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Vol. 32,1979 469 GewShnliche lineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit Distributionskoeffizient Yon RAINER P~FAFI~ Zusamme~Iassung, IA413t man in der gew. lin. Dgl. zweiter Orchaung einen Distributions- koeffizient zu, der Ableitung einer Ll~c-:Funktion ist, so existieren eindeutig festlegbare, stetige LSsungen derart, dab die in der Dgl. auftretenden Produkte definiert werden kSnnen. Mit einer Regularisierung des Distr.-Koeffizienten kSnnen die LSstmgen durch C~-Fur~ionen approxi- miert werden. Es wird der Sturmsche Vergleichssatz verallgemeinert. Hieraus und aus den Eigenschaften der mit zwei BasislSsungen gebildeten LSsungskurve folgt die Giiltigkeit des Ljal0tmovschen Satzes fiber die Eigenwertverteilung der verallgemeinerten Hillschen Dgl. mit positivem Distr.-Koeffizient, falls eine zus~tzliche Bedingung erffillt ist. Die vorliegende Arbeit enthii,lt einige Ergebnisse meiner Dissertation [6] (weitere Resultate und Details finden sich dort). 1. Es seien a, b e R, -- r ~ a < b ~ ~. 0' sei der Raum der Schwartzsehen Distributionen beziiglich des Raumes 0 der ~ oft differenzierbaren Testfunktionen mit kompaktem Tr~ger in (a, b). Ftir F ~ O" und ~ e 0 benutzen wit fiir den Wert des Funktionals die Schreibweise <F, ~>. Gelegen~lich werden wir, wie auch andere Autoren, die Argumentschreibweise F(t) fiir Distributionen verwenden. Die Differentialgleichung (1) ~ + Q~ = 0 kann im Sinne der Distributionstheorie interpretiert werden, wenn (2) Q(t) und ~(t)eL12c(a,b) sind. Dabei bedeute ein Punkt die Ableitung im Distributionensinn. Das Produkt Qx ist dann mit der Leibnizformell) defmiert Qx := (Qx)'-Q~. (Alle im folgenden auftretenden Produkte sind ebenfaUs mit der Leibnizformel definiert.) ' 1) Sei / die r-re Distr.-Ableitung einer :Funktion 2' e L~oo (a, b) und g(r) ~ L~oc (a, b) mit 1 1 --+-------1 (1 <p,q ~ r162 P q so ist das Produkt/g bzw. g] deiiniert dttreh die Leibnizformel r [ r \ tg = g/= 5 ( - ~)~ [ . | (rg~o)(~-~).

Gewöhnliche lineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit Distributionskoeffizient

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Vol. 32,1979 469

G e w S h n l i c h e l ineare D i f f e r e n t i a l g l e i c h u n g e n zwe i ter Ordnung mit D i s t r ibut ionskoe f f i z i en t

Yon

RAINER P~FAFI~

Zusamme~Iassung, IA413t man in der gew. lin. Dgl. zweiter Orchaung einen Distributions- koeffizient zu, der Ableitung einer Ll~c-:Funktion ist, so existieren eindeutig festlegbare, stetige LSsungen derart, dab die in der Dgl. auftretenden Produkte definiert werden kSnnen. Mit einer Regularisierung des Distr.-Koeffizienten kSnnen die LSstmgen durch C~-Fur~ionen approxi- miert werden. Es wird der Sturmsche Vergleichssatz verallgemeinert. Hieraus und aus den Eigenschaften der mit zwei BasislSsungen gebildeten LSsungskurve folgt die Giiltigkeit des Ljal0tmovschen Satzes fiber die Eigenwertverteilung der verallgemeinerten Hillschen Dgl. mit positivem Distr.-Koeffizient, falls eine zus~tzliche Bedingung erffillt ist. Die vorliegende Arbeit enthii, lt einige Ergebnisse meiner Dissertation [6] (weitere Resultate und Details finden sich dort).

