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Handreichung Flexible Arbeitszeiten in Kindertagesstätten Impressum: 1. Auflage Potsdam, November 2000 Hrsg. vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, Referat 52 Steinstraße 104-106 14480 Potsdam erstellt von Camino gGmbH Scharnhorststraße 5 10115 Berlin im Rahmen des Modellprojektes Bedarfsorientierte Personaleinsatz- und Arbeitszeitplanung in Branden- burger Kindertagesstätten

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Handreichung Flexible Arbeitszeiten in Kindertagesstätten Impressum: 1. Auflage Potsdam, November 2000 Hrsg. vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport

des Landes Brandenburg, Referat 52 Steinstraße 104-106 14480 Potsdam erstellt von Camino gGmbH Scharnhorststraße 5 10115 Berlin im Rahmen des Modellprojektes Bedarfsorientierte Personaleinsatz- und Arbeitszeitplanung in Branden-burger Kindertagesstätten

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1. Phase: Der Anfang

Inhalt

1. DAS ANLIEGEN DER HANDREICHUNG..........................2 Warum Veränderungen vornehmen, wo doch alles so gut läuft!? ............. 2

2. PHASEN DER VERÄNDERUNG .......................................4

1. Phase: Der Anfang ................................................................................... 4 Wer will verändern? Wer ist der Motor für Veränderungen?...................... 4 Orientierung: Auseinandersetzung mit der Situation (Erzieherinnen gewinnen) ................................................................................................... 5 Eigener Überblick über die Situation .......................................................... 5 Leitlinien entwickeln.................................................................................... 6 Information der Erzieherinnen .................................................................... 6

2. Phase Problemanalyse durch Situationsklärung und Zielfindung ..... 7 Verfahren der Situationsanalyse ................................................................ 8 Stolperstein: Widerstand .......................................................................... 12 Verfahren der Zielbestimmung ................................................................. 14

3. Phase Steuerungsstruktur: Innovationsgruppe bilden..................... 15 Aufgaben der Innovationsgruppe ............................................................. 15

4. Phase Bearbeiten, Erproben, Verändern, Dialog ................................ 15 Beratung zu Ergebnissen / Teilergebnissen der Innovationsgruppe – Einigung auf ein Organisationsmodell...................................................... 15 Erprobung des Modells............................................................................. 16

5. Phase Einführung des Modells ............................................................ 16

6. Phase: Ergebnis sichern ...................................................................... 17

3. DER VERHANDLUNGSPROZEß ZWISCHEN ARBEITGEBER-UND ARBEITNEHMERSEITE .....................18

Zielbestimmung: Personalamt, Amt für Kitas, Personal-/Betriebsrat... 18

Begleitung des Prozesses in der/den Kita/s............................................ 19

Abklären des Bedarfs nach einer Dienstvereinbarung .......................... 19

Erarbeiten einer Betriebs-/Dienstvereinbarung ...................................... 23

4. EINBEZIEHEN DER ELTERN (KITA-AUSSCHUß) .........23

Anhang ........................................................................................................ 25

Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH 1

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Flexible Arbeitszeiten in Kindertagesstätten

1. Das Anliegen der Handreichung Die Handreichung richtet sich an Träger und Leiterinnen von Kinder-tagesstätten und Erzieherinnen, die sich daran machen wollen, die Dienstplanung in der Kita, die Arbeitszeiten der Erzieherinnen und die Personaleinsatzplanung besser auf die sich ändernden Notwendigkeiten des Betreuungsalltags abzustimmen. Das vorliegende Material soll ihnen praktische Hilfestellungen bieten, Interessenlagen und Veränderungsnotwendigkeiten zu erkennen und zu artikulieren, einen Veränderungsprozeß in der/den eigenen Kindertagesstätte/n zu beginnen und ergebnisorientiert zu Ende zu ühren. f

Warum Veränderungen vornehmen, wo doch alles so gut läuft!? Warum soll in Kindertageseinrichtungen immer wieder Neues aus-probiert und eingeführt werden? Schließlich leisten Tag für Tag Hun-derttausende Beschäftigte in den Kindertageseinrichtungen unver-zichtbare Betreuungsarbeit, und Tag für Tag, Woche für Woche, funk-tioniert der Kitabetrieb. Kindertagesstätten sind Lebensorte von Kindern, die diese in ihrer Autonomie, Lebensfähigkeit und ihren lebenspraktischen Kompeten-zen stärken und fördern sollen.

Veränderungen für mehr Kontinuität

Das Ziel von Veränderungen in den organisatorischen Strukturen und Abläufen in der Kindertagesstätte besteht darin, die Betreuung der Kinder qualitativ zu verbessern. Organisatorische Veränderungen hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung und der Personaleinsatzplanung sollen die Kontinuität und Verläßlichkeit in den Beziehungen zwi-schen den Kindern und den Erzieherinnen verbessern.

Kostendruck Kindertagesstätten leisten im Kontext gesellschaftlicher Entwicklun-gen und unter jeweils vorgegebenen Rahmenbedingungen ihre Auf-gabe. Knappere öffentliche Mittel und steigender Druck auf die Kos-ten der Kindertagesbetreuung zwingen in letzter Zeit immer wieder zu Veränderungen. Doch wie kann es gelingen, mit immer weniger Mit-teln dennoch die Betreuung der Kinder in angemessener Qualität zu sichern – Kontinuität und Verläßlichkeit in den Beziehungen für die Kinder zu gewährleisten. Einen Ausweg haben viele Einrichtungen darin gefunden, daß sie versuchen, ihren Betreuungsalltag viel stär-ker am tatsächlichen Betreuungsbedarf zu orientieren, also an den Anwesenheitszeiten der Kinder und an pädagogischen Erfordernis-sen. Der Weg dahin – und das zeigen die Erfahrungen zahlreicher Kitas – führt über den Dialog in der Einrichtung und mit allen am Kita-Geschehen Beteiligten.

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1. Phase: Der Anfang

Im Mittelpunkt dieser Handreichung stehen praktische Methoden, den Veränderungsprozeß zu gestalten. Inhaltliche Ausführungen zu flexib-len Arbeitszeiten und zur bedarfsorientierten Personaleinsatzplanung sind dem untergeordnet. Am Kita-Geschehen sind unterschiedliche Personengruppen beteiligt: Unmittelbar in der Kita sichern die Erzieherinnen – als Arbeitnehme-rinnen – mit ihrer täglichen Arbeit die Betreuung der Kinder und die Leiterin gewährleistet die pädagogische Leitung und erfüllt Aufgaben der Personalführung und verwaltungstechnische Aufgaben. Der Trä-ger – Amt für Kindertagesstätten / Personalamt (bei Kommunalen Kindertagesstätten) – hat gegenüber der „Gesellschaft“ – konkret den Eltern – eine Dienstleistung zu gewährleisten und gegenüber den Erzieherinnen und der Leiterin Arbeitgeberfunktion. Eltern wünschen bedarfsgerechte Betreuung für ihre Kinder: Öffnungszeiten, die ihren Arbeitszeiten gerecht werden und eine ihren Erziehungsvorstellungen entgegenkommende Betreuung der Kinder. Kinder fühlen sich in der Kita wohl, wenn sie stabile Beziehungen zu anderen Kindern und Erzieherinnen aufbauen können.

