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Aus dem Znstitut fur Zoophysiologie, Arbeitsgruppe Endokrinologie und dern Institut fur Tierhaltung und Tierzuchtung der Universitat Hohenheim Glukosetoleranz und Insulinsekretion bei Pietrains und Edelschweinen Von U. ENSINGER, E. ROGDAK~S und €3. v. FABER Eingang des Ms. 27. 11. 1978 111 einer fruheren Arbeit wurde festgestellt, daf3 PiCtrains wahrend der gesamten Mast niedrigere Niichterninsuhplasmaspiegel aufweisen als Edelschweine. Auf3erdem war der Anstieg des Tnsulins irn Plasma 45 Minuten nach Beginn der Futteraufnahrne wesentlich geringer als bei den Edelschweinen (ROGDAKIS et al. 1979). Diese Ergeb- nisse konnten darauf hindeuten, daf3 die Piktrains ein geringeres Tnsulinsekretionsver- rnogen besitzen. Andererseits ist aber auch bekannt, da8 die Piktrains weniger Futter aufnehmen (z. B. COP und BUITING 1977). Die beschriebenen Unterschiede in der Insu- linsekretion konnten somit auch auf einer unterschiedlichen Futteraufnahme in der Testperiode beruhen. Urn zu priifen, ob die Insulinsekretion bei den Piktrains tat- sachlich verringert ist, sollte in dieser Arbeit untersucht werden, ob bei einer weit- gehenden Standardisierung des glykamischen Reizes zur Insulinfreisetzung Unter- schiede in der Insulinsekretion zwischen diesen Tiergruppen bestehen. AuBerdern soll- ten Information uber die Glukosetoleranz dieser Tiere erhalten werden. Material und Methoden Die rnannlichen kastrierten Schweine (8 Piktrains, 8 Edelschweine) wurden bei einem Gewicht von etwa 20 kg gekauft und ad libitum in Einzelhaltung bis zu einem Ge- wicht von 100 kg gernastet. Die Glukosetoleranztests erfolgten bei 4 Piktrains und 4 Edelschweinen unter weit- gehend identischen Bedingungen bei einern Mastgewicht von 30 und von 90 kg. Da es notwendig war, in kurzen Abstanden ohne Aufregung der Tiere mehrere Blutproben zu ziehen, wurden Katheter2 gelegt. Unter Narkose (Stresnil i. m., Hypnodil i. v.) wurde der Katheter in die Vena jugularis eingefuhrt. Ein elastischer Verband stellte sicher, daf3 ein fester Sitz des Katheters gewahrleistet war. Die Tests fanden jeweils einen Tag sparer statt. Den niichternen Schweinen (17 Stunden) wurden 0,75 g Glu- kose je kg als 50 O/oige Losung schnell i. v. injiziert. Die Blutentnahmen erfolgten uber 1 Der Deutschen Forschungsgemeinschafi wird fur die finanzielle Unterstutzung vielmals ge- 2 Fur das Legen des Katheters sind wir Herrn Dr. F. Berschauer, Institut fur Tierernahrung, dankt. zu Dank verpflichtet. U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: Z. Tierphysiol., Tierernahrg. u. Futtermittelkde. 41 (1 979), 301-309 0 1979 Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0044-3565 I ASTM-Coden: ZTTFAA 0044-3565/79/4106-0301 b 02.50/0

Glukosetoleranz und Insulinsekretion bei Piétrains und Edelschweinen

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Page 1: Glukosetoleranz und Insulinsekretion bei Piétrains und Edelschweinen

Aus dem Znstitut fur Zoophysiologie, Arbeitsgruppe Endokrinologie und dern Institut fur Tierhaltung und Tierzuchtung der Universitat Hohenheim

