich habe eine Aufstellung über das gesamte Team. Deine Kollegen räu-men im Durchschnitt 9,8 Prozent weniger Rabatt ein, ihr durch-schnittlicher Deckungsbeitrag ist damit 87 Prozent höher als Dei-ner. Geh diese Auswertung einmal genau durch, dann verstehst Du auch, warum Du uns selbst mit noch mehr Aufträgen immer mehr in Schwierigkeiten bringst.“

Markus: „Das ist doch übertrieben. Ich habe seit Jahren gute Beziehun-gen und alles läuft rund. Meine Kunden sind hochzufrieden, das kommt ja in Deiner Statistik gar nicht vor. Wir arbeiten über Jah-re vertrauensvoll zusammen. Ich habe bei meinen Kunden mehre-re Aufträge pro Jahr. Das zahlt sich in jedem Fall aus. Zufriedene Kunden – so heißt es doch auch in unserem Leitbild.“

Martin: „Da verstehst Du etwas falsch. Unser Leitbild sind zufriedene Kunden durch Schaffung von Win-Win-Situationen. Deine Zahlen für dieses Jahr zeigen deutlich, dass wir als Unternehmen bei Dei-nen Aufträgen kaum etwas gewonnen haben. Schau Dir das jetzt ruhig einmal an.“

Markus: „Das sieht Dir ähnlich. Ich arbeite mich krumm, damit alle zufrie-den sind, und zum Dank bin ich jetzt der Buhmann. Macht Euch lieber einmal Gedanken über eure Preispolitik.“

Martin: „Markus, jetzt wirst Du unsachlich! Die Zahlen und Fakten spre-chen eine klare Sprache. Ab sofort geht von Dir kein Angebot zum Kunden, bei dem die Preisvorgaben nicht eingehalten sind. Dazu wirst Du mir jedes Angebot ab einem Endpreis von 5.000 Euro zur Gegenzeichnung vorlegen. Das ist auch zu Deiner eigenen Sicher-heit wichtig.“

Markus: „Nein, ich habe jetzt keine Lust mehr, lass mich mit Deiner Büro-kratie bloß zufrieden. Fahr Du mal zu den Kunden, ja, mach mal meinen Job, dann redest Du nicht mehr so.“

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Martin: „Komm, bleib auf dem Teppich. Menschlich verstehe ich Dich. Aber Du musst auch unser Ergebnis sehen. Die Preise sind scharf kal-kuliert. So viel Spielraum gibt es da nicht.“

Markus: „Ist schon gut, ich habe verstanden. Ich bin ja nicht zum ersten Mal der Sündenbock. Trampelt ruhig wieder auf mir rum. Ich gehe mal wieder an die Arbeit.“

Das sind fast die letzten Worte von Markus in diesem Gespräch. Er wirkt zunehmend verschlossen und nickt nur noch ab und an. Als Markus sicht-lich beleidigt den Raum verlässt, weiß Martin, dass dieses Thema noch nicht erledigt ist. Er wird ab jetzt sehr genau auf Markus schauen.

Welche Grundemotionen haben Sie in dieser Szene erlebt?

Farbe(n) von Markus: …………………

Farbe(n) von Martin: ………………………

Analyse: Schauen wir uns wieder die Indizien an, die dieser kurze Dia-log liefert. Markus ist gut gelaunt, weil er sein Problem mit Hilfe von Kat-rin in den Griff bekommt. Er nimmt sich Zeit für Gespräche mit Kollegen und hat offensichtlich wenig Lust, sich mit Martin aus dem Vertriebscon-trolling zu unterhalten. Martin empfängt Markus aus dessen Sicht kühl, er ist verärgert, weil Markus zu spät kommt. Martin will Markus klarmachen, dass er bei den Preisen zu große Rabatte gewährt. Das Problem gibt es schon länger, und bislang hat Markus sein Verhalten nicht verändert. Martin hat Auswertungen und Zahlen parat, er belegt das, was er sagt, mit Kennzahlen, die Markus kleinkariert und unnötig vorkommen. Er setzt dagegen auf Ver-trauen und langfristige Kundenbeziehungen. Martin hingegen hat die Pro-fitabilität des Unternehmens im Fokus. Er sieht sich zum Handeln gezwun-gen, weil bei Markus die Rabatte aus dem Ruder laufen. Markus reagiert darauf mit Unwillen. Er ist bockig und hat für die Vorgaben, die Martin ihm verständlich machen will, kein Verständnis.

Markus zeigt hier zu Gesprächsbeginn seine gelbe Seite. Er ist gut ge-launt, hat aber an Zahlen und Daten kein Interesse. Martin hingegen zeigt als professioneller Controller seine blaue Seite. Er belegt seine Aussagen mit Zahlen, Daten und Fakten. Er setzt die Vorgaben der Geschäftsleitung um, die Markus offensichtlich nicht so sehr interessieren. Markus fühlt sich von Martin in die Enge gedrängt und reagiert zunehmend „grün“. Er wehrt Martin ab, indem er auf Vertrauen und Kundenzufriedenheit, klassi-

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sche „grüne“ Werte pocht. Nachdem Martin sich darauf nicht einlässt, zieht Markus beleidigt und bockig davon. Er nimmt die Kritik persönlich und fühlt sich angegriffen. Martin hingehen würde aus seiner Sicht sagen, dass er klar und sachlich argumentiert hat. Ihm ging es um die Einhaltung all-gemeinverbindlicher Regeln. Aus seiner Sicht gibt es keinen Grund, warum Markus so beleidigt reagiert hat. Er hat ihn korrekt und fair behandelt.

