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DIE GEROLSTEINER BRUNNENGESCHICHTE

Gerolsteiner Brunnengeschichte 2015

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Vom Beginn einer sprudelnden Erfolgsgeschichte // © Gerolsteiner Brunnen GmbH&Co KG - Abdruck honorarfrei. Wir freuen uns über die Zusendung eines Belegexemplars.

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DIE GEROLSTEINER

BRUNNENGESCHICHTE

DIE GEROLSTEINER

BRUNNENGESCHICHTE

2

3

VOM BEGINN EINERSPRUDELNDEN ERFOLGSGESCHICHTE „Nach einem mehrmonatlichen Aufenthalt in der herrlichen Eifel hierher zurückgekehrt,

wünsche ich den Eifel-Champagner auch ferner zu trinken“,

so lobte bereits 1892 Dr. H. K. aus

Hamburg das besondere Wasser aus

Gerolstein. Dabei ist es der glücklichen

Fügung aus Zufall und Unternehmer-

geist zu verdanken, dass sich in der

kleinen Stadt in der Vulkaneifel ein bis

heute erfolgreicher Industriezweig

gründete. War es ursprünglich Kohlen-

säure, die den Reiz der einzigartigen

Region ausmachte, so stießen die fin-

digen Pioniere bei ihrer Suche auf ei-

nen noch größeren Schatz: natürliches

Mineralwasser. Dies war der Anfang

einer sprudelnden Erfolgsgeschichte.

Ob Geologe, Güterkontrolleur oder

Kaufmann – Persönlichkeiten unter-

schiedlicher Herkunft erkannten in der

Qualität des Mineralwassers eine wirt-

schaftlich gewinnbringende Unter-

nehmung. Sie legten damit vor knapp

140 Jahren den Grundstein für Gerol-

stein als bedeutende Mineralbrunnen-

Stadt in Deutschland und weltweit. In

diesem Buch möchten wir die

Geschichte(n) der Gerolsteiner Brun-

nen und ihrer Gründer nachzeichnen,

von deren Schaffen wir bis heute pro-

fitieren.

Axel Dahm

Vorsitzender der Geschäftsführung

Gerolsteiner Brunnen

4

5

INHALTDIE GRÜNDUNG DER BRUNNENSeite 6

EINE BRANCHE IM AUFBRUCH Seite 8

SCHLOSS-BRUNNEN GEROLSTEIN Seite 12

GEROLSTEINER FLORA-BRUNNEN Seite 16

HANSA-SPRUDELSeite 24

GEROLSTEIN – DAS HERZ DER MINERALBRUNNENINDUSTRIE Seite 10

GEROLSTEINER SPRUDELW. CASTENDYCK Seite 20

GEROLSTEINER URQUELLSeite 28

GEROLSTEINER BRUNNENWILHELM FLAMMSeite 29

DIE MARKE UNION-SPRUDELSeite 30

DIE GESCHICHTE DER BRUNNENSeite 32

AKTIV FÜR DIE BRANCHESeite 34

DIE ELEFANTENHOCHZEITSeite 42

REGISTERSeite 46

BIS HEUTE LEBENDIGSeite 36

6

7

DIE GRÜNDUNG DER BRUNNEN

8

EINE BRANCHE IM AUFBRUCHAb 1848 erlebte Deutschland eine Zeit wirtschaftlichen Aufschwungs. Nach der Agrarkrise

(1846 und 1849) und der Revolution von 1848 veränderten sich die Produktions- und Lebens-

verhältnisse, sodass schon damals von einer industriellen Revolution gesprochen wurde.

Das Bruttosozialprodukt wuchs jährlich im Durchschnitt um 2,4 Prozent und der deutsche

Außenhandel verdreifachte sich.

Bis vor dem Ersten Weltkrieg 1913

stieg die deutsche Industrieprodukti-

on sogar um das Fünffache. Industrie

und Handwerk begannen, die Land-

wirtschaft als wichtigsten Wirtschafts-

sektor abzulösen. Parallel dazu

verdoppelte sich bis 1910 die Einwoh-

nerzahl Deutschlands auf 58,5 Millio-

nen. Seit Ende der 1870er Jahre

stiegen auch die Reallöhne, sodass

eine breite soziale Schicht Anteil am

wirtschaftlichen Aufschwung hatte.

Zudem entwickelte sich das Strecken-

netz der Eisenbahn in einem rasanten

Tempo. Ab den 1860er Jahren hatte

das Fernstreckennetz der Bahn nahe-

zu die identische Gestalt wie heute.

In West- und Mitteldeutschland gab es

kaum einen Ort, der mehr als zehn Ki-

lometer von einem Bahnhof entfernt

lag. Davon profitierte auch die auf-

kommende Mineralbrunnenindustrie.

Auch weit abgelegene Mineralquellen

wurden für Unternehmen und Inves-

toren interessant, da der Versand der

Produkte günstiger und schneller ab-

gewickelt werden konnte.1 Den deut-

schen Mineralbrunnen gelang es in

dieser Zeit, ihre Absätze massiv zu stei-

gern. Aufgrund der wirtschaftlichen

Expansion und der wachsenden Be-

völkerung stieg die Nachfrage nach

Mineralwasser stetig.

So erlebte die deutsche Mineralbrun-

nenindustrie im letzten Drittel des

19. Jahrhunderts einen Aufschwung,

den in dieser Form niemand erwartet

hätte.

Der Mineralwasserversand stieg allein in Preußen, zu dem Gerolstein

damals gehörte, zwischen 1870 und 1900 um das Fünfzehnfache auf insgesamt fast 65 Millionen

Tonkrüge.

Die Absatzzahlen stiegen jährlich um

bis zu 25 Prozent.2 Verbunden mit die-

sem Wachstum war eine tiefgreifende

Veränderung der Brunnenbranche.

Die bis dahin vorherrschenden klein-

betrieblichen Strukturen wurden

mehr und mehr verdrängt.

Berühmtestes Beispiel hierfür ist der

Niederselterser Mineralbrunnenbe-

trieb: Schon in den 1860er Jahren

musste das Unternehmen seine seit

über 100 Jahren anhaltende Marktfüh-

rerschaft abtreten.3 Dem Betrieb ge-

lang es nicht, sich den neuen

Gegebenheiten anzupassen. Die Zu-

kunft gehörte den Brunnen mit dem

erforderlichen Kapital für die immer

aufwendigere Fülltechnik, die größe-

ren Vertriebssysteme und die Wer-

bung. Denn diese Faktoren waren

ausschlaggebend für den Unterneh-

menserfolg.

9

Die Mineralbrunnenindustrie entwickelte sich zur lukrativen Investitionsmöglichkeit: Kapital-

und Aktiengesellschaften beherrschten zunehmend die Branche. Vor allem letztere konnten das

notwendige Kapital schnell und zuverlässig beschaffen. Neben inländischen Geldgebern beteiligten

sich auch englische, niederländische und belgische Investoren, da diese Länder auf Mineralwasser-

importe angewiesen waren.4

Auffällig ist, dass sich insbesondere

zwei Personengruppen in der Brun-

nenbranche engagierten: Ärzte und

Adlige. Ärzte investierten in Quellen,

denen eine besondere heilende Wir-

kung attestiert wurde. Adlige sahen in

der Übernahme von Brunnenbetrie-

ben eine interessante Investitions-

möglichkeit, da die Brunnen als Teil

der Gutswirtschaft angesehen wur-

den. Gefördert wurden bestehende

Betriebe, aber es kam auch zu zahlrei-

chen Neugründungen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es

eine Vielzahl von Kleinbetrieben.

Marktbeherrschend waren jedoch die

Großbetriebe mit einem Gesamtaus-

stoß von mehr als eine Million Gefäßen

pro Jahr. In Preußen teilten sich zehn

Unternehmen knapp 90 Prozent des

Marktes. Ähnlich verhielt es sich im

Deutschen Reich: Hier entfielen auf

die 20 größten Unternehmen laut

Schätzungen mindestens 95 Prozent

des Gesamtabsatzes der deutschen

Mineralbrunnenindustrie.5 Im Jahr

1909 war die Stadt Gerolstein Standort

von sechs Brunnen. Damit hatte die

kleine Stadt in der Vulkaneifel die

größte Dichte an den 152 Mineral-

brunnenunternehmen im Deutschen

Reich.6

Ab 1848 erlebte Deutschland eine Zeit wirtschaftlichen Aufschwungs. Nach der Agrarkrise

(1846 und 1849) und der Revolution von 1848 veränderten sich die Produktions- und Lebens-

verhältnisse, sodass schon damals von einer industriellen Revolution gesprochen wurde.