Glukosetoleranz und Insulinsekretion bei Pietrains und Edelschweinen

Von U. ENSINGER, E. ROGDAK~S und €3. v. FABER

Eingang des Ms. 27. 11. 1978

111 einer fruheren Arbeit wurde festgestellt, daf3 PiCtrains wahrend der gesamten Mast niedrigere Niichterninsuhplasmaspiegel aufweisen als Edelschweine. Auf3erdem war der Anstieg des Tnsulins irn Plasma 45 Minuten nach Beginn der Futteraufnahrne wesentlich geringer als bei den Edelschweinen (ROGDAKIS et al. 1979). Diese Ergeb- nisse konnten darauf hindeuten, daf3 die Piktrains ein geringeres Tnsulinsekretionsver- rnogen besitzen. Andererseits ist aber auch bekannt, da8 die Piktrains weniger Futter aufnehmen (z. B. COP und BUITING 1977). Die beschriebenen Unterschiede in der Insu- linsekretion konnten somit auch auf einer unterschiedlichen Futteraufnahme in der Testperiode beruhen. Urn zu priifen, ob die Insulinsekretion bei den Piktrains tat- sachlich verringert ist, sollte in dieser Arbeit untersucht werden, ob bei einer weit- gehenden Standardisierung des glykamischen Reizes zur Insulinfreisetzung Unter- schiede in der Insulinsekretion zwischen diesen Tiergruppen bestehen. AuBerdern soll- ten Information uber die Glukosetoleranz dieser Tiere erhalten werden.

Material und Methoden

Die rnannlichen kastrierten Schweine (8 Piktrains, 8 Edelschweine) wurden bei einem Gewicht von etwa 20 kg gekauft und ad libitum in Einzelhaltung bis zu einem Ge- wicht von 100 kg gernastet.

Die Glukosetoleranztests erfolgten bei 4 Piktrains und 4 Edelschweinen unter weit- gehend identischen Bedingungen bei einern Mastgewicht von 30 und von 90 kg. Da es notwendig war, in kurzen Abstanden ohne Aufregung der Tiere mehrere Blutproben zu ziehen, wurden Katheter2 gelegt. Unter Narkose (Stresnil i. m., Hypnodil i. v.) wurde der Katheter in die Vena jugularis eingefuhrt. Ein elastischer Verband stellte sicher, daf3 ein fester Sitz des Katheters gewahrleistet war. Die Tests fanden jeweils einen Tag sparer statt. Den niichternen Schweinen (17 Stunden) wurden 0,75 g Glu- kose je kg als 50 O/oige Losung schnell i. v. injiziert. Die Blutentnahmen erfolgten uber

1 Der Deutschen Forschungsgemeinschafi wird fur die finanzielle Unterstutzung vielmals ge-

2 Fur das Legen des Katheters sind wir Herrn Dr. F. Berschauer, Institut fur Tierernahrung, dankt.

zu Dank verpflichtet.

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: Z. Tierphysiol., Tierernahrg. u. Futtermittelkde. 41 (1 979), 301-309 0 1979 Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0044-3565 I ASTM-Coden: ZTTFAA

0044-3565/79/4106-0301 b 02.50/0

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LOO

300 - E 0

g 200-

100

70 Minuten hinweg in Abstanden von 10 Minuten. Glukose wurde mit der Glukose- dehydrogenase-Methode (Testbestedr Merck, Darmstadt) und das immunologisch rea- gierende Insulin nach YALOW und BERSON (1960) mit Kits der Firrna Behringwerke, Marburg, bestimmt. Die Elirninationskonstanten von Glukose wurden nach folgender Formel berechnet : Jog,, Gl - log,, Gz

K = x log, 10, t z - tl

wobei GI und G, die Glukosekonzentrationen zu den Zeiten tl und tp nach Testbeginn bedeuten. Als Kriterien fur die Ansprechbarkeit der B-Zellen auf die Glukoseverab-

-

-

-

Glukose- Plasmaspiegel

250

200

150 - E %

y 100

50

-

-

-

-

-

-

0,75g Glukoselkg (i.v.1

a 1

30 kg Korpergewicht

Insulin- Plasmaspiegel

U I 1

o----o Pigtrains (n=L)