Markus wirkt nicht nur uneinsichtig, er ist es auch. In der grünen Grund-emotion ist die Schuldfrage bei einem Problem enorm wichtig. Wer Schuld an einem Problem trägt, sieht aus grüner Sicht die Harmonie mit dem vom Problem Betroffenen gefährdet. So wird in dieser Grundemotion die Schuld-frage stets wichtiger als die Problemlösung. „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ ist wohl ein grünes Sprichwort. Die gelbe Version ist dann „Geteilte Freu-de ist doppelte Freude“. Das Harmoniestreben in der grünen Grundemotion hindert Menschen, Verantwortung zu übernehmen oder gar eine Schuld ein-zugestehen.

Wichtig:Ob die „Chemie“ stimmt oder nicht, entscheiden die jeweils „aktiven“ Grundemotionen der Beteiligten.

Jetzt haben wir für jede Farbe, jede Grundemotion also, am Beispiel ge-sehen, wie diese sich im äußerlich wahrnehmbaren Verhalten manifestiert. Besonders ausführlich haben wir Grün erlebt. Hier haben wir auch gesehen, wie es Grün mit den drei anderen Farben gehen kann. So richtig gut lief es nur mit einem gleichfalls „grünen“ Partner im Zusammentreffen von Mar-kus und Katrin, mit dem „blauen“ Martin war es schwierig bis unbefriedi-gend, mit dem „gelben“ Bernd lief es zunächst besser, doch auch hier schei-terte das Gespräch. Mit Anne in stark ausgeprägtem Rot kam ein richtiges Gespräch gar nicht erst zustande.

Die Beispiele wurden gewählt, weil es im Alltag häufig durchaus so oder so ähnlich abläuft. Dass jeder der hier Beteiligten zunächst nur in je-weils einer oder zwei Farben agiert, ist an dieser Stelle der einfacheren Ver-ständlichkeit geschuldet. Natürlich kann sich die aktive Grundemotion ei-nes Menschen im Verlauf von Alltagssituationen auch häufiger ändern – es kommt dabei immer auf die Sicht der Situation an. Dieses Phänomen wer-den wir im nächsten Kapitel eingehender betrachten.

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Zusammentreffen von Menschen in der grünen Grundemotion mit Rot werden im täglichen Leben als besonders kritisch empfunden und wirken besonders bei Grün oft noch lange nach. Schließlich prallt hier die sanftmü-tige, nach Harmonie und Sicherheit strebende Verhaltensfacette des einen auf die dominante, auf Lösung und Ergebnis eingestellte Facette einer ande-ren Person. Deshalb sind wir jetzt dabei, wenn Markus seiner Vorgesetzten Alexandra berichtet, wie gut es mit seinen Kunden läuft, um dem Ärger aus dem Controlling vorzubauen.

Alexandra und Markus

Markus hat sich für den kurzen Termin bei Alexandra an deren Assis-tentin vorbeigeschlängelt. Alexandra hat keine Zeit, sie steht kurz vor ei-ner wichtigen Auslandsreise und braucht noch Informationen. Inzwischen räumt sie ihre Sachen zusammen und überprüft, ob sie alle wichtigen Daten auf ihrem Laptop hat.

Markus: „Hallo Alexandra. Tut mir wirklich leid, dass ich gerade jetzt so `reinschneie. Aber es ist mir wirklich wichtig, dass Du Bescheid weißt, wie es läuft.“

Alexandra: „Sorry, Markus, sonst gerne, ich habe wirklich keine Zeit. Kannst Du mir nicht eine Mail schreiben, die kann ich von unterwegs auf-rufen.“

Markus: „Es dauert doch nur fünf Minuten. Und es ist mir wirklich wichtig. Wir haben drei gute Leads und fünf Kunden von mir haben in die-sem Quartal neu abgeschlossen …“

Alexandra: „Das ist prima. Freut mich. Ich muss jetzt gleich los. Also bis demnächst!“

Markus: „Solange Du packst, kann ich Dir doch berichten …“

Alexandra: „Nein, wirklich, so geht es nicht. Du kannst nicht einfach meine Zeit dafür in Anspruch nehmen. Das hat doch Zeit bis nächste Wo-che.“

Markus: „Es gibt da ein kleines Problem mit dem ...“

Alexandra: „Wie gesagt, nächste Woche. Dir noch einen schönen Tag, Mar-kus!“

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Markus: „Es ist wirklich wichtig, dass wir kurz sprechen ...“

Alexandra: „Markus, bitte!!!! – Christine, hat die Agentur die Entwürfe für die Verpackungen inzwischen geschickt? Und rufst Du bitte unten an, die sollten für Viertel vor ein Taxi bestellen.“

Markus: „Na schön, dann bis nächste Woche. Sag dann aber nicht, ich hätte früher kommen sollen.“

Alexandra: „Markus, Du bekommst die Anerkennung, die Dir zusteht. Und wo es gut läuft, da hält man kleine Probleme auch mal eine Wo-che aus. Christine, und ich möchte noch mit Herrn Beck sprechen, kannst Du mich bitte verbinden?“

Analyse: Markus ist schneller wieder draußen, als er hineinkam, die Tür ist zu, und er ist ziemlich enttäuscht, dass er so abgefertigt wurde. Aber er wollte seine Chefin informieren, und wenn die nicht zuhört, dann soll sie ihm später keine Vorwürfe machen …

Nun aber zu Alexandra, unserer sechsten Hauptperson. Wie haben Sie sie erlebt? Im Grunde ähnlich wie Anne? Das ist natürlich so gewollt, auch Ale-xandra reagiert und agiert hier sehr Rot. Sie ist auf dem Sprung, und nach-dem Markus keinerlei ernst zu nehmende Probleme signalisiert hat, fehlt ihr das Feingespür für Markus' eigentliches Anliegen. Schließlich muss sie sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, um nichts Wichtiges zu vergessen.

