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Musik Vom farbenprächtigen Musikerlebnis in den hohen Himmeln Wo himmlische Künstler die Kraft der Inspiration empfangen Entfaltung des musikalischen Talents in der jenseitigen Welt Herausgeberin GL Zürich G EISTIGE W ELT Zeitschrift für christliche Geisteslehre und Jenseitswissen, seit 1948 Heft 4/2017

GEISTIGE WELT... und das, was ich erkläre, hört ja schliesslich ein jeder. Das ist es eben. Nun, ich möchte nichts Weiteres darüber sa - gen; ich will heute in erster Linie euch

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Page 1: GEISTIGE WELT... und das, was ich erkläre, hört ja schliesslich ein jeder. Das ist es eben. Nun, ich möchte nichts Weiteres darüber sa - gen; ich will heute in erster Linie euch

Musik

Vom farbenprächtigen Musikerlebnis in den hohen Himmeln

Wo himmlische Künstler die Kraft der Inspiration empfangen

Entfaltung des musikalischen Talents in der jenseitigen Welt

Herausgeberin GL Zürich

GEISTIGE WELTZeitschrift für christliche Geisteslehre und Jenseitswissen, seit 1948

Heft 4/2017

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Vom farbenprächtigen Musikerlebnis in den hohen Himmeln 3Lene, 19.1.1977

Wo himmlische Künstler die Kraft der Inspiration empfangen 8Lene, 20.2.1963

Wie eine jung verstorbene Mutter ihr musikalisches Talent entfalten darf 16Josef, 2.6.1971

Fragen und Erläuterungen 24

Mitteilungen 26

Veranstaltungskalender 2017/18 26

Gottesdienste 27

Inhalt

GEISTIGE WELT® ISSN 0251-1614Zeitschrift für christliche Geisteslehre und Jenseitswissen, seit 1948

Erscheint zweimonatlichJuli / August 2017

HerausgeberinGL Zürich

RedaktionBarbara Sträuli-EisenbeissDaniel Sträuli

Redaktionelle MitarbeitMarianne KreikenbaumHeinz Blum

KorrektoratUrs GuggenbühlHeinz Blum

Publikationsorgan der GL Zürich© 2017 Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt

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Lene: Gott zum Gruss. Liebe Geschwister,möget ihr eure Gedanken, eure tägliche Geschäf-tigkeit für eine Stunde überwinden, damit euerHerz und eure Seele geöffnet werden und ihrmeine Worte besser verstehen könnt. Einer sol-chen Stunde sagt ihr Meditation. Ich versucheüber ein Thema zu euch zu reden, aber meineMeditation oder meine Erklärungen sind Erleb-nisse oder Begebenheiten aus der himmlischenWelt. Ich will euch die Tore des Himmels öffnen,ich lasse euch Einblick nehmen in diese geistigeWelt; ich möchte, dass ihr hineinschauen könntin diese geistige Welt, wo die Tore geöffnet wer-den, und ihr auf den verschiedensten Entwick-lungsstufen und auf den verschiedensten Geis-teshöhen Einblick bekommt. Ich versuche euchdieses Schauen als Mensch, mit euren Gefühlenzu ermöglichen; ich versuche euch hineinzu -ziehen in diese für euch unsichtbare Welt undsie euch so in ihrer Lebendigkeit zu schildern,dass ihr sie auch mit euren menschlichen Ge-fühlen erleben könnt und ihr euch eine Vorstel-lung von ihr machen könnt. Freilich wird es mirnicht bei einem jeden Anwesenden gelingen,

das zu erreichen, was ich gerne möchte: dieseLebendigkeit in der Weise zu erleben, wie ich siezu schildern versuche.

Auf den verschiedensten Gebieten habe icheuch schon Erklärungen gegeben. Ich habe euchDinge erklärt, die ihr gerne gehört habt, die eucherfreut haben; ich habe vielleicht auch schonDinge gesagt, die man nicht für glaubwürdighielt. Meinetwegen. Das kommt ja eben ganzauf die Entwicklung des Menschen an, und eskommt ganz darauf an, wie weit er sein Herzgeöffnet und seine Seele aufgetan hat. Es kommtganz darauf an, auf welcher Entwicklungsstufeer steht, ob das, was ich ihm zu sagen habe, fürihn eine Selbstverständlichkeit ist, weil er es ein-fach fühlt, weil er sozusagen dieses Wissen insich hat und er der Auffassung ist: “Das ist nichtsNeues für mich, das ist eine Bestätigung von alldem, was ich ahne, was ich fühle und von demich glaube, dass es so ist.” Für einen andern istes eben nicht so, weil die Türe zu seiner Seelegeschlossen ist und weil er im Geiste solche Er-lebnisse noch nicht gehabt hat oder sie ihm ganzfremd und weit entfernt sind, weil ihm, einfa-cher und schneller gesagt, einfach das Verständ-nis fehlt. Es ist wie bei euch: Wenn ihr etwas er-klären wollt, das vielleicht etwas kompliziert ist,dann wisst ihr auch: “Ach, diesem oder jenembrauche ich davon gar nichts zu sagen, er ver-steht es ja sowieso nicht.” Das könnte ich auchmanchmal sagen. Aber eben, ich habe ja vieleverschiedene Geschwister hier; der eine steht da,der andere steht dort, und das, was ich erkläre,hört ja schliesslich ein jeder. Das ist es eben.

Nun, ich möchte nichts Weiteres darüber sa-gen; ich will heute in erster Linie euch den Him-mel auftun. Ich möchte über die Hoffnung spre-

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17Lene, 19. Januar 1977 (Ausschnitt)

Vom farbenprächtigen Musikerlebnis in den hohen Himmeln

In der irdischen Welt gibt es auf keinem Gebiet

Vollkommenheit. Selbst das Schönste, das die

Natur oder die menschliche Kunst zu bieten hat,

ist unvollkommen. Vollkommenes gibt es nur

in der Nähe Gottes. Geistlehrerin Lene spricht

in diesem Vortrag vom Musikerlebnis in den

hohen Himmeln. Hier ist die Musik etwas Leben-

diges. Ein Konzert ist nicht nur ein Hör erlebnis,

sondern es ist zugleich ein farbenprächtiges

Feuerwerk, das aus den Klängen sprüht.

Page 4: GEISTIGE WELT... und das, was ich erkläre, hört ja schliesslich ein jeder. Das ist es eben. Nun, ich möchte nichts Weiteres darüber sa - gen; ich will heute in erster Linie euch

chen und über die Liebe – zuerst über die Hoff-nung und die Liebe des Menschen, die beide inder christlichen Lehre eine ganz bedeutendeRolle spielen. Dann möchte ich anderseits dieHoffnung und Liebe von geistiger Sicht aus be-leuchten, wie beide von geistiger Sicht aus zuerleben sind.

Wenn einem Menschen Hoffnung gegebenwerden darf und gegeben werden muss, ist dasfür den Betreffenden ganz bestimmt etwas Tröst-liches. Denn auf dieser Welt unter den Menschenmuss Hoffnung auch sein. Hoffnung gibt euchMenschen Mut, gibt Kraft, gibt Ausdauer, wennman sie euch auf irgendeinem Gebiete einflies-sen lassen kann. Es gibt Situationen, in denender Mensch die Hoffnung braucht und sie ihmeine geistige Nahrung, eine geistige Kraft ist.Hoffnung braucht der Mensch, sie ist für ihnnotwendig. Aber diese Hoffnung, die ihm aufder Erde gegeben werden kann, ist etwas Un-vollkommenes, so wie auch die Liebe unter denMenschen unvollkommen ist. Und dennoch istauch die Liebe unter den Menschen eine drin-gende Notwendigkeit. Aber beides ist in dieserWelt etwas Unvollkommenes. Es ist unvollkom-men, weil die Lebendigkeit fehlt. Die Hoffnungist etwas auf Zeit, sie ist etwas, das vielleicht dieErfüllung bringt, die man erwartet; aber sie istnicht das Unbedingte, das Vollkommene, das,was sich unbedingt erfüllen sollte. Beides, obHoffnung oder Liebe – wie es der Menschbraucht –, liegt doch für ihn in weiter Ferne undwird doch manchmal sehr fraglich. Und doch istes für den Menschen auf dieser Welt eine Not-wendigkeit.

Aber betrachten wir einmal diese Welt undalles, was es auf dieser Welt gibt: Nichts davonist vollkommen, absolut nichts. Selbst dasSchönste, das euer Auge oder euer Ohr erfreut –und damit deute ich jetzt auf die schönenKünste hin –, ist nicht vollkommen, auch wennes für euch Menschen eine hohe Kunst sein mag.Nehmen wir beispielsweise die wunderbare

Musik der grossen Meister, die uns gefällig istgenau wie euch: Diese Musik erfreut euch, siemag sogar von Meistern gespielt sein, sodass ihreuch sagen müsst: “Besser als von diesen Men-schen kann diese Musik nicht mehr gegebenwerden” – ihr betrachtet es also als meisterhafteLeistung auf der höchsten Stufe des Könnens,als eine meisterhafte Leistung für die Welt. Viel-leicht enttäusche ich euch, wenn ich jetzt sage:Es ist dennoch unvollkommen; alles auf eurerWelt, auch eure schönsten Künste, ist unvoll-kommen.

Jetzt möchte ich versuchen, euch dies etwasnäher zu erklären. Aber ich kann es euch nurdann verständlich machen, wenn in eurem In-wendigen die Seele offen ist, die Gefühle ver -feinert sind und man meine Sprache versteht.Und so möchte ich so gerne alle ansprechen.

Ich will jetzt auf die Musik zurückkommen,eben gerade auf diese hohe Kunst der Musik.Der Himmel oder die ihm dienenden geistigenWesen brauchen die Musik, die ihr auf Erdenspielt; denn sie dient zur Ehre Gottes, zur Ver-schönerung eures Gottesdienstes. Diese hohe,schöne Musik hat einen Einfluss auf den Men-schen, auf sein Denken und auf seine Aus-drucksweise. Ich möchte sagen, der Mensch, derda zuhört, schwingt sich sozusagen in dieseMusik hinein, er schwingt mit der Musik.

Auf sichtbare Weise geschieht dies – um eindeutliches Beispiel zu nennen – bei der Musik,die die heutige Jugend liebt. In dieser Musik istRhythmus. Die Menschen, die diese Musik hö-ren, gehen mit im Rhythmus, sie schwingen mitim Takt der Musik, es ist ein Mitleben. Und die-ses Mitleben müssen sie mit ihren Körperbewe-gungen zum Ausdruck bringen. Ich möchte dasjetzt nicht als eine Empfehlung sagen, dass ihrbei schöner Musik auch in diesem Sinne in denRhythmus kommen sollt; so ist es natürlichnicht gemeint. Ich will nur die Andeutung machen und darauf hinweisen, dass dieses Mit-schwingen bei diesen jungen Menschen im Kör-

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perlichen, Grobstofflichen, geschieht; aber es ist doch von der Wirklichkeit übernommen, sieschwingen mit mit der Musik, sie schwingenmit ihrem Körper mit.

Im Unterschied zu diesem Grobstofflichen,Körperlichen, gibt es das Veredelte, Verfeinerte:Da schwingt der Zuhörer auch mit, aber erbraucht dazu nicht die Körperbewegung; son-dern die Seele, das Inwendige, schwingt mit.Der Zuhörer kann ganz ruhig dasitzen, und inwendig wühlt sich etwas auf oder schwingtetwas mit. Das ist der verfeinerte, veredelte Zustand. Was ich damit sagen will, ist: Es gibtverschiedene Stufen des Mitschwingens; dereine schwingt sichtbar mit, mit seinem vergäng-lichen Körper, während ein anderer innerlich etwas erlebt, auf der hohen Geistesstufe; esschwingt nur die Seele mit, das Veredelte, dasVerfeinerte. Vielleicht versteht man mich.

