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GENOMIX Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi

Genomix: die Broschüre zum Praktikum

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GENOMIXDas Gentechnik-Praktikum von Sanofi

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Bei Sanofi können Schülerinnen und Schüler gentechnisch experimentieren. Das Praktikum „Genomix“ ist für Schüler der gymnasialen Oberstufe mit Grund- oder Leistungskurs in Biologie oder Chemie.

Bei Genomix können Schüler unter fachlicher Anleitung erste praktische Erfahrungen mit gentechnischen Arbeits methoden sammeln. Dabei üben sie eine sogenannte Restriktions-analyse, den ersten Arbeits schritt beim Ermitteln eines „genetischen Fingerabdrucks“: Die Schüler zerschneiden mithilfe von Enzymen verschiedene DNA-Proben, lassen sie in einem elektrischen Feld wandern, färben sie an, machen sie mithilfe von UV-Licht sichtbar und fotografieren schließlich das Ergebnis, um es mit einem vorgegebenen Standard zu vergleichen.

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Einleitung 4

Biotechnik 5

Gentechnik 5

Zellen: Fabriken des Lebens 6

Die Sprache der Gene 9

mRNA und tRNA: Boten und Dolmetscher 12

Die Entzifferung des menschlichen Genoms 13

Neue Therapiemöglichkeiten dank veränderter Gene 15

Gendiagnostik: möglichst sichere Diagnosen 19

Gentherapie: Heilen mit Genen 23

Epigenetik: Vererbung oder Umwelteinfluss? 28

Synthetische Biologie: Leben aus dem Reagenzglas? 31

Optogenetik: Licht als molekularer Schalter 33

Medikamente durch Gentechnik: Beispiel Insulin 34

Medikamente durch Gentechnik: Beispiel Antikörper 40

I. Arbeitsanleitung Restriktionsverdau 42

II. Arbeitsanleitung Elektrophorese 47

III. Arbeitsanleitung Analyse 50

Inhalt

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EinleitungDie Gentechnik ist eine verhältnismäßig junge wissenschaftliche Disziplin, mit der große Hoffnungen verknüpft sind, die aber auch Zweifel weckt. Unabhängig davon, ob man an Fortschritt durch Gentechnik glaubt oder eher skeptisch die Schlagzeilen über Forschung an Stammzellen oder Gentherapien verfolgt – es wird für jeden Einzelnen immer wichtiger, über die Grundlagen der Gentechnik Bescheid zu wissen. Denn nur mit diesem Wissen kann jeder sich sein persön-liches Urteil bilden.

Mit Genomix, dem Gentechnik-Praktikum für Schüler und Schülerinnen der gym-nasialen Oberstufe, möchte Sanofi den Schulunterricht ergänzen und grund-legendes Wissen in Gentechnik vermitteln. In diesem Praktikum haben Schüler die Gelegenheit, ein gentechnisches Experiment selbst durchzuführen und damit besser zu begreifen, was sich hinter „DNA & Co.“ verbirgt. Seit dem Start von Genomix im Jahr 1999 haben mehr als 6.200 Schülerinnen, Schüler und ihre Lehrer daran teilgenommen.

Diese praktikumsbegleitende Broschüre gibt eine Übersicht über die Grundlagen der Gentechnik und reißt aktuelle Themen wie etwa gentechnisch hergestellte Medikamente und Epigenetik an. Sie wurde auf die gegenwärtigen Lehrpläne abgestimmt; ein Lehrbuch kann sie natürlich nicht ersetzen.

Sanofi wünscht viel Spaß und Erfolg beim Experimentieren!

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BiotechnikDie Biotechnik nutzt lebende oder tote Orga-nis men – manchmal auch nur ihre biologisch aktiven Bestandteile – für technische Verfahren. Ohne sich dessen bewusst zu sein, verwen-det der Mensch solche Prozesse schon seit vielen Tausend Jahren, beispielsweise um aus Trauben saft durch Gärung Wein herzustellen.

Auch Brot, Käse oder Sauerkraut sind so gesehen biotechnische Produkte. Neben der Nahrungsmittelindustrie nutzt heute auch die chemische Industrie biotechnische Verfahren, beispielsweise um Ethanol, verschiedene organische Säuren oder Vitamine herzustellen. Die Abwasserreinigung mit Bakterien zählt ebenfalls zur Biotechnik.

GentechnikDie Gentechnik ist einer von mehreren Zweigen der Biotechnik. Sie beschäftigt sich mit der Isolierung und der Analyse von Erbsubstanz, der Gene. Gentechnische Methoden erlauben es zudem, Gene gezielt umzubauen oder in Wirts-organismen einzuschleusen, in denen sie bislang nicht vorkommen. So haben Wissenschaftler unter anderem das menschliche Gen, das für die Produktion von Insulin verantwortlich ist, in die Erbanlagen von Escherichia-coli-Bakterien (E. coli) eingebaut. Die Bakterien produzieren eine Vorstufe des Hormons, das den Zuckerstoff-wechsel reguliert. Diese Vorstufe wird anschlie-ßend in Insulin umgewandelt. Diabetiker leiden an Insulinmangel, oder ihre Körper können das körpereigene Insulin nicht hinreichend verwerten. Viele Diabetiker müssen sich deshalb regelmäßig Insulin spritzen, das heute nahezu ausschließlich gentechnisch produziert wird. Mithilfe der Gen-technik lassen sich Gene aber auch gezielt „ausschalten“. So können Forscher die Funktion eines Gens untersuchen, indem sie es beispiels-weise bei einer Maus dämpfen, entfernen, verän-dern oder sogar bewusst beschädigen. Zeigt die Maus danach bestimmte Symptome, gibt dies Hinweise darauf, welche Aufgaben das ausge-schaltete Gen hat. Anstelle von Gentechnik ist oft auch von Gentechnologie die Rede. Gemeint ist damit dasselbe.

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Obwohl die Vielfalt der Lebewesen riesig ist, bestehen alle Organismen aus den gleichen Grundeinheiten: den Zellen. In jeder einzel-nen Zelle ist Erbinformation in Form von DNA gespeichert. Zellen sind wie kleine „Fabri-ken“: Jede Zelle besitzt eine ausgeklügelte Stoffwechselmaschinerie, die gewährleistet, dass sie selbstständig wachsen und sich vermehren kann. Die „Belegschaft“, die sich um diese Prozesse kümmert, besteht größ-tenteils aus Proteinen – also aus langen Ket-ten von bis zu mehreren Tausend Aminosäu-ren. Diese Ketten aus aneinandergereihten Aminosäuren nehmen eine bestimmte räum-liche Struktur an. Viele Proteine wirken als Biokatalysatoren. Je nachdem, wie die Amino-säuren kombiniert werden, entstehen ganz unterschiedliche Proteine. Theoretisch kön-nen so gigantisch viele Proteine gebildet werden: Mit 21 verschiedenen Aminosäuren und einer Kettenlänge von nur 100 Mole-külbausteinen gibt es rechnerisch bereits 21100 = 10132 Verknüpfungsmöglichkeiten.

Unermessliche Vielfalt der ProteineProteine sind im Körper allgegenwärtig und hoch spezialisiert. Insulin, das Hormon, das den Blutzucker reguliert, ist ebenso ein Pro-tein wie das Keratin in Haaren oder das Kol-lagen im Bindegewebe. Auch Antikörper, die dazu dienen, Krankheiten abzuwehren, oder das für den Sauer stoff transport im Blut zuständige Hämoglobin gehört zu dieser Stoff klasse. Wären alle Zigtausend Proteine in einer Zelle gleichzeitig anwesend und aktiv, würde ein großes Chaos ausbrechen. Deshalb ist je nach Spezialisierung der ein-zelnen Zellen immer nur ein Teil der Beleg-schaft im Dienst. Eine Nervenzelle, die elekt-rische Impulse weiterleitet, muss schließlich anders arbeiten als eine Zelle im Magen, die gerade Magensäure produziert.

Zellen: Fabriken des Lebens

1944Es wird klar, dass nicht Eiweiße die chemischen Träger der Erbinformationen sind, wie lange an genommen, sondern eine Nuklein säure, nämlich die DNA.

1953Francis Crick und James Watson enträtseln die räumliche Struktur der DNA: Die Erbsubstanz hat die Gestalt einer Doppelhelix. Die beiden Forscher stützen sich auch auf Strukturanalysen der Wissenschaftlerin Rosalind Franklin. Crick und Watson erhalten für die bahnbrechende Arbeit 1962 den Nobelpreis. Franklin war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben.

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Meilensteine der Gentechnik

Zellen als „Produktionsmaschinen“Gentechniker nutzen heute Bakterien, Hefen und Säugetierzellen im Dienst der Medizin, um eine ganze Reihe unterschiedlicher Proteine zu produzieren. Dazu gehören zum Beispiel Erythropoetin (EPO), das als Wachstumsfaktor für die Bildung roter Blutkörperchen mitver-antwortlich ist, und der Gewebe-Plasminogen-Aktivator, der bei Herzinfarktpatienten ver-stopfte Arterien wieder öffnet.

Auch Impfstoffe, etwa gegen Hepatitis B und Gebärmutterhalskrebs, werden heutzutage in gentechnisch veränderten Hefezellen pro-duziert. Seit einigen Jahren werden thera-peutische Antikörper, beispielsweise gegen Krebs, mittels gentechnisch veränderter Säu-gerzellen hergestellt.

ZellkulturKünstliche Kultivierung von Zellen in einem Nährmedium.

1957In Japan erkennen Forscher, dass Plasmide die Ursache für die Widerstandsfähigkeit von Bakterien gegen Antibiotika sind. Die Plasmide, verhältnismäßig kleine DNA-Ringe, erweisen sich in der Folge als geeignet, um Gene in Zellen zu übertragen (rekombinante DNA-Technologie).

ProteineHochmolekulare Verbindungen aus Aminosäuren (Eiweiße). Sie bestimmen unter anderem Form und Struktur von Zellen, dienen der molekularen Erkennung, übernehmen Transportfunktionen und steuern als Enzyme den Stoffwechsel.

EnzymeProteine, die als Katalysatoren eine biochemische Reaktion beschleunigen oder erst möglich machen.

1961Die Entschlüsselung des genetischen Codes beginnt. Das erste „Wort“ der genetischen Sprache wird identifiziert. Es wird klar: Drei Basen stehen für eine Aminosäure.

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1966Der genetische Code, der festlegt, wie die Erbinformation in Eiweißmole-küle übersetzt wird, ist vollständig entschlüsselt. Von den 64 möglichen Basentripletts codieren 61 für die 20 natürlichen Aminosäuren. Die drei restlichen Codons sind Stoppcodons.

1970Forscher entdecken die Restriktionsenzyme: Eiweiße, die DNA-Moleküle an spezifischen Stellen teilen. Drei Jahre zuvor hatten Wissenschaftler die DNA-Ligase gefunden, die DNA-Bruchstücke wieder zusammenfügt.

NukleosidGrundbaustein der DNA bzw. RNA, der aus einer Zuckereinheit (Desoxyribose bzw. Ribose) und einer Base besteht.

NukleotidGrundbaustein der DNA bzw. RNA, der aus einem Nukleosid und einem Phosphatrest besteht.

DNATräger der Erbinformation (engl. deoxyribonucleic

acid; deutsch: DNS – Desoxyribonukleinsäure). DNA-Moleküle bestehen aus Phosphat-

und Zuckereinheiten sowie den Basen Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C)

und Thymin (T). Aufgrund ihrer Mole - kül struktur ist stets A mit T und C

mit G gepaart (komplementäre Basenpaarung). Die Basen-paare werden durch Wasser-stoffbrückenbindungen zusammengehalten.

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Bis in die 40er Jahre des vergangenen Jahr-hunderts hinein glaubten die meisten Bio logen, die Erbsubstanz einer Zelle bestehe aus Pro-teinen. Später wurde entdeckt, dass Zellkerne längliche Partikel enthalten, die – im Gegen-satz zu Eiweißen – mit bestimmten Farbstoffen intensiv gefärbt werden können. Man nannte sie deshalb Chromosomen (griech. chromos: Farbe; soma: Körper).

DNA – lange verkannt, weil einfach gebautViel später stellte sich heraus, dass Chromo-somen DNA enthalten, und dass diese wie-derum aus Zucker- und Phosphorsäure ein-heiten sowie vier organischen Basen be- steht: Adenin  (A), Guanin  (G), Thymin  (T) und Cytosin (C). Den meisten Wissenschaft-lern schienen diese DNA-Moleküle aller-dings viel zu simpel, um den „Bauplan des Lebens“ speichern zu können. Erst 1944 bewies der US-amerikanische Mikrobiologe Oswald Avery, dass nicht die Proteine, son-dern die vergleichsweise einfach gebaute DNA die Erbinformationen trägt.

