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Klima-Wandel Eiskar Gletschermonitoring IRLAND Reicher grüner Westen Europas PROF. WAKONIGG Festveranstaltung zur Emeritierung FERNERKUNDUNG im städtischen Raum GRAZER MITTEILUNGEN DER GEOGRAPHIE UND RAUMFORSCHUNG 43 2008 GEOGRAZ

GeoGraz 43 - uni-graz.at

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Klima-WandelEiskar Gletschermonitoring

IRLANDReicher grüner Westen Europas

PROF. WAKONIGGFestveranstaltung zur Emeritierung

FERNERKUNDUNGim städtischen Raum

GRAZER MITTEILUNGEN DER GEOGRAPHIE UND RAUMFORSCHUNG

432008GeoGraz

Page 2: GeoGraz 43 - uni-graz.at

GeoGraz 43 - 2008 INHALT

SchWERPUNKt KLIMA-WANDEL

GerHArd u. GerHArd HoHeNwArTerEineinhalb Jahrzehnte Gletschermessungen im Eiskar 1992-2008Messergebnisse und ihre klimatologische Interpretation

S 6

KATHArINA KerNAktuelle Entwicklungen in der Fernerkundung urbaner Räume

IM tELESKOP

GerHArd K. LIebIrland

AUSSERDEM(S 17) (ex)-GeoGrazerin im Portrait: Cornelia Maier(S 23) Frisch geprüft: AbsolventInnen des Wintersemesters 07/08(S 23) Studieren aktuell(S 31) Vortragsreihe Geo-Kolloquium WS 2008 / 09(S 32) ernst Preininger: Head massage(S 35) Aktuelles aus der Grazer Geographie?(S 37) Neuerscheinungen

Inhalt

S 18

S 24

Herausgeber: Österreichische Geographische Gesellschaft, Zweigstelle Graz

Präses: O.Univ.Prof. Dr. Herwig Wakonigg, Institut für Geographie und Raumforschung der Universität Graz, Heinrichstraße 36, 8010 Graz

RedaktionAo.Univ.Prof. Mag. Dr. Gerhard Karl Lieb (Schriftleitung) ([email protected]), Mag. Sabine Schnepfleitner, Mag. Daniel Blažej

Satz/Layout:

Mag. Daniel Blažej ([email protected])

Institut für Geographie und Raumforschung der Karl-Franzens-Universität Graz, Heinrichstraße 36, A-8010 GrazTelefon: 0316/380/5135Fax: 0316/380/9886E-mail: [email protected]: http://www.uni-graz.at/geowww

Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Für Form und Inhalt der Beiträge sowie die Wahl geschlechtsneutraler Formulierungen sind die Autorinnen und Autoren der Beiträge verantwortlich.

GerHArd K. LIeb, FrIedrIcH M. ZIMMerMANNHerwig Wakonigg - Herzlichen Dank für vier Jahrzehnte zum Wohle der Grazer Geographie

S 4

THoMAS LANGKlimawandel als Chance für den Tourismus in Österreich

S 12

BEItRÄGE

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Page 3: GeoGraz 43 - uni-graz.at

Editorial

Dieser Ausgabe von GeoGraz – der zweiten im neuen Kon-zept und Design – ist als Motto eines der meistbenutzten Modewörter der Gegenwart vorangestellt, allerdings in

leicht veränderter Schreibweise: Klima-Wandel. Damit möchten wir zum Ausdruck bringen, dass dieses Heft nicht ein weiterer Sammelband über den Klimawandel sein will (obwohl gerade dieses Thema nach wie vor nichts von seiner Aktualität einge-büßt hat und noch vieles dazu zu sagen wäre). Der Klimawandel kommt aber doch ausgiebig zur Sprache, und zwar in zwei Beiträ-gen zur Klimawandel-Folgenforschung: Vater und Sohn Gerhard Hohenwarter berichten über eineinhalb Jahrzehnte Gletscher-Mo-nitoring im Eiskar, Österreichs südlichstem Gletscher, und Thomas Lang führt in sein Dissertationsprojekt zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den österreichischen Tourismus ein. Beide The-men und das Motto des Heftes haben einen besonderen Bezug zu Prof. Herwig Wakonigg, der mit 1.10.2008 emeritiert und dem wir am 16.10.2008 eine Festveranstaltung widmen: Er war es, der Klima(geographie) als Schwerpunkt an unserem Institut etabliert und erst im letzten Jahr ein rasch zum Standardwerk avanciertes Buch mit dem Titel „Klima im Wandel“ publiziert hat. Wie wir in einem kurzen Lebenslauf zeigen, war einer der Schwerpunkte seiner Tätigkeit die klimabezogene Gletscherforschung – auch im Eiskar. Der Schwerpunkt Klima wird unserem Institut auch nach der „Ära Wakonigg“ erhalten bleiben, die Emeritierung aber doch einen sehr tiefgreifenden Wandel darstellen.

Der Wandel bleibt dann auch das Leitmotiv in beinahe allen wei-teren Themen dieses Heftes. So beleuchtet Katharina Kern Aspekte

des methodischen Wandels in der Fernerkundung – mit diesem und dem schon erwähnten Beitrag über den österreichischen Tourismus beginnen wir übrigens eine neue, lose Folge von Beiträgen, in denen Dissertantinnen und Dissertanten unseres Instituts aus ihren persön-lichen Forschungsfeldern berichten. Zurück zum Wandel: Selbst unser diesmaliges „Teleskop“ portraitiert mit Irland einen Staat, der gerade-zu prototypisch für sozioökonomischen Wandel – in diesem Fall vom „Armenhaus“ zum „keltischen Tiger“ – in Europa steht. Ja sogar in die vielen (z. T. gar nicht so) kleinen Beiträge, die Sie sonst noch in dieser Ausgabe finden, zieht sich der Wandel hinein: Die Palette reicht von den Neuerungen im Studienbetrieb über die erfolgreiche Karriere einer Absolventin bis hin zu einem „Feature“, das das angespannte Umfeld beim jüngst vollzogenen politischen Machtwechsel in der ne-palischen Hauptstadt Kathmandu greifbar macht.

Fassen Sie all dies als Ausdruck der Dynamik unseres Faches auf, das sich nicht nur dem Klimawandel, sondern einem viel weiter gefassten „global change“ in permanenter Auseinandersetzung stets aufs Neue stellen muss und im gesellschaftlichen Auftrag, diese Veränderungen mitzugestalten, eine seiner großen Herausforderungen findet. Lassen Sie sich ein auf die Texte zu unserem Motto und/oder schmökern Sie einfach in den Neuigkeiten aus der „Grazer Geographie“ – und neh-men Sie die Lektüre zugleich als persönliche Einladung zum Festkol-loquium für Prof. Wakonigg (S. 5)! Im Namen des Redaktionsteams wünsche ich Ihnen eine informative und spannende Zeit sowie natür-lich auch viel Spaß beim Lesen dieses Heftes.

Gerhard Karl Lieb

Liebe Leserinnen und Leser!

EDITORIAL

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GeoGraz

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43 - 2008

Herwig Wakoniggherzlichen Dank für vier Jahrzehnte zum Wohle der Grazer Geographie

SCHWERPUNKT KLIMA-WANDEL

Mit 1.10.2008 emeritiert Univ. Prof. Herwig Wako-nigg nach 40 Jahren Tätigkeit an unserem Institut. Auch wenn das Verfahren zur Nachbesetzung der

dadurch frei werdenden Stelle einer Professorin/eines Profes-sors für Physische Geographie zufrieden stellend verlief und sich für Studierende keine unmittelbaren Nachteile für ihren Studienfortschritt ergeben, verursacht diese neue Situation doch eine große Lücke in der Lehre und in der Verwaltung. Wer soll ihn in der Lehre ersetzen? Seine legendären akribisch vorbereiteten Vorlesungen werden sehr fehlen, ebenso seine fundierten, konstruktiven Anmerkungen in den Seminaren und Privatissima. Und dasselbe gilt für seinen exakten Stil in der Verwaltung, worin ihm ebenso wie in Forschung und Lehre seine große Erfahrung zugute kommt. Gott sei Dank kommt er dem Institut ja nur in der Lehre „abhanden“ und wird uns weiter mit Rat (Verwaltung) und Tat (Forschung) zur Verfügung stehen. Wir möchten ihn jetzt schon um Ver-ständnis dafür bitten, dass wir ihn in Zukunft genauso oft mit unseren Fragen belästigen werden wie bisher.

Ein kurzer Rückblick auf Herwig Wakoniggs Leben und Werdegang soll helfen, seine Leistungen für das Institut an-gemessen zu würdigen. Er wurde am 17.7.1942 in St. Mar-garethen bei Knittelfeld geboren. Die Matura legte er am Gymnasium in Knittelfeld 1961 ab und studierte danach in Graz die Fächer Geographie und Geschichte, das Doktorat der Philosophie erwarb er 1967. Er war schon während des Studiums als wissenschaftliche Hilfskraft tätig und wurde 1968 am Geographischen Institut als Hochschulassistent angestellt. Durch seine Dissertation hatte er mit der Witte-rungsklimatologie ein innovatives Forschungsfeld nach Graz gebracht, wozu bald die Gletscherforschung trat – Grundlage hierfür waren die Gletschermessungen an der Pasterze, die er 1971-1990 leitete. Seine Habilitationsschrift „Witterung und Klima in der Steiermark“ erschien 1978. 1982 wurde er schließlich als Nachfolger seines Lehrers Herbert Paschinger auf jene Planstelle berufen, die er bis jetzt innehatte. Zumin-

dest also der der Zeitraum 1982-2008 wird als die „Ära Wako-nigg“ einen besonderen Stellenwert in den Annalen der Grazer Geographie einnehmen.

Prof. Wakonigg etablierte in Graz die Klimageographie als Schwerpunkt in Forschung und Lehre, was über viele Jahre auch in einer von ihm geleiteten „Abteilung für Klimageogra-phie“ an unserem Institut seinen Niederschlag fand. Zu seinen Verdiensten gehört jedoch genauso die ganzheitliche Sichtweise der Geographie, die sich vor allem in seiner weit über die Klima-geographie hinausgehenden Lehrtätigkeit, etwa in den Bereichen Gletscherkunde, Eiszeiten, Hydrogeographie und Vegetations-geographie, aber auch in den Geographischen Technologien (etwa Kartographie und Diagrammdarstellung) sowie seinen re-gionalgeographischen Schwerpunkten Alpenraum, Nordeuropa, Südeuropa und Atlantische Inseln widerspiegelt. Mit Nachdruck ist an dieser Stelle auch auf seine Leistungen als Curricula-Kom-missionsvorsitzender zu verweisen, wobei die entscheidenden Weichenstellungen für die Gestaltung der gegenwärtigen Studi-en an unserem Institut ganz deutlich seine Handschrift tragen – Umsicht, Sachkompetenz, akribische Sitzungsvorbereitung und Zeitmanagement waren dabei seine „Markenzeichen“.

Er ist nunmehr von den damit verbundenen Pflichten und der Last der Bewältigung eines Studienalltags mit rund 1000 Stu-dierenden befreit. Im Namen der Universität, der Fakultät, des Instituts und all jener Personen, die das Glück hatten, ein Stück des Weges gemeinsam mit ihm zu gehen, möchten wir einen Dank an einen Kollegen und lieben Freund aussprechen. Für die Zukunft wünschen wir uns, dass er uns weiterhin im obigen Sinn für freundschaftlichen Zusammenarbeit greifbar bleibt. Unserem Emeritus jedoch – und das ist natürlich viel wichtiger – wünschen wir, dass er nun mehr Zeit finden möge für seine Hobbies, etwa die exotischen Pflanzen in seinem „Palmenhaus“, für die Reisen, für Bergwanderungen ins Grazer Bergland und in die Seckauer Alpen sowie natürlich für seine Familie!

Gerhard K. Lieb, Friedrich M. Zimmermann

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SCHWERPUNKT KLIMAWANDEL

FestprogrammEin hoch zur Emeritierung

Prof. Herwig Wakonigg

1�.00 – 1�.10 Uhrbegrüßung und dank durch den dekan Werner Lenz

1�.10 -1�.�0 UhrLaudatio und dank an Prof. Herwig wakonigg Friedrich Zimmermann, Universität Graz 1�.�0 - 16.�0 UhrFestvortrag: regionalgeographie und „dritte Säule“Anmerkungen am beispiel ugandaMartin Seger, Universität Klagenfurt

16.�0 - 17.00 UhrKaffeepause

17.00 - 18.00 UhrFestvortrag: wie alt sind alpine Kulturlandschaften?Georg Miehe, Universität Marburg/Lahn

18.00 - 19.00 Uhrein launiger rückblick auf das Professorenleben Herwig Wakonigg

Anschließend: BuffetInstitut für Geographie und Raumforschung Heinrichstraße 36 A-8010 GrazHörsaal 11.03

Donnerstag16. Oktober 2008

Tel. : ++43 316 380-5137 Fax: ++43 316 380-9886 E-mail: [email protected]

Anmeldungen erbeten unter:

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GeoGraz 43 - 2008

1. Einführung

Hoch über dem Valentintal (westlich vom Plöckenpass, Karnische Alpen) liegt ziemlich versteckt in einer Mulde der Eis-kargletscher. Er ist der südlichste Glet-scher Österreichs, der einzige in den Kar-nischen Alpen und wird halbkreisförmig umrahmt vom gewaltigen Felsmassiv der Oberen Kellerwand (2774 m), über welche die Staatsgrenze zu Italien verläuft. Der Eiskargletscher weist gegenwärtig (2008) eine Gesamtfläche von ca. 16 ha auf und wird zum Typus eines Lawinengletschers gezählt. Ein rund 30m hoher Moränen-wall begrenzt seinen nordöstlichen Rand, in seinem westlichen Abschnitt endet der Gletscher in einer schön ausgebildeten Gletscherzunge in nur 2115 m Seehöhe. Die besonderen Gunstmomente für die Existenz des Gletschers in derartig nied-riger Seehöhe bilden neben der starken Be-schattung durch die südlich des Gletschers rund 400 m hoch aufragenden Felswände noch die hohen Niederschlagsmengen in fester Form und vor allem die häufigen Lawinenabgänge. Der auf dem Eisfeld abgelagerte verdichtete Lawinenschnee schmilzt im Sommer relativ langsam ab und trägt dadurch wesentlich zur Konser-vierung des Eises bei.

2. Rückblick

Seit dem Ende des 19. Jhs. werden in den österreichischen Alpen Gletschermes-sungen durchgeführt. Auch der Eiskar-gletscher in den Karnischen Alpen wurde bereits 1897 vom italienischen Geografen O. Marinelli aufgesucht, wobei dieser damals den gesamten Gletscher kartierte und 3 Messmarken zur Ermittlung der

Längenänderung anlegte. Das Verhal-ten des Gletschers wurde in der Zeit von 1897 bis 1992 von 6 verschiedenen Per-sonen in unregelmäßigen Zeitabschnitten beobachtet und dokumentiert. Nach O. Marinelli führten die Nachmessungen A. Desio und R. v. Srbik durch. Von 1950 bis 1992 wurden die Messungen von Lehrenden der Universität Graz (H. Pa-schinger, H. Wakonigg, G. K. Lieb) vorgenommen. Auf Anregung von H. Wakonigg und nach Einführung in die Messtätigkeit durch G. K. Lieb führt G. Hohenwarter sen. im Auftrag des Ös-terreichischen Alpenvereins die Nachmes-sungen seit nunmehr 16 Jahren durch.

Zu deN AuToreN

Eineinhalb Jahrzehnte Gletschermessungen im Eiskar 1992-2008Messergebnisse und ihre klimatologische Interpretation Selbst unter südösterreichischen Geographinnen und Geographen gehört es keineswegs zum allgemeinen wissens-stand, dass es in den Karnischen Alpen überhaupt einen Gletscher gibt. In der Tat ist er sehr klein und wird nicht zuletzt wegen seiner unzugänglichkeit leicht übersehen. Gerade Kleingletscher in geographischen extrempositionen wie im eiskar finden jedoch unter dem Aspekt des Klimawandels in der jüngeren Forschung verstärkt beachtung. dieser Artikel dokumentiert und erläutert die jüngsten Veränderungen an Österreichs südlichstem Gletscher.

GerHArd & GerHArd HoHeNwArTer

Gerhard Hohenwarter, Jahrgang 1948, studierte Geographie und Geschichte in Graz und unterrichtet seit 1974 in einem Villacher Gymnasium. Im Auftrag des Österreichischen Alpen-vereins vermisst er seit 1992 jährlich den Eiskargletscher. Sein Sohn Gerhard Hohenwarter jun., Jahrgang 1982, studierte Meteorologie in Wien, wo er seit 2008 in der Klimaabteilung der ZAMG beschäftigt ist. Seine Diplomarbeit beschäftigte sich mit der Region um das Eiskar.

Abb. 1: Längenänderung (in Metern) des Eiskargletschers 1897-2008 bei der Marke MO I bzw. H02

SCHWERPUNKT KLIMA-WANDEL

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2.1 Längenänderung des Eiskargletschers 1897 bis 2008

Da die 1992 angelegte Messmarke H92 (heute H02) genau in Messrichtung der al-ten Marke MO I aus dem Jahre 1897 liegt, kann an dieser Stelle unter Hinzurech-nung der alten Werte der Rückzugsbetrag des Gletschers seit 1897 recht genau nach-vollzogen werden (Abb. 1). Zwischen 1897 und 1900 stieß der Gletscher um 7 m vor, bei der Messung im Jahre 1920 entsprach die Ausdehnung des Gletschers jener von 1900. Danach zog sich der Eiskargletscher kontinuierlich zurück, nur bei der Nach-messung 1978 wurde ein Vorstoß von 7,2 m seit 1971 registriert. Seit 1978 befindet sich der Gletscher ununterbrochen im Rückzug, insgesamt ging er seit 1897 um

91 m zurück, davon allein seit 1978 um 57 m. Die Eismächtigkeit nahm seit 1897 um ca. 40 m ab (Hohenwarter 2002: 131f.)

2.2 Überblick über das Gletscherverhalten 1992 bis 2008

2.2.1 Längenänderung

Die Längenänderung steht im Mittel-punkt des Interesses bei der Gletscher-messung, weil sie die am einfachsten quantifizierbare Größe des Gletscherver-

haltens darstellt. In Abb. 2 ist die Längen-änderung des Eiskargletschers seit 1992 jeweils nach Einzeljahren (Balken) und als Summenkurve eingetragen. Insgesamt zog sich der Gletscher seit 1992 im Mittel aller Messmarken um 42,1 m zurück, das

entspricht einem jährlichen durchschnitt-lichen Rückzugswert von 2,6 m. Wie aus Abb. 2 ersichtlich ist, kann man jedoch für den dargestellten Zeitraum nicht un-bedingt einen klaren, durchgehend gleich starken Rückzugstrend erkennen. Wäh-rend der letzten 16 Jahre gab es 3 sehr gletscherfreundliche Jahre (2001, 2004, 2008), in denen die Schneebedeckung – u. a. bedingt durch winterliche Lawinenab-gänge – im September noch so mächtig war, dass die Messmarken bzw. der Eis-rand nur zum Teil ausfindig gemacht wer-den konnten; das Gletscherverhalten war während dieser 3 Jahre als stationär zu bezeichnen. Diesen standen jedoch viele gletscherabträgliche Jahre gegenüber, vor allem 2003 und von 2005 bis 2007, in de-nen der Gletscher insgesamt um 22,4 m an Länge abnahm.

2.2.2 Änderung der Eismächtigkeit und der Fließgeschwindigkeit

Das Einsinken der Gletscheroberfläche konnte nicht exakt gemessen werden, je-doch lässt sich die Abschätzung treffen, dass der Gletscher seit 1992 rund 15 m an Höhe einbüßte. Diese Aussage wurde durch Messungen am Wandfuß, weiters an den zwei „Felsfenstern“ und an einer am rechten Rand der Gletscherzunge ausapernden Felswand bekräftigt, wobei

Abb. 2: Längenänderung (in Metern) des Eiskargletschers 1992-2008 (Mittel aller Messmarken)

Abb 1: Blick auf den Eiskargletscher, aufgenommen von Norden aus einer Höhe 2450m am 24.8.2007. Links im Bild

der östliche Gletscherlappen, in der Mitte der Eisscheitel, rechts die Gletscherzunge. Auffallend der deutlich ausgeprägte postglazial-neuzeitliche Moränenwall

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GeoGraz 43 - 2008

die schuttbedeckten Gletscherabschnitte weniger, die Blankeisbereiche stärker ein-sanken.Auffallend für den Zeitraum der letzten 16 Jahre ist auch die deutliche Verringe-rung der Fließgeschwindigkeit. Bewegte sich der Gletscher zu Beginn der 1990er Jahre noch mit rund 2 m pro Jahr, so ging dieser Wert während der letzten Beobach-tungsjahre auf einen Betrag von einigen Dezimetern pro Jahr zurück. Zwischen 1995 und 2000 konnten an einer Steinrei-he genaue Bewegungswerte ermittelt wer-den, jedoch mussten die Messungen an der Steinreihe wieder aufgegeben werden, weil durch sommerliche Sturzbäche die neu ge-setzten Steine immer wieder weggespült wurden. Seit 2003 wird die Eisbewegung anhand eines im Bereich des Eisscheitels am Gletscher liegenden Felsblocks gemes-sen. Zwischen 2006 und 2007 bewegte sich der Gletscher an dieser Stelle um 0,3 m.

2.2.� Veränderungen im Aussehen des Gletschers

Von großer Bedeutung sind die physio-gnomischen Veränderungen am Eiskar-gletscher. Besonders auffallend ist die starke Zunahme der Schuttbedeckung, hervorgerufen sowohl durch Steinschlag, Felsstürze und Muren, die aus der Fels-umrahmung der Kellerwand auf den Gletscher niedergehen, als auch durch das Ausapern der Innenmoräne. Diese Schutt-zunahme nimmt vor allem im Bereich der Gletscherzunge starke Ausmaße an und erschwert hier und auch an anderen Glet-scherabschnitten nicht nur das Erkennen des Eisrandes, sondern auch die Fortbewe-

gung auf dem Gletscher außerordentlich.Eine weitere starke Veränderung im Aus-sehen des Gletschers bewirkte das Ausa-pern von zwei „Felsfenstern“, beginnend in den Jahren 1993 bzw. 2003, wobei das Felsfenster von 2003 in der Zwischenzeit den Ansatz der Gletscherzunge bis auf eine Breite von 21,6 m einengt (Stand: September 2008). Für die nächsten Jah-re ist an dieser Stelle das Abtrennen der Gletscherzunge vom restlichen Eiskörper zu erwarten; durch diesen Vorgang wird sich die gesamte Fläche des Eiskarglet-schers etwa um ein Viertel verkleinern.

