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Gesundheitsförderliche kommunale Strukturen, Prozesse und Instrumente zur Anpassung an den Klimawandel
Claudia Hornberg Universität Bielefeld Fakultät für Gesundheitswissenschaften 1. April .2014
Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Gesundheit – direkte Ursachen und Folgen
Exposition gegenüber thermischen Extrema Hitzewellen; Kälteperioden
hitze- und kältebedingte Erkrankungen und Todesfälle (insbesondere Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen)
veränderte Häufigkeit und/oder Intensität anderer extremer Wetterereignisse Überschwemmungen, Stürme, etc.
•Todesfälle, Verletze und psychische Erkrankungen •Zerstörung der Infrastruktur des öffentlichen Gesundheitswesen
Ursachen Folgen
Quelle: WHO/WMO/UNEP-Task Group, 1996
Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Gesundheit – indirekte Ursachen und Folgen
Veränderungen lokaler Ökologie von wasser- und nahrungsmittelübertragenen Infektionen
Verändertes Auftreten von diarrhöischen und anderen Infektionserkrankungen
Veränderte Nahrungsmittel-produktivität durch Klimaänderungen/ Wettereignisse und damit verbundene Schädlinge und Pflanzenkrankheiten
•Regionale Mangelernährung/ Hunger •Schwächung von Wachstum und Entwicklung bei Kindern
Anstieg des Meeresspiegels mit - Verdrängung der Bevölkerung - Beschädigung der Infrastruktur
zunehmendes Risiko für - Infektionskrankheiten - psychische Belastungsreaktionen (PTBS)
Ausmaß und biologische Auswirkung von Luftverschmutzung (Feinstäube, Gase), einschl. Pollen und Sporen
Asthma und allergische Erkrankungen; andere akute und chronische Atemwegserkrankungen; Zunahme von Todesfällen
Quelle: WHO/WMO/UNEP- Task Group, 1996
Ursachen Folgen
Gesundheitsbezogene Klimaanpassung
Anpassung des Gesundheitssystems
• zukünftig erweiterte Gesundheitsberichterstattung hinsichtlich klimawandelassoziierter Risiken sinnvoll, z. B.: – Auffälligkeiten wie erhöhte Einweisungsraten und Rettungseinsätze bei Hitze
dokumentieren – Routinedaten zu Einweisungsdiagnosen in Krankenhäusern für statistische
Analysen nutzbar machen – ggf. Meldepflicht für Borreliose in Deutschland auf alle Bundesländer
ausweiten • Einrichtung von Monitoring- und Surveillance-Systemen, z. B.:
– nationale Überwachungsprogramme für Vektoren (v. a. Mücken und Zecken) – Daten zum potenziellen und tatsächlichen Vorkommen von Vektororganismen
Anpassung des Gesundheitssystems
• Aufklärung der Bevölkerung und des medizinischen Fach- und Pflegepersonals – mögliche Gesundheitsrisiken und Präventionsmaßnahmen – ggf. Behandlungsmöglichkeiten
• Ausbau der medizinischen Forschung • besondere Berücksichtigung vulnerabler Bevölkerungsgruppen, z. B.:
– ältere Menschen und Kleinkinder – Personen mit chronischen Erkrankungen – exponierte Berufsgruppen
Verstärkung klimatischer Problemfelder in Ballungsräumen
urbane Räume besonders empfindlich gegenüber dem Klimawandel
– hohe Bebauungsdichte, hoher Versiegelungsgrad der Flächen und geringe Luftfeuchtigkeit
– spezifische Bevölkerungszusammensetzung
– Luftschadstoffe von Industrie und Verkehr
– komplexe Versorgungssysteme
BMVBS/BBSR 2011; DWD 2012b; Eis et al. 2010; Leon 2008; MUNLV 2010
Extreme Hitze – Prävention
• umfassendes und flächendeckendes Hitzemonitoring-System • Kühlung von Gebäuden (u. a. Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser,
