Hans Baldung Grien

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30.11.2019 – 8.3.2020

heilig | unheilig

Hans Baldung Grien

Hans Baldung Grien, 1484/85 vermutlich in Schwäbisch Gmünd geboren, wuchs als Sohn einer humanistisch geprägten Gelehrtenfamilie in Straßburg auf und ergriff als einziges Mitglied der Akademikerfamilie den Künstlerberuf. Über seine Kindheit und Jugend sind keine näheren Informationen überliefert, weshalb über seine künstlerische Ausbildung nur spekuliert werden kann. Greifbar wird Baldung erst, als er in der Werkstatt Albrecht Dürers in Nürnberg durch sein bemerkenswertes künstlerisches Selbstbewusstsein auffällt. Vermutlich war er dort zwischen 1503 und 1508 als Geselle tätig und setzte den wichtigen Impulsen, die er aus dem Kreise Dürers empfing, eine gänzlich eigenständige künstlerische Haltung entgegen. 1509 erhielt Baldung das Stadtrecht in Straßburg, heiratete die aus einer angesehenen Straßburger Familie stammende Margarethe Herlin und erarbeitete sich einen hervorragenden künstlerischen Ruf, der ihn 1512 ge-meinsam mit seiner Frau nach Freiburg führte, wo er das malerische Hauptwerk einer seiner produktivsten Schaffensphase, das Hochaltar-Retabel des Freibur-ger Münsters, schuf. Von 1517 bis zu seinem Tod im Jahr 1545, war Baldung er-neut höchst produktiv und erfolgreich in Straßburg tätig. Er lebte in bevorzugter Wohnlage und gehörte – auch dank geschickter Finanzgeschäfte – zu den vermö-genden Bürgern der Stadt.

Jugendliches Selbstbildnis (Detail), um 1502, Kunstmuseum Basel, Bilddaten gemeinfrei

Ein Künstler des Dazwischen

Zwei Pole bestimmten das Schaffen Hans Baldung Griens: Das Religiöse und das Weltliche. Als Dirigent dieser beiden Themenkomplexe, den Umwälzungen seiner Zeit und seiner unerschöpflichen Gedankenwelt, hinterließ er ein schillerndes Ge-samtwerk aus frommen und provokanten, magischen und intellektuellen, vor allem aber unkonventionell vieldeutigen Arbeiten.

Eben hierauf soll auch der Untertitel der Ausstellung heilig | unheilig hindeuten: Auf die unbestimmten Zonen des Dazwischen, denn oft sind Baldungs Bilder beides in einem: heilig und unheilig.

Baldung heute

Die inspirierende Forschungslage zur Kunst der Frühen Neuzeit hat den Samm-lungsleiter der Kunsthalle Dr. Holger Jacob-Friesen zu dem Projekt der neuen, groß angelegten Baldung-Ausstellung veranlasst – genau 60 Jahre nach der ersten und bislang einzigen Retrospektive seines Schaffens. Hans Baldung Grien ist ein kontroverser Künstler, der gerade deshalb in der Gegenwart mit ihrer Nei-gung zu uneindeutigen Charakteren, zu ambivalenten und mehrdeutigen Bildern Anschluss findet. Die Aktualität des Künstlers wird auch durch jene Werken of-fensichtlich, die vor allem historisch zu verstehen sind. Sie lassen uns in eine Zeit tiefgreifender religiöser und sozialer Wandlungen blicken und involvieren, pro-vozieren oder faszinieren auch heutige Betrachter*innen. Denn Baldungs Kunst befindet sich nicht in der sicheren Distanz des historisch Vergangenen; sie ist in ihrer Anschaulichkeit direkt mit uns verbunden.

Lot und seine Töchter (Fragmente), um 1535/40, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, erworben mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung

Fakten und Trivia rund um Baldungs Œuvre

Wie viele Werke sind in der Ausstellung versammelt?Insgesamt 250 Werke werden präsentiert, darunter eine Vielzahl internationaler Leihgaben. 80 Werke, sowohl Gemälde als auch Arbeiten auf Papier, stammen aus der Kunsthalle.

Wer ist der außergewöhnlichste Leihgeber?Her Majesty Queen Elizabeth II.

Welches Gemälde hat die spannendste Hintergrundgeschichte?Die sogenannte „Markgrafentafel“, ein Schlüsselwerk der Karlsruher Sammlung, wirkt wie ein friedliches Andachtsbild, birgt aber tatsächlich enormen politischen Zündstoff. Markgraf Christoph zeigt sich mit seiner Familie in Anbetung der heiligen Anna Selbdritt. Mit einigen seiner Söhne lag er zur Entstehungszeit des Bildes in einem erbitterten Erbschaftsstreit, der schließlich zur Entmündigung des Markgrafen durch seine Söhne Ernst und Bernhard führte.

Welches Ausstellungsobjekt ist das ausgefallenste?Baldungs Œuvre gilt als außergewöhnlich, bisweilen exzentrisch. Unbekannt war der Öffentlichkeit und Forschung bislang der originale Druckstock des promi-nenten Baldung-Holzschnitts „Kämpfende Hengste“ aus der dreiteiligen Serie der „Wildpferde“. Es ist außerdem der einzige bekannte Druckstock eines Bal-dung-Holzschnitts überhaupt.

Markgraf Christoph I. von Baden mit seiner Familie in Anbetung vor der Heiligen Anna Selbdritt, um 1510, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

Welches Motiv erregte das größte Aufsehen? Als skandalös galt zu Baldungs Zeit der Holzschnitt „Luther mit Heiligenschein und der Taube des Heiligen Geistes“, der vielfach als gotteslästerliche Glorifizie-rung aufgefasst und sogar an manchen Orten verboten wurde. In der Ausstellung kann man zwei Fassungen des Holzschnitts sehen: Auf einer der beiden wurde das Gesicht Luthers offensichtlich im Zorn von jemandem entstellt.

Welches ist das rätselhafteste Werk? Baldung ist ein Meister des Rätsels. Besonders geheimnisvoll ist aber der Holz-schnitt „Der behexte Stallknecht“, der wichtige Themen des Schaffens – Hexen, dämonische Kräfte, das Pferd, Tod und Vergänglichkeit – mit einem verkappten Selbstbildnis zu einer rätselhaften Allegorie verbindet.

Wie viele Selbstporträts gibt es?Es gibt drei Selbstbildnisse Baldungs in der Ausstellung: die Zeichnung des 18-jährigen Künstlers aus Basel, ein Holzschnitt, der Baldung im Alter von 49 Jahren zeigt, sowie die Kopie einer Zeichnung Baldungs, auf der der genannte Holzschnitt beruht.

Welche Zeitspanne umfassen die ausgestellten Werke? Die ausgestellten Werke umfassen Baldungs gesamte Schaffenszeit von ca. 1501 bis 1545, seinem Todesjahr. Das Tafelbild „Die sieben Lebensalter der Frau“, Bal-dungs letztes bekanntes Werk, entstand 1544.

Welche Leihgabe ist am weitesten gereist?Die größte Entfernung legte das Werk „Porträt of a young man with his head turned to the left“ aus US-amerikanischem Privatbesitz zurück: Die Leihgabe reiste über 8.000 Kilometer aus dem Bundesstaat Washington an der Westküste der USA bis zur Karlsruher Kunsthalle.

Welches ist das kleinste/größte Werk?Das kleinste Werk ist ein Kupferstich Baldungs der Beweinung Christi mit nur 5,6 cm Durchmesser, das größte Werk ist das Berliner Gemälde der „Kreuzigung“ mit 163 x 106 cm.

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