1. Es seien a, b e R, - - r ~ a < b ~ ~ . 0' sei der R a u m der Schwartzsehen Distr ibut ionen beziiglich des Raumes 0 der ~ oft differenzierbaren Testfunkt ionen mit kompak tem Tr~ger in (a, b). Ftir F ~ O" und ~ e 0 benutzen wit fiir den Wer t des Funkt ionals die Schreibweise <F, ~>. Gelegen~lich werden wir, wie auch andere Autoren, die Argumentschreibweise F(t) fiir Distr ibut ionen verwenden.

Die Differentialgleichung

(1) ~ + Q~ = 0

k a n n im Sinne der Distr ibutionstheorie interpretiert werden, wenn

(2) Q(t) und ~(t)eL12c(a,b)

sind. Dabei bedeute ein P u n k t die Ablei tung im Distributionensinn. Das P roduk t Qx

ist dann mit der Leibnizformell) defmiert Qx : = ( Q x ) ' - Q ~ . (Alle im folgenden auf t re tenden P roduk te sind ebenfaUs mit der Leibnizformel definiert.) '

1) Sei / die r-re Distr.-Ableitung einer :Funktion 2' e L~oo (a, b) und g(r) ~ L~oc (a, b) mit

1 1 - - + - - - - - - - 1 (1 < p , q ~ r162 P q

so ist das Produkt /g bzw. g] deiiniert dttreh die Leibnizformel

r [ r \ tg = g / = 5 ( - ~)~ [ . | (rg~o)(~-~).

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470 R. PFAFF AI~CH, MATH,

Eine L6sung ist eine in (a, b) absolutstetige Yanktion x mit & e/~oc (a, b), die die Dgl. (1) im Distributionensinn effiillt, d.h.

Ein Beispiel f'fir eine solehe Dgl. ist die Dgl. zweiter Ordnung mit 2 ze-periodischem ~-Koeffizient d2n (hier ist a ----- - - ~ , b = ~ )

(3) ~ -~ ~2,x = 0.

Ligeza [5] u.a. lassen als Koeffizienten MaBe, d.h. Distr.-Ableitungen yon Funk- tionen lokal beschr~nkter Variation, zu (die Dgl. (3) ist daher auch bei Ligeza de- finiert). Da jede Funktion yon lokal beschr~nkter Variation auch lokal quadratisch integrabel ist, sind die in dieser Arbeit zugela~senen Distr.-Koeffizienten allgemeiner. Zum Beispiel besitzt die Dgl.

(4) ~ + x = O , Q : - - - - -~sL~o c

einen Koeffizienten, dessen Stammdistribution Q lokal qnadratisch integrabel, aber nicht yon lokal beschr~nkter Variation ist.

2. M_it der (auch yon Guggenheimer [3] benutzten) Transformation

(5) y : = ~ + Qx

l~lBt sich die Dgl. (1) in das im Distr.-Sinn ~quivalente Dgl.-System

(0) ;)(;) umformen. Da die Koeffizienten des Systems lokal integrabel in (a, b) sind, ist der Existenz- und Eindeutigkeitssatz yon Carath~odory anwendbar. Hieraus folgt fiir die Dgl. (1)

Satz 1. Die Dgl. (1) besitzt eine dutch die An]angsbedlngung

zff0) ---- ~, to e (a, b), :r fl e R

y(t0) = ~,

in (a, b) eindeutig ]estgelegte, absolutstetige LSsung x(t) mit ~(t) e /~oe (a, b). (Hierbei ist y die nach (5) gebildete, eben/alls absolutstetige Hil/s/unktion.)

Fiir die Wronskideterminante zweier beliebiger LSsungen xl, x2 der Dgl. (1)

W = zi~2 -- x2~i e/~oc (a, b)

erhMt man (wie iiblieh) durch Ableiten im Distr.-Sinn und Einsetzen der Dgl. (1) (die auftretenden Brodukte sind assoziativ)

w - - 0 .

W ist aI8 Distribution konstant, als lolcaliutegrable Fuu~io~ ist W bonstant/ . iL in (a," b).