Wichtig:Ihr Verhalten und das Ihres Gegenübers beeinflussen sich immer gegenseitig.

Markus hat in dieser Szene nach betont lockerem Beginn seine gelbe Mühe. Er möchte dem sich anbahnenden Ärger seiner Preisnachlässe vor-bauen und hat auch in seinen Augen gute Argumente. Dass er diese jetzt nicht anbringen konnte, nimmt er Alexandra übel, er fühlt sich nicht ernst genommen. Alexandra hingegen hört nur, dass es gut läuft, und hat entspre-chend wenig Lust, sich kurz vor knapp Markus‘ Ausführungen anzuhören.

Ganz besonders in dieser Szene stellt sich natürlich die Frage: Was hätte Markus – in dieser gelben Grundemotion – anders machen können, vielleicht sogar müssen? Diese Frage wird im nächsten Kapitel sehr ausführlich disku-tiert. Zuvor wollen wir die einzelnen Grundemotionen aber noch besser ver-stehen lernen, damit wir sie im Alltag leichter und sicherer erkennen.

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Fassen wir die typischen Bedürfnisse, Befürchtungen und die Triebkräf-te unseres Tun und Lassens, die aus jeder der vier Grundemotionen erwach-sen und natürlich auch diese sechs Dialoge prägen, kurz zusammen.

Die rote Grundemotion

In Rot wollen wir agieren und Herr der Lage sein, dass ist un-ser Grundbedürfnis. Was uns völlig gegen den Strich geht, ist, hierin behindert zu werden, zum Beispiel, wenn wir das Gefühl haben, gegängelt oder manipuliert zu werden. Das

sind unsere Hauptsorgen in Rot.

Primäre Emotion:Unzufriedenheit: … noch nicht angemessen reagiert

Grundbedürfnis: agieren, Herr der Lage sein

Hauptsorge: gegängelt oder manipuliert zu werden

Rotes Tuch: Unentschlossenheit

Einstellung: selbstbewusst, auf Handeln eingestellt

Ziele: Unabhängigkeit, Veränderung, Dominanz

Schlüsselfrage: Was ist das Ziel …?

Das wird auch in Annes Verhalten in der beschriebenen Szene deutlich. Auch wenn Markus sie objektiv wohl nicht gegängelt hat. Er hat sie aus ihrer Sicht in ihrer dringlichen Arbeit behindert. Seinen Vorschlag gerade jetzt, in dieser wichtigen Situation, empfand sie subjektiv als Gängelei. Was uns in Rot geradezu auf die Palme bringt, wie ein rotes Tuch wirkt, ist Unent-schlossenheit. So wie Alexandra Markus erlebt hat, der nicht auf den Punkt kam, anscheinend selbst nicht wusste, was er eigentlich wollte. Die Grund-einstellung in der roten Facette ist selbstbewusst, wir sind ganz auf pragma-tisches Handeln eingestellt. Das war sowohl bei Anne als auch bei Alexan-dra deutlich zu spüren. Entsprechend dieser Einstellung streben wir in Rot nach Unabhängigkeit, Dominanz und Veränderung – das sind dann unsere Ziele. Was uns stört, wird geändert, Rot ist unsere lösungsorientierte Seite.

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Wer sein Gegenüber in der roten Grundemotion erlebt, muss sich immer die Frage stellen „Was ist ihr oder sein Ziel, was wird angestrebt“? Um etwas bei Rot zu erreichen, muss umgekehrt klar sein und für Rot klar gemacht werden, was Ziel, Ergebnis und Nutzen sein soll. Das hat Markus bei Anne zwar versucht, doch er hat über seine Probleme gesprochen, und nicht dar-über, was ihr weiterhilft. Bei Alexandra ist er gar nicht darauf eingegangen, um was es eigentlich geht. So ist ihre Reaktion absolut verständlich.

Die gelbe Grundemotion

Unsere gelbe Seite hingegen weckt das Grundbedürfnis nach Beliebtheit und Popularität auf der einen und Freiheit auf der anderen Seite. Freiheit ist dabei sowohl Freiheit von Ver-pflichtungen und Einschränkungen, insbesondere von lang-

fristigen, als auch von als schwerwiegend empfundener Verantwortung.

Primäre Emotion:Freude: … Einlassen und Interaktion

Grundbedürfnis: beliebt sein, frei sein

Hauptsorge: ausgeschlossen oder festgelegt werden

Rotes Tuch: Routine

Einstellung: Spaß, kontaktfreudig

Ziele: Bestätigung, Popularität

Schlüsselfrage: Was ist der Antrieb …?

Das führt logischerweise zu den gelben Hauptsorgen: ausgeschlossen oder abgelehnt zu werden auf der einen und eingeengt oder eindeutig fest-gelegt zu werden auf der anderen Seite. „Wie stehe ich vor den anderen da?“ ist eine typische Frage, die ja auch Bernd in unserem kurzen Dialog stellt. In der Gruppe (hier Bernd und seine Vertriebskollegen) setzt sich unser Gelb auch gerne und ohne große Hemmungen über „langweilige“ Standards und Vorschriften hinweg. Das weist auf das rote Tuch unserer gelben Seite hin, die Routine. Diese wird als langweilig, ermüdend und stupide angesehen.