--• Edelschweine(n=L) /'\ T 8 p I0,05

I 0

,/I----

I 10

Zeit (min)

Abb. 1. Plasmaspiegel von Glukose und Insulin bei Piitrains und Edelschweinen bei einem Gewicht von 30 kg nach intravenoser Verabrcichung von 0,75 g Glukose je kg

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Glwkosetoleranz wnd Inswlinsekretion bei Piitrains und Edelschweinen 303

reichung wurden die Hohe des Insulinpeaks, die Flache des Insulinanstiegs in den ersten 20 Testminuten sowie das Verhaltnis der Flachen des Anstiegs von Insulin und Glu- kose im gleichen Zeitraum (insulinogene Reserve nach S E L n E R et al. 1967) verwendet. Auder der Durchfiihrung der Glukosetoleranztests wurde in einem zweiten Versuch bei weiteren 4 Schweinen jeder Rasse und bei einem Gewicht von 90 kg auch die Wirkung von exogenem Insulin auf den Glukoseplasrnaspiegel untersucht. Die Tiere wurden wie die Schweine der Glukosetoleranzversuche behandelt. Es wurden 0,l E Altinsulin je kg (Actrapid Monocomponent - MC Insulin aus Schweinepankreas Novo Industrie GmbH Mainz) den niichternen Schweinen i. v. verabreicht. Die Blut- entnahmen fanden uber 1,5 Stunden in Abstanden von 10 Minuren statt.

Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse der Messungen im Mastgewicht von 30 kg sind der Abbildung 1 zu entnehmen.

Die Niichternblutzuckerwerte liegen bei den Piitrains urn durchschnittlich 14,5 rng/ 100 ml hoher als bei den Edelschweinen. Diese Differenz ist jedoch statistisch nicht signifikant. Der Glukosetoleranztest fie1 in beiden Tiergruppen gleich aus. Die berech- neten Eliminationskonstanten von Glukose betragen fur die Piitrains 0,0570 f 0,0104 und fur die Edelschweine 0,0562+0,0082 je Minute (Tab. 1) und sind praktisch identisch.

Tabelle I

Elirninationskonstanten von Glukose (min-1) bei Pietrains und Edelschweinen im Mast- gewicht von 30 und 90 kg nach intravenoser Verabreichung von 0,75 g Glukose je kg (Disappearence rates of glucose (niin--1) in PiCtrain and Large White pigs a t 30 and 90 kg

body weight after intravenous administration of 0,75 g glucose per kg)

Masrgcwichr (kg) I Signifikmz 1 90 _ - I __ - I 30

Rasre

Edelschweine 0,0562 k 0,0082 0,0767 k 0,0050 NS Pikerains 0,0570 f 0,0104 0,0415 kO,OO22 NS Signifikanz' NS

NS: nicht signifikant; ':.':.: P 5 0,131

**

Die Niichterninsulinwerte liegen bei den Piktrains um 5,8 pE je ml niedriger als bei den Edelschweinen. Dieser Unterschied ist jedoch statistisch nicht signifikant. Nach Glu- koseverabreichung kommt es bei den Edelschweinen schon nach 10 Minuten zu einem steilen Anstieg des Insulins von 19,8 auf im Mittel 193,3 pE je rnl. Bei den Piktrains steigt das Insulin langsamer an und erreicht seinen Gipfel mit nur 52,s pE je ml erst 20 Minuten nach Testbeginn. Der maxirnale Insulinspiegel bei den Piktrains betragt nur etwa 27 Oio des entsprechenden Wertes bei den Edelschweinen. Die unterschiedliche Ansprechbarkeit der B-Zellen der Versuchsgruppen auf den Glukosereiz wird no& deutlicher, wenn die I nsulinsekretion in Relation zurn Verhalten der Blutglukose unter- sucht wird. Wie die Zahlen der Tabelle 2 zeigen, liegt bei den Piktrains die insulinogene

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304 U. Ensinger, E . Rogdakis und H . v. Fabet