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Vol. 32, 1979 Differentialgleidaung mit Distributionskoeffizient 471

Aul3erdem erhKlt man ffir zwei beliebige L6sungen Xl, x2 der Dgl. (1) mad die nach (3) gebildeten zugehSrigen Funktionen y:, Y2 die Beziehung

(7) x ly2 - - X2yl = Xla~2 -- x2xl f. iL in (a, b),

d.h. die (absolutstetige) Wronskideterminante Xl Y2 - - x2yl zweier IAisungen (x:, yl), @2, Yz) des Systems (4) ist konstant.

3. Wit wollen den I)istr.-Koeffizient Q dutch eine Regularisierung Qe:= Q * T, (t) approximieren. Dabei sei 9r(t -- to) ~ 0 f'tir to G (a, b) eine 8-1~olge (vgl. [1], S. 75) mit

(i) ~, (t -- to) > 0, (ii) (1, ~,(t -- to)) = 1,

( ~ i ) ~ ( t - t o ) - O f'~r I t - t o l >~, (iv) (p, (t -- to) = ~ (-- t + to).

Jede (LFolge 9,(t--to) konvergiert fiir e--> 0 im I)istr.-Siam gegen ~(t--to). Die Regularisierung

Q~(t) := 0 ( t ) , ~ ( t ) : = <0 (~), ~,(~ - t)>

ist eine unendlieh oft differenzierbare Funktion, die f'tir e -+ 0 im Distr.-Sinn gegen

die Distribution Q konvergiert, d.h. <Q~, 9>--~ <Q, 9> ftir alle 9 e 0. W~hlen wit f'tir die Regularisierung eine beliebige, aber feste &Folge ~, ( t - - to ) in O, die far t e (a, b) und e e (0, e:] stetig in (a, b ) • (0, e:] ist, so ergibt sieh f'tir die LSsung der Dgl. (1) mit regularisier~em Koeffizient

Satz 2. Die I2isung x (t, ~) des An/angswertproblems

(8) ~ ( t , e ) + Q ~ ( t ) x ( t , e ) = O , Q G ~ ( a , b ) ,

x(to, e) = ~, o~,f lr t o e ( a , b )

y(to, ~) = fl,

konvergiert /iir e .--> 0 /as t gleichmdiflig in (a, b) (d.h. gleichmtiflig in ]edem kompakten Intervall I r (a, b) nocheinmal) gegen die l_~ung x(t) der Dgl. (1) mit den An/angsbe- dingungen x (to) = or y (to) = ft. (Ebenso konvergiert die nach (5) gebildete Hil/s]unktion y(t, e) gegen y(t) ]iir e - > 0 /azt gleichmdflig in (a, b).)

Bewei s sk i zze . Wit setzen (~0 : = (~, x(t, 0) :----- x(t), y(t, 0) :---- y(t). (Flit e ---- 0 wird dann aus der I)gl. (8) die I)gl. (1).) Nun transformieren wir die I)gl. (8) f'fir e => 0 in das I)gl.-System (6) und starten mit dem Verfahren der sukzessiven Ap- proximation. Sei O r (a + el, b -- el) ein kompaktes Intervall. Es ergibt sieh, dab f'fir ] ~ O, 1 . . . . . x(t, e)i (und ebenso y(t, e)y) stetig in O • [0, el] shad. Als Grenz- funktion einer fiir ] -+ oo ha ~Q • [0, el] gleichm~13ig konvergenten Funktionenfolge {x(t, e)t}, deren Glieder x(t, s)~ s/~mtlieh in ~ • [0, el] stetig shad, ist x(t, e) (und ebenso y (t, e)) eine in Q • [0, e:] stetige und damit sogar gleiehm~Big stetige Funk- tion. Hieraus folgt Satz 2.

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472 R. P~A~r ARCH. MATH.

4. Eine Distribution P e 0' heiBt naeh Schwartz [7], S. 29, (ira Distr.-Sinn) positiv in (a, b), wenn s alle Testfunktionen 9~ e 0 mit ~ ~ 0 der Wert des Funktionals <P, q~> _--> 0 ist. Eine Distribution P1 e O' heiBt (ira Distr.-Sinn) gr6Ber als eine Distribution P~ e 0' in (a, b), wenn (Pz -- P2) positiv in (a, b) ist.

