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Grundzüge des Rechts für Architektur Herbst 2016 ‚Skript‘: Module 08 Gérard Hertig (ETH Zurich) www.hertig.ethz.ch Vertragserfüllung

Grundzüge des Rechts für Architektur...Der Eigentümer E eines alten Wohnhauses beauftragt mit Vertrag vom 12. August 1998 die S. AG mit der Bodensanierung eines Teils des Hauses

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Grundzüge des Rechts für Architektur

Herbst 2016 ‚Skript‘: Module 08

Gérard Hertig (ETH Zurich) www.hertig.ethz.ch

Vertragserfüllung

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I. Einführung

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 1 Reto verkauft Christian eine Vase, beide schliessen

einen mündlichen Kaufvertrag ab. Danach zerbricht Reto aus Unachtsamkeit die Vase, die

sich noch bei ihm befand. Wie ist die Rechtslage?a)Der Kaufvertrag ist gültig, allerdings trifft Christian ein

Mitverschulden, weil er den Kaufvertrag nur mündlichabgeschlossen hat.

b)Der Kaufvertrag ist nichtig, da die Leistung objektiv unmöglichist.

c) Der Kaufvertrag ist nichtig, weil die Vase erst nachVertragsschluss zerbrochen ist.

d)Der Kaufvertrag ist gültig, allerdings muss Reto an ChristianSchadenersatz für die zerstörte Vase bezahlen.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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II. Erfüllung

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Schuldner (Wer?)− Grundsatz: Unpersönlichkeit der Leistungspflicht

• Geschuldete Leistung kann von jedermann erbracht werden• Schuldner kann Leistung durch Dritte erbringen lassen oder

sich Hilfspersonen bedienen− Ausnahme: Persönliche Leistungspflicht

• Arbeitsvertrag, Arzt- oder Anwaltsvertrag, Opernsänger, etc.− Mehrheit von Schuldnern

• Mehrere Schuldner haben jeweils für gesamte Schuld einzustehen

• Erbringt ein Schuldner die Leistung ist die Schuld getilgt kann er bei anderen Schuldnern Regress nehmen

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Gläubiger (An wen?)− Grundsatz: Schuldner muss an den Gläubiger leisten

• Leistung an Dritten: Keine Erfüllung, Verpflichtung besteht fort− Ausnahmen: Weisung, Konkurs, Zession

Leistungsgegenstand (Was?)− Vertragliche Hauptpflicht

• Die Pflichten, die für den Vertrag charakteristisch sind− Vertragliche Nebenpflichten

• Schutzpflichten: Schutz des Besuchers von Sportanlässen• Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten: Aufklärungspflicht

des Arztes bei Operationsrisiko

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Erfüllungszeit (Wann?)

− Grundsätzlich können Ansprüche sogleich erfüllt (Erfüllbarkeit) und eingefordert (Fälligkeit) werden

− Bei einem vollkommen zweiseitigen Vertrag werden beide Leistungen gleichzeitig fällig (Zug um Zug)

− Sonderfall: Dauerschuldverhältnis

• Beispiele: Arbeits-, Miet-, Lizenz-, Darlehensvertrag

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 2 : Architektenvertrag (siehe auch BGE 4A.90 - 2013)

A. beauftragte B. ein Einfamilienhaus zu planen und erstellen.

Noch vor Baubeginn entwarf B. ein abgeändertes Konzept für die Entwässerung. 1. Dazu war der Bau einer Pumpe erforderlich (Abwasser im

Untergeschoss musste in höher gelegenen Kanalisationsstrang gepumpt werden).

2. Eigentümer einer unterhalb gelegenen Parzelle beklagte sich, weil das Wasser dann auf seine Parzelle fliesse.

3. B. unterbreitete hierauf ein drittes Entwässerungskonzept, das die Gemeinde bewilligte.

A. realisierte jedoch nicht diese, sondern eine andere Variante, die ein anderes Architekturbüro ausgearbeitet hatte.

Der überflüssig gewordene Pumpensumpf wurde stillgelegt. A. verlangt Schadenersatz.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 2: Architektenvertrag (siehe auch BGE 4A.90 - 2013)

Vertrag mit stets gleichem Inhalt gibt es nicht. Je nach Umständen: sachgerechte Lösung nach

Massgabe des Auftrags- oder Werkvertragsrechts zu finden.

