57
Herzinsuffizienz Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock Qualitätsindikatoren für die Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz Autoren: Tobias Freund, Marc Lux C8

Herzinsuffizienz C8 - AOK-Gesundheitspartner · Herzinsuffizienz 4 – Band C8, Version 1.0 Vorwort Wer auf diese Weise gute Erfahrungen gesammelt hat, kann offener über weiterreichen-de

  • Upload
    others

  • View
    4

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • www.kompart.de

    ISBN: 978-3-940172-17-4

    Herzinsuffizienz

    Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock

    Qualitätsindikatoren für die Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz

    Autoren: Tobias Freund, Marc Lux

    Wie können Ärzte in der Einzelpraxis, auf der Ebene eines Arztnetzes oder in anderen Versorgungsmodellen die Qualität ihrer medizinischen Arbeit messen, bewerten und verbessern? Antworten auf diese Frage gibt QISA, das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung. Es beschreibt und begründet eine Vielzahl von Messgrößen und ermöglicht das systema-tische Erfassen der Qualität in der Breite der ambulanten Versorgung. Im Auftrag des AOK-Bundesverbandes hat das Göttinger „Institut für ange-wandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen“ (AQUA) die Qualitäts indika toren und das sie leitende System erarbeitet.QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Ein-zelbänden konzipiert, die thematisch nach wichtigen Versorgungs bereichen und häufigen Krankheiten sortiert sind. Diese Bände werden nach und nach im Rahmen einer Reihe veröffentlicht. Bislang sind erschienen:

    Band A: QISA stellt sich vorBand B: Allgemeine Indikatoren Band C1: Asthma/COPDBand C2: Diabetes mellitus Typ 2Band C3: BluthochdruckBand C4: RückenschmerzBand C6: DepressionBand C7: Koronare HerzkrankheitBand C8: HerzinsuffizienzBand D: PharmakotherapieBand E1: PräventionBand E2: KrebsfrüherkennungBand F1: Hausärztliche Palliativversorgung

    Weitere Informationen zu QISA unter www.QISA.de

    Der Band C8 widmet sich der Behandlung von Patienten, die an Herzinsuffi-zienz leiden. Bei der Herzinsuffizienz ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Organismus mit ausreichend Blut und damit mit genügend Sauerstoff zu ver-sorgen. Bei Patienten über 65 Jahre ist Herzinsuffizienz der häufigste Grund für eine Einweisung in das Krankenhaus. Die Einschränkungen von Lebens-erwartung und -qualität bei Patienten mit Herzinsuffizienz sind vergleichbar mit denen, die Patienten mit einer Krebserkrankung erleiden. Ein Ziel der ausgewählten Indikatoren liegt darin, die Diagnose der Herzinsuffizienz mit-tels geeigneter Verfahren zu sichern. Weiterhin zielen die Indikatoren darauf, die Qualität der medikamentösen Behandlung mit Substanzen zu sichern, für die aufgrund der bisherigen Evidenzlage ein überzeugendes Risiko-Nutzen-Verhältnis besteht.

    C8

  • Band C8

    – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung

    HerzinsuffizienzQualitätsindikatoren für die Versorgung von Patienten mit HerzinsuffizienzTobias Freund, Marc Lux

    AQUA – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH

    AOK-Bundesverband

  • QISA – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung

    www.QISA.de

    QISA ist ein Gemeinschaftsprodukt des AOK-Bundesverbandes GbR

    und des

    AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH

    „QISA – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung“ ist nicht identisch und steht in keinem geschäftlichen Zusammenhang mit der eingetragenen Wortmarke QisA®, die insbesondere für das „Qualitätsmanagement in sächsischen Arztpraxen“ geschützt ist.

    Herausgeber:Prof. Dr. med. Dipl.-Soz. Joachim Szecsenyi (Universitätsklinikum Heidelberg und AQUA-Institut)[email protected]

    Björn Broge (AQUA-Institut)[email protected]

    Johannes [email protected]

    Autoren des Bandes C8 (Herzinsuffizienz):Dr. med. Tobias Freund (Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Heidelberg),Marc Lux (Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Heidelberg, Praxis Marc Lux, Heiningen)Kontakt: [email protected]

    Review:PD Dr. med. Christiane Roick (AOK-Bundesverband)

    Adressen:AOK-Bundesverband Rosenthaler Straße 3110178 Berlin

    AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbHMaschmühlenweg 8–1037073 Göttingen

    Universitätsklinikum HeidelbergAbteilung Allgemeinmedizin und VersorgungsforschungVoßstraße 269115 Heidelberg

    © KomPart Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Berlin 2012

    Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Daten verarbeitungssystemen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Ein-zelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des geltenden Urheberrechtsgesetzes der Bundes republik Deutschland zulässig.

    Redaktion: Dr. Beatrice WolterKorrektorat: Dr. Ines JapeTitelentwurf: Beatrice HofmannTitelbild: Sebastian Kaulitzki - Fotolia.comGrafik: Désirée GensrichDruck: Richter Druck, Elkenroth

    Version 1.0; Erstauflage November 2012ISBN: 978-3-940172-17-4

  • Herzinsuffizienz

    3 – Band C8, Version 1.0

    Vorwort

    Vorwort der Herausgeber

    Wer Versorgungsqualität messen und steuern will, braucht Qualitätsindikatoren. QISA,

    das „Qualitätsindikatoren-System für die ambulante Versorgung“, bietet sie an. Verteilt

    auf insgesamt 15 Einzelbände umfasst QISA insgesamt mehr als 130 Qualitätsindikato-

    ren, die mit System aus der Breite der ambulanten Versorgung ausgewählt sind. Der vor-

    liegende Band enthält die QISA-Indikatoren für Herzinsuffizienz. Er umreißt zunächst die

    Versorgungssituation und fasst zusammen, was hier aktuell als gute Versorgungsqualität

    für Patienten mit Herzinsuffizienz gilt. Aus diesem Qualitätskonzept werden die einzel-

    nen Qualitätsindikatoren abgeleitet und ausführlich beschrieben.

    Zielgruppe von QISA sind in der Praxis tätige Ärztinnen und Ärzte. Unter ihnen spricht

    das Qualitätsindikatorensystem mit seinen 15 Bänden insgesamt eher die hausärztlich

    Tätigen an. Einzelne Bände richten sich aber auch an die fachärztlich Tätigen. QISA ist

    speziell für ärztliche Kooperationen wie Qualitätszirkel, Arztnetze, medizinische Versor-

    gungszentren oder Hausarztverträge interessant. Besonders dort ist gemeinsame Arbeit

    an Transparenz und Weiterentwicklung der Versorgungsqualität möglich, was QISA

    anregen, erleichtern und unterstützen möchte.

    QISA ist das Ergebnis langjähriger Zusammenarbeit zwischen dem AOK-Bundesverband

    als Auftraggeber und dem AQUA-Institut, das die wissenschaftliche Erarbeitung der

    Indikatoren verantwortet. Vorläufer von QISA sind die „Qualitätsindikatoren der AOK

    für Arztnetze“, die schon im Jahr 2002 als interner Prototyp vorgelegt und dann in AOK-

    Pilotprojekten mit Arztnetzen praktisch erprobt wurden. Deshalb dienen Arztnetze in

    den QISA-Bänden häufig als Referenzmodell. QISA baut also auf ein über längere Zeit

    gereiftes Konzept auf, das sich nun auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der

    Entwicklung im Gesundheitswesen zu eigen gemacht hat:

    „Eine stärkere Kooperation und Koordination in Arztnetzen könnte die Grundlage bilden für

    eine gemeinsame Qualitätsverantwortung, die dann mit populationsbezogenen Indikatoren

    gemessen werden kann.“ (Sachverständigenrat, Sondergutachten 2012, S. 227)

    Solche populationsbezogenen Qualitätsindikatoren stellt QISA zur Verfügung. Ungeach-

    tet des engen Bezugs zu Arztnetzen bei der Entwicklung von QISA möchten wir ausdrück-

    lich darauf hinweisen, dass das System in allen Bereichen der ambulanten Versorgung

    einsetzbar ist, ganz unabhängig von Praxisform oder Versorgungsmodell. QISA soll viel-

    mehr alle geeigneten Nutzungsmöglichkeiten von Qualitätsindikatoren unterstützen. In

    erster Linie denken wir dabei an die gemeinsame interne Arbeit von Ärztinnen und Ärz-

    ten mit dem Ziel, sich die Qualität ihrer Versorgung transparent zu machen und anhand

    der gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwickeln. Für uns ist das der wesentliche erste

    Schritt, um mit Qualitätsindikatoren vertraut zu werden und gemeinsame Qualitätsver-

    antwortung im Sinne des Sachverständigenrats wahrzunehmen.

  • Herzinsuffizienz

    4 – Band C8, Version 1.0

    Vorwort

    Wer auf diese Weise gute Erfahrungen gesammelt hat, kann offener über weiterreichen-

    de Formen der Indikatorennutzung nachdenken, etwa externes Benchmarking oder die

    Ermittlung qualitätsbezogener Vergütungsanteile (sogenanntes „pay for performance“).

    QISA unterstützt auch diese Nutzungen, entbindet aber nicht davon, dafür eine eigene

    Vorstellung von guter „performance“ samt der erforderlichen Spezifikationen zu entwi-

    ckeln. Interne Vorerfahrungen und Vorarbeiten sind essentiell, wenn solch ambitionierte

    Nutzungen nicht Gefahr laufen sollen, die Beteiligten zu überfordern und mehr Ängste

    als Akzeptanz zu erzeugen.

    QISA will deshalb in erster Linie den Einstieg in das Arbeiten mit Qualitätsindikatoren

    erleichtern. Und die Neugier der Beteiligten auf das bislang weithin unbekannte Terrain

    der ambulanten Versorgungsqualität lenken, um es systematisch mit Qualitätsindikatoren

    auszuleuchten.

    Wenn Sie mehr über QISA als Indikatorensystem erfahren möchten, laden wir Sie zur

    Lektüre der Einführung (QISA-Band A) ein. Dort finden sich ein Überblick über die Modu-

    le von QISA sowie Informationen zur Entstehungsgeschichte, zum Selbstverständnis von

    QISA als Indikatorensystem und zur Methodik der Indikatorenentwicklung. Daneben

    regen Thesen zur Umsetzung von Qualitätstransparenz sowie ein Abriss praktischer Ein-

    satzmöglichkeiten für Qualitätsindikatoren zu Vertiefung und Diskussion an. Weiterfüh-

    rende Informationen zu QISA finden Sie daneben auch unter www.qisa.de.

