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Geldtheorie - Geldpolitik. Bemerkungen zu Eduard Lukas: Aufgaben des Geldes Author(s): Rudolf Stucken Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 5, H. 3 (1938), pp. 498-503 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40908217 . Accessed: 16/06/2014 14:26 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 91.229.229.44 on Mon, 16 Jun 2014 14:26:39 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Geldtheorie - Geldpolitik. Bemerkungen zu Eduard Lukas: Aufgaben des Geldes

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Geldtheorie - Geldpolitik. Bemerkungen zu Eduard Lukas: Aufgaben des GeldesAuthor(s): Rudolf StuckenSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 5, H. 3 (1938), pp. 498-503Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40908217 .

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Geldtheorie - Geldpolitik Bemerkungen zu Eduard Lukas: Aufgaben des Geldes *)

von

Rudolf Stucken

Es erscheint etwas gewagt, ein Werk, das in so hohem Maße wie das neue umfangreiche Geldbuch von Lukas von der Persönlichkeit des Autors geformt ist, in eine Entwicklungslinie der deutschen Volks- wirtschaftslehre einzuordnen. Zweifellos unterscheidet es sich in we- sentlichen Punkten von den in der deutschen Literatur vorhandenen Büchern über Geld und Kredit, vor allem decken sich die Auffassun- gen, die über die Ordnung des Geldwesens vorgetragen werden, keines- wegs mit den überkommenen Lehrmeinungen, aber wir sehen hierin nicht so sehr eine Eigenwilligkeit des Verfassers, als vielmehr eine innere Notwendigkeit, die sich aus einer im Flusse befindlichen Ent- wicklung der deutschen Volkswirtschaftslehre wie auch aus den Wand- lungen des Volks- und Wirtschaftslebens, die sich in den letzten Jahren vollzogen haben, ergibt.

Zunächst einmal haben wir es mit einem ausgeprägt wissen- schaftlichen Werk zu tun. Das kommt besonders dadurch zur Geltung, daß ein großer Teil des Buches Grundfragen gewidmet ist, die jeder Praktiker als längst geklärt ansprechen wird, die aber in Wirklichkeit recht problematisch sind. So stellt Lukas eindringlich die Frage nach den Grundleistungen des Geldes in der heutigen Wirt- schaft, nach den Ansprüchen, die an die Ordnung des Geldwesens zu stellen sind, er verfolgt sorgfältig durch alle Etappen hindurch den das

1) Stuttgart und Berlin 1937. Dies bedeutende Werk erschien, als unser Buch „Deutsche Geld- und Kreditpolitik" (Hamburg 1937) bereits fertig gesetzt war, so daß wir uns dort nicht mehr mit ihm auseinandersetzen konnten. Die Auseinander- setzung sei hier nachgeholt, und es seien einige Bemerkungen daran geknüpft, die sich aus dem Gleichklang der Auffassungen, der in entscheidenden Punkten be- steht, ergeben.

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Wirtschaftsleben durchpulsenden Kaufkraftstrom, er erörtert die Mög- lichkeit „eigengesetzlicher" Beseitigung ungenügender oder übermä- ßiger Kaufkraftzirkulation, er untersucht die Wirkungsmöglichkeit der Diskontpolitik u. dgl. m. Diese Erörterungen mögen dem auf die Durchdringung aktueller Gegenwartsprobleme hindrängenden Leser überflüssig erscheinen, aber wir sehen in ihnen eine notwendige Klä- rung der Grundlagen, auf denen man - mehr oder weniger unbewußt - bei der Behandlung aktueller Geldprobleme aufzubauen pflegt; durch diese Besinnung auf die Grundlagen wird eine erhöhte Klarheit geschaffen, die den weiteren Erörterungen zugute kommt. Wir greifen hier nur einen Punkt heraus: die Frage nach den Anforderungen, die an die Ordnung des Geldwesens zu stellen sind. Lukas setzt sich hierbei mit den Forderungen nach „Neutralität" und nach Erhaltung unveränderter Kaufkraft des Geldes auseinander, die bewußt oder un- bewußt auch heute noch in den Köpfen eine erhebliche Eolle spielen, und stellt ihnen eindeutig den Satz gegenüber, daß die Geldversorgung und die ganze Ordnung des Geldwesens an der Forderung möglichster Höchstleistung des Wirtschaftsprozesses auszurichten sei. Es ist selbst- verständlich, daß eine solche bewußte Grundhaltung, die des weiteren konsequent festgehalten wird, das Urteil über eine Fülle von Einzel- problemen beeinflußt und Eindeutigkeit und Folgerichtigkeit solcher Urteile erst ermöglicht. Die Wahl dieses Standpunktes erscheint uns keineswegs willkürlich, sondern wir sehen in ihr die Frucht der Er- kenntnis, was die Geldpolitik im Sinne der Vollbeschäftigung der pro- duktiven Kräfte zu leisten vermag, einer Erkenntnis, die von Seiten der Konjunkturforschung in den vergangenen Jahren herausgearbeitet worden, ist und die nun mehr und mehr die Geldpolitik und die Geld- lehre beeinflußt.