Die Beteiligtengrup-pen in der Kita

Der Prozeß der Veränderung läßt sich am sinnvollsten in verschiede-nen Phasen darstellen. Dabei lehnen wir uns im wesentlichen an das in der „Organisationsentwicklung“ entwickelte Modell an. (Vgl. dazu I. Baumgartner u.a.; OE-Prozesse: die Prinzipien systemischer Organi-sationsentwicklung; Stuttgart, Wien, 1998) Aus unseren Beratungserfahrungen haben wir sechs Phasen des Wandels entwickelt: 1. Phase: Der Anfang 2. Phase: Problemanalyse durch Situationsklärung und Zielfindung 3. Phase: Steuerungsstruktur: Innovationsgruppe bilden 4. Phase: Bearbeiten, Erproben, Verändern, Dialog 5. Phase: Einführung des Modells 6. Phase: Ergebnis sichern Im folgenden werden die Phasen kurz dargestellt, Beispiele geschil-dert und Hilfsmittel zur Gestaltung des Wandlungsprozesses aufge-zeigt.

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2. Phasen der Veränderung

1. Phase: Der Anfang

Wer will verändern? Wer ist der Motor für Veränderungen? Jede der unterschiedlichen Beteiligtengruppen bringt je eigene Inte-ressen, eigene Sichtweisen auf den Kitaalltag und je eigene Problem-lagen ein. Wer ist aber der Ausgangspunkt für Veränderungen?

Leiterin, Erzieherinnen oder Träger als Aus-gangspunkt

In der Regel sind es einzelne Erzieherinnen und die Leiterin, die den Anstoß für eine Veränderung gibt. Mitunter wird aber auch von außen ein Problem oder eine Fragestellung formuliert – z.B: von Eltern. In vielen Fällen trägt der Träger aber auch eine genau formulierte Prob-lemstellung oder Aufgabenstellung an die Einrichtung heran. In einer Kindertagesstätte, die Kinder im Alter von 1 bis 12 Jahren betreut, werden die Kindergarten- und Krippenkinder in einer organi-satorischen Einheit betreut und die Hortkinder ebenfalls. Der Träger formulierte zu Beginn des Veränderungsprozesses die Aufgabenstel-lung, die Horterzieherinnen mit ihrem Stundenvolumen, das über die Betreuung der Hortkinder hinausgeht, stärker im Kindergartenbereich einzusetzen. Bei einem anderen Träger hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß flexible Arbeitszeiten und die Dienstplanung in den Händen der Er-zieherinnen mehr Betreuungskontinuität im Alltag und ruhigere Abläu-fe bringen. Er stellte an die zehn Einrichtungen in seinem Zuständig-keitsbereich die Forderung, flexible Arbeitszeiten einzuführen.

Unzufriedenheit der Erzieherinnen

Häufig sind es die Erzieherinnen selbst, die mit der Dienstplanung unzufrieden sind, weil sie die Kinder nicht kontinuierlich betreuen können, weil sie z.B. in den Vormittagsstunden allein mit 20 Kindern sind oder aber die Gruppen schon aufgeteilt werden müssen, wenn nur eine Erzieherin fehlt. In einer Kindertagesstätte gab es viel Unzufriedenheit unter den Er-zieherinnen, sie klagten über eine große Arbeitsbelastung durch häu-figen Wechsel zwischen den Gruppen, z.T. auch durch unbezahlte Mehrarbeit, da sie kaum in der Lage waren, die sehr langen Öff-nungszeiten mit der bestehenden Personaldecke abzudecken.

Anfang durch die Lei-terin

In den geschilderten Fällen werden Probleme und Schwierigkeiten bzw. Forderungen von unterschiedlichen Beteiligten formuliert. In allen drei Fällen ist der Adressat die Leiterin und ggf. die Dienstplan-verantwortliche, die dann in der Regel den Anfang für Veränderung macht.

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1. Phase: Der Anfang

Orientierung: Auseinandersetzung mit der Situation (Erzie-herinnen gewinnen)

Erzieherinnen mobili-sieren

An die Leiterin oder dienstplanverantwortliche Erzieherin ist die Auf-forderung herangetragen worden, in der Organisation etwas zu ver-ändern. Oder aber die Leiterin oder einzelne Erzieherinnen haben erkannt, daß etwas verändert werden muß. In jedem Falle stellt sich die Frage, wie die betroffenen Menschen mobilisiert und wie deren Neugier und Hoffnung geweckt werden können. Ziel dieser ersten Phase ist die Auseinandersetzung möglichst vieler Erzieherinnen mit der aktuellen Situation. In Gesprächen mit Erziehe-rinnen ist es hilfreich, unterschiedliche Fragestellungen gezielt einzu-setzen, um die Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation zu fördern. Dabei sollte gezielt das Gespräch mit einzelnen Kolleginnen gesucht werden.

Ziel der 1. Phase: Auseinandersetzung mit dem Ist-Stand

Gespräche führen – Fragen stellen

Mit Fragen Unruhe erzeugen – Wer sich verändern will, muß den Zustand der Ruhe verlassen . Fragenkatalog zur Problemklärung im Gespräch mit anderen: - Weshalb ist es so wie es ist? - Wie ist es so geworden? Wie erklären Sie sich die Situation? Wer

sieht es vermutlich ähnlich, wer anders? - Wie hätte es sich anders entwickeln können bzw. wie könnte es

sich künftig anders entwickeln? - Was passiert, wenn nichts passiert? Was wäre die beste, was die

schlechteste der möglichen Entwicklungen? - Angenommen, Sie könnten frei von Bestehendem Ihren Bereich

neu gestalten, was würden Sie anders machen, was wäre Ihnen wichtig?

Diese Fragen sollen helfen, das Thema Dienstplanung, Arbeitszeit-gestaltung ins Gespräch zu bringen. Daß dabei Informationen über die möglicherweise sehr unterschiedlichen Sichtweisen der Kollegin-nen gewonnen werden, spielt erst in zweiter Hinsicht eine Rolle.

Eigener Überblick über die Situation Neben der Aktivierung möglichst vieler Erzieherinnen ist es ebenso wichtig, daß Sie sich selbst einen Überblick über die Situation ver-schaffen, möglicherweise erste Hypothesen zu Veränderungen bilden und ein erstes Konzept entwickeln. Fragenkatalog zu Selbstklärung: (Lit. OE-Prozesse; S 102 ff.) - Wer hat die Idee für Veränderungen? - Wer ist noch beteiligt? - Wie reagieren die anderen Beteiligten?

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Fragenkatalog

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- Warum jetzt Veränderungen? - Was würde passieren, wenn man nichts unternimmt? - Was soll das Ergebnis der Veränderungen sein? Was soll erreicht

werden? Woran erkennt man am Ende, daß das Ziel erreicht ist? - Wer sieht dies ähnlich? - Was soll keinesfalls passieren? - Was sind Auswirkungen eines erfolgreichen Prozesses? - Wie heißt das derzeitige Problem für die Beteiligten?