    Heidelberg/Göttingen/Freiburg, im Herbst 2012

    Joachim Szecsenyi Björn Broge Johannes Stock

  • Herzinsuffizienz

    5 – Band C8, Version 1.0

    Inhalt

    Begründung und Einordnung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

    Ansatzpunkte für gute Versorgung (Qualitätskonzept) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

    Methodisches Vorgehen zur Erarbeitung des Indikatorensets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

    Übersicht über die ausgewählten Indikatoren und die damit beschriebenen Qualitätsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

    Indikator 1: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezifische Anamnese dokumentiert wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

    Indikator 2: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezifische körperliche Untersuchung dokumentiert wurde . . . . . . . . . . 22

    Indikator 3: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, die ein EKG mit 12 Ableitungen erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

    Indikator 4: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine Echokardiografie durchgeführt wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

    Indikator 5: Anteil der Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen spezifische Komorbiditäten dokumentiert sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

    Indikator 6: Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker behandelt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

    Indikator 7: Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit einem Beta-Rezeptorenblocker behandelt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

    Indikator 8: Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, die bei Vorhofflimmern mit oralen Antikoagulantien behandelt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

    Indikator 9: Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, bei denen mindestens halbjährlich Serumelektrolyte und Nierenfunktion bestimmt werden . . . . . 42

    Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

    Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

    Anhang 1: Teilnehmer des Expertenpanels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

    Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

    Band C8

    HerzinsuffizienzQualitätsindikatoren für die Versorgung von Patienten mit HerzinsuffizienzTobias Freund, Marc Lux

  • Herzinsuffizienz

    6 – Band C8, Version 1.0

    Begründung und eInordnung des themas

    Prävalenz und Folgen

    der Herzinsuffizienz

    Definition der

    Herzinsuffizienz

    Begründung und Einordnung des Themas

    Die chronische Herzinsuffizienz zählt zu den häufigsten und kostenintensivsten chro-

    nischen Erkrankungen. Die Erkrankungshäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter an:

    Bei den unter 40-Jährigen liegt die Prävalenz bei 1,5 %, bei den über 40-Jährigen bei

    4 % (Fischer et al. 2003). Zukünftig ist aufgrund des demografischen Wandels und des

    medizinischen Fortschrittes mit einer weiteren Zunahme von Prävalenz und Inzidenz

    zu rechnen. In Deutschland zählt die Herzinsuffizienz seit 2006 zu den häufigsten Grün-

    den für einen stationären Krankenhausaufenthalt (Statistisches Bundesamt 2011). Die

    Behandlungskosten beliefen sich im Jahr 2006 auf rund 2,9 Milliarden Euro, wovon allein

    1,3 Milliarden auf Krankenhausaufenthalte entfielen.

    Die Prognose der Herzinsuffizienz ist schlecht. Bis zu 40 % der Patienten sterben inner-

    halb eines Jahres nach Diagnosestellung (Cowie et al. 2000). Auch die Lebensqualität von

    Herzinsuffizienzpatienten ist stark eingeschränkt (Hobbs et al. 2002).

    Mit Herzinsuffizienz wird ein Zustand definiert, in dem das Herz nicht mehr in der Lage

    ist, den Organismus mit ausreichend Blut und damit mit genügend Sauerstoff zu ver-

    sorgen, um den Stoffwechsel unter Ruhe- wie unter Belastungsbedingungen zu gewähr-

    leisten (DEGAM 2006). Klinisch liegt eine Herzinsuffizienz vor, wenn Symptomen wie

    Luftnot oder schneller Ermüdbarkeit eine kardiale Erkrankung als Ursache zugrunde

    liegt. Erweitert wird diese Definition um das Auftreten eines komplexen neurohumoralen

    Reaktionsmusters zur Kompensation der Effekte einer Herzinsuffizienz auf die Nieren-

    funktion sowie Herz- und Skelettmuskulatur (Nationale Versorgungsleitlinie [NVL] 2009,

    siehe BÄK et al. 2011).

    Ätiologisch muss dabei zwischen Rechts- und Linksherzinsuffizienz und bei Letzterer wei-

    terhin zwischen systolischer und diastolischer Herzinsuffizienz unterschieden werden.

    Eine diastolische Herzinsuffizienz liegt vor, wenn die linksventrikuläre Auswurfleistung

    normal, die Dehnbarkeit der Herzkammer jedoch gestört ist. Diese Form der Herzinsuffi-

    zienz ist Gegenstand intensiver Forschung. Allgemein beziehen sich die Leitlinien –

    national wie international – auf die systolische Linksherzinsuffizienz. Im Folgenden ist

    unter dem Begriff ‚Herzinsuffizienz‘ ebenfalls ausschließlich die systolische Linksherz-

    insuffizienz zu verstehen.

  • Herzinsuffizienz

    7 – Band C8, Version 1.0

    Begründung und eInordnung des themas

    Aktuelle

    Versorgungssituation

    Entsprechend der Symptomatik wird die Herzinsuffizienz üblicherweise nach der Klassi-

    fikation der New York Heart Association (NYHA) eingeteilt:

    In den letzten Jahrzehnten sind zahlreiche nationale und internationale evidenzbasierte

    Leitlinien erstellt worden, welche die große Zahl an klinischen Studien zur Therapie von

    Patienten mit Herzinsuffizienz berücksichtigen. Doch sowohl im primärärztlichen als

    auch im spezialisierten Bereich besteht deutliches therapeutisches Verbesserungspoten-

    tial: In der IMPROVEMENT-Studie an 11.062 Patienten aus 15 europäischen Ländern

    wurde gezeigt, dass 60 % der Patienten einen Angiotensin Converting Enzym (ACE)-

    Hemmer, 34 % einen Betablocker, aber nur 20 % beide Präparate erhielten. Die Zieldosis

    wurde nur bei der Hälfte der Patienten erreicht (Cleland et al. 2002). Bei 80 % der Patien-

    ten wurde mindestens einmalig eine Echokardiografie durchgeführt. In der „Euro Heart

    Survey on Heart Failure“-Studie (Lenzen et al. 2005) wurden 83 % der Patienten, welche

    für die Teilnahme an der SOLVD-Studie (SOLVD 1991) geeignet waren, mit einem ACE-

    Hemmer behandelt. Patienten, welche den Einschlusskriterien der MERIT-HF-Studie

    (Hjalmarson et al. 2000) entsprachen, waren zu 54 % mit einem Betablocker versorgt.

    Allerdings bleibt festzuhalten, dass von den 10.702 Studienteilnehmern nur 13 % die

    Einschlusskriterien erfüllt hätten. Das verdeutlicht einmal mehr, dass die Charakteristika

    von „realer“ Patientenpopulation und Studienpopulationen randomisiert-kontrollierter

    Studien (RCT) auseinandergehen. Auf der anderen Seite fanden Komajda et al. (2005) im

    Rahmen der MAHLER-Studie an 1.410 Patienten aus 6 europäischen Ländern heraus, dass

    eine hohe Adhärenz von Kardiologen mit Empfehlungen der European Society of Cardi-

    ology (ESC)-Leitlinie (Remme & Swedberg 2001) zur Herzinsuffizienz (ESC-Guidelines for

    the diagnosis and treatment of chronic heart failure, Remme & Swedberg 2001) mit einer

    geringeren Hospitalisierungsrate aufgrund von Herzinsuffizienz assoziiert ist. Zu beden-

    ken ist dabei, dass es in der MAHLER-Studie nicht möglich war, das begründete Weglas-

    sen einer bestimmten Medikation aufgrund von Intoleranz oder Kontraindikationen zu

    messen. Doch auch Kontraindikationen gehören zum Inhalt von Leitlinien und müssen

    beachtet werden, wenn eine gute Versorgungsqualität erreicht werden soll.

    NYHA-Klassifikation

    SCHwEREGRAD KLINIK

    NYHA I (asymptomatisch) Herzerkrankung ohne körperliche Einschränkung bei alltäglichen Belastungen .

    NYHA II (leicht) Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit . Keine Ruhebeschwerden

    NYHA III (mittelschwer) Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit . Beschwerden bereits bei leichter Anstrengung . Keine Ruhebeschwerden

    NYHA IV (schwer) Herzerkrankung bei allen körperlichen Aktivitäten und in Ruhe

  • Herzinsuffizienz

    8 – Band C8, Version 1.0

    Einer Studie in 37 deutschen Hausarztpraxen mit 167 Patienten zufolge erhalten 80 %

    der Patienten, bei denen eine systolische linksventrikuläre Dysfunktion dokumentiert

    ist, einen ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1 (AT1)-Blocker, 75 % erhalten

    einen Betablocker und 62 % beide Substanzgruppen. Die Zieldosis wurde (nach Adjus-

    tierung für potentielle Kontraindikationen) bei 49 % für ACE-Hemmer/AT1-Blocker und

    bei 46 % für Betablocker erreicht (Peters-Klimm et al. 2008). Der Anteil von Patienten mit

    erreichter Zieldosis konnte jedoch durch eine komplexe Schulungsintervention mit Feed-

    backsystem gesteigert werden (Peters-Klimm et al. 2008).

    Eine aktuelle Studie aus England analysierte die Daten von insgesamt 1,43 Millionen

    Versicherten (Calvert et al. 2009). Bei 51 % der Patienten mit der Diagnose Herzinsuffizi-

    enz war ein Echokardiogramm dokumentiert, davon wiesen 13 % einen dokumentierten

    abnormen Befund auf. Bei der Verordnung von ACE-Hemmern zeigte sich, dass knapp

    60 % einen ACE-Hemmer/AT1-Blocker erhielten. Die Zieldosis wurde lediglich bei 44 %

    der Patienten erreicht, welche die empfohlene Medikation erhielten. Frauen und ältere

    Menschen zeigten dabei in einem logistischen Regressionsmodell eine geringere Wahr-

    scheinlichkeit für die Verordnung eines ACE-Hemmers. Für die Verordnung von Beta-

    blockern fand sich eine Verschreibungsquote von 37 % (nur 17 % erhielten die Zieldosis

    eines empfohlenen Präparates). Intoleranzen gegen ACE-Hemmer waren bei 7 % der

    Patienten und gegen Betablocker bei 16 % der Patienten dokumentiert. Dabei ist zu beto-

    nen, dass in England seit 2004 ein „Pay for performance“-System existiert, welches Ärzte

    anhand definierter Qualitätsindikatoren (u. a. ACE-Hemmer-Gabe bei Herzinsuffizienz-

    patienten) zusätzlich vergütet.

    Zusammenfassend besteht im Bereich der Versorgung von Patienten mit Herzinsuffi-

    zienz somit noch Raum für Qualitätssteigerungen. Dies gilt sowohl für die Diagnostik

    (z. B. Einsatz von Echokardiografie) als auch für die Therapie (z. B. fehlende oder nicht

    ausreichende medikamentöse Therapie).

    Begründung und eInordnung des themas

  • Herzinsuffizienz

    9 – Band C8, Version 1.0

    ansatzpunkte für gute Versorgung (QualItätskonzept)

    Erstuntersuchung

    Echokardiografie

    Ansatzpunkte für gute Versorgung (Qualitätskonzept)

    Anhand der Befunde aus Leitlinien und Einzelstudien lassen sich konkrete Ansatzpunkte

    für eine optimale ambulante Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz ableiten.

    Diagnostik der Herzinsuffizienz

    Kurzatmigkeit und periphere Ödeme sind Leitsymptome einer Herzinsuffizienz (NVL

    2009). Allerdings sind beide Symptome unspezifisch und kommen insgesamt häufig

    in der Bevölkerung vor. Studien zur Sensitivität und Spezifität von Anamnese und kör-

    perlicher Untersuchung fanden für eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) von

    weniger als 50 % eine Sensitivität von 7 % (Tachykardie) bis 66 % (Dyspnoe) und eine

    Spezifität von 52 % (Dyspnoe) bis 99 % (Tachykardie) (Scottish Intercollegiate Guidelines

    Network [SIGN] 2007). Damit sind Leitsymptome und klinischer Befund für sich allein

    genommen zur Diagnosesicherung nicht ausreichend. Dennoch muss bei ihrem Vorliegen

    eine Herzinsuffizienz in Erwägung gezogen werden.