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Gelb liebt die Abwechslung. Dazu passt die Grundeinstellung, die man auch bei Bernd deutlich sieht: Spaß ist wichtig, am besten im abwechslungsrei-chen Kontakt mit anderen Menschen. In der gelben Grundemotion mögen wir Empfänge, Diskussionen oder Partys. Hierzu passen auch die Ziele, ein ausgeprägtes Streben nach Popularität und Bestätigung. Wenn wir unser Gegenüber in Gelb erleben, steht immer die Frage im Raum, „Was ist ihr oder sein Antrieb, woher kommt die Energie“? Im Normalfall ist es Anerken-nung und Lob von außen – oder gemeinsam etwas Tolles zu machen, Spaß zu haben. Nichts davon konnte Bernd aus dem Anliegen von Markus entneh-men. So hatte er aus seiner Sicht wirklich keinen Grund, sich auf dessen Vorschlag einzulassen.

Die grüne Grundemotion

Sehr intensiv haben wir durch Markus und auch Katrin die grüne Grundemotion kennen gelernt, deren Grundbedürfnis nach Sicherheit und Einklang mit dem Umfeld sich wie ein roter Faden durch alle hier geschilderten Situationen zieht.

Primäre Emotion:Zufriedenheit: … proportional zum erreichten Einklang

Grundbedürfnis: sicher sein, in Harmonie sein

Hauptsorge: plötzliche Veränderungen

Rotes Tuch: Unsensibilität

Einstellung: Stabilität, Werte, Unterstützung

Ziele: Harmonie, Sicherheit

Schlüsselfrage: Was ist das Motiv …?

So scheut Markus davor zurück, sich mit Anne auseinander zu setzen. Auch gegenüber Bernd trägt er sein Anliegen als Bitte vor, nicht als berech-tigte Forderung. Im Dialog mit Martin sehen wir sehr anschaulich, wie das Nichterreichen von Harmonie sich in der grünen Grundemotion auswirken kann. Die zunächst nur sehr defensive Haltung führt zu einer immer dest-ruktiveren Verschlossenheit. Das Gespräch endet für beide Seiten völlig un-befriedigend.

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Natürlich erkennen wir auch die sehr angenehme Seite von Grün in der Szene mit Markus und Katrin. Hier erwächst aus der beiderseitigen Zufrie-denheit schließlich die Bereitschaft, auch bei eigener hoher Belastung zu helfen.

Veränderungen bieten immer Chancen, bergen aber immer auch Risiken. Während unsere rote Seite eher auf die Chancen setzt, sehen wir in Grün im-mer zuerst die Risiken, besonders bei plötzlichen Veränderungen. Sie sind dann unsere Hauptsorge. Deshalb ist für Markus das Gespräch mit Martin, dem Controller, auch sehr schlimm. Für ihn steht an erster Stelle, dass die aus seiner Sicht bewährte und vertraute Art, sein Geschäft zu betreiben, nun nicht mehr richtig sein soll. Dadurch ist er gar nicht in der Lage, auf Martin inhaltlich einzugehen.

Mühe hat Markus auch mit der von ihm als schroff erlebten Art der beiden Frauen. Ihnen schien es völlig egal zu sein, wie er zurechtkommt. Für ihn ha-ben sie nur sich und ihre Interessen gesehen. Damit sind wir beim roten Tuch von Grün, der Unsensibilität – dabei spielt es kaum eine Rolle, ob gegenüber sich selbst oder in Bezug auf andere. Unsere Grundeinstellung in Grün ba-siert auf Werten, Stabilität und auf der Unterstützung anderer. Bei der An-sprache der grünen Grundemotion muss man sich immer die Frage stellen: „Was ist das Motiv, warum tut sie oder er das bzw. warum nicht?“ Hier hät-te zum Beispiel Martin ansetzen können, um Markus wirklich zu erreichen. Doch er hat ihm nur Gründe genannt, keine Motive gegeben.

Die blaue Grundemotion

Damit sind wir bei der blauen Grundemotion angelangt und richten jetzt unser Augenmerk auf Martin.

Der erklärt Markus ganz genau und sehr konkret, warum sich seine Preis-gestaltung unbedingt ändern muss. Das entspricht dem Grundbedürfnis nach Verstehen, vorher informiert sein, gepaart mit dem Anspruch der Per-fektion. Martin hat sich detailliert mit der Situation im Vertrieb beschäftigt und sich akribisch auf das Gespräch vorbereitet.

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Primäre Emotion:Unzufriedenheit: … Situation ungeklärt oder ungelöst

Grundbedürfnis: perfekt sein, verstehen

Hauptsorge: Fehler zu machen

Rotes Tuch: Überraschungen

Einstellung: hohe Standards, kaum Fehlertoleranz

Ziele: Vorhersehbarkeit, Perfektion

Schlüsselfrage: Was ist das Problem …?

Auch das rote Tuch von Blau wird deutlich: Unvorhersehbarkeit. So stört die Verspätung von Markus Martins Tagesplanung, weshalb er dies auch so-fort am Anfang des Gespräches rügt.

Die Hauptsorge unserer blauen Seite ist es, Fehler zu machen. Wir selbst wollen dann keine Fehler machen, und bei anderen sind wir unterschwellig immer in der Sorge, dass sie einen Fehler machen. So ist Martins Entschei-dung, sich Markus’ Angebote vorlegen zu lassen, eine logische Konsequenz. Martin will sicherstellen, dass alles wie vorgesehen abläuft. Hier schließt sich auch der Bogen zur Einstellung in Blau, die hohe Standards setzt, wel-che kaum mit Fehlertoleranz einhergehen. Blau kennt keine halben Sachen, das Ziel sind immer 100 Prozent. Die Ziele von Blau kann man also so zu-sammenfassen: Verstehen, was vor sich geht, Vorhersehen, was passieren wird, und Perfektion bei der Realisierung. Will man begreifen, warum Blau etwas tut bzw. nicht tut, hilft immer die Beantwortung der Frage „Was ist ihr oder sein Problem, was ist unklar oder nicht in Ordnung?“

1.3 Verhalten und Körpersprache : Wie Sie die Grundemotionen erkennen

Der entscheidende Schritt auf dem Weg zu praktischer emotionaler Kom-petenz besteht darin, die aktive Grundemotion bei sich und anderen richtig zu erkennen. Äußere Erscheinung und Körpersprache sind dafür die wich-tigsten äußeren Indikatoren.