Kindertagesstätten) • städtebaulichen Ausgleich schaffen (Beschattung, Begrünung etc.) • Einrichtung von Hitzewarnsystemen auf regionaler/kommunaler Ebene • Aufklärungs- und Präventionsstrategien insbesondere für alte und
hochaltrige Bevölkerungsgruppen entwickeln
Praxis-Beispiele gesundheitsbezogener Klimaanpassung
• KLIMZUG-Nordhessen "Klimaanpassungsnetzwerk für die Modellregion
Nordhessen„ (regionales Vorhaben)
• Entwicklung und Umsetzung von klimaanpassungsbezogenen Strategien, Maßnahmen und Verfahren
• Klimaanpassungsaktivitäten auch im Handlungsfeld Gesundheit: – Forschungsprojekt: Prävention von Gesundheitsrisiken durch Hitze bei
alten Menschen und Versorgung Pflegebedürftiger bei Unwetterlagen
– Forschungsprojekt: Monitoring von Mücken und Zecken, Nachweis der Erregerlast
– Praxisprojekt: Prävention von Hitze bedingten Gesundheitsschäden bei älteren und hochaltrigen Menschen in ihrem häuslichen Wohnumfeld kommunale Ebene (Stadt und Landkreis Kassel)
– Qualifizierungskonzept für Fachkräfte im Gesundheitswesen
• Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg Berlin regionale Ebene
• Ziel: Entwicklung und Umsetzung von innovativen Anpassungsstrategien
• u. a. Förderung eines angepassten Gesundheitsmanagements
• Aufgaben: Informieren über mögliche Auswirkungen des Klimawandels, Entwicklung von Handlungsempfehlungen und Managementleitfäden
• Entwicklung von Warn- und Interventionssystemen für Gesundheitsvorsorge und Krankheitsmanagement im Ballungsraum Berlin: – Entwicklung eines Hitzewarnsystem für chronisch Lungenkranke
– Entwicklung eines telemedizinischen Informationssystems für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenfunktionsstörungen
Praxis-Beispiele gesundheitsbezogener Klimaanpassung
Praxis-Beispiele gesundheitsbezogener Klimaanpassung
• Verbundvorhaben „Planerische Strategien und städtebauliche
Konzepte zur Reduzierung der Auswirkungen von klimatischen Extremen auf Wohlbefinden und Gesundheit von Menschen in Städten“ (KLIMES)
• Stadtquartiere in Freiburg als Untersuchungsobjekte ausgewählt
• Ziele: Entwicklung eines Leitfadens für die Stadtplanung zur Wärme- und Hitzereduktion im Stadtraum – negative gesundheitliche Auswirkungen in hitzebelasteten Städten gering
halten
– Lebensqualität der Bevölkerung erhalten
• Maßnahmen u. a. : Verwendung von „kühlem Material, Dach- und Fassadenbegrünung, Sicherung einer ausreichenden Belüftung“
IW 2009; klimazwei.de
Praxis-Beispiele gesundheitsbezogener Klimaanpassung
• Modellvorhaben „Nürnberger Anpassungsstrategie zum Klimawandel –
am Beispiel von innerstädtischen Gebieten“
• Fokus: Auswirkungen der Temperaturerhöhungen durch zunehmende Sommertage, Hitze- und Trockenperioden in den nächsten Jahrzehnten
• vorrangige Handlungsfelder: Grün/Freiraumplanung und menschliche Gesundheit/Gesundheitsvorsorge
• Ziel: nachhaltige Verbesserung der lokalklimatischen Situation, z. B. durch:
– Sensibilisierung der Bevölkerung
– Kommunikation von klimaangepassten Verhaltensweisen
– Identifikation von lokalen Gefährdungen und Gesundheitsrisiken
– Durchgrünung der Stadt (z. B. Straßenbäume, Fassadenbegrünung)
BBR o. J.; BMVBS 2010; geographie.uni-erlangen.de
Praxis-Beispiele gesundheitsbezogener Klimaanpassung
• Klimaschutzteilkonzept "Anpassung an den Klimawandel für die Städte
Solingen und Remscheid" • Laufzeit: 01.12.2011 – 30.11.2012 • Entwicklung einer Gesamtstrategie für Klimaanpassung in der Region