    Es fehlen weitgehend Studien zur Bedeutung von diagnostischen Maßnahmen bei Patien-

    ten mit Herzinsuffizienz. In einer Beobachtungsstudie mit 14.102 aufgrund von Herzin-

    suffizienz hospitalisierten Patienten war die 30-Tage-Mortalität bei solchen Patienten sig-

    nifikant niedriger, bei denen die Performance bei bestimmten Prozessparametern besser

    war (12 % vs. 16 %; p < 0,05) (Kahn et al. 1990). Zu diesen zählte auch eine umfassende

    Anamnese und klinische Untersuchung. Es erscheint sinnvoll, dass Patienten mit den

    typischen Symptomen einer Herzinsuffizienz eine ausführliche Anamnese der Risikofak-

    toren (z. B. Koronare Herzkrankheit (KHK), Hypertonie, Medikamentenanamnese, Alko-

    holkonsum) erhalten. Auch eine körperliche Untersuchung mit Erfassung des Gewichts,

    Auskultation von Herz und Lunge sowie eine Untersuchung auf Zeichen der Überwäs-

    serung etc. ist erforderlich. Die Suche nach möglichen Ursachen der Herzinsuffizienz ist

    grundlegender Bestandteil einer qualitativ guten Patientenversorgung mit dem Ziel, eine

    angemessene Therapie einzuleiten (z. B. Registrierung eines Elektrokardiogramms (EKG)

    zur Detektion von Vorhofflimmern mit dem Ziel der Rhythmisierung oder Frequenzkon-

    trolle). Der Stellenwert der Labordiagnostik bei der Erstdiagnose einer Herzinsuffizienz

    ist unklar. Teils geht es um den Ausschluss therapierbarer Ursachen (Thyreoidea-stimu-

    lierendes Hormon [TSH]-Bestimmung), teils werden Kontraindikationen gegen die medi-

    kamentöse Therapie erfasst (Serumkalium und -kreatinin vor Gabe eines ACE-Hemmers).

    Es fehlen jedoch Studien zum Effekt der Labordiagnostik auf die Versorgungsqualität von

    Patienten mit Herzinsuffizienz.

    In den meisten Leitlinien wird die Echokardiografie als wichtiges Instrument zur Diagno-

    sesicherung aufgeführt. Außerdem können einige eventuell reversible Ursachen für die

  • Herzinsuffizienz

    10 – Band C8, Version 1.0

    ansatzpunkte für gute Versorgung (QualItätskonzept)

    Schulung und

    Beratung

    Herzinsuffizienz anhand des Echokardiografie-Befundes abgeklärt werden (z. B. Klappen-

    vitien, Perikarditis constrictiva, dilatative Kardiomyopathie).

    Die Durchführung einer Echokardiografie allein ist nicht zwangsläufig ein Qualitätspara-

    meter, die Qualität der Befunde kann stark variieren. Allerdings ist eine dokumentierte

    systolische Dysfunktion mit höheren Verschreibungsraten etwa von ACE-Hemmern ver-

    bunden (Calvert et al. 2009). Senni et al. (1999) zeigten in einer Beobachtungsstudie an

    216 Patienten mit der Erstdiagnose Herzinsuffizienz eine signifikante Reduktion der Mor-

    talität (Relatives Risiko (RR) 0,61, p = 0,02) in der Echogruppe (Echo innerhalb von drei

    Wochen vor oder nach der Diagnose). Auch hier war die Gabe von ACE-Hemmern in der

    Echogruppe häufiger. Außerdem ist zu bedenken, dass die großen Therapiestudien nur

    mit Patienten durchgeführt worden sind, bei welchen eine erniedrigte linksventrikuläre

    Ejektionsfraktion nachgewiesen worden war. Somit sind streng genommen nur Aussagen

    zur Therapie von Patienten möglich, bei denen eine gesicherte systolische linksventriku-

    läre Dysfunktion besteht.

    In Deutschland werden Echokardiografien bei Patienten mit Herzinsuffizienz sowohl

    ambulant durch niedergelassene Kardiologen als auch während eines stationären Auf-

    enthaltes durchgeführt. Somit unterliegen insbesondere Durchführungs- und Dokumen-

    tationsqualität bei dieser Untersuchung nicht der direkten Einflussnahme durch behan-

    delnde Hausärzte. In Praxisnetzen empfiehlt sich daher neben einem standardisierten

    Versorgungspfad mit festgelegten Schnittstellen zwischen Hausärzten und Kardiologen

    auch ein zwischen beiden Sektoren konsentierter Standard zur Durchführungs- und

    Dokumentationsqualität echokardiografischer Untersuchungen. Dabei ist insbesondere

    die zeitnahe Bereitstellung der Befunde ein kritischer Faktor.

    Der erreichte Standard bei Qualitätsindikatoren zur Echokardiografie bei Herzinsuffizi-

    enz liegt international bei ca. 50–60 %. Eine pathologische Echokardiografie muss nicht

    zwingend für die klinisch begründete Diagnose Herzinsuffizienz durchgeführt werden,

    aktuelle nationale (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin [DEGAM] 2006, NVL 2009)

    internationale Leitlinien (z. B. National Institute for Health and Clinical Excellence [NICE]

    2003, SIGN 2007) empfehlen diese jedoch bei begründetem Verdacht zur Diagnosesiche-

    rung.

    Nicht-medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz

    Es findet sich Evidenz zur Rolle von Raucherentwöhnung, Alkoholabstinenz, Salzrestrik-

    tion und körperlicher Aktivität bei der nicht-medikamentösen Therapie der Herzinsuffi-

    zienz. Eine adäquate Beratung kann hier unter Umständen zu einer Verhaltensänderung

    und damit zu einer verbesserten Prognose der Herzinsuffizienz führen. Es existiert eine

    randomisierte Studie zur Wirksamkeit einer einstündigen Beratung bei Patienten mit

    Herzinsuffizienz (Koelling et al. 2005), die eine relative Reduktion der Hospitalisationsrate

    und Mortalität von 35 % (p = 0,02) zeigen konnte. Außerdem gibt es eine Reihe von ran-

    domisiert-kontrollierten Studien zu Disease-Management-Programmen (DMP) bei Herz-

  • Herzinsuffizienz

    11 – Band C8, Version 1.0

    ansatzpunkte für gute Versorgung (QualItätskonzept)

    insuffizienz, die in einer Metaanalyse zusammengefasst wurden (Gwadry-Sridhar et al.

    2004). Darin zeigte sich, dass die Krankenhausaufnahmerate durch Disease-Management-

    Programme gesenkt werden kann (RR 0,79 [0,68–0,91]). Körperliches Training allein

    konnte in einer Metaanalyse von Piepoli et al. (2004) die Mortalität signifikant senken

    (Hazard Ratio [HR] 0,65).

    Problematisch erscheint die von Krumholz (2007) aufgegriffene Thematik der fehlenden

    Gewährleistung der Qualität von Schulungsmaßnahmen. Allein die Tatsache, dass eine

    Beratung oder Schulung (zusätzlich) dokumentiert wird, garantiert noch keine qualita-

    tiv gute Schulung von Patienten. Insofern erscheinen Indikatoren aus diesem Bereich

    grundsätzlich sinnvoll, allerdings nur, wenn der Zugang zu qualitativ hochwertigen

    Schulungsangeboten gewährleistet werden kann. Der Effekt einer alleinigen Ausgabe von

    schriftlichen Schulungsmaterialien an Patienten wurde bisher nicht untersucht. Es ist

    aber zu bezweifeln, dass sich allein durch diese Maßnahme eine Verhaltensänderung und

    Prognoseverbesserung erreichen lassen.

    Die Bedeutung von DMP bzw. Case-Management-Programmen für Patienten mit Herz-

    insuffizienz ist national wie international Thema zahlreicher Forschungsprojekte. Erste

    Ergebnisse zeigen deutliche positive Effekte auf die Versorgungsqualität und in geringe-

    rem Ausmaß auch verbesserte patientenrelevante Outcomes.

    Zur Effektivität einer Salzrestriktion bei der Therapie von Herzinsuffizienzpatienten gibt

    es unterschiedliche Expertenmeinungen. Die aktuelle Fassung der NVL Herzinsuffizienz

    (2009) empfiehlt keine Salzrestriktion.

    Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz

    Zusätzlich zum Ausschöpfen der kausalen Therapie (z. B. koronare Revaskularisierungs-

    maßnahmen, Frequenzkontrolle etc.) sollte eine konsequente und stadiengerechte Phar-

    makotherapie der Herzinsuffizienz unter Berücksichtigung möglicher Kontraindika-

    tionen erfolgen. Letztere ist für die Behandlung von älteren multimorbiden Patienten

    besonders bedeutsam.

    Die Behandlung von Herzinsuffizienz-Patienten mit Hemmstoffen des Renin-Angioten-

    sin-Aldosteron-Systems (ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptorblocker) ist ein wesentliches

    Therapieprinzip. Mehrere randomisiert-kontrollierte Studien zeigten eine Abnahme der

    Mortalität und eine verminderte Progression der Herzinsuffizienz unter Renin-Angioten-

    sin-Aldosteron-System (RAAS)-Hemmer-Therapie. Das Evidenzlevel ist somit sehr hoch.

    Allerdings muss bedacht werden, dass in die großen RCT nur Patienten eingeschlossen

    wurden, welche definierte Ein- und Ausschlusskriterien erfüllt haben. Das Alter der Patien-

    ten spielt hier eine entscheidende Rolle. Die Evidenz für Patienten über 75 Jahre ist daher

    geringer. Es existieren jedoch Hinweise, dass auch bei älteren Patienten eine Mortalitätssen-

    kung durch die Gabe von RAAS-Hemmern erreichbar ist, wenn bestehende oder neu auf-

    tretende Kontraindikationen beachtet werden (Havranek et al. 1998, Masoudi et al. 2004).

    Hemmstoffe des

    Renin-Angiotensin-

    Aldosteron-Systems

  • Herzinsuffizienz

    12 – Band C8, Version 1.0

    ansatzpunkte für gute Versorgung (QualItätskonzept)

    Die Zielerreichung beim Qualitätsindikator zur ACE-Hemmer-Verschreibung der ACC/

    AHA zeigte als einziger Indikator eine Assoziation mit einer verringerten Mortalität

    60 bis 90 Tage nach Entlassung aus dem Krankenhaus (Fonarow et al. 2007).

    Metaanalysen über mehr als 20.000 Patienten in mehr als 20 RCT belegen eine signifikant

    niedrigere Mortalität unter Betablockergabe (Odds Ratio [OR] 0,68–0,74) (Heidenreich &

    Fonarow 2007). Für Hospitalisierungen zeigen sich ähnliche Effekte. In einer Metaanalyse

    über den Effekt von Betablockern (Metoprololsuccinat, Carvedilol, Bisoprolol) bei älteren

    Patienten mit Herzinsuffizienz (Dulin et al. 2005) zeigte sich kein Effekt des Alters auf den

    Nutzen von Betablockern. Außer einem RCT (Coats 2005) gibt es bisher keinen Hinweis

    auf die Wirksamkeit von Nebivolol bei älteren Herzinsuffizienzpatienten. Die Studie von

    Fonarow et al. (2007) zeigte auch für den Qualitätsindikator zur Betablockergabe eine sig-

    nifikante Reduktion von Mortalität und Krankenhausaufnahmerate.

