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GRÜNBUCH Die Region Freiberg auf dem Weg ins Jahr 2028 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040

Grünbuch Freiberg

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Der Bericht aus der Zukunft soll die weitere Einbeziehung aller wesentlichen Akteure vor Ort als zentraler Schlüsselfaktor anregen. Es ist im Interesse dieses Berichtes, dass viele Akteure eine neue Qualität des Gemeinsinns entwickeln und konkrete, für alle Beteiligten nutzbare und nachhaltige Projektansätze in der Region finden.

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Page 1: Grünbuch Freiberg

GRÜNBUCH Die Region Freiberg auf dem Weg ins Jahr

2028

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2029

2030

2031

2032

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2038

2039

2040

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© 2008 - SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH

EU-Regionalmanagement Oststeiermark CHANCE ist ein EU-Projekt in Kooperation der PartnerregionenOststeiermark (A), Satakunta (FIN)und Freiberg (D)

Projektträger Projektpartner

EUROPÄISCHE UnionEuropäischer SozialfondsInnovative Maßnahmen nach Artikel 6

Dieses Projekt wird durch die

Europäische Kommission

fi nanziell unterstützt.

Der Inhalt dieser Veröffentlichung

bindet nur den Urheber.

Die Europäische Kommission

haftet nicht für die weitere Nutzung.

LandkreisMittelsachsen

Page 3: Grünbuch Freiberg

Vorwort

Zukunft beginnt zuerst in den Köpfen der Menschen

Unter diesem Motto agiert die Initiative Südwestsachsen e.V. seit ihrer Gründung als Plattform für die Vernetzung von Staat, Wirtschaft, For-schung, Bildung und Kultur. Um die Zukunft für die Menschen einer Region wirkungsvoll positiv zu gestalten, bedarf es detaillierten Wissens über die Potenziale dieser Region, über ihre Stärken und Schwächen, ihre Chancen und ihre Risiken. Aus solchem Wissen lässt sich die zu-künftige Entwicklung, z.B. von Wirtschaft, Arbeitsmarkt oder Demo-grafi e abschätzen und es kann die bestmögliche oder auch problema-tischste Entwicklung für die Zukunft abgeleitet werden.

Die Zusammenstellung, Aufbereitung und Verarbeitung von Wissen un-ter Einbeziehung regionaler Akteure zur Abschätzung zukünftiger Ent-wicklungsoptionen war Aufgabe des europäischen Projektes CHANCE. Das Projekt widmete sich diesen Fragen seit dem Jahr 2006 in drei eu-ropäischen Regionen: Freiberg in Deutschland, Oststeiermark in Öster-reich und Satakunta in Finnland. Seither ist neben dem umfangreichen Wissen regionaler Experten auch internationales europäisches Know-how in die Entwicklung der Szenarien eingefl ossen. Dabei konnte ein breites Erfahrungsspektrum sowohl aus der Region Freiberg selbst als auch aus Deutschland und Europa in diese Prozesse einbezogen wer-den.

Eine wichtige, über Jahrhunderte entwickelte Stärke der Menschen in Sachsen und der Region Freiberg ist es, notwendige strukturelle Ver-änderungen aktiv anzupacken und erfolgreich zu meistern. Damit ha-ben die hiesigen Menschen das Rüstzeug, um in einer schnelllebigen globalisierten Gesellschaft auf Veränderungsprozesse schnell, effektiv und wirkungsvoll zu reagieren. Der „Worst Case“ als ein möglicher Fall zukünftiger Entwicklung wurde zwar beschrieben, das erklärte Ziel aller regionalen Akteure aber lautet, sich im europäischen Wettbewerb so zu vernetzten und aufzustellen, dass die bestmögliche Entwicklung er-reicht werden kann. Die hier veröffentlichten Ergebnisse des Projektes CHANCE zeigen, dass die Initiative Südwestsachsen e.V. schon bei der Auswahl der Region Freiberg eine Partnerregion favorisierte, die durch die enge Verknüpfung von universitärem Wissen und dessen unter-nehmerischer Anwendung schon lange wichtige Impulse für eine po-sitive regionale Wirtschaftsentwicklung gibt. Im Sinne der langfristigen Wirkung des Projektes CHANCE werden diese Ergebnisse nun auch in die Diskussion des vom Minis-terpräsidenten des Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, angeregten „Masterplan Sachsen 2020“ einfl ießen. Mit dem vorliegenden Grünbuch haben die Akteure der Region Freiberg schon vorab einen wichtigen regionalen Beitrag geleistet.

Auch für die Initiative Südwestsachsen e.V. und ihre Mitglieder wird es zukünftig oberste Priorität haben, konkrete Handlungen aus den Ab-schätzungen zukünftiger Entwicklung abzuleiten. Der Zukunftsbeirat der Initiative Südwestsachsen ist hierfür ein wirkungsvolles Instrumentari-um.

Die in diesem Grünbuch dargestellten Ergebnisse gelten auch als Modell für die Entwicklung von Regionen an anderer Stelle in Europa. Um eine partnerschaftliche Zusammenarbeit und einen guten Erfahrungstransfer im Europa der Regionen dauerhaft zu gewährleisten, sollen die fest ge-knüpften Kontakte in andere europäische Nationen auch zukünftig bei-behalten und weiter intensiviert werden. Alle Regionen haben im inter-nationalen Wettbewerb nur dann gute Chancen, wenn sie international bekannt sind und einen guten Ruf haben. Für die Region Freiberg und das zukünftige Mittelsachsen wurde mit dem Projekt CHANCE dafür ein wichtiger Baustein geschaffen.

Karl NoltzePräsident der Landesdirektion ChemnitzPräsident der Initiative Südwestsachsen

Page 4: Grünbuch Freiberg

Zukunfts-CHANCE Mittelsachsen

Engagierte Bürger, Unternehmer, Politiker und Wissenschaft-ler bewegen die Region Freiberg und Mittelsachsen. Sie kennen die Situation an ihrem Standort und haben gute Ideen, wie man anstehende Probleme kreativ, effi zient und wirksam lösen kann. Davon profi tiert die gesamte Region. Als Verantwortungspartner bündeln und verknüpfen sie ihre Ressourcen und Kompetenzen. In regionalen Kooperationen und Netzwerken entwickeln sie gezielt Projekte und Strategien, die wichtigsten Probleme am jeweiligen Standort anzugehen und so die Region nachhaltig zu stärken.

Die wirtschaftliche Entwicklung Mittelsachsens ist ein dauerhafter Pro-zess auf der Grundlage sich ändernder Rahmenbedingungen. Fortschrei-tende Globalisierung sowie die EU-Osterweiterung beeinfl ussen dabei die lokalen und unternehmerischen Entwicklungspotenziale. In der Ver-gangenheit konnten durch eine Vielzahl von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen Forschungsleistung, zur Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft Wachstumspotenziale erschlossen und nachhaltige Ent-wicklungsprozesse angestoßen werden.

Die Mobilisierung regionaler Ressourcen und deren Einbeziehung in die Wirtschaftskreisläufe ist eine Kernaufgabe der strategischen Ausrich-tung von Zukunftsfähigkeit und Regionalentwicklung, basierend auf ei-ner breiten und ausgewogenen Wirtschaftsstruktur.

Es ist unsere vordergründige Aufgabe, eine nachhaltige Entwicklungs-strategie zu erarbeiten, in die das vielfältige Wissen um die Gegeben-heiten der Region einfl ießt. Die Zukunft Mittelsachsens liegt dabei in der Sicherung regionaler Lebensqualitäten im Kontext des demografi schen Wandels, einer ressourcenbewahrenden Entwicklung sowie der aktiven Gestaltung von Wachstum und Innovation.

Von der Erkenntnis, etwas tun zu müssen, bis zu sichtbaren Ergebnis-sen ist es ein langer Weg. Kreativität und Querdenken sind nötig, um Verantwortungspartnerschaften zu entwickeln. Die bunte Vielfalt der regionalen Netzwerke, die sehr unterschiedlich strukturiert und organi-siert sind und eine Vielzahl von verschiedenen Prozessverläufen her-vorgebracht haben, hängt dabei sehr stark von wirksamen internen und externen Impulsen ab.

Ich bin überzeugt davon, dass in unserer Heimat Mittelsachsen nahezu überall mehr Entwicklungspotenziale schlummern, als bisher durch Po-litik, Wirtschaft und Bildung mobilisiert wurden. Keine übergeordnete Struktur kann ungenutzte Potenziale besser erkennen als verantwor-tungsbewusste Menschen, die selbst in der Region leben. Nirgendwo kann die Politik allein durch Vorgaben und Planung in Bewegung brin-gen, was die Menschen in der Region selbst in Gang setzen können. Dazu sind Einzelkämpfer in der Regel nicht in der Lage. Innovationen und neue Ideen entstehen und entwickeln sich zumeist im interdiszi-plinären Austausch und an den Schnittstellen verschiedener Denkrich-tungen. Strukturelle Defi zite in der Region lassen sich nur durch Koope-ration und Bildung von innovativen Ansätzen kompensieren. Dazu hat das EU-Projekt CHANCE einen Beitrag geleistet.

Vorwort

Volker UhligLandrat des Landkreises

Mittelsachsen

Page 5: Grünbuch Freiberg

Über einen Zeitraum von zwei Jahren haben sich dessen Akteure mit Zukunftsszenarien, zunächst ausgehend für die Region Freiberg, ausein-andergesetzt und einen Einblick in eine denkbare Zukunft gesucht. Mit der Umsetzung der sächsischen Gebietsreform erweiterte sich dieser Blickwinkel auf den neuen Landkreis Mittelsachsen. Das Vorhaben wur-de von der SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesell-schaft, gemeinsam mit dem Gründer- und Innovationszentrum Freiberg/Brand-Erbisdorf und der Initiative Südwestsachsen umgesetzt. Zusam-men mit den Partnerregionen in Finnland und Österreich wurde auch im europäischen Kontext untersucht, welche Einfl üsse aktuelle Verände-rungen bewirken, welche konkreten Resultate zu erwarten sind und in welchem Umfang die regionale Zukunft strategisch positiv beeinfl usst werden kann. Dabei war es erklärtes Ziel, mit wissenschaftlichen Me-thoden die Risiken und Chancen regionaler Entwicklung zu erkennen, darauf die Konzepte zukünftiger gemeinsamer Arbeit aufzubauen und dies mit den regional aktiven Kräften abzustimmen.

Dieses wichtige und zukunftsweisende Projekt wird insbesondere durch einen breiten Erfahrungsaustausch zwischen den regionalen Akteuren der Wirtschaft, der Politik und der Wissenschaft getragen.

Mit der vorliegenden Publikation werden, ergänzend zur bereits doku-mentierten Zwischenbilanz des Projektes CHANCE, in konzentrierter Form die Ergebnisse der wissenschaftlichen und expertengestützten Begleitung vorgelegt. Die Kernaussagen der Projektergebnisse sind auf die zentralen Erfor-dernisse in der Region ausgerichtet. Im Fokus der Handlungsempfeh-lungen, in denen eine ganzheitliche Anpassungsstrategie unter Berück-sichtigung der regionalen Stärken entwickelt wird, stehen zukunftsfähige Ausbildungskonzepte, Qualifi zierung und lebenslanges Lernen, regionale wirtschaftliche Potenziale, Infrastrukturlösungen, soziales Engagement sowie regionale Identität.Diese Ausführungen münden in eine Reihe von konkreten Empfeh-lungen an Akteure auf unterschiedlichen Ebenen zur Gestaltung gün-stiger Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Regionalentwicklung.

Eine umfassendere Einschätzung und Bewertung dieser Ansätze erfor-dert jedoch weitere Anstrengungen, die sich vertiefend mit Erfolgsfak-toren und Hemmnissen regionaler Netzwerks- und Entwicklungspro-zesse und den entsprechenden Instrumentarien zu deren Steuerung auseinandersetzen. Es ist daher erklärtes Ziel der Projektbeteiligten, nach Ablauf der Projektlaufzeit die Aktivitäten nicht einzustellen, son-dern aus den Ergebnissen der Arbeit neue Projekte zu generieren und somit das gewonnene Know-how langfristig und nachhaltig für die Regi-on Mittelsachsen sicher zu stellen.

Page 6: Grünbuch Freiberg

Inhaltsverzeichnis

Ausgangssituation

Projekt CHANCE

Bestandsaufnahme 1. Entwicklung der Region 2. Handlungsfelder der Region - SWOT Analyse

Erwartungen regionaler Akteure

Entwicklungsoptionen für die Region

1. Wirtschaft, Forschung und Entwicklung, Wissenschaft

1.1 Werkstoffe 1.2 Energie 1.3 Umwelt 1.4 Landwirtschaft 1.5 Tourismus 1.6 Gründungsgeschehen

2. Demografi e, Bildung und Arbeit

3. Lebensumfeld und Infrastruktur

4. Ansätze für ein regionales Wachstum

Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen

Arbeitsübereinkommen CHANCE

Projektpartner

Impressum

I

II

III

IV

V

VI

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Page 7: Grünbuch Freiberg

5 I. Ausgangssituation

I. Ausgangssituation

In Folge der politischen Wende kam es nach einer historisch bei-spiellosen Phase der Deindustri-alisierung, deren Auswirkungen Massenarbeitslosigkeit, Abwan-derungswellen und schrumpfende Städte waren (und teilweise noch sind), in Ostdeutschland zu einem Reindustrialisierungsprozess, der entgegen der medialen Wahr-nehmung weit mehr als einzelne regionale Wachstumszentren, wie Dresden, Leipzig oder Chem-nitz, umfasst. Das Rückrat des wirtschaftlichen Aufschwunges bilden hierbei mittelständische Unternehmen des verarbeiten-den Gewerbes, wobei das Wirt-schaftswachstum der verarbeiten-den Industrie in den ostdeutschen Ländern seit einigen Jahren sogar größer als in Westdeutschland ist. In den Regionen Freiberg, Mitt-weida und Döbeln arbeiten etwa ein Viertel der sozialversiche-rungspfl ichtigen Beschäftigten im Dienstleistungssektor, ca. jeder fünfte Beschäftigte ist im verar-beitenden Gewerbe tätig. Wäh-rend die Schrumpfungs- und Kon-solidierungsphase bis Mitte der 90er Jahre etwa auf sächsischem Durchschnittsniveau verlief, kann sich in der Folgezeit das verarbei-tende Gewerbe in der Region (vor allem bezogen auf die Anzahl der Beschäftigten) deutlich von der allgemeinen Entwicklung abhe-ben und hat in den vergangenen Jahren eine beachtliche Dynamik entfaltet. Zwischen 2000 und 2006 ist die Zahl der Betriebe in Mittelsachsen um 7% und die An-zahl der Beschäftigten sogar um 15% angewachsen, wobei das Beschäftigungswachstum sowohl auf Mitarbeiter in Neugründungen als auch auf Neueinstellungen in den bereits vorhandenen Betrie-

ben zurückgeführt werden kann. Die größten Beschäftigungsge-winne im genannten Zeitraum konnten die Branchen Herstellung von chem. Erzeugnissen (+182%), Rundfunk- und Nachrichtentechnik (+85%), Herstellung von Metaller-zeugnissen (+23%), Metallerzeu-gung und -bearbeitung (+22%) sowie das Ernährungsgewerbe (+15%) und der Maschinenbau (+14%) verzeichnen. Die überaus positive Entwicklung des verarbei-tenden Gewerbes in Sachsen re-sultiert nicht nur aus den im Rah-men des Solidarpaktes getätigten erheblichen Investitionen in die Verkehrs- und Wirtschaftsinfra-struktur, sondern ist auch auf die ausgezeichnete Hochschul- und Forschungsinfrastruktur des Bun-deslandes zurückzuführen sowie ein Resultat der guten Rekrutie-rungsbedingungen von Fachkräf-ten nach der Wende.

So haben viele Geschäftsführer die günstigen Rekrutierungs- und Selektionsmöglichkeiten Anfang der 90er Jahre genutzt, sich mit motiviertem Fachpersonal auf der Grundlage eines relativ nied-rigen Lohn- und Gehaltsniveaus

auszustatten. Die heutige Stärke der kleinen und mittelständischen Unternehmen als fl exible Spezi-alisten und intelligente Problem-löser mit ausgeprägter Dienstleis-tungs- und Kundenorientierung, hohem Qualitätsbewusstsein und Zuverlässigkeit bei der Terminre-alisierung konnte nur durch die große Zahl von hoch qualifi zierten Facharbeitern, technischen und kaufmännischen Angestellten, Meistern und Technikern erreicht werden. Dies bedeutet aber auch: Eine Schwächung der Humankapital-ausstattung der Unternehmen, eine (Über-)Alterung der Beleg-schaften und eine Verschlechte-rung der Rekrutierungsmöglich-keiten von Fachkräften gefährden relativ schnell den nach der Wen-de hart erkämpften Wettbewerbs-status.

7%

4%

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7%8% 8%

Mittelsachsen Sachsen

Anzahl der Betriebe

Anzahl der Beschäftigten

Exportquote

Entwicklung des verarbeitenden Gewerbesvon 2000 bis 2006 im Vergleich

Quelle: Destatis (2007)

Page 8: Grünbuch Freiberg

6I. Ausgangssituation

Während in der Vergangenheit einem großen Angebot an Ingenieuren, Facharbeitern und Nachwuchskräften eine geringe Nachfrage entge-genstand, ist die nahe Zukunft durch die massive Alterung der Beschäf-tigten und des Erwerbspersonenpotenzials sowie stark verschlech-terten Rekrutierungsbedingungen gekennzeichnet. Einerseits wird sich die Zahl der Renteneintritte in den nächsten fünf bis zehn Jahren deut-lich erhöhen, andererseits schmilzt vor dem Hintergrund der demogra-fi schen Entwicklung das Angebot an gut ausgebildeten Fachkräften auf den Arbeitsmärkten beständig ab. Auf Grund von konstant niedrigeren Geburtenraten sowie der bis auf wenige Ausnahmen negativen Wande-rungssalden nimmt die Entwicklung in Ostdeutschland einen weitaus dramatischeren Verlauf als im gesamtdeutschen Durchschnitt. Während in Deutschland das Erwerbspersonenpotenzial zwischen 1990 und 2020 mit 6% vergleichsweise moderat schrumpft, beträgt der Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung in Sachsen mehr als ein Viertel und in der Region Freiberg sogar 30%.

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1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020

Sachsen

Deutschland

Erwerbspersonenpotenzial bis 2020 (15-65 Jahre) (indizierte Entwicklung, 1998=100%)

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Freiberg

Auf Grund der geburtenschwachen Jahrgänge nach der Wende hat sich in den ostdeutschen Ländern die Zahl der Schulabgänger seit dem Jahr 2000 bereits um mehr als ein Viertel reduziert, bis zum Jahr 2010 wird sie sich halbiert haben. Der starke Rückgang der Schülerabgangszahlen führt zwar insgesamt zu einer Entlastung des Lehrstellenmarktes, viele Unter-nehmen können jedoch bereits heute bestimmte, zumeist quali-fi kationsintensive, Ausbildungsan-gebote nicht oder zumindest nicht adäquat mit Nachwuchskräften besetzen. Etwas zeitverzögert schlägt sich die sinkende Zahl an Schulabgängern auf die Studien-anfängerzahlen und als Resultat hiervon auf das Angebot an Aka-demikern und vor allem Ingeni-euren nieder. Nach Berechnungen des Zentrums für demografi schen Wandel (zdw) wird die Zahl der Studienanfänger an den Hoch-schulen in Sachsen von 2006 bis 2015 zwischen 30% und 40% abnehmen. Dabei prognostizieren die Autoren der Studie bis zum Jahr 2020 erhebliche Deckungs-lücken zwischen dem Bedarf der Unternehmen und dem regionalen Angebot an Akademikern und zwar insbesondere in den für die sächsische Wirtschaft wichtigen inge-nieurwissenschaftlichen Aus-bildungsgängen. Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena

Page 9: Grünbuch Freiberg

7 II. Projekt CHANCE

II. Projekt CHANCE

Die fortschreitende Globalisie-rung, der technische Fortschritt, der anhaltende Klimawandel und die demografi sche Entwicklung beeinfl ussen in zunehmendem Maß die Entwicklung von Unter-nehmen und die Beschäftigungs-situation in den verschiedenen Regionen. Insbesondere die welt-weiten Finanztransaktionen und der internetbasierte Austausch von Informationen haben zur glo-balen Arbeitsteilung beigetragen. Diese Veränderungsprozesse füh-ren zu neuen Herausforderungen für die handelnden Akteure in den Regionen, den Unternehmen und für die Beschäftigten.

Die nachhaltige Sicherung einer weiterhin positiven wirtschaft-lichen Entwicklung der Region Freiberg bzw. des Landkreises Mittelsachsen und der erreichten Lebensqualität erfordern voraus-schauendes Handeln und die Nut-zung der sich bietenden Chancen.

Auf die sich in Folge des globalen Wandels sowie der EU-Osterwei-terung ändernden Randbedin-gungen für die unternehmerischen Tätigkeiten sind Strategien zu ent-wickeln und zielgerichtete Maß-nahmen einzuleiten.

Gegenstand des Projektes CHAN-CE ist das Aufzeigen von Hand-lungsoptionen zur Bewältigung der neuen Herausforderungen. In den drei beteiligten Regionen Ost-steiermark (Österreich), Satakunta (Finnland) und Freiberg erfolgten eine umfassende Betrachtung der jeweiligen regionalen Ausgangssi-tuation sowie spezifi sche Ausar-beitungen zu ausgewählten Hand-lungsfeldern.