Projektierungsarbeiten/Erstellen von Plänen →Werkvertrag. Spaltung der Rechtsfolgen: − Planungsfehler: Werkvertraglichen Regeln, − Unsorgfältige Bauleitung: Auftragsrechtlichen Regeln

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 3: Ingenieurvertrag (siehe auch BGE 4A.55/2012)

Im Rahmen der Errichtung eines Schulhauses schloss die Stadt X. dem A. ein Bauingenieurvertrag.

Für die Baumeisterarbeiten wurde mit der S. Bauservice einen Vertrag abgeschlossen.

Die S. Bauservice schloss seinerseits mit der Firma W. als Subunternehmerin für das System der Wasserdichtigkeit einen Vertrag.

W. gewährte eine zehnjährige Systemgarantie unter der Bedingung, dass die Bewehrung der Bodenbetonplatte den hohen Anforderungen nach SIA-Norm 262 genüge.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 3: Ingenieurvertrag (siehe auch BGE 4A.55/2012)

Die S. Bauservice AG teilte danach die Stadt X. mit, dass die Armierungsanforderungen an die Bodenplatte nicht erfüllt seien, weshalb die zehnjährige Systemgarantie der W. nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Die Stadt X. wollte an der Systemgarantie festhalten.

Sie entschied, die von der S. Bauservice offerierten Massnahmen zu deren Aufrechterhaltung in Auftrag zu geben mit dem Vorbehalt der Rückforderung. Die Stadt X. reichte danach eine Klage gegen A. und S.

Bauservice auf Bezahlung von SFR 800’000.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 3: Ingenieurvertrag (siehe auch BGE 4A.55/2012)

Der Vertrag zwischen Stadt X. und A. ist ein gemischten Vertrag mit Verpflichtungen werkvertraglicher und auftragsrechtlicher Natur.

Da A. auch die Fachplanung übernommen hat und deshalb seine Pläne in Absprache mit der S. Bauservice derart anpasste, dass die Wasserdichtigkeit gewährleistet sei, so sei diese Aufgabe werkvertraglicher Natur, denn aus dieser Leistung sei ein objektiv messbarer Erfolg geschuldet.

Die vorliegend im Fokus stehenden Planfehler in Bezug auf den Armierungsgehalt der Bodenplatte seien bezüglich der Haftungsfrage den werkvertraglichen Normen zuzuordnen.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 4: Architektenvertrag / Sorgfaltspflicht(siehe auch Kantonsgericht St. Gallen, 29. Oktober 2007, BZ.2005.104)

Im Sommer 2000 erzählte A von einem anstehenden Bauprojekt in Thailand und fragte X ob er als Architekt mitwirken wolle. Man kam in der Folge überein, das zu überbauende Grundstück

in Thailand zu besichtigen. Nach der Rückkehr unterbreitete X dem A die inzwischen erstellten Pläne sowie ein dreidimensionales Arbeitsmodell. Das Projekt weisste eine maximale Bauhöhe von ca. 14 Metern

auf, womit es sowohl− die in der massgebenden Zone generell zulässige Bauhöhe von

6 Metern wie auch wie auch− die dort auf besonderen Antrag hin zulässige Bauhöhe von

maximal 12 Metern überschreitet.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 4 : Architektenvertrag / Sorgfaltspflicht(siehe auch Kantonsgericht St. Gallen, 29. Oktober 2007, BZ.2005.104)

X. wäre aufgrund seiner Sorgfaltspflicht gehalten gewesen, die - offensichtlich zweifelhaften und unvollständigen - Angaben des A. zu den angeblichen Bauvorschriften in Thailand zu hinterfragen Er hätte rechtzeitig − Entweder die amtlichen Bauvorschriften selbst

beschaffen können, oder aber− den A, der möglicherweise über bessere Beziehungen vor

Ort verfügte (er ist offenbar mit einer Thailänderin verheiratet) anzuhalten, bei deren Beschaffung behilflich zu sein.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 4: Architektenvertrag / Sorgfaltspflicht(siehe auch Kantonsgericht St. Gallen, 29. Oktober 2007, BZ.2005.104)

Trotz der Überschreitungen hätte die vorliegende Planung mitvertretbarem Aufwand zu einem eingabefähigen Bauprojektausgearbeitet werden können.