Das Bruttosozialprodukt wuchs jährlich im Durchschnitt um 2,4 Prozent und der deutsche

Außenhandel verdreifachte sich. Die Industrie kommt in Fahrt:

Bau der Eisenbahn in Richtung

Köln bei Pelm um 1870.

10

GEROLSTEIN – DAS HERZ DER MINERALBRUNNENINDUSTRIEBereits im 18. Jahrhundert gab es einen kleinen, bescheidenen Mineralwasserversand in Gerolstein,

der aber wegen der Abgelegenheit des Ortes und der dadurch bedingten hohen Transportkosten

nur von kurzer Dauer war. 7

Die Eröffnung der Bahnstrecke

Gerolstein–Kall 1870 legte den Grund-

stein für die Mineralbrunnenindustrie

der Stadt. Mit der verbesserten Infra-

struktur konnten die Absatzmärkte er-

schlossen werden, die für eine

gewinnbringende Ansiedlung von In-

dustriezweigen notwendig waren.

Hinzu kam die herausragende Qualität

des Mineralwassers, die den geologi-

schen Besonderheiten der Gerolstei-

ner Mulde zu verdanken ist. Die

Gesteinsformation in der Vulkaneifel

ist sowohl durch Dolomit als auch

durch Vulkanismus geprägt. Dadurch

ist das Mineralwasser nicht nur sehr

calciumhaltig, sondern enthält gleich-

zeitig viel Kohlensäure, Magnesium

und Hydrogencarbonat. Dank der ein-

zigartigen Geologie entsteht in der

Region Gerolstein ein Mineralwasser,

das bis heute einzigartig in der deut-

schen und internationalen Brunnen-

landschaft ist.

So ist es dem Zusammenspiel von der

Erschließung abgelegener Landesteile

durch den Eisenbahnbau, dem Mine-

ralwasservorkommen sowie dem Mut

und Know-how einiger weniger Un-

ternehmer zu verdanken, dass ein

neuer, vielversprechender Industrie-

zweig in der Stadt entstand.

Zwischen 1876 und 1907 wurden in

Gerolstein sechs Mineralbrunnenun-

ternehmen gegründet. Jeder dieser

Brunnen hat seine ganz eigene Grün-

dungsgeschichte, jeder ist von außer-

gewöhnlichen Persönlichkeiten ge-

prägt. Allen Gründern gemeinsam ist

das Wissen um die besondere Qualität

des Mineralwassers.

Die Stadt der Mineralbrunnen:

Gerolstein um 1907.

Gerolsteiner Schloss-Brunnen

11

Gerolsteiner Schloss-Brunnen

Gerolsteiner Sprudel Gerolsteiner Flora-Brunnen Hansa-Sprudel Gerolsteiner Brunnen

Wilhelm Flamm

„Gerolstein als Mineralwasserstandort, das drückte sich früher ausin einer Handvoll selbstständiger Unternehmen. Die Erstgründung war

Schloss-Brunnen Gerolstein, dann folgte [...] 1883 Florabrunnen,1888 Gerolsteiner Sprudel.“

Rolf Hermes (Vertriebsdirektor Gerolsteiner Brunnen bis 2005).

12

Produktionsstätte mit eigenem

Bahnanschluss: das Werk

des Schloss-Brunnen, 1907.

Die Ruine des Gerolsteiner Schlosses

wird zum Markenzeichen des Brunnens.

13

Die Gesellschaft baute bis 1871 die

Bahnstrecke zwischen Köln und Trier

und betrieb sie in den folgenden Jah-

ren. Dadurch erhielt die bislang nicht

erschlossene Eifel-Region und mit ihr

Gerolstein einen direkten Anschluss

an das Eisenbahnnetz.

In Pelm, am Fuß des sogenannten Kas-

selburger Hahns, lag ein Teich, in dem

Kohlensäure aufstieg. Ob Ottersky von

Bewohnern der Stadt Pelm auf die

Quelle aufmerksam gemacht wurde

oder ob er anderweitig Informationen

über die sprudelnde Quelle nahe der

Bahngleise erhielt, ist nicht bekannt.

Fest steht jedoch, dass er sich dazu

entschloss, dieses seltene Vorkommen

an natürlichem Mineralwasser indust-

riell zu nutzen. So kam es, dass er in

der Nähe des Teiches eine Bohrung

durchführen ließ, die sich nach an-

fänglichen Problemen als äußerst

ergiebig und somit industriell vielver-

sprechend erwies. Dies muss Ottersky

in seiner Entscheidung bestärkt ha-

ben, rings um die neu erbohrte Quelle

1,5 Hektar Land zu kaufen.

Aus einer notariellen Urkunde vom

9. Oktober 1877 geht hervor, dass

Friedrich Ottersky gemeinsam mit ei-

nem gewissen Herrn Willemsen eine

Gesellschaft gründete, um die Mine-

ralquelle in Pelm gemeinsam indu-

striell zu nutzen.8 Er beauftragte

Bauunternehmen damit, Produktions-

stätten zu errichten, und kaufte Ma-

schinen zur industriellen Abfüllung

von Mineralwasser in Tongefäße.

Anfänglich versah Ottersky die Ton-

krüge, die sein Werk verließen, mit ei-

nem runden Markenzeichen. Es zeigte

die Ruine des Gerolsteiner Schlosses,

umrandet vom Schriftzug „Schloss-

Brunnen Gerolstein“.9

Ab 1876 wurde das Mineralwasser in

0,5-Liter- und 1-Liter-Tonkrüge gefüllt,

mittels Pferdefuhrwerken zum Ver-

sand zum Gerolsteiner Bahnhof und

von dort mit der Bahn zu den Kunden

gebracht. Ab 1899 hatte das Werk

einen eigenen Bahnanschluss. Dies

erleichterte den Transport erheblich

und ließ die Absatzmengen steigen.

Die Geschichte der Gerolsteiner Mineralbrunnen nimmt ihren Anfang 1876 mit dem

Schloss-Brunnen. Sein Gründer Friedrich Ottersky kam aus beruflichen Gründen aus Köln

in die Eifel. Für die Rheinische Eisenbahngesellschaft war er als Güterkontrolleur tätig.

DIE GRÜNDUNG DES SCHLOSS-BRUNNEN (1876)

14

Bereits wenige Jahre nach der Grün-

dung musste sich das Unternehmen

als ältester Versandbrunnen der Stadt

gegen neue Konkurrenz behaupten.

Eine Aufstellung von 1899 verdeutlicht

dies: Mit über drei Millionen Füllungen

und einem Gesamtumsatz von 541.924

Mark belegte der Gerolsteiner Schloss-

Brunnen den ersten Platz im regiona-

len Ranking. Dicht gefolgt vom

Gerolsteiner Sprudel10, auf Platz 3

stand der Birresborner Brunnen. Der

Flora-Brunnen belegte Platz 4.11 Die

weiteren, kleineren Mineralbrunnen in

und um Gerolstein blieben deutlich

unter 100.000 Füllungen.

Unter dem Firmennamen Gerolsteiner

Schloss-Brunnen führten Willemsen

und der neue Partner Bauer das Unter-

nehmen weiter. Die Tonkrüge zierte

ein neues Markenzeichen, das am

20. Mai 1895 eingetragen wurde: der

Schriftzug „Schloss-Brunnen Gerol-

stein Rheinpreussen“ mit aufgesetzter

Krone und dem Zusatz „Schutzmar-

ke“12 (Abb.). Um 1900 wurde in der Lin-

denstraße in Gerolstein ein neues

Verwaltungsgebäude errichtet.

Das Unternehmen florierte in den ersten Monaten und Jahren derart, dass Ottersky neben

seiner Stellung als Güterkontrolleur die Leitung des Unternehmens zeitlich nicht mehr

bewältigen konnte. Daher verkaufte er am 29. Juli 1878 seine Anteile an Siegfried Bauer. Warum

er nicht an dem Unternehmen festhielt, obwohl es prosperierte, ist nicht überliefert.