In weitem Umfang bedient sich Lukas zwecks Erkenntnis der Verknüpfungen der Wirklichkeit des rationalistischen Verfahrens (im Gegensatz zum empiristischen Verfahren) *) ; er hebt die Fragen ins Allgemeine und entwickelt auf Grund gesetzter Bedingungen Aussagen, Theorien, denen Denknotwendigkeit zukommt, ζ. Β. er fragt, wie unter bestimmten Bedingungen eine Geldvermehrung wirkt; durch Anwen- dung der Theorie schreitet er sodann fort zu Aussagen über individuell- historische Gegebenheiten, z. B. über die Wirkungen einer zu bestimm-

x) Wir bedienen uns hier der Terminologie Walter Euckens. Siehe Walter Eucken, Kapitaltheoretische Untersuchungen, Probleme der theo- retischen Nationalökonomie, Heft 1, Jena 1934, S. 5.

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ter Zeit und an bestimmtem Ort vollzogenen Geldvermehrung. Inso- weit ist sein Werk zweifellos der „theoretischen* *

Forschungsrichtung zuzurechnen. Aber es unterscheidet sich von andern geldtheoretischen Werken in markanter Weise durch die Auswahl der berücksichtigten Bedingungen, dank deren seine Theorien ein lebensnäheres Gepräge er- halten und für die Anwendung auf konkrete Gegenwartsprobleme brauchbarer sind. Wir haben bei früherer Gelegenheit x) den Satz auf- gestellt und begründet, daß die theoretische Forschung dieser Eich- tung vielfach Voraussetzungen macht, die in drei Beziehungen von der Wirklichkeit abweichen: 1. es wird Veränderung nur eines einzigen Datums, im übrigen Konstanz der Daten angenommen, 2. es wird frist- und reibungslose Anpassung an neue Daten angenommen, und 3. es wird angenommen, daß das Wirtschaftsleben sich bei Beginn des Be- wegungsvorganges im Gleichgewicht befindet; und wir haben es bei späterer Gelegenheit 2) geradezu als eine Entwicklungslinie in der deutschen Volkswirtschaftslehre bezeichnet, daß die theoretische For- schungsrichtung mehr und mehr ringt, durch sinnvolle Auswahl der gesetzten Bedingungen zu brauchbareren Theorien vorzustoßen. In dieser Beziehung bedeutet das Lukassche Werk einen kräftigen Schritt nach vorwärts, aber so sehr es sich dadurch von andern Werken gleicher Forschungsrichtung unterscheidet, glauben wir doch, daß es gerade in einer Eichtung fortschreitet, die, wie eben ausgeführt, für die deutsche Forschung der Zeit nach dem Kriege charakteristisch ist.

In besonderem Maße betont Lukas, daß er sich die so oft ge- machte Voraussetzung der Beweglichkeit von Warenpreisen und Löh- nen nicht zu eigen mache; er geht vielmehr davon aus, daß eine solche Beweglichkeit nach unten nicht gegeben sei, und daß auch die Beweg- lichkeit nach oben einigen bestimmten Einschränkungen unterliege. Er kommt dadurch zu der Aussage, daß Deflationen, d. h. Unterver- sorgung des Wirtschaftsprozesses mit Kaufkraft, zu langdauernder Minderausnutzung der produktiven Kräfte führen. Darüber hinaus kommt er, durch Berücksichtigung begleitender Datenänderungen, zur Erkenntnis, daß eine Tendenz zur Verstärkung der Deflation besteht, nämlich auf Grund der durch den Zustand der Deflation ausgelösten Tendenz zur weiteren Verminderung der kreditierten Kaufmittel und

1) Zur Lehre von den Bewegungsvorgängen des Wirtschaftslebens, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 89. Band 1930, S. 237 ff.

*) Eine Entwicklungslinie in der deutschen Volkswirtschaftslehre, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 95. Band 1935, S. 273 ff.