Dies wäre durch eine bessere Anpassung der einzelnen Geschosse an das Geländerelief sowie einen Verzicht auf das oberste Geschoss möglich gewesen.

Damit wäre die Annahme der Pläne zumutbar gewesen.

Deshalb ist eine Entschädigung im Grundsatz geschuldet.

Dabei ist den Unzulänglichkeiten, die eine Überarbeitung notwendig gemacht hätten um ein baueingabereifes Projekt zu erlangen, mit einem dem Minderwert entsprechenden Rechnung zu tragen.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 5: Bauingenieurleistungen / Sorgfaltspflicht(siehe auch BGE 4C.284/2006) A. erwarb ein Grundstück um ein Dreifamilienhaus zu bauen. Mit der Planung und Realisierung wurde die E. AG beauftragt. A. schloss einen Vertrag für Bauingenieurleistungen mit der Y AG. Diese erstellte die Ausschreibungsunterlagen für die

Baugrubensicherung. F. AG offerierte alle beschriebenen Leistungen, wobei sie anstatt der ausgeschriebenen Nagelwand eine kostengünstigere Variante mit vertikalen Betonriegel vorschlug E. AG nahm das Angebot der F. AG für die Bauherrschaft an,

wobei sie ausdrücklich darauf hinwies, dass die Unternehmervariante der Baugrubensicherung in vorheriger Absprache mit dem Bauingenieur erfolgen müsse.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 5: Bauingenieurleistungen / Sorgfaltspflicht(siehe auch BGE 4C.284/2006)

Die F. AG begann mit dem Aushub. Kurz danach stürzte die Baugrube teilweise ein.

Danach beurteilte die Y AG den Baugrund für die Bodenplatte. Sie stellte fest, dass die im Aushubplan vorgesehene Bodenvernagelung völlig fehlte und dass eine ungenügende Baugrubensicherung ausgeführt worden war.

Trotz eingeleiteter Sofortmassnahmen kam es zu weiteren Hangrutschungen, wodurch verschiedenen Häusern erhebliche geschädigt bzw. zerstört wurden.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 5: Bauingenieurleistungen / Sorgfaltspflicht(siehe auch BGE 4C.284/2006)

Nach der SIA-Ordnung 103 ist die fachliche und rechnerische Überprüfung von Unternehmervarianten eine Zusatzleistung des Ingenieurs.

Derartige Zusatzleistungen vorgängig zu vereinbaren. Ein solcher Zusatzauftrag wurde der Y. AG nicht erteilt.

Zu prüfen bleibt, ob die Y AG die allgemeine Sorgfalts- und Treuepflicht verletzt hat.

Gestützt darauf ist eine Vertragsverletzung auch ohne Bestehen eines Zusatzauftrags zu bejahen, wenn die Untauglichkeit der Unternehmervariante für den Ingenieur offensichtlich ist und er den Bauherrn trotzdem nicht auf die resultierenden Gefahren aufmerksam macht.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 6: Vertragsübertragung(siehe auch BGE 103 II 52 - 1977)

A verkaufte im 2011 dem L eine Parzelle X in der Gemeinde Wohlen.

Im November 2012 verkaufte L zwei andere Parzellen Y und Z an Baumeister G und versprach ihm dabei die Erd- und Maurerarbeiten am Garagenbau auf Parzelle X zu "loyalen Konkurrenzpreisen" zu übertragen.

Im Dezember 2012 verkaufte L die Parzelle X an die B AG. Diese übernahm die Verpflichtung, G mit den Erd- und Maurerarbeiten zu beauftragen. Immerhin stellte eine weitere Vertragsbestimmung fest, dass G. seine Bauunternehmung nicht mehr führe.

Die B AG begann im Jahre 2013 mit der Überbauung.

G verlangte die Übertragung der Baumeisterarbeiten, jedoch erfolglos.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 6: Vertragsübertragung(siehe auch BGE 103 II 52 - 1977)

Bei der Vergebung von Baumeisterarbeiten kommt es entscheidend auf die persönlichen Eigenschaften des Unternehmers an

Die Fähigkeit zur persönlichen Leitung setzt bei einem Bauunternehmer einen Personalbestand sowie einen gewissen Geräte- und Maschinenpark voraus.