Gerolsteiner Schloss-Brunnen Gerolsteiner Sprudel Birresborner Brunnen Flora-Brunnen

3.050.000 Füllungen

541.924 Mark

Umsatz

2.730.000 Füllungen

409.560 Mark

Umsatz

2.000.000 Füllungen

400.000 Mark

Umsatz

1.750.000 Füllungen

210.000 Mark

Umsatz

15

1909 entschlossen sich die Eigentü-

mer, eine GmbH zu gründen. Zu den

bestimmenden Persönlichkeiten

avancierten die Aktionäre Kommerzi-

enrat Vorberg aus Wuppertal und

Kommerzienrat und Notar Josef Abs

aus Bonn. Von nun an vertrieb man die

Produkte unter dem Namen „Schloss-

Brunnen Gerolstein“. Ein nächster

wichtiger Schritt war 1912 die staatli-

che Anerkennung als gemeinnützige

Mineralquelle. Dadurch erhielt das Un-

ternehmen von staatlicher Seite die

Anerkennung seiner Produktqualität.

Zum 1. Januar 1922 übernahm Josef

Dehottay alle Anteile von den vorheri-

gen Gesellschaftern und die Familie

Dehottay bestimmte die Geschicke

des Schloss-Brunnen bis zur Fusion

mit dem Gerolsteiner Sprudel im Jahr

1969 (s. S. 37).

Das Unternehmen florierte in den ersten Monaten und Jahren derart, dass Ottersky neben

seiner Stellung als Güterkontrolleur die Leitung des Unternehmens zeitlich nicht mehr

bewältigen konnte. Daher verkaufte er am 29. Juli 1878 seine Anteile an Siegfried Bauer. Warum

er nicht an dem Unternehmen festhielt, obwohl es prosperierte, ist nicht überliefert.

1903 schied Willemsen aus und übergab seine Anteile an einen

Herrn Zengeler.13 Unter dem Namen „Gerolsteiner Schloss-Brunnen,

Bauer & Zengeler“ expandierte das Unternehmen weiter. Nicht nur

in Deutschland konnte man die Produkte des Schloss-Brunnen

kaufen, sondern auch in Belgien, Frankreich, England und sogar

in den USA, Südamerika und Ostasien.

Das Wasser mit der Krone:

Schloss-Brunnen Gerolstein in der

0,7-Liter-Glasflasche (1965–68).

16

Auf in eine sprudelnde Zukunft!

Erste Quellbohrung des Gerolsteiner Flora-Brunnen.

17

Der Flora-Brunnen war eine Unternehmung der Buse-Gruppe, deren Geschichte Mitte des

19. Jahrhunderts begann. Heinrich Gisbert Buse (1816–1887) besaß eine erfolgreiche Papier-

mühle in Westig bei Iserlohn. 1845 präsentierte er auf der Leipziger Messe eine Weltsensation.

DIE GRÜNDUNG DES GEROLSTEINER FLORA-BRUNNEN (1883)

Ihm war es gelungen, ein Nadelpapier

herzustellen, das den Oxidationspro-

zess von Nähnadeln stoppte, indem er

der Papiermelasse Ruß beifügte. Sein

Sohn, Rudolf Ehrenfried Buse (1852–

1928) erwarb sein kaufmännisches

Wissen in der Papiermühle und baute

das Geschäftsfeld weiter aus: In Bad

Hönningen errichtete er 1875 eine Tü-

tenfabrikation, um die Papierprodukte

seines Vaters weiterzuverarbeiten.

Durch diesen Schritt sollten für beide

Unternehmen neue Absatzmärkte er-

schlossen werden, um langfristig das

Geschäft auszubauen.14

In Bad Hönningen kam Rudolf Ehren-

fried Buse mit einem Naturphänomen

in Berührung, das ihn zeitlebens faszi-

nieren sollte: die in der Hönninger Ge-

markung „Hundsacker“ ausströmende

Kohlensäure. Besonders in der Verflüs-

sigung des Gases erkannte er eine

Möglichkeit, in neue Geschäftsfelder

vorzustoßen. Vor allem die Chemie-

und Farbenindustrie benötigte für ihre

Produktion große Mengen Kohlensäu-

re. Der Kohlensäuremarkt bot eine er-

tragreiche Zukunft.

Aus diesem Grund begann Buse in

verschiedenen Orten in Deutschland

nach Kohlensäure zu bohren und

gründete mehrere Kohlensäurewerke.

Unter anderem auch in Gerolstein.

Hier kam eine Besonderheit hinzu.

Während der Bohrung nach Kohlen-

säure trat nicht nur die erhoffte Quell-

kohlensäure zu Tage, sondern auch

ein mineralisiertes, kohlensäurehalti-

ges Mineralwasser, das bereits den

Römern bekannt gewesen war.15 Dies

veranlasste ihn, in Gerolstein neben

einem Kohlensäurewerk auch ein Mi-

neralbrunnenunternehmen zu grün-

den. Unter dem Namen „Gerolsteiner

Flora“ wurde der Brunnen 1883 in das

Königlich-Preußische Handelsregister

eingetragen. Die Verwaltung war

zunächst in Unkel am Rhein bei der

Buse-Gruppe angesiedelt.Rudolf Ehrenfried Buse (1852–1928)

18

Wie kam es zum Namen „Flora“? Bei den ersten Bohrungen nach Kohlensäure und Mineralwasser

wurden zahlreiche römische Münzen entdeckt. Römische Soldaten hatten sie vor knapp

2000 Jahren aus Dankbarkeit in die Quellen geworfen. Eine dieser Münzen zeigt die antike Göttin

der Blüte Flora.

Sinnbildlich sollte der Name stets auf

die erste Bohrung verweisen, aber si-

cherlich auch Glück für eine blühende

Zukunft bringen.

Um sich vom bereits bestehenden

Gerolsteiner Schloss-Brunnen abzu-

setzen, entwickelte Rudolf Ehrenfried

Buse einen eigenständigen Marken-

auftritt. Das runde Markenzeichen

zeigte die griechische Göttin Flora,

flankiert vom Schriftzug „Flora-Brun-

nen Gerolstein“16.

Im Gründerjahr 1883 wurden stünd-

lich bereits 300 Tonkrüge befüllt und

in Weidekörben versendet.17 1889

wurde das Mineralwasser des Gerol-

steiner Flora-Brunnen auf einer Aus-

stellung in Genf mit einem Preis

ausgezeichnet. Dies verdeutlicht so-

wohl die hohe Qualität des abgefüll-

ten Mineralwassers als auch die

Internationalität des Unternehmens.

Aus der Genfer Gewinnbenachrichti-

gung geht hervor, dass die Verwal-

tung des Gerolsteiner Flora-Brunnen

bis mindestens 1889 in Bad Hönnin-

gen am Rhein ansässig war. Der Gerol-

steiner Flora-Brunnen blieb im Besitz

der Familie Buse bis zur Fusion mit

dem Gerolsteiner Sprudel im Jahr 1984

(s. S. 44).18

Qualität in Flaschen:

Gerolsteiner Flora „still“ in der

Einwegflasche (1960er Jahre).

19

„Hierdurch bestätige ich Ihnen, daß ich bereits über 40 JahreFlora-Brunnen beziehe und stets damit sehr zufrieden war.

Er ist sehr bekömmlich und ist auch angenehm im Sommer mitApfelwein oder leichtem Mosel zu trinken.“

Maler Prof. Fritz v. Wille in einer Anzeige des Flora-Brunnen (1935).

Das Werk des Gerolsteiner

Flora-Brunnen – von hier

ging es hinaus in die Welt.

20

Bis heute das unverwechselbare Markenzeichen

von Gerolsteiner: der Stern mit dem Löwen.

Ende des 19. Jahrhunderts

wurde das Mineralwasser

zunächst in Tonkrüge gefüllt.

21

GRÜNDUNG DES GEROLSTEINER SPRUDEL (1888)

Castendyck verfügte über ausgezeich-

nete geologische Kenntnisse, insbe-

sondere die Eifel betreffend. Eigene

geologische Studien ließen ihn ver-

muten, dass es im Gebiet um Gerol-

stein große Kohlensäurevorkommen

geben müsse. Der Kohlensäure galt,

wie auch schon Familie Buse, sein

Hauptinteresse, da der Bedarf seit den

1860er Jahren aufgrund der stetig vor-

anschreitenden Industrialisierung per-

manent stieg.