Darum kann ich auch sagen: Alles, was aufdieser Erde ist, ist unvollkommen, und sei es dieschönste Pracht der Blumen. Für euer Auge istes wunderbar, es erlabt euch, es erfreut euch. Ihrbewundert die Natur, und im Grunde genom-men ist es ja das Schöne. Der Mensch, so wie erist mit seinem – sagen wir jetzt – grobstofflichenDenken, bewundert es. Aber wer mehr fühlt undjetzt beispielsweise die schönste Blumenprachtsieht, bei dem gibt es auch ein inwendiges Mit-erleben und Mitschwingen; es gibt ein Ahnendes Vollkommenen, das in der Gotteswelt ist.Auch für die Natur, jetzt im Allgemeinen, gibtes eine innere Bewunderung, ein inwendigesMiterleben von all dem, was dem Menschen dar-geboten wird. Doch im grossen Ganzen gehendie Menschen eben einfach darüber hinweg.Und sie gehen deshalb darüber hinweg, weil sieja diese geistige Schau und diese geistige Ver-bindung nicht haben, sie nicht kennen oder nichtwollen. Sie haben ja keinen Glauben an diesesHöhere, an dieses Unsichtbare; darum könnensie auch nicht eine höhere Empfindung haben indieser Art und Weise, wie ich es euch jetzt dar-

lege. Also diese Erklärung einmal zu dem, waseuer Auge betrifft, zum Äusseren, das ihr wahr-nehmen könnt.

Ich möchte jetzt wiederum auf die Musikhindeuten: Wunderbar war die Musik, die vor-hin gespielt wurde; sie war wunderschön, undsie hat euch – ich will es hoffen – in eine höhereSchwingung hineingeführt. Aber diese schöneMusik, die für euch so schön ist, ist vom geis -tigen Standpunkte aus gesehen, von mir aus ge-sehen, so wie ich die Musik im Himmel erlebe,eine Musik, die den Geistwesen in den unterstenAufstiegsstufen zu Gehör gebracht würde. Dasist dann auch die Musik, die sie lieben, die sieschätzen, die sie verstehen – die sie verstehen.Demgegenüber ist die Musik, die ich liebe, diebei uns gespielt wird, etwas Lebendiges, das jedes Mal zu einem neuen Erlebnis wird.

Wie kann denn die Musik lebendiger werdenals so, wie sie euch dargeboten wird? Ja, das istes eben. Das ist vielleicht auch etwas, was nichtalle hier Anwesenden verstehen können, wennich jetzt von dieser Lebendigkeit der hohen Musik spreche, die in den höchsten Himmelngespielt wird und zu einem besonderen Erlebniswird. Ich habe euch auf das Mitschwingen derjungen Menschen hingewiesen, die sich imRhythmus der Musik mitbewegen und sich insie hineinschwingen. Ich habe gesagt, das hoheSchöne erlebt man in der Seele, inwendig, alsoim Geist. Ich als Geist erlebe die Musik eben inwendig. Und alle, die mit mir auf derselbenStufe sind, erleben es auf diese Weise. Auch wirbringen dann, wenn das Spiel oder das Konzertbeendet ist, unsere Freude zum Ausdruck, ge-nauso lautstark, wie es bei euch üblich ist; dennauch wir wollen unsere Bewunderung kundtun,und da sind wir natürlich nicht einfach nur still,ohne eine Bewegung und einen Laut von uns zugeben. Auch wir wissen diese Überraschungenund das Lebendige zu schätzen und bringen daher als Geist auch unsere Freude zum Aus-druck. Denn unsere Welt ist eine lebendige Welt,

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die schwingt und die bewegt ist und immer inBewegung ist.

Aber jetzt zur Frage: Wie erleben wir dieseMusik, und warum wird sie für uns jedes Malzu einem Erlebnis, sodass wir dementsprechendunsere lautstarke Bewunderung zum Ausdruckbringen? Wir hören die Musik mit unseren geis-tigen Ohren, und ihr Klang ist reiner, also voll-kommener; die Musik ist also viel schöner, alssie bei euch ist. Das ist einmal das eine, das, wasdas geistige Ohr wahrnimmt. Wir nehmen aberdie Musik nicht nur mit den Ohren wahr. Ichhabe auch vom Rhythmus gesprochen; dieserRhythmus bewegt uns auch – inwendig. Aberwie gesagt, dabei bleiben wir ruhig. Die Musik,die bei uns oder bei mir in meiner Welt gespieltwird, ist aber auch etwas für die Augen. Und dahaben wir unseren grössten Genuss oder dengenauso grossen Genuss. Denn die Musik, dieaufgeführt wird, diese verschiedensten Instru-mente, die spielen, das alles ist lebendig, kommtin eine gewisse Schwingung; und da es eben lebendig ist, ist eine unbeschreibliche Farben-pracht mitzuerleben. Die Töne sind nicht nur etwas Wahrnehmbares für das Ohr, sondern die Musik wird auch durch ihre Schwingung inFarbenpracht lebendig.

So möchte ich nur als Beispiel sagen: Spieltnun jemand die Harfe, so sprüht jedes Mal,wenn eine Saite gezupft wird, eine Farben-pracht aus dieser Saite heraus, hinaus in dieWeiten. Ich könnte fast sagen, es ist wie ein klei-nes Feuerwerk. Und dieses zu erleben, ist eineÜber raschung; diese vielfältigen Farben, diedurch die Töne der Musik entfliehen, und dasSpiel, das geboten wird mit dieser Musik, das ist Lebendigkeit. So verschiedene Musikinstru-mente, wie ihr habt, haben auch wir; wir habennoch mehr. Aber bei uns gibt jedes göttliche Wesen, das ein solches Instrument spielt, mitseiner Darbietung sozusagen ein kleines Feuer-werk von sich – wenn ich das nach euren Be -griffen so sagen darf. Das ist Lebendigkeit. Die

Musik ist gewaltig, unerhört. Da schwingt manmit. Und was man mit dem geistigen Augesieht, das ist so prachtvoll, das ist so lebendig,das ist so etwas Wunderbares, dass ihr davongar keine Ahnung habt und es gar nicht ver -stehen könnt.

Wohl wird in der Geisteslehre eingeflochten:Alles ist Schwingung, und alles bewegt sich inSchwingungen. Diese Bewegung, diese Schwin-gungen erzeugen auch Farben. Und wenn danndiese Schwingungen eben mit Musik oderdurch Musik zum Ausdruck kommen, dannwird das eine Lebendigkeit, etwas Vollkomme-nes. So wie beispielsweise bei euch die Dirigen-ten versuchen, jeder auf seine Art und Weise,den genauen Einsatz anzugeben und ein Stückso zum Ausdruck zu bringen, dass es, wie erglaubt, auf einer noch höheren Ebene noch bewunderungswürdiger, noch lebendiger nachMenschenart dargeboten wird, so ist es auch beiuns. Dieselbe Musik kann des Öftern genau ge-spielt werden, auch dieselben Sinfonien könnenvon Zeit zu Zeit wieder aufgeführt werden, undjedes Mal ist es ein anderes Feuerwerk, weil eswieder anders gespielt oder interpretiert wird.Das sind Erlebnisse. Das ist das Vollkommene,das wir erleben, und es ist nur zu wünschen,dass auch ihr solches erleben könnt, wenn ihr zu uns herüberkommt, und ihr euch dann nichtzuerst mit der üblichen Musik begnügen müsst.

Ich habe von der Hoffnung und von derLiebe gesprochen und darauf hingewiesen, dassbeides auf Erden nur etwas Unvollkommenesist. Ich habe jetzt versucht, einen Vergleich zumachen zwischen der Vollkommenheit bei unsund der Unvollkommenheit eurer Welt. Alles,was in eurer Welt ist, ist also unvollkommenund kann doch wunderschön und von grössterBedeutung und notwendig sein für das Lebendes Menschen. Aber die Welt ist einfach nichtvollkommen; und alles, was geboten ist undwas der Mensch in der Natur erlebt, mag be-wunderungswürdig sein und ist bewunde-

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rungswürdig, aber in seiner Lebendigkeit undVollkommenheit ist es erst bei uns.

Darum: Die Hoffnung, die man Menschengibt und geben darf und geben muss, ist tröst-lich für den Menschen, und er mag sich be -gnügen mit dieser Hoffnung. Es ist aber eineHoffnung auf Zeit – für uns unvollkommen.Aber sie ist tröstlich und notwendig für denMenschen, und wir unterstützen es, wenn demMenschen diese Hoffnung gegeben wird. Wirunterstützen ja alles, was auf dieser Welt für den Menschen gut ist; wir unterstützen es, auchwenn es unvollkommen ist. Wir können ja nichtdas Vollkommene in eine unvollkommene Welthineinbringen, das wäre gesetzwidrig. Stellteuch einmal vor – um auf den Vergleich mit derMusik zurückzukommen –, ein Konzert nichtnur zu hören, sondern zugleich das Feuerwerkzu sehen, das aus den Klängen sprüht. Das istbei euch Menschen ja nicht möglich, schon reintechnisch nicht. Und das, was ich euch sage, istin erster Linie einem Geistesmenschen ver ständ - lich; gleichwohl mag es noch welche Freun degeben, denen das auch nicht so verständlich ist.

Mit der Liebe ist es ebenso wie mit der Hoff-nung: Es ist eine unbedingte Notwendigkeit,dass unter den Menschen die Liebe herrscht.Diese Liebe aber, die unter den Menschen ist, istunvollkommen. Denn die wahre Liebe kenntnicht Hass, sie kennt nicht Neid, nicht Eifer-sucht, sie kennt nicht Herrschsucht; sie ist ebendas, was wir in den höchsten Himmeln haben.Und diese vollkommene Liebe ist das, was inGott ist und aus Gott herausgekommen ist; diewahre Liebe ist das, was Christus ausgetragenhat, das ist wahre Liebe. Und diese vollkom-mene, wahre Liebe ist in ihrer Vollkommenheiteben nur in der Gotteswelt.

Die Liebe mag unter den Menschen auch verschiedene Stufen oder verschiedene Gradehaben, aber sie ist und bleibt unvollkommen. Jeder muss mir darin recht geben. Wäre dieLiebe unter den Menschen, gäbe es keine Kriege,

es gäbe keine Erpressung, keine Entführung,nichts dergleichen. Ihr habt nur ein Wort fürdiese Liebe, und ihr wisst genau, was mit diesem Wort gemeint ist, was darunter zu ver-stehen ist als Empfindung, als Zuneigung. Indiesem Wort ist im Grunde genommen alles ent-halten, alles. Aber in einer unvollkommenenWelt ist auch die Liebe nicht vollkommen. Dassoll euch nicht etwa deprimieren, sondern essoll euch bewusst werden, dass ihr in einer un-vollkommenen Welt lebt und dass ihr hier dasBeste zu machen habt, was in dieser Welt mög-lich ist, und was im Göttlichen in höchster, voll-kommener Art zum Ausdruck kommt. Ihr sollteuch klar darüber werden, dass es sowohl beider Hoffnung als auch in der Liebe den Graddes Vollkommenen nur im Jenseits, nur in derGotteswelt gibt. Euer Leben ist ja vergänglich.Man kann euch Hoffnung machen in dieserWelt, ihr könnt Liebe empfangen in dieser Weltals Mensch, solange ihr lebt; dieses alles ist aufeuer irdisches Dasein begrenzt.

In der Jenseitswelt gibt es auch Hoffnung; sieist aber lebendig, sie ist vollkommen. Bei unsgibt es auch Liebe, und auch sie ist vollkommen.Vollkommen ist sie aber nur in den höheren Stufen – das möchte ich deutlich zum Ausdruckbringen, um keine Missverständnisse aufkom-men zu lassen; denn in den Aufstiegsstufen istes noch nicht vollkommen. Vollkommen ist es in Gottes Nähe, vollkommen ist, was aus Gottherausgeht. Den vollkommenen Grad allen Er-lebens gibt es in Gottes Nähe, in jenen hohenStufen der himmlischen Fürsten, die im HauseGottes ein und aus gehen können und dürfen.[...]