2.2.4 Das haushaltsjahr 2007/08

Das Gletscherjahr 2007/08 begann deut-lich zu trocken, ehe ein kräftiges Adriatief um den 24.11.2007 bis zu 2 m Neuschnee brachte. Nach einem sehr trockenen De-zember wuchs die Schneedecke im Jänner und Feber wieder leicht an. Entscheidend in diesen beiden Monaten war das Aus-bleiben von Nordwinden, wodurch der Schnee im Kar liegen blieb und nicht aus der Karmulde verfrachtet wurde. Der April brachte bei durchschnittlichen Tempera-turen wiederholt Schneefall von mäßiger Intensität. Der Mai begann sehr trocken und erst um die Monatsmitte kam es im Zuge eines mächtigen Tiefdruckwirbels im obersten Gletscherteil nochmals zu 20-40 cm Neuschnee. In der letzten Mai-dekade transportierte eine kräftige SW-Strömung Saharastaub in den Alpenraum und sorgte für die erste Hitzewelle im Jahr 2008. Ende Mai war der Gletscher noch komplett schneebedeckt und hinterließ im Vergleich zu den letzten Jahren einen

guten Eindruck. Der Juni begann kühl und feucht und am 13.6.2008 schneite es nochmals 5-10 cm. In der zweiten Ju-nihälfte sorgte eine zweite Hitzewelle für starke Schneeschmelze im Eiskar. Juli und August verliefen warm und feucht, weitere Hitzeperioden blieben aber aus. Einzelne Kaltluftvorstöße sorgen zwar für Abküh-lung, es kam aber zu keinen Schneefällen. Mitte August waren die schuttbedeckten Eisteile schneefrei, die Blankeisflächen sowie die Gletscherzunge waren noch fast durchgehend mit Altschnee bedeckt.Bei der Messung am 6.9.2008 lag über-durchschnittlich viel Altschnee am Glet-scher und Blankeis trat nur an wenigen Stellen zu Tage. Von den 8 Messmar-ken waren lediglich 2 schneefrei und der Rückgang an diesen beiden Marken be-trug im Mittel -0,3 m. Bei den übrigen Messstellen war der Gletscher noch mit sehr kompaktem Lawinenschnee bedeckt. Damit ist das Verhalten des Eiskars im Haushaltsjahr 2007/08 im Bezug auf die Längenänderung als stationär zu bezeich-nen. Am 14.9.2008 sorgte ein Italientief für den ersten leichten Schneefall in der angehenden Akkumulationsperiode.

�. Das Klima im Eiskar

Das methodische Problem für eine Be-schreibung der Klimaverhältnisse im Eis-kar ist das Fehlen von Wetterstationen. Um Aussagen über die relevante Schnee-höhe oder Niederschlagsmenge zu gewin-nen, ist man auf die weit entfernten Sta-tionen Nassfeld (1530 m) und Dobratsch (2140 m) angewiesen, allein die allerdings tief gelegene Station Plöckenhaus (1232

Abb. 2: Der östliche und mittlere Abschnitt des Eiskargletschers, aufgenommen vom Standpunkt Grüne Nase (2189 m) am 12.9.1981 (li.) und am 6.9.2008 (re.)

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m) liegt mit 4 km Distanz dem Eiskar re-lativ nahe (Hohenwarter 2008: 21 f.).

�.1 Niederschlagsverhältnisse im Eiskar

Das Eiskar liegt in einer der niederschlags-reichsten Regionen Österreichs. Durch-schnittlich fallen an der Station Plöcken-haus (1232 m) etwa 1850 mm Niederschlag pro Jahr. Nur im Bregenzer Wald sowie im Salzkammergut werden ähnlich hohe oder noch höhere Jahresniederschlagsmengen gemessen. Die Karnischen Alpen, das an-grenzende Gailtal sowie bestimmte Ab-schnitte der Karawanken weisen aber als einzige Region in Österreich herbstliche Niederschlagsmaxima auf (Wakonigg 1968, 222). Bei der Station Plöckenhaus fällt fast 1/3 des durchschnittlichen Jah-resniederschlags in den Monaten Oktober und November. Im November wurden an dieser Station in der Periode 1990-2007 fast 300 mm gemessen, im Oktober sind es immerhin noch 264 mm. Aber gerade die herbstlichen Niederschläge weisen eine große Variabilität auf. So liegt die Span-ne im Oktober zwischen 0 mm (1995) und 828 mm (1993), im November sogar zwischen 15,3 mm (2006) und 1097 mm (2002). Dieser Messwert aus dem Novem-ber 2002 stellt die größte in Österreich jemals innerhalb eines Monats gemessene Niederschlagsmenge dar.Die Monate Dezember, Jänner, Feber und März sind südlich des Alpenhaupt-kamms mit meist unter 100 mm deutlich niederschlagsärmer als in den Nordalpen. Einzelne Genuatiefs können aber für be-achtliche Neuschneemengen sorgen. So stammt der offizielle Neuschneerekord in-nerhalb von 24 h in Österreich – mit 170 cm am 31.1.1986 – aus Sillian in Osttirol aus der weiteren Nachbarschaft des Eiskars (ZAMG 2008). Im Frühjahr und Sommer sind die Niederschlagsverhältnisse in den Karnischen Alpen mit jenen in den Stau-gebieten der Nordalpen zu vergleichen. Die durchschnittlichen Monatsnieder-schlagssummen von April bis September liegen zwischen 140 und 250 mm.Wie groß sind aber die Niederschlagsmen-gen im Eiskar selbst? Eine Möglichkeit die Niederschlagsmenge im Eiskar abzuschät-zen besteht darin den Gradienten, welcher zwischen Kötschach-Mauthen und dem Plöckenhaus auftritt (~90 mm/100 Hö-henmeter) bis zur Seehöhe des Eiskars wei-terzuführen. Mit dieser Methode kommt

man im Eiskar (~2250 m) auf einen Jah-resniederschlag von 2790 mm. Die zweite Variante besteht darin die Niederschlags-menge aus den Daten der Station Plöcken-haus über die Kreps-Formel (Nsred = Ns – Hm/2 bzw. Ns Eiskar = Ns Plöckenred + 2250/2) zu berechnen. Dadurch würde man im Eiskar einen Jahresniederschlag von fast 2400 mm erhalten. Die 2790 mm sind wohl als obere Grenze zu sehen, in Wahrheit dürften sich die Werte zwischen 2200 und 2500 mm bewegen.

�.2 temperaturverhältnisse im Eiskar

Die jährliche Durchschnittstempera-tur auf dem Dobratsch (Villacher Alpe) liegt im Schnitt (1971-2000) bei +0,5°C. Der durchschnittlich wärmste Monat ist der August (8,7°C), der absolut höchste durchschnittliche Monatswert stammt – wie nicht anders zu erwarten – aus dem August 2003. Damals betrug die mittle-re Temperatur am Dobratsch beachtliche 12,9°C. Am Dobratsch weisen insgesamt 6 Monate (November bis April) ein nega-tives Monatsmittel auf (Tab. 1). Für das Eiskar kann man recht ähnliche Monats-mittel annehmen, wobei durch die etwas höhere (~2250 m) sowie schattige Lage die Temperaturen im Mittel um etwa 1 K un-ter jenen der Tab. 1 liegen dürften.Schon an dieser Temperaturverteilung lässt sich erkennen, dass besonders in den Übergangsjahreszeiten Abweichungen von den Mitteltemperaturen große Auswir-kungen auf den Gletscher haben können. So kann z.B. ein zu milder April zu einer

tab. �: Niederschlagsmonatsmittel [mm] (1990-2007, oben) an der Messstelle Plöckenhaus [Amt der Kärntner Landesregierung, 2008] und Durchschnittstemperatur am Dobratsch (1992-2007, unten) [ZAMG, 2008]

frühzeitigen Ablationsphase führen oder ein überdurchschnittlich warmer Oktober die Ausbildung einer Schneedecke verzö-gern.

�.� Das Klima am Eiskargletscher seit 1992

Die globale Erwärmung und die damit verbundenen klimatologischen Verände-rungen treffen auch das Eiskar. Durch seine geringe Höhenlage „leidet“ der Glet-scher besonders unter den steigenden Tem-peraturen. Vergleicht man die Klimanor-

malperioden 1961-1990 und 1971-2000, so kann man feststellen, dass die Jahres-durchschnittstemperatur am Dobratsch von 0,3°C auf 0,5°C gestiegen ist, wobei im glazialen Winterhalbjahr (Oktober-April) die Erwärmung mit +0,35 K etwas kräftiger als im Sommerhalbjahr ausge-fallen ist. Die größten positiven Abwei-chungen treten in den Monaten Dezember und Jänner (jeweils +0,6 K) die größten negativen Abweichungen in den Monaten September und Oktober (jeweils -0,4 K) auf. In weiterer Folge wird bei den Aus-führungen, falls nicht anders erwähnt, auf die Periode 1971-2000 Bezug genommen.Geht man nun aber einen Schritt weiter und erstellt ein 15-jähriges Mittel (1992-2007), dann zeigen sich deutlich größere Temperaturabweichungen. Die durch-schnittliche Jahrestemperatur auf dem Dobratsch steigt in diesem Zeitraum be-reits auf 0,9°C. Nun wendet sich auch das Blatt im Bezug auf die für die Erwärmung hauptverantwortlichen Monate. Waren es im Vergleich der Klimanormalperioden

Jän Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jahr

Mittel 71-00 -6,1 -6,6 -4,8 -2,3 2,6 6,0 8,6 8,7 5,5 2,0 -2,8 -5,0 0,5

Mittel 92-07 -5,4 -5,9 -4,3 -1,4 4,0 7,5 9,2 9,4 5,1 2,5 -2,7 -5,1 0,9

Mittel 98-07 -5,8 -6,2 -4,0 -1,0 4,2 8,1 9,3 9,3 5,3 2,8 -2,6 -5,2 1,0

Abw 92-07 0,6 0,5 0,6 0,9 1,4 1,5 0,6 0,7 -0,4 0,5 0,1 -0,1 0,4

Abw 98-07 0,3 0,4 0,9 1,3 1,6 2,1 0,7 0,6 -0,2 0,8 0,2 -0,2 0,7tab. 2: Monatsmitteltemperatur am Dobratsch (1971-2000) [ZAMG, 2008]

Jän Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

[°C] -6,1 -6,6 -4,8 -2,3 2,6 6,0 8,6 8,7 5,5 2,0 -2,8 -5,0

tab. 1: Monatsmitteltemperatur am Dobratsch (1971-2000) [ZAMG, 2008]

Jän Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jahr

Mittel 90-07 71,3 37,5 93,3 144,4 146,5 212,8 173,4 179,4 185,8 264,8 297,9 106,4 1905,6

Mittel 92-07 -5,4 -5,9 -4,3 -1,4 4,0 7,5 9,2 9,4 5,1 2,5 -2,7 -5,1 0,9

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noch die Wintermonate, welche die größ-ten positiven Abweichungen aufgewiesen haben, so sind es nun die Monate April, Mai und Juni, welche Anomalien von bis zu +1,5 K (Juni) zum langjährigen Mittel aufweisen. Die Wintermonate zeichnen sich in diesem Fall durch ihre geringe positive Veränderung aus. Der Dezember (-0,1 K) ist neben dem September (-0,4 K) der einzige Monat, der eine leicht ne-gative Temperaturentwicklung aufweist. Richtet man den Fokus auf die letzten 10 Jahre (1998-2007), so ändert sich das durch die Mittelung der Jahre 1992-2007 entstandene Bild nur mehr in seinen Ex-tremwerten. Die Monate April, Mai und Juni bringen es im Mittel auf positive Ab-weichungen von bis zu 2,1 K (Juni), vgl. Tab. 2.Beim Niederschlag spielt für das Eiskar besonders der Anteil des festen Nieder-schlages eine Rolle. Für die weiteren Aus-führungen werden die Daten der Station Plöckenhaus herangezogen: Aus Tab. 3 kann man leicht erkennen, wann im Eiskar mit Niederschlag in fester Form gerechnet werden kann. Während die Monate Mai bis Oktober positive Monatsmitteltempe-raturen aufweisen (meist Regen), liegen die Temperaturen von November bis April unter dem Gefrierpunkt (überwiegend Schnee). Der Oktober spielt in diesem Fall eine sehr wichtige Rolle. Einerseits liegt das Monatsmittel der Temperatur noch knapp im positiven Bereich, andererseits erreicht der Oktober die zweithöchste Monatsniederschlagssumme. Somit ge-winnt jedes Niederschlagsereignis stark an Bedeutung, da es sich sowohl um Regen als auch um Schnee handeln kann.

Gerade die herbstlichen Niederschlags-mengen unterliegen aber einer großen Schwankungsbreite. Ein klarer Trend zu geringen Herbstniederschlägen lässt sich jedoch nicht ablesen. Es zeigt sich aber, dass in den letzten 10 Jahren nur 2000 sowie 2003 in beiden Monaten (Oktober und November) annähernd durchschnitt-liche bzw. überdurchschnittliche Nie-derschlagsmengen gefallen sind. In allen anderen Jahren zwischen 1998 und 2007 war zumindest einer der beiden Monate deutlich zu niederschlagsarm. 2005 bis 2007 sind jeweils beide Monate unter den durchschnittlichen Niederschlagsmengen geblieben, was in den letzten 18 Jahren sonst nicht vorgekommen ist. Der Nieder-schlag in den Sommermonaten (Juli und August) fällt im Eiskar fast ausschließ-lich als Regen. Wenn es aber doch einmal schneit, handelt es sich nur um geringe Neuschneemengen bis max. 20 cm. Am Dobratsch wird nur etwa alle 1-2 Jah-re im Juli bzw. August ein Tag mit einer Schneedecke registriert. Auch im Juni und September fällt das Gros der Niederschlä-ge in flüssiger Form. Der Mai kann so-wohl noch ergiebige Schneefälle bringen als auch überwiegend Regen.

�.4 Einfluss von temperatur und Niederschlag auf das Eiskar

Das Eiskar reagiert, wie bereits beschrie-ben, durch seine geringe Höhenlage sehr rasch auf Klimaveränderungen. Die stei-genden Temperaturen der letzten Jahre haben diesem kleinen Gletscher stark zu schaffen gemacht. Worin liegen nun die Ursachen, ob es sich um ein für das Eis-

kar ungünstiges oder günstiges Jahr han-delt? Was zeichnet die Jahre 2000/01 und 2003/04 aus, in welchen es zu keinem Rückzug gekommen ist?Die beiden Hauptfaktoren sind:• Das herbstliche Niederschlagsmaxi-

mum und die mit diesem einhergehende Temperatur

• Die mittlere Temperatur in den Mona-ten April, Mai und Juni

Das herbstliche Niederschlagsmaximum bringt im Eiskar oftmals die ersten ergie-bigen Schneefälle. Darauf folgender Regen durchfeuchtet die Schneeschicht und sorgt für teils große Lawinenabgänge aus der Oberen Kellerwand in die Karmulde des Gletschers. Durch ein Wechselspiel von feuchter und trockener sowie von milder und kalter Luft wird der Schnee im Eiskar stark verfestigt. Dieser kompakte Herbst-schnee bildet in weiterer Folge die Rückla-ge für die warmen Sommermonate.Der Frühling zählt in den meisten Glet-scherregionen noch zur Akkumulations-phase. Im Eiskar endet diese meist Anfang bis Mitte Mai; von da an überwiegt der flüssige Niederschlag deutlich den festen. Durch die geringe Höhenlage kann aber auch schon der April einen Beginn der Ablationsperiode einleiten. Fallen der Mai und Juni deutlich zu mild aus, so wird ein Großteil der winterlichen Schneerück-lagen bereits in diesen beiden Monaten aufgezehrt. Im Sommer stehen dem Glet-scher dann keine Schneereserven mehr zur Verfügung.Die Menge der Winterniederschläge sowie die Durchschnittstemperaturen von De-zember bis März wie auch die Sommer-temperaturen und -niederschläge spielen

Abb. �: Blick über den Eisscheitel gegen den Karhintergrund, links am 12.9.1981, rechts am 6.9. 2008. Der im linken Bild sichtbare, am Eis liegende Felsblock diente bis 1995 zur Ermittlung der Fließgeschwindigkeit.

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bei der Jahresbilanz des Eiskars eine un-tergeordnete Rolle.Anhand der Klimadaten der letzten 15 Jahre kann man diese These sehr gut an den beiden folgenden Beispielen überprü-fen.1995/96: Der Oktober verlief nieder-schlagsfrei und um 4,2 K gegenüber der Periode 1971-2000 zu warm. Der Novem-ber war etwas zu kühl, brachte aber bei der Station Plöckenhaus 43 mm Niederschlag, was nur etwa 15% des Durchschnittswertes darstellt. Durch das komplette Fehlen des herbstlichen Niederschlagsmaximums lag zu Beginn des Dezembers 1995 fast kein Schnee am Gletscher. Die Monate Dezem-ber bis Feber verliefen kühl und durchwegs feucht. Auf einen kalten und trockenen März folgten 3 deutlich übertemperierte Monate (im Schnitt +1,3 K). Die geringe winterliche Schneeauflage konnte somit bereits in diesen 3 Monaten weitestgehend abgebaut werden. Juli und August bleiben zwar etwas zu kühl, sorgten aber dennoch für das fast komplette Abschmelzen der Altschneereste.2003/04: Der Oktober verlief deutlich zu kalt und brachte bei leicht unternormalen Niederschlagsmengen wiederholt Schnee, der zu Monatsende durch starken Regen durchfeuchtet wurde. Anfang November betrug die Schneehöhe im Eiskar rund 80 cm. Der November war zwar deutlich zu mild, das Gros der leicht übernormalen Niederschlagsmenge fiel aber in fester Form. Der kompakte Oktoberschnee wur-de durch Lawinen weiter verfestigt. Somit sorgten die beiden Herbstmonate für eine überaus kompakte Schneedecke, welche bis Mitte April bei durchschnittlichen Tem-peratur- und Niederschlagsverhältnissen weiter anwuchs. Mit einer Abweichung von -1,4 K war der Mai 2004 der kälte-ste innerhalb der letzten 15 Jahre (1992-2007). Wiederholt kam es zu Schneefäl-len, welche zu Monatsbeginn nochmals knapp 80 cm Neuschnee brachten. Ende Mai betrug die Schneehöhe am Gletscher teilweise deutlich über 10 m! Im feuchten und etwas zu milden Juni fiel nur mehr an einem Tag Schnee. Juli, August und September blieben annähernd im lang-jährigen Mittel. Am Ende des Haushalts-jahres 2003/04 waren 65% des Gletschers mit Altschnee bedeckt, die restlichen 35% mit Schutt – Blankeis trat an keiner Stelle zu Tage.

QueLLeNVerZeIcHNISAmt der Kärntner Landesregierung,

Abteilung Wasserwirtschaft, 2008: Übermittlung verschiedener Nieder-schlagsdaten.

Hohenwarter, G., 2002: Neun Jahre Gletscherbeobachtung und Glet-schermessung am Eiskargletscher in den Karnischen Alpen 1992-2001. In: Grazer Schriften der Geographie und Raumforschung, Band 38 (Wakonigg-Festschrift), 131- 142.

Hohenwarter, G.: Jährliche Messbe-richte über den Eiskargletscher von 1992 bis 2008. Unpublizierte Berichte, Villach

Hohenwarter, G. jun., 2008: Absinken der Schneefallgrenze im Gailtal durch den Entzug von Schmelzwärme. Unpu-bl. Diplomarbeit, Universität Wien.

Wakonigg, H., 1968: Der Anteil der verschiedenen Wetterlagen am herbst-lichen Niederschlagsmaximum im Gailtal. In: Mitteilungen der Österrei-chischen Geografischen Gesellschaft, Band 110, 203- 223.

ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik), 2008: http://www.zamg.ac.at (Zugriff 6.9.2008)

�.� Zusammenschau

Die Auswertung der letzten 15 Jahre ver-deutlicht: Ein feuchter Herbst mit reich-lich Schneefall sowie ein kühles Frühjahr stellen die Grundlage für ein günstiges Gletscherjahr dar (1996/97, 2000/01 und 2003/04). Ein trockener Herbst sowie ein milder Frühling sorgen hingegen für ein schlechtes Gletscherjahr (1995/96 und 2004/05).Bei der Auswertung der Temperaturdaten der letzten 15 Jahre (1992-2007) zeigt sich ein ganz klarer Trend. Gerade die für das Eiskar so wichtigen Monate April, Mai und Juni weisen eine deutlich positive Temperaturabweichung zum langjährigen Mittel (1971-2000) auf. Der Juni war in den letzten 10 Jahren im Schnitt um 2,1 K zu warm! In den letzten 15 Jahren gab es nur ein Jahr (1995), in welchem der Juni kühler als im langjährigen Schnitt verlief. Der wärmste Juni wurde mit einer Abwei-chung von +5,6 K 2003 registriert. Ein ähnliches Bild zeigt sich für den Mai. Die Sommertemperaturen spielen im Eiskar nur eine untergeordnete Rolle (Ausnah-me Extremjahre), da durch die geringe Höhenlage Kaltlufteinbrüche selten für Schneefall oder Frost sorgen.Im Bezug auf die Niederschläge stellen der Oktober und November die wich-tigsten Monate im Gletscherhaushaltsjahr des Eiskars dar. Fehlende Schneefälle im Herbst bzw. Frühwinter können durch die geringen Niederschlagsmengen im Hoch-winter nicht mehr aufgeholt werden. Die Novemberniederschläge der letzten 15 Jahre blieben aber in fast 2/3 der Fälle un-ter 100 mm und somit deutlich unternor-mal. Die Winterniederschläge sind in den letzten 15 Jahren meist gering (Ausnahme 2001 oder 2008) geblieben, wodurch die Herbst- bzw.- Frühjahrsschneefälle noch-mals an Bedeutung gewonnen haben.

4. Ausblick

Das Eiskar wird mit großer Sicherheit in den kommenden Jahren verstärkt an Mas-se verlieren. Schon in absehbarer Zukunft muss man damit rechnen, dass die Zun-ge vom restlichen Gletscher abreißen und rasch abschmelzen wird. Gegenwärtig dürfte der Gletscher an den mächtigsten Stellen noch bis zu 40 m dick sein. Die großflächige Schuttbedeckung sorgt zwar im Moment für einen „tristen“ Anblick des

Eiskars, konserviert aber das Gletschereis. Durch das Ausapern von Felsschwellen dürfte der Gletscher in Zukunft in Rest-eisfelder zerfallen, welche aber im Schat-ten der Kellerwand noch mehrere Jahr-zehnte überdauern könnten.Ein positiveres Szenario, das zumindest den jetzigen Rückzugsprozess nicht be-schleunigen würde, könnte durch den von Klimaforschern prognostizierte Anstieg der winterlichen Niederschläge hervor-gerufen werden. Vermehrte Schneefälle zwischen November und April bzw. da-zwischen auftretende Regenfälle könnten zu einer überaus kompakten Schneedecke im Eiskar führen, welche die zwar hei-ßen, aber trockenen Sommer überstehen könnte. Ob sich dieses Zukunftsszenario aber wirklich einstellen wird, bleibt abzu-warten.