Reserve in den ersten 20 Testminuten wesentlich niedrigcr als bei den Edelschweinen. Die festgestellten Ergebnisse stehen in Obereinstimmung niit den in der Einleitung zitierten Angaben von ROGDAKIS et al. (1979), wonach die Piktrains 45 Minuten nach Beginn der Futteraufnahme, und zwar wahrend der gesamten Mast, wesentlich nied- rigere Insulinwerte im Plasma aufweisen als die Edelschweine. Zu gleichen Befunden kommen GREGORY et a]. (1977), die in Untersuchungen mit Schweinen derselben Ras- sen nach Verabreichung von Glukose, Tolbutamid und Arginin bei den Piktrains eine niedrigere Insulinsekretion gefunden haben. Die verminderte Insulinfreisetzung der B-Zellen bei den PiCtrains scheint somit unabh5ngig von der Art des verwendeten Reizes zu sein.

Es stellt sich nun die Frage, wie die PiCtrains trotz einer verniinderten Insulin- sekretion die hohe Glukosetoleranz der Edelschweine aufrecht erhalten. Die Glukose- toleranz ist nicht nur von der Insulinsekretion, sondern auch von der Insulinenipfind- lichkeit (MARTIN et al. 1968; REAVEN und MILLER 1968; CERASI und LUFT 1969), von der nicht an Insulin gebundenen Glukoseaufnahnie durch die peripheren Gewebe und die Leber (KOSANA et al. 1966) sowie vom hrpatischen Kohlenhydratstofiwechsel (CERASI und LUFT 1975) abhfngig. Es ist denkbar, dafi der eine oder andere dieser Prozesse das Insulindefizit bei den Pietrains kornpensiert und so vor einer Glukosc- intoleranz schutzt.

Es ist bekannt, dafi das Alter sowohl die Glukosetoleranz als auch die Insulin- sekretion beeinflufit (z. B. ADLUNG et al. 1972). Die beschriebenen Versuche wurden daher bei einem Gewicht der Tiere von 90 kg unter gleichen Bedingungcn wie zu Beginn der Mast wiederholt. Die erhaltenen Ergebnisse sind der Abbildung 2 zu entnchmen.

Die Nuchternblutzuckerwerte liegen bei den PiCtrains niit 87 mg/100 ml um 11 nig/ 100 ml niedriger und bei den Edelschweinen mit 94 mg/100 ml um 9 mg/100 ml hoher als die entsprechenden Werte zu Beginn der Mast. Weder der Einflufi des Gewichtcs noch der Rasse ist jedoch statistisch signifikant. Nach Glukoseverabreichung liegt die maximale Blutzuckerkonzentration bei den Pietrains mit 463,3 mg/100 ml signifikant hoher als bei den Edelschweinen, die eine maximale Glukosekonzentration von 369,3 mg/100 ml aufweisen. Dies triffk auch fur die Glukosewerte bis zur 50. Minute nach Testbeginn zu.

Die Edelschweine erreichen wie in1 Mastgewicht von 30 kg bereits vor der 30. Minute die Ausgangsglukosewerte, 50 Minuten nach Testbeginn weisen sie eine erstaunlich niedrige Blutzuckerkonzentration von nur 24,s mg/100 ml auf, die stark in den hypo- glykamischen Bereich fallt. Die Blutzuckerkonzentration bei den Pietrains liegt erst nach der 50. Minute im Bcreich der Ausgangswerte. Die berechneten Eliminations- konstanten betragen jetzt bei den Piktrains 0,0415 * 0,0022 und bei den Edelschweinen 0,0767 & 0,0050 je Minute und unterscheiden sich statistisch hochsignifikant.

Am Ende der Mast weisen somit die Pietrains eine schlechtere und die Edelschweine eine bessere Glukosetoleranz auf als im Mastgewicht von 30 kg. Obwohl diese Ge- wichtseinflusse deutlich sind, konnten sie statistisch nicht gesichert werden.

In bezug auf die Nuchterninsulinwerte bestehen keine signifikanten Gewichtsein- flusse. In der Tendenz weisen die Pietrains wie zu Beginn der Mast niedrigere Werte auf.

