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Research Collection Doctoral Thesis Industriedenkmäler - neu genutzt Erfolgsfaktoren für ein Gelingen aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht Author(s): Jenzer Bieri, Martina Publication Date: 2009 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-005983832 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

Industriedenkmäler-neu genutzt

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Research Collection

Doctoral Thesis

Industriedenkmäler - neu genutztErfolgsfaktoren für ein Gelingen aus städtebaulicher,denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht

Author(s): Jenzer Bieri, Martina

Publication Date: 2009

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-005983832

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DISS. ETH Nr. 18434

INDUSTRIEDENKMÄLER – NEU GENUTZT

ERFOLGSFAKTOREN FÜR EIN GELINGEN AUS STÄDTEBAULICHER, DENKMALPFLEGERISCHER UND

ÖKONOMISCHER SICHT

ABHANDLUNG

zur Erlangung des Titels

DOKTORIN DER WISSENSCHAFTEN

der

ETH ZÜRICH

vorgelegt von

MARTINA JENZER BIERI

Dipl. Arch. ETH

geboren am 2. Mai 1970

von Werthenstein (LU), Hasle (LU) und Mumpf (AG)

Angenommen auf Antrag von

Prof. Dr. Vittorio Magnago Lampugnani

Prof. Dr. Georg Mörsch

Prof. Dr. Martin Boesch

2009

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Zusammenfassung

Die Umnutzung von Industriedenkmälern stellt eine grosse Herausforderung dar. Die Anzahl von nutzlos gewordenen Denkmälern der Industrie und Technik nimmt stetig zu, während die finanzielle Unterstützung für Denkmäler durch den Staat abnimmt. Deshalb braucht es für die Erhaltung von Industriedenkmälern in Zukunft selbsttragende oder sogar rentable Lösungen. Bei Revitalisierungsprojekten treffen viele verschiedene Erwartungen aufeinander. Durch die Forderung nach mehr Wirtschaftlichkeit kann das Konfliktpotenzial zwischen den verschiedenen Interessenvertretern zunehmen. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Konflikt, der zwischen den städtebaulichen, denkmalpflegerischen und ökonomischen Ansprüchen entstehen kann. Es geht um eine schwierige Gratwanderung, welche über die Zukunft des Bauwerks bestimmt: Um das Abwägen zwischen gesellschaftlichem Nutzen, rücksichtsvollem Denkmalgebrauch und Rentabilität. Die vorliegende Arbeit stellt die Frage, welche beeinflussbaren Faktoren zu einer erfolgreichen Umnutzung aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht führen. Dabei wird versucht, aus dem reichen Erfahrungsschatz des regelrechten Revitalisierungs-Booms seit dem Anfang der 1990er Jahre Erkenntnisse zu gewinnen, welche zukünftigen Umnutzungen von Industriedenkmälern dienen und vielleicht auch bei Umnutzungen von anderen Denkmälern nützlich sein können. Die Arbeit fügt sich ein in eine Reihe von bereits durchgeführten Umnutzungsuntersuchungen. Sie unterscheidet sich aber von anderen Arbeiten, indem sie den Schwerpunkt auf die drei Disziplinen Städtebau, Denkmalpflege und Ökonomie legt und vor allem auch eine Untersuchungs-methode entwickeln will. Zunächst wird versucht zu klären, was die Disziplinen Städtebau, Denkmalpflege und Ökonomie überhaupt unter einer erfolgreichen Umnutzung verstehen. Anhand dieser Beurteilungskriterien lassen sich Industriedenkmalumnutzungen auf Erfolg und Erfolgsfaktoren hin untersuchen. Ausgangspunkt für die Untersuchung ist die Revitalisierung des Areals der ehemaligen Brauerei Warteck in Basel, deren Beurteilung erste Hinweise über mögliche Erfolgsfaktoren liefert, welche anhand von zusätzlichen Umnutzungsbeispielen weiter diskutiert werden: Als vergleichende Beispiele dienen das Gundeldinger Feld in Basel (Areal der Maschinenfabrik Sulzer Burckhardt), das Meilenwerk (ehemaliges Strassenbahndepot) und die umgenutzten Abspannwerke der Bewag (heute Vattenfall) in Berlin. Die Untersuchung bestätigt, dass es durchaus möglich ist, Industriedenkmäler so umzunutzen, dass sie städtebaulich, denkmalpflegerisch und ökonomisch erfolgreich sind. Der Erfolg für eine Disziplin muss nicht auf Kosten einer anderen gehen. Die untersuchten Fallbeispiele haben insbesondere gezeigt, dass der Denkmalcharakter für die Umnutzung keine Belastung darstellt, sondern dass ganz im Gegenteil im Zusammenspiel von Denkmal und neuer Nutzung ein über die reine Addition hinausreichendes “Mehr” entsteht, welches sich auf den städtebaulichen, denkmalpflegerischen und ökonomischen Erfolg positiv auswirkt. Das ideale Zusammenspiel zwischen den drei Grundelementen einer Denkmalumnutzung, dem Denkmal, der Nutzung und dem Investor, scheint der

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Grundstein für eine erfolgreiche Umnutzung zu sein. Entscheidend ist dabei der Abgleich zwischen den Ansprüchen der drei Elemente. Bei allen weiteren Erfolgsfaktoren geht es um Entscheidungen, Vorgehensweisen und Konstellationen, welche den Umnutzungs-prozess und die weitere Ausgestaltung der Umnutzung betreffen. Aufgrund der ermittelten Erfolgsfaktoren kann vermutet werden, dass sich bescheidene Lösungen für Umnutzungen von Industriedenkmälern im Allgemeinen besser eignen als radikale Konzepte. Sie gewähren Umnutzungen eine gewisse Irrtumstoleranz, welche verhindert, dass einzelne Fehleinschätzungen zu einem Misserfolg führen können. Lösungen mit Augenmass scheinen zum Industriebau zu gehören, sie sind Teil seiner Entstehung, Wahrnehmung und Zukunftsfähigkeit. Die vorliegende Arbeit zeigt an Hand von konkreten Beispielen, dass die Ziele der drei Disziplinen Städtebau, Denkmalpflege und Ökonomie viel näher liegen als vermutet. Die Anliegen decken sich insbesondere dann, wenn dem Denkmal langfristig eine Zukunft zugestanden wird.

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Abstract

The reuse of industrial monuments poses a major challenge. As memorials to industry and technology are increasingly falling into desuetude, public-sector support for their upkeep is decreasing. For this reason, the future maintenance of such monuments will require break-even financing, if not solutions that actually turn a profit. Revitalization projects bring together a wide range of expectations, and the call for more economical management can aggravate the conflict potential inherent in the collaboration of such a diversity of stakeholders. The present study concerns the conflict that may arise from the competing claims of urban planners, conservators of historical monument and economists as such monuments are restored. The weighing of social utility, the respectful treatment of memorials and the quest for profitability all add up to a delicate balancing act, one with important implications for the future of a given structure. This work seeks the key to a reuse of industrial monuments that will satisfy urban planners, preservationists and economists, and identifies those factors over which the various actors have control. At the same time, it also attempts to distill information for the future reuse of industrial monuments from the abundant store of experience with revitalization projects gathered during the veritable boom that began in the early 1990s and has continued to the present day, information that may also be of use in the similar treatment of other sorts of monuments. While it joins a series of investigations of reuse already carried out, the present study is distinguished by its focus on the three disciplines of urban planning, preservation of monuments and economics, and in particular by its will to develop a methodology for such investigations. It begins by attempting to identify just what the disciplines of urban planning, preservation of historical monuments and economics consider successful reuse, what criteria they apply to evaluate the success of the conversion of a given industrial monument, and what are the factors determining such a success. The study takes as its starting point the revitalization of the grounds of the former Warteck brewery in Basel, and uses its findings in that regard as initial indicators of successful reuse to be discussed in comparison with further examples of revitalization, such as Gundeldinger Feld in Basel (grounds of the Sulzer Burckhardt machine works), Meilenwerk (a former tram depot), and the converted transformer stations belonging to Bewag (Vattenfall) in Berlin. The study finds that it is entirely possible to reuse industrial monuments successfully, to the satisfaction of urban planners, preservationists and economists. In other words, success by the terms of one discipline does not necessarily come at the expense of another. Indeed, the case studies show that the memorial character of a given site or structure need not weigh upon its reuse: rather, the interplay of a monument and its new use actually constitutes a surplus that goes beyond mere bookkeeping, and has a positive effect on a given project’s success in the eyes of urban planners, preservationists and economists. An ideal interaction among the three basic elements of a monument’s reuse – the monument itself, its new use, and the investor who makes it possible – appears to afford the foundation for a successful reuse. Of decisive importance in this process is the balancing of claims arising from these three elements. All other success factors are a

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matter of the decisions, approaches and constellations associated with the conversion process and the continuing design of the reuse. Analysis of the success factors thus compiled suggests that modest solutions for the reuse of industrial monuments tend to be more appropriate than radical concepts, since the former vouchsafe a certain margin of error, and thus prevent discrete miscalculations from torpedoing an entire project. Improvised solutions appear to be an inevitable component of industrial building, and are inherent in the development, perception and sustainability of such constructions. The present study uses actual examples to show that the goals of the three disciplines of urban planning, preservation of historical monuments and economics are not as disparate as supposed. Indeed, the claims of the three fields converge precisely when a given monument is assured of a long-term new lease on life.

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Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ........................................................................................................... 11

1.1 Einführung.............................................................................................................. 11 1.1.1 Wie können wir die Zeugen einer produzierenden Schweiz erhalten? ............ 11 1.1.2 Begehrte unbequeme Denkmäler .................................................................... 13 1.1.3 Die vielen Ansprüche ....................................................................................... 14 1.1.4 Eine schwierige Gratwanderung ...................................................................... 16

1.2 Begriffsbestimmungen.......................................................................................... 18

1.3 Stand der Forschung............................................................................................. 22 1.3.1 Auseinandersetzung mit dem Thema Industriedenkmalumnutzung ................ 22 1.3.2 Wissenschaftliche Grundlagen......................................................................... 24 1.3.3 Untersuchungen von Umnutzungen................................................................. 27

1.4 Fragestellung ......................................................................................................... 31

1.5 Methode .................................................................................................................. 33 1.5.1 Versuchsaufbau ............................................................................................... 33 1.5.2 Auswahl der Fallbeispiele................................................................................. 34 1.5.3 Quellen............................................................................................................. 37 1.5.4 Beurteilungskriterien......................................................................................... 40

1.5.4.1 Städtebauliche Beurteilungskriterien ....................................................... 40 1.5.4.2 Denkmalpflegerische Beurteilungskriterien ............................................. 50 1.5.4.3 Ökonomische Beurteilungskriterien ......................................................... 58

1.6 Erkenntnisgewinn .................................................................................................. 68 2 DIE BRAUEREI WARTECK IN BASEL .................................................................. 69

2.1 Geschichte.............................................................................................................. 69 2.1.1 Die Firmen- und Baugeschichte der Brauerei Warteck in Basel ...................... 69

2.1.1.1 Die Entstehung der Brauerei Warteck in Basel........................................ 69 2.1.1.2 Warteck am Burgweg: Wachstum und Blütezeit...................................... 69 2.1.1.3 Produktionsrückgang: Verkauf des Geschäfts und Stilllegung der

Brauerei ................................................................................................... 75 2.1.2 Zusammenfassung der Geschichte.................................................................. 77

2.2 Situation vor der Umnutzung - Ausgangslage .................................................... 82 2.2.1 Arealcharakteristika.......................................................................................... 82 2.2.2 Vorhandene Bausubstanz................................................................................ 86

2.2.2.1 Allgemeine Beobachtungen..................................................................... 86 2.2.2.2 Die Nutzungen ......................................................................................... 88

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2.2.2.3 Der Baustil ................................................................................................92 2.2.3 Denkmalpflegerische Bedeutung......................................................................95

2.2.3.1 Das Warteckareal.....................................................................................95 2.2.3.2 Die einzelnen Bauten ...............................................................................98

2.2.4 Zusammenfassung der Ausgangslage ...........................................................107

2.3 Umnutzung............................................................................................................110 2.3.1 Planungsablauf ...............................................................................................110

2.3.1.1 Planungsbeginn......................................................................................110 2.3.1.2 Erste Projekte von Suter & Suter............................................................111 2.3.1.3 Unterschutzstellungen............................................................................114 2.3.1.4 Projekt “Warteckhof“ von Diener & Diener .............................................118 2.3.1.5 Areal B....................................................................................................124

2.3.2 Organisationsstruktur Brauereikomplex..........................................................125 2.3.3 Finanzierung Brauereikomplex .......................................................................127 2.3.4 Zusammenfassung der Umnutzung................................................................129

2.4 Situation nach der Umnutzung............................................................................133 2.4.1 Verlauf nach der Umnutzung ..........................................................................133

2.4.1.1 Nutzungsänderungen und bauliche Veränderungen..............................133 2.4.1.2 Schenkung – Auswirkungen auf Organisationsstruktur und

Finanzierung...........................................................................................134 2.4.1.3 Planung Ausbau Malzsilo .......................................................................138 2.4.1.4 Zunehmende Etablierung des Werkraums.............................................140

2.4.2 Zusammenfassung der Situation nach der Umnutzung..................................141 3 BEURTEILUNG FALLBEISPIEL WARTECK........................................................143

3.1 Städtebauliche Beurteilung .................................................................................143 3.1.1 Raumverständnis ............................................................................................143 3.1.2 Vernetzung......................................................................................................147 3.1.3 Erinnerungsmöglichkeit...................................................................................150 3.1.4 Einschätzung insgesamt und Fazit .................................................................151

3.2 Denkmalpflegerische Beurteilung.......................................................................153 3.2.1 Substanzerhalt ................................................................................................153 3.2.2 Verstandesmässiger Denkmalzugang - Denkmalverständnis ........................158 3.2.3 Gefühlsmässiger Denkmalzugang - Altersspuren...........................................161 3.2.4 Einschätzung insgesamt und Fazit .................................................................162

3.3 Ökonomische Beurteilung...................................................................................164 3.3.1 Beobachtete Verzerrungen .............................................................................164 3.3.2 Laufende Rechnung........................................................................................166 3.3.3 Werte ..............................................................................................................172 3.3.4 Einschätzung insgesamt und Fazit .................................................................176

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3.4 Der Prozess .......................................................................................................... 178 3.4.1 Vorbereitung - Basis für spätere Konflikte...................................................... 178 3.4.2 Entwicklung – konfliktreiche Planungszeit bis zum entscheidenden

Durchbruch..................................................................................................... 179 3.4.3 Umsetzung – ein Gemeinschaftswerk............................................................ 182 3.4.4 Einschätzung insgesamt und Fazit................................................................. 182

3.5 Beobachtete Erfolgsfaktoren.............................................................................. 184 3.5.1 Eignungsbeziehungen zwischen Denkmal – Nutzung – Investor................... 184 3.5.2 Wichtige Entscheidungen, Vorgehensweisen und Konstellationen................ 188 3.5.3 Lösungen mit Augenmass.............................................................................. 193

4 DISKUSSION DER ERFOLGSFAKTOREN ANHAND VON ZUSÄTZLICHEN

UMNUTZUNGSBEISPIELEN ................................................................................ 195

4.1 Die geeignete neue Nutzung............................................................................... 195 4.1.1 Das Meilenwerk.............................................................................................. 196 4.1.2 Einschätzung der Umnutzung Meilenwerk ..................................................... 198 4.1.3 Qualitätsüberschuss wirksam einsetzen ........................................................ 200 4.1.4 Nutzung von Synergien.................................................................................. 201 4.1.5 Anpassungsvermögen auf die einzelnen Räume........................................... 202 4.1.6 Zielgruppe mit Verständnis für das Denkmal ................................................. 203 4.1.7 Fazit................................................................................................................ 204

4.2 Der geeignete Investor ........................................................................................ 205 4.2.1 Die Gundeldinger Feld Immobilien AG und die Kantensprung AG ................ 208 4.2.2 Einschätzung der Umnutzung Gundeldinger Feld.......................................... 211 4.2.3 Massgeschneiderte Strategie, Struktur und Kultur......................................... 212 4.2.4 Interesse an kommerzieller Wertschöpfung und Wertschätzung................... 213 4.2.5 Verantwortungsbewusstsein .......................................................................... 214 4.2.6 Fazit................................................................................................................ 217

4.3 Der Entscheid über Ausbaustandard und Investitionsgrad ............................ 218 4.3.1 Das Gundeldinger Feld .................................................................................. 220 4.3.2 Gesamtkonzept mit Altersspuren überdauert die Mode ................................. 223 4.3.3 Nachhaltigkeit bezüglich Vermietung und Erhaltung...................................... 224 4.3.4 Fazit................................................................................................................ 225

4.4 Die Herstellung von Planungssicherheit ........................................................... 227 4.4.1 Die Abspannwerke der Bewag (heute Vattenfall)........................................... 227 4.4.2 Einschätzung der Umnutzung der Bewag-Abspannwerke ............................. 229 4.4.3 Abstimmungsprozess zwischen Eigentümerin und Denkmalpflege............... 230 4.4.4 Proaktive Projektentwicklung zur Klärung von Unsicherheiten ...................... 233 4.4.5 Fazit................................................................................................................ 235

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4.5 Die Steigerung der Standortattraktivität.............................................................236 4.5.1 Die Abspannwerke der Bewag (heute Vattenfall) ...........................................237 4.5.2 Zwischennutzungen: Der Gebrauch ermöglicht positive Erfahrungen............241 4.5.3 Fazit ................................................................................................................243

4.6 Die spezielle Rolle des Architekten ....................................................................245 4.6.1 Paul Kahlfeldt und die Abspannwerke der Bewag (heute Vattenfall)..............245 4.6.2 Die Aufgaben: Nutzungsmitbestimmung, Visualisierung,

Kostenschätzung/Finanzberatung und Koordination/Mediation......................248 4.6.3 Fazit ................................................................................................................251

4.7 Die Finanzierungsfrage........................................................................................252 4.7.1 Das Gundeldinger Feld ...................................................................................252 4.7.2 Keine Angst vor Wirtschaftlichkeit – Rentabilität als Chance..........................254 4.7.3 Fazit ................................................................................................................255

4.8 Das Marketing für die neue Nutzung ..................................................................256 4.8.1 Das Meilenwerk ..............................................................................................256 4.8.2 Strategische Inwertsetzung der Denkmalqualitäten........................................258 4.8.3 Marken mit Rücksicht auf den Denkmalwert...................................................260 4.8.4 Fazit ................................................................................................................261

5 ERKENNTNISSE FÜR DENKMALUMNUTZUNGEN DER ZUKUNFT .................263 6 ANHANG................................................................................................................273

6.1 Fallbeispiel Brauerei Warteck..............................................................................273 6.1.1 Rechtliche Grundlagen .................................................................................. 273 6.1.2 Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit.............................................................. 277 6.1.3 Pläne.............................................................................................................. 278

6.2 Bibliographie.........................................................................................................292

6.3 Abbildungsnachweis............................................................................................318

6.4 Danksagung ..........................................................................................................326

6.5 Curriculum Vitae...................................................................................................328

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“Der Ruhm eines Bauwerks liegt in seiner Zukunft.”

John Ruskin (1819-1900)1

1 Ruskin, 1994, S. 350, 30. Lehrspruch.

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1 Einleitung

1.1 EINFÜHRUNG

1.1.1 Wie können wir die Zeugen einer produzierenden Schweiz erhalten?

Die Industrielandschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten in der Schweiz radikal verändert. Neue Technologien, verbesserte Organisation, höhere Mobilität und globale Arbeitsverteilung führten dazu, dass Betriebe ihre Flächen nur noch teilweise benötigten oder die Produktion ganz aufgaben. Fabriken verlagerten ihren Standort aus den Innenstädten hinaus an die Peripherie, wo sie sich einen besseren Verkehrsanschluss, mehr Entwicklungsmöglichkeit und mehr Toleranz gegenüber Emissionen erhofften, oder sogar ins Ausland. Zurück blieben Brachflächen, leere oder extensiv genutzte Industriebauten, nutzlos gewordene Maschinen und Anlagen. Auch die dazugehörige technische und soziale Infrastruktur wurde überflüssig: Transport- und Energiever-sorgungseinrichtungen, Arbeitersiedlungen, Kulturhäuser und Fabrikantenvillen verloren ihre Nutzung. Überreste einer produzierenden Schweiz.

Dass Industriebrachen entstehen und umgenutzt werden müssen, ist an und für sich nichts Neues. Neu ist aber die Grössenordnung der Aufgabe: Es sind heute nicht Einzelfälle, sondern insgesamt riesige Flächen, die nach einer neuen Verwendung suchen. Es handelt sich um ein Phänomen, welches den ganzen europäischen Kontinent betrifft und von raumplanerischem, städtebaulichem, denkmalpflegerischem, ökonomi-schem und ökologischem Interesse sein muss. Ein derartiges Brachfallen von innerstädtischen Flächen in kurzer Zeit gab es in der europäischen Stadtgeschichte selten. Schliesst man Verwüstungen durch Kriege aus, so ist die heutige Situation noch mit den Verhältnissen nach der Schleifung der Stadtbefestigungen im 19. Jahrhundert zu vergleichen.2 Ein Bericht von Wüest & Partner im Auftrag des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE) hat gezeigt, dass 2008 die umnutzbare Brachfläche in der Schweiz 18 Millionen Quadratmeter betrug.3 Es handelt sich um eine Fläche, die so gross ist wie die Gemeinde Neuenburg. Dabei wurden nur Areale berücksichtigt, die mindestens eine Fläche von einer Hektare aufweisen.4 Würde man die unzähligen kleineren Areale dazuzählen, wäre die zur Verfügung stehende Fläche noch viel grösser. Und die jüngsten

2 Vgl. Sieverts, 2000, S. 98. 3 Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie

und Kommunikation (UVEK) (Hrsg.), Die Brachen der Schweiz: Reporting 2008. Beim Bericht handelt es sich um eine Auswertung der Brachendatenbank von Wüest & Partner, welche seit 2008 existiert und laufend aktualisiert wird. (www.wuestundpartner.com/brachenbank).

4 Die Schätzung beinhaltet nebst den klassischen Industrie- und Gewerbebrachen auch Bahn- und Militärbrachen.

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Konjunktureinbrüche lassen befürchten, dass in Zukunft noch mehr Industriebrachen entstehen werden. Die Politik hat die Bedeutsamkeit der Aufgabe erkannt: Um die Umnutzung von Industrie- und Gewerbebrachen in der Schweiz zu fördern, hat der Bundesrat 2008 einen umfangreichen Massnahmenplan verabschiedet.5

Unter den unbenutzten Industriebauten befinden sich viele industriegeschichtliche Zeugen mit Denkmalwert, deren Verschwinden ein Verlust für unsere Gesellschaft bedeuten würde. Umnutzungen bieten Industriebauten eine grosse Chance, weil sie ihre Existenz auf weiteres sichern können. Umnutzungsplanungen bergen aber auch Gefahren: Viele denkmalwerte Industriebauten werden in Frage gestellt und gegen Neubauten abgewogen, Maschinen und Anlagen verschwinden, bevor auch nur ein Inventar erstellt werden kann, das Denkmalumfeld wird rücksichtslos verändert. Die Liste liesse sich noch weiter fortführen. Dabei spielt es nicht so sehr eine Rolle, ob die Gebäude unter Denkmalschutz stehen oder nicht. Industriebauten sind bedrohter als andere Bauten, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sie für eine spezielle Funktion bestimmt und in ihrer Bauweise auf eine immer kürzere Lebenszeit ausgerichtet sind: “Setzt sich die Verlust- und Austauschrate mit der gegenwärtigen Geschwindigkeit fort, ist davon auszugehen, dass der heutige Industriebestand bereits in zwei Generationen verschwunden sein wird”, stellen Hassler und Kohler fest.6 Wird der Erhalt von Industrie-denkmälern nicht bewusst gefördert, so sind die Zeugen einer produzierenden Schweiz bald verschwunden.

Für die zunehmende Zahl von ungenutzten Industriedenkmälern gibt es immer weniger finanzielle Unterstützung durch den Staat, und zwar nicht nur, weil sich immer mehr Objekte die vorhandenen Mittel teilen müssen. Auch insgesamt stehen immer weniger Subventionsgelder zur Verfügung. Auf Bundesebene hat in den letzten 20 Jahren ein kontinuierlicher Abbau der Bundesmittel im Bereich Heimatschutz und Denkmalpflege stattgefunden: 2007 waren die Beiträge noch gerade halb so hoch wie 1987.7 Weil ab 2012 die Finanzierung von Heimatschutz und Denkmalpflege innerhalb eines allgemeinen Schwerpunktprogramms „Kulturförderung“ erfolgen soll, wird nun für die Denkmalsub-ventionierung ein Systemwechsel vorgenommen. Seit Januar 2008 werden deshalb nur noch die zuvor bereits bewilligten Subventionen bezahlt („Moratorium“).8 Finanzielle Unterstützung für die Jahre bis 2011 muss beim Bundesamt für Kultur speziell beantragt werden.9 Weil in Zukunft die Bundessubventionen für Denkmäler aus der gleichen Kasse

5 Schweizerische Eidgenossenschaft (Hrsg.), Umnutzung von Industrie- und Gewerbebrachen – Massnahmenplan zur Förderung. Bericht des Bundesrates in Beantwortung des Postulates 04.3583 Leutenegger Oberholzer vom 8. Oktober 2004. Vorgesehen sind Massnahmen in vier Bereichen: 1. Bund als Nutzer, Entwickler und Eigentümer von Brachflächen. 2. Aufbereitung von internationalem und nationalem Know-how (u.a. Studium von Best-Practice-Beispielen). 3. Schaffung einer Übersicht über die Brachflächen (u.a. Reporting von Wüest & Partner). 4. Anpassung rechtlicher Grundlagen und Förderung.

6 Hassler und Kohler, 2004, S. 278. 7 Suter, 2007, S. 6. 8 Nationale Informationsstelle für Kulturgütererhaltung NIKE, Medienmitteilung vom 25. Juni 2007. 9 Siehe Weisungen über die Prioritäten im Bereich Heimatschutz und Denkmalpflege, 6. Mai 2008, und

Richtlinien über Finanzhilfen im Bereich Heimatschutz und Denkmalpflege für die Jahre 2008-2011, 9. Mai 2008.

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bezahlt werden wie andere Kulturförderungsmassnahmen, zum Beispiel die Film-förderung, ist zu befürchten, dass nach 2012 noch weniger Mittel für Denkmäler zur Verfügung stehen werden als bisher.

Die Schweiz steht mit dieser Entwicklung nicht alleine da. Auch in Deutschland bei-spielsweise nimmt die Denkmalunterstützung durch den Staat in Form von Subventionen ab.10 Mit der Verringerung an finanzieller Unterstützung wird der Erhalt von Industrie-denkmälern schwieriger, insbesondere da, wo die neue Nutzung nicht oder nur knapp selbsttragend ist. Gerade Industriedenkmäler beherbergen aber oft Nutzungen, die kaum rentabel sind: In ehemaligen Industriebauten werden häufig Museen eingerichtet, welche die verschwundene Industrie vorstellen. Ihre Einnahmen sind bescheiden. Eine andere beliebte Neunutzung sind Kulturprojekte aus der alternativen Szene, oft mit provi-sorischem Charakter und ohne bedeutende Erträge. Wie die Museen auch halten sie sich häufig mit Kulturförderungsbeiträgen, Stiftungsmitteln und privaten Sponsorengeldern über Wasser. Werden die staatlichen Denkmalsubventionen gekürzt, besteht die Gefahr, dass Umnutzungen wegen ungenügender Finanzierung nicht realisiert werden können oder auf Kosten des Denkmals durchgeführt werden. Um der Problematik von vielen erhaltenswerten Objekten bei geringer staatlicher Unterstützung begegnen zu können, müssen in Zukunft für Industriedenkmäler Nutzungen gefunden werden, welche rentabel oder zumindest selbsttragend und unabhängig von finanziellen Unterstützungen sind.

1.1.2 Begehrte unbequeme Denkmäler

Industriedenkmäler sind “unbequeme Denkmäler”11. Wie Strafanstalten, Kasernen, Krankenhäuser, Tankstellen oder öffentliche Bedürfnisanstalten sind Industriebauten reine Zweckbauten, beinhalten unwichtige oder niedrig eingestufte Funktionen und erinnern an eine Vergangenheit, an die man nicht unbedingt erinnert werden möchte. Die Zeugen der Industrialisierung fordern eine kritische Auseinandersetzung mit ihnen und ihrer Geschichte heraus und sind deshalb von Natur aus problematisch.12

Während die ersten Umnutzungen in den 1970er und 1980er Jahren noch sehr umstritten waren, wird aber der Erhalt heute im Allgemeinen gewünscht.13 Das Wohnen in Lofts ist „in“. Restaurants und Bars in umgenutzten Industriehallen liegen im Trend. Die “unbequemen” Denkmäler sind heute begehrt. Dies mag daran liegen, dass die zuneh-mende Desindustrialisierung dazu geführt hat, dass wir – vor allem jüngere Generationen - den nötigen Abstand zur Industrie gewonnen haben, um den Zeugen der Industrie-

10 “Die Rolle des subventionierenden Staates tritt zurück und die wirtschaftlichen Eigenkräfte gewinnen an Gewicht.” (Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Hrsg.), 2005, S. 5).

11 Der Ausdruck “unbequeme Baudenkmale” wurde von Norbert Huse geprägt. 1997 erschien sein Buch Unbequeme Baudenkmale. Entsorgen? Schützen? Pflegen? Industriedenkmäler zählt er auch zu den unbequemen Baudenkmälern, ausserdem Bauten des Dritten Reiches, Kriegsdenkmäler, Denkmäler der DDR etc. (Huse, 1997).

12 Vgl. Wohlleben, 1995, S. 157-158. 13 Vgl. Halder-Hass, 2002 (A), S. 933.

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geschichte eine gewisse Faszination abgewinnen zu können. Industriedenkmäler der Unesco Welterbe Liste wie etwa die Zeche Zollverein, die Völklinger Hütte oder die Saline Arc-et-Senans sind heute beliebte Ziele des Tourismus.14 Auch die zahlreichen bereits vorgenommenen Umnutzungen haben dazu beigetragen, dass die Akzeptanz von Industriedenkmälern gestiegen ist. Insbesondere der “loftliving spirit” hat die Sicht auf die Industriedenkmäler in der Gesellschaft, aber auch in der Immobilienwirtschaft positiv beeinflusst.15 Lofts sind heute bereits so beliebt, dass auch etwas grosszügigere Neubau-wohnungen unter dem Luxuslabel “Loft” angepriesen werden. Während sich noch vor ein paar Jahren vor allem junge, kreative Unternehmen wie Internetfirmen und Mediaunter-nehmen für Räume in ehemaligen Industriedenkmälern interessierten, lassen sich heute zunehmend etablierte und konservative Firmen in Fabriketagen nieder.16 Sie schätzen das Zusammenspiel von historischer Bausubstanz und modern gestalteten Büros und sehen Synergien, die sich durch die Corporate Identity des Unternehmens und dessen Spiegelung in der Corporate Architecture des Hauses ergeben. Dafür reicht es nicht, wenn die Fassade alt ist. Fabrikdenkmäler können heute gerade dann erfolgreich ver-marktet werden, wenn auch im Innern die alte Bausubstanz noch spürbar vorhanden ist.17

Die Nutzung von in der Hierarchie tief eingestuften Gebäuden durch eine höherstehende Neunutzung wäre früher kaum denkbar gewesen. Die Nutzer18 hätten eine Prestige-einbusse in Kauf nehmen müssen: “Man konnte beispielsweise in einer ehemaligen Kirche Korn lagern (Französische Kirche, Bern), nicht aber in einem ehemaligen Kornhaus eine Kirche einrichten.“19 Im Gegensatz zu früher kann heute eine Fabrik durch eine höherwertige Neunutzung genutzt werden, und die Nutzer finden dabei Anerkennung. Mit der Ansiedlung von etablierten Anwaltskanzleien und Wirtschafts-prüfern in Fabrikräumen erfahren Industriedenkmäler heute einen Aufstieg, der deutlich höher ist als bei einer Neunutzung durch Museen, alternative Kulturprojekte oder junge Startup-Firmen. Die Bedingungen für rentable Umnutzungen sind darum heute ideal.

1.1.3 Die vielen Ansprüche

Bei Umnutzungen von Industriebrachen treffen ganz viele verschiedene Ansprüche aufeinander: raumplanerische, städtebauliche, denkmalpflegerische, ökonomische, ökolo-gische und vermutlich noch einige mehr:

– Die Raumplanung hat gemäss Artikel 75 der Bundesverfassung der Schwei-zerischen Eidgenossenschaft den Auftrag, sich um eine zweckmässige und haus-hälterische Nutzung des Bodes zu kümmern. Aus raumplanerischer Sicht besteht

14 Seit 1972 befinden sich auch technische Denkmäler auf der Unesco Welterbe Liste. 15 Vgl. Halder-Hass, 2002 (B), S. 159. 16 Vgl. Halder-Hass, 2002 (B), S. 159. 17 Vgl. Halder-Hass, 2002 (B), S. 160. 18 Die in dieser Arbeit verwendeten maskulinen Personenbezeichnungen beziehen Frauen gleichermassen

mitein. 19 Schnell, 1997, S. 6.

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bei Umnutzungen demnach der Anspruch, den bereits gebrauchten Boden wenn möglich weiterzuverwenden und damit die Bodenreserven zu schonen. Aus raumplanerischer Sicht sind die Revitalisierungsprojekte interessant, weil sie eine Siedlungsentwicklung ermöglichen, bei welcher Infrastrukturkosten gespart werden, und weil sie zu höherer Siedlungsqualität beitragen.20

– Aus städtebaulicher Sicht eröffnet die Revitalisierung einer Industriebrache die Chance, für die breite Bevölkerung geschlossene Gebiete zu öffnen, zu beleben und wieder in die Stadt aufzunehmen. Die Areale, welche zuvor meist wie eine „Stadt in der Stadt“ ein eigenes Verkehrssystem, eine eigene Baustruktur und eine eigene Architektursprache aufweisen, können mit der Stadt verbunden werden, aber auch angrenzende Stadtteile miteinander verbinden. Die Brache kann mit ihren Denkmälern, Aussenräumen, neuen Nutzungen und Neubauten das Potenzial besitzen, zu einem Ort zu werden, welcher die städtebauliche Situation klärt und für das Quartier oder sogar die Stadt von Bedeutung ist.

– Aus denkmalpflegerischer Sicht ist es bei Umnutzungen von Industriebrachen das Ziel, denkmalwerte Zeugen der industriellen Vergangenheit zu bewahren. Eine neue Nutzung hilft, die Existenz eines Denkmals weiter zu sichern. Allerdings gibt es durchaus auch Fälle, wo die „Nichtnutzung“ eine Berechtigung findet und nicht unbedingt eine sofortige Zerstörung des Denkmals herbeiführt.21 Der Denk-malpflege geht es nicht nur um den Erhalt von einzelnen Gebäuden oder von Fassaden. Ihr Ziel ist es vielmehr, das Denkmal als Ganzes und zusammen mit seiner Umgebung zu erhalten.