Ist P e 0' eine in (a, b) positive Distribution, so ist P ein positives (Radon-)MaB in (a, b) (siehe [7], S. 29), d.h. das Funktional <P, q~> ist sogar fiir stetige ~0(t) mit kompaktem Tr~ger ~ c (a, b) definiert, und fiir derartige ~0(t) mit 0 ~ ~(t) gilt <p, ~> > o.

Satz 3 (u Sei a < to < t2 < b. Es seien xl(t) und x2(t) in (a, b) nichttriviale L6sungen der Dgl.en

x l + (21Xl = O, Ql(t), Q2(t) eL~oc(a, b) ~2 § Q~ x2 = 0 ,

und to, t2 ~eien zwei au/einander]olgende NuUstellen yon xl (t). Ist (22 (ira Distr.-Sinn)

gr6fler als Q1 in (a, b) und Q2 ~ QI (ira DisSr.-Sinu) in (to, t2), so liegt im o//enen Intervall (to, t2) mindester~s eine Nullstelle yon x2.

Bewei s sk izze . Es sei o.B.d.A, xz(t) > 0 und x2(t) > 0 in (to, t2) (wit nehmen an, dab x2(t) in (to, t2) keine !qullstelle besitzt). Wie im Sturmsehen Beweis ergibt sich

0 = ~ 1 x 2 - ~ 2 x i - (0~2 - (21)zlx2,

wobei jedoch nachzupriifen ist, daft die auftretenden I~'odukte distributiv und assoziativ sind.

Wir addieren auf beiden Seiten die integrable Funktion --(Q2 -Q1)(xzx2)" und formen mit Hilfe yon (5) um

- (Q2 - Q1)(xlx2)" = (~1x2 - ~ 2 x l - (Q. , . - Q1)xlx~)" = ( ( ~ 1 + Q l x l ) x 2 - - (52 + Q2x2)xl)" = (yzx2 - - y2xl)" �9

Wit integrieren auf beiden Seiten yon to bis t~, wobei das Integral seinen Wert nieht s wenn ~4r die Funktion xl x2 durch die stetige Funktion xs ersetzen, die definiert wird dutch

~xl x2 s re[t0, t2] X l X 2 : : - ] O s o n s t .

Wir erhalten t~

- - S (Q2 - - Q1) (x-y-~). dt = [yl x2 - - yzxl]~"o. to

Es l~Bt sich zeigen (siehe [6], S. 28), dab wit die linke Seite als Wert eines Funk- tionals auffassen kSnnen:

(9) < (22 (21 x - T - ~ > [yl x2 -- x ~t, - - , ~- Y2 l J t o -

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Da ( Q ~ - Q1)" ein positives (Radon-)Ma$ in (a, b), 0 ~ ~ stetig und Trs xl x2 c (a, b) ist, ist der Wert des Funktionals nichtnegativ, lqach Voraussetzung

ist Q 2 - Q1 =~ 0 im Distr.-Sinn in (to, t~), woraus sich leicht zeigen l~lSt, dab der Wert des Funktionals (9) sogar positiv ist. Wir erhalten

(10) yl (t2)x2(t2) -- yl (to) x2(to) > O.

Mit Hflfe der Approximation durch Regularisiertmg des Koeffizienten (w 3) 1/il~t sieh y~ (to) > 0 und y~ (t~) < 0 zeigen. Nun ergibt sich aus (10) ein Widersprueh zu der Annahme, daI~ x2 (t) in (to, t2) nicht das Vorzeiehen weehselt.

Bemerkung. Setzt man bei Satz 3 nicht voraus, da$ 41 # 42 in (to, t2) sein mul3, so erhfilt man aus (9), dal3 die linke Seite yon (10) ~ 0 ist. Hieraus ]olgt, daft ent- weder x2 (t) in (to, t2) daz Vorzeichen wechselt oder x2 (to) = x~ (t2) ~ 0 gilt.