In dem Projektzeitraum wurden Veränderungsprozesse unter-sucht, Modelle zur Gewinnung von Antizipationskompetenzen entwickelt und Schlüsselfaktoren abgeleitet.

Die Bedeutung der einzelnen Schlüsselfaktoren für die wirt-schaftliche Entwicklung der Regi-on Freiberg und für die unterneh-merischen Perspektiven in den ausgewählten Handlungsfeldern wurden umfassend erörtert.

Als für die Entwicklung der Region Freiberg wesentliche Handlungs-felder sind Werkstoffe, Energie, Umwelt, Landwirtschaft und Tou-rismus ausgewählt worden. Un-ter Einbeziehung ausgewiesener Experten wurden diese Themen-schwerpunkte hinsichtlich deren Bedeutung für die zukünftige Ent-wicklung in und für die Region Freiberg näher untersucht.

Page 10: Grünbuch Freiberg

8II. Projekt CHANCE

Energie

Ressourcen

Wesentliche Projektschwer-punkte waren die fünf branchen-spezifi schen Workshops und insbesondere die drei regionalen Zukunftskonferenzen. Hier wurde die entwickelte Herangehenswei-se mit den Unternehmen disku-tiert und deren Umsetzbarkeit in die Praxis erörtert.

In dem „Bericht aus der Zukunft“ erfolgten neben einer Beschrei-bung der Veränderungsprozesse eine Bestandsaufnahme für die Region Freiberg sowie eine SWOT-Analyse für die ausgewähl-ten Handlungsfelder. Die Komple-xität der Fragestellungen verdeut-licht das im Report dargestellte Prozessmodell.

Im Fokus der Betrachtungen standen die Entwick-lungsoptionen des Landkreises bis zum Jahr 2028. Eine Übertragbarkeit der Untersuchungsergebnisse auf den neuen Landkreis Mittelsachsen erfordert die Berücksichtigung der Randbedingungen der ehema-ligen Landkreise Döbeln und Mittweida. Der Blick in die Zukunft erfordert den Einsatz von Instrumenten des Zukunftsmanagements. Auf der hier zu Grunde liegenden strategischen Ebene kommen dabei vier Formen der Szenarioentwicklung in Betracht:

• Szenarioentwicklung unter Berücksichtigung von Eintrittswahrscheinlichkeiten• Szenarioentwicklung auf Basis eines vorab festge- legten Rasters (Scenario Planning)• Systematische Verknüpfung von Entwicklungs- alternativen einzelner Schlüsselfaktoren• Entwicklung von komplexen Zukunftsbildern durch Experten

Page 11: Grünbuch Freiberg

Wirtschaft, FuEund Wissenschaft

Ressourcen

Infrastruktur

9 II. Projekt CHANCE

Die Projektbearbeitung erfolgte methodisch unter Anwendung der beiden letztgenannten Verfahren. Auf der Basis einer so genannten SWOT-Analyse wurden unter Be-teiligung von regionalen Entschei-dungsträgern, Unternehmen und ausgewiesenen Experten Ziele vereinbart und Maßnahmen aus-gearbeitet.

Der nebenstehende Szenario-trichter verdeutlicht die mögliche Bandbreite der zukünftigen Ent-wicklung. Die Ergebnisse der Sze-narienbetrachtungen sind unter dem Punkt „Entwicklungsopti-onen“ dargestellt.

Quelle: Graf/Klein, In die Zukunft führen, S. 80

Vergangenheit Gegenwart Zukunft

empirische Daten,BisherigeEntwicklung

Diskontinuitätwild card

Visionen, Utopien,Zukunftsentwürfe

Szenario A

Szenario B

Szenario C

Szenario B

Szenario D

Szenario Treiber

Die Ergebnisse der Projekt-arbeit werden zusammenfas-send in dem hier vorliegenden Grünbuch dargestellt. Zur Ge-währleistung der Zukunftsfä-higkeit sollen die Projektergeb-nisse fortgeschrieben werden und in konkreten Projekten zur Anwendung kommen.

Das Hauptziel des Projektes CHANCE liegt in der Verbesse-rung der Antizipationskompe-tenzen der regionalen Akteure, der Unternehmen und der Be-schäftigten. Die vorliegenden Ausarbeitungen in dem „Be-richt aus der Zukunft“ und in diesem Grünbuch sowie ins-besondere die Workshops und Zukunftskonferenzen können dazu einen wesentlichen Bei-trag leisten. Für die engagierte Mitarbeit sei an dieser Stelle allen am Projekt Beteiligten recht herzlich gedankt.

Page 12: Grünbuch Freiberg

10III. Bestandsaufnahme

Seit dem legendären Silberfund um 1168 ist die Entwicklung der Freiberger Region entschei-dend vom Silber geprägt worden.

Die Suche und Erkundung, Gewinnung, Aufbereitung und Verhüttung von Silber und anderen Erzen und Rohstoffen durch das sich entwickelnde Montanwesen beeinfl ussten nachhaltig in der über 800-jährigen wechselvollen Geschichte Wirtschaft, Handwerk, Handel und Wissen-schaft sowie Architektur, Kultur, Soziales, Politik und Verwaltung.

Bis ins 16. Jahrhundert war Freiberg die reichste und größte Stadt Sachsens im Einzugsgebiet der albertinischen Wettiner.

Die Leistungen, Weitsicht und Anpassungsfähigkeit sowie die Heimatverbundenheit der hier lebenden Berg- und Hüttenleute, Ingenieure, Techniker, Handwerker und Kaufl eute be-stimmten in hohem Maße die wirtschaftliche, wissenschaftliche und kulturelle Entwicklung Freibergs und Sachsens und beeinfl ussten maßgeblich die Entwicklung des europäischen Montanwesens.

Mit der 1765 gegründeten Bergakademie - der montanwissenschaftlichen Universität - er-langte Freiberg Weltruhm. Bedeutende Gelehrte wie Ulrich Rülein von Calw, Georgius Agri-cola, Abraham Gottlieb Werner, Alexander von Humboldt, Dmitri Iwanowitsch Mendelejew, Clemens Winkler und viele andere trugen den Ruf der Region um die Bergstadt Freiberg in die Welt.

Zahlreiche Folgeentwicklungen in Industrie, Handwerk und Handel basieren auf den Erfah-rungen und Ergebnissen des vom Bergbau geprägten Gebietes.

Über die Jahrhunderte hinweg führten immer wieder marktfähige und gesellschaftliche Ent-wicklungen zu einer veränderten Bedeutung des Bergbaus und zwangen zu Anpassungs- und Umstrukturierungsprozessen.Die letzte Restrukturierung der lokalen Wirtschaft begann bereits ab Mitte des 19. Jahrhun-derts durch die (temporäre) Einstellung des Bergbaus.

Bezeichnend für diese Entwicklung war die Entstehung kleiner und mittelgroßer Betriebe, die in vielen Fällen direkt oder indirekt mit dem Berg- und Hüttenwesen verbunden waren, so der Maschinenbau, die Blei- und Zinnwarenfabrikation, der Präzisionsinstrumentenbau sowie die metallverarbeitende und elektronische Industrie und auch die Konsumgütererindustrie. Aufbauend auf dem sich entfaltenden Know-how im Bereich der Be- und Verarbeitung me-tallischer Rohstoffe entstanden in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wissenschaftliche Industriebetriebe für Halbleitererzeugnisse und Montanwesen, darunter die Unternehmen

1. Entwicklung der Region - Historie

III. Bestandsaufnahme

Page 13: Grünbuch Freiberg

Arbeit und Bildung

o Gut ausgebildete Fachkräfteo Nähe zu den Wachstumszentren Dresden, Chemnitz u. Leipzigo Familienfreundlichkeit – sehr gute Kinder- betreuungsmöglichkeiten, gute Wohn- situation und Wohnumfeldo Leistungsfähiger Hochschulstandorto Technisch orientierte Bildungseinricht- ungen

o Überalterung der Belegschafteno Niedriges Lohnniveau (im Ost-West- Vergleich)o Sinkende Bewerberzahlen für eine betriebliche Ausbildungo Negatives Image der Region auf Grund eines eher negativen Ostdeutschland- bildes in den alten Bundesländern und im Auslando Unüberschaubarkeit der Weiterbildungs- angebote

o Verbesserung der Einstellungschancen der geburtenschwachen Jahrgänge in Folge hoher Anzahl verrentungsbedingter AbgängeoProfitierungvomAufschwunginden benachbarten Ballungsräumeno Ausbau komplementärer Bereiche zwischen den Hochschuleno Neue Bildungskonzepteo Enge Kooperation mit der Wirtschaft zur gezielten Nachwuchsausbildung

o Verlust an Wissens- und Erfahrungsträgern durch starke altersbedingte Abgängeo Dauerhafte Fehlanpassungssituation von regionalem Absolventenangebot und regionaler FachkräftenachfrageoMangelanqualifiziertenFachkräftenoÜberhangwenigqualifizierterBewerbero Absorption von Wissen und Ausstrahlung in Nachbarregionen

Demografie

o sozialer Frieden, geringe Kriminalitäto steigende Lebenserwartungo starke Familienorientierung, generations- übergreifende Solidaritäto niedrige Lebenshaltungskosten, geringe Mietkosteno Heimatverbundenheit

o Negatives Wanderungssaldo - hohe Abwanderung, vor allem von jungen, gut ausgebildeten Menscheno Es wandern mehr Frauen als Männer ab, dadurch gibt es eine weitere Schwächung desdemografischenPotenzialso Überalterung in Folge der niedrigen Geburtenrateno Stark sinkendes Erwerbspersonenpotenzialo Negative Bevölkerungsentwicklung

o Eröffnung von Gestaltungsperspektiven durch freie Räume (v. a. in den Bereichen Kultur u. Tourismus) o Unternehmer- und Familienfreundlichkeito Entspannung am Arbeitsmarkt

o Wohnungsleerstand, Verfall von Bau- substanz, Verödung von Städteno Sinkende Kaufkraft u. Rückgang personen- bezogener Dienstleistungeno Rückzug sozialer und kultureller Einrichtungeno Sinkende Versorgungsqualität der Gesund- heit, Bildung sowie Nahverkehr und Anstieg der Pro-Kopf-Kosten für Infrastruk- turleistungeno Verlust Humankapital und Lebensqualität

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18IV. Erwartungen regionaler Akteure

IV. Erwartungen regionaler Akteure

Regionale Akteure, Unternehmensvertreter und Bürger haben Erwartungen, Ideen und werden aktiv: Sie tragen trotz unterschiedlicher Ansprüche an regionale Rahmenbedin-gungen und Voraussetzungen zum Erreichen angestrebter Ziele bei. Diese Akteure ge-stalten somit die regionalen Entwicklungen und Veränderungen durch ihr Handeln mit. Daher wurde im Projektverlauf eine Vielzahl von regionalen Entscheidungsträgern und Unternehmen im Rahmen von Expertengesprächen, Workshops und der Zukunftskon-ferenzeninvolviert.BasierendaufdendemografischenRahmenbedingungensindEr-wartungen an die zukünftige Entwicklung entstanden, die nachfolgend erläutert wer-den. Mit der Unterschrift unter das „Arbeitsübereinkommen“ bekundeten sie einerseits ihr Interesse an dem Projekt und andererseits, die Region weiterhin mit gestalten zu wollen.

NachfolgendsindeinigewesentlicheForderungen/Erwartungenbenanntundgrafischdargestellt:

•KontinuitätfortsetzenundUmbrüchevermeiden•NachhaltigeImplementierungderProjektergebnisse•AuswertungvonAnalysenundStudien zeitnahes Umsetzen der Empfehlungen•Verwaltung,ArbeitsmarktundLebensalltaginEinklangmiteinandergestalten•AusbauundVermarktungderSchlüsseltechnologien•GenerierungneuerProjektemitFuEalsSchwerpunkt•IntensivierungderWeiterbildung

Einflussfaktoren der regionalen Entwicklung

Die exemplarisch dargestellten Erwartungen und Handlungsempfehlungen der regio-nalen Akteure sollten stets unter Beachtung der beiden wesentlichen Herausforde-rungen für die Region Freiberg und auch den Landkreis Mittelsachsen betrachtet wer-den:

• demografischeEntwicklung–dendemografischenWandelgestalten• StrukturierungderwirtschaftlichenEntwicklung

Einflussfaktoren der regionalen Entwicklung

Fördermittel u. Förderprogramme

Schlanke Verwaltungsabläufe

Regionale Branchenschwerpunkte

Verfügbarkeit qualifiziertes Personal

Wissenschaftliche Infrastruktur

Vernetzung der Unternehmen

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24 %

19 %

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Lebensumfeld und InfrastrukturWirtschaft/Forschung und Entwicklung /Wissenschaft

o Zentrale Lage in Sachseno Nähe zu Zentren Dresden, Leipzig, Chemnitzo Gute überregionale Straßenanbindung

o Breit gefächerte, zukunftsorientierte Branchenstrukturo Konkurrenzfähige Produkte und Arbeitskosteno Tradition im Geräte-, Maschinen-, Anlagen und Autobauo Beherrschung forschungsintensiver Technologieno Leistungsfähige außeruniversitäre Forschungseinrichtungeno Innovative KMU in der Region

o Heterogene Wirtschafts- und Raum- struktur: industriell geprägte Zentren und ländlich strukturierte peripher gelegene Gemeinden – regionale Disparitäteno Schlechte Infrastruktur bei Autobahnzu- bringerstraßeno Schlechte Anbindung ans Schienennetzo Ausdünnung ÖPNV-NetzeoDefizitebeimDatentransfer-fehlende Breitbandnetze

o Geringe Kaufkrafto Niedriges Lohnniveauo Außen- u. Innenwahrnehmung als starker Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort ungenügendo Regionale Endanwender fehleno Wenige ausländische Spitzenforschero Forschungsmix nicht ausgewogeno Kaum FuE-Potenziale in Unternehmeno Geringes Gründungspotenzial

o Nutzung der Nähe zu Ballungszentreno Mehr Lebensqualität erhöht Attraktivität der Region

o Unternehmensfreundliches Klima schaffeno Erschließung neuer Märkteo Erneuerbare Energien in Zukunft weiter von Interesseo Hohe Synergieeffekte mit anderen Brancheno Technologien mit Perspektiveo Wachstum entlang der Wertschöpfungs- kette

o Verfestigung regionaler Disparitäteno Attraktivitätsverlust des ländlichen Raumeso Weiterer Infrastrukturabbauo Technologielücke durch fehlende kontinuierliche Investitionen am Standort

oRückläufigeEntwicklungder Kernindustrieno Wachsende Belastung der Unternehmeno Stagnation bzw. Rückgang der Unternehmensansiedlungeno Rückgang der Förderzuwendungeno Hohe Energiekosten - Abwanderung energieintensiver Unternehmen

11 III. Bestandsaufnahme

„Spurenmetalle“, das „Bergbau- und Hüttenkombinat Albert-Funk“, das „Forschungs-institut für Nichteisenmetalle“, das „Forschungsinstitut für Aufbereitung“ sowie das „DeutscheBrennstoffinstitut“.

Wie in ganz Ostdeutschland führte der im Zuge der Privatisierung und Liberalisierung nach der politischen Wende 1990 eingeleitete Transformationsprozess, auch in Frei-berg zu erheblichen Anpassungs- und Umstrukturierungsprozessen. Mit der Aufspal-tung des Betriebes „Spurenmetalle“ in drei eigenständige Geschäftsbereiche – Solar-Silizium; Elektronik-Silizium, Gallium-Arsenid und seiner erfolgreichen Privatisierung - sowie derAuflösung des „Bergbau- undHüttenkombinatesAlbert-Funk“ und derdamitinVerbindungstehendenEntwicklungeineraufspezifischeGebieteorientierten,innovativen Hütten- und Recyclingindustrie entstand eine tragfähige Unternehmens-struktur, welche die wirtschaftliche Entwicklung der Technologieregion Freiberg bis heute grundlegend bestimmt.

MitdiesemProfilundzahlreicherweitererPrivatisierungenundNeugründungenkonn-te sich Freiberg zu den führenden Wirtschaftsregionen in Sachsen entwickeln.

Gegenwärtig ist man bemüht, auf zentrale Fragen der Globalisierung und EU-Oster-weiterung, wie Ressourcenknappheit, Klimawandel und Veränderung des Kapital- und Arbeitsmarktes,AntwortenzufindenunddafürstrategischeHandlungsoptionen fürdie weitere wirtschaftliche Entwicklung zu konzipieren und umzusetzen.

Die Schaffung der dafür notwenigen Voraussetzungen wird an die Führungskräfte in dieser Region, auch mit Blick aufMittelsachsenhinsichtlichdemografischerEnt-wicklung, Sicherung von Spitzen- und Fachkräften, Bil-dung undQualifizierung, Infrastruktur sowie imBereichKultur und Soziales, höchste Anforderungen stellen.

2. Handlungsfelder der Region - SWOT

Die Entwicklung in den Handlungsfeldern der Region Freiberg (Werkstoffe, Energie, Umwelt, Landwirtschaft,

Tourismus, Gründungsgeschehen) hängt maßgeblich von den sich wechselseitig be-einflussendenRahmenbedingungenDemografie,BildungundArbeit sowieLebens-umfeld und Infrastruktur ab.Durch den nicht zu bewältigenden Fachkräftebedarf würde im Bereich Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit bereits gewonnenes Terrain verloren gehen, was sich negativ auf Auftragslage und Gewinnsituation auswirkt und über die Effekte einer entspre-chend unsicheren Beschäftigungslage und geringen Gehältern zu weiterer Abwande-rung führt. Mit dem Rückgang der Bevölkerung steigen die Pro-Kopf-Kosten für Infra-strukturleistungen, die Versorgungsqualität bei Gesundheit, Bildung und Nahverkehr sinkt, es droht der Rückzug sozialer und kultureller Einrichtungen sowie Wohnungs-leerstand, Verfall von Bausubstanz und die Verödung von Städten und Gemeinden. Die sinkende Kaufkraft führt zu einem Rückgang personenbezogener Dienstleistungen. Damit verringern sich Lebensqualität und Attraktivität der Region nachhaltig, sodass vorallem junge,flexibleundgutausgebildeteMenschenabwandernsowieZuzügeausbleiben.

Für die Rahmenbedingungen (RB) und die Handlungsfelder (HF) ergeben sich verschie-dene Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken, die im Folgenden darge-stellt sind.

Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal

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HF

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Ris

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Werkstoffe Energie Umwelt

o Umfangreiches Know-how bei Suche, Erkundung, Gewinnung und Aufbereitung metallischer Rohstoffe o Beherrschung forschungsintensiver Technologien, insbesondere im Sektor Halbleiterwerkstoffe o Kompetenz in Technologien funktioneller Beschichtung (Targets, Thermisches Spritzen) o Forschungspotenziale an Universität, in FuE-Einrichtungen sowie Unternehmen

o FuE-Potenzial an der TU Bergakademie Freiberg nur in Spezialfeldern aktiv o Entwicklung von Naturfaserverbundwerk- stoffen nicht oder nur gering vertreten o Nanotechnologie und Herstellung biogener Werkstoffe kein Technologieschwerpunkt o Innovative Werkstoffentwicklungen aus FuE-Einrichtungen werden oft nicht regional umgesetzt

o Vorhandene Spezialtechnologien (Magnesium und Aluminium) partizipieren am Wachstum im Leichtbau o Erfahrungen und Kompetenzen im Recycling von Werkstoffen o Know-how bei Anbau und Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe o Wachstumsmarkt Energietechnik erfordert Spezialwerkstoffe (Solar, Energiespeicher- ung)

o Generelle Verknappung und Verteuerung metallischer Rohstoffe o Hohe Energiepreise führen zur Abwanderung energieintensiver Metallerzeugung o Abhängigkeit vom Fortbestehen der Siliziumtechnologie für Chips und Photovoltaik o Wachsende Substitution von metallischen Werkstoffen durch Hochleistungskunst- stoffe

o Herstellerseitiger Energiemix o Großes Potenzial für Forschung und Entwicklung o Neue Technologien aus den Bereichen EnergieeffizienzundErneuerbareEnergien

o Vielzahl von Unternehmen der „Umwelt- industrie“ haben sich in der Freiberger Region etabliert o Ausgewogenes Konzept des nachhaltigen Flächenmanagements in Verdichtungs- u. ländlichen Räumen o Großes umweltrelevantes Forschungs- potenzial, enge Kooperation zwischen Wirtschaft u. Forschung o Vielzahl von gebündelten Erfahrungen im Umgang mit Altlasten und Kontaminationen

o Fehlendes Bewusstsein für Erneuerbare EnergienundEnergieeffizienzo Hemmnisse für Marktdurchdringung der Erneuerbaren Energien im kommunalen Bereich o Flächenverfügbarkeit für den Anbau von Biomasse für Bioenergie

o Vermarktungs- und Finanzierungs- schwierigkeiten von Altlasten und Brach- flächeninländlichenRäumeno Noch bestehendes interkommunales Konkurrenzdenken

o Bildung von Energiepools innerhalb kommunaler Bereiche in Verbindung mit der Kopplung unterschiedlicher Energie- technologien o Etablierung regionaler Bioenergiekreis- laufkonzepte o Export regionaler Energietechnik o Vermarktung der Region als ökologisch wertvolleEnergieeffizienzregion

o Schaffen von Flächenpools zur Koordinie- rung der Flächen für Rückbau, Ausgleich, Nachnutzung und Renaturierung o Umwelttechnologische Netzwerke, kurze Wege oRetentionsflächenundHochwasserschutz im Bereich der Flüsse, synergetische Nutzung dieser Flächen o Know-how Transfer in neue Beitrittsländer, Nähe zu Tschechien

o Besteuerung biogener Kraftstoffe o Weitere Preissteigerungen für konventionelle Energieträger o Langfristige Rohstoffabhängigkeiten

o Entwicklungstendenzen des neuen Land- kreises noch nicht vollkommen geklärt oKleinflächigeUmnutzungschränkt Optionen der Nachnutzung ein o Zukünftige Produktionskosten von Umweltwerkstoffen o Begrenzte Möglichkeiten der regionalen Flächennutzungskonzepte

Tourismus Gründungsgeschehen

o Tourismus, auch Geschäfts- und Tagungs- reisen, als Wirtschafsfaktor o Überregionale, z. T. internationale Bekannt- heit durch TU Bergakademie Freiberg, Dom St. Marien, Silbermann-Orgeln und Schloss Freudenstein o Gute Infrastruktur und Erreichbarkeit (Autobahn, Flughafennähe) o Stadt Freiberg als gesamtheitliches Ensemble, gute Stadt-Umland-Struktur

o Hohes Bildungsniveau und sehr gute Forschungs- und Bildungsinfrastruktur o Hohes Angebotspotenzial an Innovationen und im Bereich Grundlagen- und ange- wandte Forschung o Hohes Nachfragepotenzial an Innovationen aus dem Bereich der Unternehmen o Vielzahl öffentlicher und privater Bildungs- und Beratungsangebote sowie öffentliche Gebäudeinfrastruktur

o Kritische Größe der Wahrnehmbarkeit o Nicht einheitlicher Marktauftritt, keine Profilbildung,z.T.Konkurrenzängsteo Ungenügende Erschließung des studenti- schen Potenzials o Neue Wirtschaftsunternehmen haben oft geringe regionale Bindung

o Fehlendes Wissen um Angebots- und Nachfragepotenzial von Innovationen o Unklare Marktchancen, insbesondere bei Angebotspotenzialen von Innovationen o Fehlende Transparenz und Finanzaus- stattung für Gründungsunterstützung o Mangelhafte Gründungsmentalität und falsche Methodik (Gründer vs. Gründung)

o Wirtschaftlich aufstrebende Region o Entwicklung der Stadt Freiberg nach einheitlichemMarketingkonzept,Profilie- rung als„Silberstadt“ o Region als Teil einer zukünftigen UNESCO- Welterbe Kulturlandschaft o Entwicklung von alternativen und Ganz- jahresangebotenhinsichtlichDemografie und Klima

o Erfassung, Bekanntmachung und Auswahl der vielfältigen Angebots- und Nachfrage- potenziale von Innovationen bzw. innovati- ver Ideen o Verbesserung der Finanzierung in der vor- wettbewerblichen Gründungsentwicklung und Marktvorbereitungsphaseo Verbindung innovativer Ideenansätze mit KMU und Gründerpersönlichkeiten o Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Gründen (positiv und auch negativ)

oDemografischerWandel,Altersstrukturder Wohnbevölkerung und Gäste o Klimatische Veränderungen, Auswirkungen auf Vegetation und ausgeprägte Jahres- zeiten o Kaufkraftrückgang und verändertes Reise- verhalten von Bevölkerung und Touristen o Sicherung von Qualität im Tourismus- und Servicebereich

o Anstieg von Notgründungen ohne WachstumspotenzialoKnow-howAbflussbzw.brachliegendes Know-how durch Wegzug von Fachkräften o Sichere und bessere Verdienstmöglichkei- ten durch Festanstellung von Fachkräften o Nichtnutzung von Kompetenzen durch falsche Gründungsstimulierung

Landwirtschaft

o Klimatisch bedingt gute natürliche Produktionsbedingungen und hohes Ertragsniveau o Ausrichtung auf zusätzliche Geschäftsfelder, wie Tourismus und Bioenergie o Anwendung innovativer Anbaumethoden wie Kurzumtriebsplantagen

o Einkommensnachteile für Landwirte o Rückgang von Betriebs- und Beschäftigtenzahlen in der Landwirtschaft o Arsen- und schwermetallbelastete Flächen o Hoher Anteil an Hang -und Steilhang- flächenalsDauergrünlandmitErosions- gefahr

o Umorientierung des Landwirtes zum Rohstoff- und Energiewirt o Verbesserte Produktionsbedingungen in höheren Lagen infolge des Klimawandels o Alternative Nutzung kontaminierter (Grünland-) Flächeno Entwicklung innovativer Rohstoff- und Bioenergiekreislaufkonzepte o Steigende Preise der Agrarrohstoffe und neue Einkommensquellen

o Unrentable energetische Verwertung von Biomassen o Ertragsverluste durch Extremwitterungs- lagen infolge des Klimawandels o Durch Bevölkerung empfundene Nutzungskonkurrenz zwischen Nahrungs mittelproduktion, Bioenergie, nachwach- senden Rohstoffe, Tourismus und Umwelt schutzo Anbau und Zucht gentechnisch veränderter Organismen

Page 15: Grünbuch Freiberg

Rahmenbedingungen der regionalen Entwicklung

Die demografi schen Rahmenbedingungen stellen gerade in ostdeutschen Regionen eine besondere Herausforderung dar. Neben dem Geburtendefi zit treten durch die Unterschiede von Zu- und Abwanderung weitere Wanderungsverluste auf. Aus säch-sischer Sicht wird das Durchschnittsalter von 39,4 Jahre (1990) auf 48,8 Jahre (2020) steigen [www.demografi e.sachsen.de]. Der Rückgang bzw. die Überalterung der Be-völkerung sind vor allem im ländlichen Raum ausgeprägt.

Im Bereich des verarbeitenden Gewerbes ist eine stetige Zunahme der Beschäfti-gungszahlen zu verzeichnen. Für die zukünftige Entwicklung wird aber gerade vor dem demografi schen Hintergrund eine große Herausforderung sein, dieses Niveau zu halten und offene Arbeits- und Ausbildungsplätze passgenau zu besetzen.

Die Auswirkungen der demografi schen Entwicklung zeigen sich bereits heute auf dem Arbeitsmarkt und werden sich zukünftig noch verstärken, d.h., dass sich der Wettbe-werb um die „besten Köpfe“ zunehmend verschärfen wird. Die Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt in der Region Freiberg können jedoch als durchaus positiv betrachtet werden. Dies wird durch die Ausführung des Hand-lungsfeldes „Bildung und Beruf“ im Familienatlas 2007 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend untermauert. Die Analyse zeigt, dass die Rah-menbedingen für den Arbeitsmarkt, die sich auf der Basis des deutschlandweiten Ver-gleiches von schulischer Ausbildung und Arbeitsmarktchancen ergeben, als „über-“ bzw. „stark überdurchschnittlich“ dargestellt werden können.

Neben den demografi schen Herausforderungen wird der neue Landkreis Mittelsach-sen auch regionale, landschaftliche und kulturelle Unterschiede zu bewältigen haben.

19 IV. Erwartungen regionaler Akteure

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Sachsen (%-Veränderung pro Jahr) Freiberg (%-Veränderung pro Jahr)

Sachsen (indizierte Entw. 1995=100%) Freiberg (indizierte Entw. 1995=100%)

Entwicklung der Beschäftigtenzahlen im Verarbeitenden Gewerbe(indizierte und prozentuale Entwicklung, 1995=100%)

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(199

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0%)

+12%

+80%

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena

Page 16: Grünbuch Freiberg

20IV. Erwartungen regionaler Akteure

Erwartung

Entwicklung der Region zu einem international wettbe-werbsfähigen Wirtschafts-

und Wissenschaftsstandort

Erwartung

Stärkung der Bildungsein-richtungen und Ausbau der

Fachkräfteausbildung

Gut ausgebaute verwaltungstechnische Strukturen bilden mit einer gut ausgebauten Wirtschaftsstruktur und einer Branchenvielfalt an Unter-nehmen die Basis für lebhafte und wachsende Regionen. Untermauert wird dies durch vorhandenes wissenschaftliches Know-how und die Existenz ansässiger Marktführer, wodurch Wirtschafts-Wissenschaftsnetzwerke existieren, die nicht nur regional positive Ausstrahlung haben. Auch die in der Bevölkerung vorhandene Akzeptanz für die Wirtschaft sowie Bil-dungs- und Wissenschaftseinrichtungen wirken sich positiv auf die Re-gion aus.

Stärkung und Vermarktung vorhandener Strukturen

• Koordinierung vorhandener Verwaltungs- und Entwicklungs- abläufe• Ausbau sozialer und technischer Infrastruktur• Perspektivische Einbeziehung von Geo-Kompetenzen

Die sächsische Wirtschaft hat sich, statistisch betrachtet, seit 2000 dy-namischer entwickelt als die gesamtdeutsche. Dieses Niveau sollte ge-halten werden, um mit dem hohen Wachstum von Osteuropa mithalten zu können. Einen wesentlichen Beitrag kann hierbei eine abgestimmte regionale Strategie bilden. Um dies zu erreichen, muss eine struktu-rierte Ausrichtung der Wirtschaft und ein Anleiten zum Handeln für die regionalen Akteure erarbeitet und umgesetzt werden. Hierbei muss vor allem den Problemfeldern „Fachkräftebedarf und demografi sche Ent-wicklung“ eine besondere Bedeutung zukommen.

Die Freiberger Region ist durch die TU Bergakademie ein bedeutender Forschungs- und Innovationsstandort in Deutschland. Basierend auf die-ser Forschungskompetenz haben sich in der Region neue und innova-tive Unternehmen angesiedelt. Diese Grundlagen gilt es weiter auszu-bauen. In der Region fi nden in Kooperation mit der TU Bergakademie Freiberg und der Hochschule Mittweida bereits Informations- und Weiterbil-dungsveranstaltungen für Schüler und Lehrer in bestimmten Fachdis-ziplinen statt. Die Schüleruniversitäten, die zahlreichen Projekttage für Schüler, die unterschiedlichen Weiterbildungsangebote an Schulen für Lehrer sowie das Schülerlabor an der TU Bergakademie Freiberg gilt es zu erhalten bzw. auszubauen. Durch die enge Kooperation von Schulen und Wirtschaft kann dem verstärkten Fachkräftebedarf in der Region begegnet werden.

Ausbau und Etablierung der Fachkräfteausbildung

• Gewährleistung einer bedarfsgerechten Aus- und Weiterbildung• bedarfsorientierter Ausbau der Angebote von Bildungseinrichtungen• Integration der Wirtschaft in den Schulen• Förderung von Betriebspraktika für Schüler sowie Bildungsangebote in Schulen von Unternehmen• Ansiedlung von Forschungsinstitutionen (z. B. Fraunhofer Institut, Max-Planck-Institut, Helmholtz-Gemeinschaft)• Intensivierung der Kooperationen zwischen der TU Bergakademie Freiberg und der Hochschule Mittweida sowie Nutzung des FuE Potenzials

Page 17: Grünbuch Freiberg

21

Die geografi sche Lage der Region wird in manchen Bereichen als Struk-turschwäche gesehen. Als problematisch und hemmend für die regio-nale Wirtschaft wird die verkehrstechnische Anbindung zu den Oberzen-tren Chemnitz und Dresden sowie zur tschechischen Republik gesehen. Diese gilt es zu verbessern, um der Isolierung einzelner Akteure und einer daraus resultierenden Inselbildung entgegen zu wirken. Aufgrund ihrer historischen Bedeutung (siehe Kapitel III) hat sich in der Region in den letzten Jahren eine Vielzahl von großen Investoren und Unternehmen etabliert. Die wirtschaftliche Struktur der Region ist aber weiterhin von kleineren regionalen Akteuren und Unternehmen geprägt. Gerade für Erwerbstätige in großen Unternehmen muss die soziale Infrastruktur verstärkt ausgebaut werden. Die begrenzte Anzahl von Kinderkrippen/-gartenplätzen muss in den nächsten Jahren verbessert werden, um die Abwanderungstendenz zu verringern. Die unmittelbare Nähe Freibergs zu den oben genannten Oberzentren erweist sich in die-sem Punkt als Konkurrenzfaktor, dem es entgegen zu wirken gilt.

Es zeigt sich allerdings, dass die erweiterte räumliche Lage des neuen Landkreises Mittelsachsen zwischen den Ballungszentren in Sachsen positive Vorraussetzungen für eine gute gewerbliche Infrastruktur bie-ten kann. Daraus resultierende Wachstumspotenziale können regionale Synergien hervorrufen, die sich zukünftig auf die gesamte Region po-sitiv auswirken werden. Diese teilweise auch jetzt schon vorhandenen Potenziale müssen zukünftig besser genutzt werden und die Pionierrolle mit grenzüberschreitenden Kooperationen und Kontakten verstärkt aus-gebaut werden.

Stärkung der Verwaltung

• Verbesserung der technischen und sozialen Infrastruktur• breitenwirksame Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung in der Region

Erwartung

Sicherung der Lebens-qualität durch Ausbau bzw. Erhalt der Infrastrukturein-richtungen

IV. Erwartungen regionaler Akteure

Page 18: Grünbuch Freiberg

22V. Entwicklungsoptionenfür die Region

V. Entwicklungsoptionen für die Region

Unter Einbeziehung regionaler Entscheidungsträger, der Berücksichtigung von globalen und europäischen Entwicklungsbedingungen und –trends und im Kon-text mit den am Projekt beteiligten Partnern aus Ös-terreich und Finnland wurden als wesentliche Hand-lungsfelder für die Entwicklung der Region Freiberg Werkstoffe, Energie, Umwelt, Landwirtschaft und Tourismus, ausgewählt.

Das Handlungsfeld Rohstoffe und Ressourcen (Berg-bau) wurde im Rahmen des Projektes CHANCE nicht betrachtet. Insbesondere auf Grund der vorhandenen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Kompetenz in diesem Handlungsfeld sollte bei weitergehenden Betrachtungen diese Thematik einbezogen werden. Die steigende Verknappung der Rohstoffe bzw. die Engpässe bei der Rohstoffverfügbarkeit in den ver-gangenen Jahren verdeutlichten die Bedeutung dieses Handlungsfeldes für die zukünftige wirtschaft-liche Entwicklung der Region.

Die in den bisher durchgeführten Zukunftskonfe-renzen geäußerten Erwartungen und Präzisierungen wurden bei der Projektbearbeitung weitestgehend berücksichtigt. In den nachfolgenden Ausführungen werden, ausgehend von der Analyse in den Hand-lungsfeldern, die entsprechenden Ziele fi xiert und die dafür erforderlichen Maßnahmen skizziert. Da-bei wurde zunächst darauf Wert gelegt, dass klare Perspektiven für die wirtschaftliche Entwicklung aufgezeigt werden. Insbesondere betrifft dies Fra-gen der Innovation in der Wissenschaft, in der an-gewandten Forschung und Entwicklung sowie ihrer Umsetzung in bestehenden und neu zu gründenden Unternehmen.

1. Wirtschaft, Forschung und Entwicklung, Wissenschaft

Nachfolgend werden für die einzelnen Handlungs-felder die jeweiligen Randbedingungen aufgezeigt, ausgewählte Ziele formuliert sowie Maßnahmen und Handlungsempfehlungen verdeutlicht. Dabei wird auf die zu schaffenden Voraussetzungen eingegangen. Schwerpunkte bilden die Suche nach Antworten auf die demografi schen Veränderungen, u. a. zur Siche-rung von Fachkräften, die Herausforderungen für Bil-dung und Qualifi zierung, die Entwicklung des Leben-sumfeldes und der Infrastruktur sowie Fragen der kulturellen und sozialen Entwicklung.

Energie

Umwelt

Werkstoffe

Landwirtschaft

Tourismus

Gründungs-geschehen

Page 19: Grünbuch Freiberg

23 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

1.1 Werkstoffe

Randbedingungen Materialien und Werkstoffe bilden seit jeher die Grund-lage der Herstellung von Gütern und Produkten. In diesem Sektor besitzt die Region Freiberg auf Grund ihrer industriellen Vergangenheit, des starken Enga-gements der Wirtschaft und den Schwerpunkten der Forschung traditionell eine starke Kompetenz.Besondere Bedeutung für die Wirtschaftskraft der Region besitzen die Branchen:

• Halbleiterindustrie, die bereits auf eine über 50-jäh-rige Tradition zurückblicken kann. Dazu gehören die komplette Wertschöpfungskette der Photovoltaik in den Unternehmen der Solar World AG, die Silizium-wafer-Fertigung für die Mikroelektronik in der Siltro-nic AG sowie in der Freiberger Compound Materials GmbH. In diesen Unternehmen sind insgesamt rd. 2.500 Menschen beschäftigt.

• Werkstofferzeugende- und -verarbeitende Industrie mit breiter technologischer Fächerung. Besonders hervorzuheben sind hier:

- Werkstoffrecycling (Blei, Zink, Aluminium, Edelmetalle)- NE- Metall Gießereien- Sondermaschinenbau- Oberfl ächenbeschichtung und -veredlung- Werkzeugbau- Glaserzeugung, keramische Fasern

Wie den zentralen Indikatoren Beschäftigung, Um-satz und Anzahl der Betriebe zu entnehmen ist, ha-ben beide Bereiche eine deutlich positive Entwick-lung vollzogen. Mehr als ein Viertel des in der Region ansässigen verarbeitenden Gewerbes ist dem Wirt-schaftszweig Metallerzeugung und –bearbeitung zu-zurechnen.

Neben der Fertigung besteht eine relativ starke For-schungsinfrastruktur, die wegen der großen Band-breite der Materialwissenschaft gegenwärtig nur in Spezialfeldern aktiv ist. Neben der FILK gGmbH und der FNE GmbH gehört dazu in erster Linie die TU Bergakademie Freiberg. Die Bergakademie hat in letzter Zeit im Rahmen der Landesexzellenzinitiative, der Krüger-Stiftung oder der DFG Entwicklungen im Bereich Strukturdesign von Elektronikwerkstoffen, extrem harten Materialien sowie Keramik-Stahl-Verbundwerkstoffen aufgenommen und damit die werkstoffwissenschaftliche Forschung intensiviert. Gegenstand der Forschung sind nicht nur die Stoffe, auch der Verarbeitungsprozess.

Page 20: Grünbuch Freiberg

Stark gestiegene Rohstoffpreise und die Rohstoffverknappung lassen materialeffi ziente Technologien stark an Bedeutung gewinnen.

Dazu gehören:

• Prozesse und Technologien für Gewinnung, Aufbereitung und Recycling von Rohstoffen

Durch die Verknappung ist das Interesse von global tätigen Unternehmen zur Gewinnung von me-tallischen und nichtmetallischen Rohstoffen gestiegen. Ziel ist, dass die Region Freiberg durch ihre ausgeprägten, historisch gewachsenen Kompetenzen im Bereich der Rohstofftechnologien (Suche und Erkundung, Gewinnung und Aufbereitung sowie Verhüttung) in starkem Maße von dieser Entwicklung profi tiert. Dies gilt sowohl für die Bereiche Forschung und Engineering, als auch für Anlagenbau und Produktion.

Recyclingrohstoffe leisten einen wesentlichen Beitrag zur Rohstoffversorgung sowie zur energie-sparenden und umweltschonenden Nutzung der Rohstoffe.Freiberg kann mit seinen vorhandenen Potenzialen und Kompetenzen des Werkstoffrecyclings bei Blei, Zink, Aluminium und Edelmetallen entscheidend von diesem Trend partizipieren. Mit den ansässigen Unternehmen, wie Muldenhütten Recycling und Umwelttechnik GmbH sowie BEFE-SA Zinc Freiberg GmbH & Co. KG, bestehen besondere Kompetenzen bei der Aufbereitung von Sekundärrohstoffen. Es werden für weitere knappe und seltene Metalle, wie bspw. Gallium, aber auch für Verbundwerkstoffe, und für weitere metallische und nichtmetallische Reststoffe aus dem gewerblichen Bereich neue innovative Verwertungslösungen entwickelt und in der Region verwertet.

Maßnahmen

o Intensivere Nutzung und Erweiterung des regionalen Know-hows bei der Erschließung von Roh-stoffpotenzialen durch Aufbau eines Kompetenzzentrums für Aufbereitung und Recycling von me-tallischen Rohstoffen

Zunächst ist ein Konzept zu entwickeln, was die Voraussetzung für die Nutzung dieses zukunfts-trächtigen Bereiches beschreibt. Der anschließende Ausbau ist in enger Abstimmung mit den Forschungseinrichtungen der Region und der rohstoffverarbeitenden Industrie durchzuführen. Dazu ist der vorhandene Gerätepark zu erweitern und zu modernisieren, um den geänderten bzw. erweiterten technologischen Anforderungen zu entsprechen. Im Bereich Werkstoffrecycling geht es um die Intensivierung von Forschung und Entwicklung mit dem Ziel der Optimierung der Prozesse sowie der Bereitstellung von Recyclingtechnologien für besonders knappe und seltene Sondermetalle. Damit wird die Basis für die Gründung von neuen Werkstoffrecyclingunternehmen bzw. den Ausbau von Geschäftsfeldern in bestehenden Unter-nehmen der Region geschaffen. Die Finanzierung wird durch die Wirtschaft unterstützt und durch öffentliche Förderung aufgebracht.