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der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes. In Hinblick auf seine For- derung, daß die Geldversorgung die Höchstleistung des Wirt Schafts- prozesses verwirklichen solle, kommt er sodann zu einer fast uneinge- schränkten Ablehnung der Deflation als geldpolitisches Mittel. Indem er bewußt den Zustand mangelnder Ausnutzung der Produktivkräfte in die Betrachtung einbezieht, kommt er zu einer lebensnäheren Be- schreibung des Wirtschaftsablaufes im Falle aufeinanderfolgender Ver- größerungen der Geldmenge.

In einem Punkte scheinen uns nun jedoch die von Lukas ge- machten Voraussetzungen nicht lebensnah genug zu sein, bzw. er scheint uns nicht konsequent genug an einer ausreichend lebensnahen Voraussetzung festzuhalten. Dieser Punkt betrifft den Bankenaufbau. Selbstverständlich behandelt er die Tatsache, daß neben den Noten- banken Kreditbanken ohne Notenausgaberecht existieren, die dank der Existenz des bankmäßigen Zahlungsverkehrs auch als Geldschöpfungs- banken anzusprechen sind - den Vorgang und die Grenzen dieser Geldschöpfung beschreibt Lukas sorgfältig - und die in der Eegel bestrebt sind, ein gewisses Verhältnis zwischen ihren Verpflichtungen und ihren Barreserven, zu denen ihre Notenbankguthaben gehören, festzuhalten. Aber bei der Behandlung geldpolitischer Maßnahmen ist davon kaum die Eede, ζ. Β. bei Betrachtung der Diskontpolitik oder der Offen-Markt-Politik. Die Folgen, die das hat, seien an einem kleinen Beispiel gezeigt: Lukas weist (S. 439 f.) für den Fall, daß Unter- nehmer zwecks Deckung ihres Betriebsmittelbedarfs Effekten verkau- fen, der Eeichsbank die Aufgabe zu, diese Effekten anzukaufen; da- durch bliebe dann die Geldversorgung unberührt, die sonst bei einem zu dem angegebenen Zweck vorgenommenen Effektenverkauf zu schrumpfen tendiere. Dieser Gedanke erscheint uns angesichts der weiteren von Lukas gemachten Voraussetzungen dann richtig, wenn alle Beteiligten ihr Girokonto bei der Notenbank haben; es erscheint uns jedoch irrig, wenn die Beteiligten ihr Konto bei Kreditbanken ohne Notenausgaberecht haben; denn dann werden durch die Effekten- käufe der Notenbank die Notenbankguthaben der Kreditbanken in einem Maße erhöht, daß diese zu vermehrter Geld- und Kreditschöp- fung befähigt werden x).

*) In unserem Buche „Deutsche Geld- und Kreditpolitik" haben wir an ver- schiedenen Stellen diesen Punkt eingehend behandelt und die Bedeutung der Offen- Markt-Politik und des Direktdiskonts der Reichsbank für die Geldschöpfung und die Lage am Geldmarkte hervorgehoben.

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Bevor wir nun die besondere Stellungnahme von Lukas zu den Fragen der Ordnung des Geldwesens erörtern, noch zwei Bemerkungen. Zunächst ein Wort zu seiner Behandlung der Konjunkturen. Wir be- grüßen es außerordentlich und empfinden es als eine schöne Bestäti- gung der Ergebnisse eigenen Bemühens, daß Lukas durch seine Forschungen zu einer Auffassung gekommen ist, die sich in allen we- sentlichen Punkten mit der unsrigen deckt, die wir in unserem Buche „Die Konjunkturen im Wirtschaftsleben* *

(Jena 1932) dargestellt haben. Und wir begrüßen es auch, daß Lukas dem Thema Konjunk- tur und Geldversorgung den Eaum widmet, der ihm unseres Erachtens in einem das Geldwesen betreffenden Buche zukommt. - Und ferner eine kurze Bemerkung zu Lukas' Ausführungen über den Geld- und Kapitalmarkt. Er spricht sich für eine sorgfältige Trennung dieser beiden Kreditmärkte aus und beweist die Zweckmäßigkeit einer sol- chen Maßnahme unter dem Gesichtspunkt einer sinnvollen Bemes- sung der Geld Versorgung. Unter dem gleichen Gesichtspunkt stellen wir dieser Forderung nach scharfer Trennung der beiden Märkte die Forderung gegenüber, daß die Kreditbanken gegen einen Teil ihrer kurzfristigen Verpflichtungen längerfristig fällige Aktiva unterhalten, da sonst mit einer vielleicht chronischen Deflationstendenz gerechnet werden muß. Die beiden Forderungen bilden unseres Erachtens keinen Gegensatz) denn Lukas geht bei seiner Scheidung von Geld- und Kapitalmarkt nicht von der Fristigkeit, sondern von der inneren Natur des Vorganges aus, durch den die für Kreditzwecke zur Verfü- gung stehenden Beträge freigesetzt wurden ; und so möchten wir schon an dieser Stelle davor warnen, die Lukasschen Gedankengänge gegen ein unser Forderung entsprechendes Verhalten der Banken ins Feld zu führen.