1887 veranlasste Wilhelm Castendyck

erste Probebohrungen. Nachdem er

circa 100 Meter tief vorgedrungen war,

brach plötzlich ein die ganze Rohrwei-

te fassender Strahl empor, der eine

Höhe zwischen 30 und 40 Metern

maß. Castendyck löste bei seiner Su-

che nach Kohlensäure also eher

zufällig diesen bedeutenden Quell-

ausbruch aus. Möglicherweise konnte

er dieses Ereignis bereits vor-

hersehen, da sowohl mit dem

Gerolsteiner Schloss-Brunnen als auch

mit dem Gerolsteiner Flora-Brunnen

zwei florierende Brunnen in der Stadt

existierten.

Daraufhin beschloss er, neben Kohlen-

säure auch Mineralwasser zu vermark-

ten. Überzeugt von seiner

Geschäftsidee erwarb Castendyck mit

einem notariell beurkundeten Vertrag

vom 7. Dezember 1887 das Wegerecht

und stellte noch im selben Monat ei-

nen Antrag zur kommerziellen Nut-

zung der erbohrten Quelle.

Der Bergwerksdirektor gründete zum

1. Januar 1888 eine GmbH, deren Ge-

schäftszweck es war, Sprudel und

Kohlensäure zu vertreiben.19 Am 22.

November 1888 ließ sich Castendyck

vom Bürgermeister der Stadt Gerol-

stein genehmigen, den im Stadtwap-

pen enthaltenen schwarzen Löwen für

seine Marke verwenden zu dürfen. Der

Stern mit dem Löwen ist bis heute das

Markenzeichen für Gerolsteiner Mine-

ralwasser.

Nachdem Abfüll- und Werkshallen so-

wie Büro- und Versandgebäude er-

richtet und die nötigen Maschinen zur

Aufnahme der Produktion angeschafft

waren, wurde mit der Abfüllung und

dem Versand des Sprudels begonnen.

Die Tonkrüge setzen sich durch das

vom Gründer entwickelte Markenlogo

von den ortsansässigen Wettbewer-

bern ab. Durch Wilhelm Castendycks

Gespür für den Markt und die Marke

verliefen die ersten Jahre nach der

Gründung sehr erfolgreich.

1888 entstand ein drittes Mineralbrunnenunternehmen am Ort, die „Gerolsteiner Sprudel

W. Castendyck, Gerolstein“. Was bewegte Wilhelm Castendyck, Direktor der Mathildenhütte,

Geologe und Hauptmann a. D., dazu, ein derartiges Unternehmen zu gründen?

Wilhelm Castendyck (Inhaber 1888–1890)

22

Bereits 1890 veräußerte Castendyck sein Unternehmen. Die Motive für den Verkauf sind aus

heutiger Sicht nicht endgültig zu rekonstruieren.20 Er verkaufte die Gerolsteiner Sprudel

W. Castendyck GmbH gewinnbringend an die Familien Freiherr von Barnekow in Altmarrin,

Sholto Graf Douglas in Ralswiek auf Rügen und von Grumme-Douglas in Berlin.

Auf Betreiben von Graf Douglas stellte

der Brunnenbetrieb 1891 mit Ernst

Körber einen neuen Direktor ein, der

die Marke in die vorderste Reihe der

deutschen Mineralbrunnen führte.

Schon 1891 nutzte der Gerolsteiner

Sprudel nicht nur Tonkrüge für den

Verkauf seiner Produkte, sondern auch

die ersten industriell produzierten

Glasflaschen.21 In seiner langen Amts-

zeit, die erst 1927 mit seinem Tod en-

dete, gelang es Körber, den

Bekanntheitsgrad von Unternehmen

und Marke national wie international

weiter zu erhöhen.

Preise bei internationalen Ausstellun-

gen22 festigten den Ruf von ausge-

zeichneter Qualität und gutem

Geschmack und förderten das Image

der Marke im In- und Ausland.

Bereits am 15. August 1893 überschritt

die Produktion von Gerolsteiner Spru-

del die Grenze von eine Million Füllun-

gen pro Jahr. 1895 wurde der Vertrieb

nach Köln verlegt. Ziel war eine engere

Bindung an das Vertriebsstammgebiet

und die dort ansässigen Vertreter im

Rheinland.

Mit der Verlagerung des Vertriebes

weg vom Produktionsstandort ging

die Umgründung in die Gerolsteiner

Sprudel GmbH, Köln, mit Zweignie-

derlassung in Gerolstein einher. Gesell-

schaftskapital waren 1.500.000 Mark.

Laut Gesellschaftervertrag vom 10.

Februar 1896 waren die Gesellschafter

Dr. Morton Graf Douglas und Angus

Graf Douglas mit je einem Stamman-

teil von 750.000 Mark beteiligt.23

Am 4. März 1904 änderte sich die Zu-

sammensetzung der Gesellschafter

erneut: Angus Graf Douglas übertrug

Direktor Ernst Körber einen Teil seines

Anteils in Höhe von 45.000 Mark. Mit

Körber tauchte der erste bürgerliche

Name in der Gesellschafterliste der

Gerolsteiner Sprudel GmbH, Köln, auf.

Es ist anzunehmen, dass Douglas sich

zu diesem Schritt entschied, da Körber

sich um das Unternehmen und die

Marke besonders verdient gemacht

hatte. Nun war Körber nicht mehr nur

derjenige, der Entscheidungen aus-

führte, sondern aktiv an diesen mitwir-

ken konnte.

Ernst Körber (Geschäftsführer 1891–1927)

23

Der Absatz wuchs so rasant, dass wei-

tere Quellbohrungen notwendig wur-

den. Bereits in den 1890er Jahren

wurden weitere Quellen erschlossen.

20 Jahre nach der Gründung, am

5. Juni 1908, kam es bei einer Bohrung

erneut zu einem starken Quellaus-

bruch, ähnlich dem des Jahres 1887.

Die entfesselte Quelle sprang vier bis

fünf Meter über den Bohrturm empor

und erreichte somit insgesamt eine

Höhe von über 20 Metern.

Sogar Touristen aus Köln und der Um-

gebung reisten nach Gerolstein, weil

sie sich das Spektakel nicht entgehen

lassen wollten. Erst nach vier Tagen

konnte die Wasserfontäne gebändigt

und die Quelle langsam der Produkti-

on zugeführt werden.24

Dem Historischen Unternehmensar-

chiv vorliegende Analysen verschie-

dener Mineralwasserproben von vor

1910 – durchgeführt vom chemisch-

technischen Laboratorium von Dr.

Schulte und Dr. Amsel in Kiel – lassen

darauf schließen, dass der Gerolsteiner

Sprudel vor 1914 mindestens zehn

Haupt- und Nebenquellen für die

Mineralwassergewinnung nutzte.25

Angesichts des großen wirtschaftli-

chen Erfolgs gewann in den folgen-

den Jahren der Schutz des

Markennamens an Bedeutung. 1913

beauftragten die Gesellschafter den

Geschäftsführer, Klage gegen den

„Schloss-Brunnen Gerolstein“ zu erhe-

ben. Da der Brunnen seinen Standort

in Pelm hatte, sollte das Unternehmen

es unterlassen, den Namen „Gerol-

stein“ zu führen. Zwar blieb die Klage

erfolglos, jedoch zeigt die Initiative,

dass sich die Geschäftsführung der

hohen Bedeutung des Marken-

namens sehr bewusst war.

„Der anscheinend bedeutendste neuere Aufschluss ist derGerolsteiner Sprudel, der [...] anfangs geysirartige Ausbrüche [...] bis

50 Fuß hoch emporschleuderte und erst nach mühsamer Fassung zum geregelten Abfluss gebracht werden konnte.“

Aus der undatierten Denkschrift von Wilhelm Castendyck .

Neue Quelle, neues Spektakel:

Im Juli 1908 sorgte eine weitere

Bohrung für Begeisterung.

24

Ein weiterer Brunnen, ein kühner Plan:

die Errichtung einer Kur- und Heilanstalt

in Gerolstein.

25

DIE GRÜNDUNG DES HANSA-SPRUDEL (1889)Leutnant a. D. Johannes Bouché (auch Hans genannt) aus Bonn-Kessenich hatte anfänglich

große Pläne mit der Stadt Gerolstein. Ihm schwebte vor, das früher hoch geschätzte Wasser des

Sidinger Dreis zu fassen und die Quelle zu Kur- und Heilzwecken kommerziell zu nutzen.

Woher ihm die besonderen Eigen-

schaften des Sidinger Dreis und die

Quelle bekannt waren, ist nicht über-

liefert. Offensichtlich waren jedoch die

Kur- und Heilanstalten in Bad Wildun-

gen eine Inspiration für ihn. Bouché

hatte noch ein weiteres vielverspre-

chendes Vorhaben: eine Bohrung im

Gebiet des sogenannten Mühlen-

wäldchens – der Ursprung der späte-

ren Hansa-Quelle. Leider ist der

genaue Zeitraum nicht datiert.