Ausschnitt aus dem Vortrag von Geistlehrerin Lenevom 19.1.1977 durch ihre Mittlerin Beatrice Brunner im Saal an der Münchhaldenstrasse, Zürich(Vorlage: Tonbandaufzeichnung)

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Lene: Gott zum Gruss. Meine lieben Ge-schwister, was für den irdischen Leib die Speiseist, ist für die Seele das Gebet. Durch das Gebetkann man Gott nähertreten. Die innige Verbun-denheit kann durch das Gebet zum Ausdruckkommen, wenn man richtig betet. Im Gebetelobt und preist man Gott, den Schöpfer. Mandankt ihm, man klagt ihm, man bittet ihn wie-derum, man erfleht von ihm seine Hilfe fürs täg-liche Leben. Das wirkliche Gebet besteht abernicht nur aus Klagen, aus Jammern. Denn diehimmlische Welt weiss um die Sorgen des Ein-zelnen. Eigentlich sollte man so weit sein, dassman seine persönlichen Probleme und Sorgenzur Seite legt, wenn man betet. Da sollte sicheine ganz andere Welt auftun, und in dieserWelt sollte man das, was einen im täglichen Leben beschäftigt, vergessen. Man sollte also in

etwas ganz Neues eintreten und dem Neuen gegenüber nicht mit Klagen kommen, mit stän-digem Flehen. Gemeint ist natürlich das persön-liche, das egoistische Klagen über das, was denBittenden persönlich betrifft. Anders ist es, wennman um den Frieden für die Allgemeinheit bit-tet, für den Nächsten betet, für ihn ein gutesWort einzulegen versucht und sich persönlichalso nicht in den Vordergrund schiebt. Das sinddann wirkliche Gebete, die von der Engelsweltgerne angenommen werden. In allem kommtzum Ausdruck, dass sie nicht erbaut ist überden Egoismus, über das Persönliche, dass mannur für sich persönlich etwas erreichen möchteund immer für sich bittet.

Nun aber ist es so: Wenn man das Gebet inerster Linie als Verherrlichung Gottes betrachtet,Gott verherrlicht im Gebet, und imstande ist,zuerst für den andern zu flehen, dann wirdauch die göttliche Welt erkennen, wessen manpersönlich bedarf; denn dann beginnt sich diegöttliche Welt für den Einzelnen zu interessie-ren. Und wenn ich sage “die göttliche Welt”,dann meine ich seinen persönlichen Schutz-geist, seine sich für ihn interessierenden Geist-boten, die an die Höhen des Himmels ange-schlossen sind. Es ist genauso, wie wenn ihreuch mit einem Mitmenschen unterhaltet undihr ständig von euch persönlich sprecht, von euren Sorgen, euren Erlebnissen, was für denandern uninteressant ist, ja belastend wirkt. Dazeigt der andere auch keine besondere Anteil-nahme, denn es wird ihm sozusagen zuwider,ständig das Gejammer und von euren eigenenLeistungen, von eurer Persönlichkeit zu hören.

Es ist aber ganz anders, wenn man anfängt,sich für den andern zu interessieren, und man

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In der göttlichen Welt vollbringen die grossen

Meister der Künste ihre Leistungen zur Ehre

Gottes; denn sie wissen, dass sie ihre Fähigkei-

ten und Talente von Gott erhalten. In diesem

Sinne wird auch ein gläubiger Mensch von

Dankbarkeit erfüllt, wenn er in seiner Welt die

Musik grosser Komponisten vernehmen darf.

Er vermag in seiner Seele zu erfassen, dass

diese Künstler das Wunderbare nur zum Aus-

druck bringen konnten, weil Gott es ihnen

ermöglichte.

Geistlehrerin Lene erklärt in diesem Vortrag,

auf welche Weise in den hohen Himmeln den

unterschiedlich begabten Geistwesen schöpfe-

rische Kräfte geschenkt werden.

Wo himmlische Künstler die Kraft der Inspiration empfangen

Lene, 20. Februar 1963

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sich nach seinem Wohl erkundigt und versuchtihm beizustehen, wenn es notwendig ist – wennman also den Helferwillen zum Ausdruck bringtund ihn dann auch tatsächlich ausführt. Eintaktvoller Mensch, dem man auf diese Weise be-gegnet, wird doch selbstverständlich seinerseitsfragen: “Und wie geht es dir?” – denn er weiss,dass der andere ganz bestimmt nicht immer nur hören will, was seine eigenen, persönlichenVerhältnisse betrifft, sondern er ist so taktvollund interessiert sich auch für das Wohlergehenseines Mitmenschen oder seines Freundes. Sofängt man an, einen Ausgleich zu vollziehen.Und ist von zwei solchen Menschen einer dergeistig Stärkere, dann wird er eben dem Schwä-cheren beistehen und ihm helfen. Dazu brauchtes eine innere Bildung, eine geistige Kraft, einebestimmte Entwicklung. Aber das ist dann eintaktvolles Benehmen, wenn man sich um denandern auch kümmert.

Bei der Geisterwelt Gottes ist es so: Wenn einMensch im Gebete ist, Gott verherrlicht, ihn lobtund preist und daneben vielleicht für diesenoder jenen bittet, ihn ins Gebet einschliesst – erbraucht gar nicht viele Worte zu sagen, sonderner möchte einfach für ihn bitten – und für denFrieden der Welt fleht und gar nicht an sichdenkt, dann wird die hohe Geisteswelt, wie dertaktvolle Mensch, sich für das persönliche Wohldes Bittenden interessieren. Weil er Gott die Ver-herrlichung gibt und weil er nicht sich persön-lich in den Vordergrund schiebt, gerade darumwill ihm die Geisterwelt Gottes auch zukom-men lassen, was ihm gehört, was er haben muss.Und die Geister Gottes werden nun sein Lebenbetrachten und alle, die mit ihm zu tun haben;sie werden also anfangen, sich für das Persön -liche zu interessieren, und sie werden ihm ganzstill und leise beistehen und ihm in den Proble-men helfen, und sie werden ihm das Leben er-leichtern – er wird den Dienst der Engelswelt erhalten können. Aber ich betone: Das Zurück-stellen des eigenen Ichs ist sozusagen die Grund-

bedingung, um von oben zu empfangen. Wemder Nächste der Liebste ist, der Bruder, der neben einem steht, wenn der Freund der Aller-nächste ist und man ihm das gibt oder versuchtan ihm das zu erfüllen, was man an sich selbsterfüllt, dann wird die hohe Geisteswelt auchden eigenen stillen Wünschen nachkommen.Das kann man durch das Gebet erflehen. Im Gebet liegt eine wunderbare, ja ich möchte fastsagen, eine geheimnisvolle Kraft; denn auf eineso wundersame Art und Weise kann man Er -hörung finden.

Dass es wichtig ist, sein persönliches Ich immer zurückzustellen, möchte ich doch ganzbesonders diesen Abend betonen. Denn so ver-suche ich nun, mit euch wieder zu meditieren,und das gibt euch Gelegenheit, nachzudenken,nachzuahmen.

Nun, wenn ihr in ein Konzert geht, in demklassische Musik gespielt wird, habt ihr in ersterLinie eine Dankbarkeit dem Komponisten ge-genüber, der diese wunderbare Musik geschrie-ben hat. Ihr habt also für ihn eine grosse Vereh-rung. Denn durch diesen bestimmten Menschenist es möglich geworden, jetzt und auch für dieZukunft eine wundersame Musik zu haben. Sofreut man sich über diese herrliche Musik, unddie Menschen, die da musizieren, bringen mitihrer ganzen Kraft die beste Leistung hervor;und so werden auch sie, die diese Musik wieder-geben können, umjubelt. Aber in erster Linie giltdie tiefe Verehrung jenen Komponisten, die sounsterbliche Musik geschrieben haben. So lebt,so denkt, so handelt ihr Menschen.

Nun wenden wir uns dem Geistigen zu. Inder Geisterwelt Gottes gibt es hohe Wesen, dieebenfalls solche wunderbaren Talente besitzen;sie bieten ihr Können zur Ehre Gottes dar. Alsoeinfach gesagt: Auch in der geistigen Welt gibtes solche grosse Meister, grosse Könner, die zurEhre Gottes immer wieder Neues komponierenund deren Musik dann weitere selige Geschwis-ter aufführen. Sie wird zur Ehre Gottes und zur

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Ehre des Königs der Geisterwelt gespielt, unddazu werden ja in diesen hohen Himmeln im-mer Geschwister eingeladen. Diese Einladun-gen können in kleinerem Rahmen geschehen, in einem grossen Rahmen oder im gewaltigenRahmen, je nach dem Feste, das gefeiert wird.Die Hohen des Himmels werden, wenn sie sol-cher wundersamen, kostbaren Musik lauschen,am Schluss auch ihrer Freude Ausdruck geben.Derjenige aber, der diese Musik komponierte,und diejenigen, die sie spielen, stellen sich zurSeite. Sie geben ihrer Freude auch Ausdruck,dass das Werk zustande gekommen ist und dasses, wie sie hoffen, zur vollsten Zufriedenheit al-ler ausgeführt werden konnte – denn es mussteauch eingeübt werden. Die Spielenden wie derKomponist stellen sich aber zur Seite. Mit allenZuhörern gibt man seiner Freude Ausdruck,weil man das Wunderbare Gott darbieten darf,weil Gott dieser Musik zuhört, weil man es zuseinen Ehren spielt und aus tiefer Dankbarkeitfür seine Güte und weil man in dieser Musik,wo jeder Ton ein Wort bedeutet, die Liebe, dieBarmherzigkeit und die Güte des Allmächtigenzum Ausdruck bringen will. Man spricht esnicht mit Worten aus, sondern in der Musik. Soehrt und lobt man Gott.

Man soll aber nicht glauben, dass die grossenKönner – ich möchte sie jetzt auch so nennen –,diese Meister der Kunst, nicht etwa geehrt wür-den. Sie haben sich durch ihre Leistung auch einAnsehen geschaffen. Aber das Ansehen ist nichtvon egoistischer Art, wie es bei den Menschenüblich ist; sondern diejenigen, die diese wun-derbaren Leistungen vollbracht haben, sind er-füllt mit Freude und Dankbarkeit, dass Gott ihnen diese Inspiration, diese Kraft zur Ausfüh-rung gegeben hat. Denn sie wissen, dass dieKraft der Inspiration von Gott ist und dass siediese grossen Leistungen nur vollbringen konn-ten, weil Gott es gewollt. Und so ist es eben einganz anderes Verhältnis. Kein hoher Geist wirdfür diese Leistungen besonderen Applaus, be-

sondere Anerkennung annehmen, denn er weistauf Gott hin:

“Gott habe ich es zu verdanken, denn ich bin ein Werkzeug, ich habe es zu seiner Ehre getan. Würde er mir die Kraft nicht geben, wäre ich ein Nichts; ich könnte ja nicht spielen, er könnte mir die Kraft dafür nehmen.”

Zu dieser Einsicht kommen aber alle, die indiesen höheren Welten sind. Sie sind Gott dank-bar dafür, dass er diese Inspirationen jenen Brü-dern und Schwestern gegeben hat, die das aus-führen konnten. Denn nicht jeder hohe Geist hatdieselben Fähigkeiten oder alle Fähigkeiten aufdem Gebiete der Kunst oder, ich darf wohl auchsagen, in einer Wissenschaft. Es ist alles so wun-dersam verteilt. So wisst ihr, dass es Engel gibt,die nichts anderes tun als musizieren, währendes Engel gibt, die sich nur der Güte und derBarmherzigkeit widmen.

Nun, so kehren wir jetzt wieder zu den Men-schen zurück. Ihr nennt die klassische Musikdie unsterbliche Musik, und das ist sie auch,diese klassische, edle Musik. Wenn ihr Gelegen-heit habt, diese Musik zu hören, und sie in derTiefe eurer Seele erfasst, dann muss euer Herzmit Dankbarkeit erfüllt werden für das Wunder-bare, das jene Komponisten zum Ausdruckbringen konnten, und weil Gott es ermöglichthatte, dass Menschen mit solch schöpferischemGeiste solche Werke zustande gebracht haben –weil es durch Gottes Willen geschehen ist. In derMeditation kann man so wunderbar in dieserunsterblichen Musik beten, meditieren. Unddiese Musik kann man zur Ehre Gottes spielenlassen. Zu seiner Ehre in erster Linie soll sie er-klingen. Selbstverständlich kann der feinfüh-lende Mensch und Musikliebhaber wohl auchauf die Rechnung kommen, denn er hört ja mit.Aber es ist notwendig, dass man das Wunder-

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bare in seinem Herzen oder in seiner Seele Gottzur Ehre darlegt. Zu seiner Ehre soll es gespieltsein, aus Dankbarkeit aus tiefem Herzen.

Viele Menschen finden ihre Ruhe wieder,wenn sie solcher unsterblichen Musik lauschendürfen. Viele lenken sich von den Alltagsproble-men ab, sie treten sozusagen in eine andere Welthinüber. Aber noch grösseren Profit hat man davon, wenn man in dieser wunderbaren Musiksagt:

“Jeder Klang ist Dir, o Herr, zu Deiner Ehre – für Dich, für unseren König, unseren Erlöser Jesus Christus, und die ganze heilige Geisterschar.”