• Material- und werkstoffsparende Verfahren

Die Entwicklung ressourceneffi zienter Materialprozesse kann einen wichtigen Beitrag leisten, die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen werkstoffverarbeitenden Unternehmen zu erhalten und zu erhöhen. Damit kann der Rohstoffbedarf im Unternehmen gesenkt, d. h. der gleiche Output mit einer geringeren Menge benötigter Rohstoffe und weniger Abprodukten erzielt werden. Dazu kön-nen der Einsatz leichterer Bauteile, die Verwendung endkonturnaher Fertigungsverfahren sowie die spanlose Fertigung von Massenteilen gehören.

24V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Ziel Entwicklung und Umsetzung von werkstoff- und materialeffi zienten Verfahren und Technologien1

Page 21: Grünbuch Freiberg

Die Nutzung von Alternativen zu bislang verwendeten teuren und knappen Rohstoffen und Materi-alien ist eine zwingende Notwendigkeit unternehmerischen Handelns. So bieten sich als Alternati-ve unedlere metallische Werkstoffe, Kunststoffe, Keramik, aber insbesondere auch Verbundwerk-stoffe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe an.

Maßnahmen:

o Durch die Forschungseinrichtungen sind die Entwicklungsarbeiten für materialeffi ziente Produk-tionsprozesse und –verfahren zu intensivieren sowie deren Transfer in die Unternehmen zu be-gleiten.

o Durch die Nutzung von Ergebnissen der Forschung und Entwicklung können neue Geschäfts-felder in Unternehmen als Ausgleich für schrumpfende Produktsortimente aufgebaut werden.

o Entwicklung von Werkstoffsubstitutionsprozessen und Einführung in den Unternehmen

o Die stoffl iche Verwertung von in der Region angebauten nachwachsenden Rohstoffen ist zu intensivieren. Grundlegende Voraussetzung für diese notwendige Entwicklung ist die verstärkte Ausrichtung der werkstoffwissenschaftlichen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auch auf diese Themenfelder.

Innovative Materialien sind auch in Zukunft wichtige Schlüsselfaktoren für die wirtschaftliche Ent-wicklung der Region.Ziel ist, die erfolgreiche industrielle Entwicklung der Halbleiter- und Solarindustrie langfristig fort-zusetzen und die derzeitigen Wachstumsraten auch in den nächsten Jahren zu behaupten. Dabei bleibt die Herstellung von Halbleitern, auch angesichts der hohen Nachfrage nach Computern, insbesondere in Schwellenländern, und immer neuen Chip-Generationen, ein Wachstumsmarkt.Die Region muss große Anstrengungen unternehmen, um ihre bestehende gute Position im üb-rigen Sektor Werkstoffe auch im globalen Wettbewerb zu festigen und auszubauen. Dies erfordert vor allem einen technologischen Entwicklungsvorsprung bei der Umsetzung neuer Ideen in inno-vative Produkte. Zur Erzeugung neuer, innovativer und wettbewerbsfähiger Produkte sind neue Werkstoffe mit Eigenschaften, die höchsten Anforderungen genügen, erforderlich. Einsatzfälle und Beispiele könnten sein:

o Energiespeicherung und -übertragungo Beschichtung (Verschleiß-, Korrosions- und Hitzebeständigkeit)o Superharte Werkstoffe zur Verlängerung der Produktlebensdauero Intelligente Werkstoffe bzw. intelligente Struktureno Werkstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffeo Miniaturisierung von Produkten und Bauteilen

Maßnahmen:

o Um künftigen technischen Herausforderungen zu begegnen, ist eine noch engere Vernetzung der Unternehmen mit der TU Bergakademie Freiberg , der Fachhochschule Mittweida und den regionalen Forschungseinrichtungen erforderlich. Diese Einrichtungen müssen sich in ihren Exzel-lenzbereichen zum Motor des regionalen Technologietransfers entwickeln und damit die Voraus-setzungen für ein weiteres Wachstum dieses zukunftsträchtigen Wirtschaftszweiges der Region schaffen.

Entwicklung von neuen Materialien für neue Einsatzfelder

25 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Ziel 2

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Beschäftigte Betriebe Umsatz

Entwicklung ausgewählter Indikatoren im Bereich Werkstoffe (Metall)(indizierte Entwicklung in %, 1995=100%)

Quelle: Sächs. Landesamt für Statistik 2008 / eigene Prognose der Zweige 27 und 28

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Entwicklung der Beschäftigung im Bereich Werkstoffe(Indizierte Entwicklung, 1995 = 100 % und entspricht 1700 Beschäftigten)

Quelle: Sächs. Landesamt für Statistik 2008

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o Die Ausbildung der auf Konstruktion und Fertigung spezialisierten Fachkräfte ist enger mit der Materialwissenschaft zu verzahnen

o Intensivere Verwertung der Forschungsergebnisse der TU Bergakademie Freiberg in der Region und stärkere Ausrichtung auf den Bedarf der regionalen Wirtschaft

o Forschungsergebnisse der TU Bergakademie Freiberg und weiterer FuE-Einrichtungen werden durch vermehrte Unternehmensgründungen in der Region verwertet

Aufbau, Neustrukturierung bzw. Wiederbelebung von Forschungsinstituten und angewandten For-schungs-Entwicklungsbetrieben (Forschungs-GmbH´s) besitzen besondere Bedeutung. Regionaler Technologietransfer vernetzt Forschung und Entwicklung mit wirtschaftlicher Anwen-dung und erhöht somit die Innovationskraft des Technologiefeldes Werkstoffe und Materialien in Mittelsachsen.

26V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 23: Grünbuch Freiberg

1.2 Energie

Randbedingungen

Knapper werdende fossile Rohstoffressourcen, sich verstärkende Rohstoffabhängigkeiten und steigende Nachfragekonkurrenz durch asiatische und amerika-nische Energieverbraucher lassen erwarten, dass die Preise für Strom und Öl weltweit auch zukünf-tig ansteigen. In Deutschland und Europa wird mit einem zunehmenden Bedarf an Energie auf Grund der durchschnittlichen Steigerung des Bruttoinlands-produktes bis zum Jahr 2020 gerechnet.Eine gestiegene Energieeffi zienz sowie der vermehr-te Einsatz alternativer Energietechnologien bewirken jedoch einen stetigen Rückgang des Verbrauches. Das bedeutet insgesamt einen Rückgang der Nach-frage aus den Industrieländern nach 2020. Infolge-dessen steigen die Energiepreise bis zum Jahr 2020 stark und stagnieren anschließend auf einem hohen Niveau. Entgegen der Preise für Strom und Heizöl steigt der Preis für Gas auf Grund der hohen Versor-gungsabhängigkeit von Russland etwas stärker. (vgl. BMWi: 2005).

Der Stromverbrauch der privaten Haushalte sinkt aufgrund effi zienterer Elektrogeräte. Strom wird zu-nehmend aus Erneuerbaren Energien gewonnen.

27 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

In diesem Zusammenhang wird vor allem die Wind-kraft ausgebaut. Dezentrale Energieversorgungsan-lagen spielen eine zunehmend größere Rolle. In Europa schrumpft der Markt für Ölprodukte und Kohle. Der Markt für Gas weitet sich aus. Im gewerb-lichen Bereich wird zunehmend Energie für Pro-zesswärme, Kühlung und den Betrieb von Büroge-räten verbraucht. Prozessoptimierungsmaßnahmen realisieren mehr Einsparungen. Effi zientere Fahr-zeuge verhindern einen Verbrauchsanstieg. Inner-halb des PKW- und LKW-Bestandes ergibt sich eine Umschichtung zu Gunsten verbrauchsärmerer Diesel-, Hybrid- und gasbetriebener Fahrzeuge. Bio-kraftstoffe der 2. Generation decken im Jahr 2028 rund 8% des Verbrauches.

Die nachfolgende Tabelle zeichnet ein Trendszena-rio für die Entwicklung der Energiekosten im Land-kreis bis zum Jahr 2028. Dabei orientiert sich das Szenario an den dargestellten Prognosen des Bun-desministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi: 2005). Dem Szenario ist unterstellt, dass Steuern und Aufschläge auf Energiepreise insge-samt konstant bleiben.

Quellen: Statistisches Landesamt Sachsen 2007; BMWi (2005): Die Entwicklung der Energiemärkte bis zum Jahr 2030.

bisherige und Trend-Entwicklung der Energiekosten im Landkreis

Preisentwicklung Effi zienzeinsparung Energieausgaben (€) 1994-2003 2003-2006 2006-2028 2006-2028 2006 2028Haushalte (+) 155% (-) 15% 91,7 Mio 199 Mio Strom (+) 4% (+) 32% (+) 80% (-) 10% Heizöl (+) 58% (+) 57% (+) 180% (-) 15% Erdgas (+) 34% (+) 57% (+) 200% (-) 15% Fernwärme (+) 30% (+) 5% (+) 120% (-) 15% Gewerbe (+) 145% (-) 30% 160 Mio 274 Mio Strom (-) 15% (+) 30% (+) 120% (-) 15% Heizöl (+) 77% (+) 58% (+) 150% (-) 40% Erdgas (+) 69% (+) 35% (+) 150% (-) 40% Verkehr (+) 175% (-) 4% 125,4 Mio 330 Mio Diesel (+) 52% (+) 26% (+) 230% (-) 4% Benzin (+) 39% (+) 18% (+) 120% (-) 4% Gesamt 377,1 Mio 803 Mio

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Page 24: Grünbuch Freiberg

Gestützt durch die staatliche Subventionspolitik für Erneuerbare Energien bewirken im Trend-szenario 2028, ohne die Intensivierung der bestehenden regionalen Energiepolitik, private und unternehmensbezogene Einzelvorhaben zur Installation dezentraler Energieversorgungs- und -ef-fi zienzsysteme eine Einsparung an Energiekosten um rund 16% gegenüber dem Jahr 2006. Auf Grund gestiegener Preise für Energierohstoffe und höherer Verbräuche steigen die Ausgaben der privaten Haushalte, der Gewerbe und des Verkehrs bis zum Jahr 2028 dennoch um etwa 113% gegenüber dem Jahr 2006 auf rund 803 Mio €.

Struktur des Primärenergie-verbrauchs in Deutschland (2007)

In Zeiten steigender Energiepreise können bei Intensivierung des regionalen Engagements für den Einsatz innovativer Energietechnik deutliche Einsparungen an Energiekosten für die Region Freiberg erreicht und damit zukünftig die positive wirtschaftliche Entwicklung gesichert werden. Wettbewerbsvorteile und damit zusammenhängende Pioniergewinne erzielen nur diejenigen An-wender, die die Potenziale für neue energieeffi ziente Lösungen in den nächsten Jahren zu Ihrem Vorteil zu nutzen wissen. Dies gilt sowohl für Kommunen, die energieeffi ziente Lösungen für kom-munale Einrichtungen konzipieren gleichermaßen wie für Unternehmen, die auf Eigenversorgung setzen oder energieeffi ziente Produkte entwickeln als auch für Verbraucher, die sich bspw. auf alternative oder kraftstoffsparende Fortbewegung konzentrieren.

In der Region Freiberg ist die Sicherung einer nachhaltigen Energieversorgung, speziell für den gewerblichen Bereich, von Bedeutung. Stabile Kosten für den Einsatz von Energie im Produkti-onsprozess sind Vorraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, eine weiterhin konstante lnvestitionsquote sowie den Ausbau des Arbeitsplatzangebotes.Um die Ausgaben für Energie der Region Freiberg in etwa konstant zu halten, wäre es über die nächsten 20 Jahre erforderlich, den Energieimport in die Region um jährlich rund 3% (bis 2028 insg. ca. 60%) zu reduzieren. Für das Jahr 2028 sollte daher das Ziel ausgegeben werden, 40% des Energieverbrauches der Haushalte und Gewerbe aus Erneuerbaren Energien zu gewinnen und nochmals 20% der eingesetzten Energie durch Einsatz von Energieeffi zienztechnologien ein-zusparen. Letzteres würde in 2028 für den Landkreis Freiberg Einsparungen von rund 12%, etwa 95 Mio €, der Energieausgaben bedeuten. Über den regionalen Einsatz erneuerbarer Energietech-nologien zur Deckung von 40% des Energieverbrauches der Haushalte und Gewerbe könnten zusätzlich rund 190 Mio € an Wertschöpfung in der Region verbleiben.

Struktur des Primärenergie-verbrauchs in Deutschland (2028)

Mineralöl34%

Erdgas22%

Steinkohle 14%

Kernenergie 11%

Braunkohle 12% Wind1%

Biomasse4,9%

restliche EE0,8%

ErneuerbareEnergien

6,7%

Mineralöl30%

Erdgas38%

Steinkohle 7%

Braunkohle 13%

Wind3,6%

Biomasse6,5%

restliche EE1,4%

ErneuerbareEnergien

11,5%

28V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Quelle: http://www.bmu.de

Quelle:http://bmwi.de

Page 25: Grünbuch Freiberg

Wärme-/Kältespeicher(Geothermie +

Latentspeicherung)

BHKWmit ggf.

Adsorptions-kältemaschine

Firmen mit Heizwärme- bzw. Kühlungsbedarf

Firmen mitWärmeüberschuss

Nahwärme-/Nahkältenetz

Beispielhaftes Konzept eines innovativen Nahwärme-/Nahkältenetzes

29 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Erzeugung von 40% der in der Region benötigten Energie aus Erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Einsparung von 20% der eingesetzten Energie über den Einsatz von Energieeffi zienzinnovationen

Ziel 1

Maßnahmen

1. Zeitnahe Umsetzung bestehender kommunaler Klimaschutz- und Energiekonzepte2. Entwicklung eines regionalen Klimaschutz- und Energiekonzeptes für Mittelsachsen

Handlungsempfehlungen

Konzeptionierung energieeffi zienter Stadtteile

Bei der Betrachtung von Stadtgebieten ist festzustellen, dass bei einigen Firmen große Mengen an Prozesswärme anfallen. Diese übersteigen den aktuellen Heizwärmebedarf erheblich. Aus einer Analyse von DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH und GeoEnergie Konzept geht hervor, dass eine vollständige Wärmeversorgung von ausschließlich Heizwärme benötigenden Einrichtungen durch Nahwärmenetze möglich ist. Dazu wird die bei den Unternehmen konstant zur Verfügung stehen-de Prozessabwärme geothermisch im Erdreich gespeichert, später wieder entnommen und über das Nahwärmenetz zu den jeweiligen Abnehmern transportiert. Da aus einem Geothermiefeld auch Kälte abgeleitet werden kann, eignet sich das Verfahren ebenso für die Kühlung von Büro-, Lager- und Produktionsräumen sowie produktionsbedingten Kühlprozessen. In Kombination mit anderen dezentralen Energieversorgungs- und -effi zienzsystemen (bspw. Solarthermische, -Bio-masse- und Latentspeicher-Anlagen) führt dies über die erzielten Energieeinsparungen zu kurzen Amortisationszeiten. Für Freiberg kann ein solches Nahwärme-/Nahkältenetz ringförmig um den Stadtkern verlaufen, dabei Gewerbestandorte und Wohngebiete miteinander verbinden und zu-künftige Anschluss-/Erweiterungsmöglichkeiten vorsehen.

Page 26: Grünbuch Freiberg

Investition in Bioerdgas-Kraftwerke

Für den gewerblichen/industriellen Bereich ist eine zuverlässige und über den Tagesablauf konstan-te Energieversorgung von großer Notwendigkeit. Gleichzeitig verringern die gestiegenen Kosten für Heizöl und Erdgas jedoch den Gewinn sowohl der klein- und mittelständischen Firmen als auch der Großunternehmen und verursachen dadurch Wettbewerbsnachteile. Kraft-Wärme gekoppelte Erdgaskraftwerke, die technisch in der Lage sind auch Biogas aus regional erzeugter Biomasse zu verbrennen, können einen Beitrag zur Verringerung der Rohstoff- und Preisabhängigkeit liefern. Neben der grundlastfähigen Stromerzeugung bieten Bioerdgas-Kraftwerke zudem die Option der Kopplung an bestehende Nah- und Fernwärmenetze sowie der Aufbereitung des Biogases auf Ergasqualität und Einspeisung in das bestehende Erdgasnetz. Die Vergütung der erzeugten und eingespeisten Energie regeln sowohl das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz als auch das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG).

Konzeption „Regenerativer Kombikraftwerke“

Kombikraftwerke verbinden kleinere dezentrale Anlagen zur Stromerzeugung (Kraft-Wärme-Kopp-lungs-Anlagen, Solarstrom-Anlagen, Windenergieanlagen) durch eine zentrale Steuerung zu einer „Großeinheit“. Der schwankende Energiebeitrag einzelner Anlagen, bspw. bei zu wenig oder zu viel Wind/Sonne, kann durch den Zusammenschluss ausgeglichen werden. Das optimiert die En-ergieausbeute und minimiert den Zukauf teurer Energie. Für die Konzeptionierung eines solchen Kraftwerkes könnte auf ein Pilotprojekt „regeneratives Kombikraftwerk“ aufgebaut werden.

Maßnahmen

Aufbau eines Netzwerkes Erneuerbarer Energien

Handlungsempfehlungen

Für die zukünftige Entwicklung innovativer Energieversorgungskonzepte ist es essentiell, die we-sentlichen regionalen Akteure aus dem Energie-Bereich, (Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung, Politik) zusammenzubringen. In regelmäßigen Workshops sollten diese regionalen Entscheidungs-träger energieeffi ziente regionale Lösungen für gewerbliche und kommunale Bereiche diskutieren und beschließen. Für die Organisation solcher Sitzungen und die Überwachung einer nachhaltigen Umsetzung sollte eine Struktur gewählt werden, welche die relevanten regionalen Akteure zusammenführt und dau-erhaft miteinander vernetzt. In der Region Freiberg bestehen bereits Netzwerke für Erneuerbare Energien, in denen sich zahlreiche regionale Akteure für die regionale Integration innovativer En-ergieversorgungskonzepte engagieren. Als Dachorganisation könnte daher eine bereits bestehen-de Einrichtung die Koordinierung aller regionalen Energieeffi zienzaktivitäten übernehmen. Dem Vorstand dieser Dachorganisation sollten kommunale Vertreter, Vertreter von Wirtschaftsförder-einrichtungen, der Hochschulen und regionalen Finanzinstituten angehören. Damit würde eine Brücke zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung geschaffen. Die Stadtwerke sollten in solche Strukturen eingebunden werden.

Standort eines solar nachgeführten Solarstromkraftwerks in Freiberg

Entwicklung von Stadtwerken zu EnergieproduzentenZiel

2

30V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 27: Grünbuch Freiberg

Maßnahmen

1. Gewinnung von Sparkassen, Banken und Stadtwerken als Contractinggeber 2. Stärkere Nutzung von Förderprogrammen3. Übernahme von Eigenanteilen für Förderprogramme durch Contracting und kommunale Beteiligung

Handlungsempfehlungen

Die Konzipierung und regionale Integration innovativer Energieversorgungskonzepte geht eng mit einer Ausweitung von Contractingkonzepten, mit einer intensiveren Beantragung von Fördermit-teln sowie mit der Akquise von Co-Finanzierern für Förderprojekte einher. Für die Beantragung von Fördermitteln zur Entwicklung und Umsetzung innovativer Konzepte, Technologien, Methoden und Instrumente stehen zahlreiche Förderprogramme der Bundesrepublik Deutschland, des Frei-staates Sachsen und der Europäischen Union mit unterschiedlichen Schwerpunkten zur Verfügung. Für die Region Freiberg empfehlen sich sowohl die Nutzung von Förderprogrammen für investive und nichtinvestive Maßnahmen mit Modell- und Demonstrationscharakter als auch allgemeine Programme zur Nutzung Erneuerbarer Energien und Erhöhung der Energieeffi zienz im privaten, öffentlichen und gewerblichen Bereich. Ausgehend von den Kompetenzen und Potenzialen der Region Freiberg in den Bereichen Erneuerbare Energien und Energieeffi zienz sollte bei der Bean-tragung von Fördermitteln auf nachfolgende Schwerpunkte besonderer Wert gelegt werden:

• Erstellung, Beratung und Begleitung bei der Umsetzung von Klimaschutzkonzepten• Systemstudien und internationale Kooperationsvorhaben• Anlagen zur Nutzung der Geothermie• Maßnahmen zur Nutzung der Abwärme aus Produktionsprozessen und Kälteanlagen• Nahwärmenetze, die mit Wärme aus Erneuerbaren Energien gespeist werden• besonders innovative Technologien zur Wärme- und Kältespeicherung• Maßnahmen in der gewerblichen Kältetechnik• effi ziente Wärmepumpen• Erzeugung von Strom, Wärme und Kraftstoffen aus Biomasse• Bereitstellung von nachhaltiger Biomasse und Bioenergieträgern• Biomasse-Vergasungstechnologien zur Erzeugung von Strom und Wärme in Form der Kraft-Wärme-Kopplung• Anlagen zur Verbrennung von fester Biomasse für die thermische Nutzung und für die kombinierte Wärme- und Stromerzeugung• effi ziente Erschließung und Nutzung biogener Reststoffe• Solarkollektoranlagen• Energieeinsparung/Energieeffi zienz

Sicherung der Finanzierung für energieeffi ziente LösungenZiel

3

31 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 28: Grünbuch Freiberg

1.3 Umwelt

Randbedingungen

Umwelttechnische Belange stehen seit vielen Jahren im Fokus von Politik und Wirtschaft. Die große Bedeutung der Umwelttechnik wird beson-ders an derzeitigen Entwicklungen auf dem Roh-stoff- und Ressourcenmarkt deutlich, der durch weltweit wachsende Nachfragen, Verknappung bestimmter Rohstoffe, damit verbundener mas-siver Preiserhöhungen und einer enormen Markt-dynamik charakterisiert ist. Die Umweltindustrie gewinnt somit global weiter an Bedeutung.In der Region Freiberg bzw. Mittelsachsen sind neben einschlägigen Forschungseinrichtungen eine Vielzahl von Umweltunternehmen tätig. Die nebenstehende Grafi k verdeutlicht die Zuord-nung zu den drei ausgewählten Leitmärkten.