örpersprache

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Anhand der folgenden ausführlichen Beschreibungen lernen Sie, das Ver-halten Ihres Gegenübers mit anderen Augen zu sehen. Durch eine ganzheit-liche Sicht auf Verhalten und Körpersprache können Sie darauf schließen, was sie oder ihn bewegt, welche Befürchtungen und Motive eine Rolle spie-len – und entsprechend agieren und reagieren. In gleichem Maße entwickeln Sie ein besseres Verständnis für Ihre eigenen – zuvor unbewussten – Reakti-onen. Sie reflektieren bewusst, was Sie aufbringt oder in die Enge treibt. Sie verstehen besser, warum Sie in einem Fall genervt reagieren und im nächs-ten, scheinbar ähnlich gelagerten Fall dagegen entspannt und gelassen.

Mit dem Verständnis von Körpersprache ist es genau wie mit dem Ver-ständnis einer Fremdsprache: Um den Sinn des Gesagten zu erfassen, müs-sen Sie nicht unbedingt jedes einzelne Wort verstehen. Entsprechend lässt sich Körpersprache interpretieren, auch wenn Sie nicht jede einzelne Geste deuten können. Das ist überhaupt die Basis, um Wissen über Körpersprache wirklich praktisch einsetzen zu können, vor allem im Vertrieb. Jede Phase eines Verkaufsgespräches ist zu bedeutend, als dass Sie sich in dieser Si-tuation noch zusätzlich über jede Bewegung oder einzelne Geste Ihres Ge-sprächspartners Gedanken machen können. Eine ganzheitliche Sicht auf Ihren Gesprächspartner kostet Sie dagegen nur Sekundenbruchteile. Ganz wie bei einem Mosaik. Das Gesamtbild können Sie auf einen Blick erfas-sen, jedes einzelne Mosaiksteinchen zu betrachten, würde Sie dagegen vie-le Stunden kosten.

Schauen wir jetzt auf die Körpersprache der vier Grundemotionen, einem Indikator, der Ihnen offen zugänglich ist und den glücklicherweise kaum je-mand wirklich bewusst steuern kann.

Verhalten und Körpersprache der roten Facette

Beginnen wir mit der roten, der pragmatischen, aktions-orientierten Facette der Persönlichkeit. Unabhängig von Physiognomie und Konstitution dominieren Menschen in Rot häufig ihre Umgebung. Ihr Blickkontakt, den sie stets

suchen, ist direkt und fordernd. Ihre Körperhaltung ist aufrecht, die Körper-sprache ist nachdrücklich und wirkt oft ungeduldig.

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Die Stimme ist klar und prononciert, dabei direkt und immer so laut, dass man sie nicht überhören kann. Verbale Reaktionen erfolgen rasch, di-rekt und gezielt. Die geradlinige, oft energische Gestik unterstreicht und verstärkt die jeweiligen Aussagen. Wenn sie eine Szene betreten, dann mit energischem und schnellem Schritt. Kurz, vieles von dem, was in Rhetorik-seminaren, besonders für Führungskräfte, empfohlen und wieder und wie-der geübt wird, ohne dass es der Mehrzahl der Teilnehmer gelingt, beherr-schen Menschen in ihrer roten Facette quasi von selbst, ohne Mühe oder gar Training.

Verhalten und Körpersprache der gelben Facette

Die gelbe Facette, erscheint ihrer Umgebung als offen, gelas-sen und unbeschwert. Der Blickkontakt ist direkt, interes-siert und freundlich, schweift aber schon bei kleinen Ablen-kungen leicht ab. Die Körperhaltung ist entspannt, manchmal

lässig, die Körpersprache ist offen und gestenreich. Mimik und Gestik un-terstützen und illustrieren das, was gesagt oder erzählt wird.

Dabei spricht Gelb frei heraus und spontan, mit lebhafter, gefühlsbeton-ter Stimme. Menschen in ihrer gelben Grundemotionen wirken schwung-voll, gerade auch, wenn sie auf uns oder jemand anderes zugehen. In vielen Verkaufsschulungen wird diese Körpersprache in den Mittelpunkt gestellt, wenn es darum geht, andere anzustecken und zu begeistern. Auch hier sei wiederum eingewandt, dass es kaum gelingen kann, auf Kommando begeis-tert zu sein, wie es genauso wenig gelingen kann, andere durch antrainier-tes Vorexerzieren der vermeintlichen eigenen Begeisterung zu begeistern.

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Verhalten und Körpersprache der blauen Facette

Menschen in der blauen Grundemotion wirken auf den ers-ten Blick reserviert, verschlossen, kühl oder in Gedanken versunken. Sie wirken ruhig und in sich ruhend. Ihre Ant-worten und Aussagen sind überlegt und betont sachlich, was

manchmal sogar distanziert und emotional unbeteiligt wirkt. Dabei ist es lediglich Ausdruck dessen, dass wir uns in der blauen Facette unserer Per-sönlichkeit gut und reiflich überlegen, was und wie wir etwas sagen. So kommt es, dass in der blauen Facette eine Meinung häufig erst auf Nachfra-ge geäußert wird.