Kerellar zu Satz 3. Es seien xl (t) und x~(t) in (a, b) nichttriviale L6sungen der Di//erentialgleichungen

xl + Q1. xl -- 0, Q1 (t), Q~ (t) e L~o c (a, b). x2 + Q2x2 = O,

tl . . . . . t~: seien k au/ei~ander]olgende Nullstellen von xl (t) in (a, b). Ist Q2 (ira Distr.-

Sinn) gr6fler als Q1 in (a, b), und glbt es ein i mit 1 ~ i < k, so d~zfl Q2 =~ Q1 (ira Distr.-Sinn) in (t~, t~+l) ist, so hat x2 (t) mindestens k - - 1 Nullstellen in (tl, tic).

Beweis . x2 (t) hat naeh Satz 3 eine Nullstelle in (t~, t~+l). Nach obiger Bemerkung liegt in (ti, tl+l], ] ---- 1, . . . , i -- 1 und It1, tl+l), ] = i + 1, . . . , k -- 1 je eine weitere Nullstelle. (Weitere Vergieichss&tze finden sieh in [6].)

5. Wit fassen zwei linear unabh~ngige, skalare LSsungen der Dgl. (1) in (a, b), fiir deren Wronskideterminante W(t) -~ c f.ii. in (a, b), v > 0, gilt (vgl. w 2), zu einer vektoriellen L6sung X ~ (xl, x2) zusammen. X (t) = (xl (t), x2 (t)) ste]lt in der xl, x2- Ebene eine Kurve dar, die wir LSsungskurve nennen. Wir fiihren Polarkoordinaten ein:

r(t) = Vx~(t) ~- x~(t), Xl(t) = r(t)cos ~(t), x2(t) = r(t)sin :r

Es ergibt sich (Beweise siehe [6])

Satz 4. (i) Die LSsungslcurve kann liar t ~ (a, b) nicht dur~h den Koordinatensprung gehen.

(ii) r(t) ist eine in (a, b) (/oka/) absolutstetige Funktion mit ~(t) e L~2oc(a, b). (iii) Der Phaseuwinkel ~(t) ist eine in (a, b) streng monoton wach~ende, stetig diHeren-

zierbare Fun~ ion in t m i t ~ (t) e I~c (a, b).

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474 R. PFAFs ARCH. MATH.

(iv) Wir verschieben den Parameter t so, daft t ~ 0 e (a, b) und setzen F (0) :~ O. Der vom Radiusvektor X (t) iiberstrichene El~cheninhalt F (t) existiert als Jordanscher Inhalt und es gilt F(t) = �89

(v) Ist der Koe//izient Q (im Distr.-Sinn) positiv in (a, b), so ist jede L68ungskurve X (t) in (a, b) lokallconvex zum Ursprung (d. h. X (t) gehSrt lokal zum _Rand einer kon- vexen Menge, die den Ur~prung enthSlt).

6. In [6] wird gezeigt, dal3 fiir LSstmgen der Dgl. (1) mit periodischem Distr.- Koeffizient ein verallgemeinertes Theorem yon Yloquet gilt. Es wird eine Darstellung der Periodizit~tsmatrix sowie der Stabilit~tsdiskriminante angegeben.

Wit un~ersuchen nun die Eigenwertverteflung einer Verallgemeinerung der Hill- sehen Dgl. mit (im Distr.-Sinn) positivem, T-periodischem Distr.-Koeffizient und reellem, multiplikativem Parameter 2:

(II) /-[Q positiv (im Distr.-Sinn), Q(t + T) = Q(t) (im Distr.-Sinn).

Gibt es zu einem ~ eine L6sung der Periode T oder 2 T, so heil~t 2 Eigenwert. Ljapunov gibt uns die Verteilung der Eigenwerte an. Yiir stetigen, T-periodisehen

Koeffizient Q (t) mit Q (t) ~ 0, Q (t) ~ 0 gilt folgender

0szillationssatz (siehe z.B. [2], S. 27 u. 39 oder [8], S. 551 u. 760). E8 gibt eine monoton wachsende, unendliche Folge yon Eigenwerten 2n , An, n -~ 1, 2 . . . . mit

A o = O < 21<= Al < 22 <= A ~ < ...--->~,

so daft bei ungeradem n ]iir ~n und A~ je eine L6sung x(t-Jr- T) = --x( t ) (halbperi- odisch) und bei geradem n/is ~n und A~ je eine periodische LSsung x(t -~ T) = x(t) exi~tiert. Jede zum Eigenwert 2n bzw. An geh6rige Eigen/unlction besitzt genau n Null- stellen in [0, T). Die StabilitStsintervaUe 8ind (An-l,)~n), und die In~tabilitgtsinter- valle sind [~n, An]. Fi~r 2n ~ An sincl aUe L6sungen periodiseh bzw. halbTeriodisch.