Molekulare SpiraleNeun Jahre später legten der amerikanische Biologe James Watson und der englische Physiker Francis Crick den Grundstein für die moderne Molekularbiologie: Sie erkannten die räumliche Struktur von DNA. Dazu nutz-ten sie Röntgenstrukturdaten des Physikers Maurice Wilkins und der Biophysikerin Rosa-lind Franklin. Vor allem Franklin hatte erkannt, dass DNA spiralförmig aufgebaut ist, wobei jeweils zwei Molekülketten aus Zucker- und Phosphatgruppen nach außen zeigen, wäh-rend die Basen zwischen diesen Ketten lie-gen. Mit diesen Informationen gelang es Watson und Crick nach einigem Tüfteln, aus Draht, Blech und farbigen Kugeln ein Modell in Form einer Doppelhelix zu bauen. Dieses Modell erklärt viele Eigenschaften, die DNA in Experimenten zeigt. Im Jahr 1962 erhielten Watson, Crick und Wilkins dafür den Nobel-preis für Medizin. Rosalind Franklins ent-scheidender Beitrag zur Aufklärung der DNA-Struktur wurde in der von Männern geprägten Welt der Wissenschaft erst viele Jahre spä-ter anerkannt.

Die Sprache der Gene

1973Stanley Cohen, Herbert Boyer und Annie Chang gelingt ein bahnbrechendes gentechni-sches Experiment: Sie vereinen bestimmte DNA-Abschnitte aus Viren und Bakterien, über - führen diese DNA in die DNA von E.-coli-Bakterien und schaffen somit das erste re -kombinante Bakterium. Ein Jahr zuvor hatte der Amerikaner Paul Berg DNA-Fragmente aus Viren in ein bakterielles Plasmid eingeführt und so die erste rekombinante DNA erhalten.

Meilensteine der Gentechnik

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Erbsubstanz als SchabloneDie Doppelhelix-Struktur von DNA gleicht einer Wendeltreppe. Die Treppengeländer bestehen aus zwei Strängen, in denen sich Zucker- und Phosphorsäureeinheiten abwech-seln. Die Basen bilden die Stufen, die an den Zuckereinheiten befestigt sind und sich paar-weise gegenüberliegen: Adenin immer ge-genüber von Thymin, Cytosin paart sich aus-schließlich mit Guanin. Man bezeichnet dies als komplementäre (sich ergänzende) Basen-paarung. Wird DNA in der Zelle verdoppelt, öffnet sich die Doppelhelix zunächst wie ein Reißverschluss; die einzelnen Hälften dienen dann als Schablonen, an denen entlang die jeweils fehlende Seite ergänzt wird. Watson und Crick wussten aber noch nicht, wie die Zelle die Sprache der Gene in die der Pro-teine übersetzt – schließlich sind DNA und Proteine chemisch völlig unterschiedlich auf-gebaut. 1966 gelang es Forschern, den ge-netischen Code vollends zu knacken. Sie konnten beweisen, dass die Reihenfolge der DNA-Basen den Aufbau der Proteine bestimmt: Jeweils drei Basen – also drei „ge-

netische Buchstaben“ – bilden ein „Wort“ (Codon). Jedes dieser Wörter codiert eine Aminosäure, das heißt einen Protein-Baustein. Mit anderen Worten: Ein Basentriplett trägt die Information für eine Aminosäure. Für die meisten der insgesamt 20 Aminosäuren exis-tieren mehrere Codons. Ihre Reihenfolge be-stimmt, wie die Aminosäuren in der Zelle zu einem Eiweißmolekül (Protein) aneinanderge-reiht werden. Genau wie DNA erhält dann auch jedes Protein eine bestimmte, dreidi-mensionale Struktur, indem es beispielsweise gefaltet, schraubenförmig gewunden oder geknäuelt wird.

Ein universeller genetischer CodeAls der genetische Code endlich entschlüs-selt war, staunten die Wissenschaftler nicht schlecht. Egal ob einfaches Bakterium, Son-nenblume oder Mensch – mit wenigen Aus-nahmen für einzelne Aminosäuren gilt der gleiche Code für alle Lebewesen. Die Natur hat die genetische Sprache also nur ein ein-ziges Mal erfunden.

1975Auf einer Konferenz im kalifornischen Asilomar fordern Wissenschaftler Regeln der Selbstbeschränkung bei der Forschung mit rekombinanten Mikroorganismen. Schon im folgenden Jahr erlassen die amerikanischen National Institutes of Health (NIH) um - fassende Richtlinien, die für Sicherheitsrichtlinien in vielen anderen Ländern Pate stehen.

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Meilensteine der Gentechnik

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A

A

Val

Trp

Leu

Pro

HisGin

ArgIleMet

Start

Thr

Asn

Lys

Ser

Arg

Ala

AspGlu

Gly Phe Leu

Ser

Tyr

Stopp

StoppStopp

Die „Code-Sonne“Die Buchstaben des genetischen Codes sind die vier Basen A, T (U), G und C. Die verschiedenen Kombinationen aus jeweils drei Basen bilden das Vokabular mit insge-samt 64 (4³) „Wörtern“. Jedes bezeichnet eine bestimmte Aminosäure.

Die Abbildung zeigt die 64 Kombinations-möglichkeiten der vier verschiedenen Basen und die Zuordnung der jeweiligen Aminosäuren sowie der Start- und Stopp-signale. In der Darstellung werden die Basen der RNA angegeben, da nicht die DNA selbst, sondern die sogenannte mRNA (messenger RNA) als Matrize zur Proteinsynthese dient. In RNA wird die Base Uracil (U) anstelle von Thymin (T) eingebaut. Deshalb erscheint in der Code-Sonne U, nicht aber T. Es existieren mehrfache Zu-ordnungen von Codons zu Aminosäuren. Bestimmte Tripletts erfüllen zudem andere Funktionen. So beginnen sämtliche „Sätze“ in der genetischen Sprache mit demselben „Wort“, nämlich dem Codon ATG. Für das „Satzende“, sozusagen den Punkt, gibt es dagegen drei verschiedene Codons, Stoppcodons genannt.

Aus diesem Grund können Gentechniker bei-spielsweise Bakterienzellen dazu bringen, ein menschliches Protein herzustellen. Sie isolie-ren dazu das passende Gen aus mensch-lichen Zellen und schleusen es in die Bakterien zellen. Diese lesen und verstehen die fremde Erbinformation, als wäre es ihre eigene, und fangen dann an, das entspre-chende Protein zu produzieren.

1976In Kalifornien gründen Herbert Boyer und Robert Swanson „Genentech“, die erste Gen technik-Firma. 1990 übernimmt ein Vorläuferunternehmen des Schweizer Pharmakonzerns Roche die Mehrheit bei Genentech: Die pharma zeutische Industrie möchte ebenfalls die Innovationskraft der Gentechnik nutzen.

1977Forscher entwickeln Methoden zur Sequenzierung von DNA. Walter Gilbert und Fred Sanger erhalten dafür 1980 den Nobelpreis.

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Meilensteine der Gentechnik

Es war nun also bekannt, dass Proteine nach „DNA-Bauplänen“ entstehen. Die Wissenschaft-ler wussten aber auch, dass sich Proteine und Erbsubstanz in Zellen mit Zellkernen selten oder nie begegnen. Denn unter dem Mikroskop fanden sie DNA praktisch nur im Zellkern, Proteine dagegen vor allem im Zell-plasma (Cytosol). Gibt es also „Boten“, die die Erb information der DNA an den Ort trans-portieren, an dem die Proteine synthetisiert werden?

RNA: Bote zwischen Zellkern und ZellplasmaAnfang der 1960er Jahre fanden Forscher die RNA, die genau diese Aufgabe erfüllt. Sie nannten sie deshalb Boten-Ribonukleinsäure, auf Englisch messenger RNA. In ihrer che-mischen Struktur gleicht sie der DNA. Die Zucker einheiten der beiden Molekülketten unterscheiden sich jedoch. Dies hat zur Fol-ge, dass DNA relativ beständig ist. RNA ist dagegen eine sehr empfindliche Substanz. Außerdem enthält RNA die Base Uracil (U) statt Thymin.

Während der „Übersetzung“ von DNA in mRNA (Transkription) ist jeweils nur ein Strang der DNA aktiv. Von ihm wird eine „Negativkopie” erstellt: Die Basenfolge G-C-A-T wird beispielsweise in der mRNA in die Folge C-G-U-A übersetzt. Die mRNA wandert dann zu den Zellbestandteilen (Organellen), die gleichsam die Proteinfabriken der Zelle sind: den Ribosomen. Dort wird die in der Basensequenz gespeicherte Information be-nutzt, um aus den entsprechenden Amino-säuren das passende Protein zu synthetisie-ren. Dieser Vorgang heißt Translation.

Aminosäure-TransporterAls „Dolmetscher“ zwischen der DNA und den Proteinen dienen wiederum Ribo nuklein-säuren, die sogenannten Transfer-RNAs (tRNAs). Sie transportieren die einzelnen Aminosäuren zu den Ribosomen. Dabei trägt jedes tRNA-Molekül drei Nukleoside, also ein Codon, und ist mit genau der Aminosäure beladen, die dem genetischen Code zufolge diesen drei Basen zugeordnet ist. Die Amino-säuren werden in den Ribosomen zu Protein-ketten, den Peptiden, verknüpft. Bei sehr großen Proteinen, wie etwa dem roten Blut-farbstoff Hämoglobin, bestehen diese aus einigen Hundert Aminosäuren.

mRNA und tRNA: Boten und Dolmetscher

Messenger RNA (mRNA)Ribonukleinsäuretyp, der die genetische Infor-mation für ein Protein vom Zellkern zum Ort der Proteinbiosynthese, dem Ribosom, bringt.

1982In den USA erhält Genentech die Erlaubnis, gentechnisch hergestelltes Insulin auf den Markt zu bringen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Hormon, das zur Behand- lung von Diabetes dient, ausschließlich aus Bauchspei-cheldrüsen von Rindern und Schweinen gewonnen.

Erstmals gelingt es Forschern, trans- gene Tiere zu züchten: Sie übertragen das Gen für das Wachstumshormon der Ratte in Mäuse-Eizellen. Die daraufhin geborenen Mäuse sind fast doppelt so schwer wie ihre „normalen“ Verwandten.

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Nachdem Forscher den genetischen Code geknackt hatten, wurde deutlich, wie umfang-reich die gesamte menschliche Erbinforma-tion ist: Mehr als drei Milliarden Basenpaare umfasst das komplette Genom. Heute wissen wir: Nur rund 2 Prozent davon verkörpern Gene, also Bauanleitungen für Proteine, von denen das menschliche Genom schätzungs-weise weniger als 30.000 Stück enthält. Die restlichen 98 Prozent der DNA hielten Wis-senschaftler lange Zeit für weitgehend über-flüssig. Nach und nach stellt sich jedoch heraus, dass auch sie wichtige Funktionen innehaben.

Das HumangenomprojektAlle menschlichen Gene zu finden und ihre Sequenz zu bestimmen war das Ziel eines der größten Projekte, das bislang in der Bio-logie gestartet wurde: des Humangenom-projekts (HGP). Das internationale Vorhaben wurde 1990 von Wissenschaftlern verschie-dener Universitäten und öffentlicher For-schungseinrichtungen begonnen, seit 1995 waren auch Deutsche daran beteiligt. 1998 bekam das Projekt Konkurrenz aus der Indus-trie. Denn das US-amerikanische Unterneh-men Celera Genomics kündigte an, es wolle ebenfalls das menschliche Genom entzif-

fern  – und zwar schneller als die Wissen-schaftler des HGP. Es kam zu einem Wettlauf zwischen dem HPG und Celera Genomics, der erst 2003 endete, als das Genom nahezu vollständig sequenziert und im Internet ver-öffentlicht war.

Die Ergebnisse des HPG legten nahe, dass der Mensch über 23.000 Protein codierende Gene verfügt, was lediglich 1,5 Prozent des Genoms entspricht. Der Rest, so nahm man an, sei „Junk-DNA“. Ein Irrtum, wie man mitt-lerweile weiß.

Auf der Spur von „Junk-DNA“Im Jahr 2003 startete ein vom US-amerika-nischen National Human Genome Research Institute (NHGRI) initiiertes Forschungspro-jekt mit dem Ziel, alle funktionellen Elemen-te des menschlichen Genoms zu identifizie-ren: ENCODE (zusammengesetzt aus engl. ENCyclopedia Of DNA Elements, Enzyklopä-die der DNA-Elemente). ENCODE hat mitt-lerweile tief in die „Junk-DNA“ geschaut. Die Einblicke zeigen, dass im menschlichen Genom erheblich mehr DNA aktiv ist als bis-her angenommen. 2 Prozent werden Protein codierenden Genen zugerechnet und als aktiv betrachtet, aber insgesamt sind ENCODE

Die Entzifferung des menschlichen Genoms

Das menschliche Genom (in englischer Sprache) im Web: www.ncbi.nlm.nih.gov/mapview/map_search.cgi?taxid=9606

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zufolge etwa 80 Prozent der DNA biologisch aktiv und regulieren in sehr komplexen Pro-zessen benachbarte Gene. 76 Prozent des Genoms werden laut ENCODE in RNA tran-skribiert! 2,9 Millionen regulatorische Elemen-te befinden sich im Genom.