    Obwohl eine angepasste diuretische Therapie zu den wesentlichen Behandlungssäulen

    der Herzinsuffizienz gehört, gibt es nur wenig Evidenz zur (alleinigen) diuretischen The-

    rapie bei Herzinsuffizienz. Eine gute Versorgungsqualität im Bereich der diuretischen

    Therapie ist aufgrund der Abhängigkeit von Hypervolämie und Elektrolythaushalt nur

    schwer in validen Qualitätsindikatoren zu operationalisieren. Hier erscheinen Aspekte der

    Verlaufskontrollen (Gewichtskontrolle, Feststellen der Hypervolämiesymptome, Elektro-

    lytkontrollen) bedeutsamer für die Versorgungsqualität zu sein.

    Aufgrund der gegenwärtigen Evidenzlage muss man die Digitalistherapie differenziert

    betrachten. Während sie zur Ruhefrequenzkontrolle bei tachykard übergeleitetem Vor-

    hofflimmern durchaus eine Berechtigung in der Therapie herzinsuffizienter Patienten hat

    (Khand et al. 2000), ist die Indikation zur symptomatischen Therapie bei Sinusrhythmus

    nur noch zurückhaltend zu stellen (DEGAM 2006). Eine Monotherapie der Herzinsuffizi-

    enz mit Digitalispräparaten ist zudem kontraindiziert.

    Für Patienten mit Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern (ca. 15–30 %) ist der Nutzen

    einer oralen Antikoagulation durch eine Metaanalyse belegt. Allerdings konnte in der ran-

    domisiert-kontrollierten WATCH-Studie (Warfarin and Antiplatelet Therapy in Chronic

    Heart Failure Trial) zur Antikoagulation von Herzinsuffizienzpatienten mit Sinusrhyth-

    mus kein Überlebensvorteil für die Therapie mit Warfarin gefunden werden (Massie et

    al. 2009). Jedoch existieren diverse Kontraindikationen gegen eine orale Antikoagulation

    und die Patientenpräferenz spielt bei dieser Therapie eine große Rolle.

    Es zeigte sich in mehreren Studien mit Verapramil, Nifedipin und Diltiazem eine Über-

    sterblichkeit und eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz in der Langzeittherapie.

    Eine Subanalyse der Studies of Left Ventricular Dysfunction (SOLVD)-Studie zeigte

    ebenfalls eine erhöhte Mortalität (RR 1,14 [1,00–1,28] p = 0,045) für die Behandlung mit

    Calciumantagonisten (Kostis et al. 1997). In zwei großen RCT (Packer et al. 1996, Cohn

    et al. 1997) konnte für Amlodipin und Felodipin kein solcher Effekt gefunden werden.

    Bei Patienten mit schwer einstellbarer arterieller Hypertonie oder symptomatischer KHK

    können diese Substanzen durchaus wichtige Therapiebausteine sein.

    Betablocker

    Diuretika

    Digitalis

    Antikoagulation

    Calciumantagonisten

  • Herzinsuffizienz

    13 – Band C8, Version 1.0

    ansatzpunkte für gute Versorgung (QualItätskonzept)

    Verlaufskontrolle

    Obwohl das Evidenzlevel in Bezug auf labordiagnostische Verlaufskontrollen niedrig ist,

    so ist doch bekannt, dass insbesondere Verschiebungen im Kaliumhaushalt zu einer Ver-

    schlechterung der Herzinsuffizienz und zu schwerwiegenden Rhythmusstörungen führen

    können. Mit einem konsequenten Remindingsystem zu regelmäßiger Elektrolyt- und Kre-

    atininkontrolle ließen sich unter Umständen unnötige Entgleisungen insbesondere unter

    RAAS-Hemmer bzw. diuretischer Therapie vermeiden (ausreichende Evidenz besteht in

    diesem Bereich bisher nicht). Als Intervall wird von aktuellen Leitlinien (DEGAM 2006,

    NVL 2009) eine halbjährliche Bestimmung von Elektrolyten und Nierenretentionsparame-

    tern empfohlen.

    Trotz fehlender hochwertiger Studien zu diesem Thema herrscht weitgehender Exper-

    tenkonsens, dass eine regelmäßige Gewichtskontrolle von Herzinsuffizienzpatienten

    (z. B. als Selbstmonitoring) positive Effekte auf die Behandlungsqualität hat. Gewichts-

    monitoring war Teil von Case-Management-Studien, die insgesamt positive Effekte zeig-

    ten, so dass eine indirekte Evidenz für den Nutzen dieser Maßnahme besteht. Wichtig

    erscheint hier jedoch eine Patientenschulung, die adäquate Handlungsschemata bei einer

    raschen Gewichtszunahme vermittelt.

    Laborkontrollen

    Gewichtskontrollen

  • Herzinsuffizienz

    14 – Band C8, Version 1.0

    methodIsches Vorgehen zur erarBeItung des IndIkatorensets

    Methodisches Vorgehen zur Erarbeitung des Indikatorensets Die Recherche nach Indikatoren für das vorliegende Set zur Herzinsuffizienz ging verschie-

    dene Wege: Zunächst erfolgte eine Literaturrecherche in der Datenbank Medline anhand der

    Suchbegriffe „heart failure“ AND „quality indicator“ OR „clinical audit“ OR „league tables“.

    Die 497 Treffer wurden von zwei Wissenschaftlern unabhängig voneinander auf relevante

    Publikationen untersucht. Es fanden sich insgesamt 152 Arbeiten zum Thema „Qualitätsindi-

    katoren Herzinsuffizienz“. In 14 Publikationen wurden explizit Qualitätsindikatoren für die

    (ambulante) Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz aufgeführt. Diese wurden über-

    setzt und in eine erste Vorauswahl aufgenommen. Des Weiteren wurden bestehende inter-

    nationale Datenbanken für Qualitätsindikatoren abgefragt. Die dort dokumentierten Indi-

    katoren wurden ebenfalls übersetzt und in die Vorauswahl integriert. Schließlich wurden

    auch nationale wie internationale Leitlinien auf mögliche Qualitätsindikatoren überprüft.

    Insgesamt führten diese primären Recherchen zu einer Vorauswahl von 169 Indikatoren.

    Zusätzlich ging die Suche nach geeigneten Indikatoren noch einen ganz anderen Weg:

    Dabei wurden zwei Fokusgruppen mit jeweils vier praktisch tätigen Hausärzten gebildet.

    Ziel der Fokusgruppen war es, Kriterien für eine gute hausärztliche Versorgungsqualität

    von Patienten mit Herzinsuffizienz festzulegen und damit bei der Indikatorenauswahl

    auch praxisnahe Aspekte zu berücksichtigen, die in der Literatur und in den Datenban-

    ken möglicherweise nicht aufgegriffen werden. Die Aufzeichnungen der Fokusgruppen

    wurden transkribiert und anschließend von drei Wissenschaftlern unabhängig voneinan-

    der inhaltsanalytisch ausgewertet. Im Rahmen eines Konsensustreffens entwickelten die

    Wissenschaftler daraufhin 21 Qualitätsindikatoren, die eine weitere Vorauswahl bildeten.

    Erstellung des Indikatorenregisters für das QISA-Bewertungsverfahren

    Aus diesen Vorauswahlen mit 169 primär recherchierten und 21 aus den Fokusgruppen

    entwickelten Qualitätsindikatoren filterten die Autoren in verschiedenen Schritten das

    Indikatorenregister heraus, das die Grundlage für das eigentliche Bewertungsverfahren

    bildet. Es umfasste letztlich insgesamt 78 Qualitätsindikatoren. Bei der Reduzierung der

    Vorauswahl entfernten die Autoren zunächst Dubletten und fassten inhaltlich zusammen-

    hängende Indikatoren zusammen. Zudem wurden Indikatoren, die ausschließlich für die

    Anwendung im stationären Bereich bestimmt sind, entfernt, da sich die QISA-Indikatoren

    an Akteure in der praktischen ambulanten Versorgung richten. Schließlich wurden auch

    Indikatoren ausgeschlossen, die auf Basis der Empfehlungen aktueller Leitlinien nicht

    länger vertretbar sind. Insgesamt wurden auf diese Weise 112 Indikatoren ausgeschlossen

    oder in andere überführt.

    Das so entstandene Register (siehe Anhang 2) bildete die Basis für die eigentliche Indika-

    torenauswahl im Rahmen des vorgenommenen Bewertungsverfahrens.

    Recherche nach

    Qualitätsindikatoren

    Herzinsuffizienz

  • Herzinsuffizienz

    15 – Band C8, Version 1.0

    methodIsches Vorgehen zur erarBeItung des IndIkatorensets

    Indikatorenregister für das QISA-

    Bewertungsverfahren: 78 Indikatoren

    Auswahl nach Relevanz und Praktikabilität: 9 QISA-Indikatoren

    RECHERCHE DER INDIKATOREN zUR VERSORGUNGSQUALITäT BEI HERzINSUFFIzIENz

    Zusammenführung und Bereinigung durch die Autoren

    Ausschluss von 112 Indikatoren:

    Duplikate zusammengefasste Indikatoren

    stationäre Indikatoren nicht mehr leitlinien-konforme Indikatoren

    Vorauswahl auf Basis der Recherchen: 169 Indikatoren

    Literaturrecherche Medline

    Prüfung nationaler und internationaler

    Leitlinien

    Vorauswahl unter Praxisaspekten: 21 Indikatoren

    Abfrage in internationalen

    Datenbanken für Qualitätsindikatoren

    Zwei hausärztliche Fokusgruppen

    Das sodann an die 78 verbliebenen Indikatoren angelegte Bewertungsverfahren folgte

    der sogenannten RAND/UCLA Appropriateness Method, die vor etwa 30 Jahren von der

    RAND Corporation, Kalifornien, in Zusammenarbeit mit der School of Medicine der Uni-

    versity of California, Los Angeles (UCLA) entwickelt wurde. Dieses Verfahren ist in natio-

    nalen und internationalen Studien erprobt und kombiniert systematisch die Recherche

    der verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz mit einer strukturierten Bewertung durch

    Experten (Fitch et al. 2001). Zur Beurteilung der Relevanz der Indikatoren wurden ent-

    sprechend der RAND/UCLA-Methode zwei Bewertungsrunden durchgeführt. Die erste

    Runde bestand aus einer schriftlichen postalischen Bewertung durch ausgewählte Exper-

    ten. Die zweite Bewertungsrunde fand im Anschluss an ein halbtägiges Treffen dieser

    Experten statt, die zuvor die Indikatoren strukturiert diskutiert hatten. In der zweiten

    Bewertungsrunde wurde zusätzlich noch die Praktikabilität (Umsetzbarkeit) der Indikato-

    ren bewertet. Die Ergebnisse sind im Indikatorenregister (Anhang 2) aufgeführt.

    Wesentliche Arbeitsgrundlage für die Bewertung der Indikatoren in der ersten und

    zweiten Runde war ein Formular, das neben einer Beschreibung des Indikators dessen

    zu bewertende Eigenschaften enthielt und angemessenen Platz für Anmerkungen ließ.

    Formulierungshinweise der Experten, die sich im Wesentlichen auf Rahmenbedingun-

    gen der hausärztlichen Versorgung bezogen, insbesondere bei übersetzten Indikatoren,

    wurden ergänzend aufgenommen. Das Expertenpanel setzte sich aus sieben Personen

    zusammen, die Fachexperten für die Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz sind

    (siehe Anhang 1).