– Aus ökonomischer Sicht besteht bei der Umnutzung von Industriebrachen die Chance, durch die Neunutzung das Areal rentabel zu bewirtschaften und durch die Aufwertung eine Wertsteigerung des Areals zu bewirken. Zu einem grossen Teil befinden sich die Brachen in attraktiven Lagen: Rund 80% der Industriebrachen in der Schweiz liegen in den urbanen Gebieten des Mittellandes, ca. ein Drittel der Industriebrachen liegt sogar in Grosszentren, in innerstädtischer, guter Lage.22

Industriebrachen haben ausserdem den Vorteil, dass sie schnell verfügbar sein können, ein grosszügiges und preiswertes Raumangebot aufweisen können und je nach Projekt geringe Baukosten verursachen, weil vorhandene Substanz genutzt werden kann.

– Aus ökologischer Sicht geht es bei der Umnutzung von Industriebrachen um die Wiederverwendung von vorhandenen Ressourcen, von Boden und Bausubstanz. Durch die Umnutzung von Industriebrachen und alter Bausubstanz können die Bodenreserven geschont werden und Müllberge, die durch Abbrüche entstehen, verhindert werden. Viele ehemalige Industriestandorte weisen Altlasten auf, die je nach Situation und Projekt entweder gesichert oder entsorgt werden müssen.

20 Rumley, 2008, S. 9. 21 Kierdorf und Hassler, 2000, S. 236-237. 22 Valda und Westermann, 2004, S. 2.

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Damit nicht genug. Die am Umnutzungsprozess Beteiligten haben nicht nur Interessen, die sich durch ihren Auftrag erklären lassen, sondern auch persönliche Vorstellungen: “Der gefühlsmäßige und gedankliche Aufwand, der von den jeweiligen Akteuren in die einzelnen Umnutzungsprojekte investiert wird, ist […] in hohem Maße Ausdruck des persönlichen Wünschens auf eine bessere Zukunft. In jeder, auch noch so kleinen Umnutzungsidee liegt ein großer, persönlicher Weltentwurf verborgen.”23

1.1.4 Eine schwierige Gratwanderung

Im Interessenabgleich zwischen den vielen beteiligten Parteien kann es zu Konflikten kommen. Soll das Industriedenkmal finanziell unabhängig oder sogar rentabel sein, ist das Konfliktpotenzial vermutlich grösser, als wenn kein Anspruch an Rentabilität besteht.24 Die vorliegende Arbeit wird sich mit dem Interessenkonflikt beschäftigen, welcher bei Umnutzungen zwischen städtebaulichen, denkmalpflegerischen und ökono-mischen Ansprüchen entstehen kann. Die verschiedenen Erwartungen scheinen nicht zusammenpassen zu wollen. Im Dreieck Städtebau – Denkmalpflege – Ökonomie bestehen vermutlich die grössten Konflikte zwischen den beiden Polen Denkmalpflege und Ökonomie. Lorenz et al. fassen die Konkurrenz der beiden Disziplinen treffend zusammen: “Das Industriedenkmal als rentable Spezialimmobilie, paßt dieses Begriffspaar zusammen?”25 Beide Disziplinen anerkennen zwar bis zu einem gewissen Punkt die Notwendigkeit der anderen Ansprüche, geben aber den ihren den Vorrang: So ist gemäss Denkmalpflege der Gebrauch eines Denkmals wünschenswert: „Denk-malpflege steht und fällt mit der Wirtschaftlichkeit der Erhaltung und Nutzung der Denkmäler.“26 Doch “wenn neue Funktionen unabweisbar sind, müssen sie sich, soweit irgend möglich, den vorhandenen Strukturen einfügen, nicht umgekehrt.”27 Und die Investoren sind an der Erhaltung der Baudenkmäler so lange interessiert, wie sie mit ihren Wirtschaftsinteressen vereinbar ist:28 „Für den Investor muss es sich lohnen, sonst investiert er nicht [...].“29 Die Vertreter der Denkmalpflege befürchten, dass hohe Rentabilitätsansprüche einen Substanzverlust zur Folge haben könnten, sei es durch hohen Ausbaustandard, Aushöhlungen, Unterhöhlungen, Abrisse oder zu intensive

23 Ditzen und Kaczmarczyk, 1984, S. 10. 24 Anzumerken ist allerdings, das auch Nutzungen ohne Rentabilitätsanspruch durchaus problematisch sein

können. So ist zum Beispiel die Einrichtung eines Museums in einem Industriedenkmal aus denkmalpflegerischer Sicht nicht etwa immer nur unbestritten. Siehe z.B. Kierdorf und Hassler, 2000, S. 235.

25 Lorenz et al., 1998, S. 215. 26 Schlusserklärung der Tagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz vom 18./19. Mai 1992

(Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Hrsg.), [1992] (B), S. 86). 27 Huse, 1996, S. 213. 28 “Eine von Wirtschaftsinteressen, Wachstum und Profit bestimmte Gesellschaft, das hatte Dehio bereits

1905 gesehen, wird den für notwendig erachteten Schutz des historischen Erbes nur dort und nur so lange gewährleisten, wie er sich mit diesen Interessen in Einklang bringen läßt.” (Wohlleben, 1988, S. 22).

29 Halder-Hass, 2002 (A), S. 920.

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Nutzung. Die Investoren fürchten einschränkende Auflagen und Verzögerungen im Umnutzungsprozess. Etwas weniger brisant sind vermutlich die Konflikte zwischen denkmalpflegerischen und städtebaulichen sowie zwischen städtebaulichen und ökonomischen Ansprüchen. Mögliche Konfliktpunkte zwischen Denkmalpflege und Städtebau können zum Beispiel dann entstehen, wenn Denkmäler zugunsten einer besseren städtebaulichen Situation weichen sollen oder wider eine bessere Lösung erhalten werden sollen.30 Konflikte zwischen den städtebaulichen und ökonomischen Zielen entstehen beispiels-weise dann, wenn Forderungen bezüglich bestimmter Nutzungen, zum Beispiel einem Wohnanteil, gemacht werden, oder wenn auf Kosten des Investors ein öffentlicher Raum, zum Beispiel ein Park, entstehen soll. Die Ansprüche der drei Seiten scheinen sich nur schwer in Einklang bringen zu lassen. Furrer glaubt zwar, “dass sich die oft angeführten Konflikte zwischen den Nutzungsansprüchen der Eigentümerschaft und dem Denkmal auf wenige, allerdings spektakuläre Einzelfälle beschränken.“31 Doch die für diese Arbeit untersuchten Fall-beispiele lassen vermuten, dass das oben beschriebene Konfliktpotenzial zwischen den drei Disziplinen bei jeder Industriedenkmalumnutzung besteht, dass aber schliesslich mehr oder weniger gute Lösungen gefunden werden und deshalb die Öffentlichkeit den Konflikt mehr oder weniger wahrnimmt.

In diesem Spannungsfeld zwischen den Disziplinen Städtebau, Denkmalpflege und Ökonomie ist es äusserst schwierig, Lösungen zu finden, die möglichst allen Ansprüchen gerecht werden. Es geht um eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Nutzen für die Gesellschaft, rücksichtvoller Denkmalnutzung und Rentabilität. Um diese Gratwanderung, welche die Zukunft des Bauwerks bestimmt, wird es in der vorliegenden Arbeit gehen.

30 Vgl. auch Mörsch: „Architekten reden und planen den Überrest zu oft tot, weil sie für seine zeitliche Dimension kein Gespür haben. Denkmalpfleger verteidigen beim Kampf gegen Neubauten zu oft eine Harmonie, die weder geschichtlich begründet noch mit angepasster Architektur zu verteidigen ist.“ (Mörsch, 2006, S. 10).

31 Furrer, 2004, S. 18.

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1.2 BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Im Folgenden sollen die für diese Arbeit zentralen Begriffe „Erfolgsfaktor“, „Umnutzung“, „Denkmal“ und „Industriedenkmal“, „Städtebau“, „Denkmalpflege“ und „Ökonomie“ erläu-tert werden und damit auch erste Abgrenzungen der Arbeit vorgenommen werden.

ERFOLGSFAKTOR

Unter einem Erfolgsfaktor wird im Allgemeinen eine Grösse verstanden, die eine Wirkung auf den Erfolg einer Unternehmung hat. Das Konzept der „Critical Success Factors“ wurde in den 1960er Jahren von Daniel (McKinsey & Company) entwickelt.32 In den 1980er Jahren wurde es verfeinert und in den 1990er Jahren schliesslich auf ver-schiedenste Gebiete angewandt. Üblicherweise werden als Erfolgsfaktoren für ein Unternehmen Faktoren genannt wie beispielsweise Bindung der wichtigen Mitarbeiter, Aufrechterhaltung der Produktqualität, Kundennähe, Innovationsfähigkeit, Preisgestaltung, Finanzierung etc. Immobilienentwickler sprechen von Erfolgsfaktoren bei Umnutzungen von Industriebrachen.33 Lorenz et al. verwenden den Begriff in ihrem Artikel „Industrie-denkmäler“ im Zusammenhang mit Denkmalumnutzungen:34 In beiden Fällen sind Faktoren gemeint, die den Erfolg aus Sicht des Investors, also den wirtschaftlichen Erfolg, begünstigen. Als entscheidende Faktoren nennen Lorenz et al. zum Beispiel die Zusammenarbeit mit den Denkmalschutzbehörden, gute Dokumentation und Anamnese sowie Flexibilität in der Planung, der Immobilienentwickler Ruprecht nennt das Vorhan-densein von genügend finanziellen Mitteln und den richtigen Mix aus Eigen- und Fremdkapital.35 In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff „Erfolgsfaktoren“ noch weiter gefasst, nämlich über das wirtschaftliche Verständnis hinaus. Unter Erfolgsfaktoren bei Umnutzungen werden hier Elemente verstanden, welche massgeblich zum Erfolg des „Unternehmens Industriedenkmalumnutzung“ beitragen, und zwar zu einem Erfolg aus wirtschaftlicher, denkmalpflegerischer und städtebaulicher Sicht.

UMNUTZUNG

Für die Umnutzung von Industriedenkmälern wurde zuerst im englisch-amerikanischen Sprachraum ein Begriff gebildet. Zuerst wurde “conversion” gebraucht, später hat sich “adaptive use” durchgesetzt. In Deutschland wurde ein neues Wort geprägt, die “Umnutzung”.36 Gemäss der Definition von Schretzenmayr wird von „Umnutzung“

32 Daniel, 1961, S. 111-121. 33 Siehe zum Beispiel Erfahrungsberichte der Immobilienentwickler im Buch „Waiting lands“ (z.B. bei

Ruprecht, 2008, S. 70). 34 Lorenz et al., 1998, S. 218-219. 35 Auch Suter verwendet den Begriff „Erfolgsfaktoren“ im Zusammenhang mit Denkmalumnutzungen.

Allerdings bleibt unklar, wie „Erfolg“ hier definiert wird. Da es um den geeigneten Denkmaleigentümer geht, bleibt offen, ob es um einen ökonomischen Erfolg geht, oder auch um einen Erfolg aus denkmalpflegerischer Sicht. (Suter, 2007, S. 32).

36 Kierdorf und Hassler, 2000, S. 218.

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gesprochen, “wenn in einem Areal, welches durch vollständig freifallende Flächen, Mindernutzung oder Übergangsnutzungen geprägt ist, Maßnahmen ergriffen werden, welche das Areal einer planerisch eindeutig festgelegten Nutzung und städtebaulichen Ordnung zuführen”, wobei die neue Nutzung keine oder nur eine untergeordnete industriell-gewerbliche Nutzung ist.37 Ist die neue Nutzung eine industriell-gewerbliche, wird gemäss Schretzenmayr von „Wiedernutzung“ gesprochen.38 Diese Unterscheidung macht dann Sinn, wenn wie bei Schretzenmayr von Planungsstrategien die Rede ist, weil sie sich in der Zonenordnung wiederfindet. Da in der vorliegenden Arbeit der Fokus auf Industriedenkmälern liegen soll und eine neue industrielle Nutzung für das Denkmal genauso fremd sein kann wie eine andere Nutzung, wird hier auf diese Unterscheidung verzichtet und generell der Begriff “Umnutzung” gebraucht.

DENKMAL UND INDUSTRIEDENKMAL

In den Leitsätzen zur Denkmalpflege der Schweiz von 2007, in welchen die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege den aktuellen Stand der fachlichen Erkenntnis darstellt, um eine gemeinsame Basis für das Handeln am Denkmal zu erstellen, wird der Begriff „Denkmal“ folgendermassen definiert: „Denkmäler sind ortsgebundene Objekte, die geschichtlichen Zeugniswert haben. Denkmäler können Zeugnisse jeglichen menschlichen Wirkens sein, historischer Ereignisse und Entwicklungen, künstlerischer Leistungen, sozialer Einrichtungen, technischer Errungenschaften.“39 Der Zeugniswert eines Denkmals ergibt sich aus der Summe einer Vielzahl von Eigenschaften. Als Beispiele werden in den Leitsätzen die kulturelle Bedeutung, die historische Nutzung, die Aussage über eine bestimmte soziale Schicht, über Einzelpersonen oder Körperschaften, die handwerkliche oder künstlerische Qualität und die Stellung innerhalb einer Siedlung oder in der Landschaft genannt. Dabei spielt es keine Rolle, wie positiv oder negativ die Seiten der Geschichte heute gewertet werden, die das Objekt dokumentiert, ob es als „schön“ gilt oder nicht, wie alt es ist und in welchem Erhaltungszustand es sich befindet.40 Auch bescheidene Werke, die im Lauf der Zeit eine kulturelle Bedeutung bekommen haben, können Denkmäler sein.41 Ein Objekt muss auch nicht in Inventaren aufgeführt oder in wissenschaftlichen Arbeiten erwähnt sein, um ein Denkmal zu sein.42 In dieser Arbeit werden auch Objekte als Denkmal bezeichnet, die keinen offiziellen Denkmalstatus geniessen, die in keinem Inventar geführt werden, keine Schutzauflagen haben, von keinen Behörden als Denkmal bezeichnet wurden, aber aufgrund ihres Zeugniswerts als denkmalwürdig angesehen werden müssen. Bei einem Denkmal kann es sich um ein Einzelobjekt handeln oder um einen Teil

37 Schretzenmayr, 1998, S. 22. 38 Schretzenmayr, 1998, S. 22. 39 Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hrsg.), 2007, S. 13. 40 Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hrsg.), 2007, S. 13-14; Furrer, 2004, S. 13. 41 Charta von Venedig (1964), Artikel 1. 42 Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hrsg.), 2007, S. 14.

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eines Objektes, um eine Gruppe von Objekten, um ganze Ortschaften oder Kultur-landschaften.43

Zum Verständnis des Begriffs „Industriedenkmal“ wird auf die Definition von Föhl verwiesen: Technik- und Industriedenkmäler44 sind Vorrichtungen, Bauten und Anlagen, welche der Produktion, dem Verkehr oder der Versorgung dienen beziehungsweise dienten. Zu diesem „harten Kern“ von Technik- und Industriedenkmälern gehören aber weitere Objekte, die zu seinem Umfeld gehören und nicht von diesem getrennt werden dürfen, weil ihre Abtrennung zu einer unvollständigen Betrachtung führen würde. Dazu gehören zum Beispiel die für die Produktion notwendigen Verwaltungsgebäude, die Arbeiterwohnhäuser oder Fabrikantenvillen. Die Kriterien für die Denkmaleigenschaft von Industriedenkmälern sind dieselben wie bei allen anderen Denkmälern. In der vorliegenden Arbeit wird der Einfachheit halber von „Industriedenkmälern“ gesprochen, wobei dieser Begriff auch Technikdenkmäler einschliessen soll.45 Je nach Situation sind mit „Industriedenkmälern“ nur Objekte des „harten Kerns“ oder auch Objekte aus seinem Umfeld gemeint.

STÄDTEBAU

Es wird bewusst der Begriff „Städtebau“ und nicht „Stadtplanung“ verwendet. Streich erklärt den Unterschied der beiden Begriffe, welche miteinander verwandt sind und häufig in gleichem Sinne verwendet werden, wie folgt: „Während Stadtplanung aber begrifflich mehr auf die allgemeinen Prozesse der Planung in ihrer institutionellen und organi-satorischen Einbettung zielt, wird der Begriff Städtebau vor allem dann verwendet, wenn es um den räumlich-gestalterischen Entwurf im Zuge eines konkreten Planungsablaufes geht. Damit ergibt sich eine gewisse begriffliche Nähe des Städtebaus zur Architektur, denn Städtebau kann auch als fortgesetztes architektonisches Schaffen von Einzel-bauwerken zu grösseren baulichen Ensembles aufgefasst werden.“46 Zusätzlich zu den Bauwerken gehören aber zum Städtebau auch Freiraumplanung, Gartenarchitektur, Landschafts- und Grünraumplanung, wenn sie einen räumlich-gestalterischer Auftrag erfüllen sollen.47

DENKMALPFLEGE

Denkmalpflege ist diejenige Disziplin, welche sich um die Denkmäler kümmert, sie „pflegt“. Je nach Kontext kann mit „Denkmalpflege“ auch die für denkmalpflegerische

43 Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hrsg.), 2007, S. 14; Charta von Venedig (1964), Artikel 1; auch Charta von Washington (1987).

44 In dieser Arbeit wird der Plural „Industriedenkmäler“ verwendet. In der Literatur findet sich als Plural auch „Industriedenkmale“.

45 Vgl. dazu auch Kierdorf und Hassler: „Als verbindende Bezeichnung für die Objekte der Industriearchäologie, die ‚Bauten und Anlagen der Industrie, Technik und Geschichte der Arbeit’ hat sich ‚Industriedenkmale’ eingebürgert, in England entsprechend ‚industrial monument/industrial heritage’.“ (Kierdorf und Hassler, 2000, S. 131).

46 Streich, 2005, S. 28. 47 Streich, 2005, S. 28.

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Belange zuständige Behörde gemeint sein.48 Zu den Aufgaben der Denkmalpflege gehören „theoretische Klärungen sowie praktische und administrative Massnahmen für den Schutz und die Instandhaltung von ortsgebundenen Kulturgütern“.49

ÖKONOMIE

Die „Ökonomie“ oder Wirtschaftswissenschaft ist eine Disziplin, welche sehr viele Teilgebiete umfasst. Obwohl in dieser Arbeit nur ein paar Teilbereiche angesprochen werden, werden trotzdem die allgemeinen Begriffe „ökonomisch“ und „wirtschaftlich“ gebraucht. Betrachtet werden in dieser Arbeit Aspekte der klassischen Betriebswirtschaft, wenn es um den Betrieb der neuen Nutzung des umgenutzten Denkmals geht, der Planungs- und Bauökonomie und der Immobilienökonomie, wenn es um das Bauvor-haben und das langfristige Betreiben der Liegenschaft geht. Nicht angesprochen werden volkswirtschaftliche Aspekte, welche durchaus auch mit Umnutzungen in Zusammenhang stehen können, so zum Beispiel die wirtschaftlichen Auswirkungen von Umnutzungen auf die Bevölkerung eines Quartiers oder einer Stadt.

48 So nennt sich zum Beispiel das Amt für Denkmalpflege des Kantons Basel-Stadt „Basler Denkmalpflege“. 49 Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hrsg.), 2007, S. 11.

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1.3 STAND DER FORSCHUNG

1.3.1 Auseinandersetzung mit dem Thema Industriedenkmalumnutzung

IM STÄDTEBAU

Stadtumbau gehörte immer schon zum Städtebau. Die Anpassung von Bauten an neue Anforderungen ist ein Bestandteil der Stadtentwicklung, genauso wie Abriss und Neubau im Bestand oder das Bauen auf unbebauten Flächen. In vorindustrieller Zeit war die Umnutzung von Gebäuden eine ökonomische Notwendigkeit. So selbstverständlich die Umnutzung von Gebäuden und Stadtvierteln aus Sicht der Eigentümer war, die Wahrnehmung als Aufgabe des Städtebaus ist recht neu. Bis in die Mitte der 1960er Jahre war in Europa Stadtumbau als kommunales Vorhaben mit Abriss und Neubau gleichzusetzen. Der städtebaulich begründete Erhalt von Bausubstanz durch Aufwertung und Umnutzung begann erst mit der Stadtsanierung, welche anfänglich noch auf Flächensanierung ausgerichtet war und seit etwa Mitte der 1970er Jahre den Substanzerhalt als Ziel hat.50 Aus dieser Zeit stammen auch die ersten fachlichen Dokumentationen zu Umnutzungen.51 Seit dem Ende der 1970er Jahre gilt die Umnutzung von bestehender Substanz als selbstverständlicher Bestandteil der städte-baulichen Aufgabe. Seit den 1980er Jahren sind die Umnutzungen von Industriebrachen eine neue Herausforderung für den Städtebau und Gegenstand von wissenschaftlicher Fachdiskussion.52 Die Umnutzung als Aufgabe des Städtebaus liess sich nun nicht mehr nur wie bisher denkmalpflegerisch und soziokulturell begründen, sondern auch ökonomisch und ökologisch. Seit dem Ende der 1980er Jahre entstanden viele Forschungs- und Modellvorhaben zum Umgang mit Industriedenkmälern im Zusammen-hang mit der Internationalen Bauausstellung Emscher Park.53

50 1975 Europäisches Denkmalschutzjahr: Leitmotiv: „Zukunft für die Vergangenheit“. 51 Z.B. Cantacuzino, New uses for old buildings, London: Architectural Press, 1975. 52 Als Beispiele seien hier die Forschungsarbeit von Henckel und Nopper genannt, welche 1985 versuchte, in

Deutschland bundesweit die Brachen zu erfassen (Henckel, Dietrich und Erwin Nopper, Brache und Regionalstruktur. Gewerbebrache – Wiedernutzung – Umnutzung. Eine Bestandesaufnahme, Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik, 1985) und die Publikation Umnutzung von Fabriken. Übersicht und Beispiele, welche 1984 versuchte, bereits bestehende Umnutzungserfahrungen anhand von Beispielen zu vermitteln (Kleineberg, Uwe, Umnutzung von Fabriken. Übersicht und Beispiele, hrsg. vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen im Auftrag des Ministers für Landes- und Stadtentwicklung des Landes NRW (Schriftenreihe Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2.047), Dortmund: Ils, 1984).

53 Hauptquelle Abschnitt: Jessen und Schneider, 2000 (A), S. 15-21.

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IN DER DENKMALPFLEGE

Die intensive Beschäftigung mit dem technischen und industriellen Erbe in Europa begann in Grossbritannien in den 1950er Jahren. Zu den ersten Objekten, die erschlossen und gewürdigt wurden, gehörten etwa der erste Kokshochofen in Coalbrookdale, die Iron Bridge über den Fluss Severn und die ältesten Kanäle und Eisenbahnlinien. Das Jahr 1955, in welchem der Philologe Michael Rix in der Zeitschrift Amateur Historian unter dem Titel “Industrial Archaeology” zur Erforschung der materiellen Zeugen der Industriellen Revolution aufrief, kann als Geburtsjahr für die moderne “Industriearchäologie” angesehen werden. Bath war in dieser Zeit das Zentrum für die Forschung in England. Um 1972 hat sich die Industriearchäologie in Grossbritannien als Fachgebiet etabliert.54

In Deutschland lief die Beschäftigung mit historischer Technik und Industrie in der Zeit von der Jahrhundertwende bis in die erste Hälfte der 1920er Jahre als Begleiterscheinung des Heimatschutzes, der Technikgeschichte und deren Museen. Ab der Mitte der 1920er Jahre bis 1932 fand eine systematische Erfassung und Dokumentation von mehreren Organisationen gemeinsam statt. Diese landesweite Inventarisierung wurde 1932 mit der Publikation Technische Kulturdenkmale abgeschlossen. Während des National-sozialismus waren Rettung und Konservierung der technischen Denkmäler das Hauptthema. In der Nachkriegszeit hatte die Industriearchäologie nicht mehr die heraus-ragende Stellung wie vor dem Krieg. In der DDR wurde allerdings in dieser Zeit versucht, die Pflege technischer Denkmäler als besonderes Anliegen der neuen sozialistischen Gesellschaft zu etablieren. Das Forschungs- und Erhaltungsinteresse an Industrie-denkmälern regte sich in Deutschland erst wieder in der Mitte der 1960er Jahre, als zahlreiche alte und unrentable Betriebe geschlossen wurden und in der Folge davon zahlreiche historische Industrieanlagen abgebrochen wurden. In den 1970er Jahren entwickelte sich eine internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet, welche nun Vergleiche und Anregungen ermöglichte. Etwa seit 1980 hat sich die Industriearchäologie in Deutschland als kleines Spezialfach zur Erforschung und Bewertung historischer Strukturen gefestigt, ohne offiziellen institutionellen Rückhalt zu geniessen.55

In der Schweiz setzte das Interesse für Technik- und Industriedenkmäler vergleichsweise spät ein. Dies lässt sich vor allem damit erklären, dass erst die Ölkrise Anfang der 1970er Jahre die für eine Anteilnahme notwendige Bedrängnis der Industrie und die Desindustrialisierung brachte, während in Deutschland bereits in den 1960er Jahren eine grosse Welle von Betriebsschliessungen ausgelöst worden war.56 Die Denkmalpflege-stellen von Kantonen und Gemeinden begannen sich dem neuen Thema zuzuwenden. Und es wurden diverse Vereine und Gesellschaften gegründet, die sich dem Thema annahmen, so zum Beispiel eine Arbeitsgruppe an der ETH, die später zur „Schwei-zerischen Vereinigung für Technikgeschichte“ (SVTG) wurde, und die „Gesellschaft für

54 Hauptquelle Abschnitt: Kierdorf und Hassler, 2000, S. 107-118. 55 Hauptquelle Abschnitt: Kierdorf und Hassler, 2000, S. 55-56 und 118-130. 56 Es ist allerdings anzumerken, dass bereits vor der Krise einige Museen im Bereich Technik und Industrie

gegründet worden waren, die sich dem Thema annahmen, z.B. das Verkehrshaus in Luzern; auch die Kunstszene setzte sich mit dem Thema auseinander, z.B. Jean Tinguely.

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Industriekultur“ in Winterthur (IN.KU). 1980 veröffentlichte Gubler in der Zeitschrift Archithese einen Artikel mit dem Titel “Industriearchäologie. Versuch einer Begriffs-bestimmung”, was zeigt, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Industriedenkmal erst gerade begonnen hatte.57 Gegen Ende der 1980er Jahre gewann das Thema Revitalisierung an Bedeutung.

IN DER ÖKONOMIE

Weil Umbauten für neue Nutzungen schon immer zu den Bauaufgaben gehörten, beschäftigt sich auch die Immobilienökonomie traditionellerweise mit Umnutzungen. Revitalisierungen von Industriebrachen stellen aber Immobilienökonomen vor eine neue Herausforderung. Bei diesen Umnutzungen müssen Faktoren berücksichtigt werden, die sonst kaum oder in geringerem Mass eine Rolle spielen, wie zum Beispiel die Altlastenproblematik, Zwischennutzungen, Verzögerungen durch notwendige Abklärungen und aufwändige Verfahren. Um die Besonderheiten von Baudenkmälern als Immobilien hat sich die Immobilienökonomie noch nicht so sehr gekümmert: Die Spezialimmobilie Baudenkmal findet erst langsam Einlass in die immobilienwirtschaftliche Forschung.58

1.3.2 Wissenschaftliche Grundlagen

Die vorliegende Arbeit wäre nicht denkbar ohne einige wichtige Arbeiten, welche die Grundlage für die Untersuchung von Industriedenkmalumnutzungen bilden.

Zu den für diese Arbeit besonders wertvollen Arbeiten zur städtebaulichen Sicht auf Umnutzungen von Industriedenkmälern zählen die Beiträge von Jessen und Schneider in der Publikation Umnutzung im Bestand. Neue Zwecke für alte Gebäude, in welchen Jessen und Schneider nicht nur einen geschichtlichen Überblick über das Umnutzen sowie eine Einsicht in die Umnutzungspraxis verschiedener europäischer Länder liefern, sondern auch verschiedene Umnutzungsstrategien aus architektonisch-städtebaulicher Sicht identifizieren.59 Zu den Grundlagen dieser Arbeit gehören auch diverse Publi-kationen, welche sich mit dem Verständnis der Stadt, ihren Veränderungen und den Auswirkungen auf die Bevölkerung auseinandersetzen. Es seien hier als Beispiele Das Bild der Stadt von Lynch und das Handbuch zum Stadtrand von Lampugnani und Noell aufgeführt.60 Als besonders hilfreich erwiesen sich ausserdem die diversen Publikationen

57 Gubler, Hans Martin, “Industriearchäologie. Versuch einer Begriffsbestimmung”, in: Archithese, Nr. 5, 1980, S. 5-22.

58 Vgl. auch Einschätzung Halder-Hass, 2002 (A), S. 919. 59 Jessen, Johann und Jochen Schneider, „Umnutzung im Bestand. Städtebau – Programm – Gestalt“, in:

Wüstenrot Stiftung (Hrsg.), Umnutzungen im Bestand. Neue Zwecke für alte Gebäude, Stuttgart/Zürich: Karl Krämer, 2000 (A), S. 14-43 und Jessen, Johann und Jochen Schneider, „Umnutzung – Blick über die Grenzen. Praxis und Projekte in europäischen Ländern“, in: Wüstenrot Stiftung (Hrsg.), Umnutzungen im Bestand. Neue Zwecke für alte Gebäude, Stuttgart/Zürich: Karl Krämer, 2000 (B), S. 44-95.

60 Lynch, Kevin, Das Bild der Stadt, hrsg. von Ulrich Conrads und Peter Neitzke, übers. von Henni Korssakoff-Schröder und Richard Michael (Bauwelt Fundamente, 16), 2. Auflage, Basel/Boston/Berlin: Birkhäuser, 2001; Magnago Lampugnani, Vittorio und Matthias Noell (Hrsg.), Handbuch zum Stadtrand,

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zu den Themen „Identität“ und „Identifikation“, unter anderem von Graumann, Weichhart und Reuber.61

Zu den interessantesten Arbeiten in der denkmalpflegerischen Forschung zum vorliegen-den Thema gehört die Publikation Denkmale des Industriezeitalters. Von der Geschichte des Umgangs mit Industriekultur von Kierdorf und Hassler, welche die Quellen zu Theorie und Praxis des Industriedenkmalschutzes und der Industriedenkmalpflege, zurück bis an den Anfang des 19. Jahrhunderts, präsentiert und interpretiert.62 Sie enthält ausserdem Beiträge zu Werterhaltungsstrategien und zur Nachhaltigkeitsidee. Damit ist diese Arbeit Teil der Nachhaltigkeitsdebatte, welche gegen Ende der 1990er Jahre auch die Denk-malpflege erfasst hat und die für die Umnutzungsproblematik wichtig ist. Ebenfalls ein für die vorliegende Arbeit wertvoller Beitrag zu dieser Debatte sind die veröffentlichten Vorträge der Tagung zum Thema “Nachhaltigkeit und Denkmalpflege” im Oktober 1999 an der ETH Zürich.63 Hassler und Kohler veröffentlichten 2004 eine bedeutende Forschungsarbeit zum Thema Nachhaltigkeit, welche der Frage nachgeht, warum gewisse Industriegebäude länger leben als andere. Die Überlebenswahrscheinlichkeit des Industrie- und Gewerbebaubestands nach Altersklassen zeigt stetig abnehmende Lebens-erwartungen. Hassler und Kohler suchten deshalb nach Strategien, um die langfristige Entwicklung in eine vom Standpunkt des Ressourcenmanagements aus vernünftige Richtung zu steuern. Untersucht wird weniger das einzelne Industriedenkmal, als viel mehr das Wachstum der Bau- und Infrastrukturbestände des Zeitalters der Industriali-sierung in ihrer Gesamtheit als materielles Erbe der Industrialisierungsepoche. Damit leistet die Arbeit nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeitsfrage, sondern auch zur Quantifizierung des industriellen Bau- und Denkmalbestandes in Deutschland.64

Für den ökonomischen Aspekt als interessant für die vorliegende Arbeit erschienen insbesondere die theoretischen Forschungsarbeiten von Greffe und von Serageldin,

unter Mitarbeit von Gabriela Barman-Krämer, Anne Brandl und Patric Unruh, Basel/Boston/Berlin: Birkhäuser, 2007.

61 Graumann, Carl F., “On multiple identities”, in: International Social Science Journal, Jg. 35, Nr. 35, 1983, S. 309-321; Weichhart, Peter, Raumbezogene Identität. Bausteine zu einer Theorie räumlich-sozialer Kognition und Identifikation, hrsg. von Emil Meynen in Verbindung mit Gerd Kohlhepp und Adolf Leidlmair (Schriftenreihe für Forschung und Praxis, 102), Stuttgart: Steiner,1990 und Weichhart, Peter, „Regionalentwicklung. Identitätsmanagement für Orte”, in: Maria Luise Hilber und Ayda Ergez (Hrsg.), Stadtidentität. Der richtige Weg zum Stadtmarketing, 2004, S. 129-138; Reuber, Paul, Heimat in der Großstadt. Eine sozialgeographische Studie zu Raumbezug und Entstehung von Ortsbindung am Beispiel Kölns und seiner Stadtviertel, Köln: Geographisches Institut der Universität zu Köln, 1993.

62 Kierdorf, Alexander und Uta Hassler, Denkmale des Industriezeitalters. Von der Geschichte des Umgangs mit Industriekultur, hrsg. vom Lehrstuhl für Denkmalpflege und Bauforschung der Universität Dortmund, Tübingen/Berlin: Wasmuth, 2000.

63 Wohlleben, Marion und Hans-Rudolf Meier (Hrsg.), Nachhaltigkeit und Denkmalpflege. Beiträge zu einer Kultur der Umsicht (ID, 24), Zürich: vdf, 2003.

64 Hassler, Uta und Niklaus Kohler, Über das Verschwinden der Bauten des Industriezeitalters. Lebenszyklen industrieller Baubestände und Methoden transdisziplinärer Forschung, Tübingen: Wasmuth, 2004.