Deutlich ist wiederum bei den Edelschweinen das prompte Ansprechen der Insulin- sekretion auf die Glukoseverabreichung. 10 Minuten nach Testbeginn weisen sie eine Insulinkonzentration von 257,9 p E je ml Plasma auf, die statistisch signifikant hoher

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Glukosetoleranz und lnsulinsekrction bei Piitrains und Edelscbweinen 305

250

200

E 150-

w 2.

2. 100-

50

ist als der entsprechende Wert im Mastgewicht von 30 kg. Der Anstieg des Plasma- insulins ist bei den PiCtrains wiederum geringer und verzogert. Der Insulinspiegel liegt 10 Minuten nach Testbeginn halb so hoch (hochsignifikant) wie bei den Edel- schweinen. Der maximale Wert wird mit 131,2 pE je ml 10 Minuten sparer als bei den Edelschweinen erreicht. Er liegt aber signifikant 2,25 ma1 hoher als der entsprechende

-

-

-

0-

Glukose- Plasmaspiegel 500 -

LOO -

300 - E

9 0, 200 - E

0 - 100 -

I I I I I I I

Insulin- Plasmaspiegel 300 r

o---o Pie'trains (n.4)

.-0 Edelschweine (n=41

3~ p I0,05

** p I0,Ol

\ *** p I0,OOl

I I I I I I

0 10 20 30 40 50 60 70

P I I

Zeit (min)

,466. 2. Plasmaspiegel von Glukose und Insulin bei Piitrains und Edelschweinen bei einem Gewicht von 90 kg nach intravenoser Verabreichung von 0,75 g Glukose je kg

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306 U. Ensinger, E . Rogdakis und H . v. Faber

30 R a s e

Insulin 1 Glukose lnsulinlGlukose i

Wert zu Beginn der Mast. Der Insulinspiegel bei den PiCtrains fallt langsamer ab als bei den Edelschweinen. Dies fiihrt dam, dai3 etwa ab der 30, Minute die Insulinwerte bei den Piktrains hoher liegen.

Aus den Zahlen der Tabelle 2 ist ersichtlich, daR im Mastgewicht von 90 kg die Insu- lin- und Glukoseflachen bei dcn PiCtrains signifikant hoher liegen als im Mastgewicht von 30 kg. Die insulinogene Reserve ist jedoch bei beiden Mastgewichten praktisch gleich. Dies spricht dafiir, dai3 die Ansprechbarkeit der B-Zellen im Mastgewicht von 90 kg nicht erhoht ist, sondern daR das Pankreas infolge der Ianger anhaltenden hohen Glukosewerte jetzt unter einem starkeren Sekretionsreiz sreht und daher langer Insulin freisetzt (z. B. DITSCHUNEIT 1965).

Um zu prufen, ob die Unterschiede in der Glukosetoleranz zwischen den Pietrains und den Edelschweinen im Mastgewicht von 90 kg auf Unterschiede in der peripheren

90 Signifikanz '

Insulin 1 Glukose I InsulinlGlukosc

Tabelle 2

Insulin- und GlukoseflHchen sowie insulinogene Reserve in den ersten 20 Minuten nach intravenoser Verabreichung von 0,75 g Glukose je kg bei PiCtrains und Edelschweinen im

Mastgewicht von 30 und 90 kg

Edelshweine 2309 k 458 3290 f 457 0,70 f. 0,20 3430 f 368 3222 2 276 1,07 f 0,lO NS NS NS PiCtrains 658k121 3072k402 0,2120,04 1522k 79 4848f292 0,31f0,006 **' NS Signifikanz' NS t. .. ...

NS: nicht signifikant; *: P <0,05; *+: P <O,Ol; +**: P <O,OOl

Insulinresistenz beruhen, wurde der Einflua von exogenem Insulin auf den Blutglukose- spiegel untersucht. Die erhaltenen Ergebnisse zeigt Abbildung 3.