Satz 5. Fiir die Dgl. (11) gilt der Oszillationssatz, /alls ]olgende Bedingung er/iiUt ist:

IEs r eine nichtnegative, stetige Funktion s(t) ~ 0, so daft Q(t) im ( 1 2 ) (Distr..Sinn grSfier als s (t) ist.

In [6], S. 69, wird gezeig~, dab die Bedingung (12) folgeader Bedingung ~quivalent ist:

~Es gibt ei~ IntervaIl ~ c R und ein e > O, so daft fiir alle tl, t2 e (13) / mit tl ~ t2, Q (t2) ~ Q (tl) ~> ~ (t2 - tl) gilt.

Bemerkung. Guggenheimer liefert in [4] einen geometrisehen Beweis des Oszil- lationssatzes unter der Voraussetzung, dab der Koeffizient Q Distr.-Ableitung einer (lokal) besehrankten, monoton waehsenden, einseitig stetigen Funktion Q ist, die die Bedingung (13) in ganz • = : ~ erfiillen muB. Satz 5 ist ftir eine Dgl. mit all-

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gemeinerem Koeffizient, als yon Guggentieimer zugelassen, formuliert. Ferner braueht die Bedhagung (13) nach Satz 5 nur ha einem beliebig kleinen Intervall ~2 r ~ erfiillt zu sein.

Dal3 bei Differentialgleiehungen zweiter Ordnung mit Distributionskoeffizient eine Bedingung (wie z.B. Bedingung (12) bzw. (13)) zur Eigenwertverteilung naeh Ljapunov nicht entbehrlieh ist, zeigt das auf die Beweisskizze zu Satz 5 folgende Beispiel.

B e w e i s s k i z z e zu Sa t z 5.

a) ZunSchst woUen wir zeigen, daft aus der Bedingung (12)/olgt, daft alas Problem

(14) ~ + ~(2x = o, x(u) = x(u + T) = 0

eiu disbretes Spektrum yon Eigenwerten 2lc (u ) ]eder Ordnung ( k = 1, 2 . . . . ) mit 2k (u) ---> oo besitzt. Dabei ist der Index des Eigenwertes die Anzahl der Nullstellen einer Eigen- funktion fiir u =< t < u q- T.

(i) Wir nehmen an, es g~be zu ehaem Index k zwei FAgenwerte 2~(u) < 2~ (u).

Da Q fin Distr.-Sinn positiv ist, folgt

(15) 2~(u)Q ist grSl3er als 2~(u)Q im Distr.-Sinn.

Die Nullstellen der zu 21(u) geh6rigen Eigenfunktion xl(t) bezeichnen wir mit

tl, . . . , tk+l, wobei u ---- tl < t2 < "'" < t~+l ---- u q- T. Da s (t) => 0, s (t) �9 0 und grSBer als s (t) im Distr.-Sinn, gibt es wegen der Periodizitgt yon Q ein i mit 1 ~ i ~ k,

so dab Q(t) 4= 0 im Distr.-Silm in (t~, t~+l), ttieraus folgt

(16) 2~(u) Q =~ 2~(u)Q im Distr.-Sirra ha (t~, t~+l).

Mit (15) und (16) shad die Vor~ussetzungen zum Korollar zu Satz 3 erfiillt. Es folg%, dab x2(t) in (u, u q- T) mindestens k Nullstellen und wegen (14) sogar k q- 1 Null- stellen in [u, u q- T) besitzt, was im Widerspruch dazu steht, dab 2~ 2 (u) ein Eigen- wert der Ordmmg k ist. Es gibt also zu einem Index k hSchstens einen Eigenwert.