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welche sich mit dem Wert der Denkmalimmobilie und mit dem Denkmal als öffentliches Gut auseinandersetzen.65

Zu den wissenschaftlichen Grundlagen gehören auch die Studien, welche versuchen, die Grössenordnung der Umnutzungsaufgabe zu erkennen. Bis in die Mitte der 1990er Jahre gab es für die Schweiz – wie auch in vielen anderen Ländern - keine verlässlichen Zahlen zum Flächenangebot von Industriebrachen. Deshalb haben Untersuchungen in den letzten Jahren versucht, freie Arealflächen, Leerstände und extensiv genutzte Flächen überhaupt zu erfassen: Eine Studie von Wüest & Partner für die Industriebau Engineering AG lieferte 1995 Zahlen zu den Brachflächen in der Schweiz und stellte diese dem künftig zu erwartenden Flächenbedarf gegenüber.66 In den Jahren 1996 bis 2000 veröffentlichte die Architekturzeitschrift Hochparterre immer wieder Listen mit Industriebrachen in der Schweiz und Flächenangaben dazu, ohne allerdings die Gesamtfläche für die Schweiz beziffern zu können.67 Eine Studie von Valda und Westermann im Auftrag des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE) und des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) versuchte schliesslich im Jahre 2003, die Datenlage zu aktualisieren und zu verbessern. Zu der Studie gehörte zudem eine Befragung von Industrie-bracheneigentümern, welche auch qualitative Aussagen über die Brachen zuliess, zum Beispiel zur Lage der Areale, zum Umnutzungsstand, zur Art der Neunutzung, zu den Umnutzungshindernissen, zur Altlastensituation etc.68 Das Büro Wüest & Partner führt seit 2008 eine Brachendatenbank, welche laufend aktualisiert wird und 2008 im Auftrag des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE) erstmals in Form eines Reportings ausgewertet wurde.69 Wie die Studie von Valda und Westermann erfasst sie allerdings nur die Brachen ab einer Grösse von einer Hektare.70 Alle diese Studien zur Situation in der Schweiz sowie die Datenbank von Wüest & Partner erfassen die Flächen denkmalgeschützter Bauten nicht separat. Zahlen zu Flächen in denkmalgeschützten Industriebauten und auf denkmalgeschützten Industriearealen sind

65 Greffe, Xavier, La valorisation économique du patrimoine, Paris, 2003; Serageldin, Ismail, “Cultural Heritage as Public Good: Economic analysis applied to histroric Cities”, in: Inge Kaul (Hrsg.), Global public goods. International cooperation in the 21st century, New York: Oxford University Press, 1999, S. 240-263.

66 Wüest, Hannes, Martin Hofer und Markus Schweizer, Flächennutzung der Industrie 1991 und Perspektiven zum Flächenbedarf bis 2005, Zürich, 1995.

67 Ermittlungen der Architekturzeitschrift „Hochparterre“ und der Wirtschaftszeitung „Cash“: Hochparterre und Cash, Nr. 1/2, 1996, Sonderheft „Die nicht mehr gebrauchte Schweiz“; weitere Artikel: Valda, Andreas, „Industriebrachen zum zweiten“, in: Hochparterre, Nr. 6/7, 1997, S. 34-36; Westermann, Reto, Thomas Rabara und Andreas Valda, „Industriebrachen zum Dritten“, in: Hochparterre, Nr. 6/7, 1999, S. 51-54; Westermann, Reto, „Industriebrachen zum Vierten“, in: Hochparterre, Nr. 6/7, 2000, S. 44-45.

68 Valda, Andreas und Reto Westermann, Die brachliegende Schweiz - Entwicklungschancen im Herzen von Agglomerationen, hrsg. vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Bern, 2004.

69 www.wüestundpartner.com/brachenbank; Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) (Hrsg.), Die Brachen der Schweiz: Reporting 2008. Dieses Reporting von Wüest und Partner entstand aufgrund des Massnahmenplans der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Förderung der Umnutzung von Industrie- und Gewerbebrachen in der Schweiz, welcher 2008 vom Bundesrat verabschiedet wurde.

70 Die Studie von Valda und Westermann, das Reporting von Wüest & Partner und die Brachendatenbank beinhalten nebst den klassischen Industrie- und Gewerbebrachen auch Bahn- und Militärbrachen.

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nicht erhältlich. Auch eine Übersicht aller Industriedenkmäler in der Schweiz liegt zur Zeit nicht vor. Eine derzeit laufende Initiative der SGTI (Schweizerische Gesellschaft für Technikgeschichte und Industriekultur) und des Schweizerischen Heimatschutzes möchte die Industriedenkmäler in der Schweiz systematisch zu erfassen, allerdings unabhängig von Gebrauch oder Leerstand und ohne Flächenangaben.71 Das Inventar der neueren Schweizer Architektur (INSA) erfasst erhaltenswerte und schützenswerte Einzelobjekte und Anlagen aus den Jahren 1850-1920 für ausgewählte Städte in der Schweiz, und damit auch viele Industriedenkmäler. Weil sich die Zusammenstellung auf eine gewisse Zeitspanne und auf ausgewählte Orte beschränkt, kann sie keinen Überblick über die Objekte in der Schweiz liefern. Sie enthält im Übrigen auch keine Flächenangaben und keine Angaben zur Nutzung oder zum Leerstand.

1.3.3 Untersuchungen von Umnutzungen

Seit den 1980er Jahren wurden in der Schweiz und in Deutschland viele Industrie-denkmäler umgenutzt. Diese Umnutzungen bilden einen riesigen Erfahrungsschatz, der aber kaum zugänglich ist, denn bisher haben nur wenige Forschungsarbeiten die vorge-nommenen Umnutzungen unter die Lupe genommen, um Erkenntnisse für zukünftige Projekte zu gewinnen. Die folgenden Umnutzungsuntersuchungen sind für die vorlie-gende Arbeit von Bedeutung:

– Für Hamburg und Berlin wurden Studien erstellt, welche sich mit Fragen der Denkmalpflege und der Immobilienökonomie von Revitalisierungen gewerblich genutzter Denkmalimmobilien befassen. Die Studien basieren auf Befragungen von Nutzern und Eigentümern von denkmalgeschützten Wirtschaftsbauten. Sie geben unter anderem Aufschluss über die Nutzbarkeit von unterschiedlichen denkmalgeschützten Baugattungen, über Anpassungsfähigkeit und Vermietbarkeit, über Lage und Verkehrsanbindung, bau- und immobilienwirtschaftliche Aspekte, technische Ausstattungsstandards und Denkmalakzeptanz. Die Studie erfasst die Sicht der Nutzer und Eigentümer, kann aber ihre revitalisierten Denkmalimmobilien nicht aus denkmalpflegerischer Sicht erfassen und bewerten.72

– Lorenz et al. vertiefen die in der Hamburger Studie gewonnenen Erkenntnisse, indem sie drei Fabrikumnutzungen untersuchen. Die Arbeit versucht Erfolgs-

71 www.industrie-kultur.ch (Stand Oktober 2008). Publikation zum Kanton Bern: Bärtschi, Hans-Peter, Industriekultur im Kanton Bern. Unterwegs zu 333 Zeugen des produktiven Schaffens, hrsg. von der Schweizerischen Gesellschaft für Technikgeschichte und Industriekultur (SGTI), Zürich: Rotpunktverlag, 2006.

72 Denkmalschutzamt Hamburg und Jones Lang LaSalle GmbH (Hrsg.), Studie zu gewerblich genutzten und gesetzlich geschützten Denkmalen, Hamburg, 1996; Landesdenkmalamt Berlin, Jones Lang LaSalle GmbH und Halder-Hass (Hrsg.), Denkmalschutzstudie Berlin. Wirtschaftsarchitektur – Baudenkmal – Immobilienwirtschaft. Analysen zur Revitalisierung von gewerblich genutzten Denkmalimmobilien in Berlin, Berlin: IZ, 2002.

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faktoren aus der Sicht eines Investors zu bestimmen. Vertieft diskutiert werden die rechtlichen und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen bei Industriedenkmälern.73

– Hauser unterscheidet in Metamorphosen des Abfalls. Konzepte für alte Industrieareale anhand von Fallbeispielen vier Konzepte der Umnutzung, die der Ästhetisierung des Abfalls „Industrieareal“ dienen: Musealisierung, Denkmal-schutz, Naturalisierung und Verlandschaftung.74

– Koll-Schretzenmayr untersucht Strategien zur Umnutzung von grossflächigen innerstädtischen Industrie- und Gewerbebrachen anhand von sieben Arealen in der Schweiz und in Deutschland. Ihr Fokus liegt dabei vor allem auf der Frage, welche planerischen Strategien für Umnutzungen erfolgreich sind. Auf Besonder-heiten der Denkmalumnutzung geht sie nicht ein.75

– Grube versucht am Beispiel der Umnutzung von Gebäuden der Bewag zu zeigen, wie Industriedenkmäler denkmalpflegerisch sinnvoll, aber auch für den zukünftigen Nutzer lohnenswert umgenutzt werden können. Grube legt den Fokus vor allem auf den Prozess. In seinem Buch Renaissance der E-Werke. Historische Industriearchitektur im Wandel geht es insbesondere um die erfolgreiche Zusam-menarbeit von Denkmalpflege und Denkmaleigentümerin.76

– Im Buch Industriebau als Ressource, welches vom Institut für Neue Industriekultur (INIK) herausgegeben wurde, werden Empfehlungen zur Vorgehensweise bei Umnutzungen gemacht. Diese basieren auf den Erkenntnissen der Umnutzungen der Bewag-Gebäude und auf den Resultaten eines EU-Forschungsprojektes “Neue Industriekultur: Grenzüberschreitende Kooperation im Bereich Forschung und Entwicklung”. In einem weiteren Schritt werden diverse brachliegende Standorte in der deutsch-polnischen Lausitz untersucht. Als Ergebnis werden Möglichkeiten der Nutzung und Finanzierung sowie der Projektentwicklung und -trägerschaft präsentiert.77

– Suter interessiert sich für die Konflikte zwischen denkmalpflegerischen und wirt-schaftlichen Interessen bei Denkmalumnutzungen. Anhand von zehn Umnutzungs-fallbeispielen in der Schweiz untersucht sie, welches der ideale Eigentümer für ein umgenutztes Denkmal ist. Dabei versucht sie, das sogenannte „Best-Owner-

73 Lorenz et al., “Industriedenkmäler”, in: Bernd Heuer und Andreas Schiller (Hrsg.), Spezialimmobilien. Flughäfen, Freizeithotels, Hotels, Industriedenkmäler, Rehakliniken, Seniorenimmobilien, Tank- und Rastanlagen/Autohöfe, Köln: R. Müller, 1998, S. 211-274.

74 Hauser, Susanne, Metamorphosen des Abfalls, Frankfurt a.M.: Campus-Verlag, 2001. 75 Schretzenmayr, Martina, Strategien zur Umnutzung von großflächigen innerstädtischen Industrie- und

Gewerbebrachen, Dissertation an der ETH Zürich, Zürich, 1998; ausserdem auch Rückblick auf die Umnutzung des Sulzerareals in Winterthur: Koll-Schretzenmayr, Martina und Valentin Müller, “Projektentwicklung und Vermarktung auf Industriebrachen. Rückblick auf 14 Jahre ‘Sulzer-Areal Stadtmitte’ in Winterthur”, in: Disp, 150, Nr. 3, 2002, S. 20-34.

76 Grube, Hans Achim, Renaissance der E-Werke. Historische Industriearchitektur im Wandel, Publikation zur Dissertation an der TU Berlin, Berlin: Jovis, 2003.

77 Institut für neue Industriekultur INIK (Hrsg.), Industriebau als Ressource, Forst (Lausitz): INIK, 2007.

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Prinzip“ auf Baudenkmäler anzuwenden und daraus Anregungen für neue Handlungsansätze in der Denkmalerhaltung zu gewinnen. Unter den Fallbeispielen befinden sich auch drei Industriedenkmäler. Auf die Besonderheit „Industrie-denkmal“ wird aber nicht eingegangen.78

Nebst den aufgezählten Forschungsarbeiten dienen auch andere Veröffentlichungen dem Transfer von Erfahrungen bei Umnutzungen. Es sollen hier nur ein paar Beispiele genannt werden:

– Die Publikation Wirtschaft und Denkmalpflege. Nachnutzung von Gewerbebauten auf innerstädtischen Industriestandorten fasst die Beiträge aus vier Veranstal-tungen zusammen, welche im Rahmen eines Arbeitskreises in Berlin, dem Vertreter der Denkmalbehörde, Architekten, Stadtplaner und Eigentümer denkmal-geschützter Gebäude angehörten, stattfanden.79

– Das Buch Umnutzungen im Bestand. Neue Zwecke für alte Gebäude stellt die Ergebnisse eines Wettbewerbs der Wüstenrot Stiftung vor, bei welchem Bauten im Bestand in Deutschland gesucht wurden, welche ab 1993 instandgesetzt, saniert, modernisiert oder baulich verändert oder ergänzt wurden, um den Ansprüchen der Bauherren Rechnung zu tragen (Gestaltungspreis 1998). Die Wüstenrotstiftung beabsichtigt damit, die vielen Umnutzungen, die Anfang der 1990er Jahre ent-standen waren, zu erfassen und damit die Lücke eines systematischen Überblicks dieses Aktivitätsschubs ein wenig zu füllen.80

– Die Broschüre Investition Denkmal, herausgegeben vom Deutschen National-komitee für Denkmalschutz, ist eine Informationsbroschüre und ein Ratgeber für Investitionen in ein Baudenkmal.81

– Waiting lands: Strategien für Industriebrachen enthält Erfahrungsberichte von an Umnutzungen Beteiligten: Historiker, Raumplaner, Denkmalpfleger, Arealbesitzer, Entwickler, Architekten, Altlastenspezialisten, Vermarkter usw. berichten darüber, was sie in den letzten 20 Jahren bezüglich Industriebrachenumnutzungen in der Schweiz gelernt haben.82

Diese Forschungsarbeiten und Publikationen beleuchten jeweils eine Seite der Umnutzung, zum Beispiel die ökonomische (Hamburger und Berliner Studie, Lorenz et al.,

78 Suter, Monika, Das Best-Owner-Prinzip als Chance für Baudenkmäler. Bedeutung der Eigentümerschaft für die erfolgreiche Erhaltung und langfristig tragbare Nutzung von Baudenkmälern, Masterthesis CUREM, Zürich, 2007.

79 Industrie- und Handelskammer zu Berlin (Hrsg.), Wirtschaft und Denkmalpflege. Nachnutzung von Gewerbebauten auf innerstädtischen Industriestandorten. Berlin: Regioverlag, 2000.

80 Wüstenrot Stiftung (Hrsg.), Umnutzungen im Bestand. Neue Zwecke für alte Gebäude, Stuttgart/Zürich: Karl Krämer, 2000.

81 Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Hrsg.), Investition Denkmal, (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, 69), Bonn: Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz, 2005.

82 Züst, Roman, Tibor Joanelly und Reto Westermann (Hrsg.), Waiting lands: Strategien für Industriebrachen, Sulgen: Niggli, 2008.

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Investition Denkmal, Wirtschaft und Denkmalpflege), oder die ästhetische (Hauser), oder es stehen Fragen des idealen Prozesses im Vordergrund (Koll-Schretzenmayr, Grube, INIK), oder sie beschäftigen sich mit einer Spezialfrage wie der des geeigneten Eigentümers (Suter). Sie befassen sich mit Brachen im Allgemeinen (Koll-Schretzenmayr; Waiting lands), mit Umnutzungen im Allgemeinen (Wüstenrot) oder mit Denkmälern im Allgemeinen (Suter) oder explizit mit Industriedenkmälern (Hamburger und Berliner Studie, Lorenz et al., INIK, Grube). Die vorliegende Arbeit möchte wie die vorgestellten Arbeiten versuchen, vom Erfahrungsschatz der bereits umgenutzten Industriebrachen zu profitieren. Mit der Frage nach “Erfolgsfaktoren” für Umnutzungen und der Betrachtung von städtebaulichen, denkmalpflegerischen und ökonomischen Aspekten der Industrie-denkmalumnutzung wird das Thema bewusst weit und interdisziplinär gefasst.

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1.4 FRAGESTELLUNG

Die Zahl der Industriebrachen und Industriedenkmäler nimmt stetig zu, während die finanzielle Unterstützung für Denkmäler durch den Staat abnimmt. Kostendeckende oder sogar rentable Umnutzungskonzepte sind daher in Zukunft dringend notwendig. Mit der Forderung nach mehr ökonomischer Unabhängigkeit können sich aber diverse Konflikte ergeben. Viele unterschiedliche Ansprüche treffen aufeinander: städtebauliche, denkmal-pflegerische und ökonomische. Gesucht werden Umnutzungskonzepte, die möglichst allen Ansprüchen gerecht werden können.

In dieser Arbeit soll deshalb die Frage gestellt werden, was die Erfolgsfaktoren sind für gelungene Umnutzungen von Industriedenkmälern aus städtebaulicher, denkmal-pflegerischer und ökonomischer Sicht. Mit der Suche nach Faktoren, welche bei Industrie-denkmalumnutzungen einen Erfolg in dreierlei Hinsicht begünstigen, wird der Versuch gemacht, auf eine bisher weitestgehend offen gebliebene Frage zu antworten: „Die Frage, welche Behandlung und Funktion den Industriedenkmalen (wie allen historischen Spuren) ein sinnvolles Weiterexistieren in unserer Gesellschaft und Wirtschaft ermöglichen kann, ob es selbstverständliche, für den historischen Gehalt sensible Umgangsweisen mit materieller Überlieferung gibt, wurde bisher nur selten gestellt, geschweige denn ernsthaft und befriedigend beantwortet.“83 Die Arbeit geht von der Annahme aus, dass das Gelingen einer Umnutzung durch verschiedene Faktoren bestimmt wird, auf welche mehr oder weniger Einfluss genommen werden kann. So sind das allgemeine wirtschaftliche Klima, die Lage der Brache, die Struktur und der Zustand der Bauten Faktoren, welche als fallspezifisch und gegeben angesehen werden müssen. Um Erkenntnisse zu gewinnen, die auf zukünftige Umnutzungen übertragen werden können, liegt der Fokus dieser Arbeit auf Erfolgsfaktoren, auf welche Einfluss genommen werden kann.

Für die Beantwortung der Frage, wie es zu einer erfolgreichen Umnutzung kommen kann, muss allerdings zuerst Klarheit darüber geschaffen werden, was die drei Disziplinen Städtebau, Denkmalpflege und Ökonomie überhaupt unter einer erfolgreichen Umnutzung verstehen. Die vorliegende Arbeit stellt deshalb auch die Frage, was die Beurteilungs-kriterien für eine gelungene Umnutzung aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und wirtschaftlicher Sicht sind.

Konflikte zwischen städtebaulichen, denkmalpflegerischen und ökonomischen Ansprü-chen tauchen nicht nur bei Umnutzungen von Industriedenkmälern auf, sondern bei allen Denkmalumnutzungen. Die Probleme können hier allerdings viel brisanter sein, so dass besonders innovative Lösungen gefunden werden müssen. Mit ihrem oft grossen Bauvolumen, der produktionsbedingten Ausrichtung der Räume, der Konstruktionsweisen und der technischen Ausstattung stellen sie eine besondere Herausforderung dar. Bereits der Wegfall der ursprünglichen Nutzung kann erste Zerstörungen am Denkmal bewirken:

83 Kierdorf und Hassler, 2000, S. 221.

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So zerstört das Auskalten bei der Stilllegung von Kaminen oder von Koksöfen die Substanz, bevor überhaupt nur über neue Nutzungen nachgedacht wird. In einem Aufsatz zu den technischen Denkmälern in den 1970er Jahren bezweifelte Mörsch sogar, dass Industriedenkmalumnutzungen überhaupt gelingen können: “Und diese Frage der Umfunktionierung, von deren Beantwortung schon bei den ‚herkömmlichen’ Objekten Sein oder Nichtsein abhing, stellt sich bei einer von mir höchstens zu ahnenden Fülle von technischen Objekten noch viel kritischer. Ich bin der Überzeugung, daß ein Großteil der technischen Denkmäler in ihrer Gesamtheit von Bauwerk und Produktionsablauf gar nicht sinnvoll umzufunktionieren sind ohne eigentlich zerstört zu sein. [...] Das technische und finanzielle Problem der Erhaltung von Großanlagen – ist es überhaupt lösbar?“84 Die Untersuchung der Industriedenkmäler bietet sich also nicht nur an, weil für sie dringend Lösungen gesucht werden, sondern auch weil es sich bei den Industriedenkmälern um einen Extremfall handelt, an welchem sich auch für den übrigen Denkmalbereich viel lernen lässt.85

In der Erhaltung von Industriedenkmälern wurden in den letzten Jahren viele Erfahrungen gesammelt. Insbesondere seit dem Anfang der 1990er Jahre kann ein richtiger Boom an Revitalisierungsmassnahmen festgestellt werden. Die vielen Projekte im Industrie-denkmalbereich können sozusagen als „Experimentierfeld“ für den Umgang mit der gesamten bestehenden Substanz angesehen werden.86 Es ist höchste Zeit, diese Industriedenkmalumnutzungen unter die Lupe zu nehmen, um von den dadurch gewon-nenen Erkenntnissen für die zukünftigen Umnutzungen von Industriedenkmälern, aber auch von anderen Denkmälern profitieren zu können.87

Die vorliegende Arbeit fügt sich damit ein in eine Reihe von durchgeführten Umnutzungs-untersuchungen.88 Sie unterscheidet sich aber von anderen Arbeiten vor allem in dem Anspruch, städtebauliche, denkmalpflegerische und wirtschaftliche Aspekte einer Revitalisierung betrachten zu wollen. Dabei ist es nicht nur das Ziel der Arbeit, von den Fallbeispielen für andere Umnutzungen zu lernen. Es soll vor allem auch eine Unter-suchungsmethode entwickelt werden, die bei zukünftigen Forschungsprojekten angewen-det werden könnte.

84 Mörsch, Georg, 1973, S. 112. 85 Vgl. auch Mörsch: „Die Problematik aller Denkmalpflege, zwischen Erhaltung der Substanz und den

Ansprüchen neuer oder verbesserter Nutzung so abzuwägen, daß es zwischen beiden berechtigten Zielen zu einer echten Verträglichkeit kommt, stellt sich wohl nirgendwo als so schwierig zu lösen dar wie bei der Bewahrung technischer Denkmäler.“ (Mörsch, Georg, 1976, S. 12).

86 Vgl. Haspel: “Gerade die Fabrikareale und technischen Anlagen der Infrastruktur haben sich ja in den

letzten Jahren als eine Art Experimentierfeld erwiesen. Auf dem riesigen Versuchsgelände der Industrie- und Technikdenkmalpflege wurde gleichsam in Pilotprojekten eine Gegenstrategie zur Praxis der ständigen Erneuerung großer Teile der gebauten Umwelt erprobt und eingeübt.” (Haspel, 2002, S. 19).

87 Westermann stellt fest, dass schon bald neue Brachen zur Umnutzung anstehen: Postbrachen, Verkehrsbrachen, Militärbrachen, Telekommunikationsbrachen, Bürobrachen und Wissensbrachen. (Westermann, 2008 (B), S. 125-127).

88 Siehe Kapitel „Untersuchungen von Umnutzungen“.

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1.5 METHODE

1.5.1 Versuchsaufbau

Die vorliegende Arbeit basiert auf einer Analyse von Umnutzungsfallbeispielen. Als Ausgangspunkt dient das Fallbeispiel Warteck. Die detaillierte Aufarbeitung aller verfügbaren Informationen, von den Anfängen der Brauerei Warteck in Basel bis heute, mehr als zehn Jahre nach der Umnutzung, ist das Kernstück der Arbeit. Es dient dazu, möglichst die ganze Komplexität einer einzigen Industriedenkmalumnutzung zu erfassen und darzustellen und dabei möglichst viele Aspekte einer Umnutzung zu erkennen, was bei einer Herangehensweise mit einer Vielzahl von Fallbeispielen oder gar einer statistischen Arbeit kaum zu leisten wäre. Der Entscheid, nicht nur die Umnutzungs-geschichte und die Zeit danach, sondern auch die Geschichte des Areals bis zur Stilllegung im Detail aufzuarbeiten, beruht auf der Annahme, dass sich die Revitalisierung einer Industriebrache immer vor dem Hintergrund der industriellen Vergangenheit abspielt und deshalb teilweise durch die Geschichte bestimmt wird. Die Situation vor der Umnutzung wird ebenfalls ausführlich dargestellt in der Vermutung, dass die Umnutzung auch durch die Ausgangslage – beispielsweise durch die rechtlich zulässige Ausnutzung des Areals – wesentlich beeinflusst wird. Auch wenn die Darstellung des Fallbeispiels Warteck sehr umfassend ist, lassen sich anhand des Beispiels nicht sämtliche Herausforderungen zeigen, welche Industriedenkmalumnutzungen stellen können.89 Durch die Wahl eines einzigen Fallbeispiels als Basis für die weitere Forschungsarbeit ergibt sich deshalb zwangsläufig eine Einschränkung des Themas, welche hier zugunsten eines möglichst genauen Verständnisses eines Einzelfalls hingenommen wird.

Die Umnutzung Warteck soll aus dreierlei Hinsicht evaluiert werden, so als würden ein Städtebauer, ein Denkmalpfleger und ein Ökonom unabhängig voneinander die Umnutzung begutachten. Die Beurteilungen werden anhand eines zuvor erarbeiteten Katalogs von Beurteilungskriterien für die drei Disziplinen Städtebau, Denkmalpflege und Ökonomie vorgenommen (deduktives Vorgehen). Die Kriterien werden aufgrund von Literaturrecherchen erarbeitet, basieren aber auch auf Erkenntnissen aus dem Fallbeispiel Warteck und aus diversen Gesprächen.90 Bei den drei Beurteilungen wird der Zustand nach der Umnutzung in Anbetracht der Ausgangslage und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten beurteilt. Nicht Gegenstand der Beurteilungen ist hingegen der Umnutzungsprozess, welcher zur heutigen Situation geführt hat. Das Fallbeispiel Warteck

89 Es gibt auf dem Warteckareal beispielsweise keine chemischen Altlasten, das Areal gehörte bei der Stilllegung nicht mehreren Eigentümern, das Areal befindet sich nicht in ländlichem Gebiet, es wird nicht ein Immobilienentwickler hinzugezogen. Die Liste liesse sich fortsetzen.

90 Interviews mit den an der Warteckumnutzung Beteiligten (Architekt, Denkmalpfleger, Investor, Nutzer etc.), aber auch mit „Spezialisten“, u.a. mit Martin Hofer (Wüst & Partner AG, Zürich), Nicola Halder-Hass (Branded Bricks GmbH, Berlin), Hubert Staroste (Landesdenkmalamt Berlin, Fachbereich Wissensmanagement und Denkmalvermittlung).

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zeigt in anschaulicher Weise, wie sehr der Prozess das Endergebnis mitbestimmen kann. Deshalb soll der Prozess unabhängig von den drei Sichtweisen ebenfalls unter die Lupe genommen werden. Ziel der Beurteilung ist es, Stärken und Schwächen der Umnutzung zu erkennen und darauf basierend die Faktoren zu bestimmen, welche zu einer erfolgreichen Umnutzung geführt haben oder hätten führen können.

Aufgrund der in der Beurteilung der Warteckumnutzung gewonnenen Erkenntnisse werden interessante Themen ausgewählt, welche in der Folge anhand von weiteren Umnutzungsbeispielen vertieft werden. Ziel dieser Diskussion mit Hilfe von zusätzlichen Beispielen ist es, den im Fallbeispiel Warteck vermutlich entscheidenden Faktoren auf den Grund zu gehen, weitere interessante Lösungen zu finden und aufgrund von möglichst wenigen zusätzlichen Beispielen verallgemeinernde Aussagen möglich zu machen (induktive Methode). Als Ausgangspunkt für die Diskussionen dienen jeweils gute, schlechte oder auch fehlende Lösungen bei der Umnutzung Warteck. Die zusätzlichen Fallbeispiele sollen jeweils erfolgreiche Lösungen aufzeigen; schlechte Lösungen werden nur herangezogen, um ihre Tragweite aufzuzeigen. Die Aufarbeitung des Fallbeispiels Warteck hat gezeigt, welcher Aufwand mit einer möglichst vollständigen Aufarbeitung einer Umnutzung verbunden ist. Die zusätzlichen Fallbeispiele werden deshalb nur im Hinblick auf einen bestimmten Ausschnitt betrachtet und dargestellt, soweit es für das Thema notwendig erscheint.91 Bei der Auswahl der Fallbeispiele wurde aber darauf geachtet, dass möglichst viele Parameter mit denen beim Fallbeispiel Warteck identisch sind und dass die Lösungen plausibel erscheinen. Die Auswahl der Vertiefungsthemen erhebt nicht den Anspruch, alle Erfolgsfaktoren einer Industrie-denkmalumnutzung zu beleuchten. Sie beabsichtigt vielmehr, interessante Lösungen aufzuzeigen, welche zukünftigen Umnutzungen als Anregung dienen können.

1.5.2 Auswahl der Fallbeispiele

Die Wahl des Fallbeispiels Warteck ist zu einem grossen Teil zufällig. Die Umnutzung schien auf den ersten Blick interessant zu sein. Und aufgrund des ersten Eindrucks versprach eine nähere Betrachtung für die Städtebaudiskussion, die denkmalpfle-gerischen Überlegungen sowie für die ökonomische Auseinandersetzung lohnend zu sein. Die weiteren Nachforschungen zeigten, dass sich mit diesem Beispiel tatsächlich viele Konflikte, aber auch interessante Lösungen aufzeigen lassen. Mit dem Beispiel Warteck wurde bewusst ein Schweizer Beispiel gewählt, weil Umnutzungen in der Schweiz bisher selten Gegenstand von Untersuchungen waren.92 Ausserdem hat diese Wahl den Vorteil, dass sich andere Umnutzungen in der Schweiz einfacher in der Umnutzungsbeschreibung wiederfinden lassen und dass ihre Konflikte ähnlich sind, weil das rechtliche Umfeld vergleichbar ist.

91 Vgl. Flick zu der Vergleichsstudie: „Bei vergleichenden Studien wird dagegen der Fall nicht in seiner Komplexität und Ganzheit betrachtet, sondern eine Vielzahl von Fällen im Hinblick auf bestimmte Ausschnitte [...]“. (Flick, 2007, S. 254).

92 Siehe auch Kapitel „Stand der Forschung“.

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Als zusätzliche Beispiele wurden das Gundeldinger Feld in Basel (ehemaliges Sulzer Burckhardt-Areal), das Meilenwerk in Berlin (ehemaliges Strassenbahndepot) und die Abspannwerke der Bewag in Berlin (heute Vattenfall) ausgewählt. Die Wahl der zusätzlichen Fallbeispiele erfolgte aufgrund ihrer Bedeutsamkeit für die jeweilige Frage-stellung, nicht aufgrund einer Repräsentativität.93 Dabei ging es darum, durch die Ähnlichkeiten und Unterschiede zum Fallbeispiel Warteck zu verallgemeinernden Aus-sagen zu gelangen.

Bei allen Fallbeispielen wurde darauf geachtet, dass es sich um Umnutzungsprojekte handelt, die den Anspruch erheben, mindestens selbsttragend oder sogar rentabel zu sein, was nicht bedeutet, dass sie es auch tatsächlich sind. Diese Forderung hängt mit dem Ziel der Fragestellung zusammen, nämlich nach Lösungen zu suchen, die Industriedenkmäler in Zukunft unabhängig von staatlicher Unterstützung erhalten können. Damit wurden Projekte ausgeschlossen, die schon von Anfang an darauf zählen, zu einem beachtlichen Teil von Sponsorengeldern oder Subventionen getragen zu werden. Die meisten Museumsnutzungen wurden damit ausgeschlossen. Auch die Nicht-Nutzung eines Industriedenkmals wurde damit praktisch ausgeklammert, wobei nicht ausge-schlossen werden kann, dass in gewissen Fällen – zum Beispiel im Fall von erheblichen Altlasten – die Nicht-Nutzung die ökonomischste Lösung sein könnte.94 Im Weiteren wurde vorausgesetzt, dass die Umnutzungen abgeschlossen sind, so dass auf ein paar Jahre Betrieb nach der Umnutzung zurückgeblickt werden kann. Abgesehen von diesen beiden Kriterien wurden bei der Auswahl keine Einschränkungen gemacht. So wurden Areale von unterschiedlicher Grösse und mit unterschiedlich vielen Bauten (auch Einzelbauten) gewählt. Es wurde auf keinen speziellen Bautyp und auf keine spezielle Industrie fokussiert. Für die zusätzlichen Beispiele wurden Umnutzungen aus Basel und Berlin gewählt. Diese Offenheit lässt sich damit erklären, dass nach möglichst vielen erfolgreichen Lösungen gesucht wurde – eine Einengung hätte eine Einschränkung des Erfahrungsschatzes bedeutet.

Bei der Analyse von sehr unterschiedlichen Fallbeispielen stellt sich allerdings das Problem der Vergleichbarkeit der Beispiele. Es wurden Fallbeispiele ausgewählt, die sich nicht nur in verschiedenen Städten, sondern auch noch in verschiedenen Ländern befinden, an unterschiedlichen Orten in der Stadt liegen, zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt stillgelegt und schliesslich umgenutzt wurden. Damit haben die Umnutzungen unterschiedliche gesetzliche, politische und konjunkturelle Rahmenbedingungen. Aber auch die Areale und Bauten sind unterschiedlich, ihr ursprünglicher Zweck ist verschieden usw. Die Beispiele können deshalb tatsächlich nur bedingt verglichen werden. Um dieser Problematik möglichst gerecht zu werden, wurde darauf geachtet, dass die Diskussion der zusätzlichen Beispiele möglichst auf vergleichbare Punkte reduziert wurde und wichtige Rahmenbedingungen für die jeweiligen Themen so weit wie möglich konstant gehalten wurden. So wurde beispielsweise für die Diskussion des Themas “Finanzierung” mit dem

93 Flick schreibt zur „Gradual selection as a General Principle in Qualitative Research“: „Sampling proceeds according to the relevance of cases instead of their representativeness.“ (Flick, 2006, S. 128).

94 Die Nicht-Nutzung kann auch aus denkmalpflegerischer Sicht in gewissen Fällen durchaus eine Berechtigung haben. Ob sie aus städtebaulicher Sicht Sinn machen kann, wird hier angezweifelt.

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Gundeldinger Feld ein Fallbeispiel gewählt, welches an vergleichbarer Lage in der Stadt Basel liegt, eine etwa gleich grosse Arealfläche aufweist, eine ähnliche neue Nutzung vorsieht und dessen Umnutzungsidee aus derselben Bewegung heraus entstanden ist wie beim Fallbeispiel Warteck. Dabei wurde beispielsweise in Kauf genommen, dass die Stilllegung bei den beiden Umnutzungen zehn Jahre auseinander liegt (1989 und 1999), dass die Umnutzungen mit einem Abstand von neun Jahren fertig gestellt wurden (1996 und 2005), dass es sich beim Warteckareal um ein mehrgeschossiges “Brauerei-schlösschen” und beim Gundeldinger Feld um Hallenbauten der Maschinenindustrie handelt.