Und nun zuLukas' Haltung in der Frage der Ordnung des Geld- wesens. Er sieht nicht das Heil in der Goldwährung mit ihrem Auto- matismus und mit ihrem Zwang, die Geldschöpfung an den Gold- und Devisenströmungen zu orientieren. Er widerspricht dieser Art von Bin- dungen, um die Geldschöpfung möglichst unbeschwert an der Forde- rung nach Verwirklichung der Höchstleistung des Wirtschaftsprozesses ausrichten zu können. Das Maß der Geldversorgung soll der Entschei- dung der Staats- und Notenbankführung überantwortet sein, ohne daß diese Führung durch organisatorische Maßnahmen in ihrer Bewegungs- freiheit eingeengt ist. Eine solche Stellungnahme trägt einer in vielen Ländern vollzogenen tatsächlichen Entwicklung Kechnung, aber wäh-

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rend dieser Tatbestand der Abkehr von der Goldwährung klassischer Prägung vielfach als ein Notbehelf angesehen wird, der baldmöglichst durch die Rückkehr zur Goldwährung abgelöst werden sollte, sieht Lukas in der Abkehr von den Bindungen der Goldwährung die Zu- wendung zu einer besseren Währungsform. Man könnte in dieser Stellungnahme nur eine ganz persönliche Entscheidung des Autors sehen ; aber wir glauben, es auch hier mit einer Entwicklung zu tun zu haben, die sich auf breiter Front in der deutschen Volkswirtschafts- lehre zur Zeit vollzieht. Abgesehen davon, daß wir unabhängig von Lukas in unserer Deutschen Geld- und Kreditpolitik zu einer ähn- lichen Stellungnahme gekommen sind, veranlaßt uns zu dieser Pest- stellung das Erlebnis eines kürzlich durchgeführten Wissenschafts- lagers, in dem die Frage der ,, Ordnung der Wirtschaft* * 1) Gegenstand der Wissenschaftsarbeit war ; im Schlußwort dieses Lagers konnten wir feststellen, daß alle Eeferenten und Teilnehmer an der Aussprache die Bereitschaft erkennen ließen, der Staatsführung die Führung des Wirt- schaftslebens in die Hand zu geben ; daß solche Bereitschaft jedoch nur denkbar sei auf der Grundlage eines gewaltigen Vertrauens zur Staats- führung und für uns alle sicherlich nicht in Frage gekommen wäre, wenn wir es mit einer Staatsführung zu tun hätten, die bei ihren Ent- scheidungen nicht nur von der Rücksicht auf das Wohl des ganzen Volkes, sondern von Eücksichten auf Interessengruppen geleitet würde. Dies Vertrauen, das mehr und mehr in den Herzen der deutschen Men- schen Wurzeln schlägt, ist auch eine unausgesprochene Voraussetzung der Lukasschen Stellungnahme zur Frage nach der Ordnung des Geldwesens. Gegenüber diesem grundlegenden Tatbestand erscheint es uns von minderer Bedeutung, daß Lukas die Reichsbankführung von der Verantwortung für Preissteigerungen fast ganz entkleiden will und diese Verantwortung der Staatsführung übertragen will, die mit Preiskontrolle und Lohnüberwachung der Tendenz zur Minderung der Kaufkraft des Geldes entgegenwirken soll. Daß die Staats- und Notenbankführung nun aber bei ihren Entscheidungen nicht völlig frei ist, sondern auf die Gestaltung der Zahlungsbilanz, auf die Inflations- gefahr und anderes mehr in Hinblik auf die von der Staatsführung verfolgten Ziele Rücksicht nehmen muß, ist von Lukas sorgfältig und ins einzelne gehend herausgearbeitet worden.

*) Im Sinne von Franz Böhm: Die Ordnung der Wirtschaft ab ge- eehichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung, Stuttgart und Berlin 1937.

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