Nach einem Bericht des Umweltbundesamtes arbeiteten 2006 1,8 Millionen Menschen im Be-reich des Umweltschutzes. Somit waren 4,5 Pro-zent aller Erwerbstätigen im Umweltschutz tätig. Im Zeitraum 2004 bis 2006 betrug der Beschäfti-gungszuwachs 19,7 Prozent bzw. jährlich ca. 10 Prozent.

153400 118000 153000 175000

187500 181000 183000 17500022000 47000 35000 49000

929500 949000 944300

1132400

66600 118700 160500

235600

0

200000

400000

600000

800000

1000000

1200000

1400000

1600000

1800000

2000000

1998 2002 2004 2006

Erwerbstätige im Umweltschutz 1998-2006

Umweltschutzinvestitionen Sachausgaben für den Umweltschutz

Export von Umweltschutzgütern Personalaufwendungen und umweltorientierte Dienstleistungen

Erneuerbare Energien

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Recyclingwirtschaft Thermische Prozesse Bodenbehandlung

Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen im Bereich Umwelttechnik in der Region Freiberg

Forschung und Entwicklung Maschinen /Apparatebau Ingenieurdienstleister

Bau-/ Anlagenbau Entsorger, Anlagenbetreiber Wirtschaftsverband

32V. Entwicklungsoptionenfür die Region

ww

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Quelle: BIWA Consult GbR

Quelle: BIWA Consult GbR

Page 29: Grünbuch Freiberg

Handlungsbereich Recyclingwirtschaft

Freiberg mit seiner Umgebung stellt ein Know-how-Zentrum auf dem Gebiet des Recyclings von Abfällen und von Abfallfraktionen im Allgemeinen sowie auf dem Gebiet der Sortierung und Auf-bereitung von Abfällen und Abfallfraktionen im Besonderen dar. Im Leitbild und Marketingkon-zept der Stadt Freiberg wird deshalb die Recyclingwirtschaft als Kompetenzfeld herausgestellt. Außerdem zeichnen sich Kompetenzfelder auf den Gebieten der „Thermischen Prozesse“ und der „Behandlung belasteter Böden“ ab. Diese Kompetenzen leiten sich größtenteils aus den Frei-berger Traditionen in Forschung und Industrie sowie aus dem derzeitigen Bestand an Firmen, der sich mit Kreislaufwirtschaft beschäftigt, ab. Eine Fixierung auf bestimmte Leitmärkte kann daraus aber nicht direkt abgeleitet werden. Es haben sich aber in gewissen Bereichen und Leitmärkten regionale Arbeitsgruppen und Interessensverbände gegründet und etabliert.

Maßnahmen

Die „Kreislaufwirtschaft“ ist als Schwerpunktbereich für die mittel- und langfristige Wirtschafts-entwicklung für die Region durch die politischen Entscheidungsgremien festzuschreiben. Im Leit-markt „Kreislaufwirtschaft“ existieren in Mittelsachsen Kompetenzen auf den Gebieten „Recy-clingwirtschaft, Aufbereitung“, „Thermische Prozesse“ und „Flächenrevitalisierung“. Diese gilt es zu erfassen und zu bewerten um somit weitere strategische Vorgehen abzuleiten.

Abfälle gewinnen als Ressourcen und damit Stofftrenn- und Aufbereitungsverfahren zunehmend an Bedeutung. Die gezielte und hochwertige Verwertung von Abfällen setzt in der Regel die Tren-nung in seine Bestandteile und die Aufbereitung zu Sekundärrohstoffen voraus. Somit ist Abfall ein hoch angesehener Wertstoff. Vor dem Hintergrund immer effi zienterer, umfassender Nutzung von Abfällen muss eine immer tiefer gehende Aufsplittung der Abfälle in sortenreine (vielleicht sogar elementare) und saubere Bestandteile erfolgen, wobei hier noch ein weites Feld für technische Entwicklungen und Innova-tionen besteht.

Maßnahmen

Vermarktung des vorhandenen Know-hows im internationalen Bereich, da sich die Märkte von Deutschland aus in den nächsten Jahren nach Europa und auf nichteuropäische Gebiete auswei-ten und verlagern werden. Eine dauerhafte „Besetzung“ des Kompetenzfeldes erfordert demzu-folge, dass zunehmend internationale Märkte zu bedienen sind.Für die Entwicklung und Vermarktung von Techniken ergeben sich – wie in allen anderen Technik-bereichen auch – wesentlich größere Zielmärkte, diese gilt es weiter auszubauen und regionale Ressourcen zu bündeln.

33 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Kreislaufwirtschaft als Schwerpunktbereich der regionalen WirtschaftsentwicklungZiel

1

Recycling / Abfall als Produkt des Rohstoff- und RessourcenmarktesZiel

2

Page 30: Grünbuch Freiberg

Handlungsbereich Flächenrevitalisierung

Insbesondere im ländlichen Raum stellen die fehlende Flächennachfrage und der Rückgang der Bevölkerung neue Herausforderungen für die zukünftige räumliche Entwicklung dar.

Durch die Inanspruchnahme ehemals land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen als Sied-lungs- und Verkehrsfl ächen werden gerade die natürlichen Bodenfunktionen negativ beeinfl usst. Trotz des Rückgangs der Bevölkerung ist eine weitere Zunahme der Siedlungs- u. Verkehrsfl ächen zu verzeichnen. Die Wiedernutzung brachliegender Flächen bildet ein wesentliches Element für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung. Die Erfassung der Flächenpotenziale erfolgte in den vergangenen Jahren unter Nutzung verschiedenster Instrumente, welche es zukünftig zu bündeln gilt.

In Folge der wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren existieren in der Region Mit-telsachsen umfassende Erfahrungen im Umgang mit industriell vorgenutzten Grundstücken, und verunreinigter Böden bzw. Altlasten. Speziell im Freiberger Raum stellt die Bodenbehandlung und Sanierung ehemals bergbaulich genutzter Flächen einen Wirtschaftsfaktor dar. Das in der Region vorhandene Know-how bei der Erfassung, Bewertung, Untersuchung und Sanierung von Brach-fl ächen gilt es zukünftig überregional, insbesondere in Osteuropa, zur Erschließung neuer Märkte zur Anwendung zu bringen.

Maßnahmen:

Die Sicherung des zukünftigen Fachkräftebedarfs stellt eine neue Herausforderung für die ansäs-sigen Unternehmen in der Umweltbranche dar. Gegenwärtig existieren keine verlässlichen Aussa-gen zum aktuellen Stand der Beschäftigungssituation und zum Fachkräftebedarf im Umweltsektor. Eine entsprechende Erfassung der Ist-Situation und die Ableitung der einzuleitenden Maßnahmen zur langfristigen Sicherung des Fachkräftebedarfs stellt eine wesentliche Voraussetzung für den Verbleib der Unternehmen in der Region dar.

Bei der Revitalisierung brachliegender Standorte ist die Auswahl der geeigneten Instrumente von den spezifi schen regionalen und örtlichen Randbedingungen abhängig. Dies erfordert für die Er-schließung neuer Märkte umfassende Kenntnisse der spezifi schen Anforderungen und die Zu-sammenarbeit mit Unternehmen in der Zielregion. Die Bündelung der Interessenlagen der ver-schiedenen kleinen und mittelständischen Unternehmen der Region Mittelsachsen sollte über entsprechende Netzwerke erfolgen, wodurch eine ausreichende strategische Unternehmensgrö-ße für die Erschließung neuer Märkte gewährleistet werden kann.

Neben der Initiierung regionaler Unternehmensnetzwerke ist eine umfassende Marktanalyse in den potenziellen neuen Märkten erforderlich. Im Rahmen von Fachtagungen in den Zielregionen und dem Austausch von Informationen unter Beteiligung von Instituten bzw. Forschungseinrich-tungen sollten potenzielle Tätigkeitsfelder ermittelt und regional publiziert werden.

Entwicklung der Siedlungs- u. Verkehrsfl ächen 2004 bis 2006 in Mittelsachsen (ha)

20.603

20.713

20.832

2004 20062005

34V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen Ziel

1

Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen

Page 31: Grünbuch Freiberg

Handlungsempfehlungen

Das Weltmarktvolumen für Umwelttechnologien beträgt einer im Umwelttechnologie-Atlas des BMU zitierten Studie zu Folge 1.000 Mrd. EUR. Auf die verschiedenen Leitmärkte teilt es sich wie folgt auf:

Energieeffi zienz 450 Mrd. EUR Nachhaltige Wasserwirtschaft 190 Mrd. EUR Nachhaltige Mobilität 180 Mrd. EUR Energieerzeugung 100 Mrd. EUR Rohstoff- u. Materialeffi zienz 40 Mrd. EUR Kreislaufwirtschaft 30 Mrd. EUR

Für die in der Region in der Umweltindustrie tätigen Unternehmen sind auf Grund der Globa-lisierung und insbesondere der EU-Osterweiterung neue Märkte entstanden, welche es zu er-schließen gilt. Auf die Bedeutung der energetischen Aspekte wurde im Handlungsfeld Energie bereits eingegangen. Die vorhandenen Entwicklungspotenziale im Landkreis Mittelsachsen in den Bereichen Rohstoff- und Materialeffi zienz sowie Kreislaufwirtschaft gilt es weiter auszubauen.

Maßnahmen

• Für den Landkreis Mittelsachsen muss eine Untersuchung der wirtschaftlichen Daten für den Leitmarkt Kreislaufwirtschaft unter dem Gesichtspunkt der drei benannten Kompetenzfelder („Re-cyclingwirtschaft, Aufbereitung“, „Thermische Prozesse“ und „Bodenbehandlung“) erfolgen, woraus der Handlungsbedarf zur wirtschaftlichen Entwicklung im Bereich Kreislaufwirtschaft für Mittelsachsen abzuleiten ist.

• Ermittlung des mittel- und langfristigen Beschäftigungsbedarfs und darauf basierend die Einlei-tung von Maßnahmen zur Ausbildung und Gewinnung von Fachkräften, um Potenziale und neue Märkte zu erschließen.

• Initiierung einer Arbeitsgruppe „Kreislaufwirtschaft Mittelsachsen“ - Synergetischer Zusammen-schluss von regionalen Akteuren, um somit kontraproduktiven Wettbewerb zu vermeiden, da Um-welttechnologie oder im Allgemeinen umweltrelevante Bereiche ein globaler bzw.- überregionaler Markt ist.

• Auf Basis der vorgenannten Untersuchungen ist ein Maßnahmenplan „Zur Förderung und zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft als Wirtschaftsbranche in Mittelsachsen“ zu erarbeiten. Im Maß-nahmeplan müssen konkrete Empfehlungen, Verantwortlichkeiten und Vorgehensweisen zur Um-setzung der Maßnahmen und Zeitabläufe enthalten sein.

• Ausbau der in der Freiberger Region vorhandenen Forschungs- und Entwicklungskompetenz sowie Know-how Bündelung um somit Marktchancen für die Wirtschaft und Forschungseinrich-tungen zu bewahren und die Innovationsfähigkeit zu fördern bzw. global zu vermarkten. – Wis-senstransfer im Rahmen bereits etablierter Fachveranstaltungen, bspw. Sächsische Abfall- und Kreislaufwirtschaftstage.

35 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 32: Grünbuch Freiberg

1.4 Landwirtschaft

Die Wärme wird dabei größtenteils in Holzheiz-kraftwerken und Biogasanlagen erzeugt und über ein Nahwärmenetz im Ort verteilt. Ergänzend dazu stehen die Nutzung weiterer, regenerativer Ener-gieformen, wie etwa Holzenergienutzung und Son-nenwärme, sowie energiesparende Maßnahmen.

Randbedingungen

Landwirtschaft ist die Grundlage allen Wirtschaf-tens. Die Bedeutung der Landwirtschaft wird in Zukunft stark zunehmen. Ohne Nahrungsmittel, Rohstoffe und Energie aus der Landwirtschaft wird keine nachhaltige Wirtschaft dauerhaft be-stehen können. Die Landwirtschaft, bleibt wie in vergangener Zeit, ein wichtiger Lieferant für Nah-rungsmittel, Rohstoffe und Energie.

Die sächsische Landwirtschaft hat das Ziel ei-ner fl ächendeckenden und umweltgerechten Landbewirtschaftung unter Erhaltung und Aus-bau der Arbeitsplätze. Dies kann unter anderem durch den Ausbau der Nutzung nachwachsen-der Rohstoffe erreicht werden. Durch den de-mografi schen Wandel bedingt, wird der Anbau von Nahrungsmitteln zugunsten des Anbaus von nachwachsenden Rohstoffen zurückgehen. Ins-besondere für die Energieerzeugung eröffnen sich der Landwirtschaft durch die Nutzung von Biomasse vielfältige Möglichkeiten. Dabei kommt der regionalen Vermarktung und der eigenen Ver-arbeitungsindustrie in landwirtschaftlichen Erzeu-gergemeinschaften eine hohe Bedeutung zu.

Bereits heute erzeugen einzelne Agrargenossen-schaften in Mittelsachsen die 4-fache Energie-menge des eigenen Energiebedarfs. Sie können in ländlichen Regionen ein bedeutender Energie-lieferant sein. Die Möglichkeit dafür zeigen Bioe-nergiedörfer auf, die fast vollständig mit Biomas-se aus der regionalen Land- und Forstwirtschaft versorgt werden.

WeltagrarmärkteGlobalisierung/Liberalisierung

Erneuerbare Energien

Gemeinwohlmärkte

EU-Standards

SubventionenAußenschutz

EPLR (2021-27)EPLR (2014-20)

EPLR (2007-13)

2005

2007

2009

2013

2020

2027

2030

Entwicklungspfade: Landwirtschaft/Agrarsektor 2007 - 2013

36V. Entwicklungsoptionenfür die Region

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Quelle: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft

Page 33: Grünbuch Freiberg

37 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Ressourcen und BodenschutzZiel

1

Maßnahmen

1. Einsparung von mineralischen Düngemitteln2. Entwicklung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel3. Entwicklung von Anpassungsstrategien an den Strukturwandel Landwirtschaft

Handlungsempfehlungen

Eine fl ächendeckende und umweltgerechte Landbewirtschaftung erfordert die weitgehende Be-achtung der Umweltressourcen Boden, Wasser und Luft sowie der natürlichen biologischen Viel-falt. Entsprechende Bewirtschaftungsmaßnahmen im Pfl anzenbau sollten auf eine Vermeidung bzw. Reduzierung von Emissionen, unerwünschten Stoffeinträgen und Beeinträchtigungen zielen. Insbesondere der Erosionsschutz hat bei zunehmenden Klimaextremen eine hohe Bedeutung. Die Landwirtschaft muss sich auf den Klimawandel und damit einhergehenden Wandel einstellen und Anpassungsstrategien entwickeln. Dafür sollten auf Grundlage der Klimaprognosen des säch-sischen Landesamtes für Umwelt und Geologie sowie der Anbauversuche der sächsischen Lan-desanstalt für Landwirtschaft, standortangepasste Kulturen gefunden werden. Gleichzeitig kann Mischfruchtanbau durch parallelen Anbau von Nahrungsmitteln und Energiepfl anzen einen Beitrag zur Aufhebung der Flächenkonkurrenz leisten und die Erträge stabilisieren. Zur Erosionsminderung bieten sich die Nutzung von Untersaaten und Zweikultursystemen als auch die konservierende, pfl uglose Bodenbearbeitung an. Darüber hinaus könnte die Landwirtschaft durch Nutzung von Bi-ogasgülle und Mischfruchtanbau, wie Mais, Sonnenblumen, Erbsen und Leindotter, zukünftig auf einen stärkeren Einsatz von mineralischen Düngemitteln verzichten.

Der Landwirt als Energie- und Rohstoffl ieferant

Page 34: Grünbuch Freiberg

Maßnahmen

Kreislaufwirtschaft für Nährstoffe, Kohlenstoff und Wasser mit einer möglichst umfassenden Rückführung der durch den Anbau entzogenen Nährstoffe auf den Acker

Handlungsempfehlungen

Steigende Preise und Verknappung des Angebotes an mineralischen Düngemitteln zwingen zum Umdenken und erhöhen den Wert der natürlichen Wirtschaftsdünger. Demzufolge ist eine mög-lichst hohe Rückführung der Koppelprodukte nach deren Nutzung auf dem Acker zur Nährstoff-rückführung sinnvoll.Laut Aussagen der sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft ermöglicht etwa eine dezentra-le Ölsaatenverarbeitung der erzeugten Rapssaat mit Verfütterung des anfallenden eiweißreichen Presskuchens an das Milchvieh, Vergärung der Gülle in einer Biogasanlage und Ausbringung der vergorenen Gülle auf die Ackerfl äche eine sehr gute Nährstoffrückführung für Stickstoff, Phos-phor und Kalium. Des Weiteren sollten nach der Ernte Pfl anzenreste in ausreichendem Maß auf dem Acker zur Humusreproduktion verbleiben. In dieser Variante der Rapsölkraftstofferzeugung und Verfütterung des Rapspresskuchens beträgt die Nahrungsmittelkonkurrenz unter Berücksich-tigung des gesamten Aufwuchses nur 26%. Zusammenhängend mit der Nutzung des erzeugten Rapsöls in serienmäßig durch die deutschen Traktorenhersteller angebotenen, auf Rapsölkraft-stoff angepassten Modellen, entsteht damit eine hohe Wertschöpfung.

Effektive Flächenkonkurrenz des Rapsanbaus bei unterschiedlicher Verwendung der Raps-Ernteprodukte

0

26

49

62

85

0

50.000

100.000

150.000

MJ

0

10

20

30

40

50

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70

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100

food Humus non-food Flächenkonkurrenz

%

RapsspeiseölPresskuchen-verfütterungStroh auf Acker

RapsölkraftstoffPresskuchen-verfütterungStroh auf Acker

RapsölkraftstoffPresskuchen-verbrennungStroh auf Acker

RapsölkraftstoffPresskuchen-verfütterung

Entnahme 70% des Strohs

RapsölkraftstoffPresskuchen-verbrennung

38V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Wirtschaften in geschlossenen Stoffkreisläufen Ziel

2

Quelle: http://www.bmu.de

Page 35: Grünbuch Freiberg

Maßnahmen

1. Energetische Verwertung von Biomasse2. Stoffl iche Verwertung von Biomasse

Handlungsempfehlungen

Energetische VerwertungNeue Energiepfl anzen und Fruchtfolgen, etwa Hirse und Wildpfl anzen sowie schnellwachsende Gehölze wie Weide oder Pappel, sog. Kurzumtriebsplantagen (KUP), eröffnen neue Wege der Landbewirtschaftung. Mit schnellwachsenden Hölzern als Dauerkulturen sind in Sachsen bereits einige Flächen bepfl anzt. Das geerntete Holz lässt sich elektrisch und thermisch sowie als Aus-gangsmaterial der Kraftstoffherstellung nutzen. Weiterhin eröffnen sich Möglichkeiten des Anbaus auf schwermetallbelasteten Flächen und dessen Rekultivierung. Des Weiteren sollte die regionale Biogasnutzung verstärkt an Bedeutung gewinnen. Neben der Verstromung des erzeugten Bio-gases vor Ort in Blockheizkraftwerken etablieren sich zunehmend Möglichkeiten der Aufbereitung von Biogas und Einspeisung in das Erdgasnetz, sowie dem Bau von Mikrogasnetzen zur loka-len Verteilung und Nutzung von Biogas. Dies gestattet eine vollständige Wärmenutzung inklusive Verstromung durch Kraft-Wärme-Kopplung. Über die Nutzung von Biogasabwärme können bspw. auch Holzhackschnitzel aus schnellwachsenden Gehölzen für den Einsatz in Holzhackschnitzel-kraftwerken getrocknet werden. In Kooperation mit ortsansässigen Stadtwerken kann sich die Landwirtschaft somit zukünftig als zuverlässiger Energie- und Energierohstoffl ieferant etablieren und damit zu einer sicheren und preiswerten Energieversorgung, auch von energieintensiven Un-ternehmen, beitragen.

