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26.03.2019 www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 21 Gericht BVwG Entscheidungsdatum 26.03.2019 Geschäftszahl W278 2208051-1 Spruch W278 2208051-1/6E W278 2208053-1/6E W278 2208048-1/6E W278 2208052-1/6E IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. XXXX , alle Staatsangehörige der Philippinen, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX ., zu Recht: A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen. B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: 1. Verfahrensgang: 1.1. Die BF reisten legal, jeweils im Besitz eines gültigen Touristenvisum C, in das Bundesgebiet ein und stellten am 03.01.2018 gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz. 1.2. Am 03.01.2018 erfolgte die Erstbefragung des BF1 und der BF2 durch Exekutivbedienstete. Zum Fluchtgrund führten sie im Wesentlichen aus, dass der Bruder des BF1 auf den Philippinen in Drogengeschäfte verwickelt sei und die Regierung deshalb sowohl nach dem Bruder, als auch nach dem BF1 suche und diesem auch der Tod in der Heimat drohe. Ein weiterer Aufenthalt in XXXX , wo die Familie die letzten 12 Jahre gelebt habe, sei mangels abgelaufenem Visum nicht möglich. Somit sei es nötig gewesen in ein anderes sicheres Land zu reisen. 1.3 Am 26.06.2018 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge Bundesamt), im Beisein eines Dolmetschs für die Sprache Tagalog, des BF1 und der BF2. In dieser führte der BF1 zu den Fluchtgründen zusammengefasst aus: Er habe mit seiner Familie Urlaub in Österreich machen wollen, eine Woche vor Urlaubsantritt sei ihnen jedoch das Visum für XXXX entzogen worden. Vor der Abreise haben sie noch vergeblich versucht ein Visum für Kanada und Amerika zu bekommen. Auf die Philippinen könne er nicht zurück, da sein Bruder im Drogengeschäft tätig sei und die Regierung sehr hart gegen solche Leute vorgehe. Bei seinem letzten Besuch 2016 in Manila sei er mit seinem Bruder verwechselt und von der Polizei festgenommen worden. Er habe sich jedoch losreißen und am gleichen Tag, mit seiner Familie nach XXXX ausreisen können. 2006 habe er die Philippinen verlassen und sei nach XXXX ausgereist. Bereits 2005 sei seine Frau, aufgrund von Problemen als Angehörige der muslimischen Minderheit in

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26.03.2019

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Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

26.03.2019

Geschäftszahl

W278 2208051-1

Spruch

W278 2208051-1/6E

W278 2208053-1/6E

W278 2208048-1/6E

W278 2208052-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. XXXX , alle Staatsangehörige der Philippinen, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX ., zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Die BF reisten legal, jeweils im Besitz eines gültigen Touristenvisum C, in das Bundesgebiet ein und stellten am 03.01.2018 gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz.

1.2. Am 03.01.2018 erfolgte die Erstbefragung des BF1 und der BF2 durch Exekutivbedienstete. Zum Fluchtgrund führten sie im Wesentlichen aus, dass der Bruder des BF1 auf den Philippinen in Drogengeschäfte verwickelt sei und die Regierung deshalb sowohl nach dem Bruder, als auch nach dem BF1 suche und diesem auch der Tod in der Heimat drohe. Ein weiterer Aufenthalt in XXXX , wo die Familie die letzten 12 Jahre gelebt habe, sei mangels abgelaufenem Visum nicht möglich. Somit sei es nötig gewesen in ein anderes sicheres Land zu reisen.

1.3 Am 26.06.2018 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge Bundesamt), im Beisein eines Dolmetschs für die Sprache Tagalog, des BF1 und der BF2. In dieser führte der BF1 zu den Fluchtgründen zusammengefasst aus: Er habe mit seiner Familie Urlaub in Österreich machen wollen, eine Woche vor Urlaubsantritt sei ihnen jedoch das Visum für XXXX entzogen worden. Vor der Abreise haben sie noch vergeblich versucht ein Visum für Kanada und Amerika zu bekommen. Auf die Philippinen könne er nicht zurück, da sein Bruder im Drogengeschäft tätig sei und die Regierung sehr hart gegen solche Leute vorgehe. Bei seinem letzten Besuch 2016 in Manila sei er mit seinem Bruder verwechselt und von der Polizei festgenommen worden. Er habe sich jedoch losreißen und am gleichen Tag, mit seiner Familie nach XXXX ausreisen können. 2006 habe er die Philippinen verlassen und sei nach XXXX ausgereist. Bereits 2005 sei seine Frau, aufgrund von Problemen als Angehörige der muslimischen Minderheit in

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XXXX und eines guten Jobangebotes in XXXX , ausgereist. Die BF2 führte während der Einvernahme zusätzlich zu der von BF1 geschilderten Festnahme in Manila im Wesentlichen aus: Muslime würden in XXXX schlechter als Christen behandelt und die Bezahlung auf den Philippinen reiche nicht aus, um eine Familie zu erhalten.

1.4. Mit den gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes vom XXXX , wurden die jeweiligen Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Philippinen (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung auf die Philippinen zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vorgebrachten wirtschaftlichen Gründe für das Verlassen des Heimatstaates glaubhaft, jedoch nicht asylrelevant seien. Die geschilderte Verfolgung durch die Polizei in Manila 2016 sei jedoch nicht glaubhaft und somit liege keine asylrelevante Verfolgung vor. Den Beschwerdeführern drohe auch im Falle ihrer Rückkehr keine die Existenz bedrohende Notlage und es läge keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes vor. Aufgrund ihrer Ausbildung sei auch anzunehmen, dass sie ihren Lebensunterhalt auch im Falle eine Rückkehr finanzieren können.

1.5. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer am XXXX fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzungen von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Begründend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass es das Bundesamt unterlassen habe den vorgebrachten Angaben des BF1 und der BF2 von Amts wegen weiter nachzugehen und sich somit mit dem gesamten individuellen Vorbringen nicht sachgerecht auseinandergesetzt habe. Es liege eine asylrelevante Verfolgung aufgrund des Bruders des BF1 vor. Mit der Beschwerde brachten die BF auch eine schriftliche Stellungnahme ein, die Unvollständigkeiten und Übersetzungsmängel moniert, sowie die Situation auf den Philippinen in Bezug auf Drogen skizziert.

2. Feststellungen:

2.1. Die Identität der Beschwerdeführer steht fest, sie reisten legal am 24.12.2017 in das Bundesgebiet ein und stellten am 03.01.2018 Anträge auf internationalen Schutz.

2.2. BF1 ist mit BF2 verheiratet, sie sind die Eltern des minderjährigen BF3 und der minderjährigen BF4. Alle Beschwerdeführer sind gesund, philippinische Staatsangehörige und sunnitische Muslime. BF1 und BF2 verfügen jeweils über abgeschlossene Hochschulstudien und eine Berufsausbildung als Sportlehrer, sind arbeitsfähig und strafrechtlich unbescholten. BF1 und BF2 sprechen Tagalog als Muttersprache, sowie Englisch, BF2 spricht zusätzlich Deutsch. BF1 und BF2 besuchen Deutschkurse und Kurse an der Universität. Die Beschwerdeführer befinden sich seit etwa einem Jahr und drei Monaten im Bundesgebiet, sind nicht selbsterhaltungsfähig und nehmen Leistungen aus der Grundversorgung entgegen. Sie nehmen am sozialen Leben teil. Die Beschwerdeführer haben keine Verwandten oder Familienangehörigen in Österreich. Der Vater sowie die Geschwister des BF1, sowie der Vater, die Mutter und die Geschwister der BF2 leben auf den Philippinen. Die Beschwerdeführer verfügen somit über ein familiäres Netz im Herkunftsstaat. BF3 und BF4 besuchen die Schule in Österreich.

2.3. Fest steht, dass die Beschwerdeführer ihr Heimatland nicht aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen haben, bzw. eine solche im Falle einer Rückkehr zu befürchten haben. Fest steht hingegen, dass die Beschwerdeführer den Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen haben.