Eine Weitergabe des Auftrages an Unterakkordanten ist unzulässig

Der Auftrag ist grundsätzlich mit betriebseigenem Personal zu erfüllen; es dürfen nicht beliebig viele ausgeliehene Hilfspersonen beigezogen werden

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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III. Verjährung

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Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann Forderung nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden

Verjährung als „Einrede“− Kann vom Schuldner gegen den Anspruch des Gläubigers

geltend gemacht werden− Wird Verjährung vom Schuldner nicht geltend gemacht, kann

Gläubiger die Forderung durchsetzen; Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt

Grundsätzlich verjähren alle Forderungen des Privatrechts− Ausnahmen im Sachen-, Erb- und Persönlichkeitsrecht

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Normale Verjährungsfrist: 10 Jahre (Art. 127 OR)

Kürzere Verjährungsfristen− 5 Jahre: z.B. Mietzinsforderungen, Arbeits-, Arzt- und

Anwaltsverträge (Art. 128 OR)− 1 Jahr (ab Kenntnis von Schaden & Schuldner, sonst 10

Jahre ab Tag der Handlung): Schadenersatz aus unerlaubter Handlung (Art. 60 OR)

− 2 Jahre (ab Kenntnis von Schaden & Schuldner, sonst 10 Jahre ab Tag der Handlung): Schadenersatzansprüche im Strassenverkehr (Art. 83 SVG)

− 2 Jahre (ab Ablieferung/Abnahme, mit Ausnahmen): Gewährleistungsrechte wegen Mängeln im Kauf- und Werkvertragsrecht (Art. 210, 371 OR)

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 7: Verjährung Der Eigentümer E eines alten Wohnhauses beauftragt

mit Vertrag vom 12. August 1998 die S. AG mit derBodensanierung eines Teils des Hauses.

Die S AG soll das nötige Material liefern und sämtlicheBöden neu verlegen.

Nachdem im Dezember 1998 die letzten Bodenteilesaniert wurden, stellt die S AG dem E sofort CHF200‘000 in Rechnung.

E zahlt ohne Verzug CHF 190‘000 an die S AG, behältaber CHF 10‘000 für allfällige Garantiearbeiten zurück.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 7: Verjährung Die Garantie muss in der Folge nicht in Anspruch

genommen werden. Erst mit Schreiben vom 18. November 2009 verlangt

die S AG von E die Überweisung der restlichen CHF10‘000. E reagiert auf sämtliche Mahnungen unddarauf folgende Gerichtsschreiben nicht. Die S AG kann ihre Forderung gerichtlich durchsetzen.

Zwar ist die Forderung der S AG verjährt. DieVerjährung wird aber vom Gericht nicht beachtet.Erhebt E folglich die ihm zustehendeVerjährungseinrede nicht, ist er zur Zahlungverpflichtet.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 8: Ingenieurvertrag / Mängelanzeige(siehe auch BGE 4A.55/2012)

Obwohl Art. 367 OR es nicht ausdrücklich sagt, sind offene Mängel sofort, d.h. unverzüglich anzuzeigen

Geheime Mängel sind sofort nach der Entdeckung anzuzeigen.

Diese gesetzlichen Regeln sind dispositiver Natur.

Die Parteien vereinbarten im Ingenieurvertrag folgende Bestimmung: Ansprüche aus Mängeln des unbeweglichen Bauwerkes verjähren innert 5 Jahren. Die Frist beginnt mit der Abnahme des Werkes bzw. des Werkteils zu laufen. Solche Mängel kann der Auftraggeber während der ersten 2 Jahre nach der Abnahme jederzeit rügen. Nach Ablauf dieser Frist sind die Mängel sofort nach der Entdeckung zu rügen."

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 8: Ingenieurvertrag / Mängelanzeige(siehe auch BGE 4A.55/2012)

Der Vertrag enthält mit Bezug auf die für Planmängelgeltende Rügefrist keine ausdrückliche Regelung Gesetzlich vorgesehene Pflicht: sofortige Rüge nach der

Entdeckung. Bei der Beurteilung, ob eine Mängelrüge rechtzeitig erfolgt

ist, muss auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf die Art der Mängel abgestellt werden. Grundsätzlich ist die Rügefrist kurz zu bemessen, wenn es

sich um einen Mangel handelt, bei dem die Gefahr besteht, dass ein Zuwarten zu einem grösseren Schaden führen kann.