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Klimawandel als chance für den tourismus in Österreich„Alle gängigen Klimamodelle gehen von einem Temperaturanstieg von zwei Grad celsius bis zum Jahr 2050 aus, für den Alpenraum werden sogar vier Grad mehr prognostiziert – wintersport ade!“, sagte Prof. Hans elsasser von der universität Zürich anlässlich der Tagung „Managing Alpine Futures“ im oktober 2007 in Innsbruck. diese Aussage wird u. a. durch das von Forschern des Austrian research center veröffentlichte Prognosemodell für den Klimawandel in Österreich untermauert. erstmalig wurden hierbei die Auswirkungen der globalen Klimaänderung auf Österreich und speziell den Alpenraum in einem eigenen Prognosemodell erforscht.

THoMAS LANG

1. Grundlegende Gedanken

Ein Anstieg der Anzahl an heißen Tagen, mit einer starken Verlängerung des „Som-mers“ in den Herbst, und eine Reduktion von Frosttagen sind die Kernaussagen der Prognose (Kwiss, 2008). Für Österreich würde das bedeuten, dass 2050 ledig-lich 22 Prozent der aktuellen Skigebiete betriebswirtschaftlich geführt werden könnten, was zu einem Umdenken in der touristischen Nutzung des Alpenraumes führen muss. „Österreich ist nicht nur eine Topdestination im Winter“, dies sollte die Kernaussage sein, wenn es darum geht den Tourismus in Österreich in eine neue Richtung zu führen. Österreich mit seinen Seen, Kulturgütern und seinem Anteil an den Alpen waren, sind und sollen auch in Zukunft einen Reiz auf Reisende aus aller Welt, aber auch auf österreichische Erho-lungssuchende ausüben. Global gesehen wird der Tourismus ein wachsender Markt bleiben. Damit auch Österreich in Zukunft konkurrenzfähig in diesem Markt bleibt, müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Grund genug, um sich im Rahmen eines Forschungsprojektes intensiv mit der Zu-kunft Österreichs als Tourismusland unter geänderten klimatischen Voraussetzungen auseinanderzusetzen.

2. tourismus in Österreich heute

Österreich ist, bedingt durch einen starken Wintertourismus und durch seine große Attraktivität der Sommermonate (Stich-worte Wandern, Seen, Kulturgüter, Städ-tetourismus), weltweit gesehen eine der Topdestinationen für Reisende. Diese Stel-lung muss durch die vor sich gehende Kli-maänderung nicht zwangsläufig bedroht sein. Eine gezielte Klimafolgenforschung mit Schwerpunkt auf die Veränderungen

des Freizeitverhaltens der Menschen soll alternative touristische Nutzungsformen des Alpenraumes aufzeigen.Wenn man Österreich innerhalb Europas als touristische Destination vergleichen möchte, so sind die Ergebnisse der EU-ROSTAT hilfreich, sie enthalten jedoch keine Daten über Privatquartiere. Der ös-terreichische Marktanteil am europäischen Tourismus (Nächtigungen in Hotels u. ä. Betrieben) betrug im Jahr 2006 5,1%; so-mit liegt Österreich hinter Spanien, das mit 17,5% Marktanteil an der Spitze liegt, Italien, Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich an sechster Stel-le. Die nachfolgenden Tourismuszahlen sollen die aktuelle Situation bzw. Ent-wicklung der letzten Jahre im Tourismus Österreichs kurz beschreiben (BMWA 2008).

2.1 Die Kapazität

Die Kapazität der Beherbergungsbetriebe wird seitens der Statistik Austria einmal jährlich zum Stichtag 31.5. in den rund 1.600 Berichtsgemeinden erhoben, und zwar die Anzahl der Betriebe verschiedener Unterkunftsarten sowie deren Bettenzahl. 2007 waren in Österreich ca. 68.500 Be-herbergungsbetriebe (exkl. Campingplät-ze) und 1,08 Mio. Betten gemeldet. Die Anzahl der Betriebe sank im Vergleich zum Stichtag 2006 um -0,7%, die Betten-kapazitäten nahm um +1,0% zu.Auffällig ist, dass die Anzahl der Betten in 5-/4-Stern-Betrieben österreichweit um 1,4% (2006: +4,0%) anstieg, wobei alle Bundesländer ausgenommen Burgenland und Niederösterreich einen Anstieg auf-wiesen. Die Entwicklung der Privatquar-tiere ist hingegen mit -4,7% rückläufig. Auch Hotels der 2-/1-Stern-Kategorie mussten bezüglich der Bettenanzahl Ein-

bußen von -1,4% hinnehmen. Dies zeigt eine deutliche Entwicklung in Richtung Qualitätssteigerung bei den Beherber-gungsbetrieben (Österreich Werbung 2008).

2.2 Ankünfte und Nächtigungen

2007 erreichte die Zahl der Ankünfte mit ca. 31 Mio. einen Höchststand, die Zu-wachsrate betrug +3,3%. Die Inlandsan-künfte (+5%) sind überdurchschnittlich stark gestiegen. Dies ist einerseits auf die Attraktivität Österreichs als Naherho-lungsdestination, andererseits aber auch auf finanzielle Überlegungen der Urlau-ber zurückzuführen. Die Ankünfte von ausländischen Gästen konnten um +2,5% gesteigert werden. Der stärkste Markt Deutschland schaffte ein schwaches Plus von +0,5% (ca. +53.000 Ankünfte).Mit ca. 121 Mio. Nächtigungen und einem Zuwachs von +1,7% stieg die Nächti-gungsentwicklung das dritte Jahr in Folge und schloss damit an die bisherigen Ma-ximalwerte Ende der 1980er Jahre an. Die Inlandsnächtigungen wiesen mit knapp 33 Mio. einen Spitzenwert auf (+2,7%), aber auch die Nächtigungen von ausländischen Gästen stiegen um 1,3% auf ca. 88 Mio. Rumänien, Russland, Litauen, Island, Bul-garien und die Arabischen Länder wiesen dabei die höchsten relativen Zuwachsraten (mehr als +20%) bei Ankünften und Näch-tigungen auf. Weitere Märkte mit zwei-stelligen Zuwächsen relativ gesehen bei Ankünften und Nächtigungen sind Kroa-tien, Lettland, Polen, Portugal, Slowakei, Korea, Tschechien, Ukraine, Zypern. Die-se Märkte sollen auch in Zukunft weiter Steigerungen erfahren und dementspre-chend umworben werden (Österreich Werbung 2008).

Klimawandel als chance für den tourismus in Österreich

ZuM AuTorThomas Lang ist seit Herbst 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter an unserem Institut. Während seines Diplomstudiums spezialisierte er sich auf Kartographie, sein Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit dem hier vorgestellten Themenbereich.

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Die Anzahl der Wintergäste in Österreich erreichte 2007/08 eine neue Höchstmarke von 15,2 Mio., das entspricht einem Zu-wachs von +7,8% (ca. 1 Mio.) Gästen. Die Nächtigungen erreichten im Winter 07/08 erstmals die 60 Mio.-Marke: 63,3 Mio. Nächtigungen bedeuten einen Zuwachs von +6,6% (ca. 3,9 Mio.) gegenüber der letzten Wintersaison (Österreich Wer-bung 2008).Die Sommersaison 2007 weist seit 2003 erstmals wieder einen Anstieg bei den Nächtigungszahlen auf und erreichte mit ca. 61 Mio. Übernachtungen ein Plus von +3,3% zum Vorjahreszeitraum. Die Zuwächse bei inländischen (+3,9%) wie ausländischen Gästenächtigungen (+3%) zeigen eine in etwa gleiche Entwicklung (Österreich Werbung 2008). Aus den Zah-len geht hervor, dass die Verteilung auf die Winter- und Sommersaison bei den Näch-tigungen sehr ausgeglichen ist, wobei man die regional unterschiedlichen Tourismus-ausrichtungen nicht vergessen darf.

2.� Auslastung und Aufenthaltsdauer

Interessant wird es, wenn man die Auslastung ansieht, da diese Zahlen erst die Wirtschaftlichkeit der einzel-nen Kategorien im Bereich Beherber-

gung zeigen. In der vergangenen Winter-saison 06/07 sank die Bettenauslastung auf 33,2% (-0,5% gegenüber Winter 05/06). In 5-/4-Stern-Betrieben stieg jedoch die Auslastung um +0,8 Prozentpunkte auf 50,8%, in 3-Stern-Betrieben fiel die Aus-lastung um -1% auf 34,9%. In der Som-mersaison 2007 stieg die Auslastung im Vergleich zu 2006 von 28,9% auf 29,6%. Die Bettenauslastung in den Betrieben der 5-/4-Stern-Kategorie nahm um +1,7% auf 53,4% zu, ebenso jene in den Betrieben der 3-Stern-Kategorie (+1,4% auf 35,9) und in den 2-/1-Stern-Hotels (+1,2% auf 21,9%) (Österreich Werbung 2008). Bei der durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist der Trend der letzten Jahre weiterhin zu beobachten: Die Reisenden kommen vermehrt zu kürzeren Aufenthalten nach Österreich, wodurch die durchschnittliche Aufenthaltsdauer weiterhin und zwar auf 3,9 Tage sank.

Fazit:

Weiterer Ausbau des qualitativ hochwertigen Angebotes im Beherbergungsbereich als Chan-ce. Der einheimische Gast und die Reisenden der neuen EU-Staaten als Wachstumsmarkt. Ausbau des Sommerangebotes um die Einbu-ßen der Wintersaison auszugleichen.

�. Das Klima ändert sich

Die Analyse langer meteorologischer Reihen zeigt neben stets auftretenden Schwankungen deutliche Änderungen in den letzten Jahrzehnten:• Die Temperaturzunahme im letzten

Jahrhundert ist die stärkste in 1000 Jah-ren, die letzte Dekade ist die wärmste des Jahrhunderts.

• In mittleren und hohen Breiten der Nordhemisphäre nimmt der Nieder-schlag – vor allem durch Starknieder-schläge – zu, in tropischen Gebieten ab.

• Mit wenigen Ausnahmen gehen Glet-scher und Vereisung zurück.

• Der Meeresspiegel ist im letzten Jahr-hundert um 10 bis 20 cm gestiegen, und der Anstieg scheint sich zu beschleuni-gen.

• Klimatische und witterungsbedingte Extremereignisse treten häufiger und intensiver auf.

�.1 Global Betrachtungsweise

Viele physikalische und biologische Sy-steme sind durch den anthropogenen Ein-fluss an der globalen Erwärmung während der letzten 30 Jahre bereits heute spürbar beeinflusst. Wie beinahe alle gewonnenen Datensätze verschiedenster Standorte do-

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kumentieren, sind die Auswirkungen der Klimaänderung bereits eingetreten oder entwickeln sich den Prognosen entspre-chend. Natürliche Systeme haben bereits auf Klimaänderungen – insbesondere auf die gestiegene Temperatur – reagiert, wie Beobachtungsdaten aller Kontinente und Ozeane zeigen, z.B.:• Physikalische Gesichtspunkte: - Globale Eisschmelze führt zur Ver-

größerung und zu mehr Gletscherseen (Risiko: Gletscherwasserausbrüche)

- Böden werden durch das Auftauen von Permafrost instabiler (Risiko: Felsstürze in Gebirgen)

- Der Oberflächenabfluss, in zahlreichen Gletscher- und Schnee-gespeisten Flüssen nimmt zu (Risiko: Hochwasser-gefahr im Frühjahr)

• Biologische Gesichtspunkte: - Frühlingsereignisse (Blattentfaltung,

Vogelzug, Eiablage) treten früher ein- die Verbreitungsgebiete von Pflanzen-

und Tierarten verschieben sich global polwärts und regional in größere Höhen

- die arktische und antarktische Flora und Fauna ändert sich (Risiko: Störungen in der Nahrungskette)

Regionale Temperaturerhöhungen haben sich ebenfalls bereits auf bewirtschaftete und menschliche Systeme ausgewirkt:

• Land- und Forstwirtschaft: Geänderte Bewirtschaftungsmaßnahmen in hohen Breiten der Nordhemisphäre

• Gesundheit: Erhöhte Sterblichkeit in Europa und Asien während länger andauernder Hitzewellen, verändertes Vorkommen von Krankheitsüberträgern (Stechmücken, Zecken) sowie verstärkte allergene Pollenbelastung in den hohen und mittleren Breiten der Nordhemi-sphäre.

• Menschliche Aktivitäten: In den tieferen Lagen alpiner Gebirge ist der Wintersport nachteilig beeinflusst. (IPCC 2007)

�.2 Europa

Weitreichende Auswirkungen der jetzigen Klimaänderung werden auch in Europa festgestellt, wie Gletscherschmelze, Ver-längerung der Vegetationsperiode, Ver-schiebung von Verbreitungsgebieten so-wie gesundheitliche Folgen von starken Hitzewellen. Die Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass nahezu alle euro-päischen Regionen negativ durch einige künftige Klimafolgen beeinträchtigt sind. Dies stellt alle Wirtschaftsbereiche und so auch den Tourismus vor neue Herausfor-derungen.

• Für Nordeuropa bringt der Klimawan-del auch einige Vorteile: verminderter Heizbedarf, steigende Ernteerträge, verstärktes Waldwachstum. Bei weiterer Klimaänderung werden jedoch die nega-tiven Auswirkungen der Klimaänderung (vermehrt winterliche Hochwässer, gefährdete Ökosysteme, Bodenerosion) die so gewonnenen Vorteile überwiegen.

• In Mittel- und Osteuropa wird gerin-gerer Sommerniederschlag zu Wasser-mangel führen (negative Effekte für Land- u. Forstwirtschaft), Hitzewellen erhöhen die Gesundheitsrisiken.

• In Südeuropa verschlimmert die Kli-maänderung die heutigen Bedingungen (höhere Temperaturen und Dürren, Risiko: Gesundheitliche Risiken durch Hitzewellen, mehr Flächenbrände, geringere Wasserverfügbarkeit sowie geringere Ernteerträge). (IPCC 2007)

�.� Alpenraum

Der Klimawandel wird die Raumentwick-lung im Alpenraum und wirtschaftliche Schlüsselsektoren wie Tourismus, Land- und Forstwirtschaft vor enorme Heraus-forderungen stellen. Der Alpenraum ist durch den Klimawandel vor allem einer zunehmenden Einwirkung von Naturge-

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fahren auf Siedlungen und Infrastruktur sowie steigenden Verlusten im Wintertou-rismus durch Schneemangel ausgesetzt. Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf den Alpenraum sind Tatsachen. Der Anstieg der Durchschnittstemperaturen, wie ihn Modelle von vor zehn Jahren vor-hergesagt haben, ist laut Beobachtungen in der Realität stärker ausgefallen. Für den Alpenraum ist dabei zu beachten, dass die Auswirkungen des Klimawandels klein-räumig sehr stark variieren können, Art und Dynamik des Wandels sind also von Region zu Region sehr unterschiedlich.Die abnehmende Schneesicherheit wird für viele Regionen, die sich auf Wintertou-rismus spezialisiert haben, eine große He-rausforderung darstellen. An-dere Regionen werden hinge-gen aufgrund ihrer höheren Lage und der damit verbun-denen Schnee-sicherheit von den „Verlierern“ profitieren. Da-bei sind natür-lich auch die Aspekte der k ü n s t l i c h e n Beschneiungs-möglichkeiten, ihrer Investi-tionskosten und der dadurch erreichten Schneesicherheit zu beachten. In vielen Gebieten mit bereits bestehenden Be-schneiungsanlagen wird die Bedrohung durch den Klimawandel negiert, da man nun mit moderner Technik ohnehin die Wintersaison besser absichern kann, und nicht mehr auf den Schneefall als atmo-sphärischen Niederschlag angewiesen ist (ClimChAlp 2008).

Fazit: Regionale Unterschiede der Klimaänderung und deren Auswirkungen für den Alpenraum sind die Grundlage für weitere Forschung.

4. Konkrete Fragestellungen zur Klimafolgenforschung in Bezug auf den tourismus in Österreich

1. Welche Auswirkungen hat die Kli-maänderung auf den Tourismus im Alpenraum? (Zeitschritte 2020 und 2050)

2. Inwieweit und mit welchen potenti-ellen Folgen sind der Sommer- und Wintertourismus in Österreich von der Klimaänderung betroffen?

3. Welche Anpassungen des touristischen Angebotes müssen in Österreich vorgenommen werden, um auch in den nächsten Jahrzehnten konkurrenzfähig zu bleiben?

4. Welche alternativen Marketingstra-tegien müssen verfolgt werden, um Österreich in Zukunft für Reisende interessant zu erhalten oder sogar inte-ressanter zu machen?

5. Wie kann eine Vernetzung aller regi-onalen Institutionen aussehen um eine Weiterentwicklung von Wirtschaft, Tourismus und Verkehrswesen zu erreichen? – Regionalentwicklung als Motor für den Tourismus. (Becken, Hay 2007)

�. Ziele der Klimafolgenforschung für den tourismus in Österreich

Die Klimaänderung ist bereits Reali-tät und wird nicht abrupt zum Stillstand kommen. Es ist daher naheliegend, Ad-aptionsmaßnahmen zu ergreifen, um

den Wintertourismus den geänderten Schneeverhältnissen und das Angebot im Sommer dem Reiseverhalten einer länger werdenden Sommertourismus-Periode anzupassen. Da nicht exakt vorhergesagt werden kann, wie das zukünftige Klima tatsächlich beschaffen sein wird, ist eine ganz entscheidende Forderung an alle Ad-aptionsmaßnahmen eine hohe Flexibilität der Systeme zu gewährleisten.

ZIEL 1: Auswertung der erhobenen Kli-madaten und Prognosemodelle, um die Folgen für den Winter- bzw. Sommer-tourismus in Österreich zu erforschen. Für Aussagen über Adaptionsmaßnahmen muss zuerst geklärt werden, wie sich die

zukünftigen klimatischen Bedingungen, insbesondere die Schneeverhältnisse, aber auch die Veränderungen in den Sommermonaten, ent-wickeln werden. In einem ersten Schritt wird deshalb untersucht, wie schneesicher österreichische Skigebiete unter veränderten klima-tischen Bedingungen sind, und inwieweit die Zunahme der heißen Tage in Österrei-ch und die Verlängerung der Sommertourismus-Periode Einfluss auf das Reisever-halten der Touristen nimmt.

ZIEL 2: Anpassungspro-zesse im Bereich der touristischen Nach-frage im Winter. Anhand einer schrift-lichen Befragung von Winterurlaubern wird geklärt, wie diese eine Klimaände-rung wahrnehmen und wie sie darauf re-agieren würden. So wird eruiert, welche Anforderungen ein Skigebiet bei einer Klimaänderung aus Sicht der Skifahrer er-füllen müsste um auch in Zukunft als Ur-laubsdestination interessant zu sein bzw. welche Alternativszenarien möglich sind.

ZIEL 3: Anpassungsprozesse im Bereich der touristischen Nachfrage im Sommer. Anhand einer schriftlichen Befragung von Reiseunternehmen (Reisbüros, Veran-stalter, Tourismusverbände) wird geklärt, welche neuen Wünsche und Vorstellungen ihre Kunden haben, wenn es darum geht im Sommer Urlaub in Österreich zu ma-

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QueLLeNVerZeIcHNISBecken, S., Hay, J.E., 2007: Tourism and

Climate Change – Risks and Opportuni-ties. – Channel View Publications.

BMWA (hrsg.), 2008: Tourismus in Öster-reich 2007 – Ein Überblick in Zahlen. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Sektion Tourismus und Histo-rische Objekte, http://www.statistik.at/web_de/static/tourismus_in_oesterrei-ch_2007_bmwa_wko_stat_031155.pdf, August 2008

ClimChAlp, 2008: ClimChAlp – Com-mon Strategic Paper, www.climchalp.org, August 2008

IPCC (Hrsg.), 2007: IPCC Assessment Report, Working Group II – Summary for Policymakers Climate Change 2007: Climate Change Impacts, Adaptation and Vulnerability.

Kwiss, 2008: Kwiss-Programme – reclip:more - research for climate protection, August 2008: http://systemsresearch.arcs.ac.at/SE/projects/reclip/

Österreich Werbung, 2008: http://www.austriatourism.com/xxl/_site/int-de/_area/465219/_subArea/465248/markt-daten.html August 2008:

Veal, A. J., 2006: Research Methods for Leisure and Tourism – A Practical Gui-de, Pearson Education Limited.

chen (Aktivurlaub, Erholung, Wellness etc.). Berücksichtigung finden auch Fra-gen der internationalen Konkurrenz, etwa bei einer übermäßigen Erwärmung in den Mittelmeerländern und ein damit verbun-dener Attraktivitätsverlust im Sommer.

ZIEL 4: Adaptionsmaßnahmen für den Tourismus in Österreich werden mit Zu-grundelegung der Ergebnisse der Be-fragung mittels multivariater Analysen erstellt(VEAL 2006).

ZIEL 5: Das bestehende touristische An-gebot in Österreich. Eine Erhebung der touristischen Angebote in Österreich, so-wohl Winter als auch Sommer, führt zu einem Gesamtüberblick in Katalogform, um empirische Befunde als Planungs-grundlage für innovative Strategien und Maßnahmen zu erhalten.

ZIEL 6: Zusammenfassung und Bewer-tung der Einflussfaktoren für ein tou-ristisches Systemmodell, gewonnen aus case-studies (national und international), qualitativen Methoden (Workshops mit Entscheidungsträgern der Beobachtungs-region um Interaktionen zu veranschau-lichen), Ergebnissen der Klimaforschung und quantitativen Methoden (VEAL 2006).

ZIEL 7: Erstellen eines Systemmodells mit regionalplanerischen Gesichtspunkten für ein Beobachtungsgebiet (Schladming, Stmk.) mithilfe der Zusammenfassung und Bewertung der Einflussfaktoren.

6. Nichtziele der Klimafolgenforschung für den tourismus in Österreich

NICHTZIEL 1: Erstellen von Klima-modellen. Die Forschung ist als Klimafol-genforschung zu betrachten und soll daher keine Messung von Klimaparametern ent-halten. Die Datenbeschaffung soll durch eine enge Kooperation mit dem Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz und dem Joanne-um Research Graz sowie mit den am In-stitut für Geographie und Raumforschung tätigen Physiogeographen, die seit län-gerer Zeit die Auswirkungen einer Klima-änderung auf den Alpenraum erforschen, erfolgen.

NICHTZIEL 2: Ausarbeitung eines Kon-zeptes für ein Gebiet. Keine Auftragsar-beit einer Region.

7. Methoden der Klimafolgenforschung für den tourismus in Österreich

1. Empirische Methoden: Durch Befra-gungen werden Tourismusverhalten und Wünsche von Gästen und Strate-gien von Touristikern erhoben. Einbe-ziehung der Ergebnisse aus T-MONA (Tourismus Monitor Österreich), ein Gäste-Befragungs-Projekt, welches von der Österreich Werbung der WKO, dem BMWA sowie dem Institut MANOVA und den 9 österreichischen Landestourismusorganisationen entwi-ckelt wurde.

2. Datenerhebung: Mithilfe von Koo-perationspartnern wie dem Joanneum Research Graz und dem Wegener Zen-trum für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz im Bereich der Klimaforschung und Touristikern werden Daten zu Klima, Tourismus und Tourismusmarketing in Österreich genutzt.

3. Analytische Methoden: Auswertung der gesammelten Daten als Grundlage für einen Maßnahmenkatalog mit fle-xiblen Adaptionsmaßnahmen für den Tourismus in Österreich.