Revolution der modernen MedizinInzwischen ist klar, dass die genetische Ursa-che für viele Krankheiten nicht im Protein codierenden Gen selbst liegt, sondern in den regulierten Nachbargenen. Diese Information ist von entscheidender Bedeutung, um zu ver-stehen, wie im Körper verschiedene Arten von Zellen entstehen und wie normale Gene bei einer Krankheit neu „verdrahtet“ werden. Man ist damit in der Lage, das menschliche Genom in einer nie dagewesenen Detailtiefe zu lesen.

Viele Wissenschaftler und Ärzte sind davon überzeugt, dass diese Forschungsergebnis-se die moderne Medizin voranbringen wer-den. Denn viele Erkrankungen beruhen auf Gen defekten oder auf Abweichungen in der

Expression von Genen. In den meisten Fällen können Ärzte bisher nur deren Symptome kurieren oder ihren Verlauf verzögern. Sobald aber bekannt ist, welche Gene an der Entste-hung einer Krankheit beteiligt sind, können Wissenschaftler die molekularen Grundlagen der Erkrankung erforschen und Behandlun-gen entwickeln, die die Krankheitsursache beseitigen.

Kann der Körper beispielsweise ein bestimm-tes Protein nicht bilden, weil das dazugehö-rige Gen defekt ist, können Ärzte versuchen, das Protein als Medikament zu verabreichen. Dies geschieht seit Langem bei bestimmten Formen der Zuckerkrankheit (Diabetes); be-troffene Patienten erhalten künstlich herge-stelltes Insulin, weil ihr Körper nicht genug davon bildet. Prinzipiell ähnlich behandeln Ärzte auch Patienten, die an Morbus Fabry leiden, einer erblich bedingten Stoffwechsel-krankheit. Diese Patienten können nicht genug von dem Enzym -Galaktosidase produzieren, was zu Funktionsstörungen vieler Organe führt. Betroffene erhalten deshalb künstlich hergestellte -Galaktosidase. Genzyme, ein Tochterunternehmen von Sanofi, ist führend bei der Herstellung von Medikamenten für die Enzymersatztherapie.

GendefektMutation innerhalb eines Gens. Gendefekte können angeboren sein oder im Lauf des Lebens entstehen.

ErbkrankheitenKrankheiten, die durch einen Gendefekt verur-sacht werden, zum Beispiel die Bluterkrankheit oder die Mukoviszidose (zystische Fibrose).

1985Die Methode des „genetischen Finger- abdrucks“ wird entwickelt. Sie nutzt die PCR-Technik und dient unter anderem in der Kriminalistik dazu, Täter anhand von DNA aus Blutspuren, Haarwurzeln oder Spermien zu identifizieren.

1983 Der amerikanische Biochemiker Kary B. Mullis erfindet die Polymerase-Kettenreaktion (engl. polymerase chain reaction, kurz: PCR). Damit lässt sich DNA außerhalb von Zellen beliebig vervielfältigen. PCR wird innerhalb von wenigen Jahren zu einer Schlüsseltechnik.

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Meilensteine der Gentechnik

Wissenschaftler verändern mitunter die Erb-substanz von Tieren gezielt, um auf diese Weise vor allem Krankheiten des Menschen zu erforschen und neue Medikamente zu entwickeln. Dazu schleusen sie beispielswei-se artfremde DNA in das Genom der Tiere. Vererben genetisch veränderte Tiere die neu erworbene Eigenschaft an ihre Nachkommen, bezeichnet man sie als transgen.

Das wohl berühmteste transgene Tier ist die sogenannte Krebsmaus. Ihr pflanzten For-scher der amerikanischen Universität Har-vard ein menschliches Krebsgen (Onkogen) ein. Das Tier entwickelte daraufhin Tumoren. Seitdem verwenden Wissenschaftler auf der ganzen Welt Krebsmäuse, um damit die Ent-stehung von Krebs zu untersuchen und neue Arzneimittel zu entwickeln und zu testen. Berühmt wurde die Krebsmaus vor allem, weil sie das erste transgene Tier war, auf das ein Patent erteilt wurde.

Gene PharmingTransgene Tiere könnten künftig auch zur Gewinnung pharmazeutischer Wirkstoffe genutzt werden. Man nennt das „Gene Phar-

ming“. Wissenschaftler verändern dazu das Erbgut so, dass beispielsweise Ziegen in ihren Milchdrüsen das Protein, das als Medi-kament zum Einsatz kommen soll, kontinuier-lich synthetisieren. Es wird aus der Milch isoliert und kann dann Patienten verabreicht werden. In Deutschland ist zum Beispiel ein Antithrombosemittel aus transgenen Säuge-tieren für Patienten mit erblich bedingtem Mangel an körpereigenem Antithrombin verfügbar. Weitere mithilfe transgener Tiere erzeugte Proteine sind 1-Antitrypsin, Gewe-be-Plasminogen-Aktivator, die Faktoren VIII und IX der Blutgerinnung sowie Interleukin 2. Die Proteine werden vor allem aus der Milch von Schafen, Kühen und Ziegen gewonnen und für die Verwendung als Arzneimittel er-probt.

Allerdings ist die Erzeugung transgener Tie-re kompliziert und teuer, und die erzeugten Proteine müssen aufwendig isoliert und in klinischen Studien untersucht werden, bevor sie zum Einsatz an Patienten zugelassen wer-den können. Zum Schutz von Verbrauchern muss zudem gewährleistet sein, dass die transgenen Tiere nicht verzehrt werden.

Neue Therapiemöglichkeiten dank veränderter Gene

1988Das erste genetisch veränderte Säugetier, die sogenannte Harvard-Krebsmaus, wird in den USA patentiert. 1992 folgt die Patentierung in Europa. An diesen Mäusen, in deren Genom ein menschliches Krebsgen eingefügt wurde und die deshalb frühzeitig und mit hoher Wahrscheinlichkeit an einem Tumor erkranken, kann Krebs untersucht werden.

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„Knock-out“-TiereStatt fremde DNA in das

Genom eines Tiers einzuschleu-sen, können Wissenschaftler auch

gezielt einzelne Gene ausschalten. Auf diese Weise entstehen sogenannte

Knock-out-Tiere. Auch sie entwickeln oft bestimmte Erkrankungen und eignen sich deshalb ebenfalls als Krankheitsmodelle für die Forschung. Außerdem können Wissen-schaftler mit Knock-out-Tieren gezielt die Funktion eines einzelnen Gens untersuchen. Denn solange sie nur ein einziges Gen aus-schalten, können sie relativ sicher sein, dass veränderte Eigenschaften des Tiers auf die Veränderung dieses Gens zurückgehen.

Transgenes TierTier, bei dem ein artfremdes Gen ins Erbgut eingebaut oder ein vorhandenes Gen molekularbiologisch inaktiviert wurde (Knock-out-Tier). Das Tier vererbt diese Gene an seine Nachkommen.

1990

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Das weltweite Humangenomprojekt der Human Genome Organisation (HUGO) startet. Zahlreiche Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen beteiligen sich. Dieses Mammutprojekt hat zum Ziel, das gesamte menschliche Genom zu sequenzieren, das aus etwa drei Milliarden Basenpaaren besteht.

In den USA beginnt der erste Versuch, mittels Gentherapie zu heilen: Ein Mädchen, das an der Erbkrankheit SCID (Severe Combined Immunodeficiency) leidet, wird erfolgreich behandelt.

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Genomix | Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi 16

Meilensteine der Gentechnik

„Stummgeschaltete“ GeneAm schnellsten lassen sich einzelne Gene durch Nutzung der RNA-Interferenz (RNAi) ausschalten. Dabei schleusen Forscher kur-ze Doppelstrang-RNA-Moleküle (dsRNA) in Zellen ein. Deren Sequenz entspricht der Basenfolge der mRNA, die bei der Transkrip-tion des Gens entsteht, das ausgeschaltet werden soll.

Wie bei der destruktiven Interferenz sich überlagernder Wellen in der Physik löschen sich RNA-Moleküle gleichsam gegenseitig aus – daher die Bezeichnung RNA-Interfe-renz. Damit wird verhindert, dass die Erb-information, die in den dazugehörigen Genen steckt, zur Proteinsynthese genutzt wird. Die Gene werden also „stummgeschaltet“, ohne dass sie – wie bei anderen Methoden – zer-stört werden.

„Heißes“ ForschungsgebietAuch die Funktionen vieler menschlicher Gene wurden bereits mithilfe der RNAi bestimmt. Therapieverfahren, die auf RNA-Interferenz basieren, befinden sich zurzeit noch in der Grundlagenforschung, könnten aber ein vielversprechender Weg zu neuen Medikamenten sein. Wahrscheinlich ist die RNA-Interferenz ein natürliches Abwehrsys-tem gegen Viren. Darüber hinaus regelt die Zelle damit auch ihre eigene Proteinproduk-tion: Sie stellt selbst kleine RNA-Abschnitte her, sogenannte microRNAs (miRNAs), und löst damit RNA-Interferenz aus. MicroRNAs sind derzeit eines der heißesten Forschungs-gebiete. Die biologischen Funktionen der meisten microRNAs sind noch unbekannt. Nach computerbasierten Vorhersagen könn-ten etwa 20 bis 30 Prozent der Gene im menschlichen Genom dadurch reguliert sein.

Das erste deutsche Gentechnikgesetz tritt in Kraft. Es regelt den Betrieb gentechnischer Anlagen, gentechnische Arbeiten, die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen und das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Produkte.

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Zellkern

Zelle

Einschleusen kurzer Doppelstrang-RNA-Moleküle (dsRNA)

Enzyme Dicer schneidet die Doppel-strang-RNA in kleine Stücke (siRNA)

Bildung von RISC

mRNA der Zelle

Die Erbinformation der mRNA kann nicht zur

Proteinsynthese genutzt werden

mRNA, die zum einsträngigen RNA-Teil von RISC passt, wird abgefangen und zerstört

Animation zu RNA-Interferenz (in englischer Sprache) im Web: www.nature.com/focus/rnai/animations/index.html

1994Das erste genetisch veränderte Lebensmittel, die Anti-Matsch-Tomate „Flavr Savr“ der Firma Calgene, wird in den USA zugelassen. Sie ist kein Verkaufsschlager und wird 1997 in den USA wieder vom Markt genommen.

1995Zum ersten Mal entschlüsseln Forscher die voll - ständige Genomsequenz eines Bakteriums, und zwar die von Haemophilus influenzae, dem Erreger entzündlicher Erkrankungen der Schleimhäute.

„Stummgeschaltete“ Gene: Prinzip der RNA-Interferenz RNA-Interferenz (RNAi) hemmt die Expression von Genen. In Zellen von Pflanzen und Tieren dient sie einer Hypothese zufolge der Abwehr von Viren. Um die Herstellung eines Proteins künstlich zu hemmen, schleusen Forscher dsRNA-Abschnitte in Zellen ein. Diese sorgen dafür, dass die mRNA-Moleküle abgefangen werden, die als Bauanleitung für die Proteine dienen.

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Genomix | Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi 18

Meilensteine der Gentechnik

Durch die Gentechnik hat sich die Diagnostik in der Medizin in den vergangenen Jahren rasch weiterentwickelt. Dies liegt vor allem daran, dass man DNA heute mit Automaten schnell und relativ einfach sequenzieren kann. In den Anfangsjahren der Gentechnik erfolgte dies dagegen mühsam per Hand.

Krankheitserreger analysierenWissenschaftler und Ärzte kennen inzwischen auch den genetischen Code zahlreicher Krankheitserreger. Erkrankt ein Mensch bei-spielsweise an einer Bakterieninfektion, kann der Arzt eine DNA-Analyse der Bakterien veranlassen. Falls die Erbinformation des vorliegenden Erregers bereits entschlüsselt wurde, können die Bakterien so identifiziert und kann der Patient gezielter behandelt werden. Auch Blutkonserven und Organ-spenden sind durch gentechnische Diagnos-tik sicherer geworden. Denn Verunreinigun-gen mit Krankheitserregern wie HI- oder Hepatitis-Viren lassen sich anhand ihrer DNA nachweisen.