2.4. Im Falle einer Rückkehr laufen die Beschwerdeführer nicht Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe, oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

2.5 Die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen liegen nicht vor.

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2.6. Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Aufgrund der in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt in das Verfahren eingeführten und mit BF1 und BF2 erläuterten Erkenntnisquellen werden folgende Feststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer getroffen (bereinigt und gekürzt):

1. Politische Lage

Die Philippinen haben ca. 300.000 km² Fläche und ca. 100 Mio. Einwohner (2014). Die Hauptlandessprache ist Pilipino (Tagalog). Die Regierungsform des Landes ist ein Präsidialsystem, Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit Juni 2016 Rodrigo Duterte (AA 11.2016a). Das philippinische Präsidialsystem folgt weitgehend dem US-amerikanischen Vorbild mit zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus mit etwa 290 Abgeordneten und einem 24-köpfigen Senat. Die Kongressabgeordneten werden alle drei Jahre gewählt, während die Amtszeit von Senatoren sechs Jahre beträgt, wobei jeweils die Hälfte von ihnen nach drei Jahren gewählt wird. Der mit großen Befugnissen ausgestattete Präsident an der Spitze der Exekutive ist gleichzeitig in Personalunion Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er ernennt die Mitglieder des Kabinetts und hat ein Vetorecht bei Gesetzesbeschlüssen des Kongresses. Seine Amtszeit endet nach sechs Jahren, eine Wiederwahl ist nicht möglich. Die Legislative besteht aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat (GIZ 12.2016a).

Die Regierung des am 9. Mai 2016 gewählten und seit dem 30. Juni 2016 regierenden Präsidenten Rodrigo Duterte hat die Bekämpfung der Drogenkriminalität, die Armuts- und Korruptionsbekämpfung, die Befriedung der inneren muslimischen und kommunistischen Rebellionen und einen föderalen Umbau des Staates zu den wichtigsten Prioritäten ihrer Politik erklärt. Menschenrechtsorganisationen sorgen sich um die Verschlechterung der Menschenrechtslage im Zuge der Anti-Drogen-Kampagne, bei der es zu zahlreichen Tötungen durch die Polizei oder durch Unbekannte kam (AA 11.2016b).

2. Sicherheitslage

Seit der Unabhängigkeit der Republik der Philippinen am 4. Juli 1946 existiert eine Reihe virulenter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Konflikte, die bis heute von sämtlichen Regierungen gar nicht oder nur teilweise gelöst werden konnten. Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Gruppen, die - mitunter auch bewaffnet - gegen die Zentralregierung und für unterschiedliche politische Ziele kämpfen. Nennenswert sind vor allem die kommunistische Neue Volksarmee (NPA) auf der Norsinsel Luzon und die Moro Nationale Befreiungsfront (MNLF) auf der Südinsel Mindanao, welche für einen unabhängigen Bangsamoro-Staat kämpft. Hinzu kommen muslimische Organisation, wie die Moro Islamische Befreiungsfront (MILF) (GIZ 12.2016a).

Am 2. September 2016 wurde ein Bombenanschlag auf einen Nachtmarkt in der in Ost-Mindanao gelegenen Stadt Davao verübt. Im Nachgang dieses Anschlags und aufgrund erhöhter Gefahren von terroristischen Anschlägen wurde die philippinische Polizei am 1. Dezember 2016 landesweit bis auf weiteres in eine erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und ein "State of Lawlessness" ausgerufen. Dies erfolgte im Kontext von Gefechten der philippinischen Armee mit islamistischen Gruppen im Süden des Landes (Mindanao) sowie eines Bombenanschlags in Marawi (Mindanao) und eines vereitelten Bombenanschlags in der Nähe der Botschaft der USA in Manila. Zudem führten kommunistische Rebellen insbesondere in Mindanao erneut Anschläge und Entführungen durch. Anschläge philippinischer terroristischer Gruppierungen können sich überall im Land ereignen. Erhöhte Gefährdungen bestehen vor allem in den Großstädten des Landes an belebten Orten wie Einkaufszentren und bei Veranstaltungen mit größeren Menschenmengen (z.B. bei Festivals und Prozessionen). Auf Mindanao und in der Sulu-See ist die Gefahr jedoch besonders hoch. Unterschiedliche Gruppen von islamistischen Terroristen liefern sich in Mindanao zum Teil schwere Gefechte mit der philippinischen Armee und führen Bombenanschläge und vermehrt Entführungen von Filipinos und auch von Ausländern durch. Die in der Region operierende islamistische Terrorgruppe Abu Sayyaf ist für Entführungen und Ermordungen vor allem auf Mindanao und in der Sulu-See verantwortlich und zielt vermehrt auf ausländische Entführungsopfer. Ein Entführungsrisiko kann auch in anderen Landesteilen nicht ausgeschlossen werden. Kommunistische Rebellen der New People¿s Army (NPA) führen insbesondere in Mindanao und vereinzelt auch in anderen Regionen der Philippinen einen bewaffneten Guerillakampf gegen philippinische Sicherheitskräfte, verüben Bombenanschläge sowie Entführungen. Auch in Manila und Cebu besteht die Gefahr von Anschlägen und Entführungen. Seit einem Bombenanschlag im Jahr 2011, auf einen Reisebus in Makati, dem Geschäftszentrum von Manila, gab es mehrere Berichte über verhinderte Bombenanschläge im Großraum Manila (AA 3.3.2017).

Präsident Duterte hat Friedensprozesse mit den muslimischen und kommunistischen Rebellen in unterschiedlichen Teilen des Landes eingeleitet und Waffenstillstände geschlossen. Die Regierung hat die Moro National Liberation Front (MNLF), die Moro Islamic Liberation Fighters (MILF) sowie die kommunistischen

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Aufständischen der New People's Army (NPA) in ihre Friedensbemühungen einbezogen. Davon unabhängig setzt sie ihren Kampf gegen die islamistische und terroristisch operierende Abu Sayyaf fort (AA 11.2016b). Duterte kündigte jedoch im Februar 2017 den Waffenstillstand mit den kommunistischen Rebellen (DS 3.2.2017).

2.1. Anti-Drogen-Kampagne

Noch vor seiner Wahl versprach Präsident Duterte, den Konsum illegaler Drogen innerhalb eines halben Jahres zu beenden (NZZ 30.1.2017).

Kurz nach dem Amtsantritt von Präsident Duterte am 30.6.2016 startete die Regierung eine Anti-Drogen-Kampagne, die im ganzen Land zu einer Welle von rechtswidrigen Tötungen führte. In vielen Fällen steht der Verdacht im Raum, es könnte sich um außergerichtliche Hinrichtungen gehandelt haben. Die Tötungen begannen nach dem Amtsantritt von Präsident Duterte, der sich mehrfach öffentlich dafür ausgesprochen hatte, dass Personen, die im Verdacht standen, Drogen zu konsumieren oder zu verkaufen, inhaftiert und getötet werden sollten (AI 22.2.2017; vgl. HR 2.8.2016).

Die Philippine National Police (PNP) berichtet von 2.155 verdächtigten Personen, die im Rahmen der Polizei-Operationen der Anti-Drogen-Kampagne zwischen Juli und Dezember 2016 zu Tode kamen; und ungefähr 4.000 weitere Tötungen in diesem Zusammenhang, durch unbekannte Personen. Zwischen Januar und September 2016 leitete die Abteilung Internal Affairs Service der PNP von 940 Tötungen durch die Polizei in 709 Fällen interne Ermittlungen ein. Ende September 2016 gab es jedoch noch keine administrativen oder strafrechtlichen Anklagen gegen PNP-Offiziere. Ende Dezember 2016 wurden bei ca. 800 Fällen eine Anklage gegen unbekannte Personen wegen Tötung erhoben. In Zusammenhang mit der Anti-Drogen-Kampagne forderten die Behörden Rauschgiftkriminelle auf, sich bei der Polizei zu melden, um das Risiko ernsthafter Folgen zu vermeiden. In der Folge meldeten sich im Zeitraum von Juli bis Ende Dezember 2016 mehr als 980.000 Personen (laut Amnesty International 800.000 (AI 22.2.2017)) bei der Polizei. Die Mehrheit davon wurde als "surrenderees" registriert (laut offizieller Sicht haben sie sich also "ergeben") und wieder freigelassen. Laut Zivilgesellschaft und anderen Beobachtern herrscht seitdem unter den Bevölkerungsgruppen, die mit Drogen zu tun haben, ein Klima der Angst um ihr Leben (USDOS 3.3.2017).