Blau spricht gleichmäßig, ohne Stimmlage oder Lautstärke zu variieren. Im Gespräch hält Blau aufmerksamen Blickkontakt, ohne sein Gegenüber zu fixieren. Die Redensart „er kommt gemessenen Schrittes daher“ verbildlicht sehr schön den beherrschten, gleichmäßigen Gang eines Menschen in sei-ner blauen Facette. Blau will fundiert überzeugen und nicht oberflächlich be-geistern. Zu diesem Credo passt sehr gut die blaue Gestik und Mimik: Beides ist im Grunde nicht sichtbar vorhanden. Selbstredend reagiert Blau nicht spontan positiv auf eine mit Begeisterung und großer Gestik vorgetragene Rede, wenn Fakten und Hintergründe fehlen. Im Vertrieb wird diese Facette eher nicht geschätzt, man sollte jedoch daran denken, dass es komplexe Pro-dukte und Dienstleistungen gibt, die diese Facette bei Kunden ansprechen.

Verhalten und Körpersprache der grünen Facette

In der grünen Grundemotion erscheinen Menschen unbe-schwert bis vorsichtig, je nachdem, ob die Umgebung ver-traut oder fremd erlebt wird. Der Blickkontakt ist zurückhal-tend, wenn der Gesprächspartner nicht vertraut ist, wird er

oft ganz vermieden. In diesem Fall führt besonders der herausfordernde „rote“ Blickkontakt oft zu Verlegenheit. Grün agiert sehr ruhig und zurück-haltend.

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44 | Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit

Das wird durch die im Vergleich zu den drei anderen Farben leiseste Stim-me noch unterstrichen. Grün drängt sich keinesfalls in den Vordergrund, Grün hält sich gerne zurück. In Gesprächen mit nur wenig bekannten Per-sonen beteiligt sich Grün oft nur auf direkte Nachfrage. Diesen Eindruck rundet die Gestik der grünen Facette ab, alle Bewegungen erfolgen langsam, gleichmäßig und ausgesprochen unaufdringlich. Auch auf die Mimik muss man sehr genau achten, um Enttäuschung, Freude, Zustimmung oder Ableh-nung darin zu erkennen. Natürlich spielt auch hier der Grad der Vertraut-heit eine Rolle. Wer in der grünen Grundemotion auf andere zugeht, tut das mit ruhigen, gleichmäßigen und vorsichtigen Schritten. Der Gang wird da-bei zögerlicher, je näher das Ziel rückt. In der Regel bleibt Grün in respekt-vollem Abstand von seinem Gegenüber stehen.

Mit diesen vier kurzen Beschreibungen von Körpersprache, Gestik und Mimik der vier Verhaltensfacetten sollte es Ihnen jetzt leichtfallen, die ver-haltensbestimmende Grundemotion Ihres Gegenübers schnell und sicher zu identifizieren.

Beispielsituationen aus dem Berufsalltag

Nach diesem Überblick über die Manifestation der Grundemotionen in der Körpersprache wollen wir diese jetzt durch die folgenden kleinen Büro-szenen in Alltagssituationen transparent machen. Die Körpersprache kann hier natürlich nur indirekt wiedergeben werden. Beim Lesen der folgenden Szenen können Sie diesen Aspekt jedoch gedanklich ergänzen und so leich-ter erkennen, welche Facette des Verhaltens bei den vier Arbeitskollegen ak-tiv ist.

Bernd trifft in der Mittagspause auf dem Weg in die Kantine vor dem Aufzug auf Martin, der einen Stapel Unterlagen vor sich in der Hand trägt.

Bernd: „Na, Martin, machst Du denn heute gar keine Mittagspause?“

Martin: „Nein, äh, doch, später vielleicht.“

Bernd: „Du musst Dich mal entspannen. Pausen gehören auch zur Arbeit. Gestern war ich im Kino. Ein toller Film, total spannend, danach ging’s mir wieder total gut. Das war der neue Thriller mit einem jungen Mann, der sein Gedächtnis verloren hat …“

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45 Verhalten und Körpersprache |

Martin: „Bernd, wirklich, Du siehst doch, dass ich jetzt keinen Kopf dafür habe. Also wirklich, ich muss das bis heute Nachmittag geklärt haben.“

Bernd: „Mensch, Martin, ich habe auch genug zu tun. Trotzdem habe ich immer ein nettes Wort für Kollegen übrig.“

Martin: „Das finde ich ja auch gut. Es ist jetzt nur nicht der richtige Mo-ment, um über einen Film zu sprechen. Tut mir leid, ich muss jetzt wieder an meinen Schreibtisch.“

Nach einigen Neuberechnungen hat Martin das Problem gelöst. Er be-rechnet die Prozentzahlen neu und ist nun sicher, dass er am Montag die richtigen Daten an die Geschäftsleitung weitergeben kann. Auf dem Weg nach Hause trifft Martin auf Anne, die mit Bernd zusammen im Kino war.