4. Umsetzungsorientierte Methoden: Ein Maßnahmenkatalog mit flexiblen Ada-ptionsmaßnahmen für den Tourismus in Österreich wird erstellt, wobei die gewonnenen Erkenntnisse der Analyse dokumentiert werden. Das Ergebnis wird die Ausarbeitung von Strategien für die Tourismuswirtschaft in Öster-reich sein. Dazu ist ein permanenter Wissenstransfer (Workshops etc.) mit wissenschaftlichen Partnern sowie Entscheidungsträgern aus den Regi-onen notwendig.

5. Marketingstrategische Überlegungen: Um die Forschungsergebnisse inte-ressierten Personen zukommen zu lassen, sind Überlegungen in Richtung Zielgruppe, Vervielfältigung und Verteilung anzustellen. Die Veröffent-lichung der Forschungsergebnisse wird in Kooperation mit Touristikern und Marketingstrategen bzw. dem Institut für Geographie und Raumforschung erarbeitet.

8. Erfolgsaussichten und Umsetzungskonzept

Die Klima- und Klimafolgenforschung sind weltweit ein zentrales Thema ge-worden. Es ist daher für ein verhält-nismäßig kleines Land wie Österreich mit seinem hohen Standard an wissen-schaftlichem Know-how notwendig je-den Bereich der Klimafolgenforschung abzudecken. Der Tourismus, seine Ein-flussfaktoren und seine Bedeutung für Österreich sollten nicht unbeachtet blei-ben, wenn es darum geht Zukunftssze-narien zu erstellen. Der im Rahmen der Forschungsarbeit entstehende Maßnah-menkatalog soll für regionale und über-regionale Touristiker, Regionalplaner, Gemeinden etc. als Planungsgrundlage dienen. Die erhobenen Daten führen zu flexiblen Adaptionsmaßnahmen und Entscheidungsgrundlagen zur Touris-mus- bzw. Regionalplanung. Eine Ver-marktung des Produktes ist nicht ange-dacht, die Forschungsergebnisse werden als Online-Unterlagen Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft zur Verfü-gung gestellt.

SCHWERPUNKT KLIMA-WANDEL

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BEITRÄGEBEITRÄGE

(EX)-GEOGRAZER IN im Por traitMAG.A corNeLIA MAIer

Sie versucht die Welt im Gleichgewicht zu halten – so, dass wir und unsere Nachfahren in den nächsten Jahrhun-

derten auch noch was davon haben und das Leben genießen können. Als stellvertre-tende Geschäftsführerin des Umweltdach-verband (www.umweltdachverband.at) wirkt Mag.a Cornelia Maier in der Umwelt-politik Österreichs mit und stellt sich auf die Seite einer lebenswerten Umwelt. Dass sie aktiv am gesellschaftlichen Um-denkprozess – hin zu einer lebenswerten Umwelt – und der Bewusstseinsbildung im Umweltbereich und der Wertschätzung der Menschen gegenüber der Natur und ihren Ressourcen beitragen will, zeichnet sich schon früh in ihrer Studentinnenkarriere ab. Ein guter und lehrreicher Wegbereiter ist unter anderem „oikos – students for sustainable economics and management“ (http://graz.oikos-international.org/), eine Studierendenorganisation, die sich zum Ziel gesetzt hat das Thema Nachhaltigkeit vor allem in das Bewusstsein von Studierenden und Lehrenden zu rufen. Zwei Jahre leitet sie als Präsidentin den Verein: „Die Arbeit bei oikos hat mir extrem viel gebracht. Ne-ben dem Wissen über Nachhaltigkeit, sozi-ale und organisatorische Kompetenzen (vom Projektmanagement bis hin zum Führen eines Teams) natürlich auch ein Netzwerk, mit dem ich in meiner aktuellen Tätigkeit noch immer in Kontakt bin.“ Mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit löst sie ein Ticket für ihren Karriereeinstieg. Erste Station: noch während ihrer Studienzeit koordiniert sie ein Interreg IIIC-Projekt, mit Ziel den Ökoprofit-Gedanken in Deutsch-land, Ungarn und Polen zu verankern. „Eine doppelte Herausforderung, denn für Ungarn und Polen war es das erste Interreg-Projekt und damit war viel zusätzliche Informations-arbeit zu den Rahmenbedingungen nötig.“ Auch ihre Diplomarbeit drehte sich pas-send zum Thema um Stadtentwicklung und Ökoprofit - „dabei hat mir aber immer die Physiogeographie gefehlt“. Dann flatterte zufällig eine Stellenausschreibung vom Um-weltdachverband auf ihren Tisch mit einem nahezu auf Cornelia zugeschnittenen An-

forderungs- und Tätigkeitsprofil. Somit - zweite Station: der Umweltdachverband. Das Arbeiten beim Umweltdachverband stellt die Physiogeographie wieder stärker in den Vordergrund. „Der Dachverband ist Vertreter von 34 Mitgliedorganisationen, die sich um die Belange von Natur- und Um-weltschutz kümmern wie z.B. Alpenverein, Naturfreunde, Naturschutzbund, ösf etc. Wir sind eine Kommunikationsschnittstelle zwischen unseren Organisationen und dem Ministerium oder den Landesregierungen und auch der EU.“Cornelia Maier macht Umweltpolitik, greift bestimmte Themen zu Natur- und Umweltschutz auf und versucht sie auf Landesregierungs- und Ministerienebene einzubringen. „Wir lobbyieren NGO- und Naturschutzinteressen, kontrollieren, ob Ge-setze vollständig umgesetzt werden, entwer-fen Aktionspläne und sind eine kritische Stim-me in verschiedenen Gremien.“ Cornelias beruflichen Schwerpunktthemen: Wasser, Energie, Klima und Nachhaltige Entwick-lung. Aktuelle Arbeitsgebiete sind der Fließ-gewässerschutz, wo es um die Bewahrung der letzten naturnahen Flussabschnitte vor dem Ausbau z.B. durch Wasserkraftwerke geht, und die Bienen: „… die Honigbienen und noch mehr die Wildbienen sind in Öster-reich durch Pestizideinsatz, Klimawandel und Monokulturen stark gefährdet…“. Sollten sich Ihre Sorgen nun nur auf das Frühstücksbrot beziehen: ohne Bienen gäbe es nicht nur keinen Honig mehr, vielmehr wird auch die Artenvielfalt drastisch zurückgehen! „In nor-dischen Ländern werden beispielsweise schon Imker von den Bauern (kostenpflichtig) zur Blütezeit gemietet, damit es überhaupt eine Bestäubung und damit schlussendlich eine Ernte geben kann …“ Natur und Umwelt kommen in unserer Zeit in immer stärkere Bedrängnis: „Das Problem ist eher die gesellschaftliche Ein-stellung, das ‚shifting the burden’ – die Pro-blemverschiebung. Wir müssen uns von der schnelllebigen Wegwerfgesellschaft hin zu einem Bewusstsein für und mit der Umwelt, mit mehr Wertschätzung, weiterentwickeln.“ Einen Schritt Richtung Bewusstseinsbil-

dung setzt der Umweltdachverband mit dem Projekt „NÖ Wassergemeinden - aus gutem Grund für unser Wasser“ (www.wassergemeinden.at) in Niederösterreich. Dabei wird Wasser als Lebenselixier in den Mittelpunkt und die Politik, Wirtschaft, aber vor allem auch jeder Verbraucher und jede Verbraucherin in seine/ihre persönliche Verantwortung für die Bewahrung unseres (Trink)Wassers gestellt. Und apropos Wasser: das erfrischende Nass lässt Cornelia auch wieder einen be-ruflichen Abstecher in ihre Heimat machen – mit Blickpunkt auf die Murkraftwerke: „ … wir haben bei UVP-Verfahren Parteistel-lung und haben bei den Murkraftwerken eini-ge Einwände geschrieben und sind jetzt auch in Berufung gegangen.“ Und dass der Wir-kungsgrad von Einwänden und Berufungen seitens des Umweltdachverbandes jeden-falls entsprechende Auswirkungen haben kann, beweist die Klage im vergangenen Juni gegenüber Österreich hinsichtlich des Natura 2000-Schutzgebietsnetzes (http://www.umweltdachverband.at/service/pres-se/natura_180707.pdf). Österreich hat Natura 2000-Lebensräume nicht nachno-miniert und muss sich nun vor dem EuGH dafür verantworten.Die Politik ist aufgefordert für unser lebens-wertes Lebensumfeld einzutreten, vor allem aber auch jede/r Einzelne unserer Gesell-schaft – ein erster Schritt: aktives Energie-sparen. Tipps dazu? „Das sind die üblichen, die wahrscheinlich schon jeder einmal gehört hat: überlegen, welche Elektrogeräte habe ich, wie alt sind sie, sind sie richtig positioniert (z.B. Kühlschrank unter der Herdplatte), En-ergiesparlampen, möglichst eine konstante Raumtemperatur (im Winter z. B. nur 2mal täglich Stoßlüften etc.), auf das Konsumver-halten achten (was und wie kaufe ich ein, möglichst regionale und Bioprodukte – und bedenken, dass der Weg zum Einkaufen mit Auto oft eine größere CO2-Belastung verurs-acht als eine lange Produkttransportstrecke) usw. Aber wie gesagt, es liegt vor allem an einem persönlichen Umdenkprozess.“

Name: Mag.a Cornelia MaierStudium: Umweltsystemwissenschaften Fachschwerpunkt GeographieDiplomarbeit: Ökoprofit® als Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung, 2006Aktuelles Berufsfeld: Umweltdachverband, stellvertretende Geschäftsführerin

SABINE ScHNEPFLEITNER

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GeoGraz 43 - 2008 BEITRÄGE

Aktuelle Entwicklungen in der Fernerkundung urbaner RäumeEin Überblickdigitale Fernerkundungsdaten eignen sich auf Grund ihrer Aktualität und großen räumlichen Ausdehnung be-sonders gut zur erfassung, dokumentation und Analyse von zeitlichen und räumlichen Veränderungen urbaner Strukturen. Fernerkundung in urbanen räumen ist nicht neu. Seit Jahrzehnten werden Luftbilder zur Analyse städtischer Strukturen verwendet und sind etwa in der Stadtplanung oder der Stadtökologie immer noch von großer bedeutung.

KATHArINA KerN

Zur AuTorINKatharina Kern, wissenschaft-liche Mitarbeitern an unserem Institut, befasste sich schon in ihrer Diplomarbeit mit Ferner-kundung im städtischen Raum. Fernerkundung steht auch im Mittelpunkt ihres Dissertations-Projektes, worin sie beweisen wird, dass sie im Hochgebirge genauso wie in Städten „zu Hause“ ist.

1. Einleitung

Neben der Auswertung von analogen Luftbildern hat auch die thermale Ferner-kundung in urbanen Räumen eine lange Tradition (z.B.: Thermalbefliegung Graz 1986, 1996 und 2004). Die Auswertung analoger Luftbilder erfolgt in der Regel visuell und ist daher sehr zeitaufwändig. Automatische Fernerkundungsmetho-den, die in anderen Forschungsrichtungen schon länger als Standard gelten, konn-ten sich für urbane Anwendungen lange nicht richtig durchsetzen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Städte sind durch heterogene, komplexe und schwer zu er-fassenden Strukturen gekennzeichnet (Mesev 2003). Zudem sind die zu unter-suchenden Objekte in Städten meist deut-lich kleiner (Gebäude, Straßen, Autos) als jene in ländlichen Gebieten (Felder, Seen, Waldstücke) (Small 2003). Aber auch die komplexe Mischung aus künstlichen und natürlichen Oberflächen, die sich in Grö-ße, Form und Anordnung deutlich vonein-ander unterscheiden, erschwert die Arbeit mit Fernerkundungsdaten in urbanen Räumen. Nicht selten sind zwischen vie-len kleinen, künstlichen Objekten relativ große „natürliche“ Oberflächen wie vege-tationsbedeckte Flächen oder Gewässer eingestreut (Hostert 2007).Um all diese Objekte und Strukturen bestmöglich erfassen zu können, benö-tigt man Daten mit hoher geometrischer Auflösung. Durch die Entwicklung un-zähliger neuer Satelliten, die Bilder mit Auflösungen unter einem Meter ermög-lichen (z.B.: IKONOS, QuickBird), und digitaler flugzeuggetragener Scanner mit hoher geometrischer Genauigkeit und

Auflösungen im Zentimeterbereich (z.B.: HRSC, ADS, DMC) hat die Ferner-kundung urbaner Räume seit den 1990er Jahren einen neuen Aufschwung erfahren. Der hohe Informationsgehalt, den all diese neuen Daten bieten, eröffnete der Ferner-kundung unzählige neue Möglichkeiten. Im Folgenden soll einen kurzer Überblick über die neuen Technologien, Anwen-dungen und Analysemöglichkeiten, die in der Fernerkundung urbaner Räume zum Einsatz kommen, gegeben und das Poten-tial, das in diesen Daten steckt, aufgezeigt werden.

2. Neue Fernerkundungssensoren

Seit dem Aufkommen neuer, geometrisch sehr hoch auflösender Sensoren etwa um das Jahr 2000 ist es möglich auch klein-räumige, heterogene Strukturen, wie sie in Städten häufig vorkommen, automatisch zu erfassen und zu bewerten. Tabelle 1 zeigt eine Auswahl an aktuellen Fernerkun-dungssensoren, die bei Analysen urbaner Räume häufig zum Einsatz kommen. Die

Einordnung der Sensoren erfolgte nach zwei gängigen Einteilungkriterien, nach Art der Aufnahmeplattform in flugzeug- oder satellitengetragene Systeme (Janssen u. Bakker 2001) und nach der Quelle der

empfangenen Strahlung in passive und ak-tive Systeme (Albertz 2007).Nach einer langen Entwicklungsphase sind seit wenigen Jahren flugzeuggetra-gene, digitale Messbildkameras erfolg-reich im Einsatz. Wie bei herkömmlichen Digitalkameras werden auch bei digitalen Luftbildkameras statt fotografischen Fil-men ein oder mehrere CCD-Sensoren für die Aufnahme verwendet. Digitale Luftbildkameras erreichen bei einem Einsatz in Standardflughöhe mittlerweile geometrische Auflösungen von wenigen Zentimetern und ersetzen allmählich herkömmliche, analoge Luftbildkameras. Im Allgemeinen unterscheidet man zwi-

schen digitalen Zeilenkameras wie der HRSC-AX (High Resolution Stereo Ca-mera) oder der Leica ADS 40 und digi-talen Flächenkameras wie der DMC oder der UltraCam-X. Digitale Zeilenkameras

Flugzeuggetragene Systeme Satellitengetragene Systeme

Passive Systeme Optomechanische Scanner Daedalus Landsat

Optoelektronische Scanner HRSC-AX, ADS 40, DMC, UltraCam-X IKONOS, Quickbird, SPOT, ASTER, GeoEye-1

Hyperspektralscanner AVRIS, HyMap, CASI ---

Aktive Systeme TerraSAR-X, COSMO-SkyMed, Radarsat-2 LIDAR

tab. 1: Einteilung ausgewählter Fernerkundungssensoren (Erläuterungen im Text)

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bestehen aus drei eindimensionalen Zei-lensensoren, die jeweils nach vorne, Nadir und nach hinten gerichtet sind. Im Gegen-satz dazu verfügen digitale Flächenkame-ras über mehrere zweidimensionale CCD-Sensoren, die synchron belichtet werden (KRAUS, 2004). Alle gängigen digitalen Luftbildkameras, sowohl Zeilen- als auch Flächenkameras, liefern panchromatische und multispektrale Bilder (blau, grün, rot, nahes Infrarot). Die Vorteile digitaler Luftbildkameras gegenüber ihren ana-logen Vorgängern sind groß. Durch das Wegfallen des Films entfällt, neben Ko-sten für Film und Entwicklung, auch das Scannen der analogen Bilder. Zudem ver-fügen digitale Luftbilder über eine besse-re radiometrische Auflösung und können durch den Einsatz von GPS und INS (In-ertialnavigationssystemen) relativ schnell und einfach entzerrt und/oder direkt in ein GIS oder ein Bildverarbeitungsprogramm integriert werden.

Parallel zu den Entwicklungen im Be-reich der digitalen Luftbildkameras ha-ben auch ungezählte neue, kommerziell betriebene, hoch auflösende Satelliten den Fernerkundungsmarkt erobert und der satellitengestützten Fernerkundung da-durch neue Aufgabenfelder erschlossen. Zum ersten Mal stehen Daten mit großer räumlicher Ausdehnung und einer hohen Detailgenauigkeit, die beispielsweise für Anwendungen in der Stadtplanung oder dem Umweltmonitoring notwendig sind, zur Verfügung (Ehlers 2007). Der er-ste dieser kommerziell betriebenen, hoch

auflösenden Satellitensensoren war IKO-NOS2 (Abb. 1(a)), der Ende 1999 seine Umlaufbahn erreichte. Seit damals liefert IKONOS Bilder mit einer Auflösung von 4 Metern in den spektralen Kanälen blau, grün, rot und nahes Infrarot bzw. von 1 Meter im panchromatischen Kanal. Ende 2001 folgte der Start von QuickBird2 (Abb. 1(b)). Dieser Sensor weist ähnliche spektrale Eigenschaften wie IKONOS auf, ermöglich aber Aufnahmen im Submeter-Bereich (panchromatisch 0,61 m, multi-spektral 2,44 m). Weitere hoch auflösende Satelliten wie etwa OrbView-3 (2003), EROS-B (2006) oder WorldView1 (2007) folgten. Im September 2008 startete der kommerziell betriebene Satellit mit der bislang höchsten Auflösung: GeoEye-1 (panchromatisch 0,41 m, multispektral 1,64 m). Durch die hohe geometrische Auflösung, die fast an jene von Luftbil-dern heranreicht, ist das Potential dieser Sensoren, besonders für Anwendungen in

urbanen Räumen, sehr groß.Alle diese Satelliten erreichen ihre höchste geometrische Auflösung im panchroma-tischen Kanal. Das Verhältnis zwischen dem panchromatischem Kanal und den multispektralen Kanälen liegt bei einem Großteil der Satelliten mit hoher bis sehr hoher Auflösung bei 1:4. Für Vegetations-analysen oder Untersuchungen zur Ver-änderung des städtischen Raumes ist der Einbezug der multispektralen Kanäle in den Auswertevorgang aber unumgäng-lich. Um multispektrale Bilder mit sehr hoher Auflösung zu erhalten, wurden

einige Methoden zur Kombination des panchromatischen Kanals mit den mul-tispektralen Kanälen entwickelt. Durch diese als „pan-sharpening” bezeichneten Methoden entstehen hoch auflösende Pseudo-Farbbilder, in denen die spektrale Information der multispektralen Kanäle erhalten bleibt. Dadurch wird eine besse-re Visualisierung und Interpretation den Daten möglich (siehe z.B. Aronoff 2005 oder Hirschmugl et al. 2005).Aber auch für Satellitenbilder mit geringer geometrischer und/oder spektraler Auflö-sung gibt es unzählige Einsatzmöglich-keiten in Städten. So liefert etwas SPOT5 (Système Probatoire d’Observation de la Terre) panchromatische Daten mit einer Auflösung von 2,5 m und Multispektral-daten (grün, rot, NIR, MIR) von 5 m. Im Gegensatz zu den sehr hoch auflösenden Daten deckt SPOT, mit einer Szenengrö-ße von 60 x 60 km, aber in etwa 13 bzw. 30 Mal die Fläche einer IKONOS- oder

Quickbird-Szene ab. Auch die spektra-len Eigenschaften des Satelliten ASTER (Advanced Spaceborne Thermal Emission and Reflection Radiometer) eröffnen neue Möglichkeiten. ASTER verfügt neben 3 Kanälen im sichtbaren Bereich des Lichts über 6 Kanäle im mittleren und über 5 im thermalen Infrarot. Besonders die Kanäle im mittleren Infrarot eignen sich gut zur Analyse von anthropogenen Materialien, aus denen urbane Raume zu großen Teilen bestehen (Hostert 2007).Neben den bereits erwähnen flugzeug-getragenen und satellitengetragenen op-

(a) IKONOS, 3. Mai 2003 (www.satimagingcorp.com) (b) QuickBird, 24. August 2004 (www.eurimage.com)

Abb. 1 : Vergleich QuickBird – IKONOS, Vatikanstadt/Rom

BEITRÄGEBEITRÄGE

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GeoGraz 43 - 2008

tischen Systemen verfügen mittlerweile aber auch andere Aufnahmetechnologien wie hyperspektrale Fernerkundungssen-soren, RADAR (Radio Detection and Ranging) oder LIDAR (Light Detection and Ranging), über die Fähigkeit hoch auflösende Bilder aufzunehmen. Unter hyperspektralen Fernerkundungsbildern versteht man laut Borengasser et al. (2008) Datensätze, die aus 10 oder mehr spektralen Bändern bestehen, wobei die spektrale Bandbreite der einzelnen Kanäle 1 bis 15 Nanometer beträgt. Satellitenge-tragene hyperspektrale Systeme wie Hy-perion oder MODIS kommen auf Grund ihrer geringen geometrischen Auflösung für urbane Anwendungen nicht in Frage. Hingegen eignen sich hochentwickelte, flugzeuggetragene Sensoren wie AVRIS (Airborne Visible Infrared Imaging Spec-trometer), HyMap oder CASI (Compact Airborne Spectrographic Imager) be-sonders gut zur Analyse urbaner Räume. Die geometrische Auflösung flugzeug-

getragener Sensoren ist abhängig von der Flughöhe. Es werden aber, wie im Fall von HyMap, bereits Auflösungen von weniger als 4 m erreicht. Zusätzlich zu ihrer hohen geometrischen Auflösung verfügen diese Daten über einzigartige spektrale Infor-mation. So nimmt beispielsweise AVRIS Bilder in 224 spektralen Kanälen auf. Die Möglichkeiten, die diese hochauflösenden Sensoren bieten, sind erstaunlich. Doch trotz großer Fortschritte, die in den letzten Jahren in der Bildverarbeitung von hyper-spektralen Daten gemacht wurden, stellen sowohl die Vorverarbeitung als auch die Interpretation der Daten immer noch eine große Herausforderung dar. Besonders zu beachten sind eine gute atmosphärische Korrektur der Daten, die Verfügbarkeit von spektralen Bibliotheken und die spek-trale Entmischung (Miglani 2007).

Auch aktive Systeme wie RADAR zeich-nen immer höher auflösende Daten auf. TerraSAR-X oder COSMO-Skymed lie-fern bereits Daten mit einer Auflösung von 1 m. Neben RADAR kommen über Städten immer öfter flugzeuggetragene LIDAR-Systeme zum Einsatz. Diese lie-fern hoch bis sehr hoch auflösende Daten mit genauer Höheninformation, die sich besonders gut zur Generierung von digi-talen Oberflächenmodellen eignen. Für die Bildverarbeitung und Interpretation von RADAR- bzw. LIDAR-Daten sind, wie für die Anwendung von hyperspek-tralen Daten, besondere Kenntnisse und Softwareapplikationen notwendig.