So soll man es den höheren Zielen widmenund es nicht nur hören, weil es einem gefällt,weil man findet: “Es ist wunderbar.” Oh ja, es istauch eine schöne Empfindung auf diese Art undWeise, aber warum kann man nicht dieseswahrhaftig Köstliche, Unsterbliche mit den hö-heren Zielen des Lebens verbinden? So solldiese wundersame Musik ein Stück Gebet wer-den. So kann man mit solcher Musik meditie-ren. Man kann versuchen, sich von dieser Weltzu lösen, sodass der Geist wandern kann und ineine ganz andere Welt eintritt, dort verweilt undaus dieser andern Welt Kraft schöpft. Denn mankann wahrhaftig aus diesen unsterblichen Me-lodien Kraft für Körper und Geist holen. Daskann derjenige, der sozusagen mit Leib undSeele jeden Klang aufnimmt. Für ihn ist es nichtnur Musik, für ihn wird es Nahrung für denLeib, für die Seele.

Wir befürworten es, wenn Menschen ver -suchen, ihre Ruhe zu erhalten, ihre Ruhe, ihreSelbstsicherheit zu fördern in einer solchen Atmosphäre, wenn sie diese Musik zu GottesEhren spielen lassen. Darin verbindet man sichnun mit Gott. Denn für ihn ist nur das Schönstegut genug. Und dessen muss man sich bewusst

werden. Man soll also nicht nur ein Ich-Menschsein und dieser Musik zuhören, weil man Ge -fallen daran findet, sondern man soll sagen:

“Dieses gilt Dir, o Herr und Schöpfer, denn Du gabst jenem Genius die Kraft dafür.”

Und so soll man dankbaren Herzens sein.Wie selten sind ja diese grossen Meister! Undwollen wir hoffen, dass sie nach dem Ablauf einer Zeit wiederkommen werden und ihr Werkfortsetzen. Bestimmt werden sie wiederkom-men – doch wann sie wiederkommen, diesegrossen Meister, bleibt noch dahingestellt.

Nun aber, meine lieben Geschwister, möchteich versuchen, euch im Geiste in unser Reich hineinzuführen, in das Reich der Herrlichkeit,und zwar in eine himmlische Halle. In dieserhimmlischen Halle wird kein Wesen musizie-ren, aber dort empfängt man – und damit meineich jetzt die hohen Engel des Himmels – jeneseltsame Kraft; der eine, um seine Talente mehrzu entfalten, seine Leistungen noch mehr zusteigern, der andere, um in seiner Liebe, Güteund Barmherzigkeit ausdauernd zu sein, damiter die wahre Liebe und das wahre Verständnisjedem gegenüber geben kann.

Ihr braucht für euren Leib die Speise. Es gibtauch in der himmlischen Welt eine Speise, dieman zu sich nehmen kann. Man nimmt sie oftgemeinsam ein, an besonderen Festen – man istnicht abgesondert wie der Mensch, denn manist jedem Bruder oder Schwester; so ist ein inni-geres Verhältnis. Aber doch sind ja verschiedeneWelten, und die hohen Geister, die ihre Aufgabeim Heilsplane Gottes haben, haben auch ihrewunderbaren Stätten, ihre Wohnungen, so wiees Christus genannt hat. Sie haben ihre schönenWohnungen auf diesem Hügel, in jenem Tal,und so lädt man einander zu sich ein, um einFest zu feiern.

Ich brauche euch nicht zu wiederholen, dass es in allen Sphären Gebetstempel gibt – ich

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nenne es jetzt nach euren Begriffen so. Nun spre-che ich ja von dieser himmlischen Halle, die aufeiner hohen Ebene liegt. Diese himmlische Halleist sehr, sehr gross; ich habe für ihre Grösse kei-nen Massstab, es euch zu erklären. Sie ist wun-derbar gebaut, alles aus edlen Stoffen. Sozu -sagen die Hälfte der Halle darf nicht betretenwerden, es ist genau abgegrenzt. Das heisst, siedarf zu gewissen Zeiten nicht betreten werden,und zwar sind es jene Zeiten, wo man jene wun-derbar spielende Kraft sehen kann. Ich muss eseuch so erklären: Aus dem Boden dieser Hallesteigen feine Kräfte empor, die für unser geisti-ges Auge wie einzelne, zarte Fäden aussehen.Teils sind sie wie Röhren gebündelt, teils sind esSpiralen. Sie sind nicht einheitlich geformt, siesind, wie ich betonte, spiralförmig. Sie kommenaus einer schmalen Öffnung, aus einem schma-len Rohr – vielleicht ist dies das richtige Wort –und dringen dann in einem grösseren Umfanghervor, steigen auf; und diese Halle ist sehr hoch.Diese wunderbaren Fäden gehen wie in einemSpiele. Sie ziehen kreuz und quer, sie windensich, sie fangen sich auf und geben ein wunder-bares Spiel; denn alles ist in einer unendlichenFarbenpracht. Es ist an Farben alles zu finden,was es überhaupt in der geistigen Welt gibt –eine solche Vielfalt von Nuancen, dass ihr eseuch nicht vorstellen könnt und mir sozusagendie richtigen Worte fehlen dafür. Diese Fädenschweben hinauf, blitzschnell, sie ziehen lang-sam hinauf, sie treiben sozusagen ein Spiel. Unddieselben Kräfte, die aufsteigen, werden nichtetwa irgendwo entfliehen, sondern sie sammelnsich wieder in der Höhe des Raumes und wer-den in einem anderen Gebilde, in einer anderenForm wieder die Tiefe der Halle erreichen. Es istalso ein Auf- und Absteigen von diesen wunder-baren Kräften, von diesen vielen Fäden. Dabeigeht es nicht einfach wie ein Wasserstrahl, derhinaufsteigt, sondern es ist wie ein Wasserspiel,das seine wunderbaren Figuren und Formendarbringt. Es ist eine unendliche Kraft.

Ich betonte, dass man die Hälfte dieses Saalesnicht betreten darf – also da, wo diese Kräftevon unten aufsteigen und wieder niederfallen.Es liegt eine so unendliche Gotteskraft darin. Esist aber nicht so, dass es die Geschwister irgend-wie schädigen könnte, sondern es ist das heiligeGesetz, dass das nicht betreten wird. Denn dawerden ja diese wunderbaren Bilder und Kräftegegeben. Man bestaunt dieses Werk, dem manwohl so sagen darf, diese Farbenpracht. Es istaber auch so, dass man einerseits einen wunder-samen Duft davon aufnimmt; anderseits ist eswie ein feiner Tau, der sich über dieser gewalti-gen, grossen Halle ausgiesst. Diese Kräfte ver-mögen also etwas von ihrer Kraft zu zersplitternund so alle mit dieser wunderbaren Kraft zuumhüllen. So vieles ist in dieser Kraft enthalten,und ich möchte sagen: Jeder Strahl hat seine Bedeutung, seine Aufgabe sozusagen; und zu-gleich vernimmt man zeitweise aus dieser Far-benpracht, aus diesem Mosaik, aus der Vielfaltder Farben eine wunderbare Musik. Es ist die-sen hohen Geschwistern nicht fremd, sie habendieses Spiel schon oft erlebt. Aber die Kraft, dieda dargeboten ist, ist für alle Anwesenden so etwas Erbauendes, so etwas Herrliches – dennder Vater gibt es seinen Kindern.

Ihr werdet euch vielleicht im Stillen fragen:“Wie ist es in dieser Halle möglich, dass plötz-lich eine solche Kraft emporkommt?” Ich sagte,das kann man nur in diesen wirklich hohen Stu-fen, in dieser hohen Welt erleben. Da vermagdas Wort Gottes vieles zu leisten; denn durchGott ist es zustande gekommen. Er hat wie-derum seine Getreuen, seine Könner, und sieverstehen es, diese Kräfte zu sammeln, sie so indieser Weise einzubauen – auch hier kann ich esnicht nach eurem Denken erklären, weil ja meinErleben auf ganz anderer Ebene ist und ich esnicht mit euren Verhältnissen vergleichen kann.Diese Kraft wird von Gott gegeben und wirdnun von den hohen Geschwistern auf das Ge-naueste, nicht irgendwie, sondern auf das Ge-

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naueste berechnet und eingesetzt, dass es auchzu diesem Spiele kommt, das die Geschwistererfreuen soll. Es sind alle Kräfte vorhanden, alle,die hier in ihrem Element, in ihrem Feuer sind;und von diesen Kräften entflieht so viel in alleWelten. Es sind unzählbare Kräfte vorhanden,die ihre Aufgabe bei jedem einzelnen kleinstenDing erfüllen müssen – für das Wachsen undGedeihen, für das Leben im Diesseits und imJenseits, für den Aufbau von allem, für alles Le-ben, für alle Pracht und Herrlichkeit, wo sieauch sein möge, sei es im Diesseits oder im Jen-seits. Für alles sind solche Kräfte vorhanden, dieentweichen, um überall, in allen Welten, in allenSphären, das zu bringen, was man dort brauchtzum Leben, was dort dienlich ist.

Es gibt einen Zeitpunkt, wo solche Kräfte,solche Strahlenbündel – ich weiss nicht, wie iches nennen soll, ich könnte auch sagen solcheLichtquellen –, sich allen Geschwistern zuwen-den, wo sie sozusagen über die Häupter allerGeschwister hinstreben und da ihr Spiel weitervollenden. So betrachtet man es, und es istwohltuend und erfreut, und es stärkt jedes ein-zelne, und die Freude und die Bewunderung fürdas Herrliche, was Gott seinen Kindern bietet,wird unendlich. Anderseits besteht eine grosseDankbarkeit, so viel von gotteigener Kraft emp-fangen zu dürfen – Dankbarkeit, weil man die-sen wahrhaftig unendlichen, göttlichen Kräftenso nahe kommt, weil Gott dieses Wunderbareden Seinen gibt.

Dieses Spiel geht aber nicht unentwegt fort.Es wird wieder seine Eindämmung finden, unddie Halle wird wieder geleert. Doch nie würdeman ein solches heiliges Gebäude verlassen,ohne zuerst Gott, dem Schöpfer, zu danken, ihnzu loben und zu preisen, seine Heiligkeit, seineunendliche Liebe zu besingen.

Dann, wenn man so erfüllt und so erfreut ist,geht man wieder seinen Problemen nach, um siezu lösen. Auch die hohe Geisteswelt hat Pro-bleme; sie werden einem von andern Geistern

dargeboten. Nun geht es aber auch darum, dassdie schöpferisch veranlagten Geschwister ihreTätigkeit vollenden. In dieser Zeit haben siedurch das Farbenspiel, durch das Wunderbare,das ihnen geboten wurde, wiederum neue In-spiration empfangen. So vermag es der eine mitwunderbaren Worten auszudrücken, er kannein Gedicht darüber schreiben. Ja, schreiben; essoll doch allen erhalten bleiben, sein ganzes Er-lebnis von diesem Schauen. Wie unendlich vie-les ist auf diesem Gebiete schon dargebotenworden! Ein anderer bringt die Vollendung sei-ner himmlischen Musik in einem Teil zustande.Die Kunst des Himmels beruht aber nicht nurauf Musik. Sie ist so vielseitig, wie es auch beieuch Menschen ist – ja im Himmel gibt es nochviel mehr als bei euch. Erfüllt mit neuer Tatkraft,mit neuen Ideen, gehen die Geschwister aus,um zu Gottes Ehre weiter schöpferisch tätig zusein. Denn der himmlische Vater gab ihnen allenaus seiner Kraft. Er zeigte ihnen nur das Farben-spiel, er zeigte ihnen nur alle Farben. Das eineMal liess er es schneller, ein anderes Mal lang-sam auf- und niedersteigen, und die Bilder ha-ben sich ineinander gekreuzt und gewirbelt,und doch ist etwas daraus entstanden. Und dieInspiration hat man in seinem Innersten undverarbeitet sie.