Ende Januar 2017 wurde Dutertes Drogenkrieg unterbrochen und alle Anti-Drogen-Sondereinheiten der Polizei wurden wegen angeblich weitverbreiteter Korruption aufgelöst. Nach Berichten über schwere Vergehen der Polizei setzte der Präsident auf das Militär. Die Polizei nahm jedoch nach einem Monat offizieller Pause die Kampagne im März 2017 wieder auf (FAZ 6.3.2017; vgl. WIWO 5.2.2017; NZZ 30.1.2017). Ende Februar 2017, nach der Verhaftung der philippinischen Senatorin Leila de Lima, eine entschiedene Gegnerin von Dutertes Anti-Drogen-Politik, sind tausende Menschen dagegen auf die Straße gegangen (Kurier 25.2.2017). Inzwischen hat der Präsident angekündigt, dass er den Drogenkrieg bis zum Ende seiner Amtszeit 2022 weiterführen werde (NZZ 30.1.2017).

Die Angaben zur Opferzahl der Anti-Drogen-Politik gehen, je nach Quelle, auseinander. Es wird in der Regel von 6.000 bis 7.500 Opfern berichtet (AI 22.2.2017; vgl. DS 25.2.2017; FAZ 30.1.2017; Kurier 25.2.2017, DS 20.3.2017).

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Die philippinische Judikative basiert auf US-amerikanischem bürgerlichem Recht. Die gültige Verfassung aus dem Jahre 1987 enthält eine Bill of Rights, wonach der Grundsatz der Verfassungsgerichtsbarkeit gilt. Das heißt, die Rechte sind für jeden Bürger beim Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, einklagbar. Das betrifft im Prinzip auch staatliche Gesetze, die als nicht verfassungskonform gelten. Der Oberste Gerichtshof besteht aus 15 Richtern, welche vom Präsidenten auf Vorschlag eines Richterrates, des Judicial and Bar Council, ernannt werden und die bis zu ihrem 70. Lebensjahr im Amt bleiben. Der Sandiganbayan entspricht einem Sondergericht, das sich mit Korruptionsfällen befasst, in die Regierungsbeamte verstrickt sind. Bezüglich Rechtsstaatlichkeit besteht das Problem nicht im Fehlen von Gesetzen, sondern eher in deren Umsetzung. Da bis dato die eigentliche Macht im Staate in den Händen nur weniger politisch potenter und sehr wohlhabender landbesitzender Familien und Großunternehmen liegt, ist es für den "Normalbürger" kaum möglich, sich gegen diese mächtigen Interessen zu stemmen (GIZ 12.2016a).

Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor und die Angeklagten haben das Recht auf eine faire öffentliche Verhandlung. Diese Rechte werden in der Regel zwar durchgesetzt, aber nicht immer rechtzeitig. Aufgrund der Korruption durch Vetternwirtschaft, persönliche Verbindungen und Schmiergeldzahlungen bleiben wohlhabende und einflussreiche Personen oft straffrei. Personalmangel, ineffiziente Verfahren und lange Verzögerungen aus

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verfahrensrechtlichen Gründen wirken weiterhin hemmend auf das Justizwesen (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 11.2016b). Ein weiteres Problem stellt das nicht effektive Zeugenschutzprogramm dar (GIZ 12.2016a).

Menschenrechtsorganisationen berichten, dass das Zeugenschutzprogramm der Justizbehörde aufgrund fehlender Finanzierung, verfahrensbedingter Verzögerungen und des Scheiterns wegen dem Zweifel an der Effektivität des Programms oft nicht in der Lage ist, für die Betroffenen den entsprechenden Schutz zu gewährleisten. Die Kommission für Menschenrechte bietet ein solideres Zeugenschutzprogramm an, das aufgrund der Opfer der von der Regierung durchgeführten Anti-Drogen-Kampagne überbelastet ist. Dem Ombudsmann sind auch Fälle von Polizeimissbrauch und Korruption bekannt, in denen die Opfer und die Zeugen, aber manchmal auch deren Familien, aufgrund deren mangelhaften Zusammenarbeit mit der Behörde unter Druck gesetzt werden (USDOS 3.3.2017).

Die Bemühungen des Obersten Gerichtshofs werden weiterhin fortgesetzt, um schnellere Verfahren gewährleisten zu können, um Amtsvergehen zu reduzieren, um die Leistungsfähigkeit der Judikative zu erhöhen und das Vertrauen der Öffentlichkeit ins Justizwesen zurückzugewinnen (USDOS 3.3.2017). Die Europäische Kommission und die philippinische Regierung führen schon seit 2006 (wie z.B. EPJUST, EPJUST II) verschiedene gemeinsame Projekte durch, um den Justizsektor auf den Philippinen zu stärken. Bis 2019 läuft das aktuellste Kooperationsprogramm zwischen der Europäische Union und den Philippinen unter dem Titel GOJUST (Governance in Justice) (EEAS 23.2.2017; vgl. BC 6.2016).

4. Sicherheitsbehörden

Die Nationale Polizei der Philippinen (Philippine National Police, PNP) ist für die innere Sicherheit im größten Teil des Landes zuständig und sie ist dem Department of the Interior and Local Government (DILG) untergeordnet. Das Militär (Armed Forces of the Philippines, AFP) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, aber in konfliktbetroffenen Regionen wird es auch für die innere Sicherheit (besonders in den Regionen von Mindanao) eingesetzt. Die AFP ist dem Verteidigungsministerium unterstellt. Gouverneure, Bürgermeister und andere lokale Beamte haben einen erheblichen Einfluss auf die regionalen Polizeieinheiten, darunter auf die Ernennung der obersten Polizeibeamten auf Bezirks- und kommunaler Ebene; Bereitstellung von Ressourcen etc., was oft zur Korruption und Bestechung führt. Die PNP mit einer derzeitigen Stärke von 168.000 Mann wird weiterhin durch institutionelle Defizite und Korruption gekennzeichnet. Weiters wurde die PNP sowohl von nationalen als auch von internationalen Menschenrechtsgruppen wegen ihrer Rolle in Duterte¿s Anti-Drogen-Krieg (Operation Double Barrel) kritisiert (USDOS 3.3.2017).

Die Regierungsmechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption in der Polizei sind weitgehend ineffektiv. Obwohl die Korruption unter den Regierungs- und Sicherheitskräften vom Präsident Duterte öffentlich verurteilt wurde, wurden die Aufsichtsmechanismen unzureichend ausgestattet und der Aufwand um korrupte Sicherheitsbeamten ins Visier zu nehmen, war gering. Von Januar bis August erhielt der Ombudsmann 181 Beschwerden über 294 Fälle von Menschenrechtsverletzungen (Tötungen, Verletzungen, rechtswidrige Verhaftungen, Folter) infolge von angeblichen militärischen und polizeilichen Einsätzen; im Großteil der Fälle, 92%, handelt es sich um Sicherheitsbeamte der unteren Dienstgrade. Im August standen alle Fälle noch zur weiteren Untersuchung offen. Weiters gibt es keine Verurteilungen von hochrangigen Polizei- oder Militärbeamten (USDOS 3.3.2017).

Die Polizei setzte 2016 weiterhin unnötige und unverhältnismäßige Gewalt ein. Im April löste sie in Kidapawan unter Einsatz von Schusswaffen eine Demonstration von 5.000 Bauern auf, die angesichts einer Dürre Reislieferungen forderten und eine Straße blockierten. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt. In einem im Juni 2016 veröffentlichten Bericht stellte die Menschenrechtskommission der Philippinen fest, dass die Polizei mit exzessiver und ungerechtfertigter Gewalt gegen die Demonstrierenden vorgegangen war. Bis zum Jahresende war jedoch noch kein Polizist dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Im Oktober 2016 ging die Polizei mit brutaler Gewalt gegen eine Kundgebung vor der US-Botschaft vor, zu der Organisationen indigener Bevölkerungsgruppen aufgerufen hatten. Ihr Protest richtete sich gegen die militärische Nutzung und Vereinnahmung ihres angestammten Landes. Mindestens zwei Personen wurden verletzt, als ein Polizeifahrzeug Demonstrierende überfuhr (AI 22.2.2017).

Es wurden jedoch Bemühungen fortgesetzt, um die PNP zu reformieren und zu professionalisieren. Neben der verbesserten Ausbildung, den erweiterten Gemeinschaftsinitiativen und den Gehaltserhöhungen wurden menschenrechtliche Themen in die Kurse für Polizisten integriert und das Büro für Menschenrechte der PNP führte landesweite Routinetrainings zum Thema menschenrechtliche Verantwortlichkeit in der Polizeiarbeit durch (USDOS 3.3.2017).