Am 18. August 1887 unterzeichnete

Johannes Bouché gemeinsam mit den

städtischen Vertretern Alexander

Dihm und Anton Pfeil die Verträge zur

Nutzung des Sidinger Dreis. Teil des

Vertrages war es, das Wasser der Quel-

le auf Kosten der Gemeinde zu analy-

sieren. Sollte sich die Wasserqualität zu

Kurzwecken eignen, verpflichtete sich

Johannes Bouché, auf seine Rechnung

ein Kurhaus zu errichten. Zusätzlich

wurde vereinbart, dass er die ersten

fünf Jahre nach Fertigstellung keine

Pacht entrichten müsse.

Ab dem sechsten Jahr sollte er die Ge-

meinde Gerolstein am Gewinn beteili-

gen: bis 3.000 Mark 10 Prozent, bis

12.000 Mark 20 Prozent und bis 20.000

Mark 30 Prozent. Vorgeschichtliche

Funde bei den Bauarbeiten sollten der

Stadt zufallen. Insgesamt wurde die

Pachtdauer auf eine Zeit von 40 Jahren

festgesetzt.

Zunächst lief zwischen den beiden

Parteien alles zufriedenstellend. Die

Stadt Gerolstein war überzeugt davon,

dass Bouché große Erfolge mit seiner

Unternehmung haben würde, und er

selbst sah das Projekt als gewinnbrin-

gende Geldanlage. Ab März 1889 be-

gann sich jedoch das Verhältnis

deutlich zu verschlechtern.

Streitpunkte wie das Wegerecht, die

Sperrung der Quelle für die Bevölke-

rung, das Anlegen eines Fahrweges

und die Entlassung von Mitarbeitern

führten zu einem tiefen Zerwürfnis

zwischen Bürgermeister Dihm und

Bouché. Ab Mai 1889 korrespondier-

ten die beiden nur noch über Rechts-

anwälte.

26

Eine weitere Verschärfung des Konfliktes brachte das Gutachten über die Qualität des Wassers

des Sidinger Dreis, womit die Stadt Gerolstein wie vereinbart die „Chemische Versuchsanstalt für

Rheinpreußen“ in Bonn beauftragt hatte. Das Ergebnis, mitgeteilt durch Direktor Dr. Stützer,

entsprach nicht den Vorstellungen der beiden Parteien.

Bouché lehnte es sogleich ab, da es

seine Kurhaus-Pläne zunichtemachte.

Mit der Begründung, dass das vorge-

legte Gutachten lediglich eine chemi-

sche Analyse sei, gelang es ihm, eine

zweite Untersuchung vom Fresenius-

Institut in Wiesbaden durchzusetzen.

Aber auch dieses Gutachten fiel nicht

im Sinne Bouchés aus. Fresenius hielt

„die Einführung als Luxuswasser für

schwierig“, und „die Sidingerquelle

müsse als Heilwasser die Konkurrenz

mit nicht wenigen anderen Quellen,

namentlich den seit Jahren eingeführ-

ten renommierten Wildunger Quellen,

aufnehmen“. Aus seiner Sicht sei äu-

ßerst zweifelhaft, „ob sich die Errich-

tung von Kurgebäuden überhaupt

empfiehlt, die sofortige Inangriffnah-

me eines derartigen Baues würde mir

jedenfalls übereilt erscheinen“.26

Am 4. März 1890 teilte Bouché der Ge-

meinde mit, dass er kein Kurhaus er-

richten werde, und übergab die Quelle

des Sidinger Dreis am 18. Juli 1890. Die

Idee einer Kur- und Heilanstalt in Gerol-

stein war damit endgültig Geschichte.

Doch Bouché konnte noch auf sein

zweites Projekt hoffen. 1889 ließ er

eine Quelle im Bereich des Mühlen-

wäldchens bohren, in unmittelbarer

Nähe des heutigen Gerolsteiner Rat-

hauses, und nannte sie Charlotten-

quelle – nach dem Vornamen seiner

Ehefrau. Dies bedeutete den Start-

punkt des „Hansa-Sprudel“. Der Name

des Unternehmens geht auf den Vor-

namen des Gründers zurück: In den

Quellen ist von Johannes und Hans

die Rede.

Als Warenzeichen meldete Bouché am

12. Mai 1891 die „Hansa- und Charlot-

ten-Quellen C. D. E. J. Bouché in Gerol-

stein“ an. Für die Hansa-Quelle ließ er

sich ein Schiff eintragen und für die

Charlotten-Quelle einen Storch.27 Bei-

de Symbole wurden vom jeweiligen

Quellnamen umrandet (Abb.). Aus

welchem Grund er die Warenzeichen

seiner Quellen bildlich trennte, ist

nicht überliefert. Denkbar ist, dass die

beiden Quellen unterschiedlich mine-

ralisiert waren. Oder Bouché wollte

seiner Frau mit dem Quellnamen

einen Liebesbeweis erbringen. Mög-

lich auch, dass die Warenzeichen in

bestimmten Regionen eingesetzt

werden sollten.

Schiff und Storch: die eingetragenen

Markenzeichen der Hansa-Quelle

und der Charlotten-Quelle.

27

1904 starb Johannes Bouché. Der Be-

trieb blieb nicht in Familienhand und

ging an die holländische „A. G. zum

Betriebe von Kohlensäure- und Mine-

ralwasserbrunnen“ in Amsterdam. Be-

vollmächtigter des holländischen

Unternehmens in Deutschland war

der Direktor des Augustinus-Sprudel

I. ten Sythoff. Die Gerolsteiner Region

speziell leitete ein gewisser Herr Ver-

hay.28

Der Hansa-Sprudel entwickelte sich

nach der Übernahme verhaltener als

seine städtische Konkurrenz und wur-

de 1949 geschlossen. Nun gab es nur

noch fünf Mineralbrunnen in der

Stadt.

„Beachtenswert sind die Hansa- und Charlottenquelle desHerrn Bouché, mit prachtvollen Anlagen und herrlichen Spazierwegen.

[...] Mehrere hübsche Cabinen mit Wannen und ein besonderesDouchecabinett sind sehr bequem eingerichtet."

N. Koch jr., Gerolstein und Umgebung, Daun 1896.

28

DIE GRÜNDUNG DES GEROLSTEINER URQUELL (UM 1900)Um 1900 entstand ein weiteres, sehr kleines Unternehmen, das heute vielen kein Begriff mehr ist.

Die Lindenstraße in Gerolstein wurde

um 1880 bebaut und erschlossen. Un-

terhalb des von der Familie Kuhl be-

wohnten Gebäudes befand sich ein

Laufbrunnen, der die Bewohner der

Straße mit Wasser versorgte, bis ein

Kaufmann um 1900 den Laufbrunnen

eigenmächtig fasste, das Wasser in

Krüge und Flaschen abfüllte und mit

Kohlensäure versetzte.

Der Kaufmann vertrieb das Wasser

wohl zunächst als Gerolsteiner Urquell,

spätestens ab 1913 firmierte es jedoch

als Gerolsteiner Tafelwasser.29 Warum

der Vertrieb eingestellt wurde, ist lei-

der nicht überliefert.

Die Mineralzusammensetzung

bis aufs Milligramm genau:

die Ergebnisse einer Untersuchung

des Gerolsteiner Urquell.

29

DIE GRÜNDUNG DES GEROLSTEINER URQUELL (UM 1900)

DIE GRÜNDUNG DES GEROLSTEINER BRUNNEN WILHELM FLAMM & CO. (1907)

Wilhelm Flamm gründete 1907 das

Unternehmen „Gerolsteiner Brunnen

Wilhelm Flamm & Co.“. Als Schutzmar-

ke ließ er sich eine Kombination aus

Burgzinnen und einem nach rechts

gerichteten Löwen eintragen.30 Gesell-

schafter waren bis 1920 die Herren

Moog und Vogler, letzterer Bürger-

meister der Stadt Gerolstein. Nach-

dem beide aus dem Unternehmen

ausschieden, leitete Wilhelm Flamm

mit seinen beiden Brüdern Josef und

Franz die Geschäfte.31

Mit dem Tod von Wilhelm Flamm 1945

ging die Unternehmensleitung in

die Hände der Erbengemeinschaft

W. Flamm über. Zwar gelang es ihr

und dem eingesetzten Direktor noch

1953, eine zweite Quelle, die „Hahn-

Quelle“, zu erbohren. Aber auch dies

brachte nicht den erhofften Erfolg. Die

Erbengemeinschaft Flamm, allesamt

Kinder von Wilhelm Flamm, entschied

sich, ein Angebot der Gerolsteiner

Sprudel KG zum Kauf aller Anteile an-

zunehmen.32

Dieser Gerolsteiner Brunnen war von Anfang an ein reines Familienunternehmen der Familie Flamm.