    Bewertungsverfahren

    zur Auswahl der

    QISA-Indikatoren

  • Herzinsuffizienz

    16 – Band C8, Version 1.0

    methodIsches Vorgehen zur erarBeItung des IndIkatorensets

    Hinweise zur Umsetzung

    Eine wichtige Rolle bei der Erhebung der Daten und der Interpretation der Qualitäts-

    indikatoren spielt die standardisierte Identifikation der Zielgruppe. Hier muss bei der

    Anwendung der Indikatoren zwischen Patienten mit Verdachtsdiagnose oder Erstdiagno-

    se Herzinsuffizienz unterschieden werden. Insbesondere die Erfassung von Patienten mit

    Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz setzt eine differenzierte Erfassung und Kodierung in

    der Praxissoftware voraus (International Classification of Diseases (ICD)-10 GM Qualifi-

    kation „V“). Klinische Symptome, welche den Verdacht auf das Vorliegen einer Herzin-

    suffizienz nahelegen, sind Luftnot, Müdigkeit und Flüssigkeitsretention. Angesichts der

    vielfältigen Differentialdiagnosen sind spezifische Maßnahmen – wie etwa die Durchfüh-

    rung einer Echokardiografie – sinnvoll, um mit vertretbarem Aufwand die Diagnose Herz-

    insuffizienz zu sichern. Ist die Erstdiagnose einer Herzinsuffizienz erfolgt, so sind weitere

    grundlegende Untersuchungen sinnvoll, um Ätiologie und bestehende Komorbiditäten

    zu erfassen. Im weiteren Verlauf werden Therapie und Therapiekontrolle bedeutsam. Als

    Grundlage für Therapieoptimierung und -monitoring kann die interne Listenfunktion der

    Praxissoftware genutzt werden, um sowohl Patienten mit Verdachts- als auch gesicher-

    ter Diagnose einer Herzinsuffizienz identifizieren zu können. Ein eigener Indikator für

    das Erstellen eines Registers von Herzinsuffizienzpatienten wurde vom Expertenpanel

    allerdings nicht ausgewählt und ist daher in dem hier vorgestellten Indikatorenset nicht

    enthalten.

    Für die Messung der Qualitätsindikatoren etwa auf der Ebene eines Arztnetzes ist es sinn-

    voll, einheitlich festzulegen, welche Identifikationscodes für die Herzinsuffizienz verwen-

    det werden sollen (z. B. ICD-10 GM I50.1xV bei Verdacht auf Linksherzinsuffizienz bzw.

    I50.1xG bei gesicherter Linksherzinsuffizienz). Auch der Schweregrad der Herzinsuffizi-

    enz sollte kodiert werden (I50.11 NYHA I bis I50.14 NYHA IV). Die Patientendaten kön-

    nen anonymisiert ausgelesen und bei einheitlicher Dokumentation von einer zentralen

    Stelle zusammengeführt werden.

    Im Jahr 2009 wurde das Zusatzmodul „Chronische Herzinsuffizienz“ als Bestandteil des

    DMP Koronare Herzkrankheit eingeführt. Mit Hilfe der integrierten und standardisierten

    Dokumentation im Rahmen des DMP-Moduls Herzinsuffizienz lassen sich bestimmte

    Versorgungsprozesse transparent darstellen (z. B. Medikation) und für die Bestimmung

    von Qualitätsindikatoren nutzen. Zudem ist Patientenschulung ein essentieller Bestand-

    teil des DMP. Obwohl das hier dargestellte Indikatorenset auf Basis der Auswahl durch

    das Expertenpanel keinen expliziten Indikator zur Patientenschulung enthält, wird an

    dieser Stelle auf Basis aktueller Leitlinienempfehlungen noch einmal ausdrücklich auf

    seine große Bedeutung für die Versorgungsqualität bei Patienten mit Herzinsuffizienz

    hingewiesen (DEGAM 2006, NVL 2009). Schließlich sind nicht allein im Zuge der DMP

    auch Schulungen von ärztlichen sowie nicht-ärztlichen Mitarbeitern integraler Bestandteil

    einer optimierten Versorgung für Patienten mit Herzinsuffizienz.

    Identifikation der

    zielgruppe durch die

    beteiligten ärzte

    Disease Management,

    Modul Herzinsuffizienz

    bei KHK

  • Herzinsuffizienz

    17 – Band C8, Version 1.0

    methodIsches Vorgehen zur erarBeItung des IndIkatorensets

    SchlussbemerkungZiel des QISA-Projektes Herzinsuffizienz war es, Indikatoren für die Darstellung der

    ambulanten Versorgungsqualität für Patienten mit Herzinsuffizienz vorzuschlagen. QISA

    richtet sich in erster Linie an ambulante Versorgungsmodelle wie Kooperationen von

    Ärzten oder andere regionale Versorgungsmodelle. Dabei ist zu betonen, dass die Versor-

    gung von Patienten mit Herzinsuffizienz weitere Dimensionen aufweist, die mit den hier

    präsentierten Indikatoren nicht dargestellt werden. Die Auswirkungen der entwickelten

    Indikatoren auf die Versorgungslandschaft werden erst in nachfolgenden Evaluations-

    studien bewertet werden können. Hier besteht gerade in Deutschland weiterhin dringen-

    der Forschungsbedarf.

  • Herzinsuffizienz

    18 – Band C8, Version 1.0

    üBersIcht üBer dIe ausgewählten IndIkatoren

    Übersicht über die ausgewählten Indikatoren und die damit beschriebenen Qualitätsaspekte

    Die folgenden Indikatoren wurden im Rahmen des Experten-Panels als relevant und prak-

    tikabel bewertet:

    INDIKATOR

    1 Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezifische Anamnese dokumentiert wurde

    2 Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezifische körperliche Untersuchung dokumentiert wurde

    3 Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, die ein EKG mit 12 Ableitungen erhalten

    4 Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine Echokardiografie durchgeführt wird

    5 Anteil der Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen spezifische Komorbiditäten dokumentiert sind

    6 Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker behandelt werden

    7 Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit einem Beta-Rezeptorenblocker behandelt werden

    8 Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, die bei Vorhofflimmern mit oralen Antikoagulantien behandelt werden

    9 Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, bei denen mindestens halbjährlich Serumelektrolyte und Nierenfunktion bestimmt werden

  • 19 – Band C8, Version 1.0

    Herzinsuffizienz IndIkator 1

    Indikator 1: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezifische Anamnese dokumentiert wurde

    (I) Beschreibung des Indikators

    Aussage: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezi-fische Anamnese dokumentiert wurde

    Begründung: Um gezielte Maßnahmen zu Diagnostik und Therapie ergreifen zu können, sollen Patienten mit den typischen Symptomen einer Herzinsuffizienz eine ausführli-

    che Anamnese zu Risikofaktoren und aktuellen Symptomen erhalten (z. B. KHK,

    Hypertonie, Medikamentenanamnese, Alkoholkonsum), bevor weitere diagnos-

    tische oder therapeutische Schritte eingeleitet werden.

    Zielstellung: Bei Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz werden bei allen Patienten wesentliche anamnestische Angaben erfragt und dokumentiert: Überwässerungssymptome,

    abgelaufener Herzinfarkt, Vorliegen einer KHK, vorangegangene Revaskularisa-

    tionsmaßnahmen, aktuelle Thoraxschmerzen oder Anginapectoris-Symptome, arte-

    rielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Klappenerkrankungen,

    Schilddrüsenerkrankungen, Alkoholkonsum, Raucherstatus, aktuelle Medikation,

    NYHA-Klasse oder eine andere Beschreibung des funktionellen Status.

    Bezugszeitraum: Ein Jahr

    Einbezogene Fachgruppen: Allgemeinärzte und hausärztlich tätige Internisten

    Datenquellen: Es bedarf einer speziellen Erhebung in den Arztpraxen und einer Speicherung der Daten in der Praxissoftware. Dies könnte gegebenenfalls im Rahmen einer

    erweiterten DMP-Dokumentation geschehen. Ziel wäre eine Checkliste, welche die

    wesentlichen Inhalte zur Anamnese bei Herzinsuffizienz enthält.

    Voraussetzungen: Die Selektion der Patienten erfolgt über die Praxissoftware mittels Suche der rele-vanten ICD-10-GM-Kodierungen I50.1xV. Eine vereinfachte Dokumentation in der

    elektronischen Patientenakte könnte zusätzlich über ein neu definiertes Kartei-

    kürzel oder über eine erweiterte DMP-Dokumentation erfolgen. Der Erfüllungsgrad

    des Indikators wäre somit leicht zu überprüfen.

    Ausblick: Am Anfang einer jeden Behandlung steht die Erhebung einer ausführlichen Anam-nese. Ziel ist es, mögliche krankheitsauslösende Ursachen zu erfassen, um gegebe-

    nenfalls eine spezifische Therapie einleiten zu können. Relevante Komorbiditäten

    werden vor Therapiebeginn erfasst. Auf Basis dieser Maßnahmen ist es möglich,

    eine optimierte und individualisierte Behandlung einzuleiten.

  • 20 – Band C8, Version 1.0

    HerzinsuffizienzIndIkator 1

    (II) Erstellung

    Formel: Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezifische Anamnese dokumentiert wurde

    Alle Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz

    Referenzwert: ≥ 95 % (< 5 % Toleranz)

    Benötigte Daten: Zähler: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xV), bei denen eine spezifische Anamnese dokumentiert wurde

    Nenner: Alle Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xV)

    Verfügbarkeit Wenn ein einheitliches Dokumentationssystem angewendet wurde, sind die Daten der Daten: vollständig in der Praxissoftware enthalten oder über eine erweiterte DMP-Doku- mentation zu erfassen.

    (III) Anmerkungen zur Messgüte

    Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation sind die Daten valide und der

    Indikator reagiert auf Veränderungen. Wichtig ist eine endständige Kodierung

    nach ICD-10 GM mit der Qualifikation des Codes als Verdachtsdiagnose „V“ sowie

    eine Dokumentation der Inhalte der Anamnese mit Hilfe einer Checkliste.

    (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

    Epidemiologie Nationale und internationale Leitlinien sehen in einer gründlichen Anamnese zu und Prävalenz: Symptomen, Begleit- sowie Vorerkrankungen, Expositionen und Familienanam- nese eine wesentliche Grundlage für die weitere Diagnostik und Therapie einer

    Herzinsuffizienz. Gleichwohl ist die Evidenz zur diagnostischen Wertigkeit einzel-

    ner Symptome unzureichend. In Deutschland gibt es insgesamt keine Daten über

    Inhalt und Qualität der Anamneseerhebung bei Herzinsuffizienz.

    Praxisstudien Es fehlen weitgehend Studien zur Bedeutung von diagnostischen Maßnahmen bei und Evidenz: Patienten mit Herzinsuffizienz. In einer Beobachtungsstudie mit 14.102 aufgrund

    von Herzinsuffizienz hospitalisierten Patienten war die 30-Tage-Mortalität bei sol-

    chen Patienten signifikant niedriger, bei denen die Performance bei bestimmten

    Prozessparametern besser war (12 % vs. 16 %; p < 0,05) (Kahn et al. 1990). Zu

    diesen zählte auch eine umfassende Anamnese und eine klinische Untersuchung.