5. Folter und unmenschliche Behandlung

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Obwohl das Gesetz solche Praktiken verbietet, kam es zu Übergriffen durch die Sicherheitskräfte und die Polizei. Die Kommission für Menschenrechte (CHR) untersuchte bis August 2016 33 Fälle von angeblichen Foltervorwürfen begangen durch Sicherheitskräfte, hauptsächlich in Untersuchungshaft. Im gleichen Zeitraum dokumentierte die NGO Task Force Detainees of the Philippines (TFDP) fünf Fälle von Folter mit elf Opfern.

Im März 2016 wurde ein Polizist für schuldig befunden, einen Busfahrer gefoltert zu haben; er wurde zur Höchststrafe von zwei Jahren und einem Monat Gefängnis verurteilt. Dies war die erste Verurteilung auf der Grundlage des Antifoltergesetzes aus dem Jahr 2009. Viele weitere Personen warten jedoch noch immer darauf, dass man auch in ihren Fällen die Täter zur Verantwortung zieht. 2014 sammelte Amnesty International 55 Zeugenberichte von Menschen, die seit 2009 Folter durch Polizeibeamte erlitten haben. Psychischer Missbrauch wurde illegal im Rahmen des Anti-Folter-Gesetzes besonders in Drogenfällen ausgeübt (USDOS 3.3.2017).

Ein Gesetzentwurf zur Einrichtung eines nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter wurde 2016 nicht weiterverfolgt. Im Mai zeigte sich der UN-Ausschuss gegen Folter besorgt über Folter durch die Polizei. Er forderte die Philippinen nachdrücklich auf, alle geheimen Hafteinrichtungen zu schließen, in denen Gefangene - unter ihnen auch Minderjährige - Folter und andere Misshandlungen erleiden (AI 22.2.2017).

6. Korruption

Das Gesetz sieht zwar Strafen für Korruption durch Beamte vor, aber es gibt weiterhin Berichte, dass korrupte Praktiken ungestraft bleiben. Um die Korruption zu bekämpfen, wurden das unabhängige Amt des Ombudsmanns, das Gericht für Anti-Korruption, und eine Revisionskommission errichtet. Obwohl 2016 alle drei Einheiten unterbesetzt waren, konnten sie sowohl miteinander als auch mit der Öffentlichkeit aktiv zusammenarbeiten und somit ihre beschränkten Ressourcen effektiv einsetzen. Bis zum August 2016 erreichte der Ombudsmann 44 Verurteilungen gegen Beamte in 210 Korruptionsfällen, darunter gegen einen ehemaligen Kongressabgeordneten und die frühere Bürgermeisterin des Distrikts Bukidnon (USDOS 25.6.2015).

Die Philippinen liegen im 2016 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit einer Bewertung von 35 (von 100) (0=highly corrupt, 100=very clean) auf Platz 101 (von 176) (je höher, desto schlechter). 2015 war das Land mit Bewertung 35 auf Platz 95 (von 167) (TI 2015/2016).

7. Allgemeine Menschenrechtslage

In den Philippinen werden die Menschenrechte grundsätzlich durch zahlreiche Gesetze geschützt. Zudem hat das Land die wichtigsten völkerrechtlichen Vereinbarungen zum Schutze der Menschenrechte ratifiziert. Im Zuge des unter Präsident Duterte geführten "Krieg gegen Drogen" ist es zu einer hohen Zahl von Tötungen durch Sicherheitskräfte gekommen. Während Menschenrechtsverteidiger in diesem Zusammenhang von schweren Menschenrechtsverletzungen sprechen, hat die Polizei nach Angaben der philippinischen Regierung in Notwehr getötet. Außerhalb des "Krieges gegen Drogen" kommt es zu Menschenrechtsverletzung (wie z.B. sogenannte extralegale Tötungen, Körperverletzungen, Entführungen, Folter). Die juristische Aufklärung bekanntgewordener Fälle verläuft meist schleppend. Verurteilungen sind selten. Die Philippinen wurden 2011 und erneut für 2016 in den UN-Menschenrechtsrat gewählt. Das Verfahren des Universal Periodic Review (UPR) durchliefen sie zuletzt 2012. 2011 trat das Land außerdem dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs bei, als bisher einziges asiatisches Land neben Japan (AA 11.2016b).

Die größten Menschenrechtsprobleme auf den Philippinen betreffen außergerichtliche Tötungen durch nationale, regionale und lokale Beamte sowie durch Aufständische. Immer wieder begehen unbekannte Täter und mutmaßliche Milizen Morde an Journalisten, Richtern, Rechtsanwälten und Angehörigen von indigenen Gemeinschaften. Mangelnde Ressourcen im Justizsystem haben zur Folge, dass nur wenige Ermittlungs- und Gerichtsverfahren geführt werden und überlang dauern. Bei Menschenrechtsverletzungen herrscht ein Klima der Straflosigkeit. Machtmissbrauch und Korruption sind entsprechend weit verbreitet. Seit der Wahl des neuen Präsidenten Rodrigo Duterte im Mai 2016 haben sich die Probleme nochmals massiv verschärft; insbesondere die außergerichtlichen Hinrichtungen von Kleinkriminellen und Verdächtigen im Drogenhandel sind sprunghaft angestiegen. In den Südphilippinen schwelt immer noch ein bewaffneter Konflikt mit separatistischen islamischen Gruppen. Es kommt immer wieder zu Folter und Missbrauch von Häftlingen durch Sicherheitskräfte und die Polizei. Obwohl ein Antifoltergesetz vorliegt, bleiben die Verbrechen meist straflos. Auch sind mehrere Fälle des Verschwindenlassens bekannt. Trotz eines Gesetzes gegen das Verschwindenlassen erging noch kein entsprechender Schuldspruch. Frauen, LGBT-Personen, Personen mit Behinderungen und Angehörige einiger indigener Gruppen werden diskriminiert. Die sexuellen und reproduktiven Rechte der Frauen sind stark eingeschränkt. Es wird von sexueller Ausbeutung von Kindern, Kinderarbeit und Menschenhandel berichtet. Die Philippinen gründeten 2014 einen Ausschuss zur Feststellung der Ansprüche von Opfern von

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Menschenrechtsverletzungen, die während des unter der Regierung Marcos ausgerufenen Kriegsrechts begangen worden sind. Zehntausende Opfer machten Ansprüche auf Entschädigung geltend (HR 2.8.2016).

8. Haftbedingungen

In den Gefängnissen herrschen oft schlechte, potentiell lebensbedrohliche Umstände und sie sind häufig überfüllt (USDOS 3.3.2017). Durch die Einlieferung weiterer Häftlinge im Rahmen des Antidrogenkriegs, verschärfte sich das Problem der Überbelegung noch weiter (AI 22.2.2017). Außerdem verfügen die Haftanstalten in einigen Fällen über unzureichende sanitäre Einrichtungen und es fehlt an Nahrung und adäquater medizinischer Versorgung. Es kommt zu Missbrauch durch Wärter und andere Insassen, aber die meisten Gefangenen weigern sich, aus Angst vor Vergeltung, eine formale Beschwerde einzureichen (USDOS 3.3.2017).

9. Todesstrafe

Die Todesstrafe ist im Juni 2006 gesetzlich abgeschafft worden (AA 3.3.2017). Elf Jahre nach ihrer Abschaffung hat das philippinische Parlament mit großer Mehrheit die Wiedereinführung der Todesstrafe für Drogendelikte beschlossen. Damit will die Regierung von Präsident Rodrigo Duterte die Drogenkriminalität zurückdrängen. Hinrichtungen sollen demnach durch den Strang, Erschießen oder eine Giftspritze durchgeführt werden. Die Strafe gilt nicht zwingend für alle Drogendelikte und auch nicht für früher unter Todesstrafe stehende Verbrechen wie Verrat und Vergewaltigung. Der Senat muss dem Gesetz noch zustimmen. Gegner der Todesstrafe planen eine Anfechtung vor dem Obersten Gerichtshof (DS 7.3.2017; vgl. FAZ 7.3.2017).

10. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert Bewegungs- und Reisefreiheit im Inneren wie nach außen. Diese Rechte werden im Allgemein von der Regierung respektiert (USDOS 7.3.2017).

11. Grundversorgung und Wirtschaft

Seit einigen Jahren verzeichnen die Philippinen ein auch im asiatischen Vergleich überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum von 6% bis über 7%. Allerdings hat das beeindruckende Wirtschaftswachstum nicht zu einer Verringerung der massiven Armut geführt. Auch heute lebt etwa ein Viertel der ca. 100 Millionen Filipinos in Armut. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung liegen weiterhin bei über 20% (AA 11.2016b).