Stoffl iche VerwertungBei steigenden Kosten für fossile Rohstoffe tendieren zukünftige Lösungen, etwa im Automobil-bau, zu einer stoffl ichen Nutzung von Faserpfl anzen, wie z.B. Flachs und Hanf. Innovationen auf Basis nachwachsender Rohstoffe werden zudem im Bereich der Mobiltextilien, Bau- und Geotex-tilien, Medizintextilien und Faserverbundwerkstoffe erwartet.Eine kombinierte energetische und stoffl iche Verwertung ermöglicht etwa das bei der Getreide-produktion anfallende Stroh. Untersuchungen im Auftrag des Sächsischen Ministeriums für Um-welt und Landwirtschaft weisen eine alternative Nutzung von bis zu 41% der gesamten Biomas-se bei der Getreideernte aus. Dieses Stroh kann in Leichtbauplatten und als Strohballen für den Hochbau eingesetzt werden. Laut dem Fachverband Strohballenbau Deutschland e.V. könnten ca. 350.000 Einfamilienhäuser pro Jahr mit diesem Stroh gebaut werden. Verarbeitet zu Strohpellets dient Stroh zunehmend zur Gewinnung von thermischer und elektrischer Energie. Ein zukunftswei-sendes Konzept der innovativen Mehrfachnutzung von nachwachsenden Rohstoffen bieten Bio-raffi nerien. Diese werden zukünftig die integrierte Produktion von Nahrungsmitteln, Futtermitteln, Chemikalien, Dämm- und Werkstoffen, thermischer und elektrischer Energie sowie Kraftstoffen ermöglichen. Bioraffi neriekonzepte zur Nutzung von bspw. Gras, Luzerne, Blattwerk, Kraut, Getrei-de, Stroh, Korn, Kartoffeln und Melasse sind bereits in der Erprobung.

39 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Ziel 3 Bildung regionaler Wertschöpfungsketten

Page 36: Grünbuch Freiberg

1.5 Tourismus

Wirtschaftsfaktor Tourismus

Die Tourismusentwicklung des Reisegebietes Erz-gebirge im Landkreis Mittelsachsen wird maßgeb-lich von einer erfolgreichen Marktpositionierung der Dachmarke Erzgebirge beeinfl usst. Dies gilt insbe-sondere für die Erschließung überregionaler Nach-fragepotenziale. Die touristischen Aktivitäten sollten vor diesem Hintergrund darauf abzielen, durch eine Attraktivitätssteigerung des touristischen Angebots auch die Dachmarke Erzgebirge zu profi lieren. Davon profi tieren letztlich der Landkreis, das Reisegebiet und die einzelnen Orte am meisten.Die touristische Kompetenz einer Region wird in der überregionalen Wahrnehmung weniger durch ein-zelne Angebote, sondern vor allem durch Themen bestimmt, die wiederum durch konkrete Angebote untersetzt sein müssen. Auf Grundlage der regio-nalen Bedingungen und der analysierten Stärken und Hemmnisse der touristischen Entwicklung sind für das Reisegebiet Erzgebirge des Landkreises Mit-telsachsen folgende Ziele relevant:

Randbedingungen

Der Landkreis Mittelsachsen vereint zwei tou-ristische Bereiche. Der nördliche ist Bestand-teil des Sächsischen Burgen- und Heidelandes, wogegen der südliche, der ehemalige Landkreis Freiberg, der Destination Erzgebirge zuzuordnen ist. Auf letzteren waren die Untersuchungen im Rahmen des Projektes CHANCE im Besonderen gerichtet.

Die Analyse zeigt, dass die betrachtete Region mit der gleichnamigen Kreisstadt in touristischer Hinsicht eng mit der Dachmarke Erzgebirge verbunden ist und eine selbst tragende Allein-stellung bisher fehlt. Die Region verfügt über eigene, entwicklungsfähige Potenziale und kann in Wechselwirkung mit dem Erzgebirge wesent-liche Impulse und Beiträge einbringen (Bau- und Kunstdenkmäler in den Bergstädten, Silbermann-Orgeln, mineralogische und andere Schausamm-lungen, Anlagen des historischen Bergbaus und der bergmännischen Wasserwirtschaft, Lehr-pfade, innovative Wirtschaftsbranchen).

Die Bedeutung des Tourismus als Wirtschafts-faktor für die Region wurde in zahlreichen Stu-dien quantifi ziert. Dabei wurde deutlich, dass die Tourismuswirtschaft mehr als eine ökonomische Nische sein kann und muss. In dem Zusammenhang wird ausgeführt, dass der Landkreis Freiberg bzw. Mittelsachsen vor allem Reiseziel von deutschen Urlaubern ist. Der Anteil der Übernachtungen von ausländischen Gästen liegt unter dem Landesdurchschnitt. Das ist bei der Angebotsentwicklung ebenso zu beachten wie die mit der SWOT-Methode analysierte Aus-gangssituation und globale bzw. regionale Trends bei Demografi e, Klima, Kaufkraft usw.

40V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Verpflegung34%

Unterkunft11%

Einkäufe22%

sonst. Dienstleistungen

22%

Freizeit + Unterhaltung

11%

Vom Tourismus im Erzgebirge profitierende Wirtschaftszweige

insgesamt 883,19 Mio. EUR

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Quelle: dwif 2007

Page 37: Grünbuch Freiberg

41 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Touristische Erlebbarkeit der Industriekulturlandschaft MittelsachsenZiel

1

Ausbau der differenzierten touristischen Erlebbarkeit der Industriekulturlandschaft in Verbindung mit der Entwicklung und Nutzung des Welterbes „Montanregi-on Erzgebirge“. Hierbei ist der Ausbau von hochwertigen Angeboten des Mon-tan- und Geotourismus für spezielle Ziel-gruppen voranzutreiben und international zu vernetzen. Dem kann die geplante Ein-richtung einer Agentur für Bergbaureisen dienen.

Die Technische Universität Freiberg wird mit ihren Schausammlungen einem tou-ristisch nutzbaren Bildungsauftrag ge-recht. Die Verbindung von Tradition und Innovation ist durch die beispielhafte Zu-sammenarbeit mit Unternehmen der So-lar- und Mikroelektronikbranche erfahrbar zu gestalten, worauf auch das Museums-konzept der Stadt Freiberg orientiert.

Die Ferienstraße Silberstraße ist von einer „Regionalen Straße“ i. S. des Sparkassen-Tourismusbarometers 2008 zu einer „Po-sitionierten Straße“ weiterzuentwickeln. Damit kann sie die aufzubauende „Ferien-route Sächsisch-Böhmische Silberstraße in Mitteleuropa“ als wesentlicher Bau-stein bereichern.

Maßnahmen

1. Montanregion Erzgebirge zur Anerkennung als UNESCO-Welterbe führen2. Touristische Angebotsgestaltung durch Einbindung von Technik, Industrie und Wissenschaft3. Ferienstraße Silberstraße als Markenprodukt ausbauen

Handlungsempfehlungen

Page 38: Grünbuch Freiberg

Angebotserweiterung für AktivurlaubZiel

2

Maßnahmen

1. Qualifi zierung der Wanderinfrastruktur2. Ausbau und Erweiterung von Fahrradwegen und Vernetzung von Fahrradrouten3. Entwicklung generationenspezifi scher und saisonübergreifender Aktivangebote

Handlungsempfehlungen

Die Qualifi zierung der Wanderinfrastruktur ist mit einer Modernisierung der Wanderangebote zu verbinden. Dabei sind Aktivsport-Trends stärker aufzugreifen, um vermehrt jüngere Zielgruppen anzusprechen. Für die Generation 50 Plus soll die Verbindung mit Gesundheits- und Wellnessof-ferten hergestellt werden.

Der Ausbau und die Vernetzung von Fahrradrouten sind voranzutreiben. Dabei ist eine Verknüp-fung der Trassen mit regionalen Besichtigungsschwerpunkten und thematischen Besonderheiten ebenso erforderlich wie eine stärkere Zielgruppendifferenzierung (Tourenradler, Mountainbiker, Sportradler). Die Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter dem Umweltaspekt stär-ker zu berücksichtigen.

Die Bereitstellung von Quartieren, u. a. für Wanderer und Radwanderer, mit entsprechenden Serviceangeboten auch für Gruppen, kann die Verweildauer positiv beeinfl ussen.

Im Hinblick auf mögliche klimatische Veränderungen sind in den bisherigen Wintersportorten mög-lichst ganzjährig nutzbare Aktivangebote zu schaffen. Die weiter zu entwickelnden Loipennetze lassen sich fallweise für Nordic-Walking und Ski-Nordic nutzen. Eine Erhöhung der Auslastung ist z. B. durch beleuchtete Pisten und Loipen möglich. Auch hier ist die Angebotspalette ständig zu aktualisieren, z. B. für Trendsportarten wie Ski-Kiting.

Im Rahmen eines Modellprojekts sollte für die gesamte Region die touristische Nutzbarkeit des Gewässerpotenzials geprüft und partiell umgesetzt werden.

Maßnahmen

Touristische Vernetzung der ReisegebieteZiel

3

Maßnahmen

1. Einbindung in die „Ferienroute Sächsisch-Böhmische Silberstraße in Mitteleuropa“ 2. Vernetzung der beiden Reisegebiete des Landkreises 3. Positionierung des „Silbernen Erzgebirges“ als Marke im Tourismusverband Erzgebirge

Handlungsempfehlungen

Zusätzlich zu den bisher in die Ferienstraße Silberstraße integrierten Objekten sind neu entstan-dene Angebote einzubringen. Mit der zunehmenden Vielfalt steigt auch die Attraktivität zur Einbe-ziehung in das grenzüberschreitende Projekt.

Im Landkreis Mittelsachsen bleiben die natur- und kulturräumlichen Tourismusregionen „Säch-sisches Burgen- und Heideland“ sowie „Silbernes Erzgebirge“ in ihrem gegenwärtigen Zuschnitt erhalten. Das bedingt neue Formen der Zusammenarbeit in Mittelsachsen, die bei ausgewählten Themenfeldern unter gleichzeitiger Stärkung der jeweiligen regionalen Bedeutung und Besonder-heiten positive externe Effekte bewirken können.

42V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 39: Grünbuch Freiberg

Chancen ergeben sich aus einer projektbezogenen Kooperation in der Infrastruktur- und Ange-botsgestaltung in den Themenbereichen mit aus Gästesicht nachvollziehbarer Schnittmenge. Dort ist eine Zusammenarbeit nicht nur möglich, sondern auch wünschenswert. Kooperationsansätze bieten die Themenfelder Schlösser und Burgen sowie Industrie- und Technikkultur. Das Erfolgs-modell Mittelsächsischer Kulturraum kann hier beispielgebend für den Tourismus im gesamten Landkreis sein.

Die Einbindung des „Silbernen Erzgebirges“ in die touristischen Strukturen des Tourismusver-bandes Erzgebirge e. V. als Dachmarke ist aus der Sicht leistungsfähiger und professioneller Orga-nisationsstrukturen und Bündelung von Marketingaktivitäten notwendig. Die Stärkung des eigenen Profi ls bleibt davon unberührt, zumal damit der erzgebirgische Teil des Landkreises Mittelsachsen eine tragende Säule in der Destination Erzgebirge bleibt.

Regionale EntscheidungsträgerDie Zukunftsaufgabe Sicherung und Ausbau des Wirtschafts- und Standortfaktors Touris-mus sollte vom Landkreis Mittelsachsen strategisch unterstützt werden. Das betrifft vor allem Anstrengungen zur Attraktivitätssteigerung des touristischen Angebots in beiden Teilregionen durch überörtliche sowie regionale Planungen. Auch wenn eine höhere „Durchlässigkeit“ im Land-kreis Mittelsachsen im Innenverhältnis grundsätzlich wünschenswert ist, sollte bei Projekten mit touristischer Zielrichtung dennoch auf eine Marktorientierung im Sinne der beiden Dachmarken geachtet werden. Nur so sind eine Steigerung des Bekanntheitsgrades und die Entwicklung von Alleinstellungsmerkmalen möglich. In der Koordinierung touristischer Projekte liegt eine Quer-schnittsaufgabe der Landkreisverwaltung.

LeistungsanbieterEffi zienter Mittel- und Ressourceneinsatz und Nutzung von Synergien in der Vermarktung durch stärkere überörtliche Bündelung der Marketingaktivitäten im Rahmen der „Tourismusgemein-schaft Silbernes Erzgebirge“, Einbindung in das Destinationsmarketing des Tourismusverbandes Erzgebirge und des Landestourismusverbandes Sachsen sowie Schaffung themenbezogener Mar-ketingpartnerschaften als einheitliche Plattformen. Die strategische Ausrichtung von Beherbergungs-, Verpfl egungs- und Freizeit- sowie Erlebnisange-boten sollte den Marketingschwerpunkt „Silber“ berücksichtigen. Dabei müssen Veränderungen im Reiseverhalten, die Quellmärkte, der klimatische Wandel und die Altersstruktur der Nachfrager in der touristischen Angebotsgestaltung sowie Aktivitäts- und Genussorientierung in allen The-menfeldern besondere Berücksichtigung fi nden. Für den ländlichen Raum bieten sich Angebote für Familien- und Landurlaub an. Eine hohe Servicequalität ist auf allen Ebenen unabdingbar (Tourismusbüros, touristische Leistungs-träger, Kultureinrichtungen, Bergbauobjekte usw.). Die Teilnahme an Qualitätsoffensiven und Zer-tifi zierungen ist deshalb geboten.

BeschäftigteDie im Tourismus Tätigen haben den unmittelbaren Kontakt zum Gast. Der von ihnen vermit-telte Service und die hilfreiche Sachkenntnis tragen zum Erholungs- und Urlaubserfolg wesentlich bei. Deshalb ist ein hoher persönlicher Einsatz, basierend auf einer entsprechenden Ausbildung und ständigen Qualifi zierung (z. B. im Gastronomiebereich, als Wanderleiter, Gästeführer usw.), eine Grundlage für diese Tätigkeit. Eine hohe Qualität im Dienstleistungsbereich ist zudem eine Voraussetzung für eine hohe Auslastung der touristischen Objekte und damit arbeitsplatzsichernd. Dieser Wirtschaftszweig bietet auch Älteren und Teilzeitarbeitnehmern sowie Frauen gute Beschäftigungschancen. Die Förderung von Gründungsinitiativen sollte genutzt werden.

43 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 40: Grünbuch Freiberg

1.6 Gründungsgeschehen

Unternehmensgründungen im innovativen Be-reich stellen einen entscheidenden Motor für Wachstum und Beschäftigung dar. Aus diesem Grund bedarf es eines ständigen Nachschubes an innovativen Gründungen. Zahlreiche innova-tive Ansätze in der Region liefern für prinzipiell zahlreiche weiterzuentwickelnde Ideen gute Ausgangsbedingungen.

Randbedingungen

Anfang der 1990-er Jahre kam es zu einem re-gelrechten Gründungsboom. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch wieder gewonnene unternehmerische Freiheit, dem relativ offenen Markt und hoher Nachfrage sowohl im privaten als auch öffentlichen Bereich sowie hohen För-dermöglichkeiten. Ab Mitte der 1990-er Jahre veränderten die sin-kende private und öffentliche Nachfrage verbun-den mit dem Wegfall und der Reduzierung von Fördermöglichkeiten sowie dem Wegbruch al-ter Strukturen die Marktstrukturen wesentlich. Dies führte zum Ausscheiden einer Vielzahl nicht wettbewerbsfähiger Unternehmen. Die Insol-venzquote von 80 % im konservativen Bereich ist bis heute Zeichen dieser Entwicklung.Technologieorientierte Unternehmen, die zu Beginn als Ausgründungen und/oder Neugrün-dungen starteten haben im Regelfall die Markt-veränderungen erkannt und ihre Entwicklung an-gepasst.Innovative Neugründungen sind in Erkenntnis der realen Marktlage, sinkender Unterstützun-gen sowie des steigenden Bedarfs an Fachkräf-ten und der damit verbundenen risikolosen Fest-anstellung potenzieller Know-how Träger seither eher die Ausnahme.

44V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Ziel

Erklärtes Ziel ist es, ausgehend von einer sachlichen Analyse des Gründungsgeschehens, neue Wege und Methoden zur spürbaren Erhöhung innovativer Grün-dungen zu fi nden und zu beschreiten. Das vorhan-dene Nachfrage- und Angebotspotenzial innovativer Ideen stellt dafür hoffnungsvolle Ansätze dar.

Maßnahmen

• Statt zahlreicher, immer wieder in Vielfalt prakti-zierter und teilweise uneffi zienter Gründerunterstüt-zung ist eine Fokusierung auf Gründungsunterstüt-zung notwendig.

• Die Angebots- und Nachfragepotenziale innovativer Ideen in der Region sind systematisch zu erfassen, zu bewerten und auszuwählen.

• Der Sicherung von materiellen, personellen und fi nanziellen Voraussetzungen zur vorwettbewerb-lichen Marktanpassung kommt besondere Bedeu-tung zu.

• Die so weiterentwickelten Produkte, Verfahren und Dienstleistungen sind mit KMU und potenziellen Un-ternehmern zu verzahnen.

• Eine stärkere Öffentlichkeitsarbeit zu Chancen, Risiken und neuen Methoden des technologieorien-tierten Gründungsgeschehens sensibilisieren Unter-nehmer, Fachkräfte und die Bevölkerung verstärkt für die Potenziale innovativer Gründungsaktivitäten.

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Page 41: Grünbuch Freiberg

Die Verfügbarkeit qualifi zierter Fachkräfte ist eine wesentliche Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung der Unternehmen und der Region Mittelsachsen. In Anbetracht der demografi schen Entwicklung besteht die Heraus-forderung in der bedarfsgerechten Sicherung der Fachkräfte sowohl an Hochschulabsolventen als auch an Absolventen der Berufsschu-len in den wachstumsrelevanten Branchen. Die folgende Grafi k verdeutlicht die zunehmende Bri-sanz dieser Aufgabe vor dem Hin-tergrund des stetig sinkenden Er-werbspersonenpotenzials.

Rahmenbedingungen

Die überaus positive Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes im Bundesland Sachsen und das damit verbundene Umsatz- und Beschäftigungswachstum der vergangenen Jahre ist nicht nur auf die guten Rekrutierungsbe-dingungen von Fachkräften nach der Wende, sondern auch auf die ausgezeichnete Hochschul- und Forschungsinfrastruktur des Bun-deslandes zurückzuführen. Dabei sind es vor allem die Ingenieur-wissenschaften, welche die Hoch-schul- und Forschungslandschaft Sachsens seit dem 18. Jahrhun-dert charakterisieren. Die für Mit-telsachsen zentralen Bereiche Materialien, Umwelt und Energie prägen das Profi l der TU Bergaka-demie Freiberg, was Innovationen und regionale Forschungstransfer-leistungen aufgrund der Passför-migkeit zur Struktur der regionalen Wirtschaft begünstigt.

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2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Entwicklung der Bevölkerung und des Erwerbspersonenpotenzials in Sachsen bis 2020

(indizierte Entwicklung, 2006 = 100 %)

Einwohner gesamt

15-65 Jahre

25-65 Jahre

45 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

2. Demografi e, Bildung und Arbeit – Den demografi schen Wandel aktiv gestalten

Um Aussagen zu dem zukünftigen Fachkräftebedarf für die Schlüssel-branchen der Region Mittelsach-sens zu treffen, gilt es, neben der aus Ersatz- und Erweiterungsbe-darf resultierenden Nachfragesei-te auch die Angebotsseite, d.h. vor allem das zukünftige Angebot von qualifi zierten Fachkräften und Ingenieuren, in den Blick zu neh-men.So zeigt die Prognose der voraus-sichtlichen Entwicklung der Absol-ventenzahlen an den sächsischen Hochschulen in ausgewählten Fachbereichen, wie bspw. Ma-thematik, Naturwissenschaften oder Maschinenbau, dass sich auch dort die Auswirkungen der demografi schen Entwicklung wi-derspiegeln. Diesem Negativtrend wird sich auch die TU Bergakade-mie Freiberg mit ihrem technisch-naturwissenschaftlichen Profil-stellen müssen.

Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen

Page 42: Grünbuch Freiberg

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2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Informatik Mathematik, Naturwissenschaften Maschinenbau Elektrotechnik übrige Ingenieurwissenschaften

Voraussichtliche Entwicklung der Absolventenzahlen an den Hochschulen in Sachsen in ausgewählten Fachbereichen

(indizierte Entwicklung, 2006=100%)

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Weiterhin zeigt sich, dass auf Grund der demografi schen Ent-wicklung die Schülerabgangs-zahlen deutlich sinken werden und somit auch das zukünftige Potenzial an Auszubildenden deut-lich schrumpfen wird, wobei Mit-telschulen und Gymnasien glei-chermaßen von dem Rückgang betroffen sein werden. Zwar wird sich die Schülerzahl ab 2012/13 wieder leicht erhöhen, perspekti-visch allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau einpendeln. Dabei wird die Region Freiberg voraussichtlich stärker als die Re-gionen Mittweida und Döbeln be-troffen sein.

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2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

LK Freiberg LK Mittweida LK Stollberg

Schülerabgangszahlen in Mittelsachsen bis 2016

(indizierte Entwicklung, 2007=100%)

Quelle: Schulamt Chemnitz 2005

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LK Döbeln

Der demografi sch bedingte Rück-gang an Schüler-, Studenten- und Absolventenzahlen ist nicht mehr aufzuhalten. Umso wichtiger wird es zukünftig werden, die Absol-venten frühzeitig an die Region zu binden und die Abwanderung junger Menschen vor allem in Richtung der westlichen Bundes-länder, aber auch ins Ausland zu reduzieren. Eine zentrale Erkennt-nis der vom Institut für Soziologie der FSU Jena in den letzten Jah-ren durchgeführten Schülerbefra-gungen in Ostdeutschland ist, dass junge Menschen oftmals nur über ein geringes Wissen be-züglich der Unternehmen in ihrer Region verfügen.