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Beispiel 8: Ingenieurvertrag / Mängelanzeige(siehe auch BGE 4A.55/2012)

Wenn dies wie vorliegend nicht der Fall ist, hält das Bundesgericht eine siebentägige Rügefrist für angemessen.

Die Rügefrist beginnt mit der Entdeckung des Mangels, d.h. wenn eine genügend substantiierte Rüge erhebt werden kann.

Bei solchen Mängeln, die nach und nach zum Vorschein kommen, weil sie in ihrer Ausdehnung oder Intensität wachsen, genügen dafür noch nicht die ersten Anzeichen.

Eine Entdeckung darf erst angenommen werden, wenn der ernsthafte Charakter des Zustandes deutlich wird und der Besteller die Bedeutung und Tragweite der Mängel erfassen kann

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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IV. Leistungsstörungen

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Einführung− Schuldner leistet nicht, zu spät oder nicht vereinbarungsgemäss− Verhinderung der Erfüllung durch den Gläubiger− Übersicht

Leistungsstörung Charakteristik

Unmöglichkeit Leistung ist unmöglich (z.B. Leistungsgegenstand ist „untergegangen“)

Positive Vertragsverletzung

Mangelhafte Hauptleistung oder Verletzung einer Nebenpflicht

Schuldnerverzug Schuldner leistet verzögert, obwohl die Leistung noch möglich wäre

Gläubigerverzug Gläubiger verzögert die Entgegennahme der Leistung des Schuldners

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Unmöglichkeit: Rechtsfolgen

Unmöglichkeit

anfänglich

objektiv

Vertrag ist nichtig

(Art. 20 OR)

subjektiv

Von Schuldner verschuldet

Schadenersatz (Art. 97 OR)

nachträglich

objektiv

Von Schuldner unverschuldet

Schuldner ist frei; evtl. Rückerstattungspflicht

(Art. 119 OR)

subjektiv

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Positive Vertragsverletzung− Schlechtleistung der vertraglichen Hauptpflicht

oderVerletzung einer vertraglichen Nebenpflicht

− Voraussetzungen1. Verletzung einer vertraglichen Pflicht2. Schaden3. Kausalzusammenhang zwischen 1 und 24. Verschulden (Exkulpationsbeweis des Schädigers)

− Rechtsfolge: Schadenersatz

− Teilweise durch Sonderregelungen ersetzt (z.B. Gewährleistungsrecht beim Kaufvertrag)

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Schuldnerverzug−Voraussetzungen

• Fälligkeit der Forderung: Gläubiger darf die Forderung einfordern und einklagen

• Fällige Forderung wird nicht erfüllt, obwohl Leistung möglich ist

• Gläubiger setzt Schuldner mittels Mahnung in Verzug(Nicht erforderlich bei vereinbartem Verfalltag)

I. Einführung II. Erfüllung III. Verjährung IV. Leistungsstörungen

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Schuldnerverzug−Rechtsfolgen

• Allgemein: Ersatz des Schadens aus verspäteter Erfüllung (Exkulpation: Schuldner nachweist fehlendes Verschulden)

• Bei Geldschulden: Verzugszins (verschuldensunabhängig) von mindestens 5%

• Gläubiger kann nach Setzung einer angemessenen Nachfrist weiterhin Erfüllung und Schadenersatz wegen Verspätung

verlangen, auf Leistung verzichten und Ersatz des Nichterfüllungs-

schadens verlangen, oder auf Leistung verzichten und vom Vertrag zurücktreten

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Gläubigerverzug−Voraussetzungen

• Schuldner bietet Leistung an• Gläubiger verhindert Erfüllung durch Weigerung der Annahme Verweigerung von Vorbereitungs/Mitwirkungshandlungen

−Rechtsfolgen• Schuldner kann nicht in Schuldnerverzug geraten• Gläubiger trägt das Risiko für den zufälligen

Untergang der Leistung• Schuldner kann seine Verpflichtung durch

Hinterlegung der Sache erfüllen

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