Beide Tiergruppen reagieren auf das exogene Insulin mit einem drastischen Abfall des Blutzuckerspiegels. Die niedrigsten Blutzuckerwerte werden bei beiden Tiergruppen 20 Minuten nach Testbeginn erreicht. Signifikante Unterschiede bestehen weder im AusmaB der erzeugten Hypoglykaemie noch in den Eliminationskonstanten von Glu- kose, die 0,0764 C 0,0122 je min bei den Piktrains und 0,0762 k 0,0082 je min bei den Edelschweinen betragen.

Die signifikanten Unterschiede in der Glukosetoleranz zwischen den PiCtrains und den Edelschweinen konnen somit nicht durch eine unterschiedliche periphere Insulinresi- stenz erklart werden. Eine erhohte Insulinresistenz ware auaerdem eher bei den Edel- schweinen zu erwarten, die wesentlich fetter sind als die Pietrains (GRIES et al. 1977). Die plausibelste Erklarung der schlechteren Glukosetoleranz bei den Piitrains bleibt somit ihre geringere Insulinsekretion. Das Hinzukommen von Insulinzntagonisten (STH, Cortisol, freie Fettsauren) zu der bereits vorhandenen geringen Ansprechbar- keit der B-Zellen und/oder Anderungen im Zusammenspiel der bereits erwahnten kompensatorischen Mechanismen konnten zu einem erhohten Insulinbedarf am Ende der Mast gefuhrt haben, der nicht durch eine adaquate Insulinproduktion gededrt wer- den konnte.

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Glukosetoleranz und Insulinsekretion bei Piitrains und Edelschweinen 307

10

0 -

Glukose - Plasmaspiegel

-

0,l E Altinsulin / k g l i . v . )

I I I I I I I

0 10 20 30 LO 50 60 70 80 90 I I I

Zeit (rnin)

Abb. 3. Plasmaspiegel von Clukose bei PiCtrnins und Edelschweinen bei einem Gewicht von 90 kg nadl intravenoser Verabreichung von 0,1 E Altinsulin je kg

SchluBf olgerungen

Die Untersuchungen haben gezeigt, dai3 die Pietrains auf intravenos zugefiihrte Glu- kose verzogert und mit einer signifikant geringeren Insulinfreisetzung reagieren als die Edelschweine. Das verzogerte Einsetzen der Insulinsekretion sowie ihr weiterer Verlauf erinnern aufFallig an Verhaltnisse bei Pradiabetikern, wie sie CERASI und LUFT (1967a) beschrieben haben. I n Anlehnung a n die Terminologie beim menschlichen Diabetes mellitus (DITSCHUNEIT 1965; CERASI und LUFT 1967, 1967a, 1969, 1975; MARPLE 1970; JAHNKE 1975) kann deshalb angenommen werden, dai3 die Pietrains eine Art Pradiabetes aufweisen, der sich gegen Ende der Mast durch die Tendenz zu einer ver- ringerten Glukosetoleranz aui3ert. Diese Hypothese konnte zahlreiche Stoffwechsel-

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308 U. Ensinger, E . Rogdakis und H . v . Faber

abweichungen dieser Rasse (geringeres Fettbildungsvermogen, niedrigere Futterauf- nahme, geringere Wachstumsintensitat) erklaren. Es erscheint daher wichtig, dai3 die hier ermittelten Ergebnisse an einem grofleren Tiermaterial bestatigt und durch die Erfassung weiterer Stoffwechselparameter erganzt werden.

Zusammenfassung

Es wurden die Glukosetoleranz sowie das Insulinsekretionsvermogen von 4 Pietrains und 4 Edelschweinen im Mastgewicht von 30 und 90 kg untersucht. Im Mastgewicht von 90 kg wurde auflerdem bei weiteren 4 Schweinen jeder Rasse die Wirkung von exogenem Insulin auf den Glukosespiegel untersucht. Es wurden folgende Ergebnisse erhalten: Die Eliminationskonstanten von Glukose nach intravenoser Verabreichung von 0,75 g Glucose je kg betrugen im Mastgewicht von 30 kg 0,0570 je Minute fur die Pietrains und 0,0562 je Minute fur die Edelschweine. Die entsprechenden Werte im Mastgewicht von 90 kg lagen bei 0,0415 und 0,0767 (P l 0 , O l ) .