In Fachkreisen findet sich häufig die Feststellung, dass die Lage das alles entscheidende Kriterium für erfolgreiche Umnutzungen sei.95 Man könnte deshalb argumentieren, dass bei der Auswahl der Fallbeispiele die Lage entscheidend ist. Tatsächlich belegen Studien, dass die Lage ein wesentliches Entscheidungskriterium für die Standortwahl von Firmen darstellt.96 Die Lage ist massgeblich dafür verantwortlich, wie einfach sich ein Investor oder Nutzer findet und wie einfach sich eine Nutzung betreiben lässt. Allerdings ist die Lage auch kein Garant für einen wirtschaftlichen Erfolg. So scheinen beispielsweise die neuen Nutzungen im Puls 5 in guter Lage in Zürich nicht besonders gut frequentiert zu sein, das Beispiel dürfte aus wirtschaftlicher Sicht kaum besonders erfolgreich sein. Ist ein Umnutzungsbeispiel aber aufgrund seiner Lage aus wirtschaftlicher Sicht erfolgreich, bedeutet dies noch nicht, dass es auch aus denkmalpflegerischer und städtebaulicher Sicht überzeugt. Ganz im Gegenteil kann ein sehr begehrtes Areal einer hohen Spekulation ausgesetzt sein und Erhaltungsbe-strebungen damit erschweren. Für eine Untersuchung aus dreierlei Hinsicht, wie sie hier vorgenommen werden soll, scheint deshalb die Lage bei der Wahl der Fallbeispiele nicht der alles entscheidende Faktor zu sein. Es sei weiter angemerkt, dass die Lage zwar grundsätzlich nicht veränderbar ist (Immobilien sind wie das Wort sagt “immobil“), dass aber gerade Umnutzungen die Lageverhältnisse auch verändern können. Als Beispiel sei hier die Ansiedlung von Universal am Osthafen in Berlin genannt. Das Unternehmen liess sich an einem damals unattraktiven Ort nieder, weil es hier von der vorhandenen Subkultur profitieren konnte. Die Umnutzung des Eierkühlhauses durch Universal zog eine ganze Reihe von weiteren

95 Siehe zum Beispiel: “Betrachtet man erfolgreich umgenutzte Industrieanlagen, fällt sofort ins Auge, dass sie meist im Zentrum dicht besiedelter Regionen oder Städte liegen: Industrielle Anlagen innerhalb größerer Ballungszentren lassen sich anscheinend vergleichsweise unkompliziert umbauen und erfolgreich vermarkten, während die Nachnutzungserfolge in dünn besiedelten Räumen bisher überschau-bar geblieben sind.” “Standorte in peripheren Industrieregionen weisen dann Entwicklungspotenziale auf, wenn sie vergleichsweise zentral, unmittelbar an wichtigen Verkehrswegen und im Umfeld grösserer Städte liegen.” (Institut für neue Industriekultur INIK (Hrsg.), 2007, S. 36). Auch: “Unverändert ist die Lage primärer Faktor jeder Projektentwicklung. Ohne Nähe zum Markt, ohne Infrastruktur und ohne Möglichkeit zur Adressbildung hat ein Grundstück keine Entwicklungschance.” (Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Hrsg.), 2005, S. 45). Oder: “Je nach Industriezweig sind die Nachnutzungspotenziale natürlich unterschiedlich, häufig entscheidet jedoch vor allem die Lage über die weitere Verwendung […].” (Hassler und Kohler, 2004, S. 251).

96 Z.B. Denkmalstudie Berlin: 80% der befragten Nutzer bestätigten “die alte Immobilienweisheit ‘Lage, Lage, Lage’ als wesentliches Entscheidungskriterium für ihre Standortwahl”. (Halder-Hass, Haspel und Lorenz (Hrsg.), 2002, S. 92).

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Umnutzungen im Medien-Bereich nach sich. Die Standortattraktivität hat sich durch die Ankernutzung Universal stark verbessert. Auch wenn solche Effekte eher die Ausnahme bleiben, zeigt das Beispiel doch, dass die Lage nicht so unveränderlich ist, wie sie scheint, und dass deshalb die Lage einer Industriebrache vor der Umnutzung nicht abschliessend über den Erfolg einer Umnutzung entscheiden kann. Im Übrigen liegt, wie bereits im Kapitel „Fragestellung“ dargelegt, der Fokus dieser Arbeit auf Erfolgsfaktoren, auf welche Einfluss genommen werden kann. Weil die Lage (vor der Umnutzung) als gegeben angesehen werden muss, gehört sie nicht zu den in dieser Arbeit untersuchten Erfolgsfaktoren. Es sollen durch die vorliegende Untersuchung vielmehr Erkenntnisse gewonnen werden, die auf zukünftige Umnutzungen übertragen werden können. Aus diesen Gründen scheint es durchaus vertretbar zu sein, dass die ausgewählten Fallbeispiele unterschiedliche Lagen aufweisen.

Bei den ausgewählten Fallbeispielen handelt es sich durchwegs um bekannte Umnutzungen. Bei der Wahl von bekannten Fallbeispielen ist die Vergleichbarkeit mit anderen Beispielen nicht unbedingt gegeben, wie Hassler und Kohler zu bedenken geben: “Die direkte Verallgemeinerung der Einzelfallstudien, die ja in aller Regel von vergleichsweise prominenten Überlebenden ausgehen, erscheint riskant.”97 Weil aber Bekanntheit, Beliebtheit und Begehrtheit kein Garant für erfolgreiche Umnutzungen aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht sind, im Gegenteil in manchen Fällen sogar hinderlich sein können, scheint die Wahl von bekannten Beispielen für diese Untersuchung akzeptabel zu sein.

1.5.3 Quellen

QUELLEN FALLBEISPIEL WARTECK

Um über die Umnutzung Warteck ein möglichst umfassendes Bild zu bekommen, wurden alle der Autorin bekannten und zugänglichen Quellen gesichtet.

Für die Aufarbeitung der Baugeschichte erwiesen sich insbesondere die vielen Baueingabepläne als wertvoll.98 Weil sehr oft umgebaut, angebaut, abgerissen und neugebaut wurde, sind oft mehrere Baueingaben pro Jahr zu verzeichnen. Problematisch war die partielle Lückenhaftigkeit, welche eine genaue Bauchronologie und Unterschei-dung zwischen blossem Entwurf und Ausführung erschwerte. Historische Luftaufnahmen

97 Hassler und Kohler, 2004, S. 47. 98 Historische Pläne: Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Adressen Burgweg 7-15,

Grenzacherstrasse 60-68, Alemannengasse 51, Fischerweg 2,10,7,9; Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Adressen Burgweg 7, Fischerweg 9, Fischerweg 7/11, Alemannengasse 57-97, Grenzacherstrasse 60-72, Grenzacherstrasse 60-64; Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt; Privatarchiv des Schweizerischen Wirtschaftsarchivs im Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum der Universität Basel, Basel, Akten zu Suter & Suter; Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp.

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konnten zum Teil die offenen Fragen klären.99 Die Geschäftsberichte der Brauerei Warteck sowie eine Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum ermöglichten es, die Bautätig-keit mit der Firmengeschichte zusammenzuführen.100

Für das Verständnis der Ausgangslage aus rechtlicher Sicht waren der Zonenplan des Kantons Basel-Stadt, das Planungs- und Baugesetz sowie das Denkmalschutzgesetz die wichtigsten Quellen. Für das Verständnis der vorhandenen Bausubstanz waren Baube-schreibungen und Nachforschungen der Denkmalpflege des Kantons Basel-Stadt zu den von ihr als denkmalwert eingestuften Bauten wertvoll. Da die Analyse ex post erfolgt, ist keine unabhängige Einschätzung der Bausubstanz mehr möglich. Insbesondere der Zustand der abgerissenen Wohnbauten und des Magazin- und Gärkellergebäudes kann im Nachhinein nicht mehr objektiv eingeschätzt werden. Was bleibt, sind die je nach Absicht divergierenden, schriftlich festgehaltenen Meinungen der verschiedenen Exponenten, zum Beispiel der Bauherrschaft und der Mitarbeiter der Basler Denkmal-pflege und die Aussagen, die in Gesprächen gemacht wurden.101 Auch bei den wenigen vorhandenen Fotos zum Zustand muss davon ausgegangen werden, dass sie jeweils in einer bestimmten Absicht gemacht wurden.

Für die Aufzeichnung der Umnutzungsgeschichte waren die Pläne der verschiedenen architektonischen Entwürfe, die Baueingabepläne (auch Abrissanträge) und die Ver-marktungsbroschüren aufschlussreich. Für das Verständnis des Planungsprozesses und die Hintergründe (insbesondere der Meinungen der Beteiligten) waren vor allem die Akten zum Bauprozess hilfreich: Sitzungsprotokolle, Briefwechsel, Einsprachen, Kosten-schätzungen, Abstimmungsunterlagen. Auch die vielen Zeitungsartikel waren wertvolle Quellen, weil sie in der Regel etwa die Meinung der Öffentlichkeit wiedergeben, die sonst hinterher kaum zu fassen ist. Allerdings blieben viele Fragen offen, welche zu einem grossen Teil in Gesprächen mit den am Umnutzungsprozess Beteiligten beantwortet werden konnten.102 Es handelt sich dabei weniger um Interviews im Sinne der qualitativen Sozialforschung, sondern um Gespräche, die der Verifikation von Inhalten aus dem Aktenstudium und der Beschaffung zusätzlicher Informationen dienten.

99 Luftaufnahmen: Archiv der Warteck Invest AG, Archiv der Denkmalpflege des Kantons Basel-Stadt, Fotos in Zeitungsartikeln und Broschüren der Brauerei Warteck.

100 Geschäftsberichte der Brauerei Warteck ab 1889 (damals Aktiengesellschaft Bierbrauerei zum Warteck B. Füglistaller Nachfolger): Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel; Festschrift: Wanner, 1956 (A).

101 Gespräch mit Markus Schmid, Basler Denkmalpflege, Basel, 31.10.2005; Gespräch mit Emanuel Girot, ehem. techn. Leiter der Brauerei Warteck (1963-1988), Basel, 14.3.2008; Gespräch mit Daniel Breton, Leiter Gebäudemanagement, Warteck Invest AG, Basel, 3.10.2006.

102 Projekte und Baueingabepläne, Sitzungsprotokolle, Briefwechsel, Kostenschätzungen, Abstimmungsunterlagen: Archiv der Warteck Invest AG, Archiv der Basler Denkmalpflege, Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Adressen Burgweg 7, Fischerweg 9, Fischerweg 7/11, Alemannengasse 57-97, Grenzacherstrasse 60-72, Grenzacherstrasse 60-64; Gespräche: Markus Schmid (Basler Denkmalpflege), Roger Diener (Diener & Diener Architekten), Daniel Breton (Leiter Gebäudemanagement, Warteck Invest AG), René Brigger, (Geschäftsführer und Sekretär Stiftung Kulturraum Warteck), Florian Dammeyer (Nutzer Werkraum Warteck pp, Druckwerkstatt), Kiki Lutz (Sekretariat Werkraum Warteck pp), Emanuel Girod (ehem. techn. Leiter der Brauerei Warteck).

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Für die Aufarbeitung des Verlaufs nach der Umnutzung waren vor allem die Bauein-gabepläne für die diversen kleineren Umbauten hilfreich, die verschiedenen Entwürfe für die sich noch in Planung befindlichen Umbauten und die verschiedensten Akten des Vereins Werkraum Warteck pp, insbesondere die Sitzungsprotokolle und die Internetseite des Vereins Werkraum Warteck pp.103

Für die Beurteilung aus ökonomischer Sicht wurden die Geschäftsberichte und Bau-kostenzusammenstellungen des Vereins Werkraum Warteck pp und der Stiftung Kulturraum Warteck studiert sowie der Ratschlag an den Grossen Rat für Beschlüsse bezüglich Zonenplanänderung, Lärmempfindlichkeitsstufe und spezieller Bauvor-schriften.104 Offene Fragen wurden, soweit es möglich war, durch Gespräche mit den Sachverständigen geklärt.105

Schliesslich soll noch angemerkt werden, dass die Autorin das Areal in der Zeit zwischen 2003-2009 mehrfach besucht und fotografiert hat. Die dabei gewonnenen Eindrücke, Erkenntnisse und Bilder flossen in die Darstellung und Beurteilung des Fallbeispiels ein.

QUELLEN ZUSÄTZLICHE FALLBEISPIELE

Die drei zusätzlichen Umnutzungsbeispiele werden nur zu bestimmten, ausgewählten Themen beleuchtet. Deshalb wurden auch die Quellen in Abhängigkeit vom jeweiligen Thema gewählt. Zu den Beispielen gibt es – anders als im Fall Warteck – bereits Sekundärliteratur, welche hier verwendet werden konnte. Die Autorin hat die umgenutzten Industriedenkmäler besucht, fotografiert und die gewonnenen Eindrücke zum Teil protokollarisch festgehalten.

Bei der Umnutzung Meilenwerk in Berlin interessierte vor allem die neue Nutzung und ihr Marketing. Als Quellen dienten die Nutzungskonzepte, Presseinformationen, Werbe-material und die Website. Besonders aufschlussreich waren die Gespräche mit Nicola Halder-Hass (Initiantin und Denkmalpflegerin) und mit Hubert Staroste (Landes-denkmalamt Berlin). Diese Quellen halfen, Nutzung und Marketing zu verstehen und zu beurteilen. Das Studium der Zeitungsartikel zum Meilenwerk war interessant, weil es zeigte, wie das Meilenwerk in der Bevölkerung aufgenommen und verstanden wurde.

Bei der Umnutzung Gundeldinger Feld in Basel interessierten die Themen “Investor”, “Ausbaustandard und Investitionsgrad” und “Finanzierung”. Zu den wichtigsten Quellen zählen hier das Umnutzungskonzept, die Geschäftsberichte, die Publikation Gundeldinger

103 Baueingabepläne: Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Adresse Burgweg 7; Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp; Archiv der Warteck Invest AG.

104 Geschäftsberichte (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp); Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), Ratschlag betreffend Änderung der Zonenzuweisung, Festsetzung eines Überbauungsplans und Erlass spezieller Bauvorschriften für das Areal zwischen Grenzacherstrasse, Fischerweg, Alemannengasse und Burgweg (ehemalige Brauerei Warteck) sowie Genehmigung der Zuordnung der Lärmempfindlichkeitsstufe, 20.4.1993.

105 Insbesondere Gespräch mit Daniel Breton (Leiter Gebäudemanagement, Warteck Invest AG, Basel, 3.10.2006).

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Feld, vom Traum zum Raum. Anleitung zur Umnutzung und vor allem das Gespräch mit Eric Honegger von der Kantensprung AG (Initiant und Betreiber).106

Anhand der Umnutzung der Abspannwerke der Bewag in Berlin werden die Themen “Planungssicherheit”, “Standortattraktivität” und “Rolle des Architekten” diskutiert. Auch hier gilt, dass die Gespräche mit Andreas Dierkes (Leiter Immobilienverwaltung, Vattenfall), und Christina Keseberg (Vattenfall), Paul Kahlfeldt (Kahlfeldt Architekten) und Hubert Staroste (Landesdenkmalamt Berlin) wohl die interessantesten Quellen darstellen. Äusserst hilfreich waren auch die Publikation von Paul Kahlfeldt zu den Müller-Bauten, die Dissertation von Hans Achim Grube, welche insbesondere die erfolgreiche Zusammen-arbeit mit der Denkmalpflege darstellt, und die Publikationen der Bewag, die für die Suche nach Investoren oder im Zusammenhang mit Wettbewerben entstanden.

Die Problematik von teilweise fehlenden Informationen und subjektiven Quellen hätte vermieden werden können, wenn nicht abgeschlossene Umnutzungen gewählt worden wären, sondern Industriedenkmäler während der Umnutzungszeit begleitet worden wären. Allerdings hat sich während der Arbeit gezeigt, dass der Zugang zu Informationen über laufende Umnutzungsprozesse aus politischen Gründen äusserst schwierig sein kann.107 Alle im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Gespräche waren sehr informativ und wertvoll, die Gesprächspartner sehr offen. Dieser Umstand ist bestimmt darauf zurückzuführen, dass die ausgewählten Fälle abgeschlossen sind. Es zeigt aber auch das grosse Interesse an einer wissenschaftlichen Untersuchung von Umnutzungen.

1.5.4 Beurteilungskriterien

1.5.4.1 Städtebauliche Beurteilungskriterien In diesem Kapitel soll erläutert werden, wie die städtebaulichen Eigenschaften von umgenutzten Industriearealen und ihre Veränderung gegenüber der ursprünglichen Situation analysiert und nach welchen Kriterien sie bewertet werden sollen.

ASPEKTE DER UNTERSUCHUNG

Wie bereits im Kapitel „Begriffsbestimmungen“ erläutert, wird hier „Städtebau“ als räumlich-gestalterischer Entwurf verstanden. Der Fokus soll deshalb bei der städtebaulichen Beurteilung auf dem räumlich-gestalterischen Entwurf liegen, Planungs-prozesse werden in einem eigenen Kapitel diskutiert (siehe Kapitel „Der Prozess“). Andere Dimensionen des Städtebaus als die baulich-räumliche, zum Beispiel die politische, die ökonomische, die funktionale und die technische Dimension sollen hier bewusst ausser Acht gelassen werden. Der soziologische Aspekt wird dort eine Rolle

106 Grau, Pascale und Matthias Scheurer (Hrsg.), Gundeldinger Feld, vom Traum zum Raum. Anleitung zur Umnutzung, Basel: Christoph Merian, 2005.

107 So wurde beispielsweise ein Interview zu einer geplanten Umnutzung einer Brauerei in Berlin ganz kurzfristig und unbegründet abgesagt.

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spielen, wo es um städtebauliche Qualitäten und die Auswirkungen auf die Menschen geht. Der ökonomische Aspekt der Umnutzung wird in einem eigenen Kapitel diskutiert („Ökonomische Beurteilung“).

Um der Vielschichtigkeit einer städtebaulichen Lösung gerecht zu werden, sollen Umnutzungsentwürfe nach verschiedenen Gesichtspunkten „zerlegt“ betrachtet werden.108 Untersucht werden sollen verschiedene städtebauliche Eigenschaften wie Typologie und Morphologie sowie die Anordnung und die Beziehung von Bauten und Freiräumen untereinander. Dafür soll der städtebauliche Entwurf aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden: Die Vogelperspektive (oder der Plan) ermöglicht es, Strukturen wie zum Beispiel Verkehrswege und Baublöcke zu erkennen, die Perspektive des Menschen mitten im städtischen Gefüge hingegen offenbart räumlich-bauliche Phänomene wie zum Beispiel Sichtbezüge und lässt dabei subjektive Empfindungen zu.109

Bei der Untersuchung einer Umnutzung interessiert nicht nur das Resultat des Eingriffs, sondern es geht auch um die Veränderung. Deshalb sollen sowohl die ursprüngliche Situation (vorher) als auch die neue städtebauliche Lösung (nachher) analysiert werden, beziehungsweise die Unterschiede und die Parallelen, die Kontinuitäten und Brüche erkannt und diskutiert werden.

STÄDTEBAULICHE QUALITÄTEN

Soll eine Beurteilung eines städtebaulichen Eingriffs vorgenommen werden, so gilt es, zuerst sehr grundlegende Fragen zu beantworten, nämlich welche Qualitäten eine Stadt aufweisen sollte, und was der städtebauliche Entwurf demnach leisten müsste.

Eine Stadt ist ein Lebensraum, welcher dem Individuum eine möglichst hohe Lebensqualität ermöglichen, also sowohl physische als auch psychische Bedürfnisse optimal erfüllen sollte. Für die Gemeinschaft sollte sie ein optimales Zusammenleben ermöglichen, welches Verhalten wie zum Beispiel Solidarität, Toleranz, Integration, aber auch Lebensfreude nachhaltig fördert.110 Aufgabe des Städtebaus ist es demnach, eine Umwelt zu gestalten, welche das Wohlbefinden der Menschen fördert.

Zufriedenheit (oder Unzufriedenheit) mit dem eigenen Lebensraum drückt sich aus in der Art der Ortsbindung eines Menschen, in der Stärke von Heimatgefühlen. Ciceros Bemer-

108 Diese Vorgehensweise ist ähnlich der von Streich beschriebenen „Schichtenanalyse“, eine Untersuchungsmethode, „bei der das städtebauliche Raumgefüge als ein quasi aus Schichten zusammengesetztes Ganzes verstanden wird“. (Streich, 2005, S. 308).

109 Vgl. auch Struktur und Gestalt der Stadt bei Streich: Streich unterscheidet zwischen der Struktur und der Gestalt einer Stadt, wobei die Perspektive ganz unterschiedlich ist: Strukturen (baulich-räumliche Strukturen, Nutzungsstrukturen, Wirtschaftsstrukturen und Sozialstrukturen) lassen sich durch eine Sicht aus der Luft grösstenteils erkennen. Bei der Stadtgestalt geht es dagegen „um die dreidimensionalen, räumlichen Formen von städtebaulichen Situationen mit den Wirkungen, die diese Gestaltungsmuster auf Wahrnehmungsorgane und subjektive Empfindungen des Menschen ausüben“. (Streich, 2005, S. 218, 289-290).

110 Vgl. Probleme der Verstädterung gemäss Lampugnani in Magnago Lampugnani und Noell (Hrsg.), 2007, S. 8.

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kung „patria est, ubicumque est bene“ (lat. „Heimat ist, wo immer es gut ist“) fasst diesen Umstand treffend zusammen. Für Reuber liegt „Ortsbindung [...] vor, wenn eine Person ihren Wohnsitz freiwillig an einem Ort behalten möchte [...].“111 Für eine Ortsbindung kann es verschiedene Gründe geben. Gemäss Reuber gibt es vier verschiedene Bindungs-arten, die sich in ihrem Ursprung und in ihrer Intensität unterscheiden: Die „rationale Ortsbindung“ beruht auf rationalen Überlegungen (zum Beispiel Lagevorteile), die „soziale Ortsbindung“ fusst auf sozialen Kontakten. Bei der „emotionalen Ortsbindung“ muss bereits ein starker Bezug zwischen Mensch und Lebenswelt vorhanden sein, physiognomisch-ästhetische, funktionale, symbolische und soziale Ausstattungsmerkmale des Raums müssen mit seinen Ansprüchen übereinstimmen. Die stärkste Form der Ortsbindung ist gemäss Reuber die „lokale Identifikation“, bei welcher sich ein Mensch mit dem Ort identifiziert, das heisst sich mit dem Raum gleichsetzt. Eine solche Bindung hält Reuber für selten und fast nur möglich, wenn die „Kindheimat“ mit dem Wohnort übereinstimmt.112

Identifikation und Identität sind Begriffe, welche im Zusammenhang mit Raumgestaltung immer wieder verwendet werden. „Identität“ wird wie ein „Zauberwort“ gebraucht, um unterschiedlichste Inhalte zu transportieren: Einmal haben die Städte Identitäten, dann ihre Bewohner, dann Stadtteile, Städtenetze, Regionen...113 Brandl hält „Identität“ für einen sehr schwierigen Begriff: Er suggeriere, ein statischer Zustand zu sein, dabei handle es sich um einen höcht dynamischen, individuellen und kollektiven Auseinander-setzungs- und Aneignungsprozess. Weiter könne „Identität“ nicht einfach durch Städtebau und Architektur hergestellt werden, indem zum Beispiel ein markantes Gebäude entworfen wird, sondern es brauche einen menschlichen Prozess. Und schliesslich werde mit „Identität des Raums“ oder „Stadtidentität“ der Raum personifiziert, dabei beschreibe Identität aber einen ausschliesslich menschlichen Prozess der Selbstvergewisserung. Brandl hält daher den Begriff „Identifikation“ für geeigneter.114 Graumann unterscheidet drei Identifikationsprozesse115: 1. „Etwas identifizieren“ („identifying one’s environment“). Dabei geht es um die Erkennung, um die Wiedererkennung (auch wenn sich das Erscheinungsbild geändert hat), um Zuordnung, um Klassifizierung. 2. „Identifiziert werden“ („being identified by one’s environment“). Damit ist die eigene Wahrnehmung durch die Umwelt gemeint, bei welcher ich durch andere erkannt und eingeordnet werde. 3. „Sich selbst identifizieren mit etwas“ („identifying with one’s environment“). Personen und Dinge werden dabei durch einen Aneignungsprozess Teil der menschlichen Identität.116 Graumann glaubt, dass es keine Identität gibt, die nicht auch ortsbezogen ist: “Ultimately, there is no social identity which is not also place-related [...] and thing-related

111 Reuber, 1993, S. 6. 112 Reuber, 1993, S. 120. 113 Weichhart, 2004, S. 130. 114 Brandl, 2007 (A), S. 36-37. 115 Graumanns Definition von drei Prozessen wurde in der Literatur zu „Identität“ und „Identifikation“ immer

wieder aufgenommen und vielfach zitiert, z.B. bei Weichhart, 1990 und 2004. 116 Graumann, 1983, S. 309-314.

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[...].“117 Raumgestaltung und damit auch Städtebau können also durchaus einen Einfluss haben auf die Identifikation von und mit Orten.118

Warum scheint uns die Identifikation von und mit einem Ort ein so zentrales Anliegen der Raumgestaltung zu sein? Die Identifikation von Orten erzeugt Sicherheit, Konstanz und Vorhersehbarkeit durch psychische Reduktion von Komplexität in der Wahrnehmung und Wertung der Umwelt und kann auch zu Erlebnissen oder Handlungen anregen, sich also stimulierend auswirken.119 Bei der Identifikation mit einem Ort geht es letztlich nicht um weniger als um das Glück der Menschen.120

STÄDTEBAULICHE BEURTEILUNGSKRITERIEN

Die hier vorgeschlagene städtebauliche Beurteilung geht davon aus, dass die Identifikationsmöglichkeit mit einem Ort, die „Heimatfähigkeit“121 eines Stadtteils durch gewisse Eigenschaften begünstigt wird. Auch Reuber versteht den Raum als Summe von „physiognomisch-ästhetischen, funktionalen, sozialen und symbolischen ‚Ausstattungs-merkmalen’ eines Areals“, welche aus Sicht der Bindungsansprüche der Menschen als Potenziale verstanden werden.122 Das physiognomisch-ästhetische Potenzial eines Ortes wird gemäss Reuber durch den Grad an Überschaubarkeit, Vielfalt, Homogenität, Unverwechselbarkeit, durch die Klarheit von Grenzen, Lage und Vertrautheit bestimmt. Das funktionale Potenzial hält er von untergeordneter Bedeutung: Es ergibt sich durch die Ausstattung des Raums mit Einrichtungen zur Befriedigung der Daseinsfunktionen. Das soziale Potenzial, die Verankerung des Individuums im sozialen Kontext, hält Reuber dagegen für den wichtigsten Faktor für die Ortsbindung. Das symbolische Bin-dungspotenzial schliesslich entsteht durch die Bedeutung der Raumelemente, an welche Erinnerungen gebunden sind.123 Vereinfacht könnte man demnach auch sagen, dass ein Ort vor allem möglichst verständlich sein sollte, dass er die Vernetzung der Menschen begünstigen und Erinnerungen ermöglichen sollte. In Anlehnung an den Potenzial-gedanken von Reuber soll das Umnutzungsfallbeispiel deshalb in dreierlei Hinsicht geprüft werden, wobei jede ein Potenzial oder sogar eine Bedingung für die Identifikation

117 Graumann, 1983, S. 314. Graumann bezieht sich dabei auf Proshansky, 1978: „By ‚place-identity’ we mean those dimensions of self that define the individual’s personal identity in relation to the physical environment by means of a complex pattern of conscious and unconscious ideas, beliefs, preferences, feelings, values, goals, and behavioral tendencies and skills relevant to this environment.“ (Proshansky, 1978, S. 155).

118 Vgl. Brandl, 2007 (A), S. 38. Brandl zum Unterschied zwischen Raum und Ort: Der Raum ist als solches nicht wahrnehmbar, sondern kann lediglich eine Abstraktionsleistung darstellen. Raum kann aber als „System von Orten“ verstanden werden; Brandl bezieht sich dafür auf Norberg-Schulz, 1982, S. 22.

119 Weichhart, 1990, S. 35 und 37. Auch bei Lynch findet sich die Meinung, dass ein charakteristisches und leicht ablesbares Milieu Sicherheit bietet und ausserdem das menschliche Erleben vertieft und intensiviert. (Lynch, 2001, S. 14).

120 Vgl. Hauser: „Das meint eine existenzielle Identifikation mit einem Gegenstand, einem Ort, einer Landschaft – eine Form des Glücks und zwar des Glücks der Anschauung des von der Umgebung eröffneten und der von ihr gewährten Gefühle.“ (Hauser, 2003, S. 120).

121 “Heimatfähigkeit“: siehe Reuber, 1993, S. V. 122 Reuber, 1993, S. 16. 123 Reuber, 1993, S. 110/120.

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mit einem Ort darstellt: 1. Raumverständnis, 2. Vernetzung und 3. Erinnerungs-möglichkeit.

Mit der Konzentration auf diese drei Fragestellungen werden andere Ziele des Städtebaus vernachlässigt, was auf keinen Fall bedeutet, dass sie den dreien untergeordnet wären.124 Sie werden hier bewusst weggelassen, um einerseits die Komplexität zu reduzieren, anderseits aber vor allem auch, weil hier besondere Aspekte des Spezialfalls Industriedenkmalumnutzung betrachtet werden sollen. Die Aufnahme eines oft lange Zeit für die Öffentlichkeit geschlossenen, funktional und architektonisch eigenständigen Stadtteils in die Stadt stellt für den Städtebau eine besondere Herausforderung dar. Die sich durch diese spezielle Aufgabe ergebenden Probleme – Aufgabe des bestehenden Ordnungssystems, fehlende Verbindung zur Stadt, Infragestellung der bestehenden Bausubstanz – interessieren an dieser Stelle mehr als andere Aufgaben des Städtebaus, wie zum Beispiel die Sicherstellung von Hygiene, welche sich bei jedem städtebaulichen Entwurf stellen.

1. Raumverständnis

Unter Raumverständnis wird hier die Leichtigkeit verstanden, mit welcher ein Raum wahrgenommen, erkannt, gedeutet und eingeordnet werden kann. Raumverständnis unterstützt die Orientierung im bekannten Raum und lässt auch Schlüsse auf Unbekanntes zu. Mit der Wahl des Wortes „Verständnis“ wird hier bewusst an den Prozess „identifying one’s environment“ angeknüpft, wo es gemäss Graumann um ein „understanding of our world“ geht.125 Das hier beschriebene Raumverständnis kommt dem oben beschriebenen physiognomisch-ästhetischen Potenzial bei Reuber sehr nahe, wo es um Überschaubarkeit, Klarheit, Vertrautheit geht.126 Kevin Lynch beschreibt, was geschehen kann, wenn man sich nicht orientieren kann: „Allein schon das Wort „verirrt“ („lost“= verloren) bedeutet in unserer Sprache mehr als nur geographische Unsicherheit; in ihm schwingen Obertöne, die absolutes Entsetzen ausdrücken.“127 Verirrtsein sieht Lynch als Gegensatz zum „Heimat-Gefühl“. Gute Orientierung ist also für Lynch Voraussetzung für die Entwicklung von heimatlichen Gefühlen. Gemäss Lynch beruht Orientierung auf der folgerichtigen Anwendung und Organisation von der Aussenwelt angehörigen „Sinneshilfsmitteln“. Solche „Sinneshilfsmittel“ seien Wege, Grenzlinien, Bereiche, Brennpunkte, und Merkzeichen. Unter „Ablesbarkeit“ versteht er die Leichtig-keit, mit welcher die einzelnen Teile erkannt und zu einem zusammenhängenden Muster

124 Insbesondere die funktionalen Ziele kommen hier zu kurz. Gemäss Reuber sind diese Aspekte für die Ortsbindung allerdings nicht von grosser Bedeutung. Deshalb wurde hier entschieden, nicht weiter darauf einzugehen.

125 Graumann, 1983, S. 309. 126 Auch Brandl, Barman-Krämer und Unruh glauben, dass Lesbarkeit, Orientierung und Signifikanz

Voraussetzung für die Initierung von Identitätsbildungsprozessen sind und deshalb Ziel der Städtebaudisziplin sein sollten. (Brandl, Barman-Krämer und Unruh, 2007, S. 59). Lesbarkeit, Orientierung und Signifikanz werden dort zusammen genannt, hier werden die Begriffe hierarchisiert.

127 Lynch, 2001, S. 13.

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aneinandergefügt werden können.128 Die von Lynch vorgeschlagenen fünf „Sinnes-hilfsmittel“ sollen hier kurz beschrieben werden. Die Begriffe werden in der Folge auch in diesem Sinne benützt.

Wege sind Kanäle, durch die man sich bewegen kann; es kann sich zum Beispiel um Straßen, Spazierwege, Verbindungswege, Wasserwege, Eisenbahnen handeln. Grenzlinien oder Ränder sind dagegen Linearelemente, die vom Beobachter nicht als Wege benutzt oder gewertet werden, wie zum Beispiel Küsten, Eisenbahnstrecken, Baugebietsränder oder Mauern. Es kann sich um mehr oder weniger überwindbare Schranken handeln oder um Nähte, die zwei Gebiete aneinanderfügen. Bereiche sind mittlere bis grosse Abschnitte einer Stadt, zweidimensionale Gebiete, in die der Beobachter „hineingeht“ und die einen individuellen Charakter aufweisen. Sie können auch von aussen als Referenz benutzt werden, wenn sie von ausserhalb erkennbar sind. Brennpunkte sind strategische Punkte einer Stadt, intensiv genutzte Zentralpunkte. Es kann sich zum Beispiel um Kreuzungen oder Treffpunkte von Strassen handeln oder um Orte mit verdichteter Nutzung. Die wesentlichen Eigenschaften eines Merk- und Wahrzeichens sind gemäss Lynch Einmaligkeit und Kontrast gegenüber Umgebung oder Hintergrund, wodurch besondere Aufmerksamkeit erzwungen wird. Ein Merkzeichen kann zum Beispiel ein Turm über niedrigeren Dächern sein, eine helle Oberfläche in einer düsteren Strasse oder ein Vorsprung in einer sonst ungebrochenen Fassade.129 Merk- und Wahrzeichen haben gemäss Lynch zwei Bedeutungsebenen: eine visuelle und eine symbolische.130 Den Zeichen wird eine Bedeutung zugewiesen, wodurch ein einzigartiger Ort entsteht.

Ein gutes Raumverständnis kann durch verschiedene raumgestaltende Massnahmen erreicht werden. Lynch schlägt eine Liste von Möglichkeiten vor, wie mit den einzelnen Elementen umgegangen werden kann: Einmaligkeit, Klarheit in der Form, Kontinuität, Dominanz, Klarheit der Verbindungsglieder und Richtungsdifferenzierung, Umfang des Sichtbereichs, Bewegungsbewusstsein, zeitliche Reihenfolge, Namen und Bedeutun-gen.131 Auch wenn ein anderes Vokabular gebraucht wird, kommt Brandl den Gedanken von Lynch sehr nahe, indem sie glaubt, dass gute Lesbarkeit zum Beispiel durch die Verdeutlichung von Grenzen (punktuelle, lineare Verdeutlichung von Grenzen, Ränder), durch Schaffung von Kohärenz (typologische, morphologische Homogenität, Komple-mentarität) und durch Fassung und Hierarchisierung des öffentlichen Raums entstehen kann.132 Die hier vorgeschlagene Beurteilung basiert auf dem Hintergrund von Lynchs Erkenntnissen zu den „Sinneshilfsmitteln“ und deren Einsatzmöglichkeit und Ausge-staltung beziehungsweise auf den Vorschlägen von Brandl hinsichtlich einer guten Lesbarkeit des städtischen Raums.