46V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Quelle: zdw (2005)

Page 43: Grünbuch Freiberg

Vernetzung und Optimierung von Wirtschaft und Wissenschaft zur Steigerung der Wettbe-werbsfähigkeit durch einen Wissens- und Innovationstransfer

Ziel

2

Ziel

In Sachsen gibt es allerdings weniger eine Abwanderungsneigung als eine Abwanderungserwar-tung bei jungen Menschen. Allerdings sind es nicht die Lebensbedingungen und eine fehlende regionale Bindung, welche zum Verlassen der Heimat bewegen, sondern vielmehr die als proble-matisch wahrgenommenen Ausbildungs- und Beschäftigungsoptionen. Daher sollte im Unterricht der Bezug zur regionalen Wirtschaft intensiver thematisiert werden.

Informationsvermittlung über oftmals unbekannte Berufsbilder durch Praktika, Betriebs-exkursionen und praxisnahe Anwendungsbeispiele im Unterricht

Maßnahmen

• Intensivierung der bestehenden Partnerschaften und Kooperationsverträge zwischen regionalen Unternehmen, Schulen sowie Universitäten und Fachhochschulen• frühzeitige Kommunikation attraktiver regionaler Ausbildungs- und Beschäftigungsoptionen

Zudem wirken kontinuierliche Praxiskontakte zwischen Hochschulen und regionaler Wirtschaft einer „mentalen Deindustrialisierung“ und der daraus resultierenden Abwanderungsneigung der Akademiker entgegen. Sie machen kleinere Unternehmen und entsprechende Einsatzgebiete überhaupt erst bekannt. Des Weiteren rufen sie generell die Existenz einer dynamischen regio-nalen Wirtschaftsstruktur in das Bewusstsein der Studierenden.

Maßnahmen

• Fortführung des in Gang gekommenen Clusterbildungsprozesses• Schaffung fruchtbarer Innovationskoalitionen • Austausch materieller Ressourcen• Nutzung von Kompetenzen und Koordination gemeinsamer Aus- und Weiterbildungsangebote• Wissenstransfer zum Beispiel auch „über Köpfe“, d.h. über die zeitweise Verpfl ichtung von Kompetenzträgern (z.B. Honorarprofessuren oder Lehraufträge für Unternehmer)• Weiterführung des Matchingprozesses zwischen Wirtschaft und Wissenschaft • Entwicklung passförmiger Ausbildungsangebote• Schließen regionaler Fachkräftelücken

Eine weitere Stellschraube, um den negativen Effekten der demografi schen Entwicklung entge-genzuwirken, ist die Personalpolitik der Unternehmen. So erhöhen beispielsweise eine heterogene Altersstruktur, ein Geschlechter- und Nationalitätenmix sowie die Integration von Quereinsteigern und Menschen mit „bunten“ Erwerbsbiografi en die Innovations- und damit auch die Wettbewerbs-fähigkeit eines Unternehmens.

1

47 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 44: Grünbuch Freiberg

Ökonomie

Demografie

sinkende Nachfrage nach personenbezogenen

Dienstleistungen

Fachkräftemangel

wachsende Wettbewerbsfähigkeit der

Unternehmen

hohe Exportquoten

attraktive Arbeitsplätze

innovative Personalpolitik

attraktive Unternehmensstruktur

Innovations- und Kooperationspolitik

regionales Bildungs- und Innovationsmanagement

zentrale Stellschrauben

bremst aus

korrigiert

Ziel

3 • Schaffung einer innovativen und attraktiven Unternehmenskultur zur Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit• Etablierung einer familienfreundlichen Personalpolitik• Motivation und Identifi kation der Beschäftigten mit dem Unternehmen • Verbesserung der Lebensqualität als entscheidender Faktor für den Verbleib oder den Zuzug von Unternehmern, Fachkräften

Maßnahmen

• Flache Hierarchien• Partizipation der Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen• gute Aufstiegsmöglichkeiten und ein identitätsstiftendes Arbeitsklima zur Erhöhung der Attraktivität eines Unternehmens• Innovative Rekrutierungs- und Bindungsstrategien mit dem Ziel der Erhöhung der Aus- und Weiterbildungsquote zur Verbesserung der Erschließungsbedingungen für Humanressourcen • Verbesserung weicher Faktoren • Erhöhung der Anzahl an Kindergarten- und –krippenplätzen• Bedarfsgerechtes Angebot an fl exiblen Kinderbetreuungsmöglichkeiten• Schaffung eines attraktiven Wohnumfeldes• Kultur- und Freizeitangebote • Einführung familienfreundlicher Angebote• Familienfreundlichkeit als Standort- und Wettbewerbsvorteil

Handlungsempfehlungen

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Mittelsachsen zum Einen durch eine hohe wirtschaft-liche Dynamik und zum Anderen durch die demografi sche Entwicklung gekennzeichnet ist. Die zukünftige Entwicklung der Region wird wesentlich davon abhängen, inwieweit es mit Hilfe einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung gelingt, die negativen demografi schen Effekte zu kompen-sieren.

48V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Region • die Etablierung eines bedarfsorientierten Bildungsmanagements• die Gewährleistung effi zienter regionaler Wissenstransfers• die Schaffung fruchtbarer Innovations- koalitionen

Unternehmen

• eine familienfreundliche, innovative Personalpolitik• eine attraktive Unternehmenskultur• eine Innovations- und Kooperationspolitik

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Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena

Page 45: Grünbuch Freiberg

Angesichts der zunehmenden Globalisierung des Ar-beits- und Wirtschaftslebens kommt der Sicherung der Attraktivität des Lebens- und Arbeitsumfeldes besondere Bedeutung zu.

Lebensumfeld

Die Anforderungen an das Lebensumfeld sind indivi-duell und altersbedingt sehr unterschiedlich. Die Stadt Freiberg verbindet ihren Charme einer attraktiven hi-storischen Altstadt mit zahlreichen Sehenswürdig-keiten sowie mit Einrichtungen des Einzelhandels und der Gastronomie. Darüber hinaus ermöglichen die weitläufi gen Grünanlagen und Parks ebenso wie das naturverbundene Umland vielfältige Erholungs- und sportliche Möglichkeiten. Sportlich bieten sich der Bevölkerung von Spielplätzen über das Badever-gnügen, Sportvereine bis hin zu den Rad- und Wan-derwegen für alle Altersgruppen Möglichkeiten. Auch in Sachen Kunst und Kultur bietet sich in Freiberg ein interessantes Angebot, wie bspw. die Aufführungen und Konzerte des Mittelsächsischen Theaters sowie regelmäßige Ausstellungen in den Galerien und Mu-seen in und um Freiberg.

Aus der aktuellen Bevölkerungsentwicklung lassen sich zwei Herausforderungen ableiten:

• Entleerte Räume in Folge der Schrumpfung, insbesondere in ländlichen Regionen• Altersgruppengerechte, soziale und kulturelle Einrichtungen

Auf Grund der entleerten Räume entsteht erheblicher Anpassungsbedarf für die vorhandenen technischen Infrastruktureinrichtungen und deren langfristiger Fi-nanzierbarkeit. Hohe Mietnebenkosten in Folge feh-lender Mieter erhöhen die Abwanderungsneigung der noch vorhandenen Mieter und verschärfen so den bestehenden Konfl ikt. Neben dem Kostenaspekt wirkt sich der Zustand des Wohnumfeldes auf das all-gemeine Wohlbefi nden aus. Lange Zeit leerstehende Gebäude oder Wohnungen bewirken weitere neue Leerstände. Stadtplanerisch und versorgungstech-nisch sind hier integrierte, innovative Lösungen unter Einbeziehung der potenziellen Nutzer zu entwickeln, welche zur Attraktivität der Innenstädte beitragen.

3. Lebensumfeld und Infrastruktur

Mit zunehmendem Alter erhöhen sich die Bedürfnisse bezüglich der Inanspruchnahme von sozialen Einrich-tungen. Gesundheitseinrichtungen und soziale Treff-punkte in Wohnnähe gewinnen an Bedeutung. Die Erreichbarkeit der öffentlichen Einrichtungen muss mit öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet sein.Die Verfügbarkeit von altersgerechten Wohnformen verhindert die Abwanderung älterer Bürger. Auf Grund der körperlichen Belastungen kann davon aus-gegangen werden, dass Urlaubsziele eher in der nä-heren Umgebung gesucht werden. Die Region Mit-telsachsen verfügt hier über gute Randbedingungen, welche es zukünftig umfassender zu nutzen gilt.

Um die bestehende Wirtschaft und Arbeitskräfte hal-ten und neue Wirtschaft und Arbeitskräfte anziehen zu können, werden bei der zukünftigen Gestaltung des Lebensumfeldes der Region Mittelsachsen fol-gende Maßnahmen gesehen.

• Gestaltung einer bedarfsgerechten Verkehrsinfrastruktur durch eine effi ziente Vernetzung von Straße und Bahn• qualitative und quantitative Anpassung der kulturellen und sozialen Infrastruktur• Erhalt und Ausbau bedarfsgerechter generations- gerechter Infrastruktureinrichtungen• Nutzbarmachung und Attraktivitätssteigerungen innerstädtischer Bebauungen durch Handel, Handwerk und Wohnen (Generationenhäuser)• Aufbau energieeffi zienter Regionen durch Energie- mix und Einbindung regionaler Energieerzeuger- und -versorger• Schlanke und effi ziente Verwaltung der Region Mittelsachsen

Die Lebensqualität ist bei der Entscheidung über den Verbleib oder den Zuzug von Unternehmern und Fachkräften in eine Region ein nicht zu unterschät-zender Einfl ussfaktor. Daher gilt es, Erfolge, wie die gute Bewertung der Region Mittelsachsen, im Famili-enatlas 2007 auszubauen und öffentlichkeitswirksam zu kommunizieren.

49 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 46: Grünbuch Freiberg

Infrastruktur

Die Bereitstellung der zur Daseinsvorsorge benö-tigten Infrastruktureinrichtungen obliegt der zustän-digen Gebietskörperschaft. Bei den Infrastrukturein-richtungen ist dabei zu unterscheiden in technische und soziale Infrastruktureinrichtungen. Letztere umfassen den Gesundheits- und Bildungsbereich, Dienstleistungen, Kultur, Verwaltung und Sicherheit und stellen letztendlich so genannte weiche Stand-ortfaktoren dar. Die technischen Infrastruktureinrich-tungen beinhalten die medienseitige Ver- und Ent-sorgung, Kommunikation und Information sowie die Verkehrsinfrastruktur. Nachfolgend soll auf einige für die wirtschaftliche Entwicklung wesentliche Faktoren eingegangen werden.

Maßnahmen

Versorgung/Entsorgung

Technische Grundvoraussetzung für den Betrieb von Unternehmen ist die zuverlässige Bereitstellung der benötigten Medien. Neben der Versorgung mit Ener-gie, Wasser und Wärme spielt die Versorgung mit technischen Gasen oder Druckluft eine zunehmende Rolle im internationalen Standortwettbewerb. Au-tarke Energieversorgungssysteme dürften zukünftig an Bedeutung gewinnen. Entsorgungsseitig sind neben der Abwasseraufberei-tung langfristige Lösungen zum Ungang mit den Ab-fällen bzw. Reststoffen (Recycling, Deponierung) zu berücksichtigen. Intelligentes Bodenmanagement, wie bspw. am Standort Saxonia-Areal in Freiberg, kann zur Wirtschaftlichkeit von Standortentwick-lungen beitragen.

Kommunikation/Information

Die Möglichkeit zum globalen Datentransfer und der damit verbundene Austausch von Informationen bil-deten im Zeitalter der Wissensgesellschaft die Basis überregionaltätiger Unternehmen für eine effi ziente Arbeitsteilung und die Erschießung neuer Märkte. Eine regionale Kommunikationsplattform könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Region unterstützen.

Verkehrsinfrastruktur

Die globale Arbeitsteilung führte zu den so genann-ten Just-in-time-Produktionsprozessen und dem Erfordernis der zeitnahen Beschaffung von Vorpro-dukten. Mit dem Ausbau der Autobahnen und Umge-hungsstraßen wurden die entsprechenden verkehrs-technischen Voraussetzungen geschaffen. Im ehem. Landkreis Freiberg besteht hier weiterhin Nachhol-bedarf, um den logistischen Anforderungen der Un-ternehmen der Region gerecht zu werden. Der ge-genwärtige Ausbau der Bundesstraße B101 und der Ortsumgehungen sind hier wichtige Meilensteine.

Das Vorhandensein der infrastrukturellen Rahmen-bedingungen für die in der Region anzusiedelnden Schlüsselbranchen bildet die Ausgangsbasis für eine prosperierende wirtschaftliche Entwicklung. Mittels eines gezielten und koordinierten Regionalmarketing Mittelsachsen sind diese Handlungsschwerpunkte sowohl regional als auch national und international sichtbar zu machen. Dabei sind die Stärken der Regi-on und das Know-how der ansässigen Unternehmen zielorientiert zu kommunizieren.

50V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 47: Grünbuch Freiberg

• der Infrastruktur im Bereich Verkehr, Medien sowie Forschung und Entwicklung• den Forschungs- und Entwicklungskapazitäten im Bereich angewandter Forschung und Grundlagenforschung• dem Arbeitskräftepotenzial hinsichtlich Bildungsstand, Ausbildungsstruktur und Alter• dem Bestand und der Entwicklung zukunftsfähiger Unternehmen

Zwischen diesen sich gegenseitig bedingenden Standortfaktoren bestehen enge Wechselbezie-hungen, die durch spez. Netzwerke aufeinander abgestimmt und durch veränderte innere und äußere Rahmenbedingungen (Demografi e, Globalisierung) immer wieder anzupassen sind. Fehlt einer dieser Faktoren oder ist einer ungenügend entwickelt, führt dies zu Wachstumsstörungen.

Dieser Zusammenhang wird durch folgendes Schaubild charakterisiert:

Darüber hinaus haben weiche Standortfaktoren, die allgemein als soziale Infrastruktur bezeichnet werden, einen nicht zu unterschätzenden Einfl uss auf das regionale Wachstum. Herauszuheben sind insbesondere solche Faktoren wie:

• Gesundheitsversorgung• Kulturangebote• Bildungsmöglichkeiten

Unternehmensbestand

Arbeitskräftepotenzial

FuE KapazitätInfrastruktur Netzwerke

51 V. Entwicklungsoptionenfür die Region

4. Ansätze für ein regionales Wachstum

Das Wachstum einer Region ist von folgenden Komponenten abhängig:

• Wohn- und Wohnumfeldangebote• Freizeit- und Erholungsofferten• kundenfreundliche Verwaltung

Page 48: Grünbuch Freiberg

Ziel 1. Stärkung der regionalen Wirtschaft durch die Gründung, Ansiedlung und Bindung von Unternehmen und Arbeitskräften an die Region, 2. Initiierung und Ausbau von Netzwerken zum Wissens- und Erfahrungsaustausch sowie Kooperation von Unternehmen und Institutionen,3. Förderung der schulischen, berufl ichen und universitären Aus- und Weiterbildung sowie 4. Einleitung von Maßnahmen zur nachhaltigen Steigerung der Lebensqualität.

Maßnahmen

1. Schaffung effi zienter Netzwerkstrukturen innerhalb der Region Mittelsachsen.

Die Komplexität der wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Arbeitsteilung können von kleinen und mittelständischen Unternehmen nur durch Kooperationen und Netzwerkaktivitäten bewältigt werden. Die Wirtschaftsstruktur in der Region Mittelsachsen wird geprägt von einer Vielzahl von KMU´s in den verschiedenen Branchen. Vorhandene Netzwerke stehen einerseits vor der Aufgabe der rechtzeitigen Bereitstellung relevanter Informationen und andererseits der Vermeidung von kontraproduktivem Wettbewerb zwischen den am Netzwerk beteiligten Unternehmen. Durch Po-litik und Verwaltung sollten Anreize zum Engagement in Netzwerken geschaffen und gleichzeitig eine für die Region nachhaltige Zusammenarbeit angestrebt werden.

2. Schaffung von zukunftsweisenden Aus- und Weiterbildungskonzepten sowie eines Kooperationskonzeptes für die Hochschulen und öffentlichen Forschungseinrichtungen

Die globalen und EU-erweiterungsbedingten Veränderungsprozesse sowie der technische Fort-schritt, insbesondere in der Informations- und Kommunikationstechnik, führen zu neuen Herausfor-derungen an die Aus- und Weiterbildung. Die frühzeitige Heranführung der Schüler, Auszubilden-den und Studenten an die Aufgaben in zukunftsfähigen Branchen bildet eine Grundvoraussetzung für die Orientierung, Anpassung und Wettbewerbsfähigkeit am globalen Arbeitsmarkt. Als Platt-form können bereits vorhandene Schülerakademien, Schülerpraktika und Patenschaften von Schu-len und Hochschulen genutzt werden. Eine fortlaufende, berufsbegleitende Weiterbildung ist ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung des Arbeitsplatzes. Durch die Bildungsträger sind unter Einbe-ziehung der Unternehmen entsprechende Weiterbildungsangebote zu entwickeln und ständig an die neuen Anforderungen anzupassen. Die universitäre Ausbildung steht vor der Herausforderung eines stärkeren Wettbewerbs um Studenten und Lehrende zwischen den Einrichtungen. Regi-onale Zusammenarbeit und Konzentration auf Kernkompetenzen können zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen.

3. Neuordnung der regionalen Wirtschaftsförderung durch Bündelung der Wirtschaftsförder- aktivitäten möglichst unter einem Dach als zentrale Anlaufstelle für Investoren und regionale Unternehmen Synergieeffekte können durch die Bündelung der Wirtschaftsförderungsaktivitäten der bisherigen drei Landkreise unter einem Dach erzielt werden. Eine derartige zentrale Anlaufstelle für alle Ak-teure kann einen ersten Baustein darstellen. Neben der Ansiedlung von Unternehmen kommt der Unterstützung der in der Region ansässigen Unternehmen große Bedeutung zu. Außerdem gilt es, die vorhandenen Innovationspotenziale durch zielgerichtete Unterstützung von Gründungen intensiver zu nutzen.

4. Vereinfachung und Reduzierung bürokratischer Verfahrensweisen

Ein wesentliches Hemmnis für unternehmerische Tätigkeiten ist das Vorhandensein einer Vielzahl von Vorschriften und bürokratischen Verfahrensweisen. Das unternehmerische Engagement hängt in zunehmendem Maß davon ab, dass Entscheidungen und Genehmigungen schnell und einfach erfolgen. Eine Verbesserung der institutionellen Regelungen bezüglich der Entscheidungsprozesse öffentlicher Einrichtungen, wie z.B. der Aufbau eines effi zienten behördlichen Genehmigungsma-nagements, ist eine entscheidender Faktor für erfolgreiches unternehmerisches Handeln.

52V. Entwicklungsoptionenfür die Region

Page 49: Grünbuch Freiberg

VI. Zusammenfassung - Handlungsempfehlungen

Die Bewältigung der Veränderungsprozesse in Folge des globalen Wandels und der EU-Osterweiterung stel-len an die handelnden Akteure neue Herausforderungen. Die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Regi-on wird entscheidend davon abhängen, wie es gelingt, im weltweiten Wettbewerb um Ressourcen sowie um Fachkräfte rechtzeitig die erforderlichen Schritte zur Verbesserung der Zukunftsfähigkeit einzuleiten. Perspektiven für die zukünftige Entwicklung der Region wurden in ausgewählten Handlungsfeldern skizziert. Diese können und sollen jedoch nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Chancen für eine weiterhin positive Entwicklung für Unternehmen, Beschäftigte und die Region insgesamt werden dabei in folgenden Schwerpunkten gesehen:

53 VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

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Unternehmerische Tätigkeiten sind geprägt durch Entscheidungen bei einer gleichzeitigen Ungewiss-heit über die zukünftige Entwicklung. Vor diesem Hintergrund ist das Vorhandensein entscheidungsre-levanter Informationen für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen eine existenzielle Voraussetzung. Im Folgenden wird auf den globalen Wettbewerb sowie die demografi sche Entwicklung als zentrale Heraus-forderungen für die erfolgreiche zukünftige Entwick-lung von Unternehmen eingegangen.

Herausforderung: Globaler Wettbewerb um Ressour-cen und Märkte

Die Verknappung der natürlichen Ressourcen durch die weltweit gestiegene Nachfrage führt zu Engpäs-sen in deren Verfügbarkeit und zu höheren Marktprei-sen. In Folge dessen verschärft sich der internationa-le Wettbewerb um Rohstoffe zunehmend. Zukünftig kommen dem Erschließen neuer und alternativer Ressourcen sowie der Entwicklung ressourcenspa-render Technologien besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus führen Veränderungen der Kapital- und Arbeitsmärkte, steigende Mobilität sowie neue Möglichkeiten der Informations- und Kommunikati-onstechnologien zur globalisierungsbedingten Öff-nung der Märkte und zusätzlichem Wettbewerbs-druck. Die langfristig erfolgreiche Entwicklung von Unternehmen kann nur gesichert werden, wenn einerseits diese Trends erkannt sowie andererseits unternehmensspezifi sche strategische Reaktionen erfolgen.