Sie stammte aus den Spanischen Niederlanden – heute das Gebiet von Belgien, den Niederlanden,

Luxemburg und Nordfrankreich.

Gegründet Anfang 1900, in Familienbesitz bis Ende 1954. Wilhelm Flamm (Gründer und

Geschäftsführer 1907–1945).

30

Ein Original von 1954: die 0,7-Liter-Flasche

Gerolsteiner Brunnen Wilhelm Flamm & Co.

mit Innenschraubverschluss.

Das alte Gebäude des „Gerolsteiner Brunnen“,

idyllisch gelegen am Ufer der Kyll.

31

DIE GRÜNDUNG DER MARKE UNION-SPRUDELDas letzte bekannte Brunnenunternehmen, laut einer Mineralwasseranalyse gegründet vor 1907,

ist die sogenannte Gerolsteiner Union Quelle.33

Leider sind nur sehr wenige Informati-

onen über diese Marke bekannt. Das

Warenzeichen besteht aus einem run-

den Schriftzug mit den Worten „Uni-

on-Sprudel Gerolstein“. Innenliegend

ist eine Abbildung aus Kreisen und

Linien zu sehen, die eine Art Kreuz

beziehungsweise Stern darstellen

könnten.

Bisher gingen einige Quellen34 davon

aus, dass der Union-Sprudel eine Mar-

ke des Gerolsteiner Sprudel, andere35 ,

dass der Union-Sprudel ein eigenstän-

diger Brunnenbetrieb war.

Neue Forschungsergebnisse durch

neu eingesehene Akten zeichnen je-

doch ein ganz neues Bild: Union-Spru-

del war weder ein eigenständiges

Unternehmen noch eine Art „Zweit-

marke“ des Gerolsteiner Sprudel, son-

dern eine Marke des Gerolsteiner

Flora -Brunnen.36

Ein Quellenbuch des ehemaligen Un-

ternehmens Gerolsteiner Sprudel

weist den Union-Sprudel eindeutig

zum Gerolsteiner Flora-Brunnen ge-

hörend aus. Denn es gibt Auskunft

über sämtliche Untersuchungsergeb-

nisse von Mineralwasserproben zwi-

schen 1897 und 1937 beim Gerolsteiner

Sprudel und damaligen Wettbewer-

berunternehmen.37

Für welche Zwecke der Gerolsteiner

Flora-Brunnen die Marke Union-Spru-

del genutzt hat und wie lange sie

unter ihrem eigenständigen Marken-

auftritt vertrieben wurde, ist nicht zu

ermitteln.

Eines der wenigen erhaltenen

Schriftstücke: die Ergebnisse

einer Mineralwasserprobe.

32

33

DIE GESCHICHTE DER BRUNNEN

34

Gründungsmitglied des Deutschen

Mineralbrunnen-Verbandes:

der Gerolsteiner Sprudel.

Ebenfalls von Anfang an aktiv: der Gerolsteiner Schloss-Brunnen.

35

DIE GEROLSTEINER BRUNNEN – VON JEHER AKTIV FÜR DIE BRANCHE1909 umfasste die gesamte Mineralbrunnenindustrie im Deutschen Reich 152 Versandbrunnen.

Mit sechs Mineralbrunnenbetrieben war Gerolstein in Preußen der Standort, der die meisten

Unternehmen dieser Branche aufweisen konnte.38 Dicht gefolgt von Bad Vilbel in Hessen.

In diesen beiden Regionen waren

demnach für Investoren sowohl die

wirtschaftlichen als auch die geologi-

schen Gegebenheiten am vielverspre-

chendsten.

Die Bedeutung der Gerolsteiner Mine-

ralbrunnen für den nationalen Markt

zeigt sich auch in der Tatsache, dass

gleich zwei Mineralbrunnen aus Gerol-

stein Gründungsmitglieder des 1904

geschaffenen Deutschen Mineral-

brunnen-Verbandes waren: der Gerol-

steiner Schloss-Brunnen und der

Gerolsteiner Sprudel.39

Zielsetzung dieser anfänglich noch

sehr losen Vereinigung war es, die ge-

meinsamen Interessen der deutschen

Mineralbrunnenindustrie gegenüber

Behörden, Verbänden und der Öffent-

lichkeit zu vertreten. Mitglied konnten

alle Mineralbrunnenunternehmungen

werden, die sich dazu verpflichteten,

einen jährlichen Beitrag von drei Mark

pro 100.000 im Inland verkaufte Gefä-

ße zu entrichten.40

Zwei Jahre nach seiner Gründung

zählte der Verband bereits 23 Mitglie-

der. In den folgenden Jahrzehnten

wuchs der Verband und konnte die

bei der Gründung festgelegten Ziele

mit noch größerer Durchsetzungskraft

verfolgen: „[...] und der junge Verband

wird hoffentlich bald ein mächtiger

Baum sein, der seine Äste schützend

über die Mineralwasser-Fabrikanten in

ganz Deutschland breiten wird.“41

2014 feierte der Verband Deutscher

Mineralbrunnen sein 110-jähriges Be-

stehen. Seine Tätigkeit ist seit seiner

Gründung eng mit den Geschicken

der Gerolsteiner Mineralbrunnenun-

ternehmen und deren Historie ver-

bunden.

36

Gerolstein kann auf eine bedeutungsvolle und vielfältige Mineralbrunnengeschichte zurückblicken.

Bis 1907 wurden hier insgesamt sechs Mineralbrunnen gegründet. Damit war Gerolstein die Stadt

mit den meisten Brunnenunternehmen.

Vier der ehemals sechs Unternehmun-

gen leben im heutigen Gerolsteiner

Brunnen weiter – sowohl durch die

Quellen, die vielfach noch heute ge-

nutzt werden, als auch durch die

Nachfahren der damals Verantwortli-

chen in Person heutiger Gesellschaf-

ter.

Im Einzelnen sind dies der Gerolsteiner

Brunnen Wilhelm Flamm, der Gerol-

steiner Schloss-Brunnen, der Gerolstei-

ner Flora-Brunnen und der Gerol-

steiner Sprudel. Hansa-Sprudel und

Gerolsteiner Urquell sowie die Marke

Union-Sprudel existierten nur wenige

Jahre beziehungsweise Jahrzehnte..

Wie kam es zum Zusammenschluss

der Gerolsteiner Brunnen? Den An-

fang machten 1954 der Gerolsteiner

Brunnen Wilhelm Flamm und die Ge-

rolsteiner Sprudel KG.

Die Kinder von Wilhelm Flamm bilde-

ten nach dessen Tod eine Erbenge-

meinschaft: Käthe Stefes, Hubert

Flamm, Heinrich Flamm, Klara Kratzen-

berg, Adele Engels und Sophie Wil-

bertz entschieden sich, ein Angebot

der damaligen Gerolsteiner Sprudel

KG anzunehmen.

Vertraglich wurde vereinbart, dass die

Erben gemäß ihren Anteilen ausge-

zahlt wurden und damit ihren An-

spruch auf das Unternehmen ihres

Vaters abgaben. So wurde der Gerol-

steiner Brunnen Wilhelm Flamm in die

Gerolsteiner Sprudel KG integriert.42

DIE GEROLSTEINER BRUNNEN – BIS HEUTE LEBENDIG

37

1968 starteten erneut Verhandlungen: diesmal zwischen dem Gerolsteiner Schloss-Brunnen

und der Gerolsteiner Sprudel KG. Die Fusion wurde zum 1. Januar 1969 beschlossen.

Man einigte sich darauf, die Marke Ge-

rolsteiner Schloss-Brunnen und den

Namen Gerolsteiner Schloss-Brunnen

Kommanditgesellschaft aufzugeben.

Jedoch blieb die Eigentümerfamilie

mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen

dem Gerolsteiner Sprudel erhalten.