128 Lynch, 2001, S. 12-14 und 18. 129 Zu den “Sinneshilfsmitteln” bei Lynch siehe: Lynch, 2001, S. 60-62 und 120. 130 Lynch, 2001, S. 100. 131 Lynch, 2001, S. 125-129. 132 Brandl, 2007 (B), S. 92/93 und 96-99.

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Bei Umnutzungen von Industriearealen werden Veränderungen auf verschiedensten Ebenen vorgenommen: Bestehende Strukturen wie Verkehrswege und Gebäude erhalten beispielsweise neue Funktionen, Gebäude werden abgerissen oder stehen als Relikte da. Das alte Ordnungssystem fällt auseinander, alte Merkzeichen verschwinden oder werden in einen neuen Kontext gesetzt. Relikte können neue Merkzeichen sein. Bei all diesen Veränderungen ist es deshalb eine wichtige Aufgabe des städtebaulichen Entwurfs, wieder ein Raumverständnis zu schaffen.

Abb. 1.1: Stadtstruktur ohne markante Merkzeichen: Athen. Abb. 1.2: Konkurrierende Merkzeichen: New York.

2. Vernetzung

Eine Vernetzung ist das Zusammenführen von bislang isolierten Eigenschaften und Potenzialen von Objekten, Orten, Gebieten oder Akteuren. Durch Vernetzung können Eigenschaften ergänzt und Potenziale genutzt und verstärkt werden.133 Vernetzungen können materieller oder immaterieller Art sein. Brandl unterscheidet zwischen der räumlichen, der funktionalen und der infrastrukturellen Vernetzung: Räumliche Vernetzung entsteht durch wahrnehmbare Ähnlichkeit und Kontinuität, welche sich beispielsweise durch eine optisch ähnliche Gestaltung von Oberflächen ergeben kann. Funktionale Vernetzung entsteht, wenn Infrastruktur-, Versorgungs-, Freizeit- oder Dienstleistungseinrichtungen innerhalb eines definierten Gebietes räumlich so angeordnet werden, dass sie sich untereinander ergänzen und für die verschiedenen Teile des Gebietes relativ gleichmässig erreichbar sind. Infrastrukturelle Vernetzung meint die Verknüpfung von Gebäuden, Orten, Funktionen im Stadtraum durch Verkehrswege.134 Funktionale und infrastrukturelle Vernetzung ermöglichen oder erleichtern die Kommunikation, das heisst eine soziale Vernetzung. Diese soziale Vernetzung wiederum ist Grundlage für das von Reuber angesprochene wichtigste Ortsbindungspotenzial, das soziale Potenzial. Kommunikation ist für Identitätsprozesse von herausragender Bedeu-

133 Vgl. Brandl, 2007 (B), S. 94. 134 Vgl. Brandl, 2007 (B), S. 94/95.

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tung.135 Insofern unterstützen alle raumgestaltenden Bestrebungen, welche eine soziale Vernetzung fördern, auch Ortsbindung und Identifikationsprozesse. Die hier vorgeschlagene Beurteilung untersucht also vier Arten von Vernetzung, die räumliche, die funktionale, die infrastrukturelle und die soziale Vernetzung.

Bedingt durch die Stadtentwicklungsgeschichte, bei der Fabriken oft am Stadtrand entstanden, aber schliesslich durch die Stadterweiterung ins Stadtgebiet integriert wurden, handelt es sich bei Industriearealen nicht selten um Inseln im Stadtraum, die produktionsbedingt für die Öffentlichkeit unzugängliche Anlagen darstellten, und deshalb nach ihrer Schliessung ungenügend mit dem Stadtraum verknüpft sind. Das Werbeplakat für die Eröffnung von Sihlcity (umgenutztes Areal einer Papierfabrik) zeigt das Areal, welches eigentlich in der Stadt Zürich liegt, in ländlicher Umgebung (siehe Abb. 1.3). Es wird suggeriert, dass Sihlcity wie eine Insel autark ist und ohne Bezüge zur Stadt leben kann: „Mehr braucht es nicht“. Im Gegensatz dazu weist das Plakat der Kommunikations-firma Orange darauf hin, wie wichtig Vernetzung für jeden Einzelnen ist: „Ich bin wer ich bin dank allen anderen“ (siehe Abb. 1.4). Die Haltung, dass Areale – und damit ihre Bewohner – von der Stadt getrennt existieren können, wird hier nicht geteilt – im Gegenteil, eine Vernetzung mit der Stadt scheint von grosser Bedeutung zu sein.

Abb. 1.3: Die Werbung für Sihlcity suggeriert, dass eine Vernetzung mit der Stadt Zürich nicht notwendig ist. Abb. 1.4: “Ich bin wer ich bin dank allen anderen”: Werbeplakat der Kommunikationsfirma Orange, Zürich.

3. Erinnerungsmöglichkeit

Erinnerungsmöglichkeit meint das Angebot an Objekten und Orten im Raum, welche es dem Individuum oder der Gesellschaft ermöglichen, sich an etwas Vergangenes zu erinnern. Gemäss Halbwachs brauchen wir den Raum, um uns zu erinnern, weil er entgegen den Gedanken, Ereignissen und Gefühlen beständig und unveränderbar zu sein

135 Vgl. Ipsen: „Was man ist, weiß jede/r aus sich und dem/der anderen heraus.“ (Ipsen, 1999, S. 151).

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scheint.136 Bereits Ruskin hatte in „The Seven Lamps of Architecture“ festgestellt, dass wir zwar ohne Baukunst leben, ohne sie beten, aber nicht ohne sie erinnern können.137 Alle Veränderungen im Raum beeinträchtigen demnach unser Erinnerungsvermögen, von besonderer Bedeutung sind aber Veränderungen oder gar der Verlust von Räumen, die für uns eine besondere Bedeutung haben.

Analog zu Reubers Ausführungen zum symbolischen Potenzial wird zwischen kollektiven und individuellen Raumsymbolen unterschieden. Kollektive Raumsymbole sind Wahr-zeichen, Ensembles, welche für die gesamte Bevölkerung eines Teilraumes von Wichtigkeit sind und dabei nahezu die gleichen allgemein verbindlichen Bedeutungs-inhalte haben. Individuelle Raumsymbole sind dagegen „Pfade in der Vergangenheit“ eines einzelnen Menschen, die der gedanklichen Aktivierung der eigenen Vergangenheit dienen:138 „Sobald die vertraute Umgebung vor dem ‚geistigen Auge’ erscheint, können Erlebnisse reaktiviert werden, die sich an diesem Ort abgespielt haben.“139 Diese räumlichen Symbole haben einen Bedeutungsinhalt, welcher nur der jeweiligen Person bekannt ist.140

Angemerkt sei, dass Merkzeichen natürlich auch Raumsymbole sein können: So ist der Kölner Dom ein Merkzeichen, er hilft bei der Orientierung im Quartier, in der Stadt und weit um Köln herum. Aber er ist gleichzeitig als das weit herum einzige den Zweiten Weltkrieg überlebende, grössere Gebäude in Köln für Kölner und für die deutsche Bevölkerung auch ein kollektives Raumsymbol (und für einige Individuen zusätzlich ein individuelles). Auch Lynch sah diesen Zusammenhang zwischen Merkzeichen und Erinnerung: „Die Bildhaftigkeit eines Merkzeichens wächst, wenn es gleichzeitig mit einer Konzentration von Erinnerungen verbunden ist. Wenn das ungewöhnliche Gebäude Schauplatz historischer Ereignisse war oder wenn die leuchtend angemalte Tür die eigene ist, dann rücken diese Dinge ohnehin in den Rang eines Merk- oder Wahrzeichens.“141 Die beiden Bedeutungszuweisungen sollen in dieser Arbeit getrennt

136 „So gibt es kein kollektives Gedächtnis, das sich nicht innerhalb eines räumlichen Rahmens bewegt. Der Raum indessen ist eine Realität, die andauert: unsere Eindrücke jagen einander, nichts bleibt in unserem Geist haften, und es wäre unverständlich, daß wir die Vergangenheit wiedererfassen können, wenn sie nicht tatsächlich durch das materielle Milieu aufbewahrt würde, das uns umgibt. Dem Raum, unserem Raum, in dem wir leben, den wir oft durchmessen, zu dem wir stets Zugang haben und den unsere Einbildungskraft oder unser Denken auf jeden Fall jederzeit zu rekonstruieren fähig ist, müssen wir unsere Aufmerksamkeit zuwenden; auf ihn muß unser Denken sich heften, wenn eine bestimmte Kategorie von Erinnerungen wiederauftauchen soll.“ (Halbwachs, 1967, S. 142).

137 Ruskin, 1994, S. 333. 138 Reuber, 1993, S. 110. 139 Reuber, 1993, S. 109. 140 Weichhart spricht von „signifikanten Orten“ und meint damit bedeutsame Schauplätze des Lebens, z.B.

die Wohnung, der Wohnort, der Arbeitsort, wobei solche Orte sowohl für Individuen als auch für Gruppen existieren. (Weichhart, 2004, S. 133); vermutlich analog zu der Bezeichnung “Raumsymbol“ von Reuber.

141 Lynch, 2001, S. 121.

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betrachtet werden. Der Begriff „Merkzeichen“ wird dann gebraucht, wenn es um das Raumverständnis geht, „Raumsymbol“ im Zusammenhang mit Erinnerungsmöglichkeit.142

Reubers Untersuchung zeigt, dass das Alter der Symbole und damit die Verankerung in der Geschichte wichtig ist: „Je weiter Wahrzeichen zurückweisen, desto bedeutender erscheinen sie der sozialen Gesellschaft, weil sie mit deren Hilfe in einen scheinbar ‚unendlichen Fluß der Geschichte’ eingebettet und damit in einen historischen Kontext einbezogen wird, der weit über sie selber hinausreicht.“143 Raumsymbole sind auch „Zeitzeichen“: Durch ihren eigenen Durchgang durch die Zeit machen sie zeitliche Abläufe räumlich sichtbar und erleichtern so das Zeitverständnis. Damit ergibt sich eine grosse Nähe zu den Anliegen der Denkmalpflege. Das Kriterium „Erinnerungsmöglichkeit“ könnte auch ein denkmalpflegerisches sein. Kollektive Raumsymbole werden zu einem Grossteil Denkmäler sein. Dennoch wird in der städtebaulichen Beurteilung die „Erinnerungs-möglichkeit“ als ein eigenständiges Kriterium betrachtet.144

Erinnerung ist ein wichtiger Bestandteil des emotionalen Auseinandersetzungs- und Aneignungsprozesses.145 Objekte werden wahrgenommen, erkannt und wiedererkannt, bevor sie schliesslich zu eigen gemacht werden. Für dieses „Wiedererkennen“ ist die Erinnerung Voraussetzung. Wie wichtig Erinnerungsmöglichkeit für uns ist, scheint den wenigsten Menschen bewusst zu sein. Reuber stellte fest, dass man sich einer Ortsbindung über Raumsymbole oft erst dann bewusst wird, wenn sie verloren geht.146

Umnutzungen sind Eingriffe, welche oft auch städtebauliche Veränderungen mit sich ziehen: Gebäude müssen Neubauprojekten weichen, Verkehrswege werden ganz neu gelegt, Relikte werden in einen neuen Kontext gesetzt. Umnutzungen können kollektive und individuelle Raumsymbole in Frage stellen. Die Erinnerungsmöglichkeit, welche für Identifikationsprozesse so wichtig zu sein scheint, ist damit gefährdet.

Abb. 1.5: “Sie parken auf meinen Erinnerungen!”.

142 Auch Reuber verwendet den Begriff Merkzeichen im Zusammenhang mit dem physiognomisch-ästhetischen Potenzial, den Begriff „Raumsymbol“ für das symbolische Potenzial. Der Begriff „Wahrzeichen“ wird in der Literatur ganz unterschiedlich verwendet: Bei Reuber im Zusammenhang mit Raumsymbolen, bei Lynch wird „Wahrzeichen“ wie „Merkzeichen“ verwendet.

143 Reuber, 1993, S. 107/108. 144 Auf die Abgrenzung der Kriterien der beiden Disziplinen wird im Kapitel „Denkmalpflegerische

Beurteilungskriterien“ eingegangen. 145 Brandl, 2007 (A), S. 35. 146 Reuber, 1993, S. 18.

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1.5.4.2 Denkmalpflegerische Beurteilungskriterien Nutzungen halten Denkmäler am Leben. Umnutzungen von stillgelegten Industriedenk-mälern sind deshalb aus denkmalpflegerischer Sicht grundsätzlich willkommen, allerdings nicht um jeden Preis. Sie können für das Denkmal sinnvoll sein, aber sie können es auch strapazieren oder gar „verbrauchen“147. Wann ist eine Umnutzung aus denkmal-pflegerischer Sicht also erfolgreich? In diesem Kapitel soll erläutert werden, nach welchen Kriterien Umnutzungen von Industriedenkmälern und –arealen aus denkmalpflegerischer Sicht beurteilt werden sollen.

Werden erfolgreiche Umnutzungsbeispiele vorgestellt, so wird das Gelingen oft damit begründet, dass das sogenannte „Denkmalpotenzial“ berücksichtigt worden sei. Der Begriff „Denkmalpotenzial“ wird häufig verwendet und leuchtet unmittelbar ein. Wer jedoch länger darüber nachdenkt, dem fällt auf, dass man durchaus Verschiedenes unter dem Begriff verstehen kann. Eine Definition findet sich nicht. Es wird deshalb in der Folge der Versuch unternommen, den Begriff „Denkmalpotenzial“ zu erklären und damit die Kriterien für eine aus denkmalpflegerischer Sicht erfolgreiche Umnutzung festzulegen.

Eine Möglichkeit der Begriffsverwendung ist die, „Denkmalpotenzial“ als „Potenzial zum Denkmal“ zu verstehen. Im Zusammenhang mit Umnutzungen ist aber vielmehr das „Potenzial des Denkmals“ gemeint. „Potenzial“ leitet sich vom lateinischen Verb „posse“ („können, vermögen“) ab, beziehungsweise vom dazugehörigen Substantiv „potentia“ (Vermögen, Kraft). Das Denkmal scheint also eine bestimmte Fähigkeit zu besitzen, welche berücksichtigt werden soll. Es geht um etwas Zukünftiges. Versteht man den Begriff „Denkmal“ so, wie ihn Riegl verstanden hat, so besteht das Denkmal einerseits aus seiner Materie, anderseits aus seinem Gegenüber, auf welches die Materie eine Wirkung ausübt.148 Ohne ein Gegenüber gibt es auch kein Denkmal. Der Dualitätsgedanke „Materie – Gegenüber“ ist im Ansatz auch schon bei Ruskin vorhanden, wenn er sagt: “Alle Baukunst bezweckt eine Einwirkung auf den Geist, nicht nur einen Schutz für den Körper”.149 Und er findet sich wieder in unzähligen Schriften der Denkmalpflege, als Beispiel erwähnt sei hier die Einführung zu den Leitsätzen zur Denkmalpflege in der Schweiz: “Ein Gegenstand der Vergangenheit mit besonderem Zeugnischarakter wird durch das erkennende Betrachten der Gesellschaft zum Denkmal”.150 Aufgrund dieser Dualität des Denkmals kann sich also die Fähigkeit (das Potenzial) des Denkmals sowohl auf seine Materie als auch auf die Rezeption durch das Gegenüber beziehen. Berücksichtigung des „Denkmalpotenzials“ bedeutet demnach

147 Vgl. Mörsch, Georg, “Vom Gebrauch und Verbrauch der Denkmäler”, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege, München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1987, S. 157-162, hier S. 157/158.

148 „[...] nicht den Werken selbst kraft ihrer ursprünglichen Bestimmung kommt Sinn und Bedeutung von Denkmalen zu, sondern wir modernen Subjekte sind es, die ihnen dieselben unterlegen.“ (Riegl, 1988, S. 47). Huse schreibt über Riegls Erkenntnis: „Ob, inwiefern und wofür etwas Denkmal ist, das entscheidet sich – so Riegls grundlegende Erkenntnis – nicht bei seiner Entstehung, sondern in seiner Rezeption.“ (Huse, 1996, S. 126).

149 Ruskin, 1994, S. 18, 4. Lehrspruch. 150 Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hrsg.), 2007, S. 13.

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Berücksichtigung der „Möglichkeiten der Materie“ und Berücksichtigung der “Möglich-keiten der Denkmalbegegnung“, was soviel bedeutet wie die Sicherstellung möglichst vielfältiger Begegnung mit dem Denkmal. Zur Verdeutlichung der Überlegungen soll hier versucht werden, das Wort „Potenzial“ durch „Brauchbarkeit“ zu ersetzen. „Das Denkmal brauchen“ heisst dann einerseits das Denkmal „benützen“ (Materie) und anderseits das Denkmal „benötigen“ (Zuwendung des Betrachters).

Für die Beurteilung von Umnutzungen bedeuten die obigen Überlegungen, dass zwei Fragen gestellt werden müssen. Erstens: Berücksichtigt die Umnutzung, was die Substanz vermag und was sie nicht vermag? Zweitens: Ermöglicht die Umnutzung eine möglichst vielfältige und langfristige Begegnung mit dem Denkmal? Bei der Frage nach der Denkmalbegegnung muss zwischen zwei unterschiedlichen Zugangsarten zum Denkmal unterschieden werden, nämlich zwischen einem verstandesmässigen und einem gefühlsmässigen Zugang.151 Die beiden Zugänge finden sich bereits bei Riegl, welcher dem Denkmal sowohl einen “historischen Wert“ als auch einen „Alterswert“ zuschreibt:152 Der historische Wert eines Denkmals ruht darin, „daß es uns eine ganz bestimmte, gleichsam individuelle Stufe der Entwicklung irgendeines Schaffensgebietes der Menschheit repräsentiert”.153 Im Gegensatz dazu bringt der Alterswert eine „Stimmungswirkung“ hervor, „die in modernen Menschen die Vorstellung des gesetzlichen Kreislaufes vom Werden und Vergehen, des Auftauchens des Einzelnen aus dem Allgemeinen und seines naturnotwendigen allmählichen Wiederaufgehens im Allgemeinen erzeugt“.154 Während es also beim „historischen Wert“ darum geht, das Denkmal mit all seinen Schichten zu lesen, zu verstehen, zu interpretieren, so geht es beim „Alterswert“ darum, das Denkmal mit all seinen Altersspuren und seiner Patina kontemplativ, sinnlich, geniesserisch wahrzunehmen.

Es sei an dieser Stelle vermerkt, dass die beiden Denkmalwerte, der „historische Wert“ und der „Alterswert“, wenn sie konsequent gelebt werden, durchaus gegenläufige Massnahmen am Denkmal zur Folge haben: Während für die Erhaltung des „historischen Wertes“ das Denkmal sorgfältig konserviert werden muss, damit seine Schichten auch für spätere Generationen lesbar bleiben, so dürfte der Mensch im Sinne des Alterswerts eigentlich nicht in das Zerfallen des Denkmals eingreifen, um den natürlichen Alterungs-prozess nicht zu stören und die Altersspuren nicht zu beseitigen, welche den gefühls-

151 Vom erkennenden und fühlenden Gegenüber spricht auch Mörsch, wenn er die Erkenntnis von Riegl zusammenfasst: „Die wichtigste ist die Erkenntnis, dass ‚Denkmal’ nicht unabhängig vom erkennenden Menschen existiert, sondern gebildet wird aus geschichtlich überlieferter Materie und dem erkennenden und fühlenden Gegenüber.“ (Mörsch, 1998 (A), S. 89).

152 Auf die weiteren Denkmalwerte bei Riegl soll hier nicht eingegangen werden. Der „historische Wert“ und der „Alterswert“ scheinen die wichtigsten zu sein. Für Mörsch sind die beiden Werte die möglichen Denkmalzugänge: “Wir halten also am ‘historischen Wert’ als dem existenzbegründenden Zugang zum Denkmal fest für alle menschlichen Artefakte, ‘soweit ihnen nur geschichtliche Bedeutung eignet’. Wir wollen ihn aber unlösbar verbinden mit dem Alterswert, solange dieser auch Fürsorge, Heilung, Prävention am Denkmal zulässt, aber gleichzeitig durch die Sichtbarkeit seiner Spuren den offensichtlichsten Beweis für die Herkunft des Denkmals aus vergangener Zeit führt.” (Mörsch, 1998 (A), S. 99).

153 Riegl, 1988, S. 62.

154 Riegl, 1988, S. 48.

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mässigen Zugang ermöglichen.155 Der Alterswert muss allerdings nicht in derart radikaler Weise verfolgt werden, um einen Beweis für das Alter des Denkmals zu liefern. Ein Denkmal muss nicht zerfallen, damit wir einen gefühlsmässigen Zugang zu ihm finden können. Auch Ölflecken an den Wänden, abgewitterte und ausgebesserte Ziegelstein-mauerwerke oder abgewetzte Türschwellen sind Zeugen der Vergänglichkeit.156 Mit dieser bescheideneren Art des Alterswertverständnisses wird der historische Denkmal-wert nicht gefährdet.

Für die Beurteilung einer Denkmalumnutzung werden hier also drei Beurteilungskriterien vorgeschlagen: Überprüft werden sollen der Substanzerhalt und die gesellschaftliche Wirkung, wobei zwischen dem verstandesmässigen Zugang und dem gefühlsmässigen Zugang zum Denkmal unterschieden wird. Auf die einzelnen Kriterien soll nun in der Folge im Detail eingegangen werden.

1. Substanzerhalt

Der Erhalt der historisch bedeutungsvollen Materialität, der Denkmalsubstanz, ist Bedingung dafür, dass ein Denkmal verstanden und erlebt werden kann. Ohne Substanz ist eine gesellschaftliche Wirkung gar nicht möglich - dem Kriterium „Substanzerhalt“ kommt deshalb eine zentrale Bedeutung zu.

Zu den geeigneten Massnahmen des Substanzerhalts gibt es in der Literatur zur Denkmalpflege sehr viele Beiträge – auch viele widersprüchliche Meinungen.157 Als allgemein verbindliche, immer noch gültige Basis gilt die Charta von Venedig. Für die Schweiz wurden in den „Leitsätzen zur Denkmalpflege in der Schweiz“ ebenfalls Grundsätze zum Denkmalerhalt festgehalten.158 In Anlehnung an diese beiden Dokumente mit „offiziellem“ Charakter und eine kurze und prägnante Darstellung von Furrer sollen hier sechs Grundsätze zum Umgang mit der Denkmalsubstanz bei

155 Riegl stellte die Problematik bereits selbst dar und machte konkrete Lösungsvorschläge, wann welcher Wert Vorrang geniessen soll (Bsp. schützendes Dach über dem Fresko). (Riegl, 1988, S. 60 und 67).

156 Vgl. Mörsch, 1998 (A), S. 95: Aber es bleibt die Frage, “ob der Alterswert sich nicht in einer ‘bescheideneren’, mit anderen Erkenntnisschichten des Denkmals zu verbindenden Rolle fruchtbar machen liesse. Der Alterswert manifestiert sich ja auch, ohne das Denkmal gleich aufzulösen, in den ausgetretenen Stufen einer Treppe, der Patina auf einer alten Glocke, dem vom langen Gebrauch dünn gewordenen Handgriff, dem über Jahrhunderte geflickten Ziegeldach einer ganzen Altstadt, in den vergrauten oder – in Höhenlagen – schwarz verbrannten Holzbauten, im Hausteinmauerwerk mit seinen abgewitterten Profilen und den Ausbesserungen ungezählter Steinmetzgenerationen, in den hundertfach zurückgeschnittenen Parkhecken oder im Efeubewuchs an altem Gemäuer. So, als Glaubwürdigkeitsbeweis für das Alter des Denkmals, als unmittelbar lesbare Spur ist der Alterswert eine kostbare Eigenschaft.“ Vgl. auch Mörsch, 2006, S. 9.

157 Ein wertvoller Beitrag findet sich beispielsweise in: Mörsch, 1980, S. 70-96. 158 Charta von Venedig (1964); Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (Hrsg.), 2007.

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Umnutzungen formuliert werden. Die Befolgung dieser Grundsätze soll bei der Beurteilung von Umnutzungen überprüft werden:159

– Voraussetzung für umfassende Eingriffe ist die genaue Kenntnis des Bestands.

– Der überlieferte Bestand ist möglichst weitgehend zu erhalten.

– Das Prinzip des kleinstmöglichen Eingriffs bedeutet, dass, wenn ein Eingriff unumgänglich ist, mit der historischen Substanz möglichst schonend umgegangen werden soll.

– Das Prinzip der Reversibilität verlangt, dass Interventionen ohne Verlust am Bestand rückgängig gemacht werden können, falls sie sich nicht bewähren oder folgende Generationen zu anderen Einsichten gelangen. Gegenüber Eingriffen in die Substanz sind additive Massnahmen zu bevorzugen. Auch wenn absolute Reversibilität nicht möglich ist - jeder Eingriff hinterlässt seine Spuren -, soll am Grundsatz festgehalten werden.

– Die Forderung nach Nachhaltigkeit der Massnahmen bedeutet, dass im Umgang mit dem Gebauten langfristige, die Ansprüche der kommenden Generationen miteinbeziehende Verhaltensweisen gewählt werden sollen. Spätere Generationen sollen möglichst viele Optionen offen haben, sowohl im Umgang mit dem Denkmal als auch zur Denkmalerkenntnis. Der Grundsatz Reparatur des Bestehenden statt Ersatz unterstützt den Nachhaltigkeitsgedanken.

– Eine umfassende Dokumentation der Eingriffe soll helfen, diese auch später noch nachvollziehen zu können.

Abb. 1.6 und Abb. 1.7: 100% Substanzverlust: Von der grössten Quarzaufbereitungsanlage der Welt in Nevada blieben keine Spuren übrig: 1868 (links) und 1979 (rechts).

159 Neben den hier aufgezählten sechs Grundsätzen gibt es weitere Regeln für Massnahmen, die natürlich auch von Bedeutung sein können, so etwa die Wahl von geeigneten Untersuchungsmethoden, die Verwendung von geeigneten Materialien etc. Es werden hier aber nur Grundsätze erwähnt, die speziell mit der Umnutzung zusammenhängen (also keine Regeln zu Unterhalt, Pflege etc.). Kurzdarstellung von Furrer: Furrer, 2004, S. 18. Furrer war als Präsident der Eidg. Kommission für Denkmalpflege auch an der Erstellung der Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz beteiligt.

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2. Verstandesmässiger Zugang zum Denkmal: Denkmalverständnis

Für den verstandesmässigen Denkmalzugang muss das Denkmal möglichst unverfälscht mit all seinen historischen Schichten erhalten bleiben. Nur so ist das Denkmal lesbar, verständlich und interpretierbar, und nur so können frühere Interpretationen überprüft werden. Eine auch noch so umfassende Dokumentation ersetzt die Substanz nicht, weil nur das Denkmal selbst die gesamte Information, die es besitzt, überliefern und vermitteln kann.

Verschiedene Eingriffe am Denkmal, welche sich im Zusammenhang mit einer Um-nutzung ergeben, können eine Gefahr für das Denkmalverständnis darstellen. Auf drei Gefahren sei hier hingewiesen:

– Die Zerstörung des Denkmalumfeldes erschwert das Denkmalverständnis. Umliegende Bauten, auch wenn sie nicht für sich als schützenswert einzustufen sind, aber auch Aussenräume mit Verkehrswegen, Einfahrten, Höfen sind für das Verständnis des Industriedenkmals wichtig. Das ganze bauliche und funktionale Umfeld ist deshalb bei der Umnutzung zu berücksichtigen.160

– Auch das Entfernen von Denkmalteilen aus dem Zusammenhang erschwert die Lesbarkeit des Denkmals. Bei Industriedenkmälern sind es häufig die Maschinen, die ausgebaut werden – zurück bleiben Räume, die kaum noch wiederzuerkennen und zu deuten sind, weil die Räume gerade für diese Maschinen massge-schneidert waren, die nun fehlen.

– Zufügungen sind häufige Massnahmen bei Umnutzungen. Sind sie nicht klar als neue Elemente gekennzeichnet, so können sie das Denkmalverständnis trüben, indem sie Verwirrung darüber stiften, ob es sich um historische oder neue Elemente handelt. Ein ästhetisches Konzept der Erkennbarkeit, zum Beispiel die Verwendung von neuartigen Materialien oder einer zeitgenössischen Formen-sprache, ist deshalb für ein ungetrübtes Denkmalverständnis unabdinglich.

Denkmalverständnis wird also wesentlich gefördert durch den Erhalt des Zusammen-hangs, sowohl mit seinem Umfeld als auch von seinen einzelnen Teilen, und durch ästhetische Konzepte der Erkennbarkeit.

160 Auch in der Charta von Venedig geht es um die „Konservierung und Restaurierung von Denkmälern und Ensembles“ (1964), in der Charta von Washington (1987) wird sogar die ganze historische Stadt zum Gegenstand der Denkmalpflege.

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Abb. 1.8 und Abb. 1.9: Kamine werden häufig als isolierte Fragmente belassen. Ihre Aussagekraft ist fraglich. Links: Sihlcity. Rechts: Wöschi Wollishofen.

3. Gefühlsmässiger Zugang zum Denkmal: Altersspuren

Gemäss Riegl besitzt ein Denkmal die Fähigkeit, Menschen an ihre Vergänglichkeit zu erinnern. Es sind Zeugen für den „ewigen Kreislauf der Natur, das Werden, Welken und Vergehen“.161 Auch Dehio findet zum Denkmal einen emotionalen Zugang. Allerdings spricht er von lebensfroheren Gefühlen: Er sieht im Alter eine besondere „Lebenswärme“, eine „historische und künstlerische Gesamtstimmung“ und eine „Vornehmheit“.162

Was sind also die Signale, welche beim Anblick eines Denkmals all diese Gefühle wachrufen? Wie für den verstandesmässigen Zugang braucht es auch für den gefühls-mässigen Zugang Denkmalsubstanz. Allerdings ist nicht seine Unversehrtheit wichtig, sondern gerade die Schadhaftigkeit, die Denkmalauflösung kann uns die von Riegl besagte Endlichkeit vor Augen führen. Ruinen sind dafür besonders geeignet. Doch auch Altersspuren wie zerstörte Oberflächen, abgewetzte Ecken und Kanten erinnern an Vergänglichkeit.163 Spuren des Gebrauchs und Patina können Bauteilen auch etwas Edles und Warmes verleihen, so wie es Dehio beschreibt. Handläufe aus Holz beispiels-weise, die vom häufigen Gebrauch ganz fein geworden sind, empfinden wir als etwas Angenehmes. Neben diesen Abnützungen und Ablagerungen können bei Umnutzungen

161 Wohlleben, 1988, S. 30.

162 „Und schlimmer noch als der Untergang der einzelnen Stücke ist der Verlust an Lebenswärme, an historischer und künstlerischer Gesamtstimmung, an jener Vornehmheit, die nur das Alter hat.“ (Dehio, 1988 (B), S. 100).

163 Vgl. „Das drastischste Beispiel dafür bietet, wie schon gesagt wurde, die Ruine, die aus dem einstmaligen geschlossenen Ganzen einer Burg durch allmähliches Hinwegbrechen größerer tastbarer Teile entstanden ist; weit wirksamer gelangt jedoch der Alterswert durch die minder gewaltsame und mehr optisch als haptisch sinnfällige Wirkung der Zerstörung der Oberfläche (Auswitterung, Patina), ferner der abgewetzten Ecken und Kanten u. dgl. zur Geltung, wodurch sich eine zwar langsame, aber sichere und unaufhaltsame, gesetzliche und daher unwiderstehliche Auflösungsarbeit der Natur verrät.“ (Riegl, 1988, S. 58/59).

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auch einfach Überreste von früheren Nutzungen Gefühle von Alter hervorrufen: Dass hier vorher schon etwas anderes war, verleiht den Räumen bereits Geschichtlichkeit. So sind beispielsweise belassene Warnschilder, Reste von Geleisen, Ölflecken an den Wänden, ohne besonders alt sein zu müssen, Zeugen einer vergangenen Zeit. Im Sinne eines gefühlsmässigen Denkmalzugangs darf das Denkmal also nicht eine „schöne“, perfekte Erscheinung erhalten, sondern seine Vergangenheit soll ablesbar bleiben. Denn dass „Altes auch alt erscheinen soll, mit allen Spuren des Erlebten, und wären es Runzeln, Risse und Wunden, ist ein psychologisch tief begründetes Verlangen.“164

Riegl sieht in der Nutzung von Denkmälern einen besonderen Wert, nämlich den, das Denkmal zu beleben und durch den Gebrauch den Alterswert zu fördern. Er macht dies durch folgende Überlegung deutlich: „Nehmen wir aber nun selbst an, daß für alle gebrauchsfähigen Denkmale wirklich ein moderner Ersatz geschaffen werden könnte, so daß die alten Originale ohne Restaurierung, aber allerdings infolgedessen auch ohne jede praktische Brauchbarkeit und Benutzung ihr natürliches Dasein ausleben dürften, wäre damit den Anforderungen des Alterswertes tatsächlich in vollem Maße gedient? Die Frage ist nicht allein berechtigt, sondern sogar schlankweg zu verneinen; denn ein wesentlicher Teil jenes lebendigen Spieles der Naturkräfte, dessen Wahrnehmung den Alterswert bedingt, würde mit dem Hinwegfall der Benutzung des Denkmals durch Menschen in unersetzlicher Weise verlorengehen.“165 Eine museale Nutzung behindert also den gefühlsmässigen Denkmalzugang, eine lebendige Nutzung fördert ihn.

Für den gefühlsmässigen Zugang bei Umnutzungen braucht es Altersspuren, welche den „Glaubwürdigkeitsbeweis“166 für das Alter des Denkmals liefern, und eine lebendige Nutzung, welche neue Spuren - Altersspuren für kommende Generationen - hinterlässt.

Abb. 1.10 und Abb. 1.11: Wo sind die Altersspuren? Nichts erinnert im Loft des Musikers David Rochline an das ehemalige Büro eines Stahlwerks bei Paris.