(ii) Wir betraehten eine Schar yon L6sungskurven X(t, 2 ) = (xl(t, 2), x2(t, 2)), die an der S~elle u unabh~ngig yon 2 so festgelegt shad, dall die Wronskideterminante W(t) ~ 0 f.ii und x2(u)----0 ist. FOr den Phasenwinkel :r 2) vereinbaren wir :r (u, 2) : = 0. Mit Hilfe der Transfomation in das System (6) und sukzessiver Ap- proximation l~Bt sieh zeigen, dab xl (t, 2) und x2 (t, 2) for jedes t stetige Funktionen ha 2 sind. Daher ist such ~ (u q- T, 2) stetig ha 2. FOr 2 = 0 ist X (t) eine Gerade, die naeh Satz 4 (i) nicht dureh den Ursprung geht. Daher gilt

( 1 7 ) ~ ( u + T , 0 ) < ~ .

D a s(t) ~ O, nichtnegativ und stetig ist, gibt es eine nichtnegative, stetige Funk- tion el (t) m 0 mit sl (t) < s (t), so dab der Tr~ger sl (t) in einem Periodenintervall (u q- IT , u q- (] q- 1) T), 7" e Z, liegt. Wir setzen sl(t) T-periodiseh fort und schrei-

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476 R. PFAFF At~CH. MATH,

ben hierfiir 81 (t)T. Nun vergleichen wir

(18) ~ + 4~s l ( t )Tz = O,

(19) ~ + 4~Q(t)x = 0,

wobei 2 t de r l-re Eigenwert des Problems (18) mit z(u) -~ z(u + T) = 0 ist (dieses Problem besitzt naeh einem klassischen Theorem Eigenwerte beliebiger Ordnung). Die Nulls~llen yon z(t) in [u, u + T] seien u ----- tl < t2 < "" < t~+l ----- u + T. Es zeigt sieh, da6

(20) Q gr6Ber sl( t)T im Distr.-Sinn ist,

und dab es ein i mit 1 ~ i --~ l gibt, so dab

(21) Q(t) ~ sl (t)~, im Distr.-Sinn in (ti, t~+l) ist.

Naeh dem Korollar zu Satz 3 besitzt wegen (20) und (21) jede LSsung der Dgl. (19) mindestens l Nullstellen in (u, u + T). Insbesondere besitzt die skalare LSsung x2 (t, t z) der oben definierten LSsungskurve 1 Nullstellen in (u, U + T). Daher gilt

(22) ~r + T, 4 z) > lz~.

lqaeh dem Zwisehenwertsatz nimmt ~(u + T, 4) ffir 0 < 4 < 41 wegen (17) und (22) die Werte n, 2n . . . . , In an. Dies bedeutet, dal~ das Eigenwertproblem (14) Eigenwerte 2e der Ordnung 1 bis l besitzt. Da in (18) 1 beliebig gew~hlt wurde, besitzt daz Eigenwertproblem (14) Eigenwerte 4~: beliebiger Ordnung. Als auf ganz R stetige Funktion in 4 kann :r (u + T, 4) keinen Pol besitzen. Es gilt also ,~ --~ r /~r ]~ -~ ~ .

b) Der k-re konjugierte Punkt ck(u, 4) sei der Welt yon t > u, ffir den x(t, ~.) zum ]~-ten real null wird. 4~(u) sei der It-re Eigenwe~ des Problems (14). ~i_hnlieh wie unter a)(i) zeigt man (wieder mit Korollar zu Satz 3), dab ffir LSsungen x(t, 4) mit (ftir alle 4) x (u, 4) ~ 0 grit

Mit einigen geometrisehen l~lberlegungen folgt mm aus (23) : .F~ir u u ~ v seien 4k (u) u ~ ~.~(v) Eigenwerte d ~ Problerr~ (14). Dann gilt ~.~(u) > 4k-l(v) N r alle u u ~ v.

e) Der Rest des Beweises verl/~uft nun wie bei Guggenheimer [14] : Man zeigt, dab 4~ (u) differenzierbar in 4 ist, setzt

4~ = rain 4~ (u), A~ = max 4~ (u)

u~d prifft naeh, dab 4k und A~ gerade die Eigenwerte der Dgl. (11) mit den im Oszillar geforderten Eigensehaften sind. Die Aussage fiber die Stabilit~ts- und Instabilit~tsintervalle folgt dan~ aus dem verallgemeinerten Theorem yon Floquet.