In diesem Farbenspiel liegt aber nicht nur dieKraft der Kunst. Sondern wie viele Geschwisterholen da wiederum Freude, frische Tatkraft fürihre Aufgabe! Wie mancher Engel des Himmelsmuss doch hinuntersteigen, und wie manchesMal hat er auch schon am einen oder andernMenschen gezweifelt. Vielleicht ist er nichtselbst zu ihnen herniedergegangen, aber es wer-den ihm so viele Anliegen gebracht, die behan-delt werden müssen – und er hat die Aufgabe,das Wissen und das Können, diese Anliegen zubehandeln, Probleme zu lösen. Er möchte esgleichtun in dieser wunderbaren Liebe, so wieGott es gegeben hat – indem er jeden Einzelnenso Wunderbares erleben liess, damit sie aufs

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Neue angespornt sind, in gleicher Weise, jederauf seine Art, die grösste Kraft und die grösstenLeistungen hervorzubringen und sie so wiederin den Dienst des andern zu stellen. So kann einEngel des Himmels nie müde werden, denn erselbst wird ja immer wieder von oben gesättigt;er empfängt ja immer wieder das Schönste undKostbarste in Hülle und Fülle, und er gibt vonseiner Welt, in der er lebt, von dieser Welt desGebens, der Freude, der Hoffnung. Sein ganzesWesen ist durchdrungen von Geben, von Freude,von Glück. Und wenn er auch hinuntersteigenmuss, so wird sich seine Wesensart nicht än-dern; denn er wird immer wieder aufs Neue er-füllt, und so gibt er doch auch jenen, die es nichtverstehen können, dass man auf so eine Art undWeise dem Nächsten beisteht, dass man immerschenkt und immer gibt und immer hofft.

So kommt diese ständige Kraft und dieserständige Ansporn aus der höchsten himm -lischen Quelle, aus Gott. Denn Gott kann sich janicht immer persönlich mit jedem einzelnendieser unendlichen Scharen von Engeln unter-halten. Aber wie viel Wunderbares erlebt manin einer solchen heiligen Halle, das durch Gottesheilige Kraft entstanden ist und das jedes Ge-schwister wiederum erfüllt mit grosser Freude.Im Himmel gibt es nicht nur eine solche Halle –dies noch nebenbei bemerkt –, sondern viele,viele. In diesen hohen Sphären gibt es noch vielanderes dazu, wo man genauso gespeist und ge-nährt wird von Gott – von seiner Unendlichkeit,von seiner Kraft. So gibt er von sich heraus denSeinen. Er gibt seinen Kindern von seiner schöp-ferischen Kraft, die in ihm liegt, damit sie dieseschöpferische Kraft austragen, entfalten, sieüberall hintragen. Und so werden die Hohendes Himmels Gott in seiner Heiligkeit lobenund preisen, und sie werden diese Kraft weiter-tragen; denn sie kennen ihre Aufgabe, ihr Ziel,dass es erfüllt werden muss.

Nun noch etwas: Wir entfernen uns von diesen Höhen und betrachten wiederum den

Menschen – oder dich selbst. Wenn der einzelnenun die Möglichkeit hat, irgendeine besondereLeistung zu vollbringen – und zwar eine Leis-tung nicht so im üblichen materiellen Sinne, son-dern eine wirklich bewunderungswürdige Leis-tung –, so muss auch er zur Einsicht kommen,dass er es nicht aus sich selbst zustande gebrachthat. Sondern die ganze Kraft, seine ganze Intelli-genz hat er von Gott; Gott hat es ihm ermöglicht,das zu vollbringen. So soll er sich nicht aufspie-len wegen seiner Leistungen und vor den Men-schen grosstun. Ein Geistesmensch, ein wirklichgeistig ausgerichteter Mensch, tut das nicht.Denn er weiss, dass er die Kraft von Gott hat,und er wird Gott stets dankbar sein für das, waser leisten kann. Er wird alle seine Leistungen zuGottes Ehre ausführen. Er wird sagen:

“Ich will nicht von Menschen umjubelt werden, ich will keine Dankbarkeit von den Menschen; denn ich schaffe es für Dich, o Herr. Du hast mir die Kraft gegeben, Du hast Macht und Gewalt über mich.”

Dann wird ein solcher Mensch auch wahr-haftig ein geistig gehobener Mensch sein. Denner wird so auf bescheidene Art und Weise in sei-nem täglichen Leben grosse Leistungen hervor-bringen.

Der Egoismus ist der heiligen Geisterweltnicht sympathisch. Sie steht nicht gerne Men-schen zur Seite, die immer zuerst ihr persön -liches Ich vorschieben. Denn es ist nicht üblich inder Geisteswelt, dass man so wirkt. Es schmerzteinen Engel des Himmels, wenn er einem Men-schen beisteht, einen Menschen fördert, derdann seine ganzen Leistungen preist: “Was habeich alles getan – kommt und bewundert undschaut, was ich geleistet!” So ist es aber im Gros-sen wie im Kleinen. Stellt das Ich zurück; undhat jemand etwas wirklich Wertvolles voll-bracht, dann danket Gott dafür. Denn etwas vonjener unendlichen Kraft, von der die Menschen

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ja keine Ahnung haben, ist auch aus einer sol-chen geistigen Halle entwichen und hat denWeg gefunden – den Weg gefunden zu jenerStunde, wo die Geburt dieses Menschen statt -gefunden hat. Etwas von jener Kraft hat ihn umhüllt und ihn befähigt, dereinst eine odermehrere besonders bewunderungswürdige Leis-tungen zu vollbringen. Es ist aber nicht nur dieStunde der Geburt, in der das Leben des Men-schen von solchen Kräften umhüllt wird, son-dern es ist ja auch der Alltag; auch in der Stundeder Gegenwart, in der ihr lebt, ist es euch mög-lich, von jenen Kräften aufzunehmen. Denn vonjener unendlichen Kraft entweicht so viel, unddie Engel, die in dieser Seligkeit leben, sie steigenhinunter zum Menschen. Auch wenn sie nichtin seine unmittelbare Nähe kommen, so nähernsie sich ihm dennoch, indem sie ihre Anweisun-gen wieder andern Geschwistern übertragen.Und von jener unendlichen Kraft entweicht soviel, dass jedes Geschöpf davon nimmt, in wel-cher Form, in welchem Kleide es auch ist.

Es ist doch etwas Herrliches, zu wissen, wel-che wunderbaren Kräfte des Himmels demMenschen offenliegen – dass er sich öffnen unddavon nehmen kann und dass er im Gebete, inseiner Versunkenheit diese Kraft in sich auf-saugt. Ja, er betet, er dankt, er lobt und preistGott – sein Ich stellt er zurück, er stellt sich inden Dienst Gottes, in den Dienst des Nächsten.Und so wird er ja umhüllt von jener wunder -baren Kraft. Das geistige Gesetz erfüllt sich beiihm zu seinem Heil, zu seinem Fortschritt, wenner als Mensch geneigt ist, das zu tun, was in derGeisteswelt getan wird. So kann einem Men-schen nichts Leidvolles geschehen, wenn er ver-steht, sich in dieser Art und Weise einzustellen.Denn in jenen Stunden des Gebetes, da manmehr für den andern betet als für sich, nähertsich die heilige Geisteswelt, und sie wird dannauch den Wünschen des Betenden nachkom-men. Denn durch sein Gebet ist es ermöglichtworden, das zu erfüllen. Und so unendlich viel

Kraft liegt im Gebet, in der Bewunderung, inder Lobpreisung Gottes. Betrachtet die Natur –an einem sternenklaren Abend hebt eure Augennach oben und bewundert diese Welten. Ihrahnt ja nichts von jenen Herrlichkeiten. Sie sindvon euch weit entfernt – und wer erzählt euchschon von jenen Welten.

So, liebe Geschwister, verabschiede ich michvon euch und überlasse euch alle dem Willenund dem Segen Gottes – dem Segen, der euchbehütet vor jeder Not und jeder Bedrängnis,dem Segen, der euch frei macht in der Seele undgesund an eurem Leibe. Gott zum Gruss.

Vortrag von Geistlehrerin Lene vom 20.2.1963 durch ihre Mittlerin Beatrice Brunner im Saal an der Münchhaldenstrasse, Zürich(Vorlage: Tonbandaufzeichnung)

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Josef: Gott zum Gruss. Liebe Geschwister, ichhabe die Aufgabe, euch wiederum etwas vonden göttlichen Gesetzen zu erklären. Und aufdie beste Art und Weise geht dies ja immerdurch Erlebnisberichte. Ich erzähle euch jetztvon einer Mutter und ihrem Kind, die einesplötzlichen Unfalltodes starben, wie es heute sooft geschieht. Die Mutter sah das Unglück aufsie zukommen, konnte aber nichts mehr dage-gen tun. Sie sass neben ihrem Mann und hatteein zwei Jahre altes Kind auf ihren Knien. Hin-ten, im Fond des Wagens, waren noch zwei wei-tere Kinder. Es gab also einen plötzlichen Zu-sammenstoss, und diese Mutter wie auch dasKind auf ihren Knien waren sofort tot.

Als nun der Geist der Mutter aus dem Kör-per gelöst war und die ganze Situation erken-nen konnte, stellte er einmal fest, dass der Leibeingeklemmt war. Diese Mutter und ihr Kindwaren also vom irdischen Leib getrennt und be-fanden sich nun als Geistwesen in unmittelbarerNähe dieses ganzen Geschehens. Sie schrien,

und die Mutter rief um Hilfe. Sie sah sich da,eingeklemmt; sie sah auch ihren Mann, der ihrbehilflich sein wollte, sich zu befreien. Sie konnteaber nicht erfassen, dass sie jetzt mit ihren geis-tigen Augen das ganze Geschehen betrachteteund dass sie ja eigentlich ihren toten Leib sahmit dem toten Leib des Kindes. Die Erinnerung,wie sie eben noch mit dem Kind im Arm da ge-sessen, war ihr noch gegenwärtig. Und so sahsie sich auch, aber jetzt mit dem geistigen Auge.Sie, also der Geist, wollte nun den Leib und denLeib des Kindes befreien, in der Meinung, dasssie doch gar nicht tot wären. Sie verstand es jagar nicht und wurde nicht gewahr, dass siewirklich als geistiges Wesen daneben war. Siehatte alle Erinnerungen in sich und glaubte, daswäre eben ihre Persönlichkeit. Sie meinte, siewäre nur in Ohnmacht – aber doch konnte siereden, und sie wollte sich selbst und das Kindsozusagen wachrütteln.

Dann musste sie aber von ihrem eigenenManne vernehmen, dass er sagte: “Ich glaube,die beiden sind tot.” Sie schrie und sagte: “Nein,ich bin nicht tot, ich bin doch da.” Dann hatte sieversucht, ihren irdischen Leib zu berühren, wasihr ohne Weiteres gelang, denn sie konnte jadiese irdische Materie durchdringen. Doch eswar ihr nicht möglich, ihren Leib frei zu machenvon dieser irdischen Materie, durch die er ein-geklemmt war. Sie konnte auch zusehen, wieman schliesslich ihren Leib mit dem Leib desKindes auf eine Bahre legte und davonfuhr,während sie immer noch an Ort und Stelle beidiesem Auto war.

Nun rief sie eben weiter um Hilfe. Da kamengeistige Wesen, Missionsgeister. Es ist doch dieAufgabe der Missionsgeister, in solchen Situa-

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Kehrt ein Mensch mit einer besonderen künst -

lerischen Begabung in die jenseitige Welt

zurück, besteht die Möglichkeit, dass er in

seinem Talent gefördert wird. Geistlehrer

Josef berichtet in diesem Vortrag von einer

jäh aus dem Leben gerissenen Mutter, die

dank ihrer Liebe zur Musik die Trennung von

den Ange hörigen überwinden kann. Ihr musi -

kalisches Talent öffnet ihr eine neue Welt, in

der sie im schöpferischen Wirken unterrichtet

wird und Glück und Erfüllung findet.

Wie eine jung verstorbene Mutter ihr musikalisches Talent entfalten darf

Josef, 2. Juni 1971

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tionen den Bedrängten beizustehen. Diese Geis-ter sagten der Mutter: “Du bist jetzt aus deinemirdischen Leibe ausgeschieden. Du bist für dieWelt gestorben, aber nicht für uns, nicht fürGott. Du lebst, du hast doch ewiges Leben unddein Kind auch.”