Familie Dehottay wurde Teil des Ge-

sellschafterkreises der Gerolsteiner

Sprudel KG, schied aber aus dem ope-

rativen Geschäft aus.43 Im Zuge der

Fusion erhielt die Gerolsteiner Sprudel

KG neben Familie Dehottay einen wei-

teren neuen Gesellschafter: die Familie

Simon, Eigentümer der Bitburger

Brauerei, die zuvor Gesellschafter des

Gerolsteiner Schloss-Brunnen waren.

Beide Parteien sind bis heute im Ge-

sellschaftergremium vertreten und

hatten einen entscheidenden Anteil

an der Unternehmensentwicklung.

DIE GEROLSTEINER BRUNNEN – BIS HEUTE LEBENDIG

Lange Zeit das Markenbild des Gerolsteiner

Schloss-Brunnen: die Originalkrone vom

ehemaligen Verwaltungsgebäude in Pelm.

38

Gerolsteiner Sprudel Gerolsteiner Brunnen Wilhelm Flamm Gerolsteiner Flora-Brunnen

Gerolsteiner Schloss-Brunnen Neuerschließungen der Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG seit 1990

Eine Quellübersicht aus dem Jahr 2014.

PELM

GEROLSTEIN

39

DIE FÜNF QUELLGEBIETE IM ÜBERBLICKQuelltradition seit fast 140 Jahren: Noch heute fördert die Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG aus

Quellen aller ehemaligen Brunnen in Gerolstein.

Prozentuale Verteilung der Quellen

Neuerschließungen der Gerolsteiner Brunnen

GmbH & Co. KG seit 1990

Gerolsteiner Brunnen Wilhelm Flamm

Gerolsteiner Schloss-Brunnen

Gerolsteiner Flora-Brunnen

Gerolsteiner Sprudel

4 %

27 %

23 % 23 %

23 %

40

DIE GESELLSCHAFTERFAMILIENVON GEROLSTEINER (1890 BIS HEUTE)

1890 1904 1936 1945

1900 1925 1950

von Barnekow und Nachfahren

Douglas und Nachfahren

von Grumme-Douglas

Körber und Nachfahren

Doudlet

Die Grafik zeigt die verschiedenen Familienstämme der 125-jährigen Gesellschaftertradition der

Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG.

2005

41

DIE GESELLSCHAFTERFAMILIENVON GEROLSTEINER (1890 BIS HEUTE)

1980 20081961 19691968 1981 1986 19931954

1975 20001950

Ellscheid

Simon und Nachfahren, Bitburg

Dehottay/Scheid (Schloss-Brunnen)

Bitburger Holding GmbH

GerolsteinerFlora-Brunnen

Simon, Frankfurt am Main

Müseler und Nachfahren

Die Grafik zeigt die verschiedenen Familienstämme der 125-jährigen Gesellschaftertradition der

Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG.

Gilow

2015

Buse KSW GmbH & Co. KG

42

Aus zwei wird eins: Die Führungs-

riege der beiden größten Gerolsteiner

Brunnen beschließt die Fusion (1989).

Hans Jürgen Mertes, Peter Drehmann,

Hermann Hein, Hermann Werres, Herbert

Clausen, Rolf Hermes, Dr. Peter Traumann

(v. l.).

43

DIE ELEFANTENHOCHZEITIm Jahre 1988 geschah etwas Historisches in Gerolstein. Die beiden letzten verbliebenen

Mineralbrunnen, die Gerolsteiner Sprudel KG und der Gerolsteiner Flora-Brunnen, fusionieren

mit der sogenannten „Elefantenhochzeit“ zur Gerolsteiner Brunnen GmbH.

Was war geschehen? Seit 1969 gab es

nur noch diese zwei großen Mineral-

brunnen in Gerolstein. Beide waren

direkte Nachbarn in der Brunnenstra-

ße. Im Laufe der Jahrzehnte entstand

ein heftiger Wettbewerb.44 Das war

Segen und Fluch zugleich. Einerseits

trieb die Situation beide Unterneh-

men zu Höchstleistungen an, anderer-

seits entfremdete sie die beiden

Unternehmensleitungen.

Auch die jeweiligen Marketingkonzep-

te waren Jahrzehnte davon geprägt,

sich voneinander zu unterscheiden.

Für die Leitung des Gerolsteiner

Sprudel stand fest, dass die dauerhafte

Konkurrenz zu einem ruinösen Wett-

bewerb und damit zum Untergang

einer der beiden Marken führen

würde.45

Der Gerolsteiner Sprudel verfolgte in

den 1970er Jahren so manches Pro-

jekt, um den innerstädtischen Konkur-

renten auf Abstand zu halten. Dies

gelang aber nie völlig.46 Auch eine

Übernahme wurde erwogen. Ende

der 1970er Jahre erkannten die Ge-

schäftsleitung und der Beirat der Ge-

rolsteiner Sprudel KG, dass ein

käuflicher Erwerb des Gerolsteiner

Flora-Brunnen nicht der richtige Weg

sei. Zudem kam es ab 1979 zu einer Kli-

maverbesserung zwischen den bei-

den Kontrahenten.

Man einigte sich darauf, die Schüttung

der Helenen-Quelle gemeinsam zu

nutzen. Dr. Eberhard Buse unterbreite-

te der Geschäftsleitung der Gerolstei-

ner Sprudel KG sogar das Angebot

über die Bildung eines Gesamthands-

eigentums in der Form einer Gesell-

schaft bürgerlichen Rechts im

Interessengebiet Bewingen (heutiges

Werk Vulkanring).

Jeder der beiden Mineralbrunnenun-

ternehmen sollte bei der neuen Ge-

sellschaft mit 50 Prozent beteiligt

sein.47 Die Gerolsteiner Sprudel KG

nahm Dr. Buses Angebot an und die

Verhandlungen begannen.

Da der Flora-Brunnen ein neues Werk

im Industriegebiet der Stadt Gerol-

stein zu planen schien, kam beim Ge-

rolsteiner Sprudel der Gedanke auf,

Dr. Buse anzusprechen, ob er bereit

sei, das Betriebsgrundstück des Flora-

Brunnen in der Brunnenstraße dem

Gerolsteiner Sprudel zu überlassen.

Derartige Gespräche schufen zudem

die Möglichkeit, weitergehende Ko-

operationen mit dem Flora-Brunnen

auszuloten.48 Dr. Buse war für Gesprä-

che offen und die beiden Parteien

prüften daraufhin eine mögliche Um-

setzung.

44

Die Verhandlungen entwickelten sich ab 1981 in eine äußerst positive Richtung. Während dieser

Gespräche signalisierte der Beirat des Gerolsteiner Sprudel die Bereitschaft, noch enger mit

dem Flora-Brunnen zusammenzuarbeiten oder gar zu fusionieren.49

Dazu änderte die Unternehmenslei-

tung in den frühen 1980er Jahren ihre

Taktik. Sie überzeugte die Familie

Buse, dass ein Zusammenschluss bei-

der Unternehmen eine Option sei und

man ihr Unternehmen nicht einfach

kaufen, sondern sie als Gesellschafter

für das neu fusionierte Unternehmen

gewinnen wolle.

Da der Gesellschafterkreis bereits ver-

traglich geschlossen war, mussten

auch die eigenen Gesellschafter für

dieses Vorhaben gewonnen und der

Gesellschaftervertrag angepasst wer-

den. Daher galt nun das Hauptaugen-

merk dem damaligen Haupt-

gesellschafter Bitburger. Sie und die

übrigen Gesellschafter erklärten sich

dazu bereit, den Gesellschaftervertrag

zu öffnen und Familie Buse – bei einer

möglichen Fusion – als neuen Gesell-

schafter zu akzeptieren.50 So wurden

allmählich aus den ursprünglichen

Grundstückskaufgesprächen Fusions-

gespräche.51

In dieser Zeit entstand das Gesell-

schaftermodell, das bis heute – mit

den Worten des damaligen Beraters

und späteren Geschäftsführers Dr. Pe-

ter Traumann – das „Rückenmark des

Unternehmens ist“.52 In umfangrei-

chen Verhandlungen ab 1983 einigten

sich die beiden Parteien Gerolsteiner

Sprudel und Gerolsteiner Flora-Brun-

nen, miteinander zu fusionieren. Fami-

lie Buse erhielt gemäß ihrer

Kapitaleinlage die entsprechenden

Anteile am Unternehmen.