Komplementäre GensondenDazu muss nicht das gesamte Erbgut des Erregers sequenziert werden. Stattdessen kommen sogenannte Gensonden zum Ein-satz. Sie suchen nach kurzen, charakteristi-schen DNA-Abschnitten, die im Erbgut bei-spielsweise des HI-Virus vorkommen. Die Sonden bestehen aus künstlich hergestellten DNA-Ketten. Sie enthalten rund 20 Basen, deren Sequenz komplementär zu der ge - suchten Gensequenz des Erregers ist. Sind HI-Viren in einer Probe vorhanden, lagern sich die Gensonden an die entsprechenden DNA-Abschnitte des Erregers an. Weil die Gensonden radioaktiv oder chemisch mar-kiert sind, lässt sich dieser Vorgang sichtbar machen – und damit der Erreger eindeutig nachweisen. Es gibt auch sogenannte DNA-Chips, auf denen viele verschiedene Genson-den aufgebracht sind. So ist es beispielswei-se möglich, Gensonden für unterschiedliche HIV-Gene auf einem DNA-Chip zu befestigen. Blutuntersuchungen auf HIV gelingen damit deutlich schneller als mit anderen Verfahren.

Gendiagnostik: möglichst sichere Diagnosen

1996Das Schaf Dolly gilt als das erste ge klonte Säugetier der Welt. Das walisische Bergschaf altert allerdings schneller als seine Artgenossen und leidet früher als gewöhnlich an Arthritis. Dolly stirbt im Jahr 2003.

1997Die UNESCO verabschiedet die „Allgemeine Erklärung über das menschliche Genom und Menschenrechte“. Sie besagt unter anderem, dass „das menschliche Genom in seinem natürlichen Zustand keinen finanziellen Gewinn eintragen darf“. Außerdem ächtet sie Diskriminierung aufgrund genetischer Eigenschaften und das reproduktive Klonen von Menschen.

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GA A TT C

C T T A A G

GA A TT C

C T T A A G

GA A T T C GA A T T C

Restriktionsenzym EcoR I

C T T A A G C T T A A G

G

C T T A A

A A T T C G

G C T T A A

A A T T C

G

Molekulare Scheren: Restriktionsenzyme Restriktionsenzyme wie zum Beispiel EcoR I schneiden DNA an ganz be-stimmten Stellen. Dazu umgeben sie die DNA an der Erkennungsstelle – in diesem Fall GAATTC. Die beiden Stränge der DNA werden zwischen G und A durchgeschnitten. Die ge-trennten Stücke haben einen kurzen einsträngigen Abschnitt, der aus den vier Basen AATT besteht. Man nennt diese einsträngigen Teile „klebrige Enden“ oder „sticky ends“.

einer erhöhten Wahrscheinlichkeit rechnen, an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken. Mit Gensonden können Ärzte heute prüfen, ob BRCA-1 intakt ist. Umstritten ist diese Untersuchung allerdings, weil der diagnosti-zierte Gendefekt in diesem Fall nicht behan-delt werden kann. Außerdem führt nicht jeder Defekt dazu, dass sich tatsächlich ein Tumor

Diagnose von ErbkrankheitenGensonden können auch Gendefekte beim Menschen aufspüren. Beispielsweise wissen Forscher heute, dass die Gene BRCA-1 und BRCA-2 (BRCA für engl. breast cancer, Brustkrebs) das Wachstum bestimmter Tumo-ren bremsen können. Frauen, bei denen die-se Gene fehlen oder defekt sind, müssen mit

1998

Meilensteine der Gentechnik

Mit dem Genom des Faden- wurms Caenorhabditis elegans entschlüsseln Forscher erstmals das gesamte Erbgut eines Tiers.

James Thomson und John Gearhart gelingt es unabhängig voneinander, embryonale Stammzellen des Menschen zu isolieren und aus ihnen mehrere Zelllinien zu züchten. Dies schafft die Voraussetzung für die sich von nun an rasant entwickelnde Erforschung embryonaler Stammzellen.

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Genomix | Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi 20

entwickelt. Viele Experten sind deshalb der Ansicht, Erbkrankheiten sollten vor ihrem Ausbruch nur dann diagnostiziert werden, wenn man zumindest Leid von vornherein lindern kann. Dazu gehören zum Beispiel Lactose- oder Gluten-Intoleranz. Ethisch umstritten ist ein Gentest dagegen, wenn er eine schwere, bislang nicht heilbare Krank-heit diagnostiziert – wie beispielsweise im Fall der Erbkrankheit Chorea Huntington (Veitstanz). Die Betroffenen sind zunächst gesund und erkranken meist erst nach dem 35. Lebensjahr.

In Deutschland regelt das Gendiagnostikge-setz seit dem Jahr 2010 genetische Untersu-chungen bei Menschen und die Verwendung genetischer Proben und Daten. Das Gesetz befasst sich mit dem DNA-Test in der me-dizinischen Diagnostik, mit dem Bereich Abstammung und mit genetischen Beratun-gen im Zusammenhang mit genetischen Untersuchungen.

Ausgewählte Embryonen?Umstritten ist auch die sogenannte Prä-implantationsdiagnostik (PID). Mit ihr können Ärzte Embryonen wenige Tage nach einer künstlichen Befruchtung im Reagenzglas auf

mögliche Erbkrankheiten untersuchen. Nur wenn der Embryo gesund ist, wird er in die Gebärmutter verpflanzt. Paare, in deren Fa-milien eine Erbkrankheit vorkommt, können damit sicher sein, dass ihr Kind nicht an die-ser Erkrankung leidet. Mit der gleichen Methode ist es auch möglich, Eigenschaften wie das Geschlecht eines Kindes zu bestim-men. In Deutschland ist die PID aber seit Dezember 2012 nach dem gültigen Gesetz zur Zulassung der Präimplantationsdiagnos-tik (PräimpG) ausschließlich zur Vermeidung von schweren Erbkrankheiten, Tot- oder Fehl-geburten zulässig.

Genetischer FingerabdruckUnbestritten nützlich hingegen sind Gen-analysen bei Vaterschaftstests. Dazu werden winzige Mengen DNA sowohl des möglichen Vaters als auch der Mutter und des Kindes mit Restriktionsenzymen behandelt. Sie zer-trennen die DNA-Ketten an bestimmten Stel-len. Die entstehenden Stücke lassen sich nach ihrer Länge sortieren: Man trägt die DNA-Bruchstücke auf einer Seite eines spe-ziellen, rechteckigen Gels auf. Sobald man an den Enden eine elektrische Spannung anlegt, wandern die DNA-Ketten, die elekt-risch negativ geladen sind, in Richtung Pluspol.

In Island erhält das Biotech- Unternehmen deCODE genetics per Gesetz die Genehmigung, eine Daten- bank mit Gendaten aller Isländer einzurichten.

RNA-Interferenz (RNAi) ermöglicht es, Gene gezielt „stummzuschalten“, ohne sie zu schädigen. Die Wissen schaftler Andrew Fire und Craig Mello erhalten für ihre Arbeiten zu RNAi im Jahr 2006 den Nobelpreis.

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ProbeSpur

ProbeOpfer

ProbeC

ProbeB

ProbeA

Verdächtige Personen

Vermehrung durch PCR

DNA-Isolierung

Restriktionsenzyme

Kurze Bruchstücke kommen dabei schnel-ler voran als lange. Letztlich entsteht mithilfe dieser Gel-Elektrophorese ein Bandenmuster, das als genetischer Fin-gerabdruck bezeichnet wird. Genau die-ses Experiment führen Sie im Genomix-Praktikum selbst durch!

Diese Art der DNA-Analyse kommt auch in der Kriminalistik zum Einsatz. Hier wer-den DNA-Spuren des Täters – zum Bei-spiel aus Blut, das die Polizei am Tatort findet – mit der Erbsubstanz von Tatver-dächtigen verglichen. Bereits eine winzi-ge Menge DNA lässt heute zweifelsfrei Rückschlüsse auf die Person zu, von der diese Spur stammt. Denn mit der PCR-Methode lässt sich Erbsubstanz beliebig vervielfältigen.

Gentechnik in der Kriminalistik: der genetische Fingerabdruck Mit dem genetischen Fingerabdruck kann eine Person zweifelsfrei identifiziert werden. Im (sche-matischen) Beispiel ergibt die Analyse der Proben für die Probe B ein Bandenmuster, das dem Muster einer DNA-haltigen Spur vom Tatort gleicht, vom Muster der Probe des Opfers jedoch abweicht. Also muss die Spur vom Täter stammen: Person B.

1999Das menschliche Chromosom Nr. 22 wird als erstes Chromosom nahezu vollständig sequenziert.

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Meilensteine der Gentechnik

Defekte oder beschädigte Gene durch funk-tionsfähige ersetzen und dadurch Krankhei-ten heilen – das ist das Prinzip der Genthe-rapie. Man unterscheidet dabei zwischen der Korrektur von Gendefekten in Körperzel-len, der sogenannten somatischen Genthe-rapie, und der Veränderungen der mensch-lichen Keimbahn, der Keimbahntherapie, die in Deutschland verboten ist. Die somatische Gentherapie könnte bei bestimmten Krank-heiten eine Behandlung der Krankheits-ursache möglich machen.

Die somatische Gentherapie eignet sich grundsätzlich nicht nur zur Behandlung von Erbkrankheiten, wie etwa der Hämophilie oder der Mukoviszidose, sondern auch zur Behandlung anderer schwerer Erkrankun-gen. Fortschritte erhofft man sich bei der Bekämpfung von Krebs, in der Virologie, bei Erkrankungen der Atemwege, des Zentral-nerven systems, bei Herz-Kreislauf- und ent-zündlichen Erkrankungen, bei der Immun-abwehr sowie bei Parkinson.

Die erste somatische Gentherapie am Men-schen nahmen US-amerikanische Ärzte 1990 an einem vierjährigen Mädchen vor. Durch einen Gendefekt fehlte ihr ein für die Funktion

Gentherapie: Heilen mit Genendes Immunsystems lebenswichtiges Enzym, die Adenosin-Desaminase (ADA). Für die gentherapeutische Behandlung entnahmen ihm Mediziner weiße Blutkörperchen und schleusten darin das Gen für ADA ein. Danach erhielt die Patientin die veränderten Zellen per Infusion zurück in den Blutkreislauf. Das Ergebnis war vielversprechend: Das Immunsystem des Mädchens erholte sich so weit, dass das Kind bald ein normales Leben führen konnte. Die weißen Blutkörperchen mit dem intakten ADA-Gen haben aber wie alle Blutzellen eine begrenzte Lebensdauer. Die Behandlung muss deshalb in regelmäßigen Abständen wiederholt werden.

Problem des EinschleusensDas Behandlungsprinzip klingt zwar einfach, es hat aber seine Tücken. Beispielsweise ist es außerordentlich schwierig, einzelne Gene

Somatische Gentherapie – zwei unterschiedliche MethodenEx vivo: Körpereigene Zellen werden außerhalb des Körpers gentechnisch verändert, vermehrt und dem Körper durch Injektion wieder zugeführt. In vivo: Mit einem geeigneten Vektor wird das Gen zum Zielort im Körper transportiert und dort in die DNA eingeschleust.

Der Proband Jesse Gelsinger stirbt bei einer Gentherapiestudie. Die dem Probanden gespritzten Adenoviren tragen eine intakte Version des Gens, das bei ihm in vielen Zellen mutiert ist. Die Viren lösen jedoch eine fatale Reaktion seines Immunsystems aus. Die Sicherheit von Gentherapien wird in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.

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in Körperzellen so einzuschleusen, dass sie dort ordnungsgemäß ihren Dienst tun. Die meisten Forscher verwenden dazu unschäd-lich gemachte Viren. Sie sollen die fremde DNA, ähnlich wie bei einer „normalen“ Infek-tion, in die Erbsubstanz der Körperzellen einbauen. Andere Forscher arbeiten mit Lipo-somen, kleinen Fettkügelchen, die ebenfalls Gene in Zellen transportieren können.

Ein „Gentaxi“, das ohne Probleme in jedem Fall funktioniert, haben Wissenschaftler bisher aber noch nicht gefunden. Die größte Hürde für die Gentherapie sind also weiterhin die noch nicht vollständig ausgereiften Übertra-gungssysteme, die sogenannten Genfähren oder Vektoren.

Erfolgreiche Gentherapie – ernste NebenwirkungenDie erste dauerhafte Heilung durch eine Gen-therapie meldeten französische Ärzte im Jahr 2000. Sie hatten Kinder behandelt, die eben-falls an einer lebensbedrohlichen Immun-schwäche litten. Bei ihnen funktionierten jedoch gleich mehrere Komponenten des Abwehrsystems aufgrund von Gendefekten nicht. Die französischen Forscher entnahmen den Kindern Blutstammzellen, schleusten die

fehlenden intakten Gene in die Zellen ein und transferierten diese dann zurück ins Kno-chenmark der Patienten. Die Mehrzahl der Kinder hatte danach ein gesundes Immun-system. Drei Jahre später entwickelten jedoch einige von ihnen Leukämie. Wissen-schaftler nehmen an, dass die transferierten Gene Krebsgene aktiviert oder dass sie selbst Blutkrebs erzeugt hatten.