Leitlinien entwickeln

Verbindliche Schritte und Rahmenbedin-gungen festhalten

Empfehlenswert ist es, an dieser Stelle ein Konzept zu entwickeln. Dadurch kann Transparenz über unterschiedliche Sichtweisen, über, das was bisher angekommen ist, geschaffen werden. Es sichert das Verständnis für die aktuelle Situation ab und zeigt verbindliche weite-re Schritte und Rahmenbedingungen auf.

Inhalte des Konzeptes Inhalte des Konzeptes 1. Beschreibung der Ausgangssituation 2. Zielsetzungen aus heutiger Sicht 3. Abgrenzung von anderen Bezügen 4. Nächste Geplante Schritte 5. Wer wird dabei wie beteiligt? 6. Rahmenbedingungen: Zeitrahmen, Orte 7. Methoden, Arbeitsweise, Werte, Prinzipien 8. Projektübersicht: Was? Mit wem? Wann?

Information der Erzieherinnen Information schafft Sicherheit

Information schafft Sicherheit. Gerade in Situationen, in denen sehr viel auch Grundsätzliches in Frage gestellt wird, ist es erforderlich, daß bewußt Maßnahmen ergriffen werden, die Stabilität und Sicher-heit schaffen. Oftmals gelangen die ohnehin vorhandenen Unsicher-heiten und Ängste in Veränderungssituationen mit an die Oberfläche. Gerade wenn es um Arbeitszeitregelungen und Personaleinsatzpla-nung geht, werden Personalabbau bzw. weitere Verkürzung der Wo-chenarbeitszeiten befürchtet. Information gibt Sicherheit und kann zu mehr Stabilität verhelfen. Ratsam sind Informationen sowohl zu ge-setzlichen und tarifvertraglichen Rahmenbedingungen und zum ge-planten Veränderungsvorhaben. Grundsatz sollte dabei sein, daß jeder der geplanten Schritte auch im folgenden für die Mitarbeiterin-nen transparent gemacht wird. Aber auch eine grundlegende Informa-tion zu Gesetzen und Verordnungen im Kitabereich ist angebracht – soweit das bisher noch nicht geschehen ist. So sollte jede Erzieherin Kenntnis davon haben, wie sich das Personal berechnet und welche tarifvertraglichen Regelungen gelten.

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2. Phase Problemanalyse durch Situationsklärung und Zielfindung

Fragenkatalog Fragenkatalog für die Information der Erzieherinnen:

- Wie wird das Personal für Kindertagesstätten nach den geltenden Gesetzen und Verordnungen berechnet?

- Wie sieht der Personalschlüssel für die Einrichtung aus? - Informationen zu Arbeitszeitgesetz und BAT-O - Was bedeuten flexible Arbeitszeiten?

2. Phase Problemanalyse durch Situationsklä-rung und Zielfindung

In dieser Phase geht es darum, ein ganzheitliches gemeinsames Verständnis der Situation zu entwickeln und gemeinsam das Ziel der Veränderungen festzulegen. Alle Beteiligten bringen ihre unterschied-lichen Sichtweisen und ihren je verschiedenen Blickwinkel ein. Die Vorstellungen über die Veränderungsrichtung werden in dieser Phase ausgetauscht, diese können sehr unterschiedlich sein. Jede Sicht-weise hat in der Situationsklärung ihre Berechtigung. Unterschiedli-che Sichtweise werden gleichberechtigt nebeneinander stehengelas-sen.

Unterschiedliche Sichtweisen fördern

Was ist Thema der Situationsklärung? Woran wird gearbeitet? Die folgende Übersicht bietet ein Bild dafür, was Thema der Situationsklä-rung ist. Das Thema Dienstplanung und flexible Arbeitszeiten ist nur anscheinend ein Problem der Organisation. Es geht immer darum, eine für die jeweiligen Inhalte angemessene Organisationsform zu finden. Mit dem Thema Dienstplanung stehen auch immer alle Frage-stellungen des Betreuungsalltags, der pädagogischen Konzeption, der räumlichen Aufteilung der Einrichtung, der Beziehungen der Er-zieherinnen untereinander und zum Träger usw. mit auf der Tages-ordnung.

Themen der Situati-onsklärung

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Flexible Arbeitszeiten in Kindertagesstätten

Grafik: Themen der Situationsklärung

gien

Anforderungen des Umfeldes

Andere Konzepte

Verschiedene Fortbildungsthe-

men, Anregungen aus Konsultatio-

nen

Andere Kitas

Kita-Gesetz Personalverordnung

Politische Rahmenbe-dingungen

Träger Amt für Kinderta-

gesstätten, Personalamt

Identität Wer sind wir? Was ist unsere

Kita?

Sachmittel,

Räume

Abläufe

Funktio-

nen, Kom-petenzen

Menschen, Gruppen, Beziehun-

gen

Pädagogi-sche

Konzepti-on, Strate-

Gruppen-strukturen, Gliederung

der Kita

Mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren wird gemeinsam die aktuelle Situation geklärt. Dabei ist es wichtig, sich die Vielfalt der Themen zu vergegenwärtigen und alle Kolleginnen dazu anzuregen, ihre Sicht-weise einzubringen. Jede Kollegin hat ihre ganz persönliche Sicht auf die Situation, hat ihre eigenen Fragestellungen zur Dienstplanung, zur Personaleinsatzplanung und zur Arbeitszeitgestaltung. Diese un-terschiedlichen Sichtweisen gilt es zu fördern. Jede Meinung ist wich-tig. Im folgenden werden bewährte Verfahren dazu vorgestellt. Jede Kollegin leistet ihren persönlichen Beitrag zur Situationsklärung und bereitet damit die Grundlage dafür, Veränderungsziele zu vereinba-ren.

Verfahren zur Förde-rung unterschiedlicher Sichtweisen

Veränderungsziele werden gemeinsam erarbeitet, Zukunftsbilder werden entwickelt.

Verfahren der Situationsanalyse Das Ziel der Situationsanalyse ist es, zur Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Sichtweisen anzuregen und zu einem gemein-samen Verständnis der Ist-Situation zu finden: Zuerst wird die Vielfalt der Sichtweisen gefördert, dann wird dazu angeregt, sich aufeinander zuzubewegen.

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2. Phase Problemanalyse durch Situationsklärung und Zielfindung

Aus der Fülle der verschiedenen Verfahren zur Situationsanalyse einige Beispiele1:

Situationslandkarte Ziel: Mit dieser Methode kann innerhalb kurzer Zeit ein vielschichtiges Bild der aktuellen Situation entstehen. Es entsteht ein Überblick über die Stärken und über die Felder, in denen etwas verändert werden muß. Ablauf Plus-Minus-Modell Einstiegsfrage: Wie würden Sie die derzeitige Situation in der Kita bewerten? Auf einer vorbereiteten Pinnwand werden durch die Teilnehmerinnen Punkte verteilt. Einstieg in die Situati-

onsklärung Entweder Oder

+ + + - - -

Anschließend kann gefragt werden, was es bedeuten könnte, wenn jemand in einem bestimmten Feld punktet, jedoch nicht einzelne Per-sonen direkt nach ihren Punkten ansprechen, um Rechtfertigungssi-tuationen zu vermeiden. Als nächster Schritt kann eine Kartenabfrage vorgenommen werden. Kartenabfrage Fragestellungen für

eine Kartenabfrage - Was erleben Sie im Moment als hinderlich und was als förderlich an der Dienstplanung, der Arbeitszeitregelung, Personaleinsatz-planung für die Arbeit der Kita?