Die Ansprechbarkeit der B-Zellen auf den Glukosereiz ist bei den Pietrains verzogert und signifikant geringer als bei den Edelschweinen. Der Insulinpeak, die Flache des Insulinanstiegs und die insulinogene Reserve in den ersten 20 Testminuten betrugen im Mastgewicht von 30 kg 58,2 pE je ml, 658 ~ L E min . ml-1 und 0,21 fur die Pietrains und 193,8 (P <0,05), 2309 (P <0,05) und 0,70 (P <0,05) fur die Edelschweine. Die entsprechenden Werte im Mastgewicht von 90 kg lagen fur die Pietrains bei 131,2, 1522 und 0,31 und fur die Edelschweine bei 257,9 (P <0,05), 3430 (P <O,Ol) und 1,07 (P 10,001) .

Die intravenose Verabreichung von 0,1 E Altinsulin je kg fuhrte bei beiden Tier- gruppen zu einem drastischen Abfall des Blutzuckerspiegels. Die niedrigstcn Blutzucker- werte wurden mit 21,8 mg je 100 ml bei den Pietrains und mit 18,3 mg je 100 ml bei den Edelschweinen 20 Minuten nach Testbeginn erreicht. Die Eliminationskonstanten von Glukose betrugen 0,0762 je Minute bei den Pietrains und 0,0764 bei den Edel- schweinen.

Die Ergebnisse sprechen fur einen pradiabetischen Zustand der Pietrains.

Summary

Glucose tolerance and insulin secretion in PiCtrain and Large White pigs

Glucose tolerance and insulin-secreting ability were determined in 4 Pietrain and 4 Large White pigs at 30 and 90 kg of fattening weight after intravenous glucose load. At 90 kg body weight the effect of exogenous insulin on blood glucose levels was measured in another 4 pigs of each breed. The results are as follows: The disappearance rates of glucose after intravenous administration of 0,75 g glucose per kg a t 30 kg of body weight reached 0,0570 per minute for Pietrains and 0,0562 per minute for Large White pigs and a t 90 kg 0,0415 and 0,0767 (P 10 ,Ol) respectively. The responsiveness of B-cells to a glucose stimulus is delayed and significantly smaller in Pietrain than in Large White pigs. The insulin-peak, the area of insulin increase and the insulinogenic reserve from the beginning of glucose injection to 20 minutes were 58,2 p U per ml, 658 pU min . ml-l, 0,21 for Pietrain and 193,8 (P 50,05), 2309 (P 10,05) , 0,70

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Glukosetoleranz und Insulinsekretion bei Piitrains und Edelschweinen 309

(P 1 0 , 0 5 ) fo r Large White pigs at 30 kg body weight. T h e corresponding values a t 9 0 kg fattening weight reached 131,2, 1522, 0,31 a n d 257,9 (P 1 0 , 0 5 ) , 3430 (P l O , O l ) , 1,07 (P 1 0 , 0 0 1 ) respectively. T h e intravenous injection of 0,l U insulin per kg caused a dramatical decrease of blood glucose levels. The lowest blood glucose concentration was reached in Piktrain with 21,8 mg per 100 ml a n d with 18,3 mg per 100 ml in Large White pigs 20 minutes after insulin injection. T h e disappearance rates of glucose were 0,0762 per minute in Piktrain a n d 0,0764 in Large White pigs. These results suggest a prediabetic state in the Piktrain pigs.

Li teratur

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Anschrifi der Autoren: Institut fur Zoophysiologie und Institut fur Tierhaltung und Tierziich- tung der Universitzt Hohenheirn, Postfach 106, D-7000 Stuttgart 70

S. 773-819.

46,323-335.