Breite Anwendung der Gentherapie in Sicht?Derzeit befinden sich die meisten genthera-peutischen Ansätze noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Im Oktober 2012 hat die Europäische Kommission erstmals in der westlichen Welt ein Präparat zugelassen. Es richtet sich gegen eine seltene schwere Fettstoffwechselstörung. In einigen asiati-schen Ländern haben schon seit dem Jahr 2003 einige wenige Gentherapieprodukte eine Zulassung.

Nach den USA und Großbritannien liegt Deutschland auf Platz drei bei der klinischen Prüfung auf Wirksamkeit der somatischen Gentherapie am Menschen. Bisher wurden weltweit mehr als 1.800 klinische Genthera-pieprüfungen durchgeführt oder laufen der-

2000Französische Ärzte behandeln Kinder, die an einer schweren Immunschwäche leiden, mit rekombi-nanten Blutstammzellen. Die meisten Kinder sind nach der Gentherapie zunächst gesund; einige erkranken später jedoch an Leukämie.

Großbritannien erlaubt, bis zu 14 Tage alte Embryonen zu Forschungszwecken zu klonen. Das reproduktive Klonen wird ver boten. Forscher hoffen, mithilfe embryonaler Stammzellen bisher unheilbare Krankheiten heilen zu können. Weltweit wird dieses Verfahren kontrovers diskutiert.

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Meilensteine der Gentechnik

zeit. Der Zeitpunkt einer breiten Anwendung der somatischen Gentherapie ist allerdings noch nicht absehbar, auch wenn in den letz-ten Jahren vermehrt Erfolge aus einzelnen klinischen Studien gemeldet werden.

Therapeutisches KlonenNeue Möglichkeiten für die Gentherapie erhoffen sich die Befürworter einer Methode, die man als therapeutisches Klonen bezeich-net. Forscher entkernen wie beim herkömm-lichen Klonen zunächst eine menschliche Eizelle. Darin bringen sie dann den Kern einer gereiften Zelle ein, die beispielsweise von einem Herzinfarktpatienten stammt und eine bestimmte genetische Eigenschaft aufweist. Verläuft alles nach Plan, beginnt sich die Eizel-le zu teilen; in fünf bis sechs Tagen entsteht ein früher Embryo (eine Blastozyste), der aus wenigen Hundert Zellen besteht. Wissen-schaftler können daraus patientenspezifische embryonale Stammzellen isolieren, die toti-

potent sind. Mithilfe von Wachstumsfaktoren entwickeln sie sich zu verschiedenen Gewe-bezellen wie zum Beispiel zu Herzmuskelzel-len, die zum Aufbau des Herzmuskels des Herzinfarktpatienten verwendet werden kön-nen, ohne dass es zu Abstoßungsreaktionen kommt. Das therapeutische Klonen ist inter-national umstritten und in Deutschland ver-boten. Der Grund dafür: Es müssen Embry-onen zerstört werden, solange keine anderen Wege gefunden werden.

Adulte statt embryonale StammzellenEine mögliche Alternative könnte künftig die Therapie mit adulten Stammzellen sein – also Zellen von Erwachsenen, die in verschiede-nen Organen wie Knochenmark, Gehirn, Blut, Leber oder Netzhaut vorkommen. Allerdings ist ihre Gewinnung schwierig, denn sie kom-men dort nur in sehr geringen Mengen vor. Zudem sind adulte Stammzellen nicht toti-potent, sondern lediglich pluripotent. Das

Stellungnahme der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie eine Übersicht über aktuelle Entwicklungen in der Stammzellforschung und der Gentherapie:

www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/2006/stammzellforschung_deutschland_0610.pdf

www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/geschaeftsstelle/publikationen/entwicklung_gentherapie_0612_dt.pdf

Wissenschaftliches und ethisches Themenportal zu Stammzellen; mit Unterrichtsmaterialien: www.zellux.net

2001Forscher setzen RNAi erstmals auch bei menschlichen Zellen ein.

Die Mitglieder der Human Genome Organisation (HUGO) und die konkurrierende US-amerikanische Firma Celera Genomics geben bekannt, 90 Prozent des menschlichen Genoms entziffert zu haben. Tatsächlich dauert es noch weitere zwei Jahre, bis das menschliche Genom vollständig und weitestgehend fehlerfrei sequenziert ist.

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2012 erhielten die beiden Wissenschaftler für ihre Arbeiten den Medizinnobelpreis.

Eine große Hürde auf dem Weg zur klini-schen Anwendung von iPS-Zellen besteht darin, dass hierbei das Genom der Empfän-gerzelle so verändert wird, dass die Folge Krebs sein kann. Nach Einschätzung führen-der Forscher auf dem Gebiet liegt die thera-peutische Anwendung von iPS-Zellen daher noch in der Ferne.

Therapeutisches KlonenMit dieser Methode entstand auch das berühmt gewordene „Klonschaf“ Dolly. Aus Eizellen wird der Zellkern mit dem Erbmaterial entfernt. In die leeren Zellen schleusen Forscher Kerne aus Körperzellen von Patienten ein. Es entste-hen Embryonen, die zum Anlegen von Stamm-zellkulturen dienen. Die Stammzellen besitzen dann die gleiche Erbinformation wie die Spen-der der übertragenen Zellkerne. Bisher ist dies bei menschlichen Zellen nicht gelungen. Aller-dings gaben 2007 US-amerikanische Wissen-schaftler bekannt, embryonale Stammzellen aus Affenembryonen gewonnen zu haben. Diese Nachricht hat erneut eine kontroverse Diskussion über die ethischen Konsequenzen des therapeutischen Klonens entfacht.

bedeutet, Forscher können aus ihnen nicht jede Gewebeart züchten.

Gesetzliche RegelungIn Deutschland ist das Klonen menschlicher Embryonen für die Herstellung von Stamm-zellen seit 2002 verboten. Der gesetzliche Rahmen für die Forschung an Stammzellen, die aus dem Ausland importiert werden, wur-de 2007 gelockert. Forscher durften nunmehr auch embryonale Stammzellen aus dem Aus-land einführen, die vor dem 1. Mai 2007 ent-standen waren. Durch die Verschiebung des Stichtags können deutsche Forscher nun auf etwa 500 Zelllinien zurückgreifen, vorher waren es nur etwa rund 20 Zelllinien. Viele Wissenschaftler halten diese Regelung den-noch für zu streng.

Reprogrammierte StammzellenEinen neuen Ansatz, der keine embryonalen Stammzellen verbraucht, meldeten der Brite John Gurdon und der Japaner Shinya Yama-naka im Jahr 2007. Ihnen gelang es, Körper-zellen erwachsener Menschen in sogenann-te induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) umzuwandeln. Dafür wurden bestimmte Ent-wicklungsgene aktiviert, um die Zellen in einen embryonalen Zustand zu versetzen.

2002Das HapMap Project startet. Ziel ist es, die genetische Variationsbreite der Menschheit genauer zu erfassen. Im Fokus stehen dabei Unterschiede in den sogenannten Haplotypen – Erbgutblöcken, die meist als Ganzes vererbt werden und viele Punktmutationen enthalten. Die Forscher nehmen dafür DNA-Proben von Vertretern jeweils verschiedener Völker.

In Deutschland wird das Stamm zell-gesetz verabschiedet: Nur Stamm- zelllinien, die vor dem 1. Januar 2002 entwickelt worden sind, dürfen nach Deutschland eingeführt werden.

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Meilensteine der Gentechnik

Therapeutisches Klonen Alternative ohne Klonen

Entnahme vonGewebe

Entnahme vonKörperzellen

Einbringen des Kerns einer Körperzelle in eine entkernte Eizelle

Entwicklung biszur Blastozyste

Entnahme vonembryonalen Stammzellen

Isolierung vonadulten Stammzellen

Kultivierung von Stammzellen

Spezialisierung in verschiedene Zelltypen

Reproduktives Klonen

In Deutschland ist reproduktives Klonen verboten!

Hoffnung für Patienten? Prinzip des thera peutischen Klonens

2003Das menschliche Genom ist nun vollständig und weitgehend fehlerfrei entschlüsselt. Seine Sequenz wird im Internet veröffentlicht.

Das Projekt Encyclopedia Of DNA Elements (ENCODE) startet mit dem Ziel, die „Sprache“ der Gene und des Erbguts zu verstehen – die Funktionen der verschiedenen DNA-Abschnitte.

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Entwicklung derSpermien-Zellen

Ei

Zygote

sich entwickelndeKeimbahnzelllinie

Entwicklung desEmbryos

DNA-Methylierungwird entfernt

DNA-Methylierungneu hinzugefügt

DNA-Methylierungwird entfernt

DNA wird mitanderen Proteinenneu verpackt

DNA-Methylierungneu hinzugefügt

Die Epigenetik ist seit Beginn dieses Jahr-tausends eines der zentralen Themen der Genetik. Dabei geht es um vererbbare Chro-mosomen-Modifikationen, die nicht auf Ver-änderungen der DNA-Sequenz beruhen, ihre Mechanismen und die Konsequenzen daraus. Die sogenannten epigenetischen Markierun-gen, also chemische Markierungen auf der Erbinformation DNA oder den Proteinen, die sie umgeben, sind neben der reinen geneti-schen Information für die Aktivität von Genen in einer Zelle von entscheidender Bedeutung.

Sie spielen in Pflanzen, im Tier und im Mensch eine essenzielle Rolle für die Steuerung von Entwicklungsprozessen. Epigenetische Mar-kierungen sind häufig Methylgruppen. Von ihnen hängt es ab, ob ein Gen abgelesen wird oder nicht – also ob es aktiv ist oder nicht. Epigenetische Markierungen sind damit quasi An- und Ausschalter der Gen-aktivität. Neben der DNA-Methylierung gehö-ren auch RNAi-vermittelte Mechanismen und die sogenannte Histon-Acetylierung zu den epigenetischen Markierungen.

Epigenetik: Vererbung oder Umwelteinfluss?

Epigenetische Markierungen Die Forschung rätselt, wie über epigenetische Markierungen bei Mensch und Tier Informationen von Generation zu Ge-neration vererbt werden können. Denn im Zuge der Entwicklung von der Keimbahnzelle zum Spermium werden diese Markierungen, wie etwa die DNA-Methylierungen, mehrfach gelöscht und wieder ganz neu ge-schrieben.

2005Die meisten Publikationen Hwang Woo-suks werden als Fälschungen enttarnt, darunter die Arbeiten zu maßgeschneiderten Stammzelllinien. Sie hatten die Hoffnung genährt, dass verschiedene Krankheiten mit Stammzellen in absehbarer Zeit geheilt werden könnten. Hwang verliert seine Professur und muss von allen Ämtern zurücktreten.

2004Der südkoreanische Forscher Hwang Woo-suk behauptet, er habe als Erster einen menschlichen Embryo geklont und daraus embryonale Stammzellen gewonnen.

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Meilensteine der Gentechnik

Der zweite Code – das EpigenomEpigenetische Markierungen, die auch durch Umwelteinflüsse erfolgen können, führen dazu, dass neben dem genetischen Code ein zweiter Code entsteht – das Epigenom. Allerdings gibt es nicht einen einzigen zwei-ten Code: Ein Mensch hat unzählige Epige-nome, denn jeder Zelltyp enthält zwar die gleiche Gensequenz, aber andere Markie-rungen. Dass sich diese Epigenome beim Menschen vererben, ist eher unwahrschein-lich. Denn nur Körperzellen reagieren auf Umweltreize. Sie wiederum können aber ihre Informationen nicht an Nachkommen weiter-geben – das können nur die Keimzellen. Bei den Keimzellen werden aber bereits in der frühen Entwicklung des Embryos fast alle epigenetischen Marker sorgfältig entfernt.

Bis in die dritte Generation sichtbar?Insgesamt muss man unterscheiden zwi-schen epigenetischer Vererbung von der Mutter auf das Kind und generationsübergrei-fenden epigenetischen Effekten, die durch Prägung des Fötus im Mutterleib entstehen. Nur wenn das vererbte Merkmal noch in der

dritten Generation sichtbar ist, liegt eine epi-genetische Vererbung vor. Bislang gibt es keine Studien, die dies beim Menschen nach-weisen. Für den Menschen gilt also: epige-netische Prägung sicher ja, epigenetische Vererbung eher nein.

EpigenetikDie Erforschung vererbbarer Änderun-gen der Genfunktion, die nicht durch eine Veränderung der DNA-Sequenz erklärt werden können. Der Begriff ist zusammengesetzt aus den Wörtern Genetik und Epigenese (also Entwick-lung eines Lebewesens). Epi genetik gilt als das Bindeglied zwischen Um- welteinflüssen und Genen: Sie be-stimmt mit, unter welchen Umständen welches Gen angeschaltet wird und wann es wieder stumm wird. Experten sprechen hier von Genregulation.

2007Japanische und amerikanische Forscher berichten, es sei ihnen gelungen, Körperzellen erwachsener Menschen in sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) umzu- wandeln. Diese wandeln sie anschließend in ausgereifte Zellen wie beispielsweise Herzmuskel- und Nervenzellen um.