- Worin sehen Sie die Stärken worin die Schwächen der Dienstpla-nung, Personaleinsatzplanung, Arbeitszeitregelungen für die Ki-ta?

1 Nach Baumgartner u.a.; OE-Prozesse, Die Prinzipien systemischer Organisations-entwicklung Bern, Stuttgart, Wien 1998

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Die Kolleginnen werden aufgefordert, Ihre Überlegungen auf Karten zu schreiben. Anschließend werden gemeinsam mit dem Team inhaltliche Blöcke von zusammengehörenden Aussagen gebildet.

Alle Themenbereiche berücksichtigen

Um ein Übergewicht aktueller Erlebnisse zu vermeiden, sollten vor der Kartenabfrage gemeinsam mit dem Team Felder und Themenbe-reiche gesammelt werden, die bei den Überlegungen zur Kartenab-frage berücksichtigt werden sollen. Dadurch wird es wahrscheinlicher, daß an alle wichtigen Bereiche gedacht wird.

Einschätzung: Wo steht das Team?

Wie arbeitet man daran weiter? Je nach Ihrer Einschätzung, wo das Team steht, wird nun weiterge-arbeitet mit gezielten Fragestellungen: Mit gezielten Fragen kann nun zusätzlich die Problemsicht und das Bewußtsein für notwendige Veränderungen gestärkt werden, wenn dies nötig erscheint. Es kann aber auch sein, daß die Fülle von auf-geworfenen Problemen die Sicht für das Funktionierende verstellt. Dann kann mit Fragestellungen auf das Positive verwiesen und die Möglichkeit gefördert werden, konstuktiv weiterzuarbeiten. Das weite-re Augenmerk kann aber auch stärker auf die Herausarbeitung von Stärken und zu klärenden Problemen gelenkt werden. Eine weitere Möglichkeit ist, „Zukunftszenarien“ zu entwickeln.

Mindmapping : Dienstplan Mindmapping ist eine Methode, viele unterschiedliche Ideen zu sam-meln und zu entwickeln. Die Teilnehmerinnen werden gebeten, zu einem zentralen Begriff ihre Überlegungen auf Karten zu schreiben, die um den Begriff herum nach inhaltlichen Schwerpunkten gruppiert und in Beziehung zueinander gesetzt werden. So entsteht ein vielfäl-tiges Netzwerk von Ideen und Problemen. Dies soll helfen, die Situa-tion zu klären.

Vielfältiges Netzwerk von Ideen

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2. Phase Problemanalyse durch Situationsklärung und Zielfindung

Beispiel einer Situationsklärung

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Stolperstein: Widerstand Die Erfahrungen vieler Einrichtungen zeigen, daß Situationsklärung und Zielfindung viel Unruhe mit sich bringen. Aber auch Unsicherhei-ten und Ängste spielen bei vielen Erzieherinnen eine Rolle. Altge-wohntes aufzugeben bedeutet immer auch, sich auf eine zunächst ungewisse Zukunft einzulassen. Für die Leitung gilt in dieser Situation der Grundsatz:

Mit dem Widerstand gehen. dann

Die Initiative stärken und die Motivation fördern. Hinter jedem Widerstand der sich regt, sei es von einzelnen Erziehe-rinnen, Gruppen oder der Leiterin, steht ein Bedürfnis, ein Wunsch oder ein Interesse, das ernst genommen werden muß. Diese Wün-sche, Bedürfnisse oder Interessen herauszufiltern ist der Ansatz-punkt, um mit dem Widerstand zu arbeiten. Es ist für die weitere Mit-wirkungsbereitschaft der jeweiligen Person entscheidend, daß den Bedürfnissen Raum gegeben wird. Die Aufgabe der Leitung ist es, durch gezielte Fragen die Möglichkeit zu geben, das hinter dem Wi-derstand liegende Bedürfnis zu artikulieren.

Mit dem Widerstand arbeiten

Einige Beispiele sollen verdeutlichen, wie der Widerstand analysiert und mit ihm gearbeitet werden kann.

„Es läuft gut, wie es ist. Wir wollen nichts ändern.“ Sehr unterschiedliche Befürchtungen können für diesen Satz eine Rolle spielen. Die beiden folgenden Beispiele verdeutlichen, daß Hin-ter diesem Satz ganz unterschiedliche Befürchtungen und Unsicher-heiten stehen können. Beispiel: Angst vor

Arbeitszeit-Reduzierung

Beispiel 1 - Wenn die Personaleinsatzplanung bedarfsorientiert vorgenom-

men werden soll, bedeutet dies u.a. auch, für mögliche Erziehe-rinnen-Ausfälle Personalstunden vorzuhalten, indem die Dienst-planung mit weniger als den zur Verfügung stehenden Personal-stunden vorgenommen wird. Nun wird befürchtet, daß die Einrich-tung damit dem Träger demonstriert, daß sie auch mit weniger als den derzeit beschäftigten Erzieherinnen bzw. geringeren Wo-chenarbeitszeiten die Betreuung der Kinder abdecken können. Der Träger könnte also eine weitere Reduzierung des Personals vornehmen bzw. die weitere Verkürzung der Wochenarbeitszeit veranlassen.

Beispiel: Gruppenzu-schnitt

Beispiel 2 - In der Situationsklärung ist die Bedeutung der Gruppengrößen für

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2. Phase Problemanalyse durch Situationsklärung und Zielfindung

die Dienstplanung angesprochen worden. Ziele zur Veränderung des Gruppenzuschnitts sind bereits formuliert. Einige Erzieherin-nen befürchten, daß Beziehungsgefüge zwischen Kindern und Erzieherinnen gefährdet werden.

In beiden Fällen werden die Erzieherinnen mit gezielten Fragen dazu angeregt, ihre Befürchtungen und Bedürfnisse zu äußern. Im ersten Beispiel – Befürchtung weiterer Arbeitszeitreduzierung – kann darauf eingegangen werden, indem (nochmals) über die Ausstattung mit dem „notwendigen pädagogischen Personal“ als gesetzlicher Min-destanforderung für Kitas informiert wird. Hilfreich kann auch sein, sich gemeinsam zu verdeutlichen, wieviel Erzieherinnen-Stunden einzelnen Gruppen bzw. Gruppeneinheiten mindestens zur Verfü-gung stehen müssen. Daran können sich Überlegungen zur sinnvol-len Veränderung der Gruppenstruktur anschließen, wie z.B. die zur Verfügung stehenden Erzieherinnen-Stunden Gruppen bzw. Grup-peneinheiten „zugeteilt“ werden können, so daß die Initiative der Er-zieherinnen gestärkt wird.