Die philippinische Wirtschaft weist eine deutliche Zweiteilung auf:

Moderne Elektronik-Industrie und boomender Dienstleistungssektor auf der einen Seite, Armut und Subsistenzlandwirtschaft andererseits. Hinzu kommt ein Entwicklungsgefälle zwischen Manila, die vielerorts den Entwicklungsstand eines Schwellenlandes widerspiegelt, und den wirtschaftlich rückständigeren Provinzen. Die Landwirtschaft beschäftigt rund ein Drittel aller Arbeitskräfte, ihr Anteil am Sozialprodukt beträgt jedoch nur noch etwa 15%. Die Industrie trägt ca. ein Drittel zur Entstehung des Sozialprodukts bei. Ein wichtiges Standbein ist dabei die Elektronik-Industrie. Ein großes Potential bietet außerdem der Tourismus, zumal die Entwicklung des Tourismus hoch oben auf der Prioritätenliste der Regierung rangiert. Die Ungleichheit bei der Einkommensverteilung ist hoch. Und es ist der philippinischen Regierung trotz des starken Wirtschaftswachstums nicht gelungen, die Armut im Lande spürbar zu reduzieren. Nach Angaben der Weltbank stagniert sie bei rund 25%. Die Armut ist in den Philippinen regional unterschiedlich verteilt, insbesondere in ländlichen Gebieten ist sie wesentlich höher als in den Städten. Die ärmste Provinz liegt im muslimischen Teil der Philippinen (Autonome Region im muslimischen Mindanao, ARMM). Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung bleiben drängende Probleme. Die Arbeitslosenquote auf den Philippinen ist nach offiziellen Angaben relativ moderat und lag in den letzten Jahren recht stabil bei ca. 7%. Nur ca. 55% aller Beschäftigten sind im formalen Sektor tätig. Der Rest ist als Dienstleister im Haushaltsbereich, als Aushilfskräfte in der Landwirtschaft u.s.w. tätig. Dem nur leichten bis stagnierenden Rückgang der Arbeitslosigkeit steht ein starker Anstieg der Unterbeschäftigung gegenüber (ca. 23%). Außerdem verlassen über 1 Mio. Menschen jährlich das Land, um im Ausland Arbeit zu suchen - mit zunehmender Tendenz. Die Entsendung von Gastarbeitern ins Ausland hilft zwar einerseits, den heimischen Arbeitsmarkt zu entlasten und Devisen zu erwirtschaften. Sie führt andererseits aber zu einer immer ausgeprägten Konzentration unterqualifizierter Arbeitnehmer im Inland, die sich in einem Mangel an Facharbeitern im Lande niederschlägt (AA 11.2016c).

Die sozialen Sicherheitsnetze sind nach wie vor deutlich unterentwickelt. Große Einkommensunterschiede sowie eine hohe Armutsrate schränken die soziale und politische Beteiligung ein. Daneben stellen den Staat die geographischen Gegebenheiten der Inselgruppe und die schlechte Infrastruktur in den ländlichen Regionen vor große Herausforderungen in Hinsicht der Beseitigung sozioökonomischer Disparitäten. Neben der verbesserten

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Infrastruktur ist seit 2007 ein Conditional-Cash-Transfer-Programm (CCT) unter den Namen Pantawid Pamilyang Pilipino Program (4Ps) ein wichtiges Instrument, um das starke Wachstum und die niedrige Inflation zu beibehalten. Derzeit werden im Rahmen des Programms Mio. 3 Mio. von

5.2 Haushalten finanziell unterstützt. So erhalten Mütter regelmäßige Beihilfen in der Höhe von etwa 33 $, abhängig davon, ob ihre Kinder die Schule besuchen oder ob sie Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen erhalten. Laut einer Studie ist das philippinische CCT eines der effizientesten sozialen Sicherheitsnetze, da es nur 0,5% des GDP kostet, jedoch 15 Mio. Einwohner erreicht (BTI 2016).

Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte kritisierte, dass auf den Philippinen nur 13% der Arbeitnehmer den Mindestlohn erhielten und bestimmte Berufsgruppen von der Zahlung des Mindestlohns ausgenommen waren (AI 22.2.2017).

12. Medizinische Versorgung

Im Laufe der Jahre wurde auch auf den Philippinen einiges dafür getan, das Gesundheitssystem in seiner Gesamtheit zu verbessern. Erreicht der Standard einiger Krankenhäuser in den Großstädten durchaus westliches Niveau, so ist in den Provinzen die Behandlung von schwereren Leiden nicht immer gewährleistet. Heute erhalten die meisten Filipinos wesentlich bessere medizinische Leistungen als noch vor wenigen Jahren und von der philippinischen Regierung wurden zahlreiche Programme aufgelegt, die auch dem ärmeren Teil der Bevölkerung die notwendige medizinische Versorgung ermöglichen. So wurde von der Regierung eine erschwingliche Krankenversicherung, die "Phil Health" ins Leben gerufen, die allen philippinischen Bürgern offen steht und eine medizinische Grundversorgung in einem staatlichen Krankenhaus sichert (TA 10.2.2015).

Im philippinischen Gesundheitssystem arbeiten etwa 90.000 registrierte Ärzte, deren Zahl sich jedoch deshalb zunehmend verringert, weil sie (notfalls als Krankenpfleger) im Ausland Arbeit suchen und sich dort niederlassen wollen. Es gibt landesweit zirka

2.400 Krankenhäuser, von denen etwa 1.700 in öffentlichem Besitz sind. Während zwar über 60% der Bevölkerung über die Philippine Health Insurance Corporation gesetzlich krankenversichert sind (wobei lediglich die Basisversorgung gewährleistet ist), hat jedoch kaum die Hälfte der Bevölkerung Zugang zur medizinischer Versorgung (GIZ 12.2016b).

Trotz der generellen Gesundheitsprobleme im Land, wie Unterernährung und Drogenabhängigkeit, kann die Qualität der medizinischen Versorgung durchaus als gut bezeichnet werden. Das trifft insbesondere auf die größeren Städte zu, obwohl auch deren Einrichtungen nicht immer über die modernste Technik verfügen. Besonders groß ist das Gefälle in ländlichen Regionen. Hier sind die Einrichtungen oft veraltet und ernsthafte Beschwerden können nicht behandelt werden. Ganz anders sieht es in den großen Städten wie beispielsweise in Manila aus, wo mit dem St. Luke's Medical Center, Medical City, Makati Medical Center und Asian Hospital einige der besten Krankenhäuser der Philippinen zu finden sind. Auf den Philippinen gibt es sowohl öffentliche oder staatliche Krankenhäuser als auch privat geführte Kliniken. Der wesentliche Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Krankenhäusern besteht im darin, dass die meisten öffentlichen Krankenhäuser, anders als private Pflegeeinrichtungen, oft nicht über die modernste Medizintechnik verfügen. Die meisten Einheimischen suchen jedoch die öffentlichen Krankenhäuser auf, einfach weil die Untersuchungen hier kostenlos durchgeführt werden. Große private Krankenhäuser, die mit der modernsten Technik ausgestattet sind, findet man vor allem in den großen Städten des Landes. Im Gegensatz zu den öffentlichen Krankenhäusern sind sie jedoch, für philippinische Verhältnisse, recht teuer. Im Vergleich zu den Krankenhäusern in den großen Städten können in Krankenhäusern in den ländlichen Gebieten nur begrenzte Dienstleistungen oder Behandlungen angeboten werden. Viele Krankenhäuser in ländlichen Gebieten sind nur für die medizinische Grundversorgung eingerichtet. Bei wirklich komplizierten Erkrankungen oder Operationen empfiehlt es sich, entweder ein Krankenhaus in Manila oder sogar im Ausland aufzusuchen (TA 11.2.2015).

Die staatlichen Krankenhäuser sind meist unterfinanziert und in einem Zustand, der viel zu wünschen übrig lässt. Wohlhabende und Ausländer bevorzugen private, technisch gut ausgestattete Krankenhäuser. Medikamente und Behandlungskosten müssen von Patienten selbst bezahlt werden, Anzahlungen vor Beginn der Behandlung sind üblich (GIZ 12.2016b).

In Manila wie in den anderen größeren Metropolen des Landes ist die ambulante und stationäre ärztliche Versorgung durch private Krankenhäuser gut geregelt. In ländlichen Gebieten ist dies - inklusive Rettungswesen - in der Regel nicht der Fall. Die meisten Ärzte können sich auf Englisch verständigen, Medikamente in breiter Auswahl sind in den Apotheken gut erhältlich (AA 3.3.2017).