    Eine ausführliche Anamnese bei Diagnosestellung ist integraler Bestandteil der

    ärztlichen Tätigkeit und wird in zahlreichen Leitlinien empfohlen. DEGAM und

    NVL bezeichnen die Evidenz zur diagnostischen Wertigkeit einzelner Symptome

    als unzureichend und inkonsistent. Die Angaben zu Sensitivität und Spezifität ein-

    zelner Symptome stammen aus Studien mit Hochrisikopatienten und seien nicht

    auf die hausärztliche Versorgung übertragbar. Insgesamt wird daher diese Emp-

    fehlung mit einem Evidenzgrad von III angegeben.

  • 21 – Band C8, Version 1.0

    Herzinsuffizienz IndIkator 1

    Indikatorensysteme: ACOVE Heidenreich PA, Fonarow GC. 2007. Quality indicators for the care of heart failure in vulnerable elders. J Am Geriatr Soc. 2007 Oct; 55 Suppl 2:34: ”Medical history and documentation: if a VE is newly diagnosed with heart

    failure, then he or she should have a history taken at diagnosis or hospitaliza-

    tion that documents symptoms of volume overload; prior MI, coronary artery

    disease or revascularization; current symptoms of chest pain or angina pec-

    toris; hypertension; diabetes mellitus; hypercholesterolemia; valvular heart

    disease; thyroid disease; alcohol use; smoking; current medications; and New

    York Heart Association functional class or other description of functional

    status.”

    Buetow SA, Coster GD. 2000. New Zealand and United Kingdom experi-ences with the RAND modified Delphi approach to producing angina and heart failure criteria for quality assessment in general practice. Qual Health Care 2000; 9(4):229:

    ”Systolic heart failure … initial assessment … history taking: symptoms at rest

    or during physical exercise, previous heart disease, angioplasty, stent or coro-

    nary artery bypass, family history of premature heart disease, smoking, alco-

    hol, physical activity, medication.”

    Leitlinien: DEGAM Leitlinie 9 Herzinsuffizienz 2006 NVL Chronische Herzinsuffizienz 2010 Symptome: Dyspnoe, Leistungsminderung, Flüssigkeitsretention, Husten und

    Nykturie

    Vorerkrankungen: Hypertonie, Diabetes mellitus, KHK/pAVK, Klappenvitien,

    rheumatisches Fieber

    Expositionen: Alkohol-/Drogenabusus, sexuell übertragbare Krankheiten, thoraka-

    le Strahlentherapie, antivirale oder Chemotherapie

    Seltene Erkrankungen: Schilddrüsenstoffwechselstörungen, Kollagenosen, bakteri-

    elle oder parasitäre Erkrankungen, Hämochromatose, Phäochromozytom

    Familienanamnese: Arteriosklerose, plötzlicher Herztod

    (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

    Eine spezifische Anamneseerhebung ist integraler Bestandteil ärztlichen Handelns.

    Teilnehmende Praxen können im internen Qualitätsmanagement durch diesen

    Indikator Entscheidungsprozesse transparent abbilden. Die Indikatorwerte sollten

    regelmäßig praxis- und netzbezogen zurückgemeldet werden. Sie sollten weiterhin

    in Qualitätszirkeln als Arbeitsgrundlage verwendet werden, um die Zielerreichung

    zu überprüfen bzw. Verbesserungsvorschläge zu entwickeln.

  • 22 – Band C8, Version 1.0

    HerzinsuffizienzIndIkator 2

    Indikator 2: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezifische körperliche Untersuchung dokumentiert wurde

    (I) Beschreibung des Indikators

    Aussage: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezi-fische körperliche Untersuchung dokumentiert wurde

    Begründung: Es erscheint sinnvoll, bei Patienten mit den typischen Symptomen einer Herzin-suffizienz eine ausführliche körperliche Untersuchung durchzuführen. Die Evi-

    denzlage für die klinische Basisdiagnostik ist bisher jedoch unzureichend.

    Zielstellung: Alle Patienten mit der Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz werden gründlich körperlich untersucht. Dabei werden folgende Punkte dokumentiert: Gewicht,

    Blutdruck, Herzfrequenz, kardiale und pulmonale Auskultation, Untersuchung der

    unteren Extremitäten.

    Bezugszeitraum: Ein Jahr

    Einbezogene Fachgruppen: Allgemeinärzte und hausärztlich tätige Internisten

    Datenquellen: Es bedarf einer speziellen Erhebung in den Arztpraxen und einer Speicherung der Daten in der Praxissoftware. Dies könnte gegebenenfalls im Rahmen einer

    erweiterten DMP-Dokumentation geschehen. Ziel wäre eine Checkliste, welche die

    wesentlichen Inhalte zur körperlichen Untersuchung bei Patienten mit Verdachts-

    diagnose Herzinsuffizienz enthält.

    Voraussetzungen: Erfolgt eine einheitliche Dokumentation in der elektronischen Patientenakte, so ist eine Selektion der Patienten über die ICD-10-GM-Kodierung I50.1xV möglich.

    Über ein Karteikürzel oder eine erweiterte DMP-Dokumentation kann der Unter-

    suchungsbefund erfasst werden.

    Ausblick: Vor jeder individualisierten Behandlung steht eine gründliche körperliche Unter-suchung. Sie ist die Basis für weitere Kontrolluntersuchungen zur Diagnosesiche-

    rung und Therapieoptimierung.

    (II) Erstellung

    Formel: Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine spezifische körperliche Untersuchung dokumentiert wurde

    Alle Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz

    Referenzwert: ≥ 95 % (< 5 % Toleranz)

  • 23 – Band C8, Version 1.0

    Herzinsuffizienz IndIkator 2

    Benötigte Daten: Zähler: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xV), bei denen eine spezifische körperliche Untersuchung dokumentiert wurde

    Nenner: Alle Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xV)

    Verfügbarkeit Wenn ein einheitliches Dokumentationssystem angewendet wurde, sind die Datender Daten: vollständig in der Praxissoftware enthalten oder über eine erweiterte DMP-Doku-

    mentation zu erfassen.

    (III) Anmerkungen zur Messgüte

    Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation sind die Daten valide und der

    Indikator reagiert auf Veränderungen. Wichtig ist eine endständige Kodierung

    nach ICD-10 GM mit der Qualifikation des Codes als Verdachtsdiagnose „V“ sowie

    eine Dokumentation der Inhalte der körperlichen Untersuchung.

    (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

    Epidemiologie Einzelne Symptome sind nicht ausreichend spezifisch, um eine sichere Diagnoseund Prävalenz: zu stellen. Doch wenn mehrere klinische Zeichen vorliegen, erhöht dies die Wahr-

    scheinlichkeit für das Vorliegen einer Herzinsuffizienz.

    Praxisstudien: Es existiert keine belastbare Evidenz zur diagnostischen Wertigkeit einzelner Sym-und Evidenz ptome. In einer Beobachtungsstudie mit 14.102 aufgrund von Herzinsuffizienz

    hospitalisierten Patienten war die 30-Tage-Mortalität bei solchen Patienten signifi-

    kant niedriger, bei denen die Performance bei bestimmten Prozessparametern bes-

    ser war (12 % vs. 16 %; p < 0.05) (Kahn et al. 1990). Zu diesen zählte neben einer

    umfassenden Anamnese auch eine gründliche körperliche Untersuchung. Laut

    Expertenmeinung werden in Leitlinien übereinstimmend Dyspnoe, Erschöpfung/

    Leistungsminderung und Flüssigkeitsretention als die drei häufigsten Symptome

    einer Herzinsuffizienz genannt, insgesamt resultiert ein Evidenzgrad von III.

    Indikatorensysteme: ACOVE Heidenreich PA, Fonarow GC. 2007. Quality indicators for the care of heart failure in vulnerable elders. J Am Geriatr Soc. 2007 Oct; 55 Suppl 2:341:

    “If a VE is newly diagnosed with heart failure, then he or she should have a

    physical examination at diagnosis or hospitalization that documents weight,

    blood pressure and heart rate, lung examination, cardiac examination, abdomi-

    nal examination, and lower extremity examination, because these elements of

    the physical examination are important in the diagnosis of congestion and vol-

    ume overload, and they help to guide dosing of diuretic and other medications,

    which in turn can help to reduce symptoms and the need for rehospitalization.”

  • 24 – Band C8, Version 1.0

    HerzinsuffizienzIndIkator 3

    Buetow SA, Coster GD. 2000. New Zealand and United Kingdom experi-ences with the RAND modified Delphi approach to producing angina and heart failure criteria for quality assessment in general practice. Qual Health Care 2000; 9(4):229:

    “Physical examination: Auscultation heart (rate, rhythm, sounds), auscultation

    chest, jugular venous pressure, blood pressure, abdomen, peripheral oedema,

    weight.”

    Leitlinien: DEGAM Leitlinie 9 Herzinsuffizienz 2006 NVL Chronische Herzinsuffizienz 2010 Bei Patienten mit Verdacht auf Herzinsuffizienz soll dieser zunächst durch eine

    gründliche Anamnese und klinische Untersuchung weiter erhärtet oder entkräftet

    werden. Als zuverlässige klinische Zeichen werden ein erhöhter Jugularvenen-

    druck, verlagerter Herzspitzenstoß, 3. Herzton, pulmonale Rasselgeräusche, Tachy-

    kardie, periphere Ödeme, Hepatomegalie sowie Tachypnoe genannt.

    (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

    Die Indikatorwerte sollten regelmäßig praxis- und netzbezogen zurückgemeldet

    werden. Sie sollten weiterhin in Qualitätszirkeln als Arbeitsgrundlage verwendet

    werden, um die Zielerreichung zu überprüfen bzw. Verbesserungsvorschläge zu

    entwickeln. Eine standardisierte Eingangsuntersuchung zu ausgewählten Sympto-

    men der Herzinsuffizienz ist die Basis für weitere Verlaufskontrollen und Thera-

    pieentscheidungen, welche somit für die praxisinterne Prozessqualität transparent

    werden oder als Diskussionsgrundlage im Qualitätszirkel dienen.

    Indikator 3: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, die ein EKG mit 12 Ableitungen erhalten

    (I) Beschreibung des Indikators

    Aussage: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, die ein EKG mit 12 Ableitungen erhalten

    Begründung: Die Diagnose Herzinsuffizienz ist bei einem unauffälligen EKG eher unwahr-scheinlich, wenn auch nicht unmöglich. Zudem sind wesentliche Ursachen bzw.

    Begleitumstände der Herzinsuffizienz wie Hypertrophiezeichen, Leitungs- oder

    Rhythmusstörungen im EKG erkennbar. Der Evidenzgrad für den Stellenwert der

    EKG-Diagnostik bei Patienten mit Herzinsuffizienz ist jedoch niedrig.

    Zielstellung: Besteht die Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, so soll bei allen Patienten ein EKG mit 12 Ableitungen erstellt werden.

    Bezugszeitraum: Ein Jahr

  • 25 – Band C8, Version 1.0

    Herzinsuffizienz IndIkator 3

    Einbezogene Fachgruppen: Allgemeinärzte und hausärztlich tätige Internisten

    Datenquellen: Routinedaten

    Voraussetzungen: Bei einheitlicher Dokumentation in der elektronischen Patientenakte kann über die Praxis-EDV eine Selektion von Patienten mit der ICD-10-GM-Kodierung I50.1xV

    vorgenommen werden. Informationen zur Durchführung eines EKGs lassen sich

    über die Praxissoftware sowie über eine erweiterte DMP-Dokumentation erheben.