Auf Bedürfnisse und Befürchtungen einge-hen

Im zweiten Beispiel thematisieren die Erzieherinnen die Qualität der Beziehungen zwischen den Kindern und den Erzieherinnen. Sie ha-ben den Wunsch, stabile Beziehungen zu gewährleisten und legen großen Wert auf die Kontinuität der Beziehungen. Zunächst sollte ihnen Gelegenheit gegeben werden, die zu äußern. Der Anknüp-fungspunkt, um konstruktiv weiter arbeiten zu können, ist das Anlie-gen, im Rahmen des Veränderungsprozesses, die Kontinuität der Betreuung zu sichern bzw. zu verbessern.

Analyse des hinter dem Widerstand lie-genden Bedürfnisses

Initiative stärken

Beispiel: „Machtsiche-rung“

Beispiel

„Die Dienstplanung muß von einer Verantwortlichen vorgenom-men werden, daran soll nichts geändert werden. Wenn jeder plant und Dienste einteilt, haben wir ein perfektes Chaos.“

Für bedarfsorientierte Personaleinsatzplanung und flexible Arbeitszei-ten ist es unabdingbar, daß die Verantwortung für die Dienstplanung in die Hände der Erzieherinnen gegeben wird. Dies bedeutet gleich-zeitig einen Verlust an Verantwortung aber auch an Macht und Einfluß für die Leiterin und/oder die Dienstplanverantwortliche. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn sich diejenige, die bisher die Dienste ge-plant hat, am stärksten gegen Veränderungen wehrt. Sie hatte bisher über Abläufe in der Kita entschieden und hatte darüber hinaus Ein-fluss auf die Arbeitszeiten, aber auch Freizeiten der Erzieherinnen. Auf der anderen Seite ist sie auch einem erheblichen Streß ausge-setzt, in Ausfallsituationen immer eine Vertretung organisieren zu müssen und dafür allein persönlich verantwortlich zu sein. Mit den geplanten Veränderungen hat sie einen Verlust ihrer besonderen Stellung zu befürchten. Da ist Widerstand nur allzu verständlich.

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Aber auch der Wunsch nach Anerkennung für das oftmals jahrelange „Dienstplan-Bauen“ könnte hinter dem Widerstand stecken. An die konkreten Erfahrungen dabei kann in der Situationsanalyse ange-knüpft werden.

Verfahren der Zielbestimmung Die Festlegung von Veränderungszielen ist ein gemeinsamer Prozess des Teams. Die Zielfindung kann unmittelbar Bestandteil der Situati-onsklärung sein. Oftmals ist es möglich, als Ergebnis der Situations-klärung klare Ziele zu formulieren und Vereinbarungen darüber zu treffen. Es kann aber auch sein, daß es erforderlich ist, die Zielbe-stimmung weiter zu konkretisieren. Dann ist die folgende Struktur hilfreich, um die Veränderungsziele weiter zu vertiefen und zu ver-dichten. Für etwas Neues müssen wir etwas Altes aufgeben.2 Veränderungsziel: Wir wollen weg von ... Wir wollen hin zu ... Beispiele:

Beispiele für Verände-rungsziele

- Veränderungsziel: Hortdienstplanung. Wir wollen weg von einer bedarfsunabhängigen Dienstplanung, wir wollen hin zu einer bes-seren Lastenverteilung zwischen Kindergarten/Krippe und Hort.

- Veränderungsziel: Dezentrale Dienstplanung. Wir wollen weg von einer Zeitregelung, die durch eine Person bestimmt wird, wir wol-len hin zur Beteiligung aller Kolleginnen an der Dienstplangestal-tung.

- Veränderungsziel: Weniger Bezugspersonenwechsel. Wir wollen weg von 4 bis 5maligem Bezugspersonenwechsel bei Krippen- und Kindergartenkindern, wir wollen hin zu mehr Kontinuität für die Kinder.

- Veränderungsziel: Bessere Urlaubsplanung. Wir wollen weg von vielen Erzieherinnen für wenige Kinder in Ferienzeiten, wir wollen hin zu einem angemessenen Zahlenverhältnis.

Die Zielfindung und Zielauswahl ist einer der wichtigsten Bausteine des Veränderungsprozesses. In der Regel ist das am Beginn des Prozesses formulierte Problem nicht identisch mit der Zielbestim-mung. Dazwischen liegt ein Prozess, in dem alle Kolleginnen eine Vielfalt von Problemen, Wünschen, Situationsschilderungen äußern. Daraus wird ein gemeinsames Ziel erarbeitet. Der sich nun anschlie-ßende Prozess ist nicht die Behandlung von Problemen, sondern die Arbeit an gemeinsam vereinbarten Zielen.

Gemeinsames Ziel festlegen

2 (OE-Prozesse; S. 146)

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3. Phase Steuerungsstruktur: Innovationsgruppe bilden

3. Phase Steuerungsstruktur: Innovationsgruppe bilden In vielen Einrichtungen hat sich an dieser Stelle des Prozesses die Bildung einer Innovationsgruppe bewährt. Sie wird aus Kolleginnen gebildet, die an einer Veränderung der Dienstplangestaltung ein posi-tives Interesse geäußert haben. Dies können beispielsweise die Dienstplanverantwortlichen der Planungsgruppen sein oder aber Vertreterinnen der unterschiedlichen räumlichen Bereiche einer Kita bzw. besonders an einem Teilprojekt Interessierte.

Positive Erfahrungen mit Innovationsgrup-pen

Positive Erfahrungen mit Innovationsgrup-pen

Beispiel: In einer Einrichtung war aufgrund einer längerfristigen Erkrankung der Leiterin eine kleine Gruppe von Erzieherinnen mit der Thematik Dienstplangestaltung konfrontiert worden. Nach der Rückkehr der Leiterin waren es gerade diese Erzieherinnen, die sich wegen ihrer positiven Erfahrungen als Motor der Innovation erwiesen. Gestützt von der Leiterin konnten sie die gesamte Belegschaft in den notwen-digen Diskussionsprozess verwickeln.

Aufgaben der Innovationsgruppe Die Innovationsgruppe hat die Aufgabe, die gesammelten Ideen zur Personaleinsatz- und Arbeitszeitplanung aus dem Team zu operatio-nalisieren, d.h. Vorschläge zu erarbeiten, wie diese Ideen in der je-weiligen Institution konkret umgesetzt werden sollen. Wichtig ist, dass nicht außer Acht gelassen wird, dass Vorschläge erarbeitet werden, die dann im Team zur Diskussion gestellt und von allen Mitarbeiterin-nen beurteilt werden können. Die Vorschläge für Änderungen am bestehenden Dienstplanungssystem müssen deshalb sehr konkret sein und sich auf die gegenwärtige Situation (Gruppenstruktur, Ar-beitszeiten der Kolleginnen etc.) beziehen. Allen Beteiligten muss eine klare Vorstellung möglich sein, welche Konsequenzen die vor-geschlagenen Veränderungen auch ganz persönlich haben würden.

Ideen operationalisie-ren

Die Vor- und Nachteile für jede/n Einzelne/n müssen klar benannt und erkennbar sein, damit im Entscheidungsprozess Sacherwägun-gen die ausschlaggebende Rolle spielen können. Gemeinsam mit dem Team werden klare Teilprojekte bzw. Arbeitsaufträge für die Innovationsgruppe formuliert. Zudem werden Termine gesetzt und Ergebniserwartungen vereinbart.