13. Rückkehr

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Die Verfassung garantiert Bewegungs- und Reisefreiheit im Inneren wie nach außen, und ermöglicht Emigration, aber auch Rückkehr. Diese Rechte werden im Allgemein von der Regierung respektiert. Der Staat arbeitet mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebene, Flüchtlinge, rückkehrende Flüchtlinge, Staatenlose und andere Betroffenen zu schützen und zu unterstützen (USDOS 3.3.2017).

3. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt 1. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Zudem wurde Beweis durch Einsichtnahme in die vorliegenden Verwaltungsakte, beinhaltend, die Erstbefragungen vom 03.01.2018, die Einvernahmen vor dem Bundesamt vom 26.06.2018, den gegenständlichen Bescheiden vom 03.10.2018 und den Beschwerden vom XXXX ; durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu den Philippinen (Stand 27.03.2017) sowie durch Einsichtnahme in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS, IZR und ZMR erhoben.

3.1. Die Identität der Beschwerdeführer kann aufgrund des Umstandes festgestellt werden, dass sie am 24.12.2017 mit gültigen philippinischen Reisepässen, sowie gültigen, von der ÖB XXXX ausgestellten Visa C - auf dem Luftweg - in das Bundesgebiet eingereist sind. Kopien der Pässe sowie der Visa befinden sich in den Verwaltungsakten.

3.2 Aufgrund der in der Erstbefragung sowie in der niederschriftlichen Einvernahme dargelegten Sprachkenntnisse sowie ihrer eigenen Angaben kann festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer Tagalog und Englisch sprechen. BF2 konnte im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt auch auf Deutsch eine Unterhaltung führen. Die Feststellungen zum Familienstand, zu den universitären Abschlüssen, die Teilnahme an Deutschkursen und ihrer freiwilligen Tätigkeit an der Universität Wien, sowie zur Arbeitsfähigkeit von BF1 und BF2 ergeben sich aus den von den Beschwerdeführern vorgelegten Urkunden, die sich in Kopie in den jeweiligen Verwaltungsakten befinden und ihren glaubhaften, widerspruchsfreien Angaben. Aus den glaubhaften, im erstbehördlichen Verfahren getätigten Aussagen ergibt sich ebenfalls, dass die Beschwerdeführer sunnitische Muslime sind und dass sich - außer der im Asylverfahren befindlichen Kernfamilie - keine weiteren Familienmitglieder oder Angehörigen im Bundesgebiet aufhalten. Sämtliche weiteren Angehörige leben auf den Philippinen. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer gesund sind, ergibt sich aufgrund glaubhaften von BF1 und BF2 im Verfahren gemachten Aussagen, sowie aufgrund des Umstandes, dass sich in den Akten keine Befunde, medizinische Unterlagen o.ä. finden, die auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung schließen lassen würden. Es sind keine Gründe ersichtlich, aus denen die Beschwerdeführer diesbezüglich unwahre Angaben gemacht haben sollten. Die strafrechtliche Unbescholtenheit der strafmündigen Beschwerdeführer ergibt sich aus einer amtswegig durchgeführten Strafregisterauskunft sowie aus den glaubwürdigen und widerspruchsfreien Angaben im Verfahren. Die Feststellungen, dass die Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung beziehen und nicht selbsterhaltungsfähig sind, ergeben sich aufgrund von im Verfahren vorgebrachten glaubhaften Angaben und einem amtlich durchgeführten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

3.3. Da die Verfolgungsgründe der Beschwerdeführer aufgrund der behaupteten Verfolgung durch die philippinische Polizei nicht bewiesen worden sind, ist zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer und das Vorbringen zu ihren Fluchtgründen abzustellen.

Den BF1 und BF2 wurde bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt ausreichend Zeit und Gelegenheit eingeräumt, die Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel und geeignete Nachweise zur Untermauerung ihres Vorbringens vorzulegen. Wie die belangte Behörde zutreffend aufzeigt, sind Unschlüssigkeiten, Diskrepanzen und Widersprüche in den von ihnen im gegenständlichen Verfahren gemachten Angaben geeignet, die persönliche Glaubwürdigkeit von BF1 und BF2 in Zweifel zu ziehen:

Bei der Erstbefragung am 03.01.2018 führte der BF1 aus, sein Bruder habe mit Drogen gehandelt und werde deshalb von Polizei und Regierung gesucht. Nach ihm werde ebenfalls gesucht, da die Behörde fälschlich davon ausgehe, er habe mit seinem Bruder zusammengearbeitet. Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt, am 26.06.2018 führte der BF1 zu seinen Fluchtgründen (AS 224 ff) aus, er habe mit seiner Familie im Mai 2016 die Philippinen besucht. Nach einem Kurzbesuch in XXXX haben sie in Manila in einem Hotel gewohnt. Dies sei eines nachts von der Polizei gestürmt worden. Die Polizei habe ihn mit seinem Bruder verwechselt und versucht ihn auf das Revier mitzunehmen. Er habe beteuert, dass er nicht sein Bruder sei, es sei ihm jedoch nicht geglaubt worden. Der BF1 habe sich aber von der Polizei losreißen können, sei zu seiner Familie zurückgelaufen und zum Flughafen geflohen. Gemeinsam mit seiner Familie sei ihm die Flucht nach XXXX auf dem Luftweg gelungen. Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt beantwortete der BF1 (Einvernahme vor dem Bundesamt AS

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126) die Frage, warum er den philippinischen Behörden nicht mit seinem Reisepass seine Identität nachweise um die Verwechslung aufzuklären damit, dass er Angst um sein Leben und das Leben seiner Familie habe und es abermals zu Verwechslungen kommen könne. Die BF2 brachte in der Einvernahme vor dem Bundesamt vor, sie sei bereits 2005 von den Philippinen nach XXXX ausgereist um die Familie nicht in Gefahr zu bringen und ein besseres Leben führen zu können. Schon hier sei der Bruder von BF1 Mitglied eines großen Drogenkartells gewesen und auch seien sie als Muslime von der christlichen Mehrheit benachteiligt worden.

Als erstes Indiz für die persönliche Unglaubwürdigkeit des BF1 ist anzuführen, dass er im Zuge der Erstbefragung am 03.01.2018 angab, dass die philippinischen Behörden fälschlich davon ausgehen, er arbeite mit seinem Bruder im Drogenhandel zusammen und es werde deshalb nach ihm gefahndet. Dies steht im Widerspruch zu seinem Vorbringen in der Einvernahme vor dem Bundesamt, wo er angab mit seinem Bruder verwechselt und deshalb verfolgt worden sei. Die in der Einvernahme vor dem Bundesamt geschilderte Festnahme in Manila blieb in der Erstbefragung gänzlich unerwähnt. Den Ausführungen von dem BF1 und der BF2 zu der Festnahme in Manila im Mai 2016 kommt bei lebensnaher Betrachtung keine Glaubwürdigkeit zu. Es ist als weltfremd zu beurteilen, dass vier bis fünf Polizisten den BF1 anhand eines Fotos im Beisein seiner Familie als seinen Bruder identifizieren, der BF1 diese Verwechslung nicht mit seinem Reisepass aufzuklären versucht habe, ihm jedoch trotz dieser massiven Polizeipräsenz - auf dem Weg zum Polizeirevier - ihm die Flucht gelungen sei. Ebenso ist als lebensfremd zu beurteilen, dass der BF1 im Anschluss ins Hotel zurückgekehrt sei und die gesamte Familie am selben Tag unbehelligt auf dem Luftweg nach XXXX ausreisen haben können. Auch wird in der Beschwerde ausgeführt, dass der BF1 im Hotel gemeinsam mit anderen Drogendealern und Drogenabhängigen festgenommen worden sei. Weitere Drogendealer und auch Drogenabhängige im Hotel blieben in den bisherigen Ausführungen von BF1 und BF2 vor dem Bundesamt bisher unerwähnt und widersprechen dem Vorbringen, dass konkret nach dem BF1 - bzw. nach seinem Bruder - gesucht worden sein solle, da ihn die ehemaligen Nachbarn in XXXX verwechselt und verraten haben sollen (Einvernahme BF1 vor dem Bundesamt AS125). In der Beschwerde wird weiters ausgeführt, dass die sich die Festnahme im Hotel (Beschwerde S6), in der Nacht vom 30.05.2016 zugetragen haben soll. Am 31.05.2016 sei die Familie wieder nach XXXX geflogen. Die Philippinische Regierung startete die Anti-Drogen Kampagne kurz nach dem Amtsantritt von Präsident Duterte, am 30.06.2016 (siehe Länderinformationsblatt) und somit erst ein Monat nach der Ausreise der Beschwerdeführer. Laut den Ausführungen der BF habe sich die Festnahme in Manila somit bereits vor der Anti Drogen Kampagne zugetragen, was einen weiteren deutlichen Hinweis für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens darstellt.