�. Neue Methoden zur Bildklassifikation von hochauflösenden Fernerkundungsdaten

Um das Potential, das all diese neuen hoch auflösenden Daten bieten, voll aus-schöpfen zu können, ist es aber notwen-dig sie mit anderen Datenquellen zu ver-

knüpfen (z.B. mit digitalen Höhen- oder Oberflächenmodellen) und/oder spezielle Analysemethoden zur Auswertung zu verwenden (Mesev 2003). Denn aus der Verfügbarkeit von Fernerkundungsdaten mit hoher geometrischer und spektraler Auflösung allein lassen sich nicht direkt bessere Analyseergebnisse oder eine Ver-einfachung des Auswertevorgangs ablei-ten. In den letzten Jahrzehnten wurden unterschiedlichste Standardverfahren zur Auswertung von Fernerkundungsdaten entwickelt, die mittlerweile in fast allen gängigen Softwarepakten implementiert sind. Doch die Anforderungen, die an die Auswertung von hoch auflösenden Daten gestellt werden, sind völlig neu. So hat sich beispielweise das Abbildungsverhalten der hoch auflösenden Sensoren gegenüber je-nem der mittel bis grob auflösenden grund-

Landsat (30m) ASTer (15m) IKoNoS (1m) Luftbild (0,25m) (Quelle: Stadt Graz)

legend verändert. Die steigende Auflösung erschwert das Auffinden von homogenen Bildelementen, die eine bestimmte Ober-fläche repräsentieren. Die Information, die in einem Pixel aufgenommen wird, ist nicht mehr verknüpft mit dem Charakter von Objekten oder Gebieten als Ganzes, sondern mit einzelnen Komponenten der Objekte (Hoffmann, 2001). Bei Land-sat TM/ETM-Daten z. B. repräsentiert ein Pixel in einem urbanen Gebiet eine Mischung aus Baumbestand, Schattenflä-chen, Wiesen und Gebäuden. Bei Auflö-sungen unter 1 m hingegen repräsentiert ein Pixel Teile der Bildkomponenten, wie den Teil einer Baumkrone, Gebäudeteile oder Autos. Der unterschiedliche Infor-mationsgehalt von Fernerkundungsdaten ist in Abbildung 2 beispielhaft dargestellt.Herkömmliche Standardverfahren wie z. B. die Maximum-Likelihood-Klassifika-tion berücksichtigen bei der Klassifikation ausschließlich die spektrale Information der Pixel. Diese Verfahren sind für die

Klassifikation von räumlich hoch auflö-senden Daten aber meist unbrauchbar, da sich einzelne Objektklassen durch ihre spektrale Heterogenität nicht mehr allein durch Grauwerte voneinander unterschei-den lassen. Ein nicht unerhebliches Pro-blem bei der Abbildung der Landschaft durch Pixel liegt darin, dass ein wesent-licher Anteil des Signals, das von der Land-oberfläche kommt und durch ein Pixel repräsentiert wird, von den umgebenden Pixeln stammt (Townshend et al. 2000). Einzelne Pixel enthalten demnach kaum wichtige Informationen für die Bildinter-pretation. Erst durch das Betrachten von Pixelgruppen (sog. meaningful objects) und deren wechselseitigen Beziehungen wird eine genauere Bildinterpretation möglich (Baatz u. Schäpe, 2000). Doch auch zwischen den verschiedenen Ob-

Abb. 2 : Vergleich der Auflösung ausgewählter Fernerkundungssensoren am Beispiel von Graz

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jekten existieren häufig spektrale Über-einstimmungen. So lassen sich beispiels-weise Straßen schwer von Gebäuden mit grauen Dächern unterscheiden. Um solche Unterscheidungen treffen zu können, ist ein wissensbasiertes System, das zusätz-liche Merkmale wie Form, Textur oder Nachbarschaft in den Klassifikationsvor-gang einbezieht, notwendig (Blaschke u. Strobl, 2001).Um den Klassifikationsanforderung der neuen Daten gerecht zu werden, wurden einige neue Verfahren zur Informations-extraktion entwickelt. Das bekannteste unter ihnen ist wohl das Verfahren der ob-jektorientierten Bildanalyse, welches u. a. in der Software der Firma Definines realisiert ist. Dabei wird das Aus-gangsbild in einem ersten Schritt in

einzelne Objekte unterteilt (segmentiert). Dies geschieht durch unterschiedliche Segmentierungsalgorithmen, die homo-gene Bereiche im Bild zu Objekten zu-sammenfassen und in weiterer Folge ein hierarchisches Netz aus Objekten bilden. Die Bildobjekte können dabei, je nach Segmentierungsebene, unterschiedliche Größen annehmen (Abb. 3).In einem zweiten Schritt werden die bei der Segmentierung entstandenen Bildob-jekte klassifiziert. Die für die Klassifika-tion notwendige Wissensbasis besteht aus einem Netz von Klassen, wobei alle Klas-sen innerhalb des Netzes in Form von se-mantischen Gruppen organisiert sind. Der gesamte Klassifikationsprozess basiert auf dem Fuzzy Logic-Konzept und ermöglicht eine Klassifikation an Hand von Objek-teigenschaften (z. B.: Grauwert, Form oder Textur) und gegenseitigen Objektbe-

ziehungen. Die Vorteile dieses Verfahrens gegenüber herkömmlichen pixelbasierten Methoden sind evident. Daher ist die objektorientierte Bildanalyse auch sehr schnell zu einem Standardverfahren zur Analyse von Fernerkundungsdaten in he-terogenen, urbanen Gebieten geworden.4. Ausblick

Durch das Aufkommen neuer hoch und sehr hoch auflösender Sensoren wurden neue Aufgabenfelder erschlossen und zahlreiche Auswertemethoden entwickelt. Ein Anwendungsbereich, der von diesen Entwicklungen stark profitiert hat, ist die

Fernerkundung urbaner Räu-me. Viele der beschriebenen

Sensoren und Methoden kommen in der Bildverarbeitung noch nicht standardmä-ßig zum Einsatz, doch allein die steigende Anzahl an Anwendungen und Publikati-onen zeigt, dass die neuen Möglichkeiten, die diese Daten für die Fernerkundung urbaner Räume bieten, bereits von vielen Seiten aufgegriffen und ständig neue Me-thoden entwickelt werden.Die Qualität der neuen digitalen Luftbild-kameras ist mittlerweile so gut, dass sie in den nächsten Jahren herkömmliche ana-loge Kameras fast zur Gänze vom Markt verdrängen werden. Digitale Kameras ermöglichen einen schnelleren Ablauf der Datenvorverarbeitung und sind daher vor allem für großräumige Anwendungen attraktiver. Neben den Fortschritten im Bereich der flugzeuggetragenen Systeme, entwickeln sich auch die satellitengetra-genen Systeme rasant weiter. Allein bis

2011 sind über 20 Satellitenmissionen ge-plant (Satyaprakash 2007). Die neuen Sensoren werden über eine noch höhere geometrische Auflösung (z.B. GeoEye-1) und zusätzliche spektrale Kanäle, sowohl im sichtbaren Bereich als auch im nahen Infrarot, verfügen (z.B. WorldView2). Auch die Wiederholungsraten bei der Überfliegung desselben Gebietes werden sich deutlich verkürzen (z.B. RapidEye). Trotz der vielen Vorteile bringen hoch auflösende Daten aber auch neue Pro-bleme für die Auswertung mit sich. So

ist etwa der hohe Anteil an reinen Schattenpixeln in den Bildern, der

mit zunehmender Auflösung immer weiter steigt, ein ständiges Problem bei der Ana-lyse von Fernerkundungsdaten in urbanen Räumen. Zur Entfernung der Schattenflä-chen benötigt man häufig ein zusätzliches digitales Oberflächenmodell. Dadurch vervielfachen sich wiederum die ohnehin hohen Kosten für die Ausgangsdaten.Abseits der Fernerkundung urbaner Räu-me werden Satellitendaten mit grober bis mittlerer Auflösung aber weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Sie kommen be-sonders dann zum Einsatz, wenn es da-rum geht, sich einen guten Überblick über große Gebiete zu schaffen bzw. großflä-chige Strukturen zu erkennen (Wettervor-hersage, Katastrophenschutz, Umweltmo-nitoring) (Dasgupta, 2007). Fortschritte in anderen Technologien wie SAR oder der hyperspektralen Fernerkundung wurden von der Vielzahl an neu aufkommenden, hochauflösenden, optischen Daten über-schattet. Viele dieser Technologien sind

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Abb. 2 : Hierarchisches Netz von Segmentierungen auf drei Ebenen (Definiens AG, 2006)

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GeoGraz 43 - 2008

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sicher zukunftsträchtig, aber im Zusam-menhang mit urbanen Anwendungen noch nicht ausreichend erforscht.Bei der Analyse von hochauflösenden Fer-nerkundungsdaten hat sich im Laufe der letzen Jahre ein deutlicher Trend weg von der statistischen Mustererkennung hin zum „image understanding“ abgezeichnet. In Anlehnung an die menschliche Wahr-nehmung bieten image understanding-Softwareprodukte Verfahren zur automa-tischen, objektorientierten Bildanalyse. Dabei werden homogene Bereiche im Bild durch unterschiedliche Segmentierungs-algorithmen in Objekte unterteilt und in einem anschließenden Klassifikationsvor-gang, mit zusätzlicher Hilfe in Form von Vorwissen bzw. Erfahrungen, wieder zu se-mantisch einheitlichen Teilen zusammen-gefügt. Eines haben all diese neuen hoch auflösenden Sensoren aber gemeinsam, sie erfordern neue Auswertemethoden, die ih-rerseits wieder neue Anwendungsbereiche erschließen (Ehlers 2007). Ungeachtet aller neuen Entwicklungen ist und bleibt die Analyse von Fernerkundungsdaten in urbanen Räumen aber immer noch eine Herausforderung.

QueLLeNVerZeIcHNIS

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Hirschmugl, M., Gallaun, H., Perko R. u. Schardt, M., 2005: „Pansharpening“-Methoden für digitale, sehr hochauf-lösende Fernerkundungsdaten. – In: Strobl, J., Blaschke, T. u. Greisebner, G. (Eds.), Angewandte Geoinformatik 2005, Wichmann, Heidelberg, 270–276.

Hoffmann, A., 2001: Neue Ansätze zur Auswertung und Klassifizierung von sehr hochauflösenden Daten: Methoden der Segmentierung, der hierarchischen Klassifizierung und der per-Parcel-Me-thode mit Daten der Digitalen Kamera HRSC-A und ihre Anwendbarkeit für die Aktualisierung topographischer Kar-ten. – Unpubl. Diss., Humboldt-Univ., Berlin, 186 S.

BEITRÄGE

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Lesen Sie dazu auch den Beitrag auf S. 35

STUDIEREN AKTUELL

Lehramt neu?Wie sieht ein modernes und zielgerichtetes Lehramtsstudium aus? Eine Frage, viele Antwor-ten. An der Universität Graz und auch am Institut für Geographie beschäftigte man sich deshalb in den vergangenen Jahren sehr intensiv mit der Fragestellung, wie die Ausbildung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer verbes-sert werden kann. Das Ergebnis der vielen Überlegungen und Diskussionen ist ein reformiertes curriculum, das nun mit Winter-semester 2008/09 in Kraft tre-ten wird.

Als wesentliche Neuerungen und Veränderungen lassen sich die nunmehr zehn Semester umfassende Regelstudiendau-er, eine Aufteilung der Studie-nabschnitte auf sechs und vier Semester und eine stärkere Ge-wichtung der schulpraktischen Ausbildung festhalten. Gleich-zeitig wird auch der tatsächliche Arbeitsaufwand der Lehramts-studien endlich durch eine faire Vergabe von EcTS-Punkten be-rücksichtigt.

Doch können wir nun von ei-ner tiefgreifenden Reform der Lehramtsausbildung sprechen? Wohl eher nicht. Zu eng waren dafür sowohl die strukturellen Vorgaben als auch der zeitliche Rahmen. Die geänderten curri-cula sind zwar ein beachtlicher erster Schritt, ein Meilenstein in der Lehramtsausbildung sind sie aber leider nicht.lassen.

Sprechstunden im SS08Mo 12:00 - 14:00Do 11:30 - 12:30Jeweils im Zimmer der FV URBiim Erdgeschoss des ÖH-Gebäudes (Schubertstrasse 6a)Email: [email protected]: http://oeh-stv-geo.uni-graz.at

GerHArd ScHLAcHerStudeinrichtungs-vertretung Geographie

Frisch geprüft: AbsolventInnen des Sommersemesters 2008und ihre Abschlussarbeiten

Umweltsystemwissenschaften GeographieBAUMGARTNER Roman Das Ende des Tabakanbaues in den Bezirken Feldbach und Fürstenfeld

und seine Folgen für die Tabakpflanzer und die Kulturlandschaft

COTELJ Filipp Die Wärmeinselstruktur und Inversionen im Raum La Paz und El Alto

KAPLANSKI Reinhard Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Schneeverhältnisse in der Steiermark

KEPLINGER Gerlinde Urban Informal Activities And Livelihood of Urban Poori n Kathmandu

MOSER Linda Fernerkundungsmethoden zum Gletschermonitoring - Einsatz Ausge-wählter Luftbilder und Orthophotos

MÜNZER Cornelia Pellets- und Gasheizungen Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlich-keit im steiermarkweiten Vergleich

OSEBIK David Innovatives Stoffflussmanagement am Fallbeispiel von Inkontinenz-System-Abfall (ISA)

PETSCHAR Marco Lokalwinde im Raum La Paz und El Alto

POLASCHEK Ines Interaktion zwischen Oberflächengewässern und Grundwasser im Unteren Murtal und deren Auswirkung auf die Grundwasserqualitäts-situation

SCHMID Arno Entwicklung der Schneedecke im Pflerscher Tal im Winter 2007/2008

SCHMID Hannes Die Grundlagen der Schadstoffausbreitung im Raum La Paz und El Alto

STEINER Johannes Immissionsklimatologische Analyse des Industriestandortes Arnoldstein

GeographieFELDER Peter Landschaftsökologische Untersuchungen in Zanskar

FISCHER Maria Pilgertourismus als wesentliches Element der regionalen Entwicklung im Mariazeller Land

HAIDINGER Stefan Regionale Aspekte der Gewässergüte im Porengrundwasser der Steiermark

HOLZNER Julia Wenn der Klimawandel zum Thema wird. Betrachtung der Berichter-stattung ausgewählter österreichischer Printmedien 2001-2007

KIRCHER Christoph Die Erhebung von Altlasten in Österreich – Möglichkeiten und Beispiele der systematischen Altstandorterhebung im Rahmen des ALSAG-Vollzuges

MÜLLER Gerald Wasserhaushalt von Feuchtgebieten in alpinen Hanglagen am Beispiel Koralm/Glitzalm

PICHLER Lisa Argentinien – Opfer der Globalisierung? Ausländische Investoren und der Faktor Boden. Landvertreibungen und Bodendegradation

PIESCHL Bernhard Peripherräume Bulgariens

SCHERR Franz Passivraum Prekmurje

SENGL Mario Die Feinstaubproblematik in Graz und deren regionale Unterschiede

Unterrichtsfach Geographie und WirtschaftskundeRINNER Daniela Die Bevölkerungsentwicklung und -struktur in Ägypten unter Berück-

sichtigung regionaler Disparitäten

STROHMEIER Stefan Klimawandel in der Steiermark - Lernmodule für den Schulatlas

QuelleDissertationen: Dekanat der Naturwissenschaftlichen Fakultät Diplomarbeiten: Prüfungsreferat für Naturwissenschaften/STPA

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GeoGraz 43 - 2008 IM TELESKOP

IrlandReicher, grüner Westen Europas „die Iren sind lustig, freundlich und höflich. Sie brennen ihren Schnaps schwarz und beichten es anschließend in der Kirche. und natürlich sind alle Iren rothaarig. … Am beispiel ‚alle Iren sind rothaarig’ lässt sich am besten zeigen, dass Vorurteile über nationale eigenschaften oft nicht mehr als ein Körnchen wahrheit enthalten: Tatsächlich haben nur 4 % der Iren rote Haare …“ (TIeGer 1996, 11). was also hat es mit den vielen positiven bildern über Irland wirklich auf sich?

GerHArd KArL LIeb

Zur Einstimmung: Spire of Dublin

Nicht wenige Reisende reiben sich täglich in Dublin ungläubig die Augen, wenn sie das neue Wahrzeichen der Stadt unver-mutet vor sich sehen: 120 m reckt sich ein Stahlstachel aus der O’Connell Street, einer Hauptgeschäftsstraße der Dubli-ner City, in den Himmel (Abb. 1). Strin-gent in der Linienführung und so gut wie schmucklos ist die Faszination dieser an-geblich höchsten Skulptur der Welt mit ihren nüchternen Daten kaum zu fassen: 126 Tonnen schwer, aber mit Durchmes-sern von nur 3 m unten und 15 cm oben ungemein filigran erscheinend überragt die Spitze alle anderen Gebäude in der Stadt und ist für alle davor Stehenden – ob sie sie nun schön finden oder nicht – ein Atem beraubender Eindruck.

Dieses „Monument of Light“ wurde 2003 als Teil einer Neugestaltung der seit den 1970er-Jahren ein wenig herabgekom-menen O’Connell Street (Wikipedia 2008: „to improve the streetscape“) errich-tet. Hinter dieser vordergründig rein städ-tebaulichen Maßnahme scheinen jedoch auch tiefere Botschaften zu stecken, selbst wenn diese nie ausgesprochen werden.• Zum einen ist diese außerordentlich spektakuläre Skulptur ausgerechnet in Dublin sicherlich als Ausdruck des neuen irischen Selbstbewusstseins als wirtschaft-lich äußerst erfolgreiche Nation zu sehen – dem Bild einer (ähnlich der Skulptur) geradezu himmelstürmenden Ökonomie werden wir später noch begegnen.• Zum anderen steht sie keineswegs an einem beliebigen, sondern an einem histo-risch höchst „aufgeladenen“ Platz, stand doch hier seit Anfang des 19. Jhs. eine Säule, die an den englischen Admiral Nel-son erinnerte. Diese war 1966 von der IRA in die Luft gejagt und nicht mehr wieder errichtet worden. Wenn gerade an dieser Stelle das Monument des neuen Irland steht, kann das kaum zufällig so sein. Man hat die Geschichte Irlands als „eine Ge-schichte des Widerstands gegen die eng-lische Herrschaft“ (Brockhaus 1997, 91) bezeichnet und vor diesem Horizont ge-winnt der Spire auch eine hintergründige historische Symbolik. Wir wollen sie zum Ausgangspunkt dieses geographischen Kurzportraits von Irland nehmen.

Keltentum und Katholizismus

Dass Irland viele Einflüsse aus dem be-nachbarten Großbritannien aufgenommen hat, versteht sich angesichts der räum-lichen Nähe – über die Irische See sind es an deren schmalster Stelle bloß 20 km nach Schottland – von selbst. Dennoch

waren es gerade divergierende Entwick-lungen in der frühen Geschichte, deren Nachwirkungen bis heute Kernpunkte der irischen Identität geblieben sind. Hierbei ist an erster Stelle die keltische Einwande-rung zu nennen, die wenige Jahrhunderte vor Christus die Britischen Inseln erfasste. Die keltische Sprache behielt allerdings nur in Irland bis weit in die Neuzeit herauf ihre dominante Position – noch um 1800 sollen sie 50 % der Bevölkerung gespro-chen haben – und noch heute stellen in den allerdings sehr peripher im W des Landes gelegenen „Gaeltacht“-Gebieten (Abb. 2) Menschen mit gälischer Muttersprache die Mehrheit. Diese keltische Tradition spielt heute in der Eigenwahrnehmung und Selbstinszenierung der irischen Nati-on eine zentrale Rolle, worüber in dieser Zeitschrift erst kürzlich Stadtschreiber 2007 ausführlich berichtete. Wenn auch nur etwa 2 % der Bevölkerung Irisch als Hauptsprache verwenden, begegnet man der offiziell ersten Staatssprache, die in allen Schulen gelehrt wird und seit 2007 EU-Amtssprache ist, auf Schritt und Tritt: Konsequent zweisprachige amtliche Auf-schriften (Abb. 7) sind ein Markenzeichen der Republik Irland. In den Gaeltacht-Ge-bieten wird es für Reisende mühsam: Hier sind nicht nur amtliche Informationen (Abb. 3), sondern auch Wegweiser ein-sprachig Gälisch. Davon unabhängig hat

Abb.1 : Der Spire of Dublin – symbolträchtiges neues Wahrzeichen der Stadt (Foto: LIEB)

ZuM AuTorGerhard K. Lieb, Mitarbeiter unseres Instituts und begeisterter Europäer, erfüllte sich durch seine Studienreise nach Irland im Sommer 2008 einen großen Wunsch: Mit Irland hat er nunmehr alle 27 EU-Staaten bereist.

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Irland freilich auch eine reiche englische („angloirische“) Kultur, wie man etwa an den 4 (!) irischen Literatur-Nobelpreis-trägern (Beckett, Heaney, Shaw, Yeats) ersieht – aber auch im Englischen achten die Irinnen und Iren genau auf die Pflege ihrer sprachlichen Eigenheiten (Tieger 1996, 200 ff.).Die Römer fassten im Gegensatz zu Großbritannien auf Irland nie Fuß. Den-noch kam von dort ein entscheidender Impuls: Ab 432 missionierte der aus Eng-land entführte Heilige Patrick die Insel so nachhaltig, dass sie weder – wie Groß-britannien durch die angelsächsische Er-oberung – erneut heidnisch wurde noch es im Laufe der Geschichte je gelang, ihr ein anderes Bekenntnis als den Katholizismus aufzuzwingen (obwohl gerade das ein Ziel englischer Politik spätestens seit Anfang des 17. Jhs. war). Ganz im Gegenteil: Ir-land war eines der großen europäischen

Zentren christlicher Spiritualität im Früh- und Hochmittelalter (Abb. 4) und irische Mönche waren bis nach Mitteleuropa hi-nein als Klostergründer aktiv (z.B. ist das Schottenstift in Wien seinem Namen zum Trotz eine irische Gründung). So gilt Ir-land heute als eines der „katholischsten“ Länder Europas und selbst der irische Staatsfeiertag ist der St. Patrick’s Day: Der 17.3. gilt als Todestag des Heiligen. Auch durch sein Leben in einer Zeit, als Irland politisch von Großbritannien unabhän-gig war, hat er – obwohl er vordergründig (wie der Spire in Dublin) keine politische Botschaft zum Ausdruck bringt – doch genügend Symbolkraft, um Irland als ei-genständige Nation vom Vereinten König-reich abzugrenzen!