164 Dehio, 1988 (A), S. 41. 165 Riegl, 1988, S. 71. 166 Mörsch, 1998 (A), S. 95 und 98.

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ABGRENZUNG VON DENKMALPFLEGERISCHEN UND STÄDTEBAULICHEN BEURTEILUNGSKRITERIEN

Die Ansprüche der beiden Disziplinen Städtebau und Denkmalpflege an Umnutzungen sind sich in einigen Punkten sehr ähnlich. Die städtebaulichen Kriterien „Raum-verständnis“ und „Erinnerungsmöglichkeit“ haben vieles gemeinsam mit den denkmal-pflegerischen Kriterien „Denkmalverständnis“ und „Altersspuren“. Dennoch wurden für beide Disziplinen separat Kriterien erarbeitet. Weshalb, soll hier kurz erläutert werden:

– Wie bereits festgestellt, braucht es für einen verstandesmässigen Denkmalzugang den Einbezug des Ensembles. Denkmalpflege hört nicht an der Fassade des einzelnen Objektes auf, sondern bezieht ganze Areale, Quartiere, Städte und Einzugsgebiete mit ein. Der Betrachtungshorizont von Städtebau und Denkmal-pflege scheint derselbe zu sein. Dies wird in der Internationalen Charta von Washington zur Denkmalpflege in historischen Städten besonders deutlich. Dort heisst es zu den Grundsätzen und Zielen: „Zu den Werten, die es zu bewahren gilt, gehören der historische Charakter der Stadt und alle jene materiellen und geistigen Elemente, in denen sich dieser Charakter ausdrückt [...]“. Genannt werden unter anderem die Anlage einer Stadt, Parzellen, Strassennetze, Beziehungen Bauwerk-Grünfläche-Freifläche, innere und äussere Erscheinungs-form von Bauwerken, Beziehung zwischen Stadt und städtischem Bereich und Umgebung, verschiedene Funktionen der Stadt.167 Städtebau und Denkmalpflege unterscheiden sich also im Betrachtungshorizont nicht, wohl aber in ihrer Sichtweise auf die Dinge: Die Denkmalpflege setzt alles in Beziehung zum Denkmal und zu den Denkmalwerten, der Städtebau hingegen in Beziehung zur Stadt.

– Sowohl dem Städtebau als auch der Denkmalpflege ist es ein Anliegen, das eigene Umfeld zu verstehen („identifying one’s environment“). Während es aber bei den Forderungen des Städtebaus vor allem um räumliche Orientierungs-möglichkeit geht („Raumverständnis“), geht es beim Denkmalverständnis um geschichtliche Orientierungsmöglichkeit - oder Wissenschaft („Denkmalver-ständnis“). Allerdings sei hier angemerkt, dass Denkmäler sehr wohl historische und räumliche Orientierungspunkte sein können, also gleichzeitig sowohl dem Raumverständnis und dem Denkmalverständnis dienen können.168

– Sowohl im Städtebau als auch in der Denkmalpflege ist die Erinnerung ein wichtiges Thema. Bei der Forderung der Denkmalpflege geht es sowohl um den Durchgang durch eine konkrete Zeit als auch um eine ganz allgemeine Erinnerung

167 Charta von Washington (1987), Grundsätze und Ziele, Absatz 2. 168 „Ohne auf die als Rahmenbedingung für die Erhaltung bestimmter Denkmälergruppen sehr wichtigen

grundsätzlichen Fragen der Nutzung näher einzugehen, sei hier nur darauf hingewiesen, daß man unter ‚nützlicher Funktion’ eines Denkmals nicht nur seine wie immer geartete ‚Nutzung’, sondern auch seine kulturellen Aussagen, die ästhetische Aussage des ‚Kunstdenkmals’ wie die historische Aussage des ‚Geschichtsdenkmals’, verstehen kann, zum Beispiel die Funktion eines Baudenkmals als räumlicher und historischer ‚Orientierungspunkt’.“ (Petzet, 1992, S. 9).

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an das natürliche Vergänglichkeitsgesetz (Riegl) und Ehrfurcht vor dem Alter (Dehio). Eine solche Sicht ist dem Städtebau fremd: Beim Anspruch an Erin-nerungsmöglichkeit im Städtebau geht es vielmehr um die Identifikationsmög-lichkeit mit einem Ort durch kollektive und individuelle Raumsymbole.

– Altersspuren und Substanzerhalt sind denkmalpflegespezifische Forderungen. Der Anspruch an Vernetzung ist ein städtebauliches Verlangen.

Die Ziele von Städtebau und Denkmalpflege sind also teilweise sehr nahe, wissenschaftlicher Hintergrund und Motivation sind aber durchaus unterschiedlich. Und beide Disziplinen haben auch Ansprüche, die der anderen fremd sind. Aus diesen Gründen wurden für beide Wissenschaftsgebiete je eigene Beurteilungskriterien aufgestellt.

1.5.4.3 Ökonomische Beurteilungskriterien Für den Investor muss sich eine Industriedenkmalumnutzung lohnen, sonst investiert er nicht. Das ist einleuchtend. Doch wann ist eine Denkmalumnutzung aus Investorensicht erfolgreich? In diesem Kapitel soll der Frage nachgegangen werden, nach welchen Kriterien Industriedenkmalumnutzungen aus ökonomischer Sicht bewertet werden sollen.

ZWEI SICHTWEISEN: LAUFENDE RECHNUNG UND WERTE

Ökonomen interessieren sich einerseits für die laufende Rechnung, anderseits für die Werte. Diese beiden Sichtweisen finden sich auch in der Buchhaltung wieder: in der Erfolgsrechnung und der Bilanz.

Die laufende Rechnung gibt Auskunft darüber, wie die Geschäftstätigkeit während eines bestimmten Zeitraums verlaufen ist. Aufwand und Ertrag werden einander gegenüber gestellt und Gewinn oder Verlust für einen bestimmten Zeitraum ausgewiesen. Im Fall der Industriedenkmalumnutzung bedeutet eine Überprüfung der laufenden Rechnung, dass Ertrag und Aufwand der neuen Immobiliennutzung verglichen werden. Dabei werden die Mieterträge aus der neuen Nutzung dem Aufwand entgegengestellt: Dazu gehören die Bewirtschaftungskosten, das heisst die Kosten für Betrieb, Verwaltung und Instandhaltung des Gebäudes, die Rückstellungen für die regelmässigen Gebäudeinstandsetzungen und die Finanzierungskosten. Eine laufende Rechnung ist nur dann positiv zu bewerten, wenn die Fortführung der Immobiliennutzung auch langfristig garantiert ist. Gebäude-instandsetzungen fallen nur periodisch an. Die regelmässig dafür ausgewiesenen Rückstellungen müssen hoch genug sein, damit sie die später anfallenden Instand-setzungskosten auch decken können. Ansonsten wird auf Kosten der Bausubstanz gewirtschaftet, und die Immobiliennutzung ist langfristig gefährdet.

Werte drücken in der Ökonomie den zukünftigen Nettonutzen eines Gutes zu einem bestimmten Zeitpunkt aus: Der Wert eines Vermögensbestandteils entspricht der Summe der Nutzleistungen, die der Bestandteil vom Bewertungszeitpunkt an ohne weitere Gegen-

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leistungen spenden kann.169 Der Wert eines Gutes ist deshalb für jeden ein anderer, weil jeder einen anderen Nutzen daraus ziehen kann.170 Werte spielen in der Immobilienökonomie eine Rolle, wenn es um Kauf- oder Verkaufsabsichten geht, um Immobilienfinanzierung, Immobilienbesteuerungen und -versicherungen, um die Bilanz-erstellung, um Rechtsstreitigkeiten und Enteignungen und um Sanierungs- und Entwick-lungsprojekte. Im Zusammenhang mit Umnutzungsprojekten werden Immobilien-bewertungen und Investitionsbewertungen vorgenommen. Sie zeigen dem Investor, ob sich eine Investition lohnen würde, für welchen maximalen Preis er das Grundstück erstehen darf, ohne die Investition zu gefährden, oder welchen Wert das Objekt nach der Umnutzung haben wird. Da es sich bei umzunutzenden Industrieliegenschaften normalerweise um Investitionsgüter und nicht um Konsumgüter handelt, steht die Ermittlung des Ertragswertes im Vordergrund. Andere Verfahren, wie etwa das Vergleichswertverfahren, eignen sich weniger gut, weil bebaute Grundstücke und Industrieareale im Besonderen nur schwer mit anderen Liegenschaften zu vergleichen sind. Für die Immobilienwert- und Investitionswertberechnung bei Umnutzungen sollen hier die üblicherweise verwendeten Methoden kurz vorgestellt werden:

– Der Wert der Immobilie nach der Umnutzung ergibt sich aus dem zukünftigen Immobilienertrag. Für die Ertragswertberechnung sind in der Schweiz drei verschiedene Methoden üblich: die Ertragskapitalisierung, die Barwertmethode und das Discounted Cash-Flow-Verfahren. Die Ertragswertberechnung berücksichtigt Bewirtschaftungskosten und Rückstellungen für zukünftige Instandsetzungen.171

– Der Investitionswert oder Residualwert stellt den Ertragswert dem gesamten Aufwand für Entwicklung, Abriss, Neubau und Umbau gegenüber. Was übrig bleibt, das Residuum, ist der Grenzwert, bis zu dem der Preis bei einem Kauf einer Liegenschaft hingenommen werden kann. Ist die Liegenschaft bereits in den Händen des Investors, entspricht dieses Residuum dem Wert der Investition.

Es ist anzumerken, dass für die Immobilien- und Investitionswertberechnungen viele Annahmen getroffen werden müssen. Die Methoden reagieren sehr sensibel auf die Inputparameter, so dass kleine Veränderungen bei den prognostizierten Parametern grosse Auswirkungen auf die berechneten Werte haben. Die Berechnungsmethoden sind

169 Vgl. Käfer, 1976, S. 25. 170 Siehe dazu z.B. Loepfe, 2004, S. 67. 171 Bei der Ertragskapitalisierung ergibt sich der Wert durch die Kapitalisierung der jährlich erzielbaren

Brutto- oder Nettomieterträge. Diese Methode kann höchstens als Überschlagsrechnung dienen. Bei der Barwertmethode setzt sich der Wert aus einzelnen Barwerten von über eine Zeitdauer anfallenden Erträgen und Aufwendungen zusammen. Diese Methode ist schon genauer, weil für die Bewirtschaftungskosten und Instandsetzungskosten im Gegensatz zur Ertragskapitalisierung prognostizierte Werte eingesetzt werden können. Bei der DCF-Methode ergibt sich der Wert aus der Summe der in den einzelnen Zeitperioden anfallenden und diskontierten Geldströme. Die DCF-Methode ist die genauste, aber aufwändigste Methode.

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bei Industriebrachen grundsätzlich dieselben wie bei anderen Liegenschaften.172 Allerdings gilt es hier, ein paar spezielle Faktoren in die Rechnung einzubeziehen, die bei anderen Bauvorhaben kaum eine Rolle spielen: Ertrag und Aufwand von Zwischen-nutzungsphasen, die Kosten zur Bewältigung von Altlasten, allfällige Leerstandskosten und die Erträge aus einem Verkauf von betriebsfähigen Anlagen aus der ehemaligen Produktion.173

Abb. 1.12 und Abb. 1.13: Anspruch an Wertsteigerung bei Umnutzungen von Industriebrachen.

Die sogenannte “wirtschaftliche Lebensdauer” von Immobilien ist meist viel kürzer als die bautechnische. Sie endet dann, wenn durch eine alternative Nutzung unter Berück-sichtigung aller Kosten eine höhere Wertschöpfung entsteht.174 Gibt es rentablere Alternativen, entstehen für den Investor Opportunitätskosten. Allerdings tritt dieser Zustand meist unbeachtet ein, weil nicht ständig alternative Arealnutzungen überprüft

172 Darauf, dass bei Konsumgütern, also zum Beispiel Einfamilienhäusern, andere Bewertungsmethoden zum Zug kommen, wurde bereits hingewiesen. Bei unbebauten Grundstücken kann auch das Vergleichswertverfahren angewendet werden.

173 Vgl. Junesjö und Kuprecht, 2008, S. 47/48. 174 Vgl. Rottke und Wernecke, 2005, S. 212.

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werden.175 Anders sieht es bei Industriebrachen aus. Die Immobilien werden entweder nur extensiv oder gar nicht mehr genutzt. Überlegungen zu alternativen Nutzungen liegen auf der Hand. Bracheneigentümer beziehungsweise Investoren hoffen bei einer Umnutzung in der Regel auf eine Immobilienwertsteigerung, das heisst auf die Option, die Liegenschaft nach einer Umnutzung gewinnbringend verkaufen zu können (siehe Abb. 1.12). Eine Wertsteigerung kann sich beispielsweise ergeben, wenn eine “höherwertige” Nutzung angesiedelt wird, wenn die zulässige Ausnützungsziffer besser ausgenutzt oder sogar erhöht wird.176 Aber auch der Vertrag mit einem Nutzer, das Vorliegen eines bewilligungsfähigen Projektes oder einer Baubewilligung für das Areal kann den Wert einer Liegenschaft erhöhen, so dass schon während des Umnutzungsprozesses die Möglichkeit bestehen kann, durch einen Verkauf eine Wertsteigerung zu realisieren (siehe Abb. 1.13).

BESONDERHEITEN DER SPEZIALIMMOBILIE BAUDENKMAL

Denkmäler sind keine gewöhnlichen Immobilien. Industriedenkmäler gehören zu den “Spezialimmobilien” und müssen aus ökonomischer Sicht anders als andere Objekte betrachtet werden. Die Unterschiede und die Gründe dafür sollen nun in der Folge erläutert werden.

Es ist umstritten, ob eine Betrachtung der Baudenkmalerhaltung unter rein ökonomischen Gesichtspunkten überhaupt angebracht und möglich ist.177 Greffe stellt zwei Haltungen in der Analyse von Denkmälern fest, die er allerdings beide nicht für hilfreich hält: Eine Haltung akzeptiert, dass kulturelles Erbe unter einem ökonomischen Blickwinkel betrachtet wird, betont aber die technischen Hindernisse, welche auftauchen und schliesslich verhindern, zu Schlüssen zu kommen. Die andere besagt, dass kulturelles Erbe nicht einer ökonomischen Vernunft folgt und auch nicht folgen muss, da sich der Nutzen der Denkmäler bereits durch ihre Existenz ergibt.178 Diese Vorbehalte gegenüber einer ökonomischen Beurteilung lassen sich vermutlich einerseits durch die Komplexität erklären, welche durch “Verzerrungen” entstehen kann, und anderseits durch die Problematik einer Wertermittlung von Denkmälern, wobei die Skepsis gegenüber dem ökonomischen Wert vermutlich zu einem grossen Teil auf Missverständnissen von Wertdefinitionen beruht, die sich durch die Nähe und Vielfalt von in der Ökonomie und der Denkmalpflege verwendeten Begriffen (“Denkmalwert”, “Gebrauchswert”, “Nutzwert”, “Wertschätzung”, “Wertschöpfung” etc.) erklären lassen.179 Greffe glaubt, dass eine

175 Vgl. Rottke und Wernecke, 2005, S. 212. 176 Eine Erhöhung der rechtlich zulässigen Ausnutzung benötigt allerdings eine spezielle Bewilligung.

Dadurch verlängert sich die Planungszeit, und die Durchführbarkeit des Projektes bleibt lange Zeit ungewiss. Deshalb sehen Investoren oft von der Möglichkeit einer Erhöhung der möglichen Ausnutzung ab und ziehen es vor, mit ihrer Planung die maximal zulässige Bruttogeschossfläche möglichst auszuschöpfen.

177 Vgl. Greffe, 2003, S. 63. 178 Greffe, 2003, S. 63/64. 179 Es sei angemerkt, dass Riegl den Begriff „Gebrauchswert“ durchaus in ökonomischem Sinne verstand;

vgl. Riegl, 1988, S. 70/71.

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ökonomische Beurteilung von Denkmalerhaltung sehr wohl möglich ist. Er schlägt vor, Denkmäler wie ein “Ökosystem” zu betrachten. Bei einer solchen Betrachtung müssen unter anderem Aspekte wie Langfristigkeit und Qualität einbezogen werden.180

Im Folgenden soll nun näher auf die Schwierigkeiten einer ökonomischen Betrachtung von Baudenkmälern eingegangen werden: auf die “Verzerrungen” und die spezielle Bewertung von Denkmalimmobilien.

VERZERRUNGEN

Die grundlegende Annahme in der Volkswirtschaft lautet, dass sich auf dem freien Markt aufgrund von Angebot und Nachfrage für alle Güter ein Preis bildet, der ein Optimum darstellt, das für alle Beteiligten mit dem höchsten Nutzen verbunden ist. Es gibt aber auch Situationen, wo der Markt nicht spielt. Für Baudenkmäler sind zwei Situationen von Interesse: Externalitäten und öffentliche Güter.181

Unter Externalitäten versteht man nicht kompensierte Einflüsse einer Handlung auf andere. Sie können sich positiv oder negativ auswirken. Sie werden nicht “bezahlt”, weshalb sie bei Entscheidungen nicht betrachtet werden, was zu einem ineffizienten Markt führt.182 So bewundern zum Beispiel Passanten die Fassade eines Denkmals. Sie bezahlen aber nichts an die Renovation des Hauses, die bezahlt der Eigentümer alleine. Der Eigentümer kann nicht den vollen Nutzen für sich alleine verbuchen. Es besteht deshalb die Gefahr, dass er die Renovation hinauszögert. Lösungen für das Problem von Externalitäten allgemein können entweder marktbasiert sein, (zum Beispiel Verträge, handelbare Zertifikate, Gründung von gemeinnützigen Organisationen, moralische Codes und soziale Sanktionen) oder auf Eingreifen des Staates beruhen (Vorschriften, Steuern beziehungsweise Subventionen).183 Im genannten Beispiel kann der Staat beispielsweise durch Denkmalsubventionen den Eigentümer bei der Renovation unterstützen.184

Externalitäten treten unter anderem dort auf, wo sogenannte öffentliche Güter genutzt oder produziert werden, von Privaten oder von der öffentlichen Hand.185 Reine öffentliche Güter zeichnen sich durch zwei Eigenschaften aus: Niemand ist von ihrer Nutzung ausgeschlossen (“nonexcludable”), und der Nutzen des Gutes durch eine Person hält nicht vom Konsum durch eine andere ab (“nonrival”). Reine private Güter weisen dagegen weder die eine noch die andere Eigenschaft auf. Dazwischen sind alle möglichen Kombinationen mit mehr oder weniger Ausschluss oder Konkurrenz möglich.186 Das

180 Greffe, 2003, 63-65. 181 Suter, 2007, S. 16. 182 Mankiw, 2004, S. 204. 183 Mankiw, 2004, S. 209-215. 184 Beispiel siehe Mankiw, 2004, S. 204. 185 Suter, 2007, S. 16. 186 Serageldin, 1999, S. 254. Heal schlägt eine etwas abweichende Darstellung vor: Zusätzlich zu den

beiden erwähnten Dimensionen nennt er die Dimension „private production“. Bei den traditionellen öffentlichen Gütern ist es die öffentliche Hand, die das Gut zur Verfügung stellt, als Gegenpol dazu steht das „environmental public good“. (Heal, 1999, S. 224).

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Schulbeispiel eines reinen öffentlichen Gutes ist die Landesverteidigung.187 Aber auch die Denkmalpflege gehört zu den öffentlichen Gütern, wenn sie nicht auf Kosten von wenigen in der Gesellschaft geht.188 Nicht alle Bürger müssen von einem öffentlichen Gut gleichermassen profitieren. So nutzen beispielsweise die Bewohner der Innenstadt einen Stadtpark mehr als Bewohner von Aussenquartieren.189

Auch die Denkmäler selbst können zumindest in Teilbereichen den Charakter eines öffentlichen Gutes haben. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie von öffentlichem Interesse sind. Insbesondere dann, wenn sie subventioniert werden, hat die Öffentlichkeit ein gewisses Anrecht auf Zugänglichkeit.190 Die Eigenschaft eines öffentlichen Gutes, die Externalitäten und die Massnahmen wie Vorschriften, Subventionen etc. führen bei der ökonomischen Betrachtung von Denkmälern zu vielen “Verzerrungen”.

Eine Folge von Verzerrungen können “Opportunitätskosten” sein, die dem Investor entstehen. Die Anwendung des Begriffs “Opportunitätskosten” ist allerdings im Zusammenhang mit geschützten Denkmälern nicht ganz korrekt. Denn der Investor hat eigentlich keine Wahl: Die gesetzlichen Bestimmungen schränken die Möglichkeiten ein, die Variante ohne Auflagen ist streng genommen keine “Opportunität”. Dennoch ist sich der Investor dieser entgangenen Alternative bewusst. Solche Opportunitätskosten können sowohl die laufende Rechnung als auch die Werte betreffen:

– Auflagen der Denkmalpflege können beispielsweise den Ertrag beeinflussen. Darf zum Beispiel ein Dachstock aus denkmalpflegerischen Überlegungen nicht ausgebaut werden, können dem Investor zusätzliche Erträge entgehen.

– Eine solche Auflage bedeutet für den Investor auch einen Minderwert auf seiner Immobilie, da der Ertragswert der Immobilie geringer ausfällt.

Dieser Fall muss allerdings möglicherweise anders beurteilt werden, wenn beachtet wird, dass der Wert von Baudenkmälern sich nicht nur aus dem Ertragswert ergibt. Auf die spezielle Bewertung von Denkmälern soll nun im Folgenden eingegangen werden.

187 U.a. bei Beckerich, 2001, S. 21. 188 “Conserving cultural heritage and promoting cultural identity, to the extent that it is not at the expense of

minority cultures within the same society, fall into the category of public goods.” (Serageldin, 1999, S. 254).

189 Suter, 2007, S. 18. 190 So ist der Zugang von Denkmälern für die Öffentlichkeit im Rahmen des Zumutbaren in vielen

Denkmalschutzgesetzen der Bundesländer in Deutschland gesetzlich vorgesehen. Stellvertretend soll hier aus dem Thüringer Denkmalschutzgesetz vom 14.4.2004 (zuletzt geändert am 23.11.2005) zitiert werden (§ 10 Zugang zu Kulturdenkmalen): “Kulturdenkmale oder Teile derselben sollen der Öffentlichkeit soweit wie möglich zugänglich gemacht werden, wenn der öffentliche Zutritt zugemutet weden kann. Die Denkmalfachbehörde soll mit dem Eigentümer solcher Denkmale Vereinbarungen über den Zutritt treffen; dies gilt insbesondere dann, wenn für die Erhaltung des Denkmals öffentliche Mittel aufgewendet werden oder aufgewendet worden sind.”

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DER WERT VON DENKMALIMMOBILIEN: EIGENTLICHE KOMMERZIELLE WERTSCHÖPFUNG UND WERTSCHÄTZUNG

Die Bewertung von Baudenkmälern unterscheidet sich von der Bewertung anderer Immobilien dadurch, dass ein Teil des Wertes der Denkmalimmobilie auf dem Markt nicht adäquat abgebildet wird. Dieser Teil des Wertes kann deshalb auch als “non-market value” bezeichnet werden (im Gegensatz zum “market value”).191 Deshalb reicht es bei einem Denkmal nicht aus, den Ertragswert zu bestimmen. Wirft ein Baudenkmal keinen Ertrag ab, so besitzt es deshalb nicht unbedingt keinen Wert. Bei der Bestimmung des ökonomischen Wertes eines Denkmals kann auf die Erfahrungen im Umweltbereich aufgebaut werden. Auch dort geht es um die Bestimmung von nicht greifbaren Werten. Demnach wird der totale ökonomische Wert in Wertkategorien aufgeteilt. Serageldin schlägt vor, den eigentlichen Nutzwert eines Baudenkmals in zwei Teile zu unterteilen.192 Diesem Vorschlag wird hier gefolgt, allerdings wird der Versuch unternommen, eine deutsche Terminologie zu gebrauchen: Die eigentliche “kommerzielle Wertschöpfung” ergibt sich aus dem Nutzen, welcher einem Ort entnommen werden kann, entspricht also dem im Immobilienbereich üblicherweise berechneten Ertragswert (Serageldin spricht vom “Extractive Use Value”).193 Die “Wertschätzung” hingegen ergibt sich aus der Summe von Dienstleistungen, welche ein Ort erbringt, ohne dass finanzielle Transaktionen stattfinden (Serageldin nennt diesen Wert “Nonextractive Use Value”).194 Als Beispiel seien hier die Erholungsmöglichkeit in einem Park oder das Geniessen der Stadträume durch Touristen erwähnt. Nebst dem Erholungswert und dem ästhetischen Wert sind aber auch viele andere Werte denkbar: Auch eine gelungene Verbindung der Corporate Identity einer neuen Nutzung mit der Corporate Architecture, welche durch das Industriedenkmal bestimmt wird, kann für den Investor eine Qualität haben, die sich nicht direkt in der kommerziellen Wertschöpfung niederschlägt, sondern Teil der Wertschätzung ist. Interessant wäre es zu untersuchen, inwiefern Wertschätzung und kommerzielle Wertschöpfung sich antagonistisch verhalten. Der Konflikt zwischen den Ansprüchen der Investoren und der Denkmalpfleger beruht zu einem grossen Teil auf der Annahme, dass die Wertschätzung eines Denkmals leidet, wenn dem Denkmal zuviel kommerzielle Wertschöpfung zugemutet wird, beziehungsweise dass die kommerzielle Wertschöpfung unter einer zu grossen Betonung der Wertschätzung leidet. Eine solche Untersuchung ist im Rahmen dieser Arbeit leider nicht möglich, wäre jedoch äusserst aufschlussreich, weil sie einen Kernpunkt der Konfliktsituation trifft. Eine derartige Untersuchung dürfte allerdings sehr schwierig sein, weil die Wertschätzung sehr schwer zu quantifizieren ist. In

191 Frey, 2000, S. 176. Für diesen anderen Teil des Wertes werden in der Literatur verschiedene Bezeichnungen verwendet, z.B. „sozialer Wert“ (Frey, 2000, S. 176), „immaterieller Wert“ (Suter, 2007, S. 19).

192 Auf den weiteren Vorschlag von Serageldin, im Denkmal zusätzlich zum “Use Value” einen “Non Use Value” zu sehen, wird hier nicht weiter eingegangen.

193 Serageldin, 1999, S. 245. 194 Serageldin, 1999, S. 245.

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der Literatur finden sich zwar verschiedene Ansätze zur Quantifizierung, die vorge-schlagenen Methoden sind aber alle sehr aufwändig und fragwürdig.195

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Denkmäler anders betrachtet werden müssen als andere Immobilien. Verschiedene “Verzerrungen” beeinflussen sowohl die laufende Rechnung als auch die Werte, positiv oder negativ. Die “Verzerrungen” müssen in der Analyse transparent gemacht und die Auswirkungen wo möglich quantifiziert werden. Wird der Wert eines Denkmals betrachtet, so gilt es zu beachten, dass er sich aus zwei Teilen zusammensetzt, wobei der eine Teil nicht adäquat auf dem Markt abgebildet wird, aber dennoch grosse Bedeutung hat, sowohl für den Investor als auch für die Öffentlichkeit.

BEURTEILUNGSKRITERIEN

Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse sollen Industriedenkmalumnutzungen aus ökonomischer Sicht unter den folgenden Gesichtspunkten betrachtet werden:

1. Laufende Rechnung

Die laufende Rechnung der neu angesiedelten Immobiliennutzung soll überprüft werden. Ertrag und Aufwand werden einander gegenübergestellt. Es soll untersucht werden, ob die Einnahmen ausreichen, die anfallenden Kosten langfristig zu decken: Dabei werden die Erträge aus der neuen Immobiliennutzung, die normalerweise vor allem aus Mieterträgen bestehen, aber beispielsweise auch Spenden enthalten können, dem Aufwand entgegengestellt: Dazu gehören die Bewirtschaftungskosten, das heisst die Kosten für Betrieb, Verwaltung und Instandhaltung des Gebäudes, die Rückstellungen für die regelmässigen Gebäudeinstandsetzungen und die Finanzierungskosten für die Verzinsung des Landwerts und für die Amortisation von Baukosten (Abriss, Neubau, Umbau).196 Um sicherzustellen, ob nachhaltig gewirtschaftet wird, müssen die Rück-stellungen für die periodischen Instandsetzungskosten einer genaueren Prüfung unterzogen werden. Es bietet sich eine Plausibilitätsprüfung anhand von Vergleichswerten an (zum Beispiel in Prozent des Gebäudeversicherungswertes). Dabei muss allerdings beachtet werden, dass Besonderheiten des Baudenkmals aber auch der neuen Nutzung

195 Contingent Valuation (Befragungen zur Zahlungsbereitschaft für die Nutzung eines Baudenkmals), Reisekostenmethode (Ermittlung der Reisekosten, die Besucher aufwenden, um an einen Ort zu gelangen), ökonometrische Methoden (Herausfiltern des Effekts des „Historischen“ auf den Preis von Gebäuden), vgl. Serageldin, 1999, S. 247-249. Auch Serageldin weist auf die Schwierigkeiten der einzelnen Methoden hin, z.B. auf die Schwierigkeit bei der Reisekostenmethode, ein Bauwerk aus mehreren Reisezielen herauszufiltern, und auf den grossen Datenbedarf bei der ökonometrischen Methode. (Serageldin, 1999, S. 247/248). Bei der Contingent Valuation stellt sich die Frage, wie aussagekräftig die Antworten sind, solange die Befragten sich nur hypothetisch mit der Frage auseinandersetzen müssen.

196 Vgl. auch Fierz, allerdings braucht er ein anderes Vokabular: „Kostendeckend ist ein Mietzins dann, wenn daraus die laufenden Betriebs-, Unterhalts- und Verwaltungskosten bestritten, der Landwert verzinst, die Baukosten amortisiert und genügend Rücklagen für spätere Gebäuderenovationen gebildet werden können [...]“. (Fierz, 2005, S. 47).

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mitberücksichtigt werden. Tragen beispielsweise die Mieter etwas zur Instandsetzung bei, weil sie die Räume roh übernehmen und selbst ausbauen, so ist dies zu berücksichtigen. In die Untersuchung der laufenden Rechnung einfliessen sollen Überlegungen zu den identifizierten “Verzerrungen”. Wo möglich, soll die Rechnung “entzerrt” werden.

Abb. 1.14: Überprüfung der laufenden Rechnung

Bei der Überprüfung der laufenden Rechnung soll auch die Art der Finanzierung unter die Lupe genommen werden. Sie gibt Aufschluss darüber, welchem wirtschaftlichen Druck die Umnutzung ausgesetzt ist (Renditeerwartungen), wie finanziell eigenständig eine Umnutzung tatsächlich ist (zum Beispiel einmalige oder wiederkehrende Subventionen oder Sponsorengelder), wie die Risiken verteilt sind und welchen geschäftspolitischen Abhängigkeiten durch Mitspracherechte von Investoren und Financiers das Projekt und die Endnutzung ausgeliefert sind.

2. Werte

Es soll untersucht werden, wie sich die Werte durch die Umnutzung der Industriebrache verändert haben. Hat eine Werterhaltung stattgefunden, eine Wertsteigerung oder etwa ein Wertverlust? Welchen Einfluss haben die Verzerrungen auf den Wert des Industriedenkmals? Sind Opportunitätskosten entstanden, weil auf andere, ernsthaft diskutierte, machbare, aber schliesslich aus denkmalpflegerischen Überlegungen nieder-gelegte Projekte verzichtet wurde? Wie sieht es mit der eigentlichen kommerziellen Wertschöpfung und der Wertschätzung des Denkmals aus?

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Abb. 1.15: Schematische Darstellung der Wertteile: kommerzielle Wertschöpfung und Wertschätzung für unterschiedliche Projekte.

GRENZEN DER ÖKONOMISCHEN BEURTEILUNG

Ökonomische Einflüsse einer Umnutzung auf die Umgebung werden in dieser ökonomischen Beurteilung nicht untersucht. Interessant wäre beispielsweise die Betrachtung der Veränderungen in den dem Areal gegenüberliegenden Liegenschaften oder sogar im Quartier. Kann beispielsweise eine Aufwertung der Umgebung festgestellt werden, welche sich in einem Anstieg der Mieten zeigt? Kann eine Änderung in der Präsenz von Geschäften/Büros etc. festgestellt werden – findet eine Aufwertung des Quartiers statt, indem mehr erwirtschaftet werden kann? Da eine solche Analyse den Rahmen der Arbeit sprengen würde, wird an dieser Stelle darauf verzichtet. Anzumerken ist auch, dass eine Filterung aller möglichen Faktoren, die für derartige Veränderungen verantwortlich sein können, auf diejenigen, welche im Zusammenhang mit der Areal-umnutzung stehen, sehr schwierig sein dürfte.

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1.6 ERKENNTNISGEWINN

Die ausführliche Darstellung der Fallstudie Warteck führt dem Leser die ganze Komplexität einer Umnutzung vor Augen. Das Fallbeispiel scheint geeignet zu sein, die Vielschichtigkeit einer Industriedenkmalumnutzung abzubilden und insbesondere auch die möglichen Konflikte zwischen den verschiedenen Parteien aufzuzeigen. Als eine Art “Nebenprodukt” leistet die umfassende Darstellung des Fallbeispiels Warteck aber auch erstmals eine historische Aufarbeitung der Baugeschichte der Brauerei bis zur Stilllegung, der Umnutzungsgeschichte und der Entwicklung des Areals bis heute.

Die Forschungsarbeit versucht, die Denkweisen eines Städtebauers, eines Denkmal-pflegers und eines Ökonomen aufzuzeigen und am konkreten Fall anzuwenden. Damit soll versucht werden, das Verständnis der verschiedenen Positionen untereinander zu fördern. Das Verständigungsproblem beginnt bereits bei den oft ähnlichen oder sogar identischen Begriffen, die aber Unterschiedliches meinen: Unterschiedlich verstandene Begriffe wie “Nutzwert”, “Gebrauchswert”, “Potenzial”, “Denkmalwert”, “Existenzwert” stiften viel Verwirrung. Ein gegenseitiges Verständnis scheint eine wichtige Voraus-setzung für eine erfolgreiche Umnutzung zu sein – ist es vielleicht sogar die wichtigste? “Denn nur wenn die Beteiligten eines Revitalisierungsprojektes, Eigentümer, Nutzer, Planer, Fachplaner, Wirtschaftsförderer und Genehmigungsbehörden, die Positionen des jeweils anderen verstehen, einschließlich der jeweiligen Primärziele, wird ein realisierungsfähiges Konzept tragbar und umsetzbar.”197

Die vorliegende Arbeit macht einen Vorschlag, wie an die komplexen Umnutzungs-geschichten herangegangen werden könnte. Es wird versucht, eine Methode zu entwickeln, die Umnutzungen so untersucht, dass sich Erkenntnisse gewinnen lassen, die für zukünftige Revitalisierungen verwendet werden können. Anhand von wenigen Umnutzungsbeispielen werden bereits viele mögliche “Schlüssel” zu einer erfolgreichen Umnutzung vorgestellt. Die an wenigen Fällen erarbeitete Untersuchungsmethode könnte als Vorbereitungsarbeit für eine weiterführende Studie benutzt werden. Denkbar wäre eine Anschlussstudie, welche die Untersuchungsmethode auf eine Vielzahl von Objekten anwendet. Damit könnte in Zukunft noch besser vom vorhandenen, wertvollen Erfahrungsschatz der durchgeführten Umnutzungen profitiert werden.