Solingen und Remscheid
• darauf aufbauend Maßnahmenprogramm mit Handlungsempfehlungen
• Einbeziehung zahlreicher Akteure
• relevante Fachbereiche: u. a. Gesundheit, Umwelt und Stadtplanung
• u. a. Ermittlung von Betroffenheiten, z. B. soziodemografische Sensitivität gegenüber Hitzewellen
• Abstimmung der Strategie mit Anpassungskonzepten der Kommune Wuppertal
Praxis-Beispiele gesundheitsbezogener Klimaanpassung
• verschiedene gesundheitsrelevante Umweltinformations- und Frühwarnsysteme auf Bundesebene
• Vorhersage klimawandelassoziierter Gesundheitsrisiken • Hitzewarnsystem (Deutscher Wetterdienst) • Pollenflugvorhersage (Deutscher Wetterdienst) • UV-Gefahrenindex (Deutscher Wetterdienst/Bundesamt für
Strahlenschutz) • Ozonwarnungen und -vorhersagen (Umweltbundesamt) • insbesondere zum Schutz der vulnerablen Bevölkerungsgruppen
DWD 2012; UBA 2009
Das Projekt KommAKlima
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Das Projekt KommAKlima
• Gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)
• Laufzeit: Januar 2012 – Dezember 2014 • 2 eigenständige Projekte, Bearbeitung durch:
o Deutsches Institut für Urbanistik, Köln (Difu),
Projektleitung: Vera Völker
o Arbeitsgruppe 7 Umwelt und Gesundheit, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Projektleitung: Prof. Dr. Claudia Hornberg
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Status Quo kommunaler
Klimaanpassungs-aktivitäten darstellen
Verwaltungsstruk-turen, Prozesse und
Instrumente analysieren und systematisieren
Beispielhaft „gelungene“
Klimaanpassung aufzeigen
Übertragbarkeit prüfen sowie
hemmende und fördernde Faktoren
identifizieren
Bewusstsein für das Thema in den Kommunalver-
waltungen stärken Ziele des Projekts
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„Hinweise für Kommunen“
Online-Publikation
Interviews Werkstätten
Recherche
Herangehensweise
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Auswahl der Modellkommunen
• Auswahlkriterien: • Bereitschaft zur Mitwirkung • topographische und klimatische Situation • Gemeindegrößenklasse • Gemeindestatus • demographische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen
• Durchgeführte Werkstätten: • Dortmund, Gelsenkirchen, Hamburg, Frankfurt, Bonn, Heidelberg, Jena,
Erfurt, LK Osterholz, Sonthofen, Karlsruhe, Rhein-Sieg-Kreis, Ueckermünde
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Thesen
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Thesen
• Eine bereichsübergreifende Abstimmung und Koordination kommunaler Klimaanpassung (inkl. Gesundheitssektor) existiert nur in wenigen Fällen
• Eine Initiierung und Fortführung einer kommunalen Anpassungsstrategie ist ohne motivierte Einzelpersonen („Treiber“) nicht möglich
• Klimaanpassung kann oftmals nur als „Huckepack“-Thema umgesetzt werden
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Thesen
• Die Gesundheitsämter müssen ihre Prioritäten in anderen Tätigkeitsfeldern setzen
• Vorhandene Strukturen können stärker für die Integration gesundheitsgerechter Anpassungsmaßnahmen genutzt werden
• Wird Klimaanpassung durch den Gesundheitssektor nicht als Pflichtaufgabe gesehen, kann zukünftig explizit keine Anpassung erfolgen
• Ohne stärkere politische Unterstützung wird vielen Kommunen eine gesundheitsgerechte und explizite Anpassung an den Klimawandel nicht gelingen
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