4. Phase Bearbeiten, Erproben, Verändern, Dialog

Beratung zu Ergebnissen / Teilergebnissen der Innovati-onsgruppe – Einigung auf ein Organisationsmodell Hat die Innovationsgruppe einen praktikablen Vorschlag erarbeitet,

rga-

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Flexible Arbeitszeiten in Kindertagesstätten

muss dieser auf einer Belegschaftsversammlung (Dienstberatung o.ä.) vorgestellt und erläutert werden. Jede/r Mitarbeiter/in muss die Möglichkeit haben, sich gründlich mit Anliegen und Zielstellung der Vorschläge auseinanderzusetzen. Am Ende der Debatte sollte ein Meinungsbild unter allen Beschäftig-ten bezüglich der Vorschläge erstellt werden, das die Verbindlichkeit der Festlegungen erhöht und für die Zukunft die Basis der weiteren Diskussionen darstellt. Die gemeinsame Feststellung, dass die deutliche Mehrheit der Be-schäftigten an der Einführung eines Arbeitszeitmodells interessiert ist, bildet die Grundlage dafür, eventuell zögerliche oder ablehnende Mit-arbeiter/innen zu drängen, sich an der Umsetzung der Innovationen zu beteiligen.

Erprobung des Modells Nach der Einigung auf ein Arbeitszeitmodell ist die Festlegung einer Probephase sinnvoll, die dazu dienen soll, mögliche Schwächen ohne Druck ausfindig machen und beheben zu können. Durch die Formu-lierung einer Probephase ist es für alle Beteiligten möglich, Kritik-punkte als konstruktive Diskussionsbeiträge zu definieren und so in die Debatte zu bringen. Nur dadurch können latent vorhandene Hemmnisse für die Einführung einer veränderten Personaleinsatz- und Arbeitszeitplanung aufgedeckt und behoben werden. Die Probe-phase muss zeitlich genau definiert werden. Der Weg, auf dem Kritik-punkte aus dem Mitarbeiter/innen/kreis ihren Eingang in die Diskussi-on finden, muss klar beschrieben sein.

Zur Kritik ermuntern

Beispiel: In einer Einrichtung wurde während der Probephase in jeder Dienst-beratung der Punkt Arbeitszeitmodell auf der Tagesordnung gesetzt, und zwar mit dem Punkt a) Was ist gut gelaufen? und dem Punkt b) Was ist schlecht gelaufen? Somit hatten diejenigen Mitarbeiterinnen, die Kritik an dem probierten Modell äußern wollten, die Möglichkeit, einen positiven Beitrag zur Dienstberatung zu leisten, indem sie zum Punkt b) einen Beitrag brachten. Damit wurde vermieden, dass Kritik als negativ bewertet wurde. Zum Abschluss der Probephase wird eine Auswertungsveranstaltung durchgeführt, die Änderungen und Verbesserungen am vorgeschla-genen Modell aufgreift und wiederum in einem Meinungsbild aller Beschäftigten für verbindlich erklärt.

5. Phase Einführung des Modells Zur Einführung güns-tigen Zeitpunkt wählen

Nach diesem Prozess wird ein genauer Zeitpunkt für die Einführung des neuen Personaleinsatz- und Arbeitszeitmodells benannt. Alle Vorbereitungen wie Dienstplanformulare, Verantwortlichkeiten in den

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6. Phase: Ergebnis sichern

dezentralen Planungsgruppen, Terminierung der dezentralen Be-sprechungen für die Aufstellung des Dienstplans, Wege und Mecha-nismen der Kontrolle durch die Leitung etc. werden bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Es ist sinnvoll, bei der Einführung des Mo-dells gegebene Einschnitte im Betriebsablauf zu nutzen wie z.B. Be-ginn des Kitajahres, Jahreswechsel o.ä.

6. Phase: Ergebnis sichern Die getroffenen Absprachen, Festlegungen und Verfahrensweisen müssen schriftlich niedergelegt werden, um nachträgliche Interpreta-tionsspielräume der auf den Versammlungen getroffenen Absprachen so gering wie möglich zu halten. Ähnlich der Arbeit an der pädagogi-schen Konzeption ist die Einigung auf ein Personaleinsatz- und Ar-beitszeitmodell als ständiger Prozess zu verstehen, der zur Versteti-gung und Selbstvergewisserung der Dokumentation bedarf.

Innovationstagebuch erstellen

Beispiel: Vielfach hat sich hierfür ein Tagebuch bewährt, in dem die jeweils getroffenen Absprachen eingetragen bzw. abgeheftet wurden. Die chronologische Abfolge der Festlegungen und Absprachen macht auch für „Neue“ das Zustandekommen des Dienstplanmodells nach-vollziehbar und erleichtert durch die Möglichkeit, nachzuschlagen, wann welche Entscheidungen wie getroffen wurden, die Behebung eventuell aufkommender Unstimmigkeiten. Auf diese Weise sind auch Entwicklungen im Team leichter beob-achtbar und ein Rückblick auf schon geleistete Arbeit und abge-schlossene Diskussionsprozesse möglich. Die schriftliche Fixierung der Beratungsergebnisse dient auch der Vorbereitung auf ggf. not-wendige Festlegungen zwischen Arbeitgeber und Betriebs- bzw. Per-sonalrat.

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3. Der Verhandlungsprozeß zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite Zielbestimmung: Personalamt, Amt für Kitas, Personal- / Betriebsrat Für die Einführung eines Arbeitszeitmodells müssen auf jeder Ebene der Kindertageseinrichtung und ihrer Verwaltung die Motivation der Mitarbeiter/innen und die Zielstellung für den Veränderungsprozess deutlich herausgearbeitet werden. Dies gilt auch für die letztlich in Bezug auf rechtliche Absicherung relevanten Verhandlungspartner Träger/Arbeitgeber einerseits und Personal-/ Betriebsrat / Arbeitneh-mervertretung andererseits.

Mit offenen Karten spielen

Häufig wird seitens der Beschäftigten in den Kindertageseinrichtun-gen befürchtet, der Träger/Arbeitgeber wolle mit Neuerungen lediglich einen vermehrten Druck auf die Beschäftigten ausüben, oder der ei-gentliche Zweck der Neuerungen sei hinter dem benannten verbor-gen oder es solle den Beschäftigten etwas Betriebsfremdes „überge-stülpt“ werden. Eine immer wiederkehrende Erfahrung besagt, dass, falls seitens der Verwaltung/Personalstelle des Trägers die Einführung eines Arbeits-zeitmodells lediglich dazu benutzt werden soll, eine engere Kontrolle der Arbeitszeit und deren effektivere Ausnutzung der Arbeitskraft zur Ersparnis von Personalmitteln zu erreichen, die Mitarbeit der Be-schäftigten an der Entwicklung einer neuen Personaleinsatzkonzepti-on innerhalb kurzer Fristen auf ein Minimum absinkt und somit die Chance einer bedarfsorientierten Personaleinsatzplanung als ge-meinsames Projekt aller Beschäftigten vergeben wird. Beispiel: Ein Träger legte für seine Einrichtungen per Dienstanweisung die Einführung flexibler Arbeitszeiten mit Arbeitszeitkonten und Plus- und Minusstunden fest. Der zwar nicht offen geäußerte, aber latent vor-handene Widerstand unter den Beschäftigten führte dazu, dass vor Ort in den Einrichtungen „dafür gesorgt“ wurde, dass es keine Anläs-se für Minus-, dagegen viele Anlässe für Plusstunden gab. Innerhalb kürzester Zeit hatten fast alle Beschäftigten größere Plusstundengut-haben auf ihren Arbeitszeitkonten. Der Sinn der flexiblen Arbeitszei-ten war damit ad absurdum geführt. Insbesondere die Mitbestimmung der Personal- und Betriebsräte ist auf dieser Grundlage selten zu erreichen.