Martin: „Na, Anne, auch endlich Feierabend? War eine anstrengende Wo-che, oder?“

Anne: „Ja wirklich, der Kundentermin heute Morgen war richtig aufre-gend. Zum Glück hat alles gut geklappt. Wir haben sogar schon ein Gläschen Sekt getrunken – auf den sehr, sehr wahrscheinli-chen Erfolg. Eine mündliche Zusage haben wir schon.“

Martin: „Das ist ja toll. Freut mich, dass ihr so einen großen Fisch an Land gezogen habt.“

Anne: „Danke. Witzigerweise war ich gestern mit Bernd im Kino. In dem Film ging es um ein ganz ähnliches Projekt. Ein junger Mann hat-te sein Gedächtnis verloren und wusste nicht mehr, dass die Zah-len für den Kunden gefälscht waren – das waren unsere natür-lich nicht! War sehr spannend. Heute bin ich mit Markus mit vielPower ins Gespräch gegangen.“

Martin: „Ist ja witzig. Und wie ist der Film ausgegangen? Bernd hatte vor-hin auch davon gesprochen. Wie heißt der Hauptdarsteller noch-mal?“

Anne: „Du kannst ja mit Markus in den Film gehen, dem habe ich auch davon erzählt.“

Martin: „Eine gute Idee, Markus hatte auch keine leichte Woche. Das wäre für uns beide ein guter Anlass …“

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46 | Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit

Anne: „Na, dann ruf ihn doch an, der würde sich wirklich freuen. Außer-dem hat er sich heute sehr gut geschlagen. Das wäre eine schöne Sache.“

Martin: „Ja, mache ich. Dir ein schönes Wochenende!“

Analyse: Die aktive Grundemotion entscheidet auch darüber, welcher Art der Ansprache, welchen Argumenten bzw. welchen äußeren Impulsen wir folgen und welchen nicht. Martin, der in der ersten Szene sehr rational und gründlich überlegt, ob und wie er ein Problem lösen kann, was charak-teristisch für Blau ist, lässt sich schwerlich von seinem fröhlichen und auf-geschlossenen Kollegen Bernd, der von dem tollen Kinofilm erzählt, mitrei-ßen. Er reagiert höflich, aber deutlich ablehnend, weil er sich konzentrieren will. Ganz anders fällt Martins Reaktion in der zweiten Szene aus, als ihm ein Lösungsweg eingefallen ist und er nun weiß, was wie zu tun ist. Er ist mit sich und der Welt wieder im Reinen und freut sich, dass Anne sich Zeit nimmt, noch kurz mit ihm zu plaudern. Jetzt ist ihm auch die gute Bezie-hung zu Markus wieder wichtig, mit dem er im Laufe der Woche eine kleine Auseinandersetzung hatte. Die blaue Sinn- und Lösungssuche ist also einer grünen Beziehungspflege gewichen. So kann Martin sich jetzt auch gut mit der Kollegin in Gelb austauschen. In der grünen Grundemotion liegt ihm zu-dem viel daran, mit Markus wieder eine gute, ausgeglichene Beziehung her-zustellen.

Doch diese beiden Szenen bieten noch mehr Stoff für eine ausführliche Analyse und Interpretation. In Blau will Martin sich Klarheit verschaffen, seinen Kopf frei haben, sich konzentrieren, Zahlen, Daten und Fakten sich-ten, Hintergründe beleuchten. Für Bernd, hier in Gelb, der einen tollen Film gesehen hat, sich dabei prima amüsiert hat und aus Begeisterung Martin davon erzählen will, hat er in dieser Situation kein Verständnis. Seine Stim-me ist abweisend, er spricht nur wenig, blickt mehr auf seine Unterlagen als auf den vor ihm stehenden Bernd, der dagegen übersprudelt, ausführlich er-zählen will und es damit sogar gut mit Martin meint, indem er ihn von sei-nem Problem abzulenken versucht. Diese Ablenkung, ein Aufschub oder gar das Verdrängen des Problems ist für die gelbe Grundemotion typisch. Für Bernd, der auch eine anstrengende Woche hinter sich hat, ist jetzt gute Lau-ne und Entspannung angesagt. Ganz anders bei Martin, der sich auf nichts einlassen kann, was seine Gedanken von der Suche nach seiner Lösung ab-lenkt.

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47 Verhalten und Körpersprache |

Freitagabend, Martin hat das Problem gelöst und trifft auf Anne, die noch mehr als Bernd in Feierlaune ist – wegen des erfolgreichen Angebots. Martin freut sich, Anne zu sehen, und kann seine Probleme loslassen. Bei-des zusammen aktiviert offensichtlich seine grüne Grundemotion. So kann er sich jetzt auf die ihm in Gelb fröhlich, locker, lebhaft und gestenreich gegenübertretende Anne einlassen. Als er nun zum zweiten Mal von dem spannenden Kinofilm erzählt bekommt, stört ihn dies überhaupt nicht. Ihm ist an guten Beziehungen zu seinen Kollegen gelegen, und er hat sogar ein schlechtes Gewissen gegenüber Markus, der in dieser Woche offensichtlich einiges einstecken musste. Ihm gegenüber ist er jetzt um Ausgleich und Harmonie bemüht, so dass er sich von Annes Idee anstecken lässt, gemein-sam mit Markus ins Kino zu gehen. Die sprühende, fröhliche Anne wirkt auf den grünen Martin deshalb jetzt nicht störend und ablenkend wie zuvor der ebenfalls gelbe Bernd.

Die Stimme von Martin ist wie seine ganze Körperhaltung entspannt, ru-hig und sanft. Er hält sich zurück, freut sich an Annes deutlich sichtbarer Begeisterung und gibt dieser viel Raum. Anne spricht schnell und lebhaft, sie lächelt Martin an, ihre gute Laune wirkt ansteckend, Martin freut sich mit ihr über den Erfolg. Könnte man die beiden sehen, würde man bei Mar-tin wenig Gestik und Mimik wahrnehmen, während Anne ihren Bericht mit Ausdruck und lebhaften, plastischen Handbewegungen unterstreicht.