Diese Mutter, das heisst ihr Geist, hatte im-mer noch das Kind in den Armen. Eng um-schlungen hielt sie es – also nicht den toten Leib,der weggeführt worden war, sondern den geis-tigen Leib. Und das Kind, das Geistkind, weinte.Denn seine Seele hatte doch den Schmerz ge-spürt und das Schreien gehört, und so kam ebenauch aus diesem Geistkind dieses Schreien, die-ses Weinen. Die Mutter versuchte das Kind zuberuhigen. Aber sie selbst war ja in grösster Unruhe. Man sagte ihr: “Du bist gestorben.” Sieaber wollte es nicht wahrhaben und sagte: “Daskann unmöglich sein. Ich habe noch zwei Kin-der, und ich habe einen Mann. Man brauchtmich in der Familie. Es darf nicht wahr sein,dass ich nicht mehr leben sollte. Ich lebe doch,ich kann doch reden, und das ist mein Kind.”Und sie drückte das Kind an sich heran zumZeichen, dass sie wirklich lebte.

Aber die Gute, sie wusste nichts von einemewigen Leben. Man hatte nie so etwas gehört,nie darüber gesprochen. Es schien ihr aber schonsonderbar, diese Gestalten, die da waren, diesePersönlichkeiten. Sie waren viel vornehmer inihrem Aussehen als ein Mensch, und ihr Antlitzwar viel gütiger und viel liebevoller.

Nun kam ein Missionsgeist mit einem Gefässund einem Becher. Er schenkte aus seinem Gefäss in diesen Becher ein und gab der Mutterdavon zu trinken und sagte: “Nimm davon, eswird dich beruhigen. Gib auch dem Kind davonzu trinken. Wenn du davon trinkst, wird es auchdas Kind tun.” Der Missionsgeist hatte ihr denBecher voll gefüllt und erklärt: “Trink, so viel dumagst, so viel du kannst. Es tut dir gut.” DieMutter nahm davon und fand, es wäre ein köst-liches Getränk. Der Engel Gottes füllte den Be-

cher nach, und die Mutter gab ihn dem Kindzum Trinken. Mit Weinen trank es nun auch ausdiesem Becher.

Da kamen weitere Missionsgeister hinzu, umda zu helfen. Sorgsam stützte man die Mutter-seele mit dem Kind auf den Armen. Denn dieserTrank, den man ihr gegeben hatte, sollte sie ineinen sanften Schlaf versetzen – es blieb sozu -sagen nichts anderes übrig, als dieses zur Be -ruhigung dieser Mutterseele mit ihrem Kind zutun. Man hatte sie anfangs gestützt, dann aberwaren weitere Missionsgeister dazugekommen,und man legte ihren geistigen Leib mit dem Leibdes Kindes, das sie immer noch umschlungenhielt, auf eine geistige Bahre. Dann entfloh manmit ihnen, weg von jenem Unglücksort, hineinin eine geistige Ebene – ich könnte vielleichtauch sagen: in einen Vorhimmel oder in einStück Himmel hinein. Dort brachte man sie inein Haus, in dem es sehr ruhig war und eine wundersame, feine Atmosphäre herrschte. DerRaum, wo man diese Bahre mit Mutter und Kindhinbrachte, war auch sorgsam gepflegt.

Man liess die beiden schlafen, und zwar einelängere Zeit. Diese sorgsame, wunderbare At-mosphäre, die da in diesem Raume herrschte,tat nun das Ihrige dazu, dass dieser geistigeSchlaf nicht allzu früh unterbrochen wurde.Man liess hier also den Geist dieser Mutter ru-hen, und man liess ihr das Kind in den Armen.Engel Gottes waren zur Seite und beobachtetenund betreuten die beiden.

Als man ausgerechnet hatte, dass die Beruhi-gung nun eingetreten war, weckte man beideaus ihrem Schlaf, zuerst die Mutter und danndas Kind. Diese Mutterseele war natürlich sehrerstaunt; die Umgebung war ihr ja völlig fremd.Aber sie hatte nicht mehr die Unruhe, und siemusste nicht mehr weinen. Auch das Kindschien beruhigt zu sein. Sie hielt es aber fest inihren Armen.

Die Engel Gottes, die sich mit ihr unterhiel-ten, mussten sie nun auf die neue Situation auf-

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merksam machen und mit ihr über ihre und desKindes Zukunft sprechen. Sie erklärten ihr, dasses am besten wäre, wenn sie das Kind nun zurBetreuung den Engeln Gottes übergeben würde;denn man müsse sich jetzt ihrer annehmen, jetztsei sie ja in einer neuen Welt. Jetzt sei eine neueSituation mit anderen Möglichkeiten, und somüsse alles anders gestaltet werden.

Diese Mutterseele konnte sich aber damitnicht einverstanden erklären. Obwohl sie vielruhiger geworden war, waren die Gefühle in ih-rer Seele noch so stark und die Bindung zu ihrenAngehörigen so gross – also die Erinnerung andas Vergangene hatte auch durch diesen Schlafnicht ausgelöscht werden können. Er hatte Be-ruhigung gebracht, aber nicht Vergessenheit.Und die Mutter sagte: “Es ist recht und gut, wasihr mir anbietet, und dafür bin ich dankbar.” Sieaber sah mit ihrem geistigen Auge in ihr Hauszurück, in dem sie gewohnt hatte; sie sah dieUmgebung, wo sie gelebt, und sie fühlte sichvon dieser Umgebung so angezogen, und esschien für sie gar keine grosse Distanz zu sein.So äusserte sie den Wunsch, einfach zurückzu-kehren in ihr Haus, man solle es ihr doch gestat-ten. Sie sagte: “Lasst mich doch zurückkehren,vielleicht für ein paar Wochen; vielleicht brau-che ich nur ein paar Tage, ich weiss es nicht.Vielleicht habe ich das Gefühl und das Verlan-gen, dass ich längere Zeit dort verweilen muss.”Und diese Engel Gottes sagten: “Wie du willst.Es ist aber schade. Wir könnten dir hier in dei-ner neuen Welt behilflich sein, und du würdesthier sehr glücklich werden.” Das alles nütztenichts. Sie wollte zurück. Und so wurde sie wievon einem Magneten angezogen, und sie warauch recht bald schon wieder da in ihrem Haus,wo sie früher gelebt hatte.

Nun stellte sie eigentlich mit Staunen fest,dass da alles in bester Ordnung war. Eine Ver-wandte war in die Familie gekommen undschien nun zum Rechten zu sehen. Was sie zu-erst interessierte, war die Zeit: Sie wollte wissen,

welcher Monat, welcher Wochentag war, undsie suchte danach. Und da stellte sie fest, dass ja nach ihrer, nach menschlicher Berechnungseit ihrem Tode schon drei Monate vergangenwaren. Sie war einerseits angenehm überrascht,zu sehen, dass sich alles in Ordnung befand.Natürlich ahnte sie um die Trauer ihrer Ange -hörigen, ihrer Kinder und ihres Mannes.

Sie war mit dem Kind zu ihrem einstigenHaus gegangen. Sie hatte es den Engeln Gottesnicht gelassen, und diese hatten auch nicht da-rauf beharrt. Nun, was tat die Mutter? Sie hattedas Gefühl, das Kind wäre müde, und es solltejetzt einmal wieder in sein Bettchen zurück unddort schlafen. Sie legte also den geistigen Leibda in dieses kleine irdische Bett, sprach ihremKinde zu, dass es ruhig sein solle, dass es sichwieder in seinem Bettchen befinde. Das Kindschien auch zufrieden zu sein, denn alles kamihm ja wieder bekannt vor. Aber mit der Ruhewar es nicht weit her. Dieses Geistkind wollte danicht schlafen, es empfand keine Müdigkeit,und es versuchte immer wieder, aus dem Betthinauszugehen, und tat es teilweise. Und dieMutter nahm es wieder, tat es zurück undsprach ihm zu. Da fing dieses Geistkind an zuweinen, denn auch ein Geistwesen, auch einGeistkind kann weinen.

Nun stellte diese Mutter aber fest, dass sie da in ihrer früheren Wohnung ja eigentlich garnicht allein war. Es gingen fremde Wesenheitenein und aus, als wäre es ihr gutes Recht, da einund aus zu gehen. Anderseits musste sie abersehen, dass es ja für diese geistigen Wesen keinHindernis war, da hineinzugehen. Sie machtesich Gedanken darüber und glaubte: “Ja es siehtfast so aus, als wäre ich in freier Natur, und eskönnen da Leute oder Wesen oder was es seinmag, zu einem hinkommen ohne irgendwelcheHindernisse.” Die irdischen Mauern waren fürden Geist eben kein Hindernis. Noch war sie janicht so weit unterrichtet, um zu wissen, dassdem so ist.

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Nun sah sie solche Geistwesen kommen, unddiese sahen die Unruhe des Kindes. Unter ihnenwaren solche, die anfingen, sich mit diesemGeistkind zu beschäftigen. Sie sprachen ihm zu,erzählten ihm Geschichten, machten ihm kleineFreuden, fingen an mit ihm zu spielen – sie hiel-ten sich also bei diesem Geistkind auf. Anfangsdachte die Mutter: “Ja das ist recht und gut, dastut man eben so, wenn man im Freien ist; dakommen die Leute auf einen zu und fangen anzu reden und sich mit einem zu unterhalten.Aber es ist doch schliesslich meine Wohnung”,dachte sie, “und die haben doch kein Recht, ein-fach so in meine Wohnung zu kommen.”

Doch es ging einfach fortwährend so weiter;wenn der eine ging, kam schon wieder jemandanders. Und sie alle waren recht freundlich. Eskam niemand mit irgendwelchen bösen Absich-ten oder bösen Redensarten, sondern sie schie-nen alle recht freundlich zu sein. Sie selbst aberwurde immer unsicherer. Sie sah, dass sie eigent-lich nichts zu tun hatte im Haus, dass ja alleszum Besten bestellt war. Da fing sie doch an,nachdenklich zu werden, während ihr Kind, dasGeistkind, da in diesem Raum umherging, sogut es dies nach seinem Alter – auch nach dengeistigen Jahren berechnet – tun konnte.

Plötzlich kam ein Engel Gottes in diesenRaum. Er nahm gar keine Notiz von der Mutter,aber vom Kinde. Dieser Engel Gottes ging zumKind hin, zog eine Flöte aus der Tasche seinesMantels und fing an zu spielen. Er kniete niederzum Geistkind, und dieses machte sich bei ihmzu schaffen, krabbelte an ihm herum, betastetenun diese Flöte und gab zu verstehen, dass essie besitzen möchte. Der Engel Gottes gab demKind die Flöte ohne Weiteres zum Spielen, undfür das Kind war sie ja nur ein Spielzeug. Rechtbald hatte es genug davon und liess sie einfachfallen. Der Engel Gottes nahm sie wieder zu sichund fing an, mit dem Kind zu reden und zu sin-gen. Da kamen auch gleich noch andere Wesen-heiten dazu, die sich nur mit diesem Geistkind

befassten. Sie fingen an zu erzählen, was manim Himmel erleben könnte, und brachten dasKind sogar zum Lächeln. Das Kind war nun garnicht mehr so unruhig, denn es hatte plötzlichFreude gewonnen an diesen so farbenprächti-gen göttlichen Wesen. Es konnte sozusagen mitdiesen Engeln auch tun und machen, was eswollte, sie liessen sich allerlei gefallen. Mit Ver-gnügen und mit gewisser Beruhigung schautedie Mutter zu.

Nun mussten sich diese Engel natürlich wie-der verabschieden. Sie gingen wieder, und dieMutter blieb mit dem Kind zurück. Selbstver-ständlich fing nun das Kind an zu weinen, dennes hatte Verlangen nach dieser Unterhaltung.Doch diese Mutterseele wollte ja eigentlich dasKind für sich haben, sie wollte es doch gar nichthergeben. Und so versuchte sie es zu trösten, sogut es ging. Sie wollte es immer wieder in seinfrüheres Bettchen zurückführen, damit es dortausruhen sollte. Aber mit dem Schlaf war esnicht weit her. Das Kind wollte nicht.

Nun musste diese Mutterseele einsehen, dasses doch so nicht weitergehen konnte und dasssie doch nicht am richtigen Ort war. Sie machtesich ihre Gedanken darüber, dass man sich wohldes Kindes angenommen hatte. “Eigentlich”,dachte sie, “ist es genau so, wie wenn man aufder Strasse oder irgendwo in einer Parkanlageist: Die Leute befassen sich mit dem Kind, nichtmit der Mutter. Es ist eben auch hier so.” Abersie fühlte sich fremd und verlassen.