2006Erstmals wird ein Arzneimittel zugelassen, das mithilfe trans- gener Tiere hergestellt wird. Das Eiweiß Antithrombin, das die Blutgerinnung hemmt, wird aus der Milch gentechnisch veränderter Ziegen isoliert.

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Übersichtsartikel zur aktuellen Forschung auf dem Gebiet der Epigenetik:

www.nature.com/news/epigenetics-the-sins-of-the-father-1.14816;

Auf Deutsch: www.spektrum.de/news/vaters-erbsuende/1258600

2007

Epigenetik und VererbungUnterschiedliche Effekte: Die Vererbung von epigenetischen Markern ist etwas anders als generationsübergreifende epigenetische Effekte.

Umweltreiz

Epigenetische Vererbung …

… oder generationsübergreifende epigenetische Effekte?

Umweltreiz

Chemische Veränderungen des Erbguts werden an nachfolgende Generationen vererbt.

Ein Umweltreiz wirkt direkt auf das Erbgut von drei Generationen.

Zum ersten Mal wird das Erbgut eines Individuums komplett sequenziert. Die Ehre fällt dabei auf James Watson, den Mitentdecker der Doppelhelix-struktur der DNA. Damit liegt der erste Code eines einzelnen Menschen vor.

US-amerikanischen Wissenschaftlern gelingt es nach eigenen Angaben, embryonale Stammzellen aus Rhesusaffen-Embryonen zu gewinnen und zu Herzmus-kel- und Nervenzellen auszudifferenzieren. Das Klonen von Affen dagegen misslingt.

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Meilensteine der Gentechnik

Die synthetische Biologie ist ein interdiszip-linärer und sehr dynamischer junger For-schungszweig im Grenzgebiet von Biologie, Molekularbiologie, Chemie, Ingenieurwissen-schaften, Biotechnologie und Informations-technik. Wissenschaftler der verschiedenen Disziplinen arbeiten dabei zusammen, um biologische Vorgänge im Labor nachzubil-den und so biologische Systeme mit neuen Eigenschaften und Funktionen zu konstruie-ren, die in der Natur in dieser Form bisher nicht vorkommen.

Impfstoffe, Medikamente oder Diagnostika, Biotreibstoffe und maßgeschneiderte Werk-stoffe – die Liste potenzieller Anwendungen der synthetischen Biologie ist lang. Künftig könnten beispielsweise Mikroorganismen gezielt im Labor hergestellt werden, die gifti-ge Abfälle unschädlich machen oder Kohlen-dioxid binden und Wasserstoff produzieren können. Auch der für die Malariabekämpfung erforderliche Wirkstoff Artemisinin lässt sich mit ihrer Hilfe in großen Mengen günstig her-stellen.

Synthetische Biologie: Leben aus dem Reagenzglas?

Systembiologie Zweig der Biowissenschaften mit dem Ziel, biologische Organismen in ihrer Gesamtheit – oft mithilfe von Computer-simulationen – zu erfassen und zu verstehen.

Synthetische BiologieZweig der Lebenswissenschaften mit dem Ziel, biologische Vorgänge im Labor nachzubilden und biologische Systeme umzukomponieren und so Systeme mit neuen Eigenschaften zu entwerfen.

Bausteine mit gewünschten EigenschaftenNatürlich kommt die synthetische Biologie nicht ohne Gentechnik aus, und letztendlich ist der Übergang zwischen beiden Gebieten fließend. Während man bei der Gentechnik natürlich vorkommende oder mutierte Nuklein-säuren einer Spezies in eine andere Spezies einbringt, will die synthetische Biologie künst-liche Systeme in Lebewesen integrieren.

2008Nach langem öffentlichem und politischem Streit verabschiedet der Bundestag das novellierte deutsche Stammzellgesetz. Es kommt den Wissenschaftlern entgegen, denn sie dürfen nun an etwa 500 Stammzelllinien forschen, die vor dem 1. Mai 2007 entwickelt worden sind.

Der erste Mensch mit einer erblichen Netzhaut erkrankung, der sogenannten Leberschen Kongenitalen Amaurose, wird gentherapeutisch behandelt. Als Genfähre dient ein Adeno-assoziierter Virus, der das Ersatzgen in die Netzhautzellen bringt.

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Als Basis dienen hinreichend charakterisier-te standardisierte genetische Elemente, so-genannte Biobricks. Diese Bausteine der synthetischen Biologie sind beispielsweise in dem Katalog „Registry of standard biological parts“ am Massachusetts Institute of Tech-nology (MIT) in Boston erfasst.

Lebensfähige Organismen aus dem LaborLebensfähige Bakterien mit künstlichem Erb-gut herzustellen gelingt der synthetischen Biologie seit dem Jahr 2010. Bei Eukaryoten, zu denen alle Pilze, Pflanzen und Tiere gehö-ren, ist dies weitaus schwieriger, denn ihre Erbinformation sitzt auf Chromosomen im

Zellkern. 2014 vermeldeten internationale For-scher einen weiteren Meilenstein im Bereich der synthetischen Biologie: Sie haben ein Chromosom der Bäckerhefe (Saccharomy-ces cerevisiae) künstlich nachgebaut, das Original in der Hefe ersetzt und die Funkti-onsfähigkeit der synthetischen Version nach-gewiesen.

Chancen und Risiken abwägenNoch liegt der Schwerpunkt der syntheti-schen Biologie in der Grundlagenforschung an Mikroorgansimen. Trotzdem oder gerade deswegen sind Überlegungen zu gesell-schaftlichen Chancen und Risiken sowie ethischen Fragen wichtig und richtig.

Thesenpapier der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (Dezember 2012): www.gentechnologiebericht.de/bilder/Kurzfassung_2012-11-19_PDF-Fassung-fuer-Webseite.pdf

Thesenpapier der Dechema zum Status der synthetischen Biologie in Deutschland: www.dechema.de/synbio/_/Synth_Bio_2011_NEU_3.pdf

Stellungnahme der DFG, Acatech und Leopoldina zur synthetischen Biologie: www.mpg.de/7423639/synthbio_stellungnahme.pdf

Deutscher Ethikrat zu Bedeutung der synthetischen Biologie für Wissenschaft und Gesellschaft: www.ethikrat.org/dateien/pdf/tagungsdokumentation-werkstatt-leben.pdf

2008 Auch der genetische Code der weiblichen Hälfte der Menschheit ist nun komplett entschlüsselt: Niederländische Forscher sequenzieren erstmals die DNA einer Frau, der klinischen Genetikerin Marjolein Kriek.

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Genomix | Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi 32

Meilensteine der Gentechnik

www.mpg.de/5188323/Optogenetik_Grundlagen_Anwendung?c=5732343&force_lang=de

www.spektrum.de/thema/optogenetik/1065164

Optogenetik ist eine Kombination genetischer und optischer Methoden, um mit Licht spe-zifische Ereignisse in Zielzellen, Geweben oder komplexen Lebewesen hervorzurufen. Dieser Technologiemix, dessen Anfänge aus dem Jahr 2004 stammen, erlaubt es For-schern, mit extremer Präzision die Aktivität von Nervenzellen zu kontrollieren.

Optogenetik: Licht als molekularer Schalter

Ein Beispiel für einen derartigen optogene-tischen Schalter ist das Channelrhodopsin. Dieses modifizierte Ionenkanal-Protein kann durch Licht aktiviert werden. Somit lassen sich Zellen durch Lichtimpulse gezielt anre-gen.

AktivierungAngeregt durch LichtLichtsensitive Kanalproteine können mit Licht aktiviert werden. Blaues Licht aktiviert Channelrhodopsin (ChR2) und gelbes Licht Natromonas pharaonis Halorhodopsin (NpHL) und die Nervenzelle wird entsprechend angeregt oder gehemmt.

HemmungChR2

(470 nm)

Na+ Ca2+CI-

K+H+

ChR2 ChR2

NpHR(589 nm)

NpHRNpHR

Arch(575 nm)

© V

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4-25

(20

11)

Start des 1.000-Genome-Projekts mit dem Ziel, das Erbgut von mindestens 1.000 einzelnen Menschen verschiedenster Herkunft zu sequenzieren und so Aufschluss über die genetischen Unterschiede zwischen den Populationen zu erhalten.

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Meilensteine der Gentechnik

Auch viele Arzneimittel – zum Beispiel Anti-biotika oder Impfstoffe – werden heute mittels Gentechnik hergestellt. Das bekannteste Beispiel ist das Hormon Insulin, ein Protein, das aus 51 Aminosäuren besteht und den Blutzuckerspiegel regelt. Es wird von der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert. Als Medikament wird es zur Behandlung von Diabetes (erhöhtem Blutzuckerspiegel) ver-wendet. Vor der Entdeckung des Insulins mussten Patienten mit dieser Stoffwechsel-störung eine strikte Diät einhalten, sonst gab es keine Therapiemöglichkeit. Sie magerten dennoch stark ab, wurden anfällig für Infek-tionen und starben in der Regel sehr früh.

Entdeckung des Insulins1921 isolierten die Kanadier Frederick Banting und Charles Best erstmals aus Bauchspei-cheldrüsen von Hunden eine Substanz, die bei den Tieren erhöhte Blutzuckerwerte senk-te. Diese Entdeckung des Insulins war der Auftakt zu einer medizinischen Erfolgsge-schichte. Ein Jahr später wurde Insulin erfolg-reich an einem Menschen erprobt: Es gelang Banting und Best, den Blutzuckerspiegel eines 14-jährigen an Diabetes erkrankten Jungen zu senken, indem sie ihm ein Sekret

aus der Bauchspeicheldrüse eines Rinds in-jizierten. Banting und Best erkannten aller-dings noch nicht, dass Insulin ein Protein ist.

Beginn der industriellen Produktion1923 begannen Chemiker der Farbwerke Hoechst, eines Vorgängerunternehmens von Sanofi, Insulin aus Bauchspeicheldrüsen von Rindern und Schweinen industriell zu gewin-nen. Bereits seit etwa 1910 hatten sich For-scher des Unternehmens – oft in Kooperati-onen mit Hochschulen – mit der Herstellung von Bauchspeicheldrüsenextrakten befasst. Die notwendigen Organe stammten aus den Schlachthöfen der Region, später aus Schlachtbetrieben in ganz Deutschland.

Im Lauf der Zeit gelang es, die Reinheit und damit die Qualität des Insulins stetig zu ver-bessern, aber ein wesentliches Problem blieb: Die Insuline von Rind und Schwein sind dem Humaninsulin zwar chemisch ähnlich, unterscheiden sich aber in einzelnen Amino-säuren. Die Immunsysteme vieler Patienten, die damit behandelt wurden, erkannten die tierischen Insuline als körperfremde Stoffe und setzten entsprechende Abwehrmecha-nismen in Gang.

Medikamente durch Gentechnik: Beispiel Insulin

2009 US-amerikanische Forscher heilen erstmals eine Form der Farben- blindheit bei Rhesusaffen mithilfe der Gentherapie. Im gleichen Jahr erproben deutsche und französische Forscher erstmals eine Gentherapie bei zwei Jungen, die an der Erbkrankheit Adrenoleu-kodystrophie (ALD) leiden. Ihre Symptome bessern sich.

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Genomix | Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi 34

Großtechnische Herstellung von HumaninsulinIn den 1970er Jahren gelang es Forschern der Farbwerke Hoechst, Schweineinsulin in Humaninsulin umzuwandeln. Dazu tauschten sie an einer bestimmten Stelle im Insulinmo-lekül die Aminosäure Alanin gegen Threonin aus. Damit war es ab 1983 erstmals möglich, ein mit dem humanen völlig identisches Insu-lin großtechnisch herzustellen. Die chemi-sche Totalsynthese von Insulin dagegen umfasst mehr als 200 Reaktionsschritte; die großtechnische Produktion auf diesem Weg war wegen der geringen Gesamtausbeute keine Alternative. Als es Wissenschaftlern seit Mitte der 1980er Jahre zudem möglich war,

Mensch

B-Kette

A-Kette

Schwein

Rind

Humaninsulin mithilfe gentechnisch verän-derter Mikroorganismen herzustellen, galt dies als Revolution in der Geschichte der Diabetesbehandlung: Endlich bestand die Aussicht, bei der Insulinproduktion nicht mehr auf tierische Organe angewiesen zu sein. Aufgrund langwieriger Genehmigungsverfah-ren dauerte es aber noch bis 1998, bis die Firma Hoechst, ebenfalls ein Vorläuferunter-nehmen von Sanofi, gentechnisch hergestell-tes Humaninsulin an Apotheken und Ärzte ausliefern durfte.