Abb. 2 : Übersichtskarte von Irland (mit Eintragung der im Text erwähnten Lokalitäten)

Abb. � : Gälisch als erste Sprache in den Gaeltacht-Gebieten: Informationstafel über die Sanierung einer Straße auf der Dingle-Halbinsel (Foto: LIEB)

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GeoGraz 43 - 2008

Eine lange Geschichte: Konflikte mit England

Die machtbewussten Nachbarn im dich-ter besiedelten und wirtschaftlich erfolg-reichen Großbritannien warfen schon früh nicht bloß ein Auge auf die kleinere „Schwesterinsel“, sondern versuchten spätestens seit anglonormannischer Zeit (ab dem 12. Jh.) hier auch Fuß zu fassen und die autochthone irische Bevölkerung zu anglisieren. Da sich Irland dagegen in stetem Rückbezug auf seine eigenstän-digen keltischen und katholischen Wur-zeln als sehr resistent erwies, sah sich England zur gewaltsamen Unterwerfung veranlasst. Dabei brachten Oliver Crom-wells und Wilhelm von Oraniens Ver-nichtungsfeldzüge und die anschließende Ansiedlung durchwegs protestantischer Siedler aus Großbritannien (Abb. 5) ver-bunden mit Umsiedlungsaktionen – man würde heute von ethnischen Säuberungen sprechen – im 17. Jh. vordergründig Ruhe ins Land. Die in der Folge verstärkten englischen Bemühungen um eine Verbes-serung der Infrastruktur und der dadurch erreichte Wirtschaftsaufschwung wurden vor Ort stets nur als Kolonialpolitik, die die Kolonie „in bewusster Rückständig-

keit hielt“ (Brockhaus 1997, 33), empfun-den. Damit waren damit jene Strukturen geschaffen, die zum Nordirlandkonflikt führen sollten.Der Nordirlandkonflikt – im Englischen als „the troubles“ bezeichnet – kann hier natürlich nicht ausgelotet werden (vgl. z. B. Sturm 1999), sondern es müssen weni-ge Hinweise genügen. Wie bei den meisten ethnischen Konflikten ist die Problemlage außerordentlich vielschichtig und gerade jener Antagonismus, mit dem der Konflikt am meisten assoziiert wird – Protestantis-

mus versus Ka-tholizismus –, steht eigentlich gar nicht im M it t e lpu n k t (obwohl bis in die Gegen-wart die Rolle von Klerikern im politischen Meinungsbil-dungsprozess k e i n e s w e g s unter sc hät z t werden darf). Worum geht es dann? Wie schon angedeutet, begann alles mit der von irischer Seite als unrechtmäßig emp-fundenen britischen Invasion und Besied-lung Irlands, namentlich in Ulster, einer der 4 historischen Provinzen Irlands (Abb. 2). Die darauf folgende Anglisierungspo-litik resultierte in einem relativen sozialen Abstieg der irischen Bevölkerung, so dass bald einer englischen oder angloirischen Oberschicht eine arme, vorwiegend länd-liche irische Unterschicht gegenüber stand. Dass daran die zunehmende Industriali-sierung und Verstädterung im 19. Jh. auch nichts änderte, bedarf keiner gesonderten

Erklärung – in den Werften Belfasts fand sich die autochthone irische Bevölkerung als Proletariat ohne Chance auf sozialen Aufstieg wieder.1921 führte der Anglo-Irische Vertrag zur Gründung des Irischen Freistaates, doch verblieben die mehrheitlich protestantisch besiedelten Counties von Ulster („Nord-irland“) beim Vereinigten Königreich. An diesem Status änderte auch das Jahr 1949 nichts, als Irland aus dem Commonwealth austrat und als nunmehr eigenständige Republik verfassungsmäßig den Anspruch

auf Nordirland erhob. Eigentlicher Aus-löser des gewaltsamen Konfliktes waren jedoch weder Gebietsansprüche noch re-ligiöse Differenzen, sondern die prekäre soziale Situation. Diese war für die ka-tholische Seite unerträglich geworden, da sie von der Freisetzung von Arbeitskräf-ten in Folge der notwendig gewordenen Umstrukturierung der Altindustrien am schlimmsten betroffen war und sich von

der britisch-protestantisch dominierten Regierung Nordirlands im Stich gelas-sen fühlte. Zunehmende wechselseitige Provokationen und das Vorhandensein paramilitärischer Organisationen ließen ab 1969 Gewaltausbrüche entstehen, die schließlich am 30.1.1972, dem „Bloody Sunday“, eskalierten: 13 unbewaffnete Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer irisch-katholischen Demonstration wur-den in Derry von britischen Soldaten er-schossen. Die folgende, bisher nicht ge-kannte Welle von Terror und Gegenterror

Abb. 4 : „Hochkreuze“ (im Bild das von Drumcliff ), eine eigenständige künstlerische Schöpfung Irlands, werden als nationale und religiöse Symbole verehrt (Foto: LIEB)

Abb. � : Derry (Nordirland) entstand als „plantation town“ Anfang des 17. Jhs. – England festigte mit solchen Gründungsstädten seine Hegemonie über Irland (Foto: LIEB)

Abb. 6 : Visualisierung der „troubles“ – Wandgemälde im katholischen Viertel Bogside, Derry (Nordirland) mit Darstellung der Opfer des „Bloody Sunday“ (Foto: LIEB)

Bezugsgebiet Republik Irland Nordirland Irland gesamt

Fläche (km2) 70.273 13.576 83.849

Einwohner (2005) 4,159.000 1,724.000 5,883.000

Dichte (Ew./km2 2005) 59 127 70

Hauptstadt (Ew.) Dublin (506.000*) Belfast (277.000**) .

Regionales BIP in KKS (2003; EU 25 = 100)

134,1 92,8 .

Protestantische Bevölkerung (%) 3,9* 53,1** .

Katholische Bevölkerung (%) 86,8* 43,8** .

tab. 1 : Ausgewählte Grunddaten und religiöse Struktur der beiden Teile Irlands (Quellen: Fischer Weltalmanach 2008, Eurostat 2006)

Anmerkungen: * Werte für 2006, ** Werte für 2001

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hielt das Land (und die Weltöffentlichkeit) für zwei Jahrzehnte in Atem und forderte insgesamt an die 4000 Todesopfer!Der Durchbruch in Richtung Frieden ließ bis zum Karfreitagsabkommen 1998 auf sich warten: Damals einigten sich die Konfliktparteien auf eine gemeinsame, gewaltfreie Lösung (die auch die Wie-dervereinigung mit Irland offen ließ), das Vereinigte Königreich billigte Nordirland Autonomie mit verstärktem Mitsprache-recht auch für die katholische Seite zu und die Republik Irland strich den territorialen

Anspruch auf Nordirland aus der Verfas-sung. Dennoch ließ sich das Abkommen – trotz der Verleihung des Friedensnobel-preises an die beiden gemäßigten Politiker D. Trimble und J. Hume und trotz der ab-lehnenden Haltung einer überwältigenden Mehrheit in der Bevölkerung gegen die Gewalt – nur sehr zögerlich umsetzen. So etwa wurde die Autonomie von 2002 bis 2007 wieder ausgesetzt und die Terroror-ganisation IRA beendete erst 2005 ihren bewaffneten Kampf. Derzeit „funktio-niert“ auf der politischen Ebene zwar al-

les, der Konflikt gilt aber noch keineswegs als endgültig überwunden (Machreich 2008). Immerhin – als Besucherin/Be-sucher kann man heute z.B. in Derry die politischen Botschaften beider Seiten in sorgsam restaurierten Wandgemälden, die als „Murals“ auch touristisch beworben werden, studieren (Abb. 6) und gewinnt beim Stadtbummel den Eindruck, dass die Aufarbeitung der schwierigen gemein-samen Geschichte in Gang ist. Bis zu einem wirklich wechselseitigen Vertrauen zwischen den einst verfeindeten Grup-pen dürfte der Weg aber immer noch weit sein.

Zweierlei Irland

Die Teilung der Insel scheint demnach so lange zementiert zu sein, als die protestan-tisch-britische Bevölkerung in Nordirland eine deutliche Mehrheit hat (Tab. 1). Da-bei gewinnt man den Eindruck, dass die Menschen in beiden Teilen Irlands mit dieser Situation sehr ungezwungen und pragmatisch umgehen, wozu sicherlich auch – ähnlich wie im Fall Südtirol – das gemeinsame, übergeordnete „Dach“ der Europäischen Union einen Beitrag lei-

stet. Für Reisende ist das Überschreiten der Grenze von der Republik Irland nach Nordirland jedenfalls nur daran zu bemer-ken, dass die Distanzangaben von Kilo-metern auf Meilen (bzw. die Geschwin-digkeitsbegrenzungen von km/h auf mph) wechseln, die Polizei statt Garda wie aus dem Englischen gewohnt Police heißt und man Pfund wechseln muss.Dennoch – allein die nüchternen Zahlen der Tab. 1 zeigen schon die großen Unter-schiede, die zwischen den beiden Irland bestehen. So ist Nordirland ungleich dich-

ter besiedelt als die Republik Irland, was vor allem ein Erbe der dort früh einsetzenden Industrialisierung ist, welche von einer besonderen Förderung dieses Landesteils durch England zeugt. Dies erinnert ebenso wie der hohe Anteil an Protestantinnen/Protestanten an die im voran gegangenen Kapitel angesprochenen Konflikte. Das re-gionale BIP ist in der Republik Irland we-sentlich höher, worin sich u. a. die periphere Lage Nordirlands zum Vereinigten König-reich widerspiegelt. Obwohl der Wert für die Republik Irland starke regionale Dispa-ritäten verschleiert, veranschaulicht er doch deren wirtschaftlichen Erfolg – im Ranking der 27 EU-Staaten belegt Irland den zwei-ten Platz hinter Luxemburg!

Der „keltische tiger“ – eine beispiellose Erfolgsstory?

Irlands in den Jahren nach dem Beitritt zur damaligen EG (1973) vollzogener sozioöko-nomischer Wandel von einem der „Armen-häuser Europas“ zur nach dem BIP/Kopf zweitstärksten Nationalökonomie innerhalb der EU hat sowohl in den Medien als auch in der internationalen Fachliteratur (die auch den in Anlehnung an die ostasiatischen

„Tigerstaaten“ geprägten Begriff „keltischer Tiger“ übernahm) viel Beachtung gefunden (kompakt und leicht greifbar: Wood 2000, Glebe 2000). Dieses Beispiel eines erfolg-reichen Entwicklungspfades, der in Tab. 2 (und noch deutlicher in der Zeitreihe des Wirtschaftswachstum bei Bolten 2007, 38) erkennbar ist, wird auch gerne in Schul-büchern aufgegriffen und analysiert (z.B. Bauer et al. 2006, 136-139; Klappacher u. Lieb 2006, 76-80). Demnach gelten die fol-genden Faktoren als die wichtigsten Grund-lagen des ökonomischen Erfolges:

Abb. 8 : Der Westen ist trotz des Tourismus immer noch Peripherie – traditionelle Kulturlandschaft mit extensiver Landwirtschaft in Connemara (Foto: LIEB)

Abb. 9 : Das Pub gehört zum fixen Repertoire irischer Selbst- und Außenwahrnehmung, auch in Dublins Szeneviertel „Temple Bar“ (Foto: LIEB)

Abb. 7 : Postmoderne Architektur symbolisiert den ökonomischen Aufstieg des Zentrums: Waterfront des Liffey in Dublin; vorn eine gälisch-englische Straßentafel (Foto: LIEB)

Bezugsjahr 1993 2005

Erwerbstätige I. Sektor (%) 13 6

Erwerbstätige II. Sektor (%) 27 28

Erwerbstätige III. Sektor (%) 60 66

Arbeitslosigkeit (%) 14,7 (1994) 4,4 (2006)

Wirtschaftswachstum (% zum Vorjahr)

+2,6 (1994: +5,8; 1995: +9,5)

+5,5

tab. 2 : Ausgewählte Wirtschaftsdaten der Republik Irland (Quellen: Fischer Weltalmanach 2008, BOLTEN 2007, WOOD 2000, Eurostat 2006)

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GeoGraz 43 - 2008

• Seit 1969 kümmert sich die halbstaatliche Industrial Development Authority (IDA) um die Vermarktung des Standortes Ir-land bei ausländischen Unternehmen und um die Schaffung von Investitionsanrei-zen. Ab 1987 läuteten Steuersenkungen (für die Unternehmen ist niedere Kör-perschaftssteuer besonders attraktiv) und Lohnerhöhungen ein weit über dem eu-ropäischen Mittel liegendes Wirtschafts-wachstum ein.• Die Lohn- bzw. Lohnnebenkosten blie-ben dennoch gering, wobei gleichzeitig eine große Zahl an gut ausgebildeten jun-gen Fachkräften mit Englisch als Mutter-sprache zur Verfügung stand.• Das Hauptaugenmerk der staatlichen Wirtschaftspolitik und der IDA fiel von Anfang an auf die wachstumsorientierten Branchen des High-Tech-Sektors, wobei die – auch im Land selbst hoch entwi-ckelte – Informations- und Kommunika-tionstechnologie als besondere Stärke gilt.• Das irische Bildungssystem wurde sy-stematisch verbessert und mit dieser Bil-dungsoffensive die Grundlage für das erwähnte hohe Qualifikationsniveau der Erwerbstätigen geschaffen.• Irland war lange Zeit als Ziel-1-Gebiet klassifiziert und konnte daher beachtliche Fördermittel aus dem Strukturfonds der EU lukrieren, was u. a. der Verbesserung des Bildungswesens und der Informati-onsinfrastruktur zu Gute kam.Es gibt aber auch Faktoren, die den Er-folg relativieren. Hierzu gehören etwa eine starke Abhängigkeit der Wirtschaft von multinationalen Konzernen, die nun we-gen der in Irland mittlerweile gestiegenen Löhne und Steuern dazu tendieren andere Produktionsstandorte – etwa in den „bal-tischen Tigerstaaten“ – zu suchen. Bolten 2007 listet eine Reihe weiterer Problem-

felder auf, von denen viele jedoch (wach-sende Kluft zwischen arm und reich, Wan-del vom klassischen A u s w a nd e r u n g s - zum Einwande-rungsland, steigende Immobilienpreise u. a.) alles andere als spezifisch irische Phänomene sind. Dies gilt auch für die Konzentration von qualitativ hochwer-

tigen Arbeitsplätzen und Wertschöpfung auf die Hauptstadtregion, während vor allem der Westen – und dort wieder spe-ziell die Gaeltacht-Gebiete – nach wie vor stark periphere Züge aufweisen. Ein auch für Reisende erlebbares Symptom sind die auf weiten Strecken nach wie vor dürftig ausgebauten Straßen; die Verkehrsinfra-struktur konnte mit der überhitzten Wirt-schaftsentwicklung eben kaum Schritt halten. Der 4. nationale Entwicklungs-plan für 2007-2013 versucht diese Mängel zu beheben.Dass Reisende diesen erreichten soziöko-nomischen Standard zumindest indirekt auch sehen können, sollen Abb. 7 und 8 beispielhaft zeigen. Viel einprägsamer je-doch ist das Preisniveau, das – verharm-losend ausgedrückt – schwer erträglich ist und in der Regel selbst bei Massenware im Supermarkt deutlich über dem in Öster-reich üblichen liegt. Besonders in der Gas-

tronomie sowie bei den Eintrittsgebühren zu bestimmten Sehenswürdigkeiten wer-den Schmerzgrenzen überschritten, die die Frage aufwerfen, warum Irland überhaupt so viel Tourismus hat. Mit 31,6 Millionen Übernachtungen in gewerblichen Beher-bergungsbetrieben erreicht es nämlich eine Tourismusintensität von 7,8 (was im EU-Ranking den 5. Platz hinter Zypern, Malta, Österreich und Spanien bedeutet; Statistik Austria 2007, 598).

Positive Images und touristische Attraktivität

Destinationen im Tourismus entstehen oft aus Klischees, von denen Irland eine ganze Menge zu bieten hat. Sie alle werden auch sorgsam gepflegt, etwa das Image gemüt-licher Sorglosigkeit in den Pubs (Abb. 9). Sie zu besuchen gehört zu jedem Irland-Aufenthalt und die Irinnen und Iren selbst tun das ebenfalls reichlich, wodurch eine einzigartige Atmosphäre entsteht, in der auch das sonst für den mitteleuropäischen Geschmack gewöhnungsbedürftige Guin-ness schmeckt. Diese Pub-Kultur, samt der dazu gehörigen Musik, wird heute weltweit exportiert, wobei ein dahinter stehendes Firmenimperium dafür Sorge trägt, dass auch das entlegenste Pub am anderen Ende der Welt noch authentisch irisch wirkt (Verg 2007).Ein ganz anderes Klischee ist schon in der Überschrift genannt: Irland ist grün. Das trifft unzweifelhaft zu und gilt – im Ge-gensatz zu Mitteleuropa – zumindest für die allgegenwärtigen Wiesen und Weiden

Abb. 10 : Irish traffic jam – ein Beispiel für die Reproduktion des Klischees vom unberührten, „grünen“ Irland (Quelle. Internet)

Abb. 11 : Die Windenergie erlebt gegenwärtig auch in Irland einen Boom – Windpark im zentralen Donegal (Foto: LIEB)

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auch im Winter. Denn ein Jännermittel der Lufttemperatur von über 5°C in wei-ten Teilen des Landes bedeutet für die Gräser keine Vegetationsruhe. Die damit angedeutete ausgeprägte Maritimität des Klimas äußert sich in kühlen Sommern (Julimittel meist 15-16 °C) und hohen Jahresniederschlägen, die 800 mm kaum unter- und im W vielerorts sogar 2000 mm überschreiten (Klimadaten nach Jä-ger 1990). Dass es da üppig grünt und blüht, versteht sich von selbst, wobei in den besonders wintermilden und so gut wie frostfreien Küstenlagen im SW auch subtropische Arten gedeihen, die dort be-sonders als Zierpflanzen in allen Gärten anzutreffen sind. Tieger 1996, 126, hat Irland „Europas grüne Weide“ genannt und darauf hingewiesen, dass sich dieses Image auch für die Vermarktung von „na-türlichen“ Nahrungsmitteln eigne. Und in diesem Sinne wird das Bild vom grünen, ländlich-unverdorbenen Irland auch viel-fach in Reiseführern, Ansichtskarten und anderen touristischen Materialien repro-duziert (Abb. 10).Dies freilich kann nicht darüber hinweg täuschen, dass das heutige Erscheinungs-bild der irischen Landschaft selbstver-ständlich anthropogen gestaltet wurde. Irland ist wohl zu über 90 % seiner Flä-che potenzielles (Laub-)Waldgebiet, doch wurde durch Jahrhunderte bis Jahrtausende andauernde Übernutzung der Waldanteil bis um 1700 auf 1 % reduziert. Auch der mit 16 % der Staatsfläche außerordentlich hohe Anteil von Mooren ist zum großen

Teil auf menschlichen Einfluss zurückzu-führen – erst die Beseitigung des Waldes führte zur Vernässung flacherer Hangbe-reiche und zur Ausbreitung der Decken-moore (blanket bogs; Jäger 1990, 38-47). Torf bildet seit 1950 auch eine wichtige Ressource als Brennstoff für die Strom-erzeugung, soll jedoch zunehmend durch Windenergie – immer mehr große Wind-parks nutzen den unablässig wehenden Wind (Abb. 11) – substituiert werden. Obwohl Bemühungen um die Auffor-stung großer Flächen – vielfach allerdings mit nicht von Natur aus verbreiteten Na-delhölzern –, bis ins 18. Jh. zurückreichen, liegt der Waldanteil selbst den jüngsten Quellen zu Folge erst bei 10% (The Edu-cational Company of Ireland 2008). Wald

gehört aber ohnehin nicht zum touri-stischen Image der Insel: Es ist vielmehr die weithin waldlose, durch das Mosaik von kleinparzelligen Wiesen und Weiden mit zwischengeschalteten üppigen Hecken reizarm belebte Landschaft (Abb. 12), die sich als Gegenbild zu den städtischen Le-benswelten der Gäste eignet und somit eine gute Kulisse für erholsamen Urlaub bietet. Dazu scheint dann sogar der häu-fige Regen, das vielleicht realitätsnächste aller Klischees, zu passen.Als nächstes assoziiert man Irland als In-sel wohl mit Küste, deren Gesamtlänge meist mit Werten um 3200 km beziffert wird. Unter den sehr vielfältigen Küsten-landschaften gibt es wenigstens zwei, die als Top-Reiseziele im internationalen Tourismus gelten, und zwar die Cliffs of Moher (Republik Irland) und der Giant’s Causeway (Nordirland, Abb. 13). Bedeu-tend sind auch die Binnengewässer (die nach Brockhaus 1997, 2,4 % der Fläche bedecken), wobei das geringe Gefälle des Shannon und der meisten anderen Flüs-se, die zahlreichen Seen und das im 19. Jh. erbaute Kanalnetz (das heute für den Warentransport nicht mehr genutzt wird) die Möglichkeit schaffen, große Teile des Landesinneren – das Klischee des be-schaulichen Irland vertiefend – auch per Hausboot zu bereisen.Diese Gegebenheiten haben ihre Ursache in der großmorphologischen Struktur der Insel, deren Konfiguration gerne mit einer großen Schüssel verglichen wird, was in-soferne zutrifft, als die höchsten Berglän-der wirklich alle nahe der Küste liegen. Da Abb. 1� : Der Giant’s Causeway besteht aus Säulenbasalt und ist seit dem frühen 19. Jh. als Tourismusziel etabliert, das noch heute

etwa Million Gäste jährlich besuchen (Foto: LIEB)

Abb. 12 : Irische Parade-Kulturlandschaft in Munster – kleinstrukturiert und beinahe waldfrei (Foto: LIEB)

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GeoGraz 43 - 2008

es sich um Relikte der kaledonischen (im äußersten SW der variszischen) Gebirgs-bildung handelt, bleiben die Reliefener-gien ebenso wie die absoluten Höhen be-scheiden: Der Carrauntoohil als höchster Berg erreicht gerade einmal 1039 m (Abb. 14). Die Berge wirken allerdings höher als sie sind, weil wegen des maritimen Kli-mas die Höhengrenzen tief liegen und die glaziale Formung – noch im Würm war Irland beinahe zur Gänze vergletschert (gute Übersichtskarte im Brockhaus 1997, 16) – vielfach scharfe Formen geschaffen hat. Bergländer sind jedoch die Ausnah-me – auf den 94 % der Fläche, die tiefer als 300 m liegen, dominieren Ebenen und Hügelgebiete, die einmal mehr das Kli-schee der sanften, lieblichen Landschaft bedienen.

Das westliche Ende Europas?