Sie hörte dann ihre Angehörigen nach Hausekommen, doch die nahmen keine Notiz, wedervon ihr noch vom Kind. Man sah sie also nicht –dies zu ihrer grossen Enttäuschung. Obwohl sieden einen wie den andern beim Namen rief,nahm ja niemand sie wahr. Dann musste sie sichdoch überlegen, ob es wohl nicht besser wäre,sie würde sich in der neuen Welt eingliedern.Und so hatte sie nur im Sinn, so lange zu war-ten, bis wieder ein solches Wesen in ihre Nähekam, von dem sie feststellen konnte, dass es sich

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um ein göttliches Wesen handelte und nicht umirgendein Wesen, das sich da einfach aufhielt.Denn die Engel Gottes sind ja an ihrem Aus -sehen gut zu erkennen, sie haben ihre würde-volle Erscheinung.

Und so ging es auch gar nicht so lange, da kamen sie ja wieder, diese Engel Gottes, und sieschienen sich eben wieder mit dem Kinde unter-halten zu wollen. Dann erhob die Mutter Ein-sprache und sagte: “Lasst mir doch das Kind.Entweder beschäftigt ihr euch auch mit mir,oder ich gehe mit dem Kinde weg von hier.” Sieahnte ja nicht, dass diese geistigen Wesen ihr jafolgen konnten, dass sie sich nicht irgendwoaufhalten und verstecken konnte – sie konntealso nicht einfach irgendwohin gehen mit demKinde, um es nicht den Engeln zu überlassen.Sie hatte ja im Sinne, dass die Engel sich auchmit ihr befassen sollten, und so sagte sie dannauch: “Bitte nehmt doch auch mich auf, nichtnur das Kind. Ich bin verlassen. Führt michdoch an einen Ort hin, wo ich mit dem Kinde leben kann.” Dann sagten diese Engel zu ihr:“Dies ist nicht möglich, wir müssen dir dasKind wegnehmen. Du kannst nicht dahin kom-men, wo das Kind in Zukunft leben wird. DeinKind muss doch betreut werden, und wir wol-len es auch im Himmel erziehen.”

Damit konnte sich die Mutter nicht einfachohne Weiteres einverstanden erklären. Sie ängs-tigte sich, obwohl sie sah, wie liebevoll dieseWesen mit ihrem Kinde waren. Sie wollte ein-fach dabei sein. Und der Engel sagte: “Siehst du,du sollst auch eine Betätigung haben, du sollstdich auch für bestimmte Dinge interessierenund tätig werden. Und wir werden uns mit demKinde befassen und uns mit ihm unterhalten,genauso wie wir es bis jetzt getan haben.”

Da kam ein Geist ganz nahe an diese Mutter-seele heran, fasste sie an den Händen und sagteihr: “Du hast doch in deinem Leben musiziert,du hast Talente zum Musizieren. Diese Talentebesitzt du ja noch. Warum willst du sie denn

nicht auch hier unter Beweis stellen? Du hasthier noch viel mehr Gelegenheit dazu als in dei-nem menschlichen Leben. Wir wollen dir hierGelegenheit geben zu musizieren. Wir werdendas Kind gut betreuen und für es besorgt sein.”Jetzt war sie doch etwas erstaunt, das zu hören.Denn in ihrem menschlichen Leben hatte sie tat-sächlich die Musik über alles geliebt. Nun hörtesie, dass sie jetzt auch da in ihrer neuen Weltmusizieren durfte und, wie man ihr sagte, nochviel schöner und viel besser.

Jetzt machte man ihr den Vorschlag, dassman das Kind einfach zeitweise in Obhut neh-men würde; und während das Kind von denEngeln betreut werde, sollte sie nun ver suchen,ihre Aufgabe in der Musik zu finden. Damit warsie einverstanden, denn sie wusste, dass das,was die Engel versprechen, ganz bestimmt aucherfüllt wird. Also gab sie das Kind in die Obhutder Engel. Und so entfloh man nun mit dieserMutterseele in eine geistige Ebene hinein, wo siein Zukunft leben durfte.

Man führte sie in ein Haus, in dem ein grossesGespräch, eine grosse Unterhaltung im Gang zusein schien. Man sass in Gruppen zusammen,und es waren lauter Musiker. Sie hatten ihre In-strumente, und da und dort versuchte man inGruppen zu komponieren, zu reden. Es wurdenalso eifrige Gespräche geführt. Was ihr auchsonderbar auffiel, war, dass ganze Wände vollwunderbarer Gemälde waren. Man unterhieltsich über diese Gemälde, über einzelne Bilderauf diesen Gemälden, über diese Landschaften,Blumen, Menschen, über all das, was da auf die-sen Gemälden festgehalten war – teils waren esMenschen, teils geistige Wesen, teils Engel Got-tes mit ihren wallenden Gewändern. Es war ein-fach etwas Wunderbares, etwas Neues, das sieerlebte.

Man sprach also über diese Bilder, und nunfing man an, die Instrumente abzustimmen. Mansollte nun über diese Bilder oder über ein Bildoder einen Abschnitt eines Bildes eine Sinfonie

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zusammenbringen. Es schienen Lehrer da zusein, die alles in allen Einzelheiten erklärten.Auf diesen Gemälden war alles in reichen Far-ben wunderbar dargestellt, und zwar so leben-dig, als würde das Bild eine Sprache sprechen.

Nun, diese Mutterseele interessierte sich sehr für alles, was sie jetzt erlebte, und sie fingeigentlich an, das Kind zu vergessen. Das war ja eine ganz interessante neue Welt, die sie nun erlebte. Und da sagte man ihr: “Du kannst auchauf deiner Geige spielen. Wir haben alle Instru-mente auch, wie man sie im menschlichen Berei-che hat, und noch weitere dazu. Du wirst dichetwas auf das Neue einspielen müssen, aber duhast ja einen Sinn für Musik, du hast Talente dafür; so ist es doch ein Leichtes, dich in all dashineinzubringen und dieses Neue zu erleben.”Sie war fasziniert von alldem, und gespannthörte sie den Lehrern zu, wie sie alles auf dasGenaueste erklärten. Sie sprachen vom Ton undvom Bild und von all dem, was es zu bedeutenhätte und wie sie es wiederzugeben hätten undwie man sich das vorstellte. Und so bekam sierecht bald auch eine geistige Geige in die Hand.

Man hatte sie auch einer kleinen Gruppe vonGeistgeschwistern vorgestellt. Aber sie musstedoch als Neuling zuerst Versuche machen, sichin diese neue Umgebung einzuleben, damit ver-traut zu werden und all das Neue zu verstehen.Sonderbarerweise fiel es ihr gar nicht so schwer,das alles, was da geboten wurde und was sie an-gesprochen hatte, zu verstehen. Denn jetzt hattesie das Gefühl: “Eine ganz neue, herrliche Weltgeht auf, und ich kann die Musik viel besserverstehen.” Sie hatte ein wundersames Gefühl,sie fühlte sich vom Glück gehoben – und darü-ber vergass sie ihr Kind. Es musste ein Engel aufsie zugehen und ihr sagen: “Komm, ich erinneredich an deine Pflichten. Du hast doch gesagt, dumöchtest mit deinem Kind wieder zusammensein.” – “Oh ja”, sagte sie, “ich will mit meinemKind zusammen sein”, und wie in Gedankenabwesend verliess sie dann diesen Raum, aber

innerlich erfüllt vom Neuen, von dem, was ihrgeboten wurde.

Da ging sie zum Kind hin. Sie freute sich, undsie fand es friedlich und ruhig, begleitet von En-geln Gottes. Und nun bat sie selbst, man mögesich doch weiterhin seiner so annehmen, dennsie möchte sich jetzt doch auch der neuen Auf-gabe widmen – und selbstverständlich möchtesie von Zeit zu Zeit mit dem Kinde zusammensein. Und so traf man da eine Abmachung: DerEngel Gottes sollte sie jeweils holen und zumKinde führen, und sie sollte sich mit ihm unter-halten, mit ihm spielen, mit ihm reden und esreden lehren.

So war diese Mutterseele dann eine gewisseZeit bei diesem Kind. Aber eine Sehnsucht in ihrzog sie wieder zu den andern, denn das, was siedort erleben durfte, hatte sie so gefesselt. Undplötzlich kam ihr die Überlegung: “Das ist derwahre Himmel. Ach, sind die Menschen dochdumm. Hängen sie so an einem Leben, das vol-ler Kummer und Sorge ist, während weit vonihnen entfernt eine Herrlichkeit ist, die man aus-kosten und geniessen kann, in der man schöpfe-risch tätig sein kann. Ach, sind die Menschendoch befangen und so eingenommen von ihrerWelt, die sie doch einmal verlassen müssen, diedoch nichts bedeutet, die nichts als Kummerund Sorgen bringt. Wie können sich die Men-schen der Vergänglichkeit widmen, währendauf sie etwas so Wunderbares wartet.” Ach, daswar dieser Mutterseele einfach in ihrem Inners-ten, das war in ihrem Bewusstsein. Sie ahnte janichts von anderen Himmeln, sie ahnte ja nicht,wie vielfältig, wie gross sie sind – und wie vielKummer es auch in dieser andern, geistigenWelt gibt, bei den aufsteigenden Geistern [inden tieferen Ebenen].

Also ging sie zurück zu den andern und fingan, sich mit ihnen zu unterhalten und mitzu -musizieren, mitzustimmen, mitzulernen. Undda machte sie der Lehrer aufmerksam: “Ja, jetzthaben wir eine Zeit hier verbracht, also in einem

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Raum vor diesem Gemälde, jetzt gehen wir hi-naus. Jetzt gehen wir in unsere Welt, in die geis-tige Welt, dahin, wo diese wunderbaren GärtenGottes sind, wo diese himmlischen Wälder sichbefinden und das schöne, herrliche Tierreich;wir gehen auch ins Paradies der Kinder, wir halten uns überall auf, wo wir angesprochenwerden. Und da versuchen wir, uns selbst einGedicht zu machen über all das, was wir imGeistigen erleben, von dem wir angesprochenwerden. Und von jedem wird gefordert, von jedem.” So ging es in Gruppen, und jeder mussteselbst ein Gedicht machen über all das, was ererlebte.

Der Engel Gottes erklärte das Wunderbaredes Himmels. Er erklärte von diesen göttlichenBlumen in ihrer Pracht, in ihrer Herrlichkeit, fürwen sie da waren, um zu leuchten, wen sie zuerfreuen hatten. So gingen sie in die geistigenWälder, um dort dem Treiben zuzuschauen, um diese geistige Sprache dort einmal auch imWorte festzuhalten und es nachher zu einer Musik zu gestalten.

Anfangs war es für diese Mutterseele natür-lich nicht so leicht. Sie bekam einen Lehrer. Erunterrichtete sie, und sie musste einsehen, dassman viel lernen musste, dass es doch nicht garso einfach war. Man musste lernen, aber sie warsehr lernbegierig. Denn dieses neue, herrlicheLeben faszinierte sie so. Sie sah in all dem, wasihr begegnete – in diesen geistigen Gegenstän-den und Lebewesen – nicht nur Form und Ge-stalt, sie erkannte auch den Ton, die Musik. Einegeistige Sprache vernahm sie aus jedem Leben,das dort war. Und das war die Aufgabe jenerWesen: das zusammenzufassen und zu gestal-ten, zu formen und zu Musik zu machen.

So wurde sie ganz eingenommen und hatteihr Kind ganz und gar vergessen – so sehrwurde sie erfüllt von all dem, was sie umgab.Aber der Engel Gottes kam wieder zu ihr underklärte ihr, dass es Zeit wäre, sich um das Kindzu kümmern. Und dann bat sie: “Nehmt es

doch in eure Obhut. Ich werde dann gelegent-lich wieder bei euch vorbeikommen und michum das Kind kümmern. Ich bin ganz beruhigt,es in euren Händen zu wissen, denn es wird voneuch gut umsorgt. Es ist ja im Reiche Gottes,und ihr umsorgt es mit Gottes Liebe. So viel wieihr vermag ich ihm nicht zu geben.”