Betriebliche Festle-gungen sind möglich

Das Scheitern bundesweiter Tarifverhandlungen über flexible Ar-beitszeiten im Jahr 1999 hat gezeigt, dass einseitige Vorteile für Ar-beitgeber oder Arbeitnehmer in Arbeitszeitfragen derzeit von keiner Seite wirksam durchsetzbar sind. Insofern ist eine von vorn herein klare, die gegenseitigen Interessenlagen deutlich formulierende Inte-ressendefinition nützlich und die beste Ausgangslage für gelingende Verhandlungen über Personaleinsatz- und Arbeitszeitfragen auf Be-

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Begleitung des Prozesses in der/den Kita/s

triebs-/Trägerebene.

Im Diskussionsprozeß die Kinder nicht ver-gessen

Eine Beteiligung der Fachämter/Fachabteilungen über inhaltliche Implikationen neuer Arbeitszeitregelungen ist dringend angeraten, um im gesamten Prozess den eigentlichen Zweck der gemeinsamen Bemühungen, nämlich die Verbesserung der Betreuungssituation der Kinder, nicht aus den Augen zu verlieren.

Begleitung des Prozesses in der/den Kita/s Aufgrund der Tatsache, dass sich erfahrungsgemäß in jedem beteilig-tenorientierten Innovationsprozess alle bis dahin latent vorhandenen, aber nicht ausgetragenen Konflikte auf Einrichtungs- und Trägerebe-ne manifestieren, hat sich bis auf einzelne Ausnahmen eine externe Begleitung des Veränderungsprozesses als notwendig erwiesen. Aus dem eigenen Personalbestand heraus stehen in der Regel keine „objektiven“ Moderator/inn/en zur Verfügung, die durch ihre Position die Garantie bieten, weder einseitig Arbeitgeber-/Trägerbedarfe noch einseitig Arbeitnehmerbedarfe zu vertreten. Die Begleitung des Inno-vationsprozesses durch externe Beratung ermöglicht es dagegen, während des Beratungsprozesses genau zu trennen zwischen in der Sache „Personaleinsatz- und Arbeitszeitplanung“ liegenden Proble-men und anderen, gewachsenen, in der Vergangenheit liegenden Problemen, die den Beratungsprozess behindern können.

Externe Beratung er-leichert ergebnisorien-tierte Debatte

Beispiel: Bei einem Träger war eine Vereinbarung allein deshalb trägerintern nicht möglich, weil ein Teil der Einrichtungen zusammen mit der zu-ständigen Mitarbeiterin im Amt persönliche Abneigungen, die in Kon-flikten zu DDR-Zeiten zu suchen waren, gegen einen anderen Teil der Einrichtungen richtete und aus diesen Gründen nicht zu gemein-samen Vereinbarung kommen konnte.

Abklären des Bedarfs nach einer Dienstvereinba-rung Aufgrund der Bandbreite der rechtlichen Rahmenbedingungen sind flexible Arbeitszeitmodelle als Basis für einen bedarfsorientierten Personaleinsatz prinzipiell unproblematisch, solange alle Beteiligten sich auf Regelungen konsensual geeinigt haben. Insofern stellt sich die Frage nach dem Abschluss einer Dienstvereinbarung nicht auto-matisch, sondern muss im Bedarfsfall erwogen werden. Sollte, was häufig der Fall ist, nicht die gesamte Belegschaft bereit sein, den Prozess hin zu flexiblen Arbeitszeit- und Einsatzformen mitzugehen, empfiehlt es sich allerdings, über die schriftliche Dokumentation der auf Einrichtungsebene vereinbarten Regelungen hinaus eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung als kollektive rechtliche Norm auf Be-triebsebene abzuschließen, die auch innovationsskeptischen Be-

Nicht alles muß ver-rechtlicht werden

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schäftigten auferlegt, sich auf neue Regelungen einzulassen. Unstrit-tig ist, dass, wenn Personal- oder Betriebsräte eine Dienst-/Betriebsvereinbarung wünschen, eine rechtsverbindliche Regelung geschaffen werden muss. Im folgenden stellen wir eine Betriebsvereinbarung vor, die von einem Amt in dieser Form mit dem örtlichen Personalrat vereinbart wurde: Dienstvereinbarung über die Personaleinsatz- und Arbeitszeitplanung in den Kindertageseinrich-tungen des Amtes...... Zwischen dem Leiter ..... und dem Personalrat des Amtes ... wird gem. §§ 66/70 LPersVG Brandenburg folgende Vereinbarung ge-schlossen. 1. Geltungsbereich 2. Grundsätze 3. Regelungen zur Arbeitszeit 4. Regelungen zur Personaleinsatzplanung 5. Regelungen bei Personalabgängen 6. Kontrollrechte des Personalrates 7. Inkraftsetzung und Kündigung 1. Geltungsbereich Diese Vereinbarung gilt für folgende Beschäftigten der Stadt/des Amtes...... (1) Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen gemäß §2 Kita-Gesetz Bran-

denburg. (2) Leiterinnen in den unter (1) genannten Einrichtungen. 2. Grundsätze 2.1 Aufgrund der sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Kindertageseinrichtungen, der veränderten Arbeitszeiten der Beschäftig-ten und der sich verändernden Betreuungsbedarfe der Eltern und Kinder ist es notwendig, Regelungen zur Personaleinsatz- und Arbeitszeitplanung zu treffen. 2.2 In den Kindertageseinrichtungen ist sicherzustellen, daß das nach Kita-Gesetz Brandenburg sowie § 2 Kita-Personalverordnung „notwendige päda-gogische Personal“ vorgehalten wird. Die Personaleinsatzplanung findet auf der Grundlage der Einhaltung des o.g. Personalschlüssels statt.