1. Unternehmen/Wirtschaft

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Page 50: Grünbuch Freiberg

Bildung leistungsfähiger strategischer Allianzen bzw. Einbindung in bestehende kooperative regionale Engagements

• Überwindung mentaler Barrieren gegenüber regionalen Kooperationen, um langfristig auf dem internationlen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben• Informationsaustausch über Produktions- und Fertigungsprozesse, Marktveränderungen und -trends, Kunden und Wettbewerb• Anschub gemeinsamer FuE-Projekte• Realisierung effektiver Arbeitsteilungsprozesse in den Unternehmen• Realisierung gemeinsamer Vermarktungsinitiativen

Einen Überblick über die Hauptziele und Maßnahmen in den ausgewählten Handlungsfeldern in der Region Mittelsachsen enthält die nachfolgende Tabelle.

54VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Handlungsempfehlungen

Konzentration auf ressourceneffi ziente Technologien und zukunftsträchtige wettbewerbsfähige Technologiefelder

• Entwicklung und Umsetzung von werkstoff-, material- und energieeffi zienten Verfahren und Technologien• Zukunftsträchtige wettbewerbsfähige Technologiefelder

- Entwicklung von Materialien/Verfahren/Produkten zur Energiespeicherung - Entwicklung von Methoden zur Kopplung regenerativer und klassischer Energieerzeugung - Verantwortungsvoller Umgang mit vorhandenen Ressourcen und Bestandsfl ächen (Brachfl ächenrevitalisierung) - Forschung auf dem Sektor Materialien und Werkstoffe für neue Einsatzfelder (Leichtbau, organische Werkstoffe, Verbundwerkstoffe, Beschichtung, hochfeste Werkstoffe)

Page 51: Grünbuch Freiberg

Handlungsfeld

Werkstoffe

Energie

Umwelt

Landwirtschaft

Tourismus

Gründungen

Hauptziel Maßnahmen

Entwicklung und Umsetzung von werk-stoff- und materialeffi zienten Verfahren und Technologien

Erzeugung von 40% der in der Region benötigten Energie aus Erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Einsparung von 20% der eingesetzten Energie über den Einsatz von Energieeffi zienzinnova-tionen

Ausbau der Potenziale in der Recycling-wirtschaft und der Bodenbehandlung

- Gezieltere Ausrichtung der Grundlagen- forschung- Aufbau, Neustrukturierung bzw. Wiederbelebung von anwendungs- orientierten Forschungsinstituten und Forschungs GmbH´s- Bessere Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft

- Umsetzung kommunaler Klimaschutz- und Energiekonzepte - Konzepte energieeffi zienter Stadtteile- Aufbau eines Netzwerkes Erneuerbarer Energien unter Einbindung von Stadtwerken

- Untersuchungen für den Leitmarkt Kreislaufwirtschaft- Initiierung regionale Arbeitsgruppe u. Erarbeitung eines Maßnahmeplans - Verknüpfung der vorhandenen F&E-Kompetenzen

- stoffl iche und energetische Verwer- tung nachwachsender Rohstoffe - Überführung Reststoffe aus stoffl icher Verwertung in die Energieerzeugung- Rückführung Reststoffe aus energeti- schen Verwertung auf den Acker

- Vernetzung der Reisegebiete- Generationenspezifi sche Angebote- Ausbau vorhandener Dachmarken

- vorwettbewerbliche Gründungsunter- stützung (material, personell, fi nanziell)- Erfassung, Bewertung, Auswahl der Gründungspotenziale - Marktanpassungsentwicklung

Bildung regionaler Wertschöpfungsket-ten und Kreislaufwirtschaft

Verbesserung der touristischen Erleb-barkeit der Region Mittelsachsen

Erhöhung der Anzahl von technologieori-entierten Gründungen

55 VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

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56VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Herausforderung: Demografi sche Entwicklung

Vor dem Hintergrund der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung, dem Rückgang der Absolventenzahlen so-wie der Verfügbarkeit qualifi zierter Fachkräfte verschärft sich der Wettbewerb um Fachkräfte. Insbesondere im Hinblick auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf können fl exible Strukturen u.a. für erwerbstätige Frauen entscheidende Wettbewerbsfaktoren darstellen. Basierend auf einer Analyse der vorhandenen Altersstruktur der Beschäftigten bildet eine vorausschauende und strategische Personalpolitik die Grundlage für eine nach-haltige Unternehmensentwicklung.

Handlungsempfehlungen Sicherung des Fachkräftebedarfs

• Systematische Bedarfsplanung, Ausbildung und Qualifi zierung von Fachkräften• Nachwuchsförderung durch Praktika für Schüler, Auszubildende und Studenten • Förderung fl exibler Arbeitsgestaltungsformen • Förderung kontinuierlicher Weiterbildung der Beschäftigten• Globale Suche nach Fachkräften

2. Region Mittelsachsen

Reg

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Die zukünftige positive Entwick-lung der Region Mittelsachsen bestimmt sich wesentlich durch strategische Weichenstellungen für die Bereiche Wirtschaft, FuE und Wissenschaft, Demo-grafi e, Bildung und Arbeit sowie das Lebensumfeld und die Infra-struktur.

Die Bevölkerung, die Beschäf-tigten und die zuständige Ge-bietskörperschaft müssen sich auch in diesen Bereichen ver-schiedenen Herausforderungen stellen. Im Folgenden werden diese Herausforderungen näher betrachtet und Empfehlungen zur Reaktion und zukünftig stra-tegischen Ausrichtung gegeben.

Page 53: Grünbuch Freiberg

Handlungsempfehlungen

Wiederbelebung, Neustrukturierung und Aufbau der Forschungsinfrastruktur in den regionalen Schwerpunkttechnologien (Innovationszentren) sowie Abstimmung zu Themen der Grundlagenfor-schung

Die Wiederbelebung, Neustrukturierung und der Aufbau von grundfi nanzierten Forschungsinstituten (Fraun-hofer Institut, An-Institute von Hochschulen, etc.) und angewandten Forschungs- und Entwicklungsbetrieben (Forschungs-GmbH´s) als Innovationszentren haben für die Entwicklung der aufgezeigten Technologiefelder zur Behauptung im Wettbewerb besondere Bedeutung. Entsprechend der sowohl ehemals traditionellen als auch zukunftsträchtigen Schwerpunkttechnologien der Region sollte dies, insbesondere in folgenden Be-reichen, fokussiert werden:

• Geologische Forschung, Erkundung und Gewinnung• Aufbereitung, Recycling, Umwelt • Material, Werkstoffe• Halbleiterwerkstoffe• Fertigungstechnologien• Energie (klassische und regenerative Energieträger)

Vernetzung von Grundlagenforschung, Forschung und Entwicklung mit wirtschaftlicher Anwendung durch regionalen Technologietransfer

Der regionale Technologietransfer ist durch geeignete Organisationsstrukturen zu unterstützen und voran-zutreiben, um langfristig die Innovationsfähigkeit der Region Mittelsachsen sichern zu können. Das Bemü-hen dieser zentralen Organisationsform sollte darin bestehen, vorhandene Teilstrukturen in ein komplexes Gesamtsystem zu integrieren sowie Kommunikations- und Austauschprozesse zwischen den Partnern zu forcieren und zu unterstützen.

• systematische Informationssammlung und -bereitstellung markt- und branchenspezifi scher Entwicklungen• Stimulierung der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und regionalen Forschungseinrichtungen zur Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen und ihrer gemeinsamen Umsetzung am Markt• Integration und Ausbau regionaler Netzwerke, insbesondere in den aufgezeigten Schlüsselbranchen• Verstetigung des Wissenstransfers zu Zukunftsfragen sowie öffentlichkeitswirksame Kommunikation (bspw. Freiberger/Mittelsächsische Wirtschaftstage, Freiberger Forschungsforum/Berg- und Hüttenmännischer Tag)

57 VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Wirtschaft, FuE und Wissenschaft

Die besonderen Herausforderungen für eine langfristige wettbewerbsfähige und erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung der Region bestehen darin, die (bestehende) Wirtschaft durch Erkenntnisse und Methoden der angewandten Forschung und Entwicklung zu unterstützen und zu stärken.

Herausforderung: Verzahnung von Wirtschaft, Forschung und Entwicklung sowie Wissenschaft

Besondere Bedeutung ist zukünftig einer sensiblen Ausrichtung der Grundlagenforschung an Bedürfnisse der als zukunfts- und wettbewerbsfähig defi nierten regionalen Technologiefelder beizumessen. In diesem Zusam-menhang ist insbesondere die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft unter Beachtung der regionalen Wirksamkeit der Grundlagen- und angewandten Forschung weiter zielorientiert auszurichten.

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58VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Demografi e, Bildung und Arbeit

Herausforderung: Strategien zur Bewältigung der Auswirkungen des demografi schen Wandels Die niedrigen Geburtenzahlen und der aus den verstärkten Renteneintritten resultierende Rückgang der Be-völkerung im erwerbsfähigen Alter werden sich zum Teil negativ auf die Verfügbarkeit von Fachkräften aus-wirken. Darüber hinaus werden die aus der demografi schen Entwicklung resultierende Schrumpfung und Alterung alle Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens in Mittelsachsen erfassen. Der demografi sche Wandel bietet jedoch auch Chancen für Veränderungen, die neue Perspektiven für das Zusam-menleben in Mittelsachsen eröffnen können.

Handlungsempfehlungen

Ausbau der fl ächendeckenden Vereinbarkeit von Familie und Beruf

• Ausbau und Kommunikation der Region als familienfreundlicher Standort• Stabilisierung und Ausbau der Ganztagsangebote im Bereich der Kinder- und Schulbetreuung• Flexibilisierung der Betreuungsangebote • Schaffung von Möglichkeiten zum intergenerativen Zusammenleben

Anpassung des Bildungsbereichs an die regionalen Herausforderungen

• Flächendeckende Umsetzung der Programme der Qualifi zierungsoffensive• Sicherung und Gestaltung der Schulinfrastruktur• Einrichtung eines Schülerforschungszentrums• Stabilisierung der neu eingerichteten Fachklasse Mechatroniker • Schaffung nachfragerorientierter Bildungsangebote• Erhöhung der Qualität und Ausbau des Wissens- und Innovationstransfers• Stärkung der Verzahnung von Wirtschaft und Bildung

Fachkräftesicherung

• Evaluation und Kommunikation spezieller Beschäftigungs- und Qualifi zierungsmaßnahmen und -angebote für Geringqualifi zierte und Langzeitarbeitslose• Aufzeigen von Entwicklungs-, Lebens- und Arbeitsperspektiven in der Region

Der demografi sche Wandel stellt an die Zukunftsgestaltung der Region Mittelsachsen große Herausforde-rungen. So wird nach aktuellen Prognosen die Bevölkerung im Landkreis Mittelsachsen um ca. 10% im Ver-gleich zu 2006 zurückgehen. Dies entspricht einer absoluten Zahl von 35.504 Personen. Zugleich sinkt jedoch das Erwerbspersonenpotenzial um fast 20%. Besonders gravierend ist hierbei der Rückgang des Erwerbs-personenpotenzials bei der Altersgruppe der 15 bis 25jährigen (-41,2%), während in der Gruppe der 55 bis 65jährigen eine Zunahme von 19,6% zu verzeichnen ist. Ebenso steigt der Anteil der über 65jährigen. Bis zum Jahr 2020 steigt diese Zahl um ca. 11,4%.

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59 VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Die Veränderungsprozesse in der Welt beeinfl ussen die regionalen Arbeitsmärkte in steigendem Maß. Eine Stabilisierung der Beschäftigungssituation erfordert fl exible Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung sek-toraler und regionaler Rahmenbedingungen. Der Wettbewerb um Arbeitsplätze fi ndet auf globaler Ebene statt.

Herausforderungen für Beschäftigte: Globalisierung des Arbeitsmarktes, lebenslanges Lernen

Die Arbeitswelt befi ndet sich in einem branchenbezogenen Prozess der Umwälzung. Jobs fürs Leben wei-chen zunehmend fl exiblen Strukturen. Zukunftsberufe der Vergangenheit können sich in wertloses Wissen umwandeln.

Dieser Strukturwandel geht mit höheren Qualifi kationsanforderungen einher. In Abhängigkeit vom erforder-lichen Qualifi zierungsniveau in den verschiedenen Stufen der Produktionsprozesse sind Unternehmen und Beschäftigte gezwungen, eigene Strategien zu entwickeln.

Die Neuausrichtung der Arbeitsteilung in Raum und Zeit bringen erweiterte individuelle Freiheitsgrade und größere Eigenverantwortung mit sich. Das Konzept der klassischen Erwerbsarbeit wird durch dezentrale und fl exible Arbeitsformen abgelöst.

Handlungsempfehlungen für Beschäftigte

• Nutzung vorhandener Weiterbildungsangebote• Bereitschaft zur Mobilität • Entwicklung zur Bereitschaft zum lebenslangen Lernen • Überwinden von Sprachbarrieren im Arbeitsumfeld

Lebensumfeld und Infrastruktur

Angesichts der zunehmenden Globalisierung des Arbeits- und Wirtschaftslebens kommt der Sicherung der Attraktivität des Lebens-, Arbeits- und Unternehmensumfeldes in Mittelsachsen besondere Bedeutung zu. Nur so wird es möglich, die bestehende Wirtschaft und Arbeitskräfte zu halten und weitere Unternehmen und Arbeitskräfte in die Region zu ziehen.

Herausforderung: Ausbau der Attraktivität des Lebens-, Arbeits- und Unternehmensumfeldes unter Berück-sichtigung der demografi schen Veränderungen

Bei der Standortauswahl von Unternehmen sind die optimale Gestaltung des Lebensumfeldes und die Wirt-schaftsförderung von zunehmender Bedeutung. Durch vorausschauende und nachhaltige Planung muss die vorhandene Infrastruktur auf die neuen Anforderungen der Unternehmen und der Beschäftigten ausgerichtet werden. Die Prüfkriterien von Entscheidungsträgern in Unternehmen sind ebenso zu berücksichtigen, wie be-schaffungsseitige und nachfrageseitige Faktoren. Nur durch eine effi ziente und gezielte Ausrichtung der Regi-onalentwicklung auf zukunftsorientierte Branchen, unter Nutzung aller vorhandenen Potenziale, kann der glo-bale Standortwettbewerb um Investitionen, Ansiedlungen und Arbeitskräfte erfolgreich bewältigt werden.

Handlungsempfehlungen

• Ausbau einer bedarfsgerechten Verkehrs-, Medien- und Forschungsinfrastruktur • Gestaltung der kulturellen und sozialen Infrastruktur• Reduzierung der Inanspruchnahme neuer Flächen zugunsten der Revitalisierung von Brachfl ächen• Schlanke und effi ziente Verwaltung der Region Mittelsachsen• Schaffung zentraler Netzwerkstrukturen zur Wirtschaftsförderung• Nutzbarmachung und Attraktivitätssteigerungen innerstädtischer Bebauungen durch Handel, Handwerk und Wohnen (Generationenhäuser)

Page 56: Grünbuch Freiberg

60VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Die größte Herausforderung in den kommenden Jahren ist das Zusammenwachsen der bisherigen

drei Landkreise (Döbeln, Freiberg, Mittweida) zu einer Region.

Mittels eines gezielten und koordinierten Regionalmarketing

Mittelsachsen sind die aufgezeigten Entwicklungsoptionen für

den neuen Landkreis weiterzuentwickeln sowie auch natio-

nal und international sichtbar zu machen, um damit auch

zukünftig länderübergreifende Zusammenarbeit forcieren

zu können. Darüber hinaus sind zukünftig regelmäßige

Fortschreibungen und Anpassungen an die Entwick-

lungen in der Region Mittelsachsen erforderlich.

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61 VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Vision Mittelsachsen 2028 Region der nachhaltigen Ressourcennutzung,

der umweltschonenden Energieerzeugung und

zukunftsfähigen Wirtschaft

Region der hohen Lebensqualität durch generationen-

und chancengerechte Lebensverhältnisse

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62Arbeitsübereinkommen CHANCE-Mittelsachsen

Arbeitsübereinkommen der regionalen Stake-holder zur Schaffung eines nachhaltigen regio-nalen Zukunftsmanagements

Im Rahmen der Umsetzung der regionalen Zukunfts-konferenz wurden die regionalen Stakeholder einge-laden, eine regionale Konferenz zu etablieren, durch die ein qualitatives Management der Umstrukturie-rung abgesichert werden kann. Durch diese Part-nerschaft wurde im Rahmen des Projektes auch ein wichtiger Beitrag geleistet, um den sozialen Dialog in den Regionen zu vertiefen.

Aufgabe der Zukunftskonferenz ist es, den gesam-ten Prozess des Projektes zu begleiten und für die nachhaltige Weiterführung dieses Prozesses zu sor-gen. Dazu gehört die Analyse der Wandlungspro-zesse, von denen die Region betroffen ist, die Iden-tifi kation von Umstrukturierungserfordernissen, die Entwicklung von Konzepten und Programmen zur Bewältigung dieser Umstrukturierung und das lau-fende Monitoring, inwieweit dieser Umstrukturie-rungsprozess erfolgreich ist. Gleichzeitig wurde im Umfeld der Konferenz ein Arbeitsübereinkommen mit den regionalen Stakeholdern ausgearbeitet und unterschrieben, um die Arbeit der Konferenz institu-tionell und nachhaltig abzusichern.

Im Rahmen des Projektes wurde dieser Prozess modellhaft durchgeführt und soll dann von der Kon-ferenz eigenständig weitergeführt werden.

Die Partner des Arbeitsübereinkommens CHANCE Mittelsachsen:

- ARGE Freiberg- Bellmann, Veronika, Mitglied des Deutschen Bundestages- Bundesverband Deutscher Unternehmer in der tschechischen Republik- CHOREN Industries GmbH- Freiberger Brauhaus AG- Freiberger AGENDA 21 e.V.- Förderverein Montanregion Erzgebirge e.V.- G.E.O.S. Freiberg Ingenieurgesellschaft mbH- Gesellschaft für Strukturentwicklung und Qualifi zierung Freiberg mbH- Gillo, Martin, Dr., Mitglied des Sächsischen Landtages- Handwerkskammer Chemnitz- Haustein, Heinz-Peter, Mitglied des Deutschen Bundestages- InnoRegio Freiberg e.V.- Industrie- und Handelskammer Südwestsachsen- Interdisziplinäres ökologisches Zentrum der TU Bergakademie Freiberg- Kreissparkasse Freiberg- Landkreis Freiberg/Mittelsachsen- Lanschaf(f)t Zukunft e.V. – ILE „Silbernes Erzgebirge“- Raatz, Simone, Dr., Mitglied des Sächsischen Landtages- SM Sächsisches Metallwerk Freiberg GmbH- Siltronic AG Freiberg- Solar World Innovations GmbH- TAKATA-PETRI Sachsen GmbH- TU Bergakademie Freiberg- Tourismusverband Erzgebirge e.V.- Universitätsstadt Freiberg

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63 Herausgeber undProjektpartner

SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbHHalsbrücker Straße 34D-09599 Freiberg

GeschäftsführerDipl.-Verwaltungswirt (FH) Erich Fritz

Telefon: +49 (0) 3731 395010Telefax: +49 (0) 3731 [email protected]

Gründer- und InnovationszentrumFreiberg/Brand-Erbisdorf GmbHAm St. Niclas Schacht 13D-09599 Freiberg

GeschäftsführerDr. Thomas Lindner

Telefon: +49 (0) 3731 781139Telefax: +49 (0) 3731 [email protected]

Initiative Südwestsachsen e.V.Neefestraße 88D-09116 Chemnitz

GeschäftsführerEberhard Neumann

Telefon: +49 (0) 371 / 350030Telefax: +49 (0) 371 / 350033 [email protected]

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64Impressum

SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbHErich FritzMichael HankeAlexander EisenblätterRené OtparlikKatja FriedrichDr. Roland LadwigTina Zänßler

Gründer- und Innovationszentrum Freiberg/Brand-Erbisdorf GmbHDr. Thomas LindnerDr. Frank GehreMichael NaumannDr. Sandra Kaminski

Initiative Südwestsachsen e.V., Andreas TöpferTU Bergakademie Freiberg, Prof. Dr. Horst BrezinskiFriedrich-Schiller-Universität Jena, Prof. Dr. Michael Behr

Susann MüllerAlexander Eisenblätter

TU Bergakademie Freiberg, SAXONIA, Stadt Freiberg,www.photocase.de, Fotografen: scatterly, seraph, jarts (Jürgen Acker)www.sxc.hu, Fotografen: TouTouke (G & A Scholiers), xlucas, www.pixelio.de, Fotograf: Konstantin Gastmannwww.aboutpixel.de, Fotograf: Thomas Pieruschek

© 2008 SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH

Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdrucks, der auszugs-weisen oder vollständigen fototechnischen Wiedergabe, der elektro-nischen Datensicherung und das der Übersetzung, vorbehalten.

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Mit dem richtigen

Werkzeug...

...läuft es wie geschmiert

www.aboutpixel.de, Fotograf: Thomas Pieruschek

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