Als weiteres Indiz für die persönliche Unglaubwürdigkeit der Beschwerdeführer ist auszuführen, dass sie nicht unverzüglich nach ihrer Einreise den Antrag auf internationalen Schutz stellten. Die mit der Beschwerde eingebrachte Begründung, dass die BF bereits am XXXX und am XXXX bei der Polizei versucht haben einen Antrag zu stellen, sie jedoch beide Male die Information bekamen, dass die Polizei aufgrund von Feiertagen geschlossen sei, ist nicht nachvollziehbar und als realitätsfremd zu beurteilen, da in Österreich der Zugang zu den Sicherheitsdienststellen 24 Stunden am Tag gewährleistet ist. Wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, ist es den Beschwerdeführern nicht gelungen, das Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft zu machen.

Insgesamt wird das Vorbringen der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde richtigerweise als wenig substantiiert und nicht plausibel nachvollziehbar eingestuft. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer ihren Herkunftsstaat verlassen haben, um eine wirtschaftliche Verbesserung ihrer Lebenssituation zu erreichen. Dies wurde auch von BF1 und BF2 ausdrücklich während der Einvernahmen vor dem Bundesamt als weiterer Ausreisegrund von den Philippinen nach XXXX vorgebracht. Wie oben ausgeführt, konnte auch durch die im Zuge der Beschwerde eingebrachte Stellungnahme nichts gewonnen werden.

Auch aus der von der BF2 nicht substantiiert vorgebrachten Ungleichbehandlung von Muslimen und Christen in XXXX ergeben sich in Zusammenschau mit den Länderinformationen der Staatendokumentation keinerlei Hinweise auf einen asylrelevanten Fluchtgrund.

3.4. Zu den Feststellungen zur Situation der Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr ist anzumerken, dass auch in diesem Punkt der Beweiswürdigung der belangten Behörde zu folgen ist. Die BF1 und BF2 sind gesund und arbeitsfähig und verfügen jeweils über ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Es ist davon auszugehen, dass sie im Falle einer Rückkehr in der Lage sein werden, durch eigene Arbeitsleistung - wie auch vor ihrer Ausreise - den Lebensunterhalt für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder zu erwirtschaften. Es kann aufgrund der Aktenlage in Zusammenschau mit den dieser Entscheidung zugrundeliegenden relevanten Informationen zum Herkunftsstaat nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wären.

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3.5. Es sind im gesamten Verfahren keine Hinweise hervorgekommen, die darauf schließen lassen würden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen vorliegen und dies wurde auch seitens der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

3.8. Die gegenständlichen Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation im Herkunftsland ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben. Es ist den Beschwerdeführern nicht gelungen, den Wahrheitsgehalt der Länderberichte in Zweifel zu ziehen und sie sind ihnen nicht substantiiert entgegentreten.

Aus den herangezogenen Berichten ergibt sich im Wesentlichen, dass keine bürgerkriegsähnlichen Zustände oder Kampfhandlungen auf den Philippinen bestehen und es auch sonst zu keinen nennenswerten sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen ist. Auch herrscht auf den Philippinen kein Klima ständiger latenter Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbarer Einschränkung, durch welche alle Einwohner einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Obwohl Korruption auf den Philippinen auch bei Behörden und Gerichten verbreitet ist, lässt sich daraus nicht ableiten, dass der Schutz vor Übergriffen durch kriminelle Personen nicht gewährleistet wäre und auf den Philippinen hinsichtlich krimineller Aktivitäten generell ein unverhältnismäßig hohes Sicherheitsrisiko bestehen würde. Auch sonst geht nicht hervor, dass die Beschwerdeführer, die nicht politisch aktiv bzw. auffällig waren, angesichts der allgemeinen Verhältnisse Verfolgung befürchten müssten. Auch im Hinblick auf die allgemeine Versorgungslage ergibt sich kein Anhaltspunkt, wonach die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat in eine ausweglose Situation (Verpflegung/Unterkunft) geraten würde oder, dass Personen auf den Philippinen allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Das rigorose Vorgehen von Präsident Duterte gegen den Konsum und den Handel von illegalen Drogen, das sowohl in den Länderinformationen (siehe Kapitel 2.1), als auch in der gegenständlichen Beschwerde beschrieben wird, wurde in dieser Entscheidung berücksichtigt. Wie bereits oben ausgeführt, ist mangels Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens jedoch für die Beschwerdeführer auch hier nichts zu gewinnen.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

4.1. Zur Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005; AsylG 2005) BGBl I 100/2005 idgF hat die Behörde Fremden, die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, den Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren".

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation der Asylwerber und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die

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Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH 26.02.1997, 95/01/0454; 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, 95/20/0239; 16.02.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich die Asylwerber außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befinden. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (vgl. VwGH 16.06.1994, 94/19/0183; 18.02.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob die Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten haben (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

Da das von den Beschwerdeführern behauptete Fluchtvorbringen nicht festgestellt werden konnte, ist zunächst folgendes festzuhalten: Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer hat vor allem zu berücksichtigen, ob diese außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu ihren Fluchtgründen die Wahrheit gesagt haben; auch ist die Beachtung der in § 15 AsylG normierten Mitwirkungspflichten gemäß § 18 Abs. 2 AsylG und die sonstige Mitwirkung des BF im Verfahren zu berücksichtigen. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es auch am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd § 274 ZPO zu verstehen. Ausgehend von § 274 Abs. 1 letzter Satz ZPO eignet sich nur eine Beweisaufnahme, die sich sofort ausführen lässt (mit Hilfe so genannter "parater" Bescheinigungsmittel) zum Zwecke der Glaubhaftmachung (VwGH 27.05.2014, 2014/16/0003 mwN), wobei der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner asylrechtlichen Spruchpraxis von dieser Einschränkung abweicht.

Mit der Glaubhaftmachung ist auch die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).

Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.

In diesem Zusammenhang ist der Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 337, 9, (Statusrichtlinie), maßgeblich:

"Artikel 4 Prüfung der Tatsachen und Umstände

(1) - (4) [...]

(5) Wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

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a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen;

b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war; und

e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."

Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist v.a. auf folgende Kriterien abzustellen: Zunächst bedarf es einer persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers, die insbesondere dann getrübt sein wird, wenn sein Vorbringen auf ge- oder verfälschte Beweismittel gestützt ist oder er wichtige Tatsachen verheimlicht respektive bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert. Weiters muss das Vorbringen des Asylwerbers - unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten - genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

Vor diesem Hintergrund geht der zur Entscheidung berufene Richter auf Grund der im erstbehördlichen Verwaltungsakt einliegenden niederschriftlichen Erstbefragung und Einvernahme der Beschwerdeführer davon aus, dass ihren Ausführungen keine Glaubwürdigkeit zukommt. Ein Indiz von vielen ist die Tatsache, dass die Beschwerdeführer ohne gute Begründung den Antrag auf internationalen Schutz erst kurz vor Ablauf ihrer gültigen Touristenvisa stellten.

Das erkennende Gericht übersieht nicht, dass gemäß § 19 Abs. 1 AsylG die Erstbefragung zwar "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden dient und sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12). Eine Erhebung der allgemeinen Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates ist jedoch zulässig und es besteht dahingehend kein Beweisverwertungsverbot. Die Verwaltungsbehörde bzw. das BVwG können im Rahmen ihrer Beweiswürdigung die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen, weshalb die in der Beweiswürdigung dargelegten Widersprüche ein Indiz von vielen für ein insgesamt unglaubwürdiges Fluchtvorbringen darstellt.

Wie aus den beweiswürdigenden Ausführungen zu entnehmen ist, ist nicht ableitbar, dass die Beschwerdeführer auf den Philippinen konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität aus asylrelevanten Gründen zu befürchten hätte.

Ihnen ist es sohin nicht gelungen, eine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, darzulegen. Daher sind den Beschwerdeführern der Status der Asylberechtigten nicht zuzuerkennen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. als unbegründet abzuweisen.