Im Grunde genommen war es eine glück -liche Fügung in der geistigen Entwicklung die-ser Mutterseele, dass sie jene Stufe erreichenkonnte. Sie war verhältnismässig jung gestor-ben, noch nicht allzu sehr belastet, und siebrachte ihre Talente mit, und die göttliche Welttat das Ihrige dazu: Sie zog den Nutzen aus denTalenten dieses heimgekommenen, verstorbenenMenschen und gab diesem Geistwesen Gelegen-heit, sich im Geistigen weiterzubilden. Und in-dem diese Mutterseele gerade von Anfang anauf dieses Wundersame und Herrliche aufmerk-sam gemacht wurde, war es möglich, die Tren-nung von ihrem Kind viel besser zu gestalten,sodass es schliesslich sozusagen schmerzlos ver-lief und sie sogar selbst den Wunsch äusserte,die Engel Gottes möchten das Kind mit derLiebe Gottes weiter betreuen. Und sie selbst, sieselbst wollte sich der hohen Kunst widmen. Wares doch herrlich und eigentlich ganz anders alsbei den Menschen; man konnte hier in der Mu-sik schöpferisch tätig sein. Wie wunderbar wares. Aber sie sah auch, wie viel sie noch zu lernenhatte, bis sie miteinstimmen und mitmusizierenkonnte im grossen himmlischen Chor. So liessman sie lange Zeit, und so wurde ihre Seele erfüllt; das heisst also, ihr ganzes Denken undWollen wurde auf all das Herrliche ausgerichtet.Sie hatte schöpferische Talente.

Nun aber war doch noch einiges in Ordnungzu bringen. Erst nachdem man ihr nun all diesWunderbare erklärt und von ihrer zukünftigenArbeit im Himmel gesprochen hatte, mussteman ihr auch klarmachen, dass anderes noch inOrdnung zu bringen sei. Sie sei im Leben auchgestrauchelt. Dieses müsse auch noch geordnet

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werden, und nebst der schöpferischen Tätigkeitbedürfe sie auch noch weiterer geistiger Schu-lung. Sie fand sich dazu bereit und erklärte: “Ichwill alles tun, was ihr von mir verlangt. Ich fühlemich glücklich hier in dieser Welt. Ich sehe: Willman schöpferisch tätig sein, dann muss manauch Arbeit leisten, nicht nur speziell auf einemGebiet, sondern man muss vielseitig interessiertwerden. Ich will Wissen haben von den Gesetzendieses Himmels, und so bitte ich: Unterrichtetmich. Ich will euch eine dankbare Zuhörerinsein. Und ich will alles wiedergut machen, wasich im Leben falsch gemacht. Ich will mich inden Dienst Gottes stellen. Steht mir bei, stütztmich, helft mir, und ich will dem Himmel eineDienerin sein.”

Mit so viel gutem Willen, mit so viel Eifer wardiese heimgekehrte Schwester an ihre schöpfe-rische Aufgabe herangegangen. Der Himmelhatte ihr seine Tore geöffnet und ihr auf dieseWeise erklärt und gezeigt, was auch im Himmelgetan werden muss. Ununterbrochen sind Geis-ter des Himmels schöpferisch tätig, auf den ver-schiedensten und vielfältigsten Gebieten. Dennder Himmel muss, wie es euch immer wiedererklärt wird, neu gestaltet werden. Immer wie-der muss er mit seiner Vielfalt die höchstenFürsten des Himmels überraschen und beglü-cken. Neues wird immer wieder geschaffen unddargeboten. Und diese schöpferische Kraft er-hält ja jedes einzelne Wesen von Gott. Gott gibtihnen Kraft, dass sie ihrerseits da schöpferischwirksam sein können, wo ihnen ihre Talente geschenkt worden sind. Da sollen sie sich ent -falten, zu ihrer eigenen Beglückung und auchzur grossen Freude des Himmels.

So, liebe Geschwister, war es mir gestattetund erlaubt worden, euch zu eurer Freude an-lässlich dieser Pfingsttage, dieser Feierlich -keiten, die ja auch in den Himmeln begangenwerden, einen besonderen Einblick zu geben. Eswurde mir gestattet, diese besondere Erklärungzu geben zu einem besonderen Anlass. Auch

daraus könnt ihr eure Lehren ziehen, und ihrkönnt sehen, was der Himmel den Seligen zubieten hat, wenn sie zurückkommen – dass esnicht so ist, dass man nur getadelt werdenmüsste. Es gibt auch solche, die zu uns kom-men, die reinen Denkens und Wollens sind unddie man in ihrem reinen Denken und Wollenstützt. Und so man besondere Begabungen hat,lässt man ihnen diese Begabung und gibt ihnendie Kraft zur weiteren Entfaltung und lässt sieso diese schöpferische Welt erleben. Dieses isteine besondere Antwort an meine Freunde, dietreu ergeben hier erschienen sind.

So möge Gottes Segen euch alle beglücken,möge Gottes Segen euch im Leben begleiten.Möget ihr in eurem Denken unterstützt und inspiriert werden, das Richtige zu tun und dasrichtige Wort am richtigen Ort zu sprechen. Gottzum Gruss.

Vortrag von Geistlehrer Josef vom 2.6.1971 durch seine Mittlerin Beatrice Brunnerim Saal an der Münchhaldenstrasse, Zürich (Vorlage: Tonbandaufzeichnung)

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Lieber Josef, du hast des Öftern von himmlischer Musikgesprochen. Wäre es für uns Menschen möglich, in der Verbindung mit der geistigen Welt solche Musik zu hören?

Josef: Liebe Freunde, solche Musik kann gehört werden von hellhörenden Menschen.Solche Musik schwebt nicht nur hier über euch,wenn ihr hier in der Gemeinschaft zusammen-gekommen seid; sie ist auch im Freien. So kannman sie wahrnehmen zum Beispiel in einer bestimmten Höhe oder im Walde, an Orten, woeine gewisse Harmonie aus der Erde heraus-dringt, wo hellhörende Menschen diese Musikwahrnehmen können. Die Musik in der geisti-gen Welt ist viel schöner als diejenige, die ihrkennt. Die Instrumente sind wohl gleich in derForm und in der Art, doch ihre Beschaffenheitist aufs Feinste eingestellt. Ich kann den Unter-schied vergleichen mit dem zwischen einemgrobstofflichen Menschen und einem EngelGottes, der in seinem Glanze und in seiner Herr-lichkeit dasteht.

So, liebe Freunde, ist es auch mit dieser Musik. Diese allerfeinste Feinheit ist nur zu fin-den in der geistigen Welt, weil dort ganz andereVerhältnisse, ganz andere Schwingungen sind,wodurch diese Feinheit der Töne so hergegebenwerden kann. Wenn ihr zum Beispiel in einemRaum Musik spielt, der nicht dafür gebaut ist,der keine besondere Akustik besitzt, dann wirdder Klang niemals so schön und tragend sein,wie in einem für die Musik ausgemessenenRaume. Und so ist in der geistigen Welt dasselbeabgestimmt auf eine Reinheit, auf eine Feinheit,sodass alles in seiner Herrlichkeit wiedergege-ben wird, sei es nun Musik, Malerei und so wei-ter. Liebe Freunde, dessen müsst ihr euch immerbewusst sein, dass die geistige Welt eine Weltder Feinheit ist. (1951)

Lieber Josef, in einsamen Berggegenden gibt es Stellen,wo man glaubt, Musik zu hören wie weit entfernteChöre. Hat dies eine geistige Ursache? Könntest du darüber etwas sagen?

Josef: Ja, liebe Freunde, sagen wir, auf einemhohen Berge sind die Strömungen und Schwin-gungen eben viel feiner. Von dieser grobenMasse ist eben etwas weggefallen, und es ist wieeine schöne geistige Sphäre. Und so könnenMenschen, die etwas hellhörend sind, dies ebenaufnehmen, weil dort wieder eine ganz andereKraft und Schwingung ist. So gibt es Menschen,die mit grosser Vorliebe immer nur auf einenBerg wollen, weil sie sich dort glücklich und ge-stärkt fühlen. Ja, es ist so; denn dort herrschteine ganz andere Strahlung, sodass dann dieseMenschen sich ganz mit dieser Herrlichkeit füllen können. Und wenn es zugleich Menschensind, die eine grosse mediale Veranlagung ha-ben, so können sie Wunderbares erleben. Dochwenn ihr ganzes Tun immer in Eile ist und sienicht tagelang dort verweilen können, wenn siesich wieder nach kurzer Zeit entfernen, so kannes nicht zu einem solchen Erlebnis kommen.(1950)

Beethoven und andere Künstler haben uns Musikhimmlischer Prägung geschenkt. Stammen nun gewisse disharmonische Melodien des Jazz und so weiter aus tieferen Sphären?

Josef: Meine lieben Freunde, diese grossenKünstler und Meister waren doch nichts ande-res als mediale Menschen, die diese Musik auf-nehmen konnten, oder sie haben sie einst [in dergeistigen Welt] erlebt. Weil sie in grossem Massemedial veranlagt waren, konnten sie geführtund inspiriert werden, seien es Dichter, Maleroder Sänger und so weiter. Diese alle sind me-

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Fragen und Erläuterungen

Josef, Fragebeantwortungen aus den Jahren 1950, 1951 und 1955

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diale Menschen in besonderer Weise. Und wennnun Menschen, die das Göttliche, die Feinheit,das Ruhige suchen, heute eine solche Musik, dieihr nicht liebt, ablehnen, so kann ich sagen, dassdiese Musik eine Angelegenheit der jetzigen Ent-wicklung und nicht von grosser Bedeutung ist.Es ist in allem so, sei es in der Musik oder in derMalerei, dass es gewisse Höhen und Tiefen, dasses Schwankungen gegeben hat. Und so ist esauch mit dieser Musik, die ihr als so schreiendempfindet – sie wird noch einige Zeit gehen unddann wieder verdunsten, möchte ich sagen.

So lasst diese Musik doch den Menschen;denn es ist eine Sache der Entwicklung, und dieMenschen werden dieser Herrlichkeit Gotteswieder näher- und in sie hineingeführt. Denn,meine lieben Freunde, es werden wieder Men-schen kommen, und sie werden wieder dieseMusik bringen wie Beethoven und so weiter.Dann wird wieder eine andere Welle über dieseirdische Welt hinweggehen, und es wird jenenwieder zugejubelt, und die Menschen im Einzel-nen versuchen, sich wieder dieser Musik anzu-schliessen, sie versuchen sich wieder zu verbes-sern, zu veredeln. Doch dieses braucht wiedereine Zeit. So kann ich sagen, es liegt dies in denSchwingungen, es sind dies die Höhen und Tie-fen, die durch diese irdische Welt gehen. (1951)

Lieber Josef könntest du uns etwas über die Künstlerund über die Quelle ihrer Inspiration sagen? Es ist janicht alles, was als Kunst gilt, schön und harmonisch.

Josef: Wisst ihr, liebe Freunde, Menschen, dieMusik schreiben, Schriftsteller und Dichter wer-den doch so oft von der geistigen Welt inspiriert.Der Mensch aber kann noch vieles selbst dazu-tun, es nach seinem Empfinden ausschmücken.So geschieht es oft, dass das, was ihm die jensei-tige Welt geben will, gegen sein eigenes Dazutunnicht in seiner Reinheit durchzudringen vermag.

Dann gibt es auch Geistwesen, die einenMenschen inspirieren, die aber die himmlischen

Schönheiten noch nicht erleben. Sie haben aberdiese Fähigkeit, die Menschen für solches zu inspirieren. Da sie selbst aber noch nicht in dervollkommenen Harmonie leben, sind sie nochmit Unvollkommenem behaftet. So vermögensie es auch nur unvollkommen, nicht in reinerWeise dem Menschen durchzugeben. Dazu gibtdann auch der Mensch als unvollkommenes Ge-schöpf von seiner Unvollkommenheit etwasdazu. So kann aber daraus doch etwas entstehen,was für andere ein grosses Erlebnis wird.

Wenn die göttliche Welt aber von den höhe-ren Ebenen aus geben möchte und einen Men-schen so zu inspirieren vermag, dann wird es etwas Harmonisches sein, das die Menschennur beglücken kann, und es wird nichts Dämo-nisches irgendwelcher Art oder etwas Unvoll-kommenes eingeflochten werden können. Ihrkönnt aber wohl selbst ermessen, wie schwer esist, Menschen in dieser hohen Weise zu inspirie-ren, dass es ihnen unmöglich wird, etwas daranzu verändern. (1955)

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