    Ausblick: Besteht der Verdacht auf das Vorliegen einer Herzinsuffizienz, so ist ein EKG mit 12 Ableitungen obligater Bestandteil der Basisdiagnostik. Ziel ist es, dass bei mög-

    lichst jedem Patient mit Verdacht auf Herzinsuffizienz ein EKG geschrieben wird,

    aus dem sich unter Umständen essentielle Informationen ergeben, welche für

    die weitere Diagnostik und Therapie bedeutsam sind (z. B. Vorliegen von Vorhof-

    flimmern).

    (II) Erstellung

    Formel: Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, die ein EKG mit 12 Ableitungen erhalten

    Alle Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz

    Referenzwert: ≥ 95 % (< 5 % Toleranz)

    Benötigte Daten: Zähler: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xV), die ein EKG mit 12 Ableitungen erhalten

    Nenner: Alle Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xV)

    Verfügbarkeit Wird eine einheitliche Dokumentation verwandt, sind diese Daten uneinge-der Daten: schränkt in der Praxissoftware verfügbar.

    (III) Anmerkungen zur Messgüte

    Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation sind die Daten valide und der

    Indikator reagiert auf Veränderungen. Wichtig ist eine endständige Kodierung

    nach ICD-10 GM mit der Qualifikation des Codes als Verdachtsdiagnose „V“ sowie

    eine vollständige Dokumentation durchgeführter EKG-Untersuchungen.

    (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

    Epidemiologie Bei manifester Herzinsuffizenz finden sich im EKG häufig pathologische Befunde.und Prävalenz: Ein völlig unauffälliges EKG macht die Diagnose einer Herzinsuffizienz unwahr-

    scheinlich, sie ist jedoch nicht ausgeschlossen. Daten zur Anwendung des EKGs als

    diagnostisches Instrument bei Herzinsuffizienz liegen für Deutschland nicht vor.

  • 26 – Band C8, Version 1.0

    HerzinsuffizienzIndIkator 4

    Praxisstudien Es ist bisher keine Evidenz darüber verfügbar, inwieweit die Durchführung einesund Evidenz: EKGs zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität bei Patienten mit Herzin-

    suffizienz führt. Dieser Indikator basiert auf den Empfehlungen nationaler Leit-

    linien, insgesamt wird bei Expertenkonsens ein Evidenzgrad von IV angegeben.

    Indikatorensysteme: ACOVE Heidenreich PA, Fonarow GC. 2007. Quality indicators for the care of heart failure in vulnerable elders. J Am Geriatr Soc. 2007 Oct; 55 Suppl 2:341:

    “If a VE is newly diagnosed with heart failure, then he or she should undergo

    … electrocardiogram … within 1 month of the diagnosis if not done in the prior

    3 months, because identifying reversible or treatable causes of heart failure or

    precipitants of heart failure may improve patient outcomes.”

    Leitlinien: DEGAM Leitlinie 9 Herzinsuffizienz 2006 NVL chronische Herzinsuffizienz 2010 Die apparative Basisdiagnostik bei Patienten mit Verdacht auf Herzinsuffizienz sollte

    ein EKG mit 12 Ableitungen umfassen. Die besondere Bedeutung des EKGs liegt im

    Auffinden von Hypertrophiezeichen, Leitungsstörungen und Arrhythmiediagnostik.

    (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

    Ein EKG mit 12 Ableitungen ist obligater Bestandteil der Eingangsuntersuchung

    bei Verdacht auf Herzinsuffizienz. Die Indikatorwerte sollten regelmäßig praxis-

    und netzbezogen zurückgemeldet werden. Sie sollten weiterhin in Qualitätszirkeln

    als Arbeitsgrundlage verwendet werden, um die Zielerreichung zu überprüfen

    bzw. Verbesserungsvorschläge zu entwickeln.

    Indikator 4: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine Echokardiografie durchgeführt wird

    (I) Beschreibung des Indikators

    Aussage: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine Echo-kardiografie durchgeführt wird

    Begründung: Eine Echokardiografie wird in den meisten Leitlinien als wichtiges Instrument zur Diagnosesicherung aufgeführt. Außerdem können einige, zum Teil reversible Ursa-

    chen für die Herzinsuffizienz anhand des Echokardiografiebefundes ausgeschlos-

    sen oder bestätigt werden (z. B. Klappenerkrankungen, Perikarditis constrictiva,

    dilatative Kardiomyopathie).

    Zielstellung: Es soll bei allen Patienten bei Verdacht auf Herzinsuffizienz eine Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) durch zweidimensionale transthora-

    kale Echokardiografie erfolgen. International liegt die Zielerreichung der Indikato-

    ren zur Echokardiografie bei 50–60 %.

  • 27 – Band C8, Version 1.0

    Herzinsuffizienz IndIkator 4

    Bezugszeitraum: Ein Jahr

    Einbezogene Fachgruppen: Allgemeinärzte und hausärztlich tätige Internisten

    Datenquellen: Abrechnungsdaten der Krankenkasse und Zusatzdokumentation in den Praxen, z. B. im Rahmen einer erweiterten DMP-Dokumentation.

    Voraussetzungen: Auch hier ist eine Selektion der Patienten über die elektronische Patientenkartei bei einheitlicher Dokumentation über die ICD-10-GM-Kodierung mit I50.1xV mög-

    lich. Ebenso denkbar ist die Informationsübermittlung aus einer entsprechend

    angepassten DMP-Dokumentation bzw. den Abrechnungsdaten der Krankenkasse.

    Ausblick: International besteht Einigkeit über den hohen Stellenwert der Echokardiografie in der Diagnostik der Herzinsuffizienz. Ziel ist es, möglichst alle geeigneten Pati-

    enten mit Verdacht auf Herzinsuffizienz einer Echokardiografie zuzuführen, um

    reversible oder strukturelle Ursachen zu erkennen oder das Ausmaß anhand der

    eingeschränkten LVEF zu quantifizieren.

    (II) Erstellung

    Formel: Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen eine Echokardiografie durchgeführt wird

    Alle Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz

    Referenzwert: ≥ 95 % (< 5 % Toleranz)

    Benötigte Daten: Zähler: Anteil der Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xV), bei denen eine Echokardiografie durchgeführt wird

    Nenner: Alle Patienten mit Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xV)

    Verfügbarkeit Echokardiografische Untersuchungen werden in Deutschland in der Regel vonder Daten: niedergelassenen Kardiologen oder in den kardiologischen Abteilungen von Kran-

    kenhäusern durchgeführt. Die ambulante Durchführung ließe sich somit über die

    Abrechnungsdaten der Krankenkassen erfassen (EBM Ziffer 33020). Da sich keine

    Ziffer des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS-Ziffer) für die stationär

    durchgeführte Echokardiografie findet, wird empfohlen, das Vorhandensein eines

    echokardiografischen Befundes durch eine Zusatzdokumentation etwa im Rahmen

    des DMP durch den Hausarzt vornehmen zu lassen.

    (III) Anmerkungen zur Messgüte

    Bei einer vollständigen und einheitlichen Dokumentation sowie einer endständi-

    gen Kodierung nach ICD-10 GM mit der Kennzeichnung als Verdachtsdiagnose „V“

    sind diese Daten valide und der Indikator reagiert auf Veränderungen.

  • 28 – Band C8, Version 1.0

    HerzinsuffizienzIndIkator 4

    (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

    Epidemiologie Die Echokardiografie ist ein nicht-invasives und weit verbreitetes diagnostischesund Prävalenz: Verfahren. Bei etwa 10 % der Patienten ist sie jedoch aufgrund anderer Einflüsse

    (chronisch obstruktive Bronchitis [COPD], Mitralinsuffizienz) nur eingeschränkt

    beurteilbar. Auch ist die Übereinstimmung der Messwerte zwischen verschiedenen

    Untersuchern gering und stark von der Erfahrung des Untersuchers abhängig.

    Praxisstudien Insgesamt existiert nur wenig Evidenz für den Stellenwert der Echokardiografie und Evidenz: bei der Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz. Senni et al. (1999) zeigten

    jedoch in einer Beobachtungsstudie an 216 Patienten mit der Erstdiagnose Herz-

    insuffizienz eine signifikante Reduktion der Mortalität (RR 0,61, p = 0,02) in der

    Echogruppe (Echo innerhalb von drei Wochen vor oder nach der Diagnose). Mög-

    licherweise war die in dieser Gruppe höhere Rate an Patienten mit Einnahme von

    ACE-Hemmern ursächlich für den Effekt. Es ist auch aus anderen Studien bekannt,

    dass eine dokumentierte systolische Dysfunktion mit höheren Verschreibungs-

    raten etwa von ACE-Hemmern verbunden ist (Calvert et al. 2009). Die Empfeh-

    lungen zur Echokardiografie basieren dennoch im Wesentlichen auf Expertenkon-

    sens, da insbesondere die diagnostische Wertigkeit der Echokardiografie bisher

    nicht systematisch untersucht worden ist. Daraus ergibt sich der Evidenzgrad III.

    Indikatorensysteme: ACOVE Heidenreich PA, Fonarow GC. 2007. Quality indicators for the care of heart failure in vulnerable elders. J Am Geriatr Soc. 2007 Oct; 55 Suppl 2:342:

    “If a VE is newly diagnosed with heart failure or has known heart failure with

    an unexplained clinical deterioration, then he or she should have an evaluation

    of left ventricular function, because these tests provide guidance in initiating

    appropriate therapy, and they may provide information on reversible or treat-

    able causes of heart failure that, if identified and treated, could reduce mortal-

    ity.”

    Leitlinien: NICE Guideline 108 2010: “4.3 Recommendations for diagnosing heart failure:

    R2 Refer patients with suspected heart failure and previous myocardial infarc-

    tion (MI) urgently, to have transthoracic Doppler 2D echocardiography and

    specialist assessment within 2 weeks.”

    DEGAM Leitlinie 9 Herzinsuffizienz 2006 NVL Chronische Herzinsuffizienz 2010 Die Echokardiografie liefert wichtige Erkenntnisse zur Ursache, Art und Ausmaß

    der Herzinsuffizienz. Sie ist entscheidend für die weitere Therapieplanung. Ver-

    ursachende Erkrankungen mit kausaler Therapieoption können erkannt und das

    Ausmaß der linksventrikulären Dysfunktion quantifiziert werden.

  • 29 – Band C8, Version 1.0

    Herzinsuffizienz IndIkator 5

    (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

    Die Echokardiografie ist ein entscheidendes diagnostisches Instrument bei der

    Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz. Dieser Indikator misst zum einen

    die Prozessqualität in den Hausarztpraxen (Überweisungen zum Kardiologen bei

    Verdachtsdiagnose Herzinsuffizienz, Dokumentation eingehender Befunde), zum

    anderen aber auch Systemqualitätsparameter (Verfügbarkeit ambulanter kardiolo-

    gischer Diagnostik) sowie Prozessqualitätsparameter (Erhebung und Rückmeldung

    der echokardiografischen Befunde an den Hausarzt), welche nicht der unmittelba-

    ren Einflussnahme durch Hausärzte unterliegen. Gerade vor diesem Hintergrund

    empfiehlt es sich, die Indikatorwerte regelmäßig praxis- und netzbezogen zurück-

    zumelden. Sie sollten weiterhin in interdisziplinären Qualitätszirkeln diskutiert

    werden, um die Zielerreichung zu überprüfen bzw. Verbesserungsvorschläge zu

    entwickeln.