Damit waren ab Mai 1984 der Gerol-

steiner Flora-Brunnen mit 32 Prozent

im Gesellschafterausschuss und die

Bitburger Brauerei mit 50 Prozent ver-

treten.53 Die Stimmen der beiden Par-

teien und die Beschickung des

Beiratsgremiums sind paritätisch ver-

teilt. Dadurch erhielt die Familie Buse

eine Führungsposition innerhalb des

Gesellschafterkreises der neuen Gerol-

steiner Brunnen GmbH & Co., die 1988

ins Leben gerufen wurde.54 Darüber

hinaus wurde Dr. Eberhard Buse tech-

nischer Geschäftsführer.

Dr. Peter Traumann (Geschäftsführer

von 1988–2002 und 2007/08)

45

Was auf dem Papier fixiert war, musste nun noch gelebte Wirklichkeit werden. Dr. Peter Traumann,

der 1988 in die Unternehmensleitung eintrat, beschrieb den Prozess vor einigen Jahren in einem

Interview:

„Die Integration von Flora hat noch

lange gedauert, denn es waren ja

nicht nur die Führungen, die Zaun an

Zaun in Konkurrenz lebten. Auch die

Mitarbeiter waren zwei Parteien. Und

ich erinnere mich, dass es in jeder Ab-

teilung eine eigene Weihnachtsfeier

gab. Ich habe gesagt: ‚So was Blödes,

das machen wir anders.‘ Dann haben

wir die allererste Weihnachtsfeier zu-

sammen in Pelm gemacht. Dort erleb-

te ich das Folgende, was wirklich

bezeichnend ist: Ich war gerade erst

ein paar Monate da, jedenfalls die Mit-

arbeiter kannten mich noch nicht so.

Und da sagte dann einer auf der Toi-

lette – ich erzähle es jetzt nicht auf

Platt: Da gibt es einen Neuen, ist der

von Flora oder ist der von Sprudel?‘

Die Leute haben so gedacht. Ich gab

mich nicht zu erkennen, habe es aber

später mal zum Besten gegeben, und

dann haben alle drüber gelacht, die

Flora-Leute und die Sprudel-Leute.

Und heute können sie, glaube ich,

nicht mal sagen, wer früher bei Flora

und wer bei Sprudel war.“ 55

Gerolsteiner Brunnen

GmbH & Co. KG, 2014.

46

REGISTER

1 Vgl.: Eisenbach, Ulrich: Mineralwasser. Vom Ursprung rein bis heute. Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der deutschen

Mineralbrunnen, Bonn 2004, S. 131.

2 Vgl.: ebd., S. 144.

3 Vgl.: Eisenbach, Ulrich: Mineralwasser. Vom Ursprung rein bis heute. Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der deutschen

Mineralbrunnen, Bonn 2004 S. 144.

4 Vgl.: ebd., S. 137–143.

5 Vgl.: ebd., S. 144.

6 Vgl.: ebd., S. 158–159.

7 Vgl.: Nienhaus, Heinz: Zum historischen Gerolsteiner Mineralwasserversand. Aus der Zeit, als Mineralwasser noch in

Tonkrügen reiste. In: Der Mineralbrunnen, Oktober 1987, Ausgabe 10, S. 365–374, hier S. 366.

8 Vgl.: Böffgen, P. Josef: Um Munterley und Löwenburg, Gerolstein 1980, S. 20.

9 Vgl.: Dohm, Dr. Batti: Die Geschichte des Schlossbrunnens. In: Pelmer Geschichte(n), Band 4, Sprudel und anderes Wasser, Pelm

2008, S. 73.

10 Vgl.: StaKo, Abt. 403; Nr. 11600.

11 Vgl.: StaKo, Abt. 403; Nr. 11600.

12 Vgl.: Klever, Thomas: Schätze aus dem Beginn der Mineralwasserabfüllung in Gerolstein und Birresborn. Online:

29.09.2014, 14.08 Uhr.

13 Vgl.: Pelmer Geschichte(n), Sprudel und anderes Wasser. Pelm 2008, S. 74

14 Vgl.: 100 Jahre Gerolsteiner Flora, firmeneigene Broschüre. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

15 Vgl.: ebd.

16 Vgl.: Klever, Thomas: Schätze aus dem Beginn der Mineralwasserabfüllung in Gerolstein und Birresborn. Online:

29.09.2014, 14.08 Uhr.

17 Vgl.: 100 Jahre Gerolsteiner Flora, firmeneigene Broschüre. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

18 Vgl.: Nienhaus, Heinz: Zum historischen Gerolsteiner Mineralwasserversand. Aus der Zeit, als Mineralwasser noch

in Tonkrügen reiste. In: Der Mineralbrunnen, Oktober 1987, Ausgabe 10, S. 365–374, hier S. 370.

19 Vgl.: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

20 Vgl.: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

21 Vgl.: Illustrirte Zeitung, Leipzig und Berlin, Nr. 2722, Band 105, vom 31. August 1895.

22 Vgl.: St. Johanner Volkszeitung, Nr. 147, IX. Jahrgang, vom Freitag, 1. Juli 1892.

23 Vgl.: GL-D-001. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

24 Vgl.: GL-D-008. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

25 Vgl.: PK-A-008. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

26 Vgl.: Böffgen, P. Josef: Um Munterley und Löwenburg, Gerolstein 1980, S. 26–27.

27 Vgl.: http://www.mineralwasserkruege.homepage.t-online.de/gerol. html, Stand: 10.10.2014, 11.57 Uhr.

28 Vgl.: Böffgen, P. Josef: Um Munterley und Löwenburg, Gerolstein 1980, S. 21.

Quellenverzeichnis

47

29 Vgl.: PK-A-001.2,. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

30 Vgl.: UN-E-004.7. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

31 Vgl.: Böffgen, P. Josef: Um Munterley und Löwenburg, Gerolstein 1980, S. 31.

32 Vgl.: SG. UN-E-004.4, SG UN-A-006.1. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

33 Vgl.: PK-A-0012. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

34 Vgl.: Klever, Thomas: Schätze aus dem Beginn der Mineralwasserabfüllung in Gerolstein und Birresborn. Online:

29.09.2014, 14.08 Uhr. Nienhaus, Heinz: Zum historischen Gerolsteiner Mineralwasserversand. Aus der Zeit, als Mineralwasser noch in Tonkrügen reiste. In: Der Mineralbrunnen, Oktober 1987, Ausgabe 10, S. 365–374, hier S. 370.

35 Vgl.: Eisenbach, Ulrich: Mineralwasser. Vom Ursprung rein bis heute. Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der deutschen

Mineralbrunnen, Bonn 2004, S. 163.

36 Vgl.: PK-A-008; PK-A-0012. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

37 Vgl.: PK-A-0012. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

38 Vgl.: Eisenbach, Ulrich: Mineralwasser. Vom Ursprung rein bis heute. Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der deutschen

Mineralbrunnen, Bonn 2004, S. 158–159.

39 Vgl.: ebd., S. 191.

40 Vgl.: ebd., S. 191.

41 Vgl.: ebd., S. 191.

42 Vgl.: SG. UN-E-004.4, SG UN-A-006.1. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

43 Vgl.: UN-E-002.2. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

44 Vgl.: GL-D-002.13. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

45 Vgl.: ebd.

46 Vgl.: ebd.

47 Vgl.: UN-H-001. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

48 Vgl.: ebd.

49 Vgl.: UN-A-006. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

50 Vgl.: ebd.

51 Vgl.: GL-D-002.13. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

52 Vgl.: ebd.

53 Vgl.: UN-A-006.3. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

54 Vgl.: ebd.

55 Vgl.: GL-D-002.13. In: Historisches Unternehmensarchiv Gerolsteiner Brunnen.

48

Böffgen, P. Josef: Gerolstein in alten Ansichten, Gerolstein

Böffgen, P. Josef: Brunnenstadt Gerolstein – Alte und neue Bilder, Gerolstein

Die Warenzeichen der einzelnen Brunnen entnommen aus: www.mineralwasserkruege.homepage.t-online.de

Historisches Archiv Gerolsteiner Brunnen

Verband Deutscher Mineralbrunnen

BILDNACHWEISE

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Herausgeber Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG, Gerolstein, 2015

Text Johannes Schuck, Gesellschaft für Unternehmensgeschichte

Redaktion Heike Görres, Gerolsteiner Brunnen

Konzeption/Gestaltung deepblue networks AG, Hamburg

Litho/Satz/Produktion K&S Repro GmbH, Bad Kreuznach

Druck Offsetdruck Ockel GmbH, Kriftel/Taunus

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