197 Institut für neue Industriekultur INIK (Hrsg.), 2007, S. 8.

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2 Die Brauerei Warteck in Basel

2.1 GESCHICHTE

2.1.1 Die Firmen- und Baugeschichte der Brauerei Warteck in Basel

2.1.1.1 Die Entstehung der Brauerei Warteck in Basel Niklaus Emanuel Merian-Seeber (1828-1872), Sohn des Ratsherrn Emanuel Merian in Basel, kaufte 1855 eine Parzelle gegenüber dem eben entstehenden alten Badischen Bahnhof in Basel, wo er selbst Bier für die eigene Wirtschaft brauen wollte. 1856 baute Merian-Seeber auf dem Grundstück die Wirtschaft und Brauerei „Warteck“ an der Ecke Clarastrasse/Riehenring (damals Bahnhofstrasse), die diesen Namen trägt, weil die Gäste an dieser Ecke warteten. Trotz der strategisch geschickten Wahl des Ortes direkt gegenüber dem Bahnhof lief das Geschäft nicht befriedigend. Merian-Seeber verpachtete die Brauerei an seinen Braumeister, doch auch unter diesem lief das Geschäft schlecht.

1869 übernahm Bernhard Füglistaller-Sprenger (1841-1931) aus Jonen im Kanton Aargau die Brauerei als Pächter. Unter ihm erfuhr das „Warteck“ einen Aufschwung. Füglistaller verkaufte sein Bier nicht nur an andere Wirtschaften und Private in Basel, sondern er lieferte auch an Kunden in Rheinfelden, im Berner Jura, im Baselbiet, im oberen Fricktal, in Bulle, Neuenburg und ab 1872 auch in Belfort, Montbéliard und Mühlhausen. Als Merian-Seeber in finanzielle Schwierigkeiten geriet, kaufte Bernhard Füglistaller-Sprenger die Brauerei, die nun in „Bierbrauerei B. Füglistaller zum Warteck“ umbenannt wurde.1

2.1.1.2 Warteck am Burgweg: Wachstum und Blütezeit

DIE ANFÄNGE AM BURGWEG

Bald reichten die Kellerräumlichkeiten am alten Standort nicht mehr aus. 1872/73 baute Füglistaller deshalb am Burgweg in Basel neue Lagerkeller.2 Die Keller mit den Namen

1 Hauptquelle zur Geschichte der Brauerei: Wanner, 1956 (A). Die Brauerei wurde im Laufe ihrer Geschichte immer wieder etwas anders genannt (bei der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft erhielt sie den Namen “Aktiengesellschaft Bierbrauerei zum Warteck B. Füglistaller Nachfolger”, vor der Stilllegung hiess sie schliesslich “Brauerei zum Warteck AG, vormals B. Füglistaller”. Der Einfachheit halber wird in dieser Arbeit von der “Brauerei Warteck” gesprochen.

2 Gemäss Plänen von 1971: Architekt Ch. Giek, Lörrach (Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, 1871).

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„der Einer“, „der Zweier“ und „der Dreier“ lagen tief unter dem Boden; darüber wurde ein Gebäude errichtet. Die Keller bildeten das Kernstück der späteren Brauerei am Burgweg.

1876 kaufte Füglistaller eine weitere Parzelle neben der Brauerei beim alten Badischen Bahnhof, wo er seine Brauerei durch Eiskeller, Kühlschiff und Pferdestallungen erweiterte. Das abgekühlte Bier gelangte von hier in die Keller am Burgweg. 1878 wurden die Lagerkeller am Burgweg bereits vergrössert. In den 1880er Jahren stieg der Bierabsatz weiter an, so dass am alten Ort eine Ausbaulimite erreicht wurde.

Abb. 2.1: Wirtschaft und Brauerei Warteck beim alten Badischen Bahnhof, Keller am Burgweg, Basel 1873.

Abb. 2.2: Situation 18723 1- Keller Projekt 1871. * Die heutige Alemannengasse hiess damals Hinterer Burgweg.

3 Bemerkungen zu den Darstellungen der Baugeschichte: Gekennzeichnet sind auf den Plänen nur bedeutende Veränderungen, Neubauten, Ersatzbauten. Umnutzungen und Umbauten wie zum Beispiel

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ERSTE BEDEUTENDE BAUPHASE UM 1890

Mit dem Entscheid, die Produktion an den Burgweg zu verlegen, wurde um 1890 die erste bedeutende Bauphase auf dem Areal ausgelöst. Die ersten Grossbauten wurden nun erstellt: Um 1890/91 wurden ein Sud- und Maschinenhaus4 und ein Dampfkesselhaus erbaut. Ausserdem wurden ein Kühlschiff, Gär- und Lagerkeller und eine Schwenkhalle erstellt. Die erste Eismaschine wurde installiert.

Auch in organisatorischer Hinsicht veränderte sich in dieser Zeit das Unternehmen: Nachdem Füglistaller-Sprenger mehrere Anfragen betreffend Verkauf des Geschäfts an eine Aktiengesellschaft erhalten hatte, kam es 1889 zur Gründung der „Aktiengesellschaft Bierbrauerei zum Warteck B. Füglistaller Nachfolger“. 1894 übergab Bernhard Füglistaller-Sprenger die Geschäftsführung seinem Sohn Bernhard Füglistaller-Schmid (1870-1941).

In den folgenden Jahren wurde die Brauerei am Burgweg weiter vergrössert, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. Dafür wurden immer wieder Liegen-schaften rund um die ursprüngliche Parzelle am Burgweg dazugekauft: Zu Beginn der 1890er Jahren wurde die Liegenschaft der anstossenden früheren Brauerei St. Clara an der Alemannengasse gekauft. 1893/94 wurde darauf an der Ecke Burgweg/ Alemannen-gasse eine Fasshalle errichtet. 1894-1897 entstand an der Stelle der Gebäude der Brauerei St. Clara ein Magazin- und Gärkellergebäude von Romang & Bernoulli.5 Ein Büro- und Stallgebäude wurde erstellt. Und 1899 wurde das Restaurant „Warteck“ an der Ecke Burgweg/Grenzacherstrasse erbaut und im Juli 1900 eröffnet. Für diese beiden Neubauten wurde die Liegenschaft bis an die Grenzacherstrasse erweitert. Um 1905/6 kam das erste der vier Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse, das Haus Nr. 62, welches um 1880 erbaut worden war und an welches das Restaurantgebäude anschloss, in die Hände der Brauerei Warteck.6 Um die Jahrhundertwende wurde ausserdem Land an der Alemannengasse und am Fischerweg dazugekauft. Stallungen, Wagenremisen und Werkstätten wurden nun hierher verlegt. Der dadurch gewonnene Platz konnte für einen ersten Ausbau des Flaschengeschäfts genutzt werden.

Aufbauten sowie Rampen und dergleichen werden in der Regel nicht aufgeführt. Solche Veränderungen waren aber sehr häufig. Ausgezogene Parzellengrenze (Blau): damalige (vermutete) Grenze der Parzellen der Brauerei Warteck. Gestrichelte Parzellengrenze (Blau): Parzellen zur Zeit des Verkaufs des Getränkebereichs, 1988. Nicht gekennzeichnet sind Parzellen/Liegenschaften ausserhalb der Areale A und B, insbesondere das Verwaltungsgebäude an der Grenzacherstrasse. Auch das Braumeisterwohnhaus und die Direktorenvilla sind nicht vermerkt.

4 Pläne gemäss Geschäftsbericht der Brauerei Warteck von 1889/90 durch Architekt Peter Bender in Mannheim, Bau unter der Leitung von Köpf in Basel, Herren Keckeis & Bay (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel).

5 Erstellung vermutlich in zwei Bauetappen (Geschäftsberichte Brauerei Warteck 1893/4 und 1896/7, Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel). Siehe auch Kapitel „Die einzelnen Bauten“.

6 Die Häuser Nr. 64-68 kamen später auch zur Brauerei Warteck. Es ist anzunehmen, dass um 1927 alle vier Wohnhäuser der Brauerei Warteck gehörten. Siehe dazu Kapitel “Die einzelnen Bauten”.

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Abb. 2.3: Situation 1905 – Veränderungen seit 1872 2-Wohnhäuser Grenzacherstrasse 62-68 1878-80, 3-Schopf/Schuppen Projekte 1880/81, 4-Erweiterung Keller Projekt 1877, 5-Pichhalle7 verm. Projekt 1886, 6-Eismaschinen- und Sudhaus 1890/91, 7-Dampfkesselhaus 1890/91, 8-Kühlschiffaufbau Projekt 1890, 9-Gär- und Lagerkeller Projekt 1891, 10-Schwenkhalle Projekt 1891, 11-Fasshalle 1893/94, 12-Büro- und Stallgebäude Projekt 1896, 13-Magazin- und Gärkellergebäude 1894/97, 14-Restaurant und Wohnhaus 1899/1900, 15-Verm. Rossstallungen 1900/01.

ZWEITE BEDEUTENDE BAUPHASE IN DEN 1930ER JAHREN

Während vor und während des Ersten Weltkriegs das Kerngeschäft durch hohe Rohstoffpreise und geringen Absatz unter dem Krieg litt, lief das Geschäft mit Eis sehr gut. Für dieses „Nebengeschäft“ mit dem Eis wurden auch die Anlagen für die Eis-fabrikation stetig vergrössert.

Am Fischerweg wurde eine Parzelle, angrenzend an die Immobilien der Brauerei, dazugekauft. 1924/25 entstand darauf ein Fabrikations- und Lagergebäude. Um 1927 wurde ein Garagen- und Werkstattgebäude errichtet, um 1928 entstand ein Gebäude für das Flaschenbiergeschäft, um 1930 schliesslich eine neue Pichhalle auf dem Grundstück auf der anderen Seite des Fischerwegs.

Bedeutende Erweiterungen folgten in den 1930er Jahren. Für diese zweite bedeutende Bauphase auf dem Areal wurden diverse ältere Gebäude abgerissen und durch neue ersetzt. 1930/31 entstanden ein Neubau für das Malz- und Kohlesilo sowie ein Gebäude für die Malzannahme und das Treberlager. 1931-33 wurde das neue Sudhaus mit Wasserturm erstellt. Alle diese Gebäude stammen von den Architekten Suter & Burckhardt. An der Grenzacherstrasse, gegenüber dem Brauereiareal, wurde ausserdem ein Verwaltungsgebäude errichtet.

7 Küferwerkstätten, in welchen Holzbierfässer hergestellt wurden.

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Abb. 2.4: Situation 1940 – Veränderungen seit 1905 16-Überdachung Hof ca. 1910, 17-Durchfahrt Grenzacherstrasse-Hof Projekt 1912, 18-Vergrösserung Kesselhaus Projekt 1914, 19-Fabrikations- und Lagergebäude Projekt 1924/25, 20-Garage- und Werkstattgebäude Projekt 1927, 21-Flaschengeschäft Projekt 1928, 22-neue Pichhalle Projekt 1930, 23-Treberlagergebäude 1930/31, 24-Malzsilo 1930/31, 25-Sudhaus 1931-33, 26-Wasserturm 1931-33.

DRITTE BEDEUTENDE BAUPHASE IN DEN 1960ER JAHREN

1947 übernahm mit Bernhard Walter Füglistaller-Schachenmann die dritte Generation die Leitung. Wie während des Ersten Weltkriegs waren auch während des Zweiten Weltkriegs kaum Erneuerungen vorgenommen worden. Umso grösser war nach dem Krieg der Modernisierungsbedarf. 1948/49 wurde das Flaschenbiergeschäft modernisiert und vergrössert. In den 1950er Jahren wurde unter anderem das Maschinenhaus renoviert, ein modernisierter Lagerkeller in Betrieb genommen, technische Anlagen wurden auf den neusten Stand gebracht. 1959/60 wurden weitere Lagerkeller erstellt.

Eine dritte bedeutende Bauphase auf dem Brauereiareal folgte in den 1960er Jahren: Der grosse Neubau des neuen Flaschengeschäfts8, welcher zwischen 1968 und 1972 vom Architekturbüro Suter & Suter auf dem Areal B erbaut wurde, wurde als „Europas modernstes ‚Flaschengeschäft’“gefeiert.9 Die Anlage galt unter anderem als innovativ, weil sie aus Platzgründen in der Vertikalen über mehrere Stockwerke angelegt war. Eine erste Bauetappe auf dem Areal wurde 1965 abgeschlossen, sie enthielt unter anderem Nebenbetriebsbauten, eine Garagenhalle und eine Grundwasserfassung.

8 Das sogenannte Flaschengeschäft beinhaltete Abfüllerei, Flaschenreinigung, Voll- und Leergutlager, Spedition, Drucktankkeller und Nebenräume.

9 Wanner, Gustav Adolf, “Europas modernstes ‘Flaschengeschäft’. Warteck, Basels einzige Brauerei, 116 Jahre jung”, in: Basler Nachrichten, 30.5.1972.

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Abb. 2.5: Situation 1969 – Veränderungen seit 1940 27-Vergrösserung Flaschengeschäft (Kistenlager, Annahme) 1948/49, 28-Vergrösserung Flaschengeschäft (Flaschenbierkeller) 1948/49, 29-Speditionsbüro Projekt 1953, 30-Lagerkeller für Biertanks 1959/60, 31-Nebenbetriebsbauten, Garagenhalle und Wasserfassung 1965, 32-Neubau Flaschengeschäft 1968-70.

1976 übernahm Alexander Peter Füglistaller-Ganter die Leitung. 1979 wurde das ehemalige Flaschengeschäft in ein neues Werkstattgebäude umgebaut, und auf dem früheren Containerplatz wurden 1980 sechs Gär- und Lagertanks aufgestellt, welche den ganzen bisherigen Gärkeller ersetzten. Der sogenannte Schalander, Aufenthalts- und Pausenraum für die Mitarbeiter, wurde für Gäste ausgebaut; Garderoben und sanitäre Anlagen für die Mitarbeiter wurden erneuert. 1985 wurde eine Lagerhalle errichtet.

STETIGE AREALERWEITERUNG

Für das kontinuierliche Wachstum der Brauerei über die Jahrzehnte hinweg wurde immer mehr Land benötigt. Durch diverse Zukäufe wuchs die ursprüngliche Parzelle, die für die ersten Keller Platz bot, stetig an, bis schliesslich 1988 das Areal A den ganzen Block Grenzacherstrasse/Fischerweg/Alemannengasse/Burgweg einnahm. Auf der gegenüber-liegenden Seite des Fischerwegs war mit dem Areal B noch eine ähnlich grosse Fläche dazugekommen.

WACHSTUM AUSSERHALB DES AREALS

Warteck beschränkte sich schon früh nicht mehr auf die Produktion am Burgweg, sondern expandierte durch die Anlage von dezentralen Depots und durch Akquisitionen: Bereits um 1890 waren die ersten Eisenbahnwagen für den Biertransport angeschafft worden. 1896/97 entstand das erste Warteck-Depot auf dem Mattenhof in Bern. 1922 errichtete Warteck ein eigenes Depot in Delsberg und Pruntrut. 1934/37 wurden in Bern und Delsberg die Depots neu gebaut; 1954 folgte ein Depot mit Abfüllanlage in Emmenbrücke. 1889/90 übernahm Warteck die Brauerei Merian in der Thorsteinen in Basel, 1907/8 die Brauerei Farnsburg in Gelterkinden und die Brauerei Thoma an der St. Jakobstrasse in Basel, 1913/14 das Basler Löwenbräu, 1922 die Brasserie Jurassienne in Delsberg, die

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Cardinal-Brauerei an der Viaduktstrasse und das Greifenbräu an der Amerbachstrasse in Basel gemeinsam mit der Basler Aktienbrauerei und dem Salmenbräu Rheinfelden.10

2.1.1.3 Produktionsrückgang: Verkauf des Geschäfts und Stilllegung der Brauerei

Seit den 1970er Jahren sank der Pro-Kopf-Bierkonsum in der Schweiz beträchtlich, zwischen 1970 und 1990 insgesamt um ca. 12%.11 Im Geschäftsbericht der Brauerei Warteck von 1975 wird versucht, den verminderten Absatz zu erklären: „Die Gründe für den Absatzrückgang sind vielschichtig: [...] ein Drittel unseres Absatzrückgangs entfällt allein auf den Sektor Bauwirtschaft. Zurückhaltung im täglichen Konsum ganz allgemein und in den Gaststätten im Speziellen sowie der rückläufige Tourismus stellen die weiteren Hauptgründe dar.“12 Die Belastung durch Forderungen der Absatzmittler und Auflagen der Behörden wurde immer grösser. Und gleichzeitig wurde der Konkurrenzkampf unter den Anbietern grösser, ausländische Anbieter drängten auf den Markt. Die Brauerei Warteck versuchte durch die Produktion von Spezialbieren ihre Position im Markt zu stärken (“alkoholfrei” ab 1975/76, „Alt“ ab 1979/80, “light” ab 1985). 1988 machten die Spezialbiere und Spezialitäten 36% vom Gesamtabsatz aus.13 Für Warteck gingen auf dem Lande immer mehr kleine, aber erfolgreiche Absatzstellen verloren.14 Der 1973 erzielte Bierausstoss von 273’000hl konnte in den nachfolgenden Jahren nie mehr erreicht werden.15 Im Jahre 1988 sank der Absatz bei Warteck gar um 3,1% gegenüber dem Vorjahr, damit gehörte die Brauerei in diesem Jahr zu den Verlierern auf dem Markt.16 In einem Interview mit Architektur-Diplomanden der EPFL begründete Alexander Füglistaller später die schwierige Lage des Unternehmens damit, dass die Brauerei zu gross war für den lokalen Markt, aber zu klein, um sich international behaupten zu können.17

Im April 1988 nahm der Verwaltungsrat mit Feldschlösschen in Rheinfelden Kontakt auf, und im August wurde ein Verkaufsvertrag über das Getränkegeschäft mit Wirkung per 1.1.1989 unterzeichnet. In dem Moment, wo der Verkauf nur noch durch die General-

10 Hauptquellen zur Firmen- und Baugeschichte der Brauerei: Wanner, 1956 (A); Geschäftsberichte der Brauerei Warteck (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel); Pläne insbesondere aus dem Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, Alemannengasse, Grenzacherstrasse, Fischerweg.

11 FAOSTAT (Food and Agricultural Organization of the United Nations: www.faostat.fao.org, Stand Mai 2005).

12 Geschäftsbericht Brauerei Warteck 1975 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv). 13 „Die Warteck Brauerei & Getränke AG, Basel, ihre Entstehung und Entwicklung in 133 Jahren“, Schrift vom

28.2.1989 (Archiv der Warteck Invest AG). 14 ds, “Rückblick aufs letzte Bierjahr. Von der Brauerei zur Immobilien- und Freizeitcenter-Invest AG”, in:

Basler AZ, 12.4.1989. 15 „Die Warteck Brauerei & Getränke AG, Basel, ihre Entstehung und Entwicklung in 133 Jahren“, Schrift vom

28.2.1989 (Archiv der Warteck Invest AG). 16 Möglicherweise hatte die Bekanntgabe des Verkaufs am 1.9.1988 bereits einen Einfluss auf den

Jahresabsatz 1988. 17 Gross und Jomini, 1996/1997, S. 11.

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versammlung bestätigt werden musste, bot die Luzerner Recon Revisions- und Treuhand AG im Namen eines unbenannten Mandanten durch ein Inserat in der Basler Zeitung einen bedeutend höheren Betrag, allerdings für die Brauerei inklusive Liegenschaften.18 Die Brauerei Warteck stieg aber auf das „Angebot“ nicht ein, die ausserordentliche Generalversammlung Ende September 1988 beschloss den Verkauf an Feldschlösschen. „In 50 Minuten war alles vorbei“ schilderte Alexander Peter Füglistaller-Ganter den Beschluss der Generalversammlung und damit das Ende einer fast 100 jährigen Brauerei-Geschichte am Burgweg in einem Interview in der Basler Zeitung.19 Noch im gleichen Jahr wurden die Bedingungen auf dem Biermarkt noch härter: Sibra kündigte die Mitgliedschaft im Brauereiverein und senkte darauf die Bierpreise um 30%, während Coop die preisgünstige Marke „Tell“ auf den Markt brachte. Der verkaufte Getränkebereich Warteck, die siebtgrösste Brauerei der Schweiz, wurde zur Feldschlösschen-Tochter „Warteck Brauerei und Getränke Basel“. Produziert werden sollte das gleiche Bier wie zuvor. Die Produktion sollte noch zwei bis drei Jahre in der Brauerei am Burgweg weiterlaufen, bis die entsprechende Produktionskapazität in Rheinfelden aufgebaut war, danach war vorgesehen, das Warteck-Bier in Rheinfelden zu produzieren.20

Die Grundstücke mit Brauereigebäuden blieben im Besitz von Warteck, beziehungsweise in den Händen der aus der Brauerei Warteck hervorgegangenen Warteck Invest AG, eine Immobilienfirma mit damals ca. 80 Liegenschaften, unter anderem Restaurants, Gast-stätten und Freizeitanlagen. Während die Zahlen im Biergeschäft immer schlechter aussahen, hatte die Brauerei Warteck bereits in den 1980er Jahren begonnen, in den Bereich Sport- und Freizeitzentren zu investieren: 1977 errichtete Warteck erstmals eine Sportanlage für Squash, 1983 wurde eine Sportcenterkette übernommen. Daraus ging die „Warteck Sport Holding“ hervor. Warteck errichtete in der Folge sechs Tennis- und Squash-Zentren in der Schweiz.21 Seit 1982 wurden die Liegenschaften der Brauerei als eigene Sparte separat geführt.22 Damit war der Grundstein für das spätere Geschäft der Warteck Invest AG im Immobilienbereich gelegt. Um ihre Grundstücke der ehemaligen Brauerei am Burgweg wird es in der Folge gehen.

18 Es bestand die Vermutung, dass Reichlin, Inhaber der Recon Treuhand & Revisions AG und auch Verwaltungsrat oder Präsident mehrerer Immobilienfirmen, persönlich hinter diesem Angebot stand.

19 Sutter, Markus, “Warteck: Nichts Ungewöhnliches an der ausserordentlichen GV”, in: Basler Zeitung, 22.9.1988.

20 Dazu Theodor Tschanz, Mitglied der Zentraldirektion der Feldschlösschen-Gruppe in einem Interview im September 1988: „Das kann man. Wir werden ein spezielles Wasser verwenden. Wir werden mit den Spezialisten von Warteck und deren Know-how das Bier brauen. Wir werden die Warteck-Hefe und –Rezepturen benützen. Ich bin davon überzeugt, dass wir von Rheinfelden aus das echte Basler Warteck-Bier liefern werden.“ (Erbacher, Felix, „Warteck weiterführen“, in: Basler Zeitung, 3.9.1988).

21 „Die Warteck Brauerei & Getränke AG, Basel, ihre Entstehung und Entwicklung in 133 Jahren“, Schrift vom 28.2.1989 (Archiv der Warteck Invest AG).

22 Geschäftsbericht Brauerei Warteck 1982, S. 9.

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2.1.2 Zusammenfassung der Geschichte

Die Geschichte der Brauerei Warteck ist die Geschichte eines Basler Familien-unternehmens, welches vergleichsweise früh in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, aber dennoch über vier Generationen von der Familie Füglistaller geführt wurde. Diese Familientradition war sehr wichtig – sie hatte Auswirkungen auf die Entscheidungen im Biergeschäft, aber auch auf die Bautätigkeit. So lässt sich beispielsweise das sehr häufige Engagement der “Hausarchitekten” Suter & Burckhardt beziehungsweise später von Suter & Suter wohl durch diese Tradition erklären. Die Geschichte der Brauerei Warteck am Burgweg nahm um 1870 ihren Anfang, als für die damals am alten Badischen Bahnhof gelegene Brauerei Warteck ein extern liegendes Lagerhaus erbaut wurde. Um 1890 wurde die ganze Produktion an den Burgweg verlegt, was eine erste bedeutende Bauphase auslöste. Das Herzstück der Anlage bildete das Eismaschinen- und Sudhaus von 1890/91. Während des Ersten Weltkriegs litt das Biergeschäft unter Absatzproblemen, während das Nebengeschäft mit dem Eis florierte. In dieser Zeit war die Bautätigkeit sehr gering. Darauf folgte in den 1930er Jahren eine zweite bedeutende Bauphase: Für die entstehenden Neubauten wurden diverse ältere Gebäude auf dem Areal abgerissen, so zum Beispiel das alte Sudhaus aus den 1890er Jahren. Die markantesten Neubauten aus den 1930er Jahren - das neue Sudhaus, der Wasserturm, das Malzsilo und das Treberlager - stammen alle vom Architekturbüro Suter & Burckhardt. Wie nach dem Ersten Weltkrieg so bestand auch nach der Zeit des Zweiten Weltkriegs mit sehr wenig Bautätigkeit ein erheblicher Modernisierungsbedarf. In den 1960er Jahren folgte deshalb eine dritte bedeutende Bauphase: Neubauten entstanden nun vor allem auf dem Areal B, so unter anderem das neue Flaschengeschäft vom Architekturbüro Suter & Suter. Auf diese Bauphase folgten nur noch eher unbedeutende Erneuerungen, einmal abgesehen von den 1980 aufgestellten sechs Gär- und Lagertanks, welche auf vergleichsweise engem Raum den gesamten bisherigen Gärkeller ersetzten. Seit den 1970er Jahren sank der Pro-Kopf-Bierkonsum in der Schweiz beträchtlich und der Konkurrenzkampf unter den Bierherstellern wurde immer grösser. Warteck versuchte, sich durch die Herstellung von Spezialbieren auf dem Markt zu behaupten. Es zeigte sich aber, dass Warteck für den lokalen Markt zu gross, hingegen für den internationalen Markt zu klein war (“stuck in the middle”). Schliesslich wurde der Getränkebereich per Januar 1989 an Feldschlösschen verkauft. Mit dem Besitz von Restaurants und Gast-stätten hatte die Brauerei traditionellerweise mit Liegenschaften zu tun gehabt. In den 1970er Jahren hatte Warteck begonnen, in Sport- und Freizeitzentren zu investieren und sich dadurch mit dem Immobiliengeschäft ein weiteres Standbein aufzubauen. So war es für Warteck nur folgerichtig, die Grundstücke der Brauerei am Burgweg in eigenen Händen zu behalten. Aus der Brauerei Warteck ging so die Immobilienfirma Warteck Invest AG hervor. Während des fast 100-jährigen Bestehens der Brauerei am Burgweg wurden unzählige Gebäude gebaut, abgerissen, umgebaut, angebaut, aufgestockt, umgenutzt. Pro Jahr

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wurden diverse Baueingaben eingereicht.23 Wie eine Maschine wurden die baulichen Anlagen je nach Bedarf den neuen Anforderungen zur Optimierung des Herstellungs-prozesses und zur Kapazitätssteigerung angepasst. Die Baugeschichte der Brauerei Warteck ist die Geschichte eines Areals mit vergleichsweise hohem “Bestands-durchsatz”.24

23 Gemäss Nachforschungen im Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, Alemannengasse, Grenzacherstrasse, Fischerweg.

24 Gemäss Hassler und Kohler gibt es zwei Typen von Industrien, was den “Bestandsdurchsatz” betrifft. Beim Typ mit hohem Bestandsdurchsatz handelt es sich um Fabriken mit grossem Veränderungsdruck, rascher Folge von Neubau und Abriss. Als Beispiel wird die Zuckerfabrik Waghäusel genannt, wo in 150 Jahren 500 Gebäude erbaut wurden und bei der Stilllegung gerade noch 51 vorhanden waren. Beim Typ mit niedrigem Bestandsdurchsatz hingegen wie bei der Kokerei Hansa bot bei der Stilllegung das Areal ein nahezu vollständiges Abbild des während der Betriebszeit gewachsenen Bestandes. (Hassler und Kohler, 2004, S. 228/229).

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Abb. 2.6: “Warteck” (links) gegenüber dem alten Badischen Bahnhof (rechts), vor 1910.

Abb. 2.7: Brauerei am Burgweg, Postkarte 1912.

Abb. 2.8: Flugaufnahme um 1933, Sicht auf das Areal A.

Abb. 2.9: Flugaufnahme um 1968, Baustelle für das neue Flaschengeschäft.

Abb. 2.10: Flugaufnahme um 1977. Abb. 2.11: Blick auf Areal A vor der

Umnutzung, vermutlich 1979/80.

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1872 1882

1905 1921

1940 1956

1969 1989

Abb. 2.12: Übersicht Baugeschichte.

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LEGENDE ZUR ÜBERSICHT BAUGESCHICHTE

Bild 1872 1 Lager- und Eiskeller Projekt 1871

Bild 1882

2 Wohnhäuser Grenzacherstr. 62-68 1878-180 3 Schopf/Schuppen Projekte 1880/81 4 Erweiterung Keller Projekt 1877

Bild 1905

5 Pichhalle verm. Projekt 1886 6 Eismaschinen- und Sudhaus 1890/91 7 Dampfkesselhaus 1890/91 8 Kühlschiffaufbau Projekt 1890 9 Gär- und Lagerkeller Projekt 1891

10 Schwenkhalle Projekt 1891 11 Fasshalle 1893/94 12 Büro- und Stallgebäude Projekt 1896 13 Magazin- und Gärkellergebäude 1894/1897 14 Restaurant und Wohnhaus Grenzacherstrasse 60 1899/1900 15 Verm. Rossstallungen 1900/01

Bild 1921

16 Überdachung Hof ca. 1910 17 Durchfahrt Grenzacherstrasse - Hof Projekt 1912 18 Vergrösserung Kesselhaus Projekt 1914

Bild 1940

19 Fabrikations- und Lagergebäude Projekt 1924/25 20 Garage- und Werkstattgebäude Projekt 1927 21 Flaschengeschäft Projekt 1928 22 Neue Pichhalle Projekt 1930 23 Treberlagergebäude 1930/31 24 Malzsilo 1930/31 25 Sudhaus 1931-33 26 Wasserturm 1931-33

Bild 1956

27 Vergrösserung Flaschengeschäft (Kistenlager, Annahme) 1948/49 28 Vergrösserung Flaschengeschäft (Flaschenbierkeller) 1948/49 29 Speditionsbüro Projekt 1953

Bild 1969

30 Lagerkeller für Biertanks 1959/60 31 Nebenbetriebsbauten, Garagenhalle und Wasserfassung 1965 32 Neubau Flaschengeschäft 1968-70

Bild 1989

33 Gärtanks 1979/80 34 Provisorische Lagerhalle Projekt 1985

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2.2 SITUATION VOR DER UMNUTZUNG - AUSGANGSLAGE

Ab dem 1. Quartal 1991 wurden die Brauereigebäude auf dem Areal nicht mehr genutzt, da die Produktion des Warteck-Biers nun in Rheinfelden stattfand. Während die Nutzung des Restaurantgebäudes und der Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse 62-68 von der Stilllegung der Brauerei nicht direkt betroffen war, stellte sich vor allem für den industriel-len Teil des Areals die Frage, wie er neu genutzt werden konnte. Eine Weiternutzung der Gebäude durch eine andere Brauerei war nicht in Sicht.25 In der Folge soll nun die Ausgangslage für eine Revitalisierung des Areals dargestellt werden.26

2.2.1 Arealcharakteristika

LAGE IN DER STADT

Beim Warteckareal handelt es sich um eine innerstädtische Brache in Basel. Das Areal liegt im Wettsteinquartier im Stadtteil Kleinbasel, zwischen der Grenzacherstrasse und dem Rhein. Im Quartier liegen Industrie-, Gewerbe- und Wohnnutzungen eng neben-einander. Etwas östlich des Areals beginnt das Firmenareal von Roche. Südwestlich der Brache befindet sich das Kinderspital. Im Süden gegen den Rhein liegt eine Wohnzone mit Villen. Das Areal besteht aus zwei benachbarten Arealteilen, welche durch den Fischerweg getrennt werden und als „Areal A“ und „Areal B“ bezeichnet werden.

Das Areal ist verkehrstechnisch, mit privatem und öffentlichem Verkehr, gut erschlossen. Über die Wettsteinbrücke und den Wettsteinplatz gelangt man in Kürze zum Areal an der Grenzacherstrasse, eine Ausfallachse in Richtung Grenze und Grenzach-Wyhlen. Das Areal A wird vom Burgweg und vom Fischerweg her erschlossen, das Areal B ist von der Alemannengasse her zugänglich.27 Auf beiden Arealteilen sind die an der Strasse liegenden Häuser auch direkt von der Strasse her erreichbar.

Das Areal der Brauerei Warteck war abgesehen von den Wohnhäusern und dem Restaurantbau bis zur Stilllegung für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, ausgenommen bei geführten Besuchen. Der breiten Bevölkerung bekannt ist das Areal deshalb durch die nach aussen sichtbaren Fassaden, die markanten Türme, den Kamin und die Passerelle über den Fischerweg.

25 Gespräch mit Markus Schmid, Basler Denkmalpflege, Basel, 24.3.2005. 26 Für die Darstellung der Ausgangslage wird in der Folge das Präsens verwendet, um die Situation vor der

Umnutzung einerseits zur Firmen- und Baugeschichte und andererseits zur Umnutzungsgeschichte hin abzugrenzen. Die Verwendung des Präsens bedeutet aber nicht, dass die beschriebene Situation auch der heutigen Situation entspricht.

27 Der um 1912 erstellte Durchgang von der Grenzacherstrasse ins Areal A hatte seinen Zweck eingebüsst.

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Abb. 2.13: Lage der Brauerei Warteck in der Stadt Basel, um 1991.

AREALGRÖSSE

Das Areal A (Burgweg, Grenzacherstrasse, Fischerweg, Alemannengasse) umfasst 9’505m2, das Areal B an Fischerweg und Alemannengasse 7’963m228. Betrachtet man die Arealteile A und B einzeln, so liegt ihre Grösse je unter 1ha, was in den in den letzten Jahren erstellten Studien zu brachliegenden Industriearealen in der Schweiz die Unter-grenze zur Erfassung darstellte.29 Auch wenn man die beiden Arealteile zusammen als ein Areal betrachtet, handelt es sich um eine vergleichsweise kleine Industriebrache.30

28 Geschäftsbericht Warteck Invest AG 1999, S. 20. 29 Siehe Valda und Westermann, 2004 und Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und Eidgenössisches

Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) (Hrsg.), Die Brachen der Schweiz: Reporting 2008.

30 39% aller erfassten Areale in der Schweiz haben eine Fläche von weniger als 2ha. Ihr Anteil beträgt 9% am Flächentotal. (Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) (Hrsg.), Die Brachen der Schweiz: Reporting 2008, S. 6).

A B

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Abb. 2.14: Situation 1989.

EIGENTUMSVERHÄLTNISSE

Die beiden Areale A und B gehören zur Zeit der Stilllegung einer einzigen Eigentümerin, der Warteck Invest AG. Es handelt sich um eine Eigentümerin mit eingeschränkter Wahlfreiheit: Im Gegensatz zu Investoren, die für eine Nutzung ein geeignetes Grund-stück suchen, ist die Warteck Invest AG Erbin des Grundstückes. Sie kann die Grundstücke entweder selbst nutzen oder verkaufen.