    Indikator 5: Anteil der Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen spezifische Komorbiditäten dokumentiert sind

    (I) Beschreibung des Indikators

    Aussage: Anteil der Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen spezifische Komorbiditäten dokumentiert sind

    Begründung: Ein Großteil der Patienten mit Herzinsuffizienz weist eine Zahl zusätzlich beste-hender Erkrankungen (Komorbiditäten) auf. Es ist bekannt, dass diese Erkrankun-

    gen und ihre medikamentöse Behandlung relevante Einflüsse auf Therapieadhä-

    renz, Nutzen und Prognose bei der Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz

    haben können. Die Erfassung und Dokumentation bestehender Komorbiditäten

    stellt somit einen wesentlichen Beitrag zur Patientensicherheit dar, wenngleich der

    Nutzen der Dokumentation allein bisher nicht ausreichend belegt ist.

    Zielstellung: Es ist anzustreben, dass bei allen Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz das Vorhandensein und eine ggf. erfolgte medikamentöse Therapie folgender Erkran-

    kungen überprüft und dokumentiert wird: KHK, Diabetes mellitus, Hypertonie,

    Vitien, Vorhofflimmern/-flattern, cerebrovaskuläre Störungen, chronische Nieren-

    insuffizienz, chronisch obstruktive Bronchitis, obstruktives Schlafapnoesyndrom,

    Depression, Anämie, Kachexie und chronische Schmerzen.

    Bezugszeitraum: Ein Jahr

    Einbezogene Fachgruppen: Allgemeinärzte und hausärztlich tätige Internisten

  • 30 – Band C8, Version 1.0

    HerzinsuffizienzIndIkator 5

    Datenquellen: Es bedarf einer speziellen Erhebung in den Arztpraxen und einer Speicherung der Daten in der Praxissoftware. Dies könnte gegebenenfalls im Rahmen einer erwei-

    terten DMP-Dokumentation geschehen. Ziel wäre eine Checkliste, welche die oben

    genannten Komorbiditäten bei Herzinsuffizienz enthält.

    Voraussetzungen: Die Selektion der Patienten erfolgt über die Praxissoftware mittels Suche der rele-vanten ICD-10-GM-Kodierung I50.1xG. Eine vereinfachte Dokumentation in der

    elektronischen Patientenakte könnte zusätzlich über ein neu definiertes Karteikür-

    zel oder über eine erweiterte DMP-Dokumentation erfolgen. Der Erfüllungsgrad

    des Indikators wäre somit leicht zu überprüfen.

    Ausblick: Es wird erwartet, dass sich durch eine systematische und kontinuierliche Erhebung relevanter Komorbiditäten die Versorgungsqualität der Patienten mit Herzinsuffi-

    zienz erhöht, indem der Fokus der Behandler auf möglicherweise komplizierende

    Faktoren wie verringerte Therapieadhärenz oder pharmakologische Interaktionen

    als Folge der Behandlung bzw. des Vorhandenseins weiterer Erkrankungen gerich-

    tet wird.

    (II) Erstellung

    Formel: Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz, bei denen spezifische Komorbiditäten dokumentiert sind

    Alle Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz

    Referenzwert: ≥ 95 % (< 5 % Toleranz)

    Benötigte Daten: Zähler: Anteil der Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xG) im Bezugszeitraum, bei denen spezifische Komorbiditäten dokumentiert sind

    Nenner: Alle Patienten mit Erstdiagnose Herzinsuffizienz (I50.1xG) im Bezugszeit-

    raum

    Verfügbarkeit Wenn ein einheitliches Dokumentationssystem angewendet wurde, sind die Daten der Daten: vollständig in der Praxissoftware enthalten oder über eine erweiterte DMP-Doku-

    mentation zu erfassen.

    (III) Anmerkungen zur Messgüte

    Die Daten sind valide und der Indikator reagiert auf Veränderungen. Wichtig ist

    bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation eine endständige Kodierung

    nach ICD-10 GM.

  • 31 – Band C8, Version 1.0

    Herzinsuffizienz IndIkator 5

    (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

    Epidemiologie Nicht selten leiden Patienten an relevanten Begleiterkrankungen mit erheblichem und Prävalenz: Einfluss auf die Herzinsuffizienz selbst. Bei Einleitung einer individualisierten

    Therapie oder zur Behebung möglicher krankheitsauslösender Ursachen ist es

    daher von entscheidender Bedeutung, Begleiterkrankungen und deren Therapie

    mit zu berücksichtigen.

    Praxisstudien Es liegen keine Studien vor, die den Einfluss einer Erhebung von Komorbititäten auf und Evidenz: die Versorgungsqualität der Herzinsuffizienz untersucht hätten. Als Expertenrat

    liegt somit das Evidenzlevel IV vor. Gleichwohl heben die meisten Leitlinien zur

    Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz eine gründliche Anamneseerhebung

    mit Erfragung krankheitsbegünstigender Faktoren und relevanter Komorbiditäten

    voraus. Auch bei der im Vorfeld zu diesem QISA-Band durchgeführten Befragung

    von Hausärzten wurde als möglicher Indikator die Erfassung von Begleiterkran-

    kungen und der damit verbundenen Therapie als Qualitätsmerkmal aufgeführt.

    Indikatorensysteme: Bisher ist kein Indikator zur Erfassung von Komorbiditäten implementiert worden.

    Leitlinien: NICE Guideline 108 2010: 4.3 Recommendations for diagnosing heart failure

    R15 When a diagnosis of heart failure has been made, assess severity, aetiol-

    ogy, precipitating factors, type of cardiac dysfunction and correctable causes.

    DEGAM Leitlinie 9 Herzinsuffizienz 2006 NVL Chronische Herzinsuffizienz 2010 Im Rahmen der Diagnosestellung der Herzinsuffizienz sollen relevante Vorerkran-

    kungen wie Hypertonie, Diabetes mellitus, KHK/pAVK, Herzklappenfehler, akutes

    rheumatisches Fieber, Alkohol- oder Drogenabusus, sexuell übertragbare Erkran-

    kungen, Strahlentherapie im Brustkorbbereich, zurückliegende Chemotherapie

    mit Anthrazyklinen (z. B. Doxorubicin), zurückliegende antivirale Therapie mit

    Zidovudin, Kollagenosen, bakterielle und parasitäre Erkrankungen, Hyperthyreose/

    Hypothyreose, Phäochromozytom, Hämochromatose erfragt werden.

    (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

    Die Berücksichtigung relevanter Komorbiditäten dient vorrangig der Patienten-

    sicherheit. Komplikationen, Notfallbehandlungen und Krankenhausaufenthalte

    durch interagierende Therapien könnten hierdurch potentiell vermieden werden.

    Die Erhebung dieses Indikators dient der einzelnen Praxis wie dem Ärztenetz zur

    Überprüfung der Prozessqualität. Die Indikatorwerte sollten regelmäßig praxis-

    und netzbezogen zurückgemeldet werden. Sie sollten weiterhin in Qualitätszirkeln

    als Arbeitsgrundlage verwendet werden, um die Zielerreichung zu überprüfen

    bzw. Verbesserungsvorschläge zu entwickeln.

  • 32 – Band C8, Version 1.0

    HerzinsuffizienzIndIkator 6

    Indikator 6: Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker behandelt werden

    (I) Beschreibung des Indikators

    Aussage: Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker behandelt werden

    Begründung: Metaanalysen über mehrere randomisiert-kontrollierte Studien belegen unter The-rapie mit ACE-Hemmern eine reduzierte Sterblichkeit bei Patienten mit Herzin-

    suffizienz in den Stadien NYHA II–IV. Zudem werden die Krankheitsprogression

    reduziert, die Hospitalisierungsrate gesenkt sowie die Symptomatik und Belas-

    tungstoleranz verbessert. Die Daten zur Mortalität und Morbidität unter AT1-

    Rezeptorantagonisten gegenüber ACE-Hemmern sind inkonsistent. AT1-Rezep-

    torantagonisten sollten daher nicht per se als Äquivalent zu ACE-Hemmern in

    die Therapie aufgenommen werden, sondern stellen eine Alternative dar, wenn

    ACE-Hemmer nicht toleriert werden.

    Zielstellung: Sowohl symptomatische als auch asymptomatische Patienten mit einer nachgewie-senen systolischen Dysfunktion (EF < 35–40 %) sollten bei fehlender Kontraindika-

    tion einen ACE-Hemmer in schrittweise ansteigender Dosierung bis zur höchsten

    tolerierten Dosis erhalten, welche maximal der in Studien ermittelten Zieldosis

    entspricht. Patienten, welche ACE-Hemmer nicht tolerieren, können, wenn asym-

    ptomatisch (NYHA I), und sollen, wenn symptomatisch (NYHA II–IV), einen

    AT1-Blocker erhalten.

    Bezugszeitraum: Ein Jahr

    Einbezogene Fachgruppen: Allgemeinärzte und hausärztlich tätige Internisten

    Datenquellen: Informationen zur Therapie mit ACE-Hemmern oder AT1-Blockern sind direkt aus der Praxis-Software oder aus den Abrechungsdaten der Krankenkassen zu erhal-

    ten.

    Voraussetzungen: Eine einheitliche Kodierung der Herzinsuffizienz nach ICD-10 GM I50.1xG vor-ausgesetzt, können die betreffenden Patienten mit Verordnung von ACE-Hemmer

    oder AT1-Blocker über die Praxissoftware oder Verordnungsdaten der Kranken-

    kassen selektiert werden. Für die Erfassung der ACE-Hemmer bzw. AT1-Rezeptor-

    blocker bietet sich die Verwendung der ATC-Gruppe C09 an.

    Ausblick: Da die Behandlung mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker den Kern der Pharmakotherapie der Herzinsuffizienz darstellt, lässt sich mit diesem ohne

    größeren Aufwand zu erhebenden Indikator ein zentrales Element der Versor-

    gungsqualität von Patienten mit Herzinsuffizienz abbilden. Dieser kann sowohl

    praxisintern als auch netzbasiert und gegenüber Kostenträgern dargestellt wer-

    den. Zu bedenken ist jedoch, dass ein gewisser Anteil der Patienten mit Herz-

    insuffizienz Kontraindikationen gegenüber der Therapie mit Hemmstoffen des

  • 33 – Band C8, Version 1.0

    Herzinsuffizienz IndIkator 6

    Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) aufweisen, so dass von einer Ziel-

    erreichung von maximal 90 % auszugehen ist.

    (II) Erstellung

    Formel: Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker behandelt werden

    Alle Patienten mit Herzinsuffizienz

    Referenzwert: ≥ 90 % (< 10 % Toleranz)

    Benötigte Daten: Zähler: Anteil der Patienten mit Herzinsuffizienz (I50.1xG), die mit einem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker behandelt werden

    Nenner: Alle Patienten mit Herzinsuffizienz (I50.1xG)

    Verfügbarkeit Abhängig von der Vollständigkeit der Dokumentation sind diese Daten uneinge-der Daten: schränkt in der Praxissoftware verfügbar bzw. über die bei den Krankenkassen

    gespeicherten Verordnungen abrufbar.

    (III) Anmerkungen zur Messgüte

    Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation sind die Daten valide und der

    Indikator reagiert auf Veränderungen. Wichtig ist eine endständige Kodierung

    nach ICD-10 GM mit der Qualifikation des Codes als gesicherte Diagnose „G“ sowie

    eine vollständige Erfassung auch aller eventuell handschriftlich ausgestellten Ver-

    ordnungen von ACE-Hemmer oder AT1-Blocker in der Praxis-EDV.

    (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

    Epidemiologie ACE-Hemmer o