Diese kurzen Szenen mögen Ihnen verdeutlichen, dass je nach äuße-ren Einflüssen, Erkenntnissen oder Überlegungen die aktive Grundemoti-on wechselt. Dieser Wechsel wird dann unmittelbar im Verhalten sichtbar, an der Stimme sowie der veränderten Gestik und Mimik. Natürlich ist es genauso wichtig, sich immer wieder über das eigene Verhalten und die da-für maßgebliche Grundemotion klar zu werden. Genau wie unser Gegenüber sind wir Teil der Situation und beeinflussen diese und damit auch das Ver-halten der anderen Beteiligten. Inwieweit und wie wir die aktive Grunde-motion bei uns und bei anderen aktiv beeinflussen können, erfahren Sie im nächsten Kapitel. Tabelle 1 erleichtert Ihnen das schnelle Erkennen der ver-haltensbestimmenden Grundemotion .

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48 | Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit

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49 Verhalten und Körpersprache |

Immer wieder kommen Sie in Situationen, in denen Sie innerhalb weni-ger Augenblicke entscheiden müssen, welches die richtige Ansprache ist. Ob Sie das Gespräch direkt oder über einen Umweg auf Ihr Anliegen lenken. Tabelle 1 gibt Ihnen einfache und leicht überprüfbare Anhaltspunkte, die Sie nutzen können, um – vor allem bei unbekannten Gesprächspartnern – die aktive Grundemotion schnell herauszufinden. Zur weiteren Illustration und gleichzeitig zur Übung dienen die folgenden kurzen Beispiele.

Die aktive Grundemotion schnell erkennen

Ein Kunde, der ungeduldig, ja sogar unwirsch auf ein Ab-schweifen vom aktuellen Thema reagiert, kaum aufsieht, wenn ein anderer den Raum betritt, genervt auf das klin-gelnde Telefon reagiert und häufig auf die Uhr schaut – die-

ser Kunde ist sehr wahrscheinlich unter Zeitdruck. Aber unabhängig vom konkreten Auslöser: Wer Ihnen so begegnet, bei dem ist die rote Grundemo-tion eindeutig verhaltensbestimmend. Für Sie heißt das Konzentration auf Ihr Anliegen und klare, fokussierte Ansprache Ihrer wichtigsten Punkte. Am besten sprechen Sie in dieser Situation das Zeitproblem offen an und kommen ohne Umschweife zum Thema. Auch wenn Sie sich intensiv darauf vorbereitet haben, verzichten Sie auf lange Argumentationsketten, selbst wenn die Ihnen noch so schlüssig erscheinen. Fokussieren Sie sich auf we-nige, klar formulierte Punkte. Im Zweifel vereinbaren Sie lieber einen neuen Termin.

Wer vor einem aufgeräumten Schreibtisch sitzt, Sie schon erwartet hat und Ihnen den Raum gibt, Ihr Thema darzustel-len, erwartet sicherlich gute Argumente und eine ausführli-che Darstellung des Inhalts. Sie können hier davon ausge-

hen, dass Sie diesen Kunden weder in der roten noch in der gelben Facette seines Verhaltens antreffen. Ob bei Ihrem Kunden gerade die grüne oder die blaue Grundemotion aktiv ist, können Sie vorsichtig herausfinden. Direkte Fragen Ihres Gegenübers zum Thema, neutrale Antworten auf Ihre Fragen zu Person und Umfeld weisen deutlich auf die blaue Grundemotion hin. Hier

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50 | Die emotionalen Facetten jeder Persönlichkeit

steht einem intensiven, ausführlichen Fachgespräch nichts mehr im Wege. Seien Sie darauf vorbereitet.

Ist Ihr Gesprächspartner dagegen zuerst an Ihnen als Per-son interessiert, geht er, wenn auch vorsichtig, auf persönli-che Fragen ein. Ist ihm Gesprächsatmosphäre wichtig, dann treffen Sie auf die grüne Grundemotion. Hier sollten neben

dem Nutzen auch Verträglichkeit und Kompatibilität im Zentrum des Ge-spräches stehen. Ganz wichtig sind natürlich auch Referenzen. Denn Kun-den in der grünen Grundemotion messen der Vergangenheit größere Bedeu-tung bei als andere Facetten.

Ein anderer Kunde sitzt hinter seinem vollgeladenen Schreib-tisch, das Büro ist mit „kreatives Chaos“ wohlwollend um-schrieben. Trotz des offensichtlichen Arbeitsanfalls, werden Sie und die damit verbundene Abwechslung freudig begrüßt.

Mit schnellen Schritten kommt Ihr Kunde auf Sie zu, schüttelt Ihre Hand mit beiden Händen. Sofort beginnt er, über seine Arbeit zu berichten. Er tauscht sich lieber mit Ihnen aus, als „langweilige“ Schreibtischarbeit zu erledigen. Das kann jetzt warten. So könnte Ihr erster Eindruck von einem Kunden sein, der sich in der gelben Grundemotion über Ihren Besuch freut. Die gleich Verhaltensfacette kann sich auch in folgenden hektischen Wor-ten äußern: „Gehen Sie schon mal rein und nehmen sich einen Kaffee, ich bin gleich für Sie da. Hier brennt mal wieder die Hütte. Um alles muss ich mich hier kümmern.“ Das heißt nicht, dass Sie nicht willkommen sind, für Gelb ändern sich die Prioritäten nur manchmal sehr schnell. Bleiben Sie ruhig, zeigen Sie angemessene Bewunderung und behalten Sie Ihr Anliegen fest im Auge.

Jetzt haben Sie eine erste Idee, wie sich die vier Farben im Alltag zeigen und wie Sie diese schnell erkennen können. Wie Sie konkret auf Ihr jewei-liges Gegenüber eingehen und damit die beste Wirkung erzielen, erfahren Sie im Kapitel 2.2. Zuvor beschäftigen wir uns mit dem Thema Sprache und deren emotionaler Wirkung.