4.2. Zur Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten:

Wird Fremden der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit die Fremden besitzen oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat ihres früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Wird der Antrag der Fremden auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG 2005 an, dass den Fremden der Status der subsidiär

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Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in ihren Herkunftsstaat für sie eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in ihrem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für die Fremden als Zivilpersonen eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass die Fremden einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wären, wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation der Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.02.2005, 2002/20/0582). Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR 06.02.2001, 44599/98, Bensaid gg. Vereinigtes Königreich; VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es den betroffenen Personen, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behaupten, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gericht eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR 05.07.2005, 2345/02, Said gg. Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, haben die betroffenen Personen auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR 26.07.2005, 38885/02, N. gg. Finnland).

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EKMR 15.11.1996, 22414/93, Chahal gg. Vereinigtes Königreich).

Das Bundesverwaltungsgericht hatte somit zu klären, ob im Falle der Verbringung der Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass die Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen haben, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person der Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht der Antragsteller bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre der Asylwerber gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

Weder aus den Angaben der Beschwerdeführer zu den Gründen, die für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene, gemäß der Judikatur des EGMR geforderte, Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung der Beschwerdeführer im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann nicht erkannt werden. Die BF1 und BF2 sind gesund und arbeitsfähig und verfügen jeweils über ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Es ist davon auszugehen, dass sie im Falle einer Rückkehr in der Lage sein werden, sich durch eigene Arbeitsleistung - wie auch vor ihrer Ausreise - den Lebensunterhalt für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder erwirtschaften zu können.

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Für den erkennenden Richter des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich unter diesen Aspekten keine Hinweise ergeben, wonach die Beschwerdeführer für den Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würde.

Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr auf die Philippinen sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein, Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern auf den Philippinen eine mit Todesstrafe bedrohte strafbehördliche Verfolgung droht.

Dass sich der Herkunftsstaat der Beschwerdeführer nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden; ebenso kann daher nicht festgestellt werden, dass für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht. Dass die Philippinen in einem Zustand wären, in dem keine funktionierende Ordnungsmacht mehr gegeben sei, ist aus den Länderinformationen nicht ersichtlich.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter Art. 2 oder Art. 3 EMRK subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist. Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter Art. 2 oder Art. 3 EMRK subsumierbaren Sachverhalts abgeleitet werden.

Weitere Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden. Es ist aus den Länderberichten auch nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Rückkehrer Repressionen oder Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten hätten.

Zur individuellen Versorgungssituation der Beschwerdeführer wird festgehalten, dass BF1 und BF2 ihre gesamte Schulbildung und Universitätsausbildung auf den Philippinen abgeschlossen haben und mehrere Jahre beim XXXX gearbeitet haben und somit über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügten, sodass davon auszugehen ist, dass sie im Fall einer Rückkehr auf die Philippinen sich wiederum eine solche für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder aufbauen können. Weiters gilt es zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführer die Landesprache sprechen. Bei BF1 und BF2 handelt es sich um mobile, erwachsene, arbeitsfähige und anpassungsfähige Menschen. von welchen anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage nicht qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden, weshalb die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen ist.

4.3. Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

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"1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

Die Beschwerdeführer befinden sich seit ihrer Einreise durchgehend im Bundesgebiet, doch ist ihr Aufenthalt nicht geduldet. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen oder Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in den Beschwerden auch nur behauptet wurde.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen Drittstaatsangehörige unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn deren Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Beschwerdeführer sind keine begünstigte Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

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9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entfernte verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 190.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen also dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (EGMR, Maslov/Österreich, 23.06.2008, 1638/03, RN 63). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als

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fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Die Beschwerdeführer halten sich zum Entscheidungszeitpunkt seit etwas mehr als einem Jahr und drei Monaten im österreichischen Bundesgebiet auf, wobei dieser Aufenthalt nicht geduldet ist und sich nur auf ein Asylverfahren stützt.

BF1 und BF2 verfügen- abgesehen von der sich im Familienverfahren befindlichen Kernfamilie - im Bundesgebiet über keine Familienangehörigen. Ein Eingriff in ihr Recht auf Familienleben liegt daher nicht vor. Der minderjährigen BF3 ist XXXX geboren, die minderjährige BF4 ist in XXXX geboren. Den Großteil ihres Lebens haben beide in XXXX mit ihren beiden Elternteilen verbracht. Es ist davon auszugehen, dass es auch für sie möglich sein wird, ihr Familienleben mit den Eltern auch auf den Philippinen fortsetzen zu können.

Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben der Beschwerdeführer eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung wird auf die oa. Feststellungen verwiesen. Die Beschwerdeführer besuchen Sprachkurse und Universitätskurse und sind nicht selbsterhaltungsfähig.

Dass die strafmündigen Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind, vermag hingegen weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Das Bundesverwaltungsgericht vermag somit keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat zu erkennen. Insbesondere führt ein Vergleich zwischen den Lebensverhältnissen der BF1 und BF2 in Österreich mit jenen auf den Philippinen, zu dem Schluss, dass sie in ihrem Herkunftsstaat über weit mehr Anknüpfungspunkte verfügen, als dies in Österreich der Fall ist, zumal sie dort den Großteil ihres Lebens zubrachten und dort ihre Hauptsozialisierung erfahren hat. Ebenso leben die übrigen Familienmitglieder der Beschwerdeführer auf den Philippinen. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass BF1 und BF2 ihrem Herkunftsstaat und den dort herrschenden Gepflogenheiten und Lebensumständen nicht derart entrückt und entfremdet wäre, dass ihm eine Rückkehr und Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unzumutbar oder unmöglich wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die gesunden und arbeitsfähigen BF1 und BF2, mit Hilfe ihrer universitären Ausbildung und jahrelangen Lebenserfahrung, eine Reintegration in seinen Herkunftsstaat möglich sein wird. Der minderjährigen BF3 ist auf den XXXX geboren, die minderjährige BF4 ist in XXXX geboren. Den Großteil ihres Lebens haben beide in XXXX mit ihren beiden Elternteilen verbracht. Somit haben die beiden minderjährigen BF ihre Hauptsozialisierung nicht in Österreich erfahren. Es ist davon jedenfalls davon auszugehen, dass es für sie möglich sein wird, ihr Familienleben mit den Eltern auch auf den Philippinen fortsetzen zu können.

Den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen nach den dargelegten Erwägungen schwerer als das Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich.

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Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass es den Beschwerdeführern bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG auch nicht verwehrt ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (so auch VfSlg. 19.086/2010 unter Hinweis auf Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 861).

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das Bundesamt somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ihrem persönlichen Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordneten Rückkehrentscheidungen eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiären Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.04.2010, 2009/21/0055).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 liegen vor: Da der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen.

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG setzt weiters voraus, dass den Beschwerdeführern kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Die Beschwerdeführer gaben nicht an, über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das Vorliegeneines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint (siehe oben).

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint (siehe oben).

Die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den tragenden Gründen des gegenständlichen Erkenntnisses betreffend die Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung auf die Philippinen im Sinne des § 50 FPG ergeben würden. Die Abschiebung wäre nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Philippinen nicht.

Die Abschiebung der Beschwerdeführer auf die Philippinen ist daher zulässig.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

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Da derartige besondere Umstände vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid auch in diesem Spruchpunkt als unbegründet abzuweisen.

4.4. Zum Entfall einer mündlichen Beschwerdeverhandlung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Entfall einer mündlichen Beschwerdeverhandlung ausgesprochen, dass es der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich sind (siehe jüngst VwGH 28.06.2018, Ra 2018/19/0090):

"Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0410, mwN)."

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch eingehende Befragung der BF1 und BF2 nachgekommen und es sind den angefochtenen Bescheiden umfassende Ermittlungsverfahren vorangegangen. Auch wurde den Länderfeststellungen nichts Substantiiertes entgegengehalten und auch hat ein Abgleich mit den aktuellsten Länderinformationen zum Herkunftsstaat nicht ergeben, dass sich die dortige Situation entscheidungswesentlich verändert hätte.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt im gegenständlichen Fall, wie aufgezeigt, zu denselben Feststellungen wie die belangte Behörde und teilt die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung.

Die angefochtenen Bescheide wurden am 03.10.2018 erlassen. Der BF1 sowie die BF2 wurden zuvor am 26.06.2018 einvernommen. Sowohl die Bescheide als auch die letzten Einvernahmen weisen daher die gebotene Aktualität auf.

Die Ergebnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens konnten insgesamt nicht erschüttert bzw. substantiiert bekämpft werden, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).

Zu Spruchteil B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe oben); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als

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uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2019:W278.2208051.1.00