Beispiel Dienstverein-barung

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Abklären des Bedarfs nach einer Dienstvereinbarung

2.3 Ziel der P+A-Planung ist die optimale Betreuung der Kinder durch Gewähr-leistung größtmöglicher Kontinuität im Tages- sowie Jahresverlauf. Dabei sind sowohl das Interesse des ..............(Trägers) an störungsfreien Arbeits-abläufen, als auch die individuellen Zeitanliegen der Beschäftigten zu be-rücksichtigen. 2.4 Einschlägige gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen für die P+A-Planung bleiben von dieser Dienstvereinbarung unberührt. 3. Regelungen zur Arbeitszeit 3.1 Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Beschäftigten richtet sich nach der einzelvertraglich festgelegten Arbeitszeit. Die tatsächliche Arbeitszeit richtet sich nach den Betreuungsnotwendigkeiten in der Kindertagesstätte. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wird grundsätzlich an 5 Wochen-tagen von Montag bis Freitag geleistet und im Durchschnitt von 52 Wochen berechnet (Jahresarbeitszeit). 3.2 Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Lage der Pausen wer-den in einem Dienstplan im vorhinein festgelegt. Abweichungen vom Dienst-plan in Anpassung an einen sich verändernden Betreuungsbedarf sind er-wünscht. 3.3 Zur Erfassung der tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit wird eine indivi-duelle elektronische Zeiterfassung für jede/n Beschäftigten eingerichtet und ein Arbeitszeitkonto geführt. 3.4 Grundsätzlich ist eine Arbeitszeit von 10 Std. am Tag und 50 Std. in der Woche nicht zu überschreiten. 3.5 Arbeitsstunden, die über 45 Stunden pro Woche hinausgehen, gelten als Überstunden. 3.6 Ausfallzeiten wie Krankheit, Fortbildungstage, Urlaub werden für das Ar-beitszeitkonto mit 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit berech-net. 3.7

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Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit darf von den Beschäftigten in eigener Entscheidung um 30 Std. über- bzw. unterschritten werden. Mit Zu-stimmung der direkten Vorgesetzten (Kita-Leitung) darf die Abweichung auf dem Arbeitszeitkonto bis zu 50 Std. betragen. Bei einer Abweichung von mehr als 60 Std. muß umgehend für einen entsprechenden Ausgleich ge-sorgt werden. 3.8 Die Urlaubsplanung ist grundsätzlich zum Anfang eines Kalenderjahres in Absprache mit allen Beteiligten zu erstellen. 4. Personaleinsatzplanung 4.1 Für die Erstellung des Dienstplanes sowie die Einhaltung der o.g. Grenzen der Über- bzw. Unterschreitung der durchschnittlichen wöchentlichen Ar-beitszeit sind die Erzieherinnen jeder Einrichtung/Abteilung selbst verant-wortlich. 4.2 Vertretungssituationen bei einem Personalausfall bis zu 20/25% gelten als vom Personalschlüssel abgedeckt und müssen daher aus eigenen Kräften ausgeglichen werden. Bei Personalanforderungen aus einer anderen Einrichtung/Abteilung auf-grund eines höheren Personalausfalls entscheidet die abgebende Einrich-tung/Abteilung darüber, welche Person zur Vertretung abgestellt wird. 4.3 Die Kita-Leitung kontrolliert die Dienstplanung auf die Einhaltung aller gel-tenden Bestimmungen und Vereinbarungen und hat das Recht, gegen die Planung Einspruch einzulegen, wenn die kontinuierliche Betreuung der Kin-der nicht mehr gewährleistet ist. 5. Kontrollrecht der Personalrats Der Personalrat hat bei Beschwerden einzelner Beschäftigter das Recht und die Pflicht, die betreffende Dienstplanung daraufhin zu überprüfen, daß der Beschwerde der Beschäftigten abgeholfen werden kann. 6. Regelung bei Ausscheiden, Wechsel Grundsätzlich ist das Arbeitszeitkonto vor dem Ausscheiden einer/s Be-schäftigten oder dem Wechsel in eine andere Einrichtung auszugleichen. In unvorhersehbaren Einzelfällen treten die Regelungen entsprechend der Abgeltung von Urlaubsansprüchen in Kraft. 7. Inkrafttreten und Kündigung Diese Vereinbarung tritt mit Wirkung vom ....................in Kraft. Änderungen

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Erarbeiten einer Betriebs-/Dienstvereinbarung

einzelner Bestimmungen oder Zusätze zur Dienstvereinbarung sind im bei-derseitigen Einvernehmen jederzeit möglich, ohne daß es einer Kündigung bedarf. Die Kündigung der Vereinbarung ist durch jede der beiden Seiten mit einer Frist von einem Monat zum Ende eines Kalendervierteljahres möglich, frü-hestens jedoch zum ............

Erarbeiten einer Betriebs-/Dienstvereinbarung Die Ausarbeitung einer Dienstvereinbarung muss als ein autonomer Akt der betrieblichen Verhandlungspartner betrachtet werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass beide Seiten, sofern sie sich auf den Abschluss einer Dienstvereinbarung verständigt haben, inte-ressiert sein werden, die in den Einrichtungen entwickelten Vorschlä-ge auch rechtlich abzusichern und zu stützen. Dabei können sich beide Verhandlungspartner auf mittlerweile zahlreiche Beispiele von Dienstvereinbarungen beziehen, die sich in der Praxis bewährt ha-ben.

4. Einbeziehen der Eltern (Kita-Ausschuss) Im gesamten Prozess der bedarfsorientierten Personaleinsatzpla-nung bilden die Eltern einen oftmals sehr unterschätzten Faktor. Oh-ne die aktive Einbeziehung der Elternschaft lassen sich insbesondere Prognosen des Betreuungsbedarfs nur schwer zuverlässig erstellen. Daher ist eine frühzeitige Beteiligung der Elternschaft an Diskussio-nen über Personaleinsatzkonzepte im Interesse aller Beteiligten. Auch Irritationen der Eltern hinsichtlich möglicher Änderungen beim Einsatz der einzelnen Erzieherinnen können durch eine frühzeitige Einbeziehung vermieden werden.

Elternbedarfe einbe-ziehen

Im Einzelfall zu prüfen ist, ob über eine Elternbefragung die von den Eltern gewünschten Öffnungszeiten der Einrichtung im Tages- und Wochenverlauf sowie die Urlaubszeiten der Eltern erfasst und in die Personalplanung aufgenommen werden können. Sollte diese Vorgehensweise nicht in Betracht kommen, muss zumin-dest über die Elternvertreter oder die Kitaausschüsse eine Beteili-gung erfolgen. Diese kann in Form regelmäßiger Informationsveran-staltungen oder schriftlicher Informationen oder über die Beteiligung von Elternvertretern in der Innovationsgruppe oder an den Veranstal-tungen für die Beschäftigten erfolgen. Über diese Beteiligung sind außer der Vorwegnahme eventueller Wi-derstände auf Elternseite auch wichtige Ergänzungen der Diskussion aus der „dritten Perspektive“, der Perspektive der Kinder zu erwarten. Auch für die Beteiligung der Eltern gilt, dass jede Kritik an der Verän-

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Flexible Arbeitszeiten in Kindertagesstätten

derung des lieb gewordenen Bestehenden zuerst als positive Anre-gung zum Nachdenken über das Bestehende gedeutet werden sollte, bevor unnötige Konfrontationslinien aufgebaut werden. Auch die Eltern müssen motiviert werden, sich an der Diskussion über Innovationen zu Gunsten ihrer Kinder zu beteiligen.

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FLEXIBLE ARBEITSZEITEN, ARBEITSZEITKONTEN UND …