Maßgeschneiderte BakterienFür die gentechnische Produktion von Insulin schleusten Wissenschaftler ein Gen mit dem

InsulinMenschliches Insulin und einige tierische Insuline sind sich in ihrem chemischen Aufbau sehr ähnlich (siehe die schematische Darstellung rechts). Schweineinsulin unterscheidet sich in nur einer Aminosäure auf der B-Kette, Rinderinsulin in drei von 51 Aminosäuren (in Rot). Deshalb wurde früher Schweine- und Rinderinsu-lin zur Therapie von Diabetes eingesetzt. Heute kann Humaninsulin in ausreichender Menge biotechnisch hergestellt werden.

2010 Das HapMap Project veröffentlicht seine bisher umfangreichste Karte genetischer Unterschiede. Sie enthüllt unter anderem rasante Zunahmen einiger Sequenzvarianten als Anpassung an Lebensbedingungen und zeigt, dass die meisten Genveränderungen ihren Ursprung in Afrika, der Wiege der Menschheit, haben.

In Frankreich wird ein 18-jähriger Patient mit der Blutkrankheit Beta-Thalassämie erfolgreich mittels Gentherapie behandelt. Rund drei Jahre nach der Behandlung beginnt sich erstmals der Gehalt an roten Blutkörperchen in seinem Blut zu normalisieren.

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Transformation

Chromosom

E.-coli-Bakterium

Plasmid

PlasmidpBR322

β-Gal

EcoR I

AmprA ATTATG

TACTTAA

Proinsulin-Code (Gensequenz in Hellblau, schematisch) mit „sticky ends“

Rekombiniertes Plasmid

Proinsulin-cDNA

E.-coli-Bakterien werden zu InsulinproduzentenKlonierung des Proinsulin-Gens in E. coli (schematisch). Proinsulin ist ein Vorläufer-molekül des Insulins. Das hier verwendete Plasmid pBR322 wird mittels EcoR I geschnit ten, sodass die Proinsulin-Sequenz aufgrund der passenden „sticky ends“ mittels DNA-Ligase ins Plasmid eingefügt werden kann. Das Plasmid trägt neben dem Gen für β-Galaktosidase (β-Gal) auch ein Gen für die Resistenz gegen das Anti-biotikum Ampicillin (Ampr). Mit diesem Antibiotikum können daher E.-coli-Bakterien abgetötet werden, die dieses Plasmid nicht in sich tragen.

20122010In Deutschland regelt das Gendiagnostikgesetz genetische Untersuchungen bei Menschen und die Verwendung genetischer Proben und Daten.

In Deutschland regelt das Gesetz zur Zu- lassung der Präimplantationsdiagnostik (PräimpG), dass dieses Verfahren ausschließ-lich zur Vermeidung von schweren Erbkrank-heiten, Tot- oder Fehlgeburten zulässig ist.

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Genomix | Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi 36

Meilensteine der Gentechnik

Insulinbauplan für menschliches Insulin in das Erbgut eines bestimmten Stamms Escheri-chia-coli-Bakterien ein, der daraufhin eine Vorstufe des Hormons produzierte. Um sich zu vermehren, braucht dieser für Mensch und Umwelt unschädliche Bakterienstamm Nähr-stoffe, die in der Natur nicht vorkommen. Ohne diese Nährstoffe ist er nicht lebensfähig.

Die genetisch veränderten E.-coli-Bakterien, die die Vorstufe des Insulin-Gens tragen, werden bei tiefen Temperaturen gelagert, bevor sie dann in Fermenter (Tanks) mit einer speziellen Nährlösung eingebracht werden. Dort vermehren sie sich schnell und produzieren Präproinsulin. Es wird mit aufwendigen Methoden in Insulin umgewandelt.

Insulinkristalle unter dem Mikroskop

Die europäische Arzneimittelbehörde EMA erteilt dem ersten Gentherapie-präparat die Zulassung für den EU-Markt. Das Mittel „Glybera“ soll Patienten mit der erblichen Stoffwechselstörung Lipoprotein-Lipase-Defizienz helfen.

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Vom Labor in die ProduktionHaben sich die Bakterien nach zwei bis drei Tagen in den bis zu 40.000 Liter fassenden Produktionsbehältern (Fermentern) ausrei-chend vermehrt, ist „Erntezeit“. Die Zellwän-de der etwa sechs Tonnen Bakterien werden zerstört, und die Insulinvorstufe wird aus dem Gemisch aus Nährflüssigkeit und Bakterien-trümmern isoliert, in wirksames Insulin umge-wandelt und gereinigt. Was einfach klingt, ist in Wirklichkeit ein ausgeklügelter Prozess, der etwa 130 Einzelschritte umfasst.

AnzuchtFermentationInaktivierung

ZellisolierungZellaufschlussProteinisolierung des Fusionsproteins

Faltung des FusionsproteinsSpaltung des FusionsproteinsBasisreinigung

Chromatografische ReinigungChromatografische HochreinigungKristallisation und Gefriertrocknung

Insulin-Wirksto�produktion

Ca. 130 EinzelschritteCa. 50 bis 80 Tage

2012Die Ergebnisse des ENCODE-Projekts werden in mehreren Fachjournalen gleichzeitig veröffentlicht. Wenige Monate später vermelden auch die Forscher des 1.000-Genome-Projekts Erfolg. Sie haben das Genom von tausend Individuen verschiedener Herkunft entschlüsselt und eine umfassende Karte des Erbguts erstellt, die zeigt, an welchen Stellen sich Menschen verschiedener Völker unterscheiden.

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Genomix | Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi 38

Meilensteine der Gentechnik

Insuline mit unterschiedlicher WirkungDie Gentechnik brachte Diabetespatienten nicht nur Humaninsulin, sondern auch ver-schiedene Weiterentwicklungen des Hor-mons. Forscher von Sanofi tauschten einzel-ne Aminosäuren des Humaninsulins gezielt aus oder fügten neue hinzu. Auf diese Weise entstand zum Beispiel ein Insulinanalogon, das etwa 24 Stunden lang fast gleichmäßig wirkt. So kann die Grundversorgung mit Insu-lin bei Menschen mit Diabetes besser gere-gelt werden.

Die Erforschung der Ursachen und der Ent-stehung von Diabetes sowie die Suche nach neuen Diabetestherapien sind auch heute noch ein Forschungsschwerpunkt von Sanofi. Der Bedarf an neuen Therapien ist groß: Allein in Deutschland gibt es schätzungs-weise mehr als sechs Millionen Diabetiker, und ihre Zahl nimmt weiter zu.

Blick in einen Fermenter, in dem Bakterien mit der Bauanleitung für eine Insulinvorstufe wachsen.

2013 Start des „Human Brain Project (HBP)“. Über 80 Forschungs-institute aus Europa, den USA und Japan wollen innerhalb von zehn Jahren das menschliche Gehirn so gut wie möglich nachbilden.

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Meilensteine der Gentechnik

Als der deutsche Arzt und spätere Nobel-preisträger Emil von Behring 1891 entdeckte, dass man Diphtheriekranken mit einem aus dem Blutserum von Schafen gewonnenen Präparat das Leben retten kann, ahnte er nicht, dass dieses Präparat Antikörper ge-gen das Diphtherie-Toxin enthielt. Im Jahr 1970 fanden der deutsche Biologe Georges Köhler und der argentinische Chemiker César Milstein einen Weg, um ganz gezielt künstli-che, „baugleiche“ Antikörper zu produzie-ren  – sogenannte monoklonale Antikörper (mAb). Auch sie wurden für ihre Forschungen mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Weite-re 22 Jahre nach diesem Meilenstein gelang der medizinische und wirtschaftliche Durch-bruch dieser neuartigen Therapeutika mit der Zu-lassung eines monoklonalen Antikörpers gegen eine vergleichsweise häufige Krebs-art – das Non-Hodgkin-Lymphom. Monoklo-nale Antikörper haben heute eine herausra-gende Bedeutung, weil mit ihnen bei vielen Krankheiten, die vorher nicht oder kaum zu behandeln waren, therapeutisches Neuland betreten wurde.

Mächtige Waffe gegen KrankheitenAntikörper sind eine der mächtigsten Waffen, die der Körper gegen Krankheitserreger ein-

setzen kann. Sie erkennen körperfremde und gegebenenfalls auch geschädigte körperei-gene Strukturen als sogenannte Antigene, an denen sie sich festheften und sie so markie-ren. Andere Bestandteile der Immunabwehr können diese markierten Strukturen dann abbauen.

Zwei Äste – ein StammIn den meisten Fällen haben Antikörper-moleküle eine aus vier Polypeptidketten bestehende Y-förmige Struktur mit zwei Ästen und einem Stamm. An den Enden der Äste liegen die sogenannten Antigen-Bindungs-domänen (= fragment antigen binding, Fab),

Medikamente durch Gentechnik: Beispiel Antikörper

Antikörper ähneln vereinfacht dargestellt dem Buchstaben „Y“, wobei man die Antigene binden-den „Armspitzen“ – die sogenannten variablen Fab-Fragmente – vom „Fuß“ oder dem sogenannten konstanten Fc-Teil unterscheidet. Letzterer ist für die Bindung und Aktivierung der Zellen der angebore-nen Immunantwort verantwortlich.

2014Forscher haben ein Chromosom der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) künstlich nachgebaut, das Original in der Hefe ersetzt und die Funktions-fähigkeit der synthetischen Version nachgewiesen.

Fab-Fragmente

Fc-Teil

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Genomix | Das Gentechnik-Praktikum von Sanofi 40

Künstliche AntikörperFür die Forschung, aber auch die Krebsdiag-nostik und Krebstherapie verwendet man heute überwiegend künstliche, im Labor her-gestellte Antikörper. Erzeugt in der immer gleichen Qualität, können sie gezielt auf die Erkennung eines Merkmals hin produziert werden. Um monoklonale Antikörper in gro-ßem Maßstab herzustellen, wird das entspre-chende Gen samt Kontrollelementen und Selektionsmarkern in das Genom von tieri-schen Produktionszelllinien eingebaut und der Antikörper in Fermentern produziert.

die sehr spezifisch – nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip – Antigene binden können. Beide Fab-Regionen eines Antikörpermole-küls sind normalerweise identisch und bin-den dementsprechend das gleiche Antigen. Damit hat jeder Antikörper „seinen“ Krank-heitserreger. Am Antikörper stamm, dem Fc-Fragment, können Zellen und Moleküle des Immunsystems binden und so weitere Reak-tionen der körpereigenen Abwehr auslösen.

www.vfa-bio.de/vb-de/aktuelle-themen/vb-patienten/antikoerper-als-motor-medizinischer-innovationen.html

Die Arbeit der Fermenter in der Sanofi-Zellkulturanlage zur Herstellung therapeuti-scher Antikörper wird rund um die Uhr über-wacht. Zu sehen ist nur das obere Ende des 2.500-Liter-Fermenters, der weitaus größere Teil befindet sich im Stockwerk darunter.

Interaktiver Zeitstrahl zur Gentechnik (in englischer Sprache): www.dnai.org/timeline/index.html

Antigen-Antikörper-Reaktion

Antikörper

Antigen Antigen

Antikörper

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Material Anzahl CheckSteriles Wasser (W) 1 Röhrchen

Enzymmix (EcoR I/Pst I) (E) 1 Röhrchen (10 μl)

Reaktionspuffer (RP) 1 Röhrchen

Vergleichsstandard DNA (VS) 1 Röhrchen

Probe 1 DNA (P1) 1 Röhrchen

Probe 2 DNA (P2) 1 Röhrchen

Probe 3 DNA (P3) 1 Röhrchen

Probe 4 DNA (P4) 1 Röhrchen

Probe 5 DNA (P5) 1 Röhrchen

Eppendorf-Pipette (0,5 –10 μl) und dazugehörige Pipettenspitzen 1 Gestell

Farblich codierte Röhrchen: grün, blau, orange, violett, rot, gelb je 1

Folienstift 1

Abfallbehälter 1

Reaktionsgefäßständer 1 Gestell

Thermomixer 1

Zentrifuge 1

Einmalhandschuhe diverse Größen

Bitte beachten Sie zu Ihrer Sicherheit die fol-genden Hinweise. Lesen Sie sie Punkt für Punkt genau durch und handeln Sie genau nach den folgenden Arbeitsanweisungen. Das Team von Sanofi wünscht Ihnen gutes Gelingen.

• Vergewissern Sie sich, dass die auf ge-listeten Materialien an Ihrem Laborplatz vorhanden sind.

• Zur Arbeitssicherheit sind Einmalhandschu-he zu tragen.

• Bitte wechseln Sie nach jedem Pipettieren die Pipettenspitzen!