Diese letzte Kapitelüberschrift setzt hinter ein weiteres Klischee ein Fragezeichen. Die westliche Lage wird vor Ort inszeniert, wobei die Dingle-Halbinsel diesbezüglich die Nase vorn hat und das westlichste Pub Europas bewirbt – dass das nicht stimmt (weil man ja wenn schon Makaronesien, so doch keinesfalls Island ausschließen wird) wissen offenbar nur Geographinnen und Geographen. Immerhin, man kann sich auf eine sehr weit westliche Lage in Eu-ropa einigen und mit dieser auch einiges von der geographischen Realität Irlands erklären: Das maritime Klima mit all sei-nen ökologischen Wirkungen etwa oder so manchen eigenständigen Entwicklungs-zug bis hin zur stark ausgeprägten Blick-richtung nach Amerika. Letztere gab nicht nur die Jahrhunderte lang dominierende

Migrationsrichtung des bis in die 1990er Jahre klassischen Auswanderungslandes vor, sondern spiegelt sich auch heute noch etwa in den Außenhandelsbeziehungen wider.Die abseitige Lage irgendwo „draußen“ im Atlantik ohne Anschluss an die „Errun-genschaften“ Kontinentaleuropa hat als Bild allerdings ausgedient. Erinnern wir uns zurück an den Spire of Dublin: Das neue Irland gibt sich im Wissen um sei-nen wirtschaftlichen Erfolg selbstbewusst, das Selbstbild der Rückständigkeit ist ver-gessen (mit Augenzwinkern wird damit allenfalls noch ländliche Idylle als Kulis-se der Tourismuswirtschaft konstruiert). Irland hat trotz seiner Randlage den Weg aus der Peripherie ins Zentrum gefunden, ist zum europäischen Vorzeigeland einer

dynamischen Wirtschafts-entwicklung geworden.Schließlich kann man mit der westlichen Lage angesichts der zwischen den europä-ischen Staaten herrschenden Sympathie-Gradienten wohl auch viel von den positiven Konnotationen in der Au-ßensicht Irlands erklären. Und anders als beim Ken-nenlernen des europäischen Ostens, das die über die dor-tigen Staaten herrschenden negativen Stereotype Lügen straft, bestärkt das Kennen-lernen Irlands die meisten der

positiven Assoziationen über das Land. Zumindest grün und wirtschaftlich dyna-misch ist Irland ganz unzweifelhaft – aber sind das nicht (genauso wie die Problem-felder Boltens 2007) Gemeinsamkeiten mit den Staaten Ostmittel- und Osteuro-pas?

Abb. 11 : Der Carrauntoohil, ein glazial geformter Gipfel, erinnert an die Niederen Tauern – auch die Ersteigung des Gipfels stellt ähnlich Anforderungen wie dort (Foto: LIEB)

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IM TELESKOP

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Geo-Kolloquiumdo. 16. oktober 2008, 15.00 h

Festkolloquium zur emeritierung von Prof. wakonigg

Regionalgeographie und „Dritte Säule“. Anmerkungen am Beispiel Uganda.uNIV. ProF. dr. MArTIN SeGer (KLAGeNFurT)

Wie alt sind alpine Kulturlandschaften?uNIV. ProF. dr. GeorG MIeHe (MArburG/LAHN)

detailprogramm siehe S. 5

Fr. 21. November 2008

Blickpunkt „Nachhaltigkeit in Region und Wirtschaft“VerANSTALTeT VoN oIKoS uNd rce GrAZ-STyrIA

do. 11. dezember 2008

Der Einsatz Geographischer Informationssysteme zur Analyse und zum Management von Risiken in Verbindung mit Massenbewegungen: Möglichkeiten und GrenzenMAG. MArTIN MerGILI (INNSbrucK)

Alle Vorträge finden, wenn nicht anders angegeben, um 17.30 h im Hörsaal 11.03 am Institut für Geographie und Raumforschung, Heinrichstraße 36, bei freiem Eintritt statt.

GEO-KOLLOQUIUM

Eventuelle Änderungen und Ergänzungen in unserem Programm entnehmen Sie bitte unserer Website: www.uni-graz.at/geowww/

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zu GeoGraz 42 Beitrag von

dieter FLecK:

„Albanien. unbekanntes Land im Südosten“Bedauerlicherweise sind uns bei der Redaktionsarbeit zu diesem Artikel zwei Absätze verloren gegangen – aufmerksamen Leserinnen und Lesern dürfte aufge-fallen sein, dass das Kapitel „4. Bevölkerung: Religion und Sprache“ keine Aussagen über die Sprache enthält. Wir entschuldigen uns für diesen Irrtum und reichen die beiden fehlenden Absätze hiermit nach. Sie sind auf S. 24 direkt oberhalb der Kapitel-Überschrift „5. Wirt-schaftlicher Überblick“ einzufügen.

Wenn die Aussage „die Religion des Albaners ist das Albanertum“ gilt, könnte man vermuten, dass es sich bei Albanien um ein ethnisch homogenes Land handelt. Die geringe Größe der Volksgrup-pen (außer der griechischen, zu der sich rund 50.000 Menschen bekennen) verstärkt diesen Eindruck, der jedoch täuscht. Der Fluss Shkumbin war nicht nur die Grenze zwischen dem byzantinischen und römisch-katholischen Einflussbereich, er trennt die Albaner auch in zwei Teile: Nördlich davon leben die Gegen und – mit einem Übergangsgebiet – süd-lich davon die Tosken, welche sich sprachlich und kulturell deutlich voneinander unterscheiden. Die geographisch extremen Formen dieser beiden Dia-lekte sollen beispielsweise ähnlich verschieden sein wie das Norddeutsche und das Schwyzerdütsch (Von Kohl 1998: 164).Diese nationale Zweiteilung, aber auch die Beein-flussung durch drei Religionen mit drei unterschied-lichen Schriften (arabisch, lateinisch und griechisch) erschwerten die Bildung einer einheitlichen alba-nischen Schriftsprache. Nachdem bereits im Rah-men der Rilindja-Bewegung (Kap. 3) erste Wörter-bücher und Grammatiken verfasst worden waren, kam es erst 1908 beim so genannten Kongress von Manastir (das heutige Bitola in Makedonien) zu einem allgemein gültigen albanischen Alphabet, basierend auf der lateinischen Sprache (neben den Machthabern des Osmanischen Reiches wurde vor allem von griechisch-orthodoxer Seite die Entwick-lung einer eigenen albanischen Schriftsprache be-kämpft). Im Jahre 1972 berief Enver Hoxha einen all-albanischen Kongress ein (mit Teilnehmern aus dem Kosovo, aus Makedonien und aus Italien), in dem eine offizielle Einheitssprache festgelegt wur-de. In dieser Sprache dominiert das südalbanische Toskische (Enver Hoxha stammt aus Südalbanien). Seitdem wird auch in den albanischsprachigen Ge-bieten außerhalb Albaniens (wie z.B. im Kosovo) die-se Schriftsprache verwendet.

NAchtRAG

do. 22. Jänner 2009Shared Space – Umsetzung in der SteiermarkASS. ProF. dr. FrANZ bruNNer, dI MAG. THoMAS PILZ (GrAZ)

do. 27. November 2008

Kompetenznetzwerk Wasserressourcen GmbH – eine Kooperation von Wirtschaft und ForschungMAG. GerHArd ProbST, MAG. STeFAN ScHAFrANeK (GrAZ)

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GeoGraz 43 - 2008

Head massage Eindrücke und hintergründe zu Nepal

erNST PreININGer

AUSSERDEM

„Do you want head massage?“ Gerade hatte ich gedacht, mich einigermaßen an die eigentümlichen, aber faszinierenden Rasurtechniken des flinken, kleinen Bar-biers mit den feingliedrigen Händen ge-wöhnt zu haben. Ich betrachtete mich selbst in diesem winzigen, kuriosen La-den, inmitten von blinden Spiegeln mit abgeschlagenen Ecken, blinkenden Hei-ligenstatuetten und Menschen, deren auf-geregtes Geschnatter ich nicht verstand, die aber sichtlich ihren Spaß dabei hatten, dass sich hier ein ahnungsloser Ausländer für die heimische Rasurkunst interessier-te. Shiva, Ganesh, Vishnu und wie sie alle heißen, schienen mich von ihren farben-frohen Postern an der Wand an- oder aus-zulachen. Der Duft von Räucherstäbchen stand irritierend im Raum, hinter mir wurde das Gesicht eines anderen Kun-den gerade kunstvoll mit blütenweißem Schaum eingepinselt und aus einem klei-nen Radio in der Ecke krähte ein junger Mann zu exotisch anmutenden Rhyth-men. Er schien hier recht beliebt zu sein, denn die zwei anwesenden Jungs verloren just in diesem Moment das Interesse da-ran, mich mit unverhohlenem Grinsen im Gesicht von der Seite anzustarren, als das Lied anhob, und versuchten, eher un-gewollt mehrstimmig, zum schmalzigen Lied zu singen. Während ich mir kurz überlegte, wieviele Menschen und Friseur-sessel wohl Platz haben würden in einem Raum von drei Quadratmetern, gab ich meinem Barbier mit einem kurzen Nicken und einem vielleicht zu gewollt weltmän-nischen Lächeln zu verstehen, dass ich das ganze Programm wünsche.

Draußen war es bereits dunkel gewor-den, als ich auf die Straße trat. Das üb-liche Chaos, das Gehupe, die spielenden Kinder, die Straßenhunde, die stinkenden Abgaswolken des wie immer rücksichtslos rollenden Verkehrs, all das nahm ich nur am Rande wahr. Erstmals fühlte ich mich wirklich angekommen. Nepal. Kathman-du. Was für klingende Namen. Und was für ein angenehmes Gefühl in Nacken und

Gesicht. Zwei Monate später, ich sitze im Café

meines Vertrauens und diskutiere mit Alex, einem von den Philippinen einge-wanderten Besitzer eines kleinen Loka-les, der hier mit seiner japanischen Frau

und ihren mittlerweile zwei Kindern sein Glück versucht. Er und seine Familie wa-ren bald so etwas wie Freunde geworden, da sein Espresso weit und breit keine Kon-kurrenz kannte, das Menü exzellent war, außerdem gleich um die Ecke lag, und ich daher des Öfteren dorthin kam. Es war verhältnismäßig ruhig gewesen während der letzten Monate, wie man mir von al-len Seiten erzählte. Hier in Kathmandu, der sagenumwobenen Hauptstadt dieses Landes zwischen den zwei Großmächte Indien und China. Im Land, dem man seit seiner touristischen Erschließung durch europäische und amerikanische Hippies in den Sechziger- und Siebzigerjahren

nachsagte, so etwas wie ein hinduistisch-buddhistisches Paradies auf Erden zu sein, Inbegriff von Frieden und Spiritualität.

Am heutigen Morgen beschäftigt ein anderes Thema die Menschen im Café, man hält die Kaffeetasse fester umklam-mert als sonst. Gestern war wieder eine Bombe auf einer belebten Straße in der Innenstadt explodiert. Zum Glück war niemand getötet worden, jedoch hinterließ die Explosion zahlreiche Verletzte, Rat-losigkeit und Resignation in der Bevölke-rung. Die steigende politische Spannung war die letzten Wochen deutlich spürbar gewesen, die Zeitungen waren voll davon, und es mangelte offensichtlich weder an politischem noch echtem Sprengstoff. Wer diesmal hinter dem Anschlag steckte, war unklar.

Das Land hatte viel erlebt in den letz-ten Jahren: Kronprinz ermordet fast die gesamte Königsfamilie und bringt sich danach selbst um, neuer König entmach-tet die Regierung, erklärt sich zum Al-leinherrscher und lässt Regimegegner bei Massendemonstrationen auf der Straße erschießen, Regierung und Militär ent-machten daraufhin König, regelmäßig gibt es Straßenproteste, Zusammenstöße mit Polizei und Militär, Ausgangssper-ren. Das alles in den letzten sieben Jahren. Und nebenbei ringen die Maoisten mit der Regierung und anderen Parteien um die Macht im Lande, in einem Konflikt, der schon 1996 begann und insgesamt etwa 13.000 Menschen das Leben kostete. Erst im April 2007 konnte ein Waffenstillstand ausgehandelt werden, der die Grundlage für die ersten demokratischen Wahlen bil-den sollte.

In der gesamten Zeit meines Aufent-haltes werden im Süden des Landes fast täglich Bomben gezündet, wo die Volks-gruppe der „Madhesi“ mehr Rechte und bessere Einbindung in den Staat Nepal forderte. Die Auswirkungen der wochen-langen Straßen- und Ausgangssperren, die absurderweise von den Madhesi selbst ver-hängt werden und im Grunde der dort an-

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AUSSERDEM

sässigen Bevölkerung, also Angehörigen ihrer Volksgruppe, am meisten schaden, sind auch bereits in Kathmandu zu spüren: Benzin, Diesel und Gas, sowie einige Le-bensmittel wie Gemüse und Reis, neigen sich langsam dem Ende zu, wie man an den langen Warteschlangen an den Tank-stellen und den vereinzelt schon tagelang geschlossenen Restaurants nur allzu deut-lich sehen kann. Die Hauptverkehrsroute aus Indien, auf der die Erdölprodukte nach Nepal gelangen, ist gesperrt, und täglich hört man von gewaltsamen Übergriffen

auf Lastwagenfahrer, die versuchen, die Sperren zu umfahren.

Eine weitere makabre Auswirkung des Lieferengpasses: Zu wenig Holz ist mo-mentan verfügbar, um die Verstorbenen, wie im Hinduismus üblich, auf den dafür vorgesehenen Steinplateaus an den heili-gen Flüssen zu verbrennen. So sieht man Menschen entlang größerer Straßenzüge die letzten Bäume im ohnehin schon viel zu grauen Kathmandu fällen. Wer kein Holz hat, überantwortet den Leichnam einfach dem stinkenden grünen Wasser, was soll man machen. Man hat schließlich schon Schlimmeres erlebt. Auch an die

Stromabschaltung, acht Stunden täglich, hat man sich mittlerweile gewöhnt. Die Wasserstände der Flüsse sind niedrig, und die wenigen Kraftwerke, die es gibt, pro-duzieren viel zu wenig Strom, um damit das ganze Land zu versorgen. Noch dazu wird ein Großteil einigermaßen gewinn-bringend nach Indien verkauft. So wird Kathmandu jeden Abend zu einer kalten, dunklen Geisterstadt, in der man bei ge-selligen Lagerfeuern auf den Straßen nicht genau weiß, welches Jahrhundert man er-wischt hat.

Alex war mit seiner Familie vor fünf Jahren nach Nepal gekommen und hat-te so einige Höhen und Tiefen erlebt. Er ist entsetzt von der Rückkehr der Gewalt in die Hauptstadt, aber nicht überrascht. „Die Menschen hier haben noch nicht ge-lernt miteinander auszukommen“, glaubt er, „jeder versucht, seine Anliegen mit Gewalt durchzubringen, ohne Rücksicht auf die tatsächliche Durchführbarkeit“, und meint, für eine richtige Demokratie im Lande sei es viel zu früh. Erst kürz-lich hatten die sich im April zum dritten Versuch der Wahl zur konstitutionellen Volksversammlung stellenden Parteien einen so genannten „Code of Conduct“ ausgehandelt, einen Verhaltenscodex zwi-schen den Parteien, der auch die Medien mit einschließt und verhindern soll, dass mit unfairen Mitteln wahlgekämpft wird. Das tatsächliche Verhalten der Parteien, allen voran die CPN (M), die „Commu-

nist Party of Nepal (Maoist), kurz Mao-isten, sieht jedoch anders aus. Bis Mitte November 2007 registrierte das unabhän-gige nepalesische „National Monitoring Committee“ die Zahl von nachgewiesenen 913 Übertretungen des Code of Conduct. Ende desselben Monats wurde jedoch dieses Komitee aufgelöst, Konsequenzen für die Übertretungen gab es keine.

Praktisch jede exponierte und gut sicht-bare Fläche der Stadt ist mit roten Let-tern, maoistischen Wahlkampfsprüchen sowie Hammer und Sichel „verziert“. Und wo noch nichts geschrieben steht oder das Wetter die alten Sprüche verblas-sen hat lassen, sieht man junge Männer mit Farbkübeln fleißig pinseln. Oftmals ziehen Paraden durch die Stadt, Parolen schreiend und überdimensionale kommu-nistische Flaggen schwingend. Auch liest man fast täglich von Übergriffen maois-tischer Kadetten auf Kandidaten anderer Parteien: Vor allem Anhänger der An-fang 2007 gegründeten Jugendbewegung der Maoisten, YCL (Young Communist League), sind immer wieder für gewalt-same Straßenschlachten mit der Polizei oder Anhängern anderer Parteien zu ha-ben. All das nur einige Beispiele für die skrupellosen Übertretungen der Überein-kunft von Seiten der maoistischen Partei. Der eigens für die Endphase des „maois-tischen Kampfes“ installierte junge und enorm gewaltbereite Flügel hat im Laufe des vergangenen Jahres, und selbst noch

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einige Tage vor der Wahl am 10. April, reihenweise Kandidaten anderer Parteien, darunter auch Frauen, zum Teil kranken-hausreif geprügelt. Jedes dieser Vergehen wurde zwar von allen Seiten ausgiebig öffentlich gerügt, doch nicht einmal die UNO konnte sich zu einer klaren Aussage überwinden, zu groß war die allgemeine Angst, dass es zum erneuten Ausbruch alter Bürgerkriegshandlungen kommen könnte. Und die aggressiven Sprüche des

maoistischen Spitzenkandidaten Push-pa Kamal Dahal, auch „Prachanda“ (der Fürchterliche) genannt, der im Jänner 2008 bei einer Großveranstaltung allen Ernstes sagte, es mache nichts, wenn seine Partei nicht gewinne, denn dann würden sie sich die Macht eben mit Gewalt holen, schließlich hätten sie genug Waffen und Leute, um das gesamte Kathmandu-Tal in zehn Minuten einzunehmen, verbreiten nicht eben Vertrauen in eine faire Abwick-lung der Wahl. Prachanda distanzierte sich zwar wiederholt von gewalttätigen Handlungen, jedoch klingen diese Beteu-erungen angesichts seiner Worte und der jahrelangen Brutalitäten der maoistischen Rebellen, deren Armeeführer er schließ-lich war, halbseiden und inkonsequent.

Als Ende Jänner 2008 die Armee knapp davor steht, eine komplette Ausgangssperre über Kathmandu und das angrenzende La-

litpur wegen gewaltsamer Straßenproteste zu verhängen, schien das Land nur mehr sehr knapp vor dem Abgrund zu stehen. Kaum jemand glaubte in dieser Zeit an die tatsächliche Abhaltung der Wahlen, alles schien möglich. Die Übergangsregierung hatte zuvor in einer Kurzschlussreaktion die Spritpreise zum dritten Mal inner-halb kurzer Zeit empfindlich angehoben und bekam nun den geballten Volkszorn zu spüren: Zwei Tage lang brannten in

und um Kathmandu tausende Autoreifen auf den Straßen, der Verkehr wurde zum Erliegen gebracht, eine gängige Vorgangs-weise in Nepal, wütende Demonstranten attackierten sogar Rettungsfahrzeuge und Autos der UNO wurden mit Ziegelsteinen demoliert. Der beißende Geruch der bren-nenden Autoreifen in der ohnehin kata-strophalen Luft Kathmandus stieg einem in Nase und Kopf, andernorts wurden Demonstranten mit Trä-nengas und Gummigeschoßen daran gehindert, Polizisten zu verprügeln. Touristen, die an die-sen Tagen angekommen waren, mussten zum Teil ihr Gepäck zu Fuß vom Flughafen ins Innere der Stadt tragen, und manch uninfor-mierter Reisender war schockiert von den kriegsähnlichen Zuständen, wie einer von vielen bestürzten Anrufern in

der deutschen Botschaft, der mit zittriger Stimme meinte: „Ich wollte doch nur Ur-laub machen, und jetzt das!“ Am Abend des zweiten Tages nahm die Regierung ihre Entscheidung zurück, das Volk hatte seine Anliegen wieder einmal mit Gewalt durchgesetzt.

Mittlerweile ist Sommer 2008, die ersten verfassungsgebenden Parlamentswahlen sind entgegen aller negativen Vorhersa-gen Geschichte. Die Maoisten errangen, sehr zur Überraschung der internationa-len Medien, weniger zur Überraschung derer, die die Hintergründe kennen, den angestrebten Wahlsieg, und die Monar-chie wurde tatsächlich abgeschafft, eines der Kernziele ihres jahrelangen Kampfes. Prachanda ist zwar nicht, wie geplant, zum ersten Präsidenten der jungen „De-mokratie“ ernannt worden, jedoch hat er inzwischen den nicht minder einfluss-reichen Posten des Premierministers inne. Wohin das Land steuert, und inwiefern die Maoisten ihren radikalen Kurs durch-setzen können, wird die Zukunft zeigen. Wenigstens scheint die Zeit des Bürger-krieges mit der politischen Legitimierung der Maoisten endgültig vorbei zu sein.

Meinem Barbier dürfte der Ausgang der Wahl ziemlich egal sein, Bedarf an Frisuren und Rasuren wird es auch weiter-hin geben. Ich stelle mir vor, dass er ge-rade sein Rasiermesser schleift, die zufrie-denen, dunkelbraunen Augen konzentriert auf seine Hände gerichtet, daneben der wartende, eingeschäumte Kunde, der sein Kinn in die Luft streckt, im Hintergrund die indische Musik aus dem scheppernden Radio.

Ernst Preininger verbrachte 5 Monate zu Forschungszwecken für seine Diplomarbeit in Nepal

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AUSSERDEM

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„International Joint Master’s Degree in Sustainable Development“

Bereits im März 2008 erhielt die Karl-Franzens-Universität Graz für das neue Internationale Joint Degree Master-Programm „Sustainable Development“ einen Nachhaltigkeits-Oscar, den Su-stainability Award des Wissenschafts- und des Lebensministeriums. Seit dem WS08/09 wird dieses neue Studium an der Karl-Franzens-Universität Graz angeboten. Das curriculum für das Masterstudium: „International Joint Master’s Degree in Sustainable Deve-lopment“ wurde gemeinsam mit sechs Partneruniversitäten unter der Schirm-herrschaft der Karl-Franzens-Universität Graz (Arbeitsgruppe der cuco Umwelt-systemwissenschaften unter der Leitung von Vizestudiendekan Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Alfred Posch) entwickelt: Karl-Franzens-Universität Graz, ca’ Foscari

neues curriculum für das Lehramtsstudium Geographie und wirtschaftskunde

Mit 1.10.2008 traten an der Uni-versität Graz neue curricula für die Lehramtsstudien in Kraft. Die wesent-lichste Änderung hierbei ist die verän-derte Studiendauer, die von bisher 9 auf 10 Semester (300 EcTS) angeho-ben wurde, womit das Lehramtsstudi-um nunmehr gleich lang wie ein Ba-chelor- und ein daran anschließendes Masterstudium dauert. Dadurch soll gegebenenfalls eine spätere Umstel-lung des Lehramtsstudiums auf das Bachelor-/Mastersystem im Sinne des Bologna-Prozesses erleichtert werden. Neu ist auch die Gliederung des Stu-diums in einen 6-semestrigen ersten und einen 4-semestrigen zweiten Stu-dienabschnitt.Im Fach Geographie und Wirtschafts-kunde ändert sich an den vorgeschrie-benen Prüfungsfächern bzw. Lehr-veranstaltungen nur wenig, weil der entscheidende Paradigmenwechsel vom – polemisch formuliert – unge-liebten Anhängsel an das (alte) Di-plomstudium zum eigenständigen, an den Bedürfnissen des Lehrberufes ori-entierten Ausbildungsgang schon vor Jahren vollzogen wurde, was in den meisten anderen Fächern noch nicht oder nur teilweise der Fall war. So ent-steht der große Vorteil, dass für die betreffenden Studierenden der Wech-sel auf das neue curriculum genauso problemlos möglich ist wie die Been-digung des Studiums nach den alten Vorschriften (je nachdem, wie es im Einzelfall unter Berücksichtigung des jeweiligen Zweitfaches sinnvoll ist). Im Wesentlichen mussten nur in fol-genden Bereichen Änderungen vollzo-gen werden:• Berücksichtigung des tatsächlichen

Arbeitsaufwandes und konsequente Harmonisierung der EcTS-Anrech-nungspunkte mit den anderen, an unserem Institut angebotenen Stu-dien

AUSSERDEM

Aktuelles aus der Geographie• Veränderungen in der Konzeption und

Umbenennung einzelner Lehrveran-staltungen

• Teilweise Neustrukturierung des Mo-duls „Methoden und Techniken der GW“

• Aufwertung und Neustrukturierung der wirtschaftskundlichen Module.