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Vol. 32, 1979 Differentialgleichung mit Distributionskoeffizient 477

Beisp ie l . Wir betrachten die Dgl.

(24) ~ (t) + 2 c~ ~ (t - t~) e:~(t) = 0 , t~ e (0, T ] ,

wobei der Index T bedeuten soll, dab der in Klammern stehende Koeff~ient T-peri-

odiseh fortgesetzt wird. Der periodisehe Distributionskoeffizient Q ist Ableitung einer reinen Sprungfunktion Q (t), die im Periodenintervall (0, :T] genau n Spmmg- stellen ti der SprunghShe c~, i -~- 1 . . . . , n, besitzt. Sind die c~ s/~mtlieh positiv, so ist der Koefflzient positiv im I)istr.-Sinn (in [6] wird keine Bedingtmg an das u zeiehen der c~ gestellt). Wie man leieht sieht, ist die Bedingung (12) nicht erfiillt, so dab die Eigenwertverteflmlg naeh Ljaptmov nieht gesieher~ ist. Es ergibt sieh, dab die Stabflit/~tsdiskriminante ein Polynom in 2 vom Grad n ist, woraus folgt, dab die Dgl. (24) hSehstens 2 n - - 1 (nichttriviale) Eigenwerte besitzt, und zwar hSchstens n -- 1 Eigenwerte, zu denen T-periodische LSsungen existieren und hSch- stens n Eigenwerte, zu denen halbperiodisehe LSsungen existieren. Der grSl3te Eigen- wert ist bei gerader Anzahl Io der positiven Spriinge yon Q (t) im Periodenintervall (0, T] ein Eigenwert mit T-periodiseher LSsung und bei ungeradem p ein Eigenwert mit halbperiodiseher LSsung. Es gibt also keine unendliche Folge yon Eige~wertert, d.h. der Oszillationssatz gilt in diesem Fall nicht.

7. Es ergeben sieh folgende Probleme:

a) Ist in der Dgl. (11) der Koeffizient Q stetig und nimmt Q positive und negative Werte an, so gibt es in beide Richtungen der 2-Achse r viele Eigenwerte (siehe z.B. [8], S. 550). Ein entsprechend formulierter Oszillationssatz f'tir Differentialgleichungen

mit Distributionskoeffizienten w/~re noch zu beweisen. Dabei mu$ Q wiederum eine zus/~tzliche Bedingung (wie im Falle eines positiven Distr.-Koeffizienten Bedingung (12) bzw. (13)) erfiiUen, was man aus dem Beispiel der Dgl. (24) mR positiven und negativen ci (siehe auch [6], S. 70ft.) schlieBen kann.

b) Kann man die Klasse der in der Dg]. (1) zugelassenen Distr.-Koeffizien~en noeh weiter verallgemeinern, so dab die Dgl. (unter Umsts mit einer umfassenderen Produktdefinition) noch sinnvoll interpretiert werden kann ?

e) Welche Distr.-Koeffizienten dfirfen bei gewShnlichen linearen Differentialglei- chungen hSherer Ordnung zugelassen werden, so dab die Dgl. eine LSsung besitzt, mit der die in der Dgl. auftretenden Produkte definiert sind ? Hierzu ist eine weitere Arbeit in Vorbereitung (siehe auch Ligeza [5]).

Literaturverzeichnis

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[6] R. P~FF, Zur Theorie der gewShnlichen linearen Differentialgleichung zweiter Ordnung mit Distributionskoeffizient. Dissertation, Technische Hochsehule Darmstadt 1978.

[7] L. SC~W~RTZ, Th~orie des distributions. Paris 1966. [8] V. A. Yx~UBOVICH and V.M. ST~ZHINSK~I, Linear differential equations with periodic

coefficients. Volumes 1 and 2, New York-Toronto 1975.

Eingegangen am 10. 1. 1979

Anschrift des Autors:

Rainer Pfaff Fachbereich ~[athematik Technische Hochsehule D-6100 Darmstadt