I. Arbeitsanleitung Restrik tionsverdau

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Arbeitsanleitung für das Gentechnik-Praktikum bei Sanofi 42

Durchführung

1. Kennzeichnen Sie die Röhrchen nach dem unten stehenden Schema.

Sie erhalten je eines der folgenden farbigen Röhrchen. Kennzeichnen Sie die sechs far-bigen Röhrchen wie folgt:

Grün VS [Vergleichsstandard]Blau P1 [Probe 1]Orange P2 [Probe 2]Violett P3 [Probe 3]Rot P4 [Probe 4]Gelb P5 [Probe 5]

Schreiben Sie Ihren Namen und die obigen Bezeichnungen auf die Röhrchen. Der Res-triktionsverdau wird in diesen Reaktionsge-fäßen (Röhrchen) durchgeführt. Bitte setzen Sie die Röhrchen in die entsprechenden Ständer ein.

2. Auf Ihrem Arbeitsplatz (Röhrchenständer) befinden sich drei durchsichtige Röhrchen mit: E = Enzymmix RP = Reaktionspuffer W = sterilem Wasser

3. Steriles Wasser Übertragen Sie jeweils 5 μl Wasser in jedes

der farbigen Röhrchen.

4. DNA-Proben Ebenfalls in Ihrem Röhrchenständer befin-

den sich die zu untersuchenden DNA-Proben. Übertragen Sie jeweils mithilfe einer neuen Pipettenspitze für jede Probe 5 Mikroliter (μl) der DNA (VS, P1–P5) in die von Ihnen entsprechend gekennzeichneten farbigen Röhrchen.

E RP W

P1 P2 P3 P4 P5VS

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Beobachtungen

I. Beschreiben Sie die Proben der DNA (physikalische Eigenschaften).

II. Gibt es einen wahrnehmbaren Unterschied zwischen den Proben der DNA?

III. Beschreiben Sie das Aussehen des Restriktions-Endonuklease-Mix.

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Arbeitsanleitung für das Gentechnik-Praktikum bei Sanofi 44

5. Je 5 μl Restriktionspuffer (RP) wird in jedes Röhrchen pipettiert. Bitte denken Sie daran, für jeden Pipettierschritt eine neue Spitze zu verwenden.

6. Je 5 μl Enzymmix (E) wird in jedes Röhr-chen pipettiert.

7. Alle Lösungen sollten auf den Boden der Röhrchen gelangen. Deshalb werden die Reaktionsgefäße verschlossen und kurz (etwa 2 Sekunden) zentrifugiert.

Jetzt enthalten die Röhrchen:

Person Steriles DNA-Probe Restriktionspuffer EcoR I/Pst I Gesamtes Wasser Enzymmix Reaktionsvolumen

Vergleichsstandard (VS) 5 μl 5 μl 5 μl 5 μl 20 μl

Probe 1 (P1) 5 μl 5 μl 5 μl 5 μl 20 μl

Probe 2 (P2) 5 μl 5 μl 5 μl 5 μl 20 μl

Probe 3 (P3) 5 μl 5 μl 5 μl 5 μl 20 μl

Probe 4 (P4) 5 μl 5 μl 5 μl 5 μl 20 μl

Probe 5 (P5) 5 μl 5 μl 5 μl 5 μl 20 μl

WICHTIG: Die Röhrchen müssen gleich-mäßig in dem Zentrifugenrotor verteilt wer-den!

8. Die Reaktionsgefäße werden nun im Ther-momixer bei 37 °C für 45 Minuten inkubiert (bebrütet).

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Aufgaben

I. Bitte beschreiben Sie, ob sich die Substanzen in den Röhrchen (nach dem Zusammen-pipettieren und vor dem Inkubieren) sichtbar verändert haben.

II. Wäre es – auch bei Fehlen eines sichtbaren Beweises – möglich, dass die DNA-Proben zerschnitten worden sind? Bitte erläutern Sie Ihre Überlegung.

III. Schildern Sie Ihre Beobachtungen nach Inkubieren der Röhrchen. Können Sie mit bloßem Auge Veränderungen erkennen? Begründen Sie Ihre Antwort.

Page 47: Genomix: die Broschüre zum Praktikum

Arbeitsanleitung für das Gentechnik-Praktikum bei Sanofi 46

II. Arbeitsanleitung ElektrophoreseBitte beachten Sie zu Ihrer Sicherheit die fol-genden Hinweise. Lesen Sie sie Punkt für Punkt genau durch und handeln Sie genau nach den folgenden Arbeitsanweisungen. Das Team von Sanofi wünscht Ihnen gutes Gelingen.

• Vergewissern Sie sich, dass die auf ge-listeten Materialien an Ihrem Laborplatz vorhanden sind.

• Zur Arbeitssicherheit sind Einmalhandschu-he zu tragen.

• Bitte wechseln Sie nach jedem Pipettieren die Pipettenspitzen!

Material Anzahl CheckInkubierte DNA-Proben und Vergleichsstandard 6

Loading Dye (LD) 1 Röhrchen

Längenstandard (λ Hind III / EcoR I) (M) 1 Röhrchen

Agarose-Gel 1

Elektrophoresekammer 1

Power Pac 300 (Netzgerät) 1

Einmalhandschuhe diverse Größen

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1. Die geschnittenen DNA-Proben werden aus dem Thermomixer entnommen.

2. 3 μl Loading Dye (LD) werden mit einer jeweils neuen Pipettenspitze zu allen Pro-ben pipettiert. Die Gefäße werden ver-schlossen und kurz zentrifugiert. Anschlie-ßend werden die Proben im Thermomixer gemischt (ca. 3 Sekunden).

DNA-Probe Loading Dye

Längenstandard

(λ Hind III/EcoR I) (M) 3 μl

Vergleichsstandard (VS) 3 μl

Probe 1 (P1) 3 μl

Probe 2 (P2) 3 μl

Probe 3 (P3) 3 μl

Probe 4 (P4) 3 μl

Probe 5 (P5) 3 μl

4. Der Deckel wird auf die Elektro pho rese-kammer gesetzt – dies ist nur in einer Rich-tung möglich; die roten und schwarzen Kabel müssen zu den roten und schwar-zen Elektroden der Elektrophoresekammer passen. Die Kabel stellen die Verbindung zum Netzgerät (Power Pac 300) her.

5. Schalten Sie die Stromversorgung am Netzgerät ein. Eine Spannung von 120 Volt wird eingestellt, die Laufzeit beträgt etwa 45 Minuten.

6. Am Ende der Trennung, erkennbar an der Laufweite des Farbmarkers „Loading Dye“, wird das Netzgerät ausgeschaltet und der Deckel der Kammer entfernt.

Achtung: Das Gel rutscht sehr schnell weg !

3. Aus jedem Reaktionsgefäß werden nun 3 μl mit jeweils einer neuen Pipettenspitze in je eine Tasche des Agarose-Gels pipettiert, und zwar nach folgendem Schema:

Spur 1 Längenstandard

(λ Hind III/EcoR I) (M)

Spur 2 Vergleichsstandard (VS) Grün

Spur 3 Probe 1 (P1) Blau

Spur 4 Probe 2 (P2) Orange

Spur 5 Probe 3 (P3) Violett

Spur 6 Probe 4 (P4) Rot

Spur 7 Probe 5 (P5) Gelb

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Arbeitsanleitung für das Gentechnik-Praktikum bei Sanofi 48

Aufgaben

I. Die Elektrophoresekammer erzeugt ein elektrisches Feld (positive und negative „Enden“ des Gels). Die DNA-Moleküle sind negativ geladen. Zu welcher Elektrode wandert die DNA in der Kammer? Erklären Sie bitte den Zusammenhang.

II. Welche Farbe der Elektroden kennzeichnet den negativen Pol?

III. Die DNA-Proben im Agarose-Gel sind elektrisch geladen. Nachdem eine äußere Spannung angelegt worden ist, bewegen sie sich zwangsläufig durch die Gelmatrix. Welches Größen-fragment (groß oder klein) wird sich im Gel am schnellsten bewegen? Erklären Sie.

IV. Welches Fragment (groß oder klein) wird den kürzesten Weg wandern? Erklären Sie.

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Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und machen Sie Vorschläge, wie Sie die Analyse Ihres Gels durchführen.

III. Arbeitsanleitung AnalyseBitte beachten Sie zu Ihrer Sicherheit die fol-genden Hinweise. Lesen Sie sie Punkt für Punkt genau durch und handeln Sie genau nach den folgenden Arbeitsanweisungen. Das Team von Sanofi wünscht Ihnen gutes Gelingen.

• Vergewissern Sie sich, dass die auf ge-listeten Materialien an Ihrem Laborplatz vorhanden sind.

• Zur Arbeitssicherheit sind Einmalhandschu-he zu tragen.

Material Anzahl CheckAgarose-Gel aus Versuch 1

SYBR®-Gold-Gebrauchslösung 1

Färbewanne 1

UV-Bank mit Abdeckung 1

Kamera 1

UV-Schutzschild 1

Einmalhandschuhe diverse Größen

Überlegung: Nachweis der DNA-Banden unter UV-Licht, Dokumentation und Interpretation

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Arbeitsanleitung für das Gentechnik-Praktikum bei Sanofi 50

M VS P1 P2 P3 P4 P5Die Zeichnung rechts stellt ein typisches DNA-Gel nach einer Elektrophorese dar.

Es gelten folgende Vorgaben:• Jede Tasche enthält eine andere DNA-

Probe (P1– P5).• Jede DNA-Probe wurde mit denselben Res-

triktionsenzymen behandelt.• Eine Tasche enthält eine DNA-Probe eines

Vergleichsstandards (VS).

Aufgaben

Bitte analysieren Sie die Banden im Gel in Bezug auf die nummerierten Taschen und lösen Sie die nachfolgenden Aufgaben.

I. Was stellen die Banden im Gel jeder Linie dar?

II. Wie viele Übereinstimmungen der DNA-Proben mit VS erkennen Sie?

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III. Was ist die Erklärung dafür, dass mehrere DNA-Banden für die einzelnen Proben entstehen?

IV. Nennen Sie die Taschen, in denen die Restriktionsenzyme die gleichen Schnittstellen haben.

V. Welche DNA-Probe hat das kleinste DNA-Fragment?

VI. Wie viele Schnittstellen für das eingesetzte Restriktionsenzym besitzt die Proben-DNA in Tasche 5 (P3)?

VII. Interpretieren Sie das Ergebnis der DNA-Auftrennung im dargestellten Agarose-Gel.

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Arbeitsanleitung für das Gentechnik-Praktikum bei Sanofi 52

Durchführung

Die folgenden Schritte werden für Sie von einem Betreuer durchgeführt.

1. Das Gel wird von der Elektrophorese in eine Färbewanne überführt und mit SYBR®-Gold-Gebrauchslösung vollständig bedeckt.

2. Nach einer Inkubationszeit von etwa 25 Minuten bei Raumtemperatur wird die Färbe lösung in ein Sammelgefäß abgegos-sen. Das Gel wird auf die UV-Bank gelegt. Schließen Sie den Kunststoffdeckel.

3. Schalten Sie die UV-Lampe an und be-trachten Sie das Gel. Sehen Sie nie mit ungeschützten Augen in die UV-Lampe!

4. Der Betreuer wird das Gel foto grafieren.

Auswertung:Tragen Sie bitte in nachfolgende Tabelle die entsprechenden Daten ein.

Distanzin mm

Probe 3

Größe inBasen-paarenBande

Distanzin mm

Distanzin mm

Größe inBasen-paaren

Größe inBasen-paaren

Distanzin mm

Probe 1Vergleichs-standard

Längenstandard(λ, Hind III) (M)

Größe inBasen-paaren

Distanzin mm

Probe 2

Größe inBasen-paaren

Distanzin mm

Probe 4

Größe inBasen-paaren

Distanzin mm

Probe 5

Größe inBasen-paaren

1

2

3

4

5

6

7 1375

8 947

21200

5150 +4970

4300

3500

2027 +1900

1584

Sanofi dankt den Schülern der Klasse 12 des Jahrgangs 2007 / 2008 vom Heinrich-von-Gagern-Gymnasium, Frankfurt am Main, für die Bereitschaft, sich als Fotomodelle für diese Broschüre zur Verfügung zu stellen.

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Abschlussanalyse

I. Was versuchten wir zu bestimmen? Gehen Sie wieder auf die zentrale Fragestellung ein.

II. Wie würde Ihr Gel aussehen, wenn die DNA nicht geschnitten worden wäre?

III. Was bestimmt, an welcher Stelle eine Restriktions-Endonuklease ein DNA-Molekül schneidet?

IV. Eine Restriktions-Endonuklease „schneidet“ zwei DNA-Moleküle an derselben Stelle. Was könnte bei den DNA-Molekülen dieser Stelle identisch sein?

V. Basierend auf der oben genannten Analyse: Können Sie Übereinstimmungen des Bandenmusters im Gel erkennen? Beschreiben Sie das Ergebnis.

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Impressum

Diese Broschüre ist eine Veröffentlichung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH.

Komplett überarbeitete Auflage 2015

„Genomix“ ist ein Förderprojekt von Sanofi.

Im Praktikum arbeitet Sanofi zusammen mit Provadis Partner für Bildung und Beratung.

Kontakt:[email protected]

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