Damit wurde das curriculum insgesamt zwar sicher verbessert, wenngleich ei-nige wichtige Forderungen – wie etwa eine stärkere Einbindung der Schulpraxis in die „laufenden“ Lehrveranstaltungen – aus budgetären Gründen auch diesmal nicht realisiert werden konnten. Eine weitere Zukunftsaufgabe ist die Koo-peration mit der Pädagogischen Hoch-schule, an der bereits gearbeitet wird. Es gibt also weiterhin viel zu tun – der ak-tuelle „Zwischenstand“ auf diesem Ent-wicklungspfad findet sich in Form des neuen curriculums (weiterhin gemein-sam mit den naturwissenschaftlichen Fächern Mathematik, Physik, chemie, Biologie und Umweltkunde) im vollen Wortlaut unter: https://online.uni-graz.at/kfu_online/wbMitteilungsblaetter.display?pNr=84458

Universität Venedig, Universität Leipzig, Universität Utrecht, Universität Basel und Universität Hiroshima.Dauer: Das Masterstudium umfasst 120 EcTS-Anrechnungspunkte (4 Semester). Mindestens 60 EcTS-Anrechnungs-punkte müssen an der Stammuniversität absolviert werden. Mindestens 30 EcTS-Anrechnungspunkte müssen verpflich-tend an einer der Partneruniversitäten erworben werden. AbsolventInnen wird entweder das „Joint Master’s Degree in Sustainable Development“ und/oder das „Double Degree in Sustainable De-velopment“ verliehen, welches gleich-wertig mit den Mastergraden in den Ländern der Partneruniversitäten ist.Das Institut für Geographie und Raum-forschung war in die Entwicklung des curriculums eingebunden und bietet eine Reihe von Lehrveranstaltungen für das 1. und 3. Semester, sowie fächer-übergreifend mit anderen Instituten und Fakultäten zwei Module im 2. Semester an:

Courses 1. Selected Topics of Spatial Development and Regional Planning. (10 ECTS)

2. Technical English in Human Geography. (4 ECTS)

3. Sustainable Tourism. (4 ECTS)

4. Selected topics of Spatial Areal Manage-ment (4 ECTS)

5. Regional Development Seminars (8 ECTS)

Sustainable Urban and Regional Development

Courses 1. Special Climate Geography (4 ECTS)

2. Geographic Seminar (Physical Geography or Climatology)

(6 ECTS)

3. Selected Topics of Environmental Physics/Meteorology and

Physical Climatology (8 ECTS)

4. Selected Topics of Physical Geography /Landscape Ecology

(8 ECTS)

5. Changing Landscapes and/or Geo-Spatial-Technologies

(4 ECTS)

climate and Environmental change

Die Zielgruppe für das „International Joint Master’s Programme in Sustaina-ble Development“ sind Studierende, die

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GeoGraz 43 - 2008 AUSSERDEM

sich für nachhaltige Entwicklung und hier besonders für die internationale Dimension von Nachhaltigkeitsthemen interessieren. Darüber hinaus sollten sie bereit und fähig sein, komplexe Prozesse von einer interdisziplinären Perspektive aus zu analysieren und zu beurteilen. Studierende, die sich für das Master-studium bewerben wollen, müssen sich einem Zulassungsverfahren unterwer-fen. Die Einreichfristen für die Zulas-sungsbewerbungen werden jedes Jahr auf der folgenden Website veröffentli-cht: www.jointdegree.eu. wOLfGAnG SULZER

Zu den von unserem Institut bearbeiteten Aufgaben, die vornehmlich den WP 3, 4 und 4, daneben aber auch dem WP 6 zugeordnet sind, gehören u.a.: Erstel-lung von Informationen über Permafrost als Klimawandel-sensibles Phänomen für einen nicht-wissenschaftlichen Nut-zerinnen-/Nutzerkreis, Einbringung der im Rahmen des (weiterhin laufenden) Projektes ALPCHANGE eingerichteten Monitoring-Aktivitäten (www.alpchan-ge.at) in ein alpenweites, standardisier-tes Netzwerk und die Mitarbeit an der Erstellung eines alpenweiten Inventars an Permafrost-Evidenzen (intakte Block-gletscher u. a.).Ziel des Gesamtprojekts ist es, die Verbreitung des Permafrostes in den gesamten Alpen zu erfassen und kar-tographisch darzustellen sowie Richt-linien zum Umgang mit Permafrost in Bezug auf die Gefahrenzonenplanung und den Wasserhaushalt der Gebirgs-regionen vorzulegen. Den Hintergrund bildet eine zunehmende Sensibilisierung aller mit dem Berggebiet befassten und/oder darin lebenden Menschen für die vom Klimawandel induzierten Prozesse, die in vielen Fällen auch Naturgefahren darstellen können. Über die Fortschritte dieses Anfang September 2008 gestar-teten Projektes kann man sich laufend unter www.permanet-alpinspace.eu in-formieren.GERHARD KARL LIEB

Unser Institut als forschungspartner im Interreg IVB-projekt „ReSOURcE“.

Erfreulicherweise ist es an unserem Institut gelungen, ein weiteres IN-TERREG-Projekt (IVB-CENTRAL im Rahmen der EU-Strukturfondperiode 2007-2013) unter Führung der Wirt-schaftsregion chemnitz-Zwickau ge-fördert zu bekommen (Laufzeit 39 Monate: Jänner 09 bis März 2012; Ge-samtbudget: rd. 3,4 Mio. Euro, davon 25 % Eigenmittel).

Das kürzlich genehmigte Projekt nennt sich „ReSOURcE“ (Utilization of post-mining potentials for sustainable re-de-velopment in central European mining cities and regions) und hat die Stärkung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit von Bergbaustädten und -regionen und die Unterstützung bei der Umsetzung von Maßnahmen der nachhaltigen Ent-wicklung zum Ziel. Das Projekt steht unter dem Motto: „Das Problem als chance begreifen – Nutzung nachberg-baulicher Potenziale für eine nachhaltige Entwicklung mitteleuropäischer Berg-baustädte und -regionen“.Im Rahmen dieses Projektes sollen durch ein umfassendes Ressourcenmanage-ment entsprechende Potenziale erkannt und mittels gemeinsamer Aktionen in den beteiligten Ländern entwickelt wer-den. Gemeinsame Studien, Pilotvorha-ben, der Austausch von Erfahrungen und andere Formen der Zusammenarbeit sollen den Weg dafür ebnen. Am Projekt sind insgesamt 10 Partner beteiligt (4 D, 2 A, 2 SI, 1 cZ, 1 H). Gemeinsam mit einem slowenischen, einem ungarischen und einem deutschen Forschungspart-ner wird das Institut für Geographie und Raumforschung für die Forschungsin-halte im Projekt zuständig sein. Als ös-terreichischer Regionspartner konnte der „Verein Steirische Eisenstraße“ ge-wonnen werden. Das Projekt setzt sich aus folgenden 5 Workpackages (WP) zusammen:1. Management und Koordination 2. Kommunikation, Wissensmanage-

ment, Veröffentlichungen3. Potentialanalyse in den Regionen4. Nutzungsmöglichkeiten von nach-

bergbaulichen Potentialen 5. Umsetzung von Nutzungs- und Inno-

vationsstrategienDie Aufgabe unseres Instituts im WP 1 ist die Abfassung von diversen Projekt-berichten, im WP 2 sind es Pressear-beit, Dokumentationen, Publikationen, Workshops und Organisation eines Sym-posiums in der Region Eisenerz. Aufga-ben im WP 3 sind die Erstellung eines Arbeitsplanes zur Potentialanalyse der beteiligten Regionen, die Durchführung

neues forschungsprojekt permanEt

Im Rahmen des Programms „European Territorial cooperation – Alpin Space Programm“, dem Nachfolgeprogramm von „Interreg IIIB – Alpin Space Pro-gramm“, wurde das Projekt „PermaNET - Permafrost long-term monitoring net-work“ im Sommer 2008 bewilligt. In der ersten von 2 Projektantragsphasen wurden 136 Expressions of Interest ein-gereicht. Davon erhielten 22 Projekte die Einladung einen vollständigen Pro-jektantrag in der 2. Phase einzureichen. Letzten Endes wurden 12 Projekte da-von bewilligt. PermaNET ist eines von 3 in der Priorität 3 „Environment and Risk Prevention“. Unser Institut ist als Projekt Partner 8 in diesem Projekt aktiv invol-viert, wobei A. Kellerer-Pirklbauer eine Teilzeit-Post-Doc-Stelle innehat. sehr umfangreiche, auf den Zeitraum 2008-2011 ausgelegte Projekt, an dem fast alle Alpenstaaten beteiligt sind, glie-dert sich in folgende Work packages:• WP 1 – Project preparation• WP 2 – Project management• WP 3 – Information and publicity• WP 4 – Permafrost monitoring net-

work• WP 5 – Permafrost and climate

change• WP 6 – Related natural hazards• WP 7 – Water resources

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Neuerscheinungen

NEUERSCHEINUNGEN

und wissenschaftliche Begleitung von Kick-off-Workshops in den Regionen, die Erarbeitung von Regionsprofilen, die Berichtverfassung bzgl. europäischer Regions-relevanter Initiativen sowie die Durchführung von SWOT-Analysen. Im WP 4 sind die Umsetzungsmaßnahmen in den Partnerregionen verankert, weshalb hier auch über 60 % der Budgetmittel verankert sind, was für die Realisierung eines Interreg-Projektes von wesent-licher Bedeutung ist. Der Steirische Regi-onspartner „Verein Steirische Eisenstra-ße“ ist folglich im Rahmen dieses WP tätig, unser Institut wird in der Region als Begleitforschungspartner fungieren. Im WP 5, das von unserem Institut ge-leitet wird, geht es um die gemeinsame Erarbeitung von Strategien für die Regi-onen auf der Basis von SWOT-Analysen, Erfassung von chance und Risken u. ä. Das Ergebnis wird ein Handbuch sein, das als Anleitung für andere europäische Regionen mit ähnlichen Rahmenbedin-gungen dienen soll und somit als core-Output des Projektes gilt. Das Projekt wurde sehr gut bewertet und traf die Bedürfnisse der angesprochenen ehemaligen Bergbauregionen voll und ganz. Folglich sind Ergebniserwartungen nicht nur seitens der beteiligten Regi-onspartner, sondern auch seitens des EU-Fördergebers sehr hoch, was für uns als Institut, das sich u.a. mit räumlichen Entwicklungsfragen beschäftigt, eine große Herausforderung darstellt. Dane-ben ergeben sich für unsere Studieren-den wieder Möglichkeiten, im Rahmen von internationalen Projekten mit ganz konkreten Forschungsfrageen Erfah-rungen zu sammeln und Diplomarbeiten oder auch Dissertationen zu verfassen. wOLfGAnG fIScHER

wanderregion Auland-carnuntum

Bereits im Jahr 2004 wurde in der Leader-region Auland-carnuntum (NÖ) durch das Institut für Geographie (Kartowerk-statt) ein regionales Radwegekonzept entwickelt und umgesetzt. Dieses Kon-zept hat sich bewährt und wird nunmehr durch eine Folgeprojekt ergänzt.

oSwALd KLAPPAcHer u. GerHArd KArL LIeb

GW kompetent 1 bis 4.Geografie und Wirtschaftskunde für die 9.-12. Schulstufe.

Veritas-Verlag, Linz.band 1 (2005), 120 S. + Lehrerbegleitheft, 47 S.band 2 (2006), 88 S. + Lehrerbegleitheft, 47 S.band 3 (2006), 125 S. + Lehrerbegleitheft, 48 S.band 4 (2008), 95 S. + Lehrerbegleitheft, 40 S.

Mit dem Erscheinen von „GW kompetent 4“ liegt nunmehr die neue Lehrbuchserie des Veritas-Verlages für das Fach Geogra-phie und Wirtschaftskunde an der Ober-stufe der Allgemein Bildenden Schulen ge-schlossen vor. Die Bände sind gemäß den Lehrplänen von 2004 („neuer Lehrplan“) approbiert und fühlen sich der dort formu-lierten Bildungs- und Lehraufgabe in be-sonderer Weise verpflichtet, was auch der Buchtitel zum Ausdruck bringen soll: Es steht die Vermittlung von Kompetenzen, und zwar Methoden-, Orientierungs-, Synthese-, Umwelt-, Gesellschafts- und Wirtschaftskompetenz, im Mittelpunkt. Kompetenzen in diesen Bereichen über ein Lehrbuch vermitteln zu wollen, stellt natürlich eine besondere Herausforde-rung dar, die durch ein speziell zu diesem Zweck entwickeltes Konzept erfüllt wird. Seine Einzelheiten werden im Lehrerbe-gleitheft erläutert, z. B.: Ein Farbleitsy-stem führt durch die einzelnen Bände, Schlüsselwörter helfen zentrale Inhalte zu identifizieren oder Materialien werden an-geboten, damit Schülerinnen und Schüler lernen geographisch-wirtschaftskundliche Methoden eigenständig anzuwenden. Be-sonders wesentlich erscheint in diesem Zusammenhang, dass jedes Kapitel neben einem thematischen auch einen metho-dischen Schwerpunkt aufweist.Das Schulbuch wird auch durch je ein Lehrerbegleitheft zu jedem Band ergänzt, worin u. a. die Lösung aller Arbeitsaufga-ben und Kopiervorlagen enthalten sind. Weiters besteht die Möglichkeit Fotos, Karten und Graphiken aus dem Buch für den Unterrichtsgebrauch herunterzuladen – bzw. sich auch ein konkretes Bild über

Ausgangslage und ZielsetzungNeues Ziel ist es nun, das Radwege-konzept zu ergänzen und ein neues Wanderkonzept mit Umsetzungs-handbuch in Einklang mit der Mar-kenentwicklung der Destination zu schaffen, Wandern in der Region zu emotionalisieren, mit anderen Ange-boten zu verknüpfen und teilweise neue Erlebnispunkte und Inhalte zu schaffen. Ist doch die Region reich an Geschichte sowie an Angeboten aus Kulinarik, Kultur und Natur. Work-shops mit den Gemeinden sollten da-bei eine hohe Identifikation sicherstel-len und eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen. Das Projekt ist modular strukturiert und besitzt die folgenden Schwerpunkte.

Arbeitspakete / prozess• Grobanalyse und Befahrungen• Gespräche vor Ort• Analyse der Angebotsgestaltung

– „Raumatmosphäre“• Abstimmung mit den Qualitätsan-

forderungen vor Ort• Orientierung, Leit- und Beschilde-

rungssystem • Planerische Darstellung der Grob-

analyse• Strategisches und operatives Ge-

samtkonzept

Erarbeitung des Basispaketes „Aktivregion“• Ausarbeitung der Touren: Thema-

tisierung, Inszenierung, Setting, Atmosphäre, Raumstruktur, -gliede- rung (kognitive Skizze) = Angebots-module

• Erlebniskategorisierung: Matrix, Instrumente, Vernetzung, Erlebnis-ökonomie

Konzeption eines modernen MedieneinsatzesWEB (pdf-download etc.), PDA, Handy (mobile Kommunikation), GPS-Technologie, Geo-caching, Podcasting

Ausarbeitung des Umsetzungshandbuches

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GeoGraz 43 - 2008 NEUERSCHEINUNGEN

das Buch in ausgewählten Probekapiteln zu machen (z. B. für GW kompetent 4 unter http://gw-kompetent4.veritas.at). Schließlich kann auch ein SbX (Schul-buchExtra) bestellt werden, das als Ergän-zung zum Lehrbuch umfangreiche On-line-Materialien enthält. Diese verfolgen das Ziel, den methodischen Umgang mit dem Medium Internet in GW zu schulen und für die Lernenden eine zusätzliche Übungsmöglichkeit unter gleichzeitiger Entlastung der Lehrenden anzubieten.Es ist ein Spezifikum unseres Schulfaches auf dem Lehrbuch-Sektor eine besonders große Auswahl an verschiedenen Anbie-tern und damit eine scharfe Konkurrenzsi-tuation zu besitzen. Die Lehrerinnen und Lehrer haben somit die Qual der Wahl. GW kompetent ist als nunmehr fertige Produktpalette eine sicherlich interes-sante Alternative, wobei jedenfalls die im beengten Stundenrahmen unseres Faches bewältigbaren Quantitäten an Lehrstoff (vgl. die Seitenzahlen der Bände) und die erwähnten Methoden- bzw. Kompe-tenzenorientierung als Stärken genannt werden können. Beziehungen zu unserem Institut bestehen darin, dass beide Auto-ren hier in der Lehramtsausbildung tätig sind und so manche Materialien – beson-ders im Online-Bereich – im Rahmen von Lehrveranstaltungen in Graz entwickelt wurden.

Bestellung und nähere Informationen unter www.veritas.at.

der eigentliche Anlass für die Herausgabe dieser Publikation: Die notwendig gewor-dene Sanierung der flussbaulichen Maß-nahmen erfolgte hier in den letzten Jahren unter dem Titel „Management von Wald- und Wildfluss im Gesäuse“ als von der EU als Teil des LIFE-Projektes zu 50 % mit-finanzierte Renaturierung. Im Zuge der Abschlussarbeiten wurden im Juli 2007 ein LIFE-Erlebnis-Fest abgehalten, ein neu eingerichteter Erlebnisbereich über-geben und das gegenständliche Buch der Öffentlichkeit präsentiert.Der sehr ansprechend mit Fotos und Gra-phiken gestaltete Band besteht aus zwei Teilen. Im ersten werden der Johnsbach und sein Einzugsgebiet unter verschie-denen Aspekten vorgestellt, worin sich auch zwei Beiträge befinden, die an un-serem Institut entstanden sind (geolo-gisch-geomorphologischer Überblick von G. K. Lieb und M. Premm, Verbauungs-geschichte als überarbeitete Kurzversion der Diplomarbeit von H. C. Thonhau-ser). Der zweite Teil dokumentiert die Ergebnisse des GEO-Tages der Artenviel-falt 2007, an dem ausgewählte Standorte entlang des Johnsbaches beprobt und eine außerordentlich hohe Biodiversität nach-gewiesen wurden. Insgesamt handelt es sich um eine außergewöhnliche Publika-tion, die in 23 Einzelaufsätzen (inkl. Ein-leitung) eine breite Palette interessanter naturkundlicher Einzelheiten des Tales beleuchtet und in der Zusammenschau das Spannungsfeld zwischen notwendigen Schutzmaßnahmen an Gebirgsbächen und ökologischen Aspekten ausleuchtet. Der Band ist somit keineswegs nur für „Fans“ des Nationalparks Gesäuse (und solche, die es noch werden wollen) empfehlens-wert.

G. K. Lieb

Der Band kann direkt beim Nationalpark Gesäuse (www.nationalpark.co.at) bestellt werden.

KreINer, d., u. ZecHNer, L. (red.), 2008

Der JohnsbachSchriften des Nationalparks Gesäuse, band 3, weng im Gesäuse, 191 S.

Die jüngste Publikation in der wissen-schaftlichen Schriftenreihe des National-parks Gesäuse widmet sich dem „Cha-rakterfluss“ Johnsbach und versteht sich als Einladung „die Einzigartigkeit dieser Landschaft persönlich zu erfahren“ (S. 11). Und das kann man tatsächlich empfehlen, beinhaltet das 65 km2 große Einzugsgebiet doch beinahe alle typischen Ökosysteme

des Nationalparks. Der 13,5 km lange Flusslauf hat seinen Ursprung in den Bergen der Schie-ferzone, durchmisst den Siedlungsraum der gleichnamigen Gemein-de und mündet nach einer spektakulären Durchbruchstalstrecke (Zwischenmäuer) in-mitten des Gesäuses in die Enns. Der untere Talabschnitt war auch

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Nachname Vorname Titel

Straße PLZ Ort Staatencode

Telefon E-Mail

Geburtsdatum Geburtsort Beruf

Ja, ich möchte ÖGG Mitglied / Zweigstelle: Graz werden

Art der Mitgliedschaft A ordentliches Mitglied jährlicher Mitgliedsbeitrag 36 Euro A1 ordentliches Mitglied (ohne MÖGG) jährlicher Mitgliedsbeitrag 18 Euro B ordentliches Mitglied (nicht am Sitz des Vereins) jährlicher Mitgliedsbeitrag 30 Euro B1 ordentliches Mitglied (nicht am Sitz des Vereins, ohne MÖGG) jährlicher Mitgliedsbeitrag 12 Euro C ordentliches Mitglied im Ausland jährlicher Mitgliedbeitrag 40 Euro (mit Bezug der MÖGG) D außerordentliches Mitglied (Studenten, Schüler) jährlicher Mitgliedsbeitrag 24 Euro D1 außerordentliches Mitglied (Studenten, Schüler, ohne MÖGG) Mitgliedsbeitrag 6 Euro

Datum, Unterschrift

Die Österreichische Geographische Gesellschaft bietet die Plattform für den Austausch und die For-schungsförderung geographischen Wissens und gestaltet die Wissenschaft Geographie mit. Die Mit-gliedschaft in der ÖGG ist eine gute Möglichkeit für alle Geographinnen und Geographen ihr Engage-ment für Geographie zu leben und dabei auch viele Vorteile für sich selbst zu nutzen. Zweigstellen wie unsere in Graz ermöglichen zusätzlich den geographischen Bezug vor Ort.

Die Vorteile der ÖGG Mitglieder:• Breites Vortrags- und Veranstaltungsprogramm des Gesamtvereins und der Zweigstelle

• Zugang zum Exkursionsangebot aller deutschen Geographischen Gesellschaften

• Nutzung der Bibliothek der ÖGG im Staatsarchiv (inkl. Sammlung internationaler geographischer Fachzeitschriften)

• Geographie-Netzwerk, in Österreich und international über EUGEO

• Geopgraphisches Fachjournal „Mitteilungen der Österr. Geogr. Gesellschaft“ (einmal jährlich)

• GeoGraz, das Journal unserer Zweigstelle (zweimal jährlich)

Beitrittserklärung bitte abtrennen und an das Institut für Geographie und Raumforschung, Heinrichstraße 36 8010 Graz | Fax: +43 316 380-9886| E-Mail: [email protected] senden

bei der

Österreichischen Geographischen Gesellschaft

Mitglied werden

Beitrittserklärung

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Schnappschüsse aus dem Professorenleben

Herwig Wakonigg