ALTLASTEN

Es handelt sich um eine Industriebrache, welche der Produktion von Lebensmitteln diente und deshalb frei von chemischen Altlasten ist. Auf beiden Arealen wurde bis zur Still-legung Frischwasser für die Bierproduktion gefasst. Das Areal weist mit seiner dichten Überbauung aber sehr wohl bauliche Altlasten auf:31 Der Boden ist versiegelt, und die Keller reichen zum Teil bis tief in den Boden hinein.

RECHTLICHE VORAUSSETZUNGEN

Der gültige Zonenplan zur Zeit des Verkaufs an Feldschlösschen ist der kurz zuvor verab-schiedete Plan aus der Zonenplanrevision von 1988: Der gültige Zonenplan für die äussere Stadt/Kleinbasel wurde am 20. April 1988 durch den Grossratsbeschluss geneh-

31 Husmann unterscheidet drei Altlastentypen: chemische Altlasten (Kontaminationen), bauliche Altlasten (Gebäude und Fundamente) und mentale Altlasten. (Husman, 2001, S. 721).

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migt.32 Die Gebäude entlang der Grenzacherstrasse liegen gemäss diesem Plan in der Stadt- und Dorfbildschonzone mit Gewerbeerleichterung. Die ganze übrige Fläche des Areals A liegt in der Zone 4 mit Erleichterung für Industriebauten. Auf dem Areal B liegen die Gebäude ebenfalls in der Zone 4, mit Erleichterung für Industriebauten, zudem muss auf einem Teil der Parzelle der Baumbestand geschont werden. Die Gebäude an der Grenzacherstrasse (Areal A) lagen in der Zeit während der Zonenplanrevision nicht immer in der Schonzone: Dem „Ratschlag“ an den Grossen Rat betreffend der Revision des Zonenplanes für das Gebiet der äusseren Stadt von 1986 ist zu entnehmen, dass diese Häuserzeile noch zwei Jahre vorher der Zone 4 (ohne Gewerbeerleichterung) hätte zuge-teilt werden sollen, was dann aber nochmals korrigiert wurde.33 Für die Gebäude an der Grenzacherstrasse bedeutet der gültige Zonenplan, dass der nach aussen sichtbare und künstlerische Charakter der Bebauung nicht beeinträchtigt werden darf, insbesondere Baukubus und Massstäblichkeit bewahrt werden sollen.34 Es werden also in erster Linie das Strassenbild und das Volumen geschützt. Abweichungen vom Baukubus oder von der Massstäblichkeit sind dann möglich, wenn ein öffentliches Interesse an der Beibehaltung von Baukubus und Massstäblichkeit fehlt oder ein privates Interesse überwiegt. Ausnahmen können auch dann möglich sein, wenn die Auflagen für die Eigentümer unzumutbare Härte darstellen. Der Charakter des Strassenbildes darf aber in keinem Fall beeinträchtigt werden.35 Für die Fläche in der Zone 4 dürfen viergeschossige Bauten erstellt werden. Es ist eine geschlossene Randbebauung vorgesehen. Bei Abweichungen von der geschlossenen Randbebauung ist eine Ausnahmebewilligung notwendig, und die Ausnützungsziffer36 muss eingehalten werden. Sie beträgt für das Warteckareal 1.5.37

32 Siehe Abb. 2.15: Zonenplan Kanton Basel-Stadt (Ausschnitt), Ausgabe 1991 (Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt).

33 Zonenplan-Entwurf äussere Stadt 1:12’500, Beilage 1 zum Ratschlag (Nr. 7907) betreffend Revision des Zonenplanes für das Gebiet der äusseren Stadt (Zonenplanrevision äussere Stadt) (Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt). Mit einem “Ratschlag” ist im Kanton Basel-Stadt eine Informationsschrift des Regierungsrates an den Grossen Rat gemeint, welcher den Ratsmitgliedern als Basis für Beschlüsse dienen soll.

34 Gesetz über den Denkmalschutz des Kantons Basel-Stadt, § 13, Abs. 2 und Anhang des damals gültigen Hochbautengesetzes § 3a, Abs. 1. 2001 wurde das Hochbautengesetz durch das neue Bau- und Planungsgesetz ersetzt.

35 Anhang des damals gültigen Hochbautengesetzes § 3a, Abs. 2-4. 36 Die Ausnützungsziffer (AZ) bezeichnet das Verhältnis von zulässiger Bruttogeschossfläche zur

Parzellenfläche. Als anrechenbare Bruttogeschossfläche zählen die nach aussen abgeschlossenen Flächen der oberirdisch in Erscheiung tretenden Geschosse einschliesslich der Mauer- und Wandquerschnitte (§ 1 Verordnung betreffend die Bestimmung der Bruttogeschossfläche gemäss Hochbautengesetz vom 13. Dez. 1977).

37 Anhang des damals gültigen Hochbautengesetzes § 1, Abs. 2 und § 12 Abs. 3. Weitere Ausführungen zu den rechtlichen Voraussetzungen für die verschiedenen Zonen finden sich im Anhang, Kapitel “Rechtliche Grundlagen”.

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Zone 2a Zone 5a Stadt- und Dorfbildschonzone

Zone 2 Zone 5 Stadt- und Dorfbildschutzzone Zone 3 Zone 6 Zone für öff. Bauten und Anlagen

Zone 4 Zone 7 Industrie Grünzone

Vorschriften für Gebäudegruppen und Abstände Gewerbeerleichterung

Industrieerleichterung Schonung des Baumbestandes

Abb. 2.15: Zonenplan Kanton Basel-Stadt (Ausschnitt), Ausgabe 1991.

2.2.2 Vorhandene Bausubstanz

2.2.2.1 Allgemeine Beobachtungen Die beiden Areale der Brauerei Warteck sind gekennzeichnet durch eine dichte Bebauung. In der Zeit zwischen 1872 und 1988 wurden die anfänglich wenigen locker gruppierten Einzelbauten stets verdichtet. Die Bauten wurden laufend den neuen technischen Möglichkeiten, den sich ändernden Bedürfnissen und der steigenden Absatz-menge angepasst. Teile von Bauten wurden abgerissen, an Fragmente wieder angebaut.

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So wurde beispielsweise das alte Sudhaus von 1890/91 bis auf zwei Achsen (Maschinen-haus) abgerissen, daran wurde 1931-1933 das neue Sudhaus mit Turm gebaut. Pro Jahr sind meist mehrere Baueingaben zu verzeichnen.38 Durch das “organische Wachstum” entstand eine unübersichtliche, verschachtelte Bebauung aus diversen zusammen-hängenden Gebäuden und Gebäudeteilen, bei der die Raumhöhen den jeweiligen Nutzungen entsprechend unterschiedlich, die Niveaus der Räume zum Teil verschoben sind, die Fassaden teilweise nicht mit den Innenräumen übereinstimmen und die einzelnen Gebäudeteile oft verschiedene Baujahre aufweisen.

Es handelt sich bei beiden Arealen um eine grösstenteils geschlossene Randbebauung, welche für Grossbrauereien typisch ist.39 Von der Strasse her führen diverse Eingänge in die verschiedenen Höfe, welche der Zu- und Auslieferung dienen. Zwischen Burgweg und Fischerweg befindet sich der einzige sich über das Areal A erstreckende offene Raum, ein durchgehender, zum Teil gedeckter Hof, welcher die beiden gegenüberliegenden Zugänge verbindet.

Auf dem Areal A finden sich die Ursprünge der Brauerei am Burgweg. Die ersten Bauten waren die drei Keller “der Einer”, “der Zweier” und “der Dreier”, welche um 1872 gebaut wurden und 1988 gemäss Aussagen des ehemaligen technischen Leiters der Brauerei noch immer existierten.40 Die ältesten als Ganzes erhaltenen Gebäude sind die Wohn-häuser an der Grenzacherstrasse, welche ursprünglich nicht der Brauerei gehörten, aber später dazukamen und als Wohnraum für die Brauereiarbeiter aus Deutschland dienten.41 Der jüngste „Bau“ auf dem Areal A sind die Gärtanks, welche 1980 aufgestellt wurden und den ganzen bisherigen Gärkeller ersetzten. Aufgrund dieser baulichen Entwicklung befinden sich auf dem Areal A auch die eigentlichen Bierproduktionsbauten und die Kühl-/ Gär- und Lagergebäude, ausserdem die Spedition, das Restaurant „Warteck“ und vier Wohnhäuser. Sudhaus, Wasserturm, Maschinenhaus, Kesselhaus, Malzsilo und Treber-lagergebäude werden im Umnutzungsprozess als Einheit gesehen und als “Brauerei-komplex” bezeichnet. Der Begriff wird in der Folge für diese Gebäude verwendet.

Im Vergleich zur Bebauung auf dem Areal A ist die Bausubstanz auf dem Areal B vergleichsweise jung. Ab ca. 1900 wurden auf dem Areal B Nebenbetriebe, Stallungen, Wagenremisen und Werkstätten untergebracht. Damit wurden die Pferdeställe möglichst weit weg von der Bierproduktion erbaut, was einer Hygienemassnahme entspricht, die sich bei Grossbrauereien beobachten lässt.42 Auf dem Areal B befinden sich 1988 noch immer Nebenbetriebe (Flaschengeschäft, Garagen, Werkstätten, Magazine etc.). Über den Fischerweg führt im ersten Obergeschoss eine Passerelle, welche das Flaschen-

38 Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, Alemannengasse, Grenzacherstrasse, Fischerweg.

39 Vgl. Rieseler, 2003, S. 199. 40 Gepräch mit Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der Brauerei Warteck (1963-1988), Basel,

14.3.2008. 41 Gepräch mit Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der Brauerei Warteck (1963-1988), Basel,

14.3.2008. 42 Vgl. Rieseler, 2003, S. 34.

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geschäft mit Serviceräumen im gegenüberliegenden Gebäude auf dem Areal A ver-bindet.43 Ein unterirdischer Durchgang verbindet die Gebäude im Untergeschoss. Auf dem Areal B befindet sich das jüngste Gebäude der Brauerei, eine provisorische Lager-halle von 1985.44

2.2.2.2 Die Nutzungen Im Folgenden soll auf die einzelnen 1988 vorhandenen Bauten und ihre Nutzungen eingegangen werden. Es muss allerdings angemerkt werden, dass es aufgrund der vorhandenen Pläne äusserst schwierig war, die Nutzungen der einzelnen Räume zur Zeit der Stilllegung mit Sicherheit zu bestimmen. Die letzten auffindbaren Pläne der Situation vor der Umnutzung, welche über den gesamten industriellen Teil des Areals A erstellt wurden, stammen von 1954 (mit Anpassungen von 1965).45 Danach wurden aber weitere Umbauten und Umnutzungen vorgenommen, welche nur lückenhaft und jeweils ohne Übersichtsplan durch Baueingaben dokumentiert sind. Im Gespräch mit dem ehemaligen technischen Leiter der Brauerei wurde der Versuch gemacht, die Situation von 1988 zu rekonstruieren.46

Abb. 2.16: Brauschema der Brauerei Warteck.

DAS SUDHAUS

Das Sudhaus ist das Zentrum jeder Brauerei. Hier findet der eigentliche Brauvorgang statt. Das Sudhaus aus den 1930er Jahren befindet sich am Ort, wo bereits das erste Sudhaus von 1890/91 stand. Seine Lage ist für Sudhausneubauten am Ende des

43 Verbindung mit dem Schalander, Essraum, Garderoben für Mitarbeiter u.a. 44 Projekt 1985. 45 Siehe im Anhang, Kapitel “Pläne”. 46 Gespräch mit Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der Brauerei Warteck (1963-1988), Basel,

14.3.2008.

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19. Jahrhundert typisch: Es steht am Arealrand und ist damit sichtbar für die Öffentlichkeit.47 Oft wird der im Erdgeschoss beziehungsweise Hochparterre befindliche Sudraum im engeren Sinne als Sudhaus bezeichnet. Es handelt sich um ein „Doppelsudwerk“, bei welchem symmetrisch angeordnet je zwei Maischbottiche und Würzepfannen im Erdgeschoss stehen, zwei Läuterbottiche auf einer Galerie. Das Gerstenmalz wurde aus dem Malzsilo mittels Vakuumpumpe zum Einweichsilo über der Nassschrotmühle im zweiten Obergeschoss des Sudhauses transportiert, in welcher die Malzkörner dann zerquetscht wurden.48 Von da gelangte der Schrot in die Maischbottiche im Sudhaus-Erdgeschoss, wo die Enzyme die Stärke in Malzzucker verwandelten. Anschliessend wurde die Flüssigkeit in den Läuterbottich gepumpt, wo eine Trennung von Würze und Spelzen stattfand. Die Würze floss weiter in die Würzepfanne, wo Wasser und Hopfen beigefügt wurden. Von da wurde die heisse Würze ins Kühlhaus gepumpt. Der Brauprozess im Sudhaus dauerte insgesamt neun Stunden.49

Gleich neben dem Sudhaus steht der sogenannte Wasserturm. Die Aufteilung in Turm und Sudhaushalle ist nicht selbstverständlich. Das Sudhaus von 1890/91 wies noch keinen Turm auf. Gemäss Rieseler kam es bei der baulichen Entwicklung von Brauereien zu einer formalen Aufteilung des ursprünglich blockhaften, rechteckigen Sudhaus-Baukörpers in Turm und Halle, wobei auch blockhafte, rechteckige Sudhäuser ohne Turm weiterhin gebaut wurden.50 Der Wasserturm wurde als Wasserreservoir genutzt, zuoberst befindet sich das sogenannte „Turmstübli“ mit Aussichtsterrasse.

KÜHLHAUS/KELLEREI

Kühlhaus und Kellerei umfassen das Kühlen, Gären und Lagern des Bieres und befinden sich in der Nähe des Sudhauses. Die heisse Bierwürze wurde aus dem Sudhaus zuerst in Wirlpools gepumpt, wo eine Ablagerung von restlichen Teilen von Malz und Hopfen stattfand. Von da wurde der Biersud über Plattenkühler in die offenen Gärbottiche geleitet, wo unter Zugabe von Hefe während etwa einer Woche die Hauptgärung erfolgte. Die Gär- und Lagertanks, welche um 1980 neu aufgestellt wurden, ersetzten diese offenen Gärbottiche.51 Nach der Gärung gelangte das sogenannte Jungbier in die Lagerkeller in den Kellergeschossen. Die Lagerkeller bestehen aus mehreren tunnelartigen Räumen. Aufgrund der längeren Lagerzeit sind diese Räume grösser als die Gärkeller und erstrecken sich unterirdisch über weite Teile des Areals A. Nach der Lagerung wurde das Bier nochmals gefiltert, bevor es für den Verkauf abgefüllt wurde.52

47 Vgl. Rieseler, 2003, S. 29. 48 Früher war das Malz trocken geschrotet worden, in den Obergeschossen befanden sich deshalb

ursprünglich Schrotkästen und Schrotmühlen. 49 Beschreibung des Prozesses gemäss Darstellung von Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der

Brauerei. (Gespräch vom 14.3.2008 und Telefongespräch vom 11.2.2009). 50 Vgl. Rieseler, 2003, S. 239/240. 51 Sie wurden zwischenzeitlich auch als zusätzliches Lager benutzt. 52 Beschreibung des Prozesses gemäss Darstellung von Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der

Brauerei. (Gespräch vom 14.3.2008 und Telefongespräch vom 11.2.2009).

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NEBENBETRIEBE

Maschinenhaus und Kesselhaus sind direkt mit dem Sudhaus zusammengebaut, was einer bei Grossbrauereien typischen Anlage entspricht.53 Sie enthielten Kältekom-pressoren beziehungsweise die für die Energieerzeugung zuständigen Dampfkessel und Dampfmaschinen. Die Brauerei Warteck besitzt keine eigene Mälzerei. Das Malz wurde angeliefert und musste gelagert werden. Dies geschah im Malzsilo an der Alemannengasse und in den gleich dahinterliegenden Malzkästen. Der Nasstreber (Spelzen) stellte einen wertvollen Rückstand aus dem Brauprozess dar und wurde als Tierfutter den Bauern verkauft oder in der Treber-Trockenanlage im Treber-lagergebäude getrocknet und gelagert, bis er verkauft werden konnte. Vor dem Treber-lagergebäude befindet sich eine Waage, wo der Treber abgewogen wurde. Hier wurden auch Malz und Kohle angeliefert. Die Kohle wurde im Kohlesilo im Untergeschoss gelagert, das Malz in das Malzsilo hochgepumpt. Auf dem Areal A befinden sich weitere Nebenbetriebe, zum Beispiel ein Werkstatt-gebäude, das Speditionsbüro sowie diverse Lagerräume. Auf dem Areal B befinden sich das neue Flaschengeschäft, Garagen, Werkstätten, Lagerräume.54

WEITERE NUTZUNGEN

Das Verwaltungsgebäude der Brauerei Warteck, welches um 1930 erbaut wurde, liegt gegenüber dem Areal A auf der anderen Seite der Grenzacherstrasse. Die Lage an der Strassenfront ist für Verwaltungsgebäude typisch.55 Ebenfalls in nächster Nähe, aber ausserhalb der Areale A und B befinden sich das Wohnhaus des Braumeisters und die Direktorenvilla.

53 Vgl. Rieseler, 2003, S. 33. 54 Beschreibung des Prozesses gemäss Darstellung von Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der

Brauerei. (Gespräch vom 14.3.2008 und Telefongespräch vom 11.2.2009). 55 Vgl. Rieseler, 2003, S.199.

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Abb. 2.17: Nutzungen 1988, nach den Plänen von 1954 mit Ergänzungen von 1965, ergänzt um Baueingabepläne (Staatsarchiv und Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt) und Informationen von Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der Brauerei (1963-1988); die Aufteilung in die einzelnen Funktionseinheiten ist nicht immer eindeutig möglich.

Sudhaus mit dazugehörigen Nebenbetrieben

1-Sudhaus: EG: Eigentliches Sudhaus mit Braupfannen, 1. OG: Garderoben und Essraum für Brauer, 2. OG: Einweichsilo und Nassschrotmühle, UG: Pumpenraum

2-Wasserturm mit Wasserreservoir

3-Kesselhaus: EG: Kessel, UG: Pumpen

4-Maschinenhaus: EG: Kältekompressoren, Elektroverteilung, Pumpenraum, Wasserwärmer, 1./2. OG: Wasserenthärtung, Warmwasser, Kaskadenkondensator, 3. OG: Malzkästen, Malzlager, UG: Kompressorenfundamente, Ölfilter für Luft

5-Malzsilo

6-Treberlagerhaus: EG: Malzannahme, 1./2. OG: Trebertrockner und Trebertrockenlager, UG: Kohlesilo

Kühlhaus/Kellerei

7-Magazin- und Gärkellergebäude: EG: Offene Gärbottiche, 1. OG: Würzekühlung (Wirlpools), Elektromagazin, Technikbüro, 2. OG: Mech. Werkstatt, Planungsbüro, Büro Labor, 1./2. UG: Lagerkeller

8-EG: Fassabfüllerei, Lager, Drucklufterzeugung, 1./2. OG: Kühlung für Kälteerzeugung, Schankbuffet für Mitarbeiter, 1./2. UG: Kälteanlage, Lagerkeller

9-Zylinderkonische Gär- und Lagertanks

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10-1./2. UG: Lagerkeller

11-EG: Vollgutlager, 1. OG: Garderoben, Schalander (auch für Besucher), Schlafraum, 1./2. UG: Lagerkeller

Abfüllerei, Spedition und weitere Nebenbetriebe 12-EG: Speditionsbüro 13-Ehem. Pichhalle: 1. OG: Fasslager leere Fässer, Fasspichanlage 14-EG: Verwaltung Werbematerial, 1. OG: Pressionisten, Büros, 1. UG: Leergutlager 15-EG: Werkstatt, 1. OG: CO2-Rückgewinnung, Lager, 1. UG: Hopfenkeller,

Drucktankkeller, Veloraum 16-Neues Flaschengeschäft 17-EG: Vollgutlager für Flaschengeschäft, Export, 1. OG: Holzlager, Maler, Sattler,

Schreinerei 18-EG: Schalander für Chauffeure, 1. OG: keine Nutzung 19-EG: Garagen, 1. OG: Büros, 1. UG: Wasserreservoir 20-Lagerhalle

Weitere Nutzungen 21-Restaurantgebäude: EG: Restaurant, OGs: Wohnungen Wohnhäuser 22-Wohnhäuser (von Mitarbeitern genutzt) 23-Villa Brauerei-Direktor 24-Wohnhaus Braumeister 25-Verwaltungsgebäude Überdachter Hof, Vordächer, Rampen etc.

2.2.2.3 Der Baustil Bei der Konstruktionsweise handelt es sich zum Teil um eine mit Backsteinmauerwerk verblendete Eisenstützenkonstruktion, zu einem grossen Teil aber um Massivmauer-werk.56 Die produktionsbedingte Geschlossenheit der Bauten ist ein typisches Charak-teristikum bei Grossbrauereien.57 Besonders augenfällig wird diese Eigenart bei den beiden Hochbauten, dem Malzsilo und dem Turm. Beide dienen der Lagerung von Roh-stoffen, Malz beziehungsweise Wasser, und weisen deshalb nur eine sehr spärliche

56 Verblendete Eisenstützenkonstruktion z.B. zu sehen in den Plänen von 1931 für das Sudhaus, 1:50, Suter & Burckhardt (Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, 1931, E1330). Gemäss Rieseler war bei deutschen Grossbrauereien für alle drei Produktionseinheiten, Mälzen, Brauen und Kühlen/Gären/Lagern der mit Backstein verblendete Ziegelrohbau mit innerem Eisenskelett die verbreitetste Baukonstruktion. Rieseler untersucht Grossbrauereien in Deutschland zwischen 1870 und 1930. (Rieseler, Klaus, 2003, S.21). Gemäss Bärtschi war in der Schweiz hingegen die Massivbauweise die normale Konstruktionsweise. Sie eignete sich besser für die durch die geringe Kapitalverfügbarkeit bedingten kleinen baulichen Veränderungen. (Gespräch mit Hans-Peter Bärtschi, Arias Industriekultur, Winterthur, 23.1.2008).

57 Rieseler, 2003, S.199.

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Befensterung auf. Rieseler stellt fest, dass die Zeit der grossen Betriebserweiterungen der Brauereien in der zweiten Hälfte der 1880er und in den 1890er Jahren mit einem gesteigerten Repräsentationsanspruch an die Architektur einherging. Dieser manifestierte sich in einer grösseren Schmuckfreudigkeit und in ausgiebiger Verwendung von verschiedenen Stilen, wobei es vor allem ab der zweiten Hälfte der 1890er Jahre verstärkt zum Gebrauch von mittelalterlichen Formensprachen kam. Dieser Trend hielt bis ca. 1910 an.58 Danach griff man meist wieder auf nüchterne, aus dem praktischen Zweck heraus entwickelte Formen zurück.59 Die Brauerei Warteck begann um 1890 ihre Produktion an den Burgweg zu verlegen. Obwohl die Räume offensichtlich vor allem funktional sein mussten und mit ihren unterschiedlichen Abmessungen und Einrichtungen an eine Maschine erinnern, wurde für gewisse Bereiche wie das Sudhaus auch Wert auf Ästhetik und Repräsentation gelegt. Das erste um 1890 erbaute Sudhaus wurde in einem mittelalterlich anmutenden „Burgenstil“ erbaut, wobei im Vergleich mit anderen Sudhäusern mit Schmuckelementen sparsam umgegangen wurde (siehe Abb. 2.18 und Abb. 2.19).60 Die Pläne für das Sudhaus stammen vermutlich vom Architekten Peter Bender in Mannheim, vertreten in der Schweiz durch Köpf, Keckeis & Bay.61 Damit liesse sich auch die Wahl des damals in Deutschland beliebten „Burgenstils“ erklären (siehe folgenden Abschnitt). In der Regel beschränkte sich die Schmuckfreudigkeit auf die Produktionsbauten Mälzerei, Sudhaus, Kellerei, wobei Abstufungen zwischen Schau- und Rückseiten möglich waren.62 Eine Aufnahme der Brauerei Warteck von 1912 zeigt aber, dass auf dem Areal A auch andere Gebäude zur Strasse hin in diesem Stil erbaut wurden, so zum Beispiel die Fasshalle an der Ecke Burgweg/Alemannengasse von 1893/94. Für die Gebäude auf dem Areal B hingegen wurde dieser Stil nicht angewendet (siehe dazu Abb. 2.20 und Abb. 2.21). Der Bau des ersten Sudhauses war für die weitere Stilwahl auf dem Areal massgebend. Der hier verwendete „Burgenstil“ diente gleichsam als Leitmotiv für diverse weitere Bauten. Die Verwendung von gelbem Backstein für die Aussenmauern und rotem Backstein für die Zierelemente kann auf dem Areal A bis in die 1930er Jahre hinein beobachtet werden (neues Sudhaus und Turm). Die an den „Burgenstil“ erinnern-den Elemente erhielten dann aber eine sachlichere Ausprägung: Die jeweilige Bauzeit lässt sich an den Gebäuden ablesen. Eine stilistische Vereinheitlichung der Gebäude durch das nachträgliche Anbringen einer vereinheitlichenden Neuverblendung, wie sie bei einzelnen Brauereien in Berlin beobachtet werden kann, fand hier nie statt.63 Und im Gegensatz zur Architektur der Brauerei Feldschlössen in Rheinfelden etwa, wo bis in die Gegenwart Gebäude im “Burgenstil” erstellt wurden, wandten sich auf dem Warteckareal

58 Rieseler, 2003, S.205. 59 Kunz und Schneller, 1992, S. 6. 60 Vergleicht man das Sudhaus der Brauerei Warteck von 1890/91 zum Beispiel mit dem Sudhaus von

Feldschlösschen in Rheinfelden von 1908, so finden sich beim Warteck-Sudhaus weniger Schmuckelemente: Zinnen sind beispielsweise nur angedeutet, während in Rheinfelden die Zinnen rundumlaufen.

61 Hinweis darauf im Geschäftsbericht der Brauerei Warteck 1989/90 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel).

62 Rieseler, 2003, S. 205. 63 Vgl. Rieseler, 2003, S. 206.

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jüngere Bauten wie das neue Flaschengeschäft (1968-70) ganz vom “Burgenstil” ab, sind sehr nüchtern, funktional und verwenden keinen Backstein.

Abb. 2.18: Altes Sudhaus von 1890 im Burgenstil. Abb. 2.19: Zum Vergleich: Äusserst reicher Burgenstil bei Feldschlösschen in Rheinfelden bis heute, Sudhaus von 1908/57.

Abb. 2.20: Verwendung des “Burgenstils” auf dem Areal A auch bei Nebengebäuden, im Vordergrund: Fasshalle, erbaut um 1893/94, Foto um 1920. Abb. 2.21: Keine Verwendung des „Burgenstils“ auf dem Areal B, im Vordergrund: Eiswerk, Foto vor 1914.

Für die Beliebtheit des „Burgenstils“ bei Brauereien finden sich in der Literatur verschie-dene Erklärungen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde nach neuen künstlerischen Formen für den Industriebau gesucht.64 Viele deutsche Architekten entwickelten eine Vorliebe für burgenhafte Formen, welche sich durch die wissen-schaftliche Erforschung des Burgenbaus, durch Burgenrestaurierungen und Burgenrekon-struktionen im späten 19. Jahrhundert erklären lässt. Die Brauereien standen unter dem Einfluss dieser um 1900 den Höhepunkt erreichenden Burgenromantik.65 Unter dem Einfluss dieser Tendenz bei deutschen Brauereien wurden auch schweizerische

64 Kunz und Schneller, 1992, S. 5. 65 Vgl. Rieseler, 2003, S. 208.

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Brauereien im späten 19. Jahrhundert fast ausschliesslich in diesem Stil errichtet.66 Kunz und Schneller vermuten, dass die überaus häufige Verwendung des Burgenstils bei Brauereien sich mit dem Verständnis der Burg im 19. Jahrhundert erklären lassen könnte: In Musik und Literatur des 19. Jahrhunderts wurde die Burg als „Hort des höchsten Glücks“, als „Himmelsburg“ usw. bezeichnet. „Dass sich gerade so viele Brauereien im Burgenstil finden, könnte einen Zusammenhang [...] damit haben, dass man das Bier als ein Getränk empfand, das Wohlbefinden und Zufriedenheit verschafft.“67 Rieseler stellt ausserdem die Hypothese auf, dass die ausserbayrischen Brauereien mit dem Rückgriff auf mittelalterliche und frühneuzeitliche Stilformen vor allem zwischen 1890 und 1910 an die „mittelalterliche Blütezeit“ anknüpfen wollten, um mittels der Architektur eine historische Kontinuität zu suggerieren, welche durch die Umstellung von obergärigem auf untergäriges Bier nicht gegeben war. Die Münchner Brauereien weisen keine solch starke burghafte oder palastartige Ausprägung auf wie die Berliner Beispiele. Im Gegensatz zum ausserbayrischen Braugewerbe verfügte das bayrische Brauwesen über eine lange und ununterbrochene Brautradition. Rieseler glaubt deshalb, dass die ausdrucksstarke Brauereiarchitektur nicht nur als Repräsentationsträger, sondern vor allem auch als direkter Werbeträger für das eigene Erzeugnis zu deuten sei.68 Anzumerken bleibt, dass auch bei anderen Industriebauten des 19. Jahrhunderts mittel-alterliche Stilformen wie Lisenen, Rundbogenfriese etc. verwendet wurden. Es handelte sich um die geläufigste Form bei der Aussengestaltung von Fabrikbauten.69 In der Industriearchitektur in Deutschland und in der Schweiz wurde der mittelalterliche Burgen-stil so hauptsächlich bei Bergwerken, Brauereien sowie bei anderen Bauten der Nahrungsmittelindustrie verwendet. Er findet sich aber auch bei Bahnhöfen, Kasernen, Museen, Hotels, Mietwohnungen für gehobene Ansprüche und Villen.70

Es gibt keine architektonische Handschrift, welche sich über das Warteckareal erstrecken würde. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Architekten engagiert. Der Architekt des alten Sudhauses, vermutlich Peter Bender aus Mannheim, beeinflusste den Stil der späte-ren Bauten massgebend. Ein grosser Teil der 1988 noch bestehenden Bauten stammt von den Architekten Suter & Burkhardt und vom Nachfolgebüro Suter & Suter Architekten.

2.2.3 Denkmalpflegerische Bedeutung

2.2.3.1 Das Warteckareal Mit dem Verkauf der Brauerei Warteck schloss die damals siebtgrösste Brauerei der Schweiz und die letzte Grossbrauerei auf dem Gebiet der Stadt Basel die Tore. Bei der Brauerei Warteck handelt es sich um eine in vieler Hinsicht typische Grossbrauerei. Es

66 Kunz und Schneller, 1992, S. 7. 67 Kunz und Schneller, 1992, S. 9/10. 68 Rieseler, 2003, S. 215/216. 69 Rieseler, 2003, S. 209. 70 Kunz und Schneller, 1992, S. 5-8.

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sollen hier einige wichtige Merkmale aufgezeigt werden, welche die Bedeutung der Brauerei als typisches Relikt belegen:

– Verschiedene bei Grossbrauereien zu Veränderungen führenden Impulse sind auch bei der Brauerei Warteck zu beobachten: So war der Platzmangel in der Brauerei am alten Badischen Bahnhof der Grund, Lagerkeller an die damalige Peripherie zu verlegen. Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1889 gab wie bei anderen Brauereien auch die finanzielle Kraft, 1990 die Verlagerung der Produktion an den Burgweg und damit den Sprung zu einer Grossbrauerei zu wagen. Technische Errungenschaften ermöglichten Verbesserungen im Pro-duktionsprozess. So konnte wegen der neuartigen Erzeugung von künstlicher Kälte durch eine Kältemaschine, welche um 1876 von Carl von Linde entwickelt wurde und 1880 Serienreife erlangte, um 1890 ein Eismaschinenhaus erbaut werden.71

– Rieseler stellte bei seinen Untersuchungen von Grossbrauereien fest, dass die Entwicklung von einer städtischen Hausbrauerei zu einem industriellen Großbetrieb nicht selten mit der Errichtung von Lagerkellern einsetzte, welche sich in der Regel ausserhalb der damaligen Stadtgrenzen befanden. So expandierte auch die noch kleine Brauerei Warteck am alten Badischen Bahnhof hinaus an den Burgweg. Diese an der Peripherie gelegenen Lagerkeller waren wie hier am Burgweg in den späten 1860er und frühen 1870er Jahren vielfach Keimzellen für die entstehenden Grossbetriebe.72 Rieseler stellte weiter fest, dass nicht selten auf diesen preisgünstigen Grundstücken nebst den Lagerkellern auch Ausschank-stätten in Form von Gartenwirtschaften erstellt wurden.73 Im Fall der Brauerei Warteck wurde das Restaurant an der Ecke Burgweg/Grenzacherstrasse erst nach dem Umzug der Produktion an den Burgweg erbaut.

– Auch die beobachtete bauliche Entwicklung auf dem Areal und die schliesslich vorgefundene dichte, verschachtelte und bis auf die Hofeinfahrten relativ geschlos-sene Bebauung zu den Strassen hin ist für Grossbrauereien charakteristisch. So schreibt Rieseler: „Die bauliche Entwicklung der Großbrauereien führte im untersuchten Zeitraum [1870-1930] von wenigen locker gruppierten Einzelbauten über eine stetige Verdichtung zu bisweilen unübersichtlichen, aus einer Vielzahl von Einzelgebäuden bestehenden Konglomeraten mit größtenteils geschlossener Randbebauung.“74 Geschlossenheit und allmähliche Verdichtung ergeben sich bei der Brauerei Warteck durch die Lage im Stadtgefüge mit begrenzten Möglichkeiten zur Ausdehnung. Die typische Verschachtelung, welche sich durch die Vielzahl von kleinen Umbauten und Anbauten etc. ergibt, ist möglicherweise auch eine Folge der Kapitalstruktur. Brauereien waren im Vergleich mit anderen Industrien lange in Familienbesitz und verfügten über verhältnismässig wenig Kapital, was

71 Vgl. Rieseler, 2003, S. 15/16 und 19/20. 72 Vgl. Rieseler, 2003, S. 15/16. 73 Vgl. Rieseler, 2003, S. 16. 74 Vgl. Rieseler, 2003, S. 16.

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nur kleine Investitionen erlaubte.75 Die Brauerei Warteck weist diese Bauart in kleinen Etappen auf, obwohl sie bereits 1889 in eine Aktiengesellschaft umge-wandelt worden war (siehe Abb. 2.22 und Abb. 2.23).

– Auch die Lage der einzelnen Nutzungen kann als typisch angesehen werden. So liegt beispielsweise das Sudhaus direkt am Burgweg und ist mit seinen grossen Fenstern im Erdgeschoss für die Öffentlichkeit bis ins Innere einsehbar, die Stallungen wurden aus hygienischen Gründen weit entfernt vom Sudhaus auf dem Areal B platziert, und das Verwaltungsgebäude befindet sich an der Grenzacher-strasse.76 Die grundsätzliche räumliche Abfolge der Produktionsräume, so wie sie Jackson schildert, findet sich auch auf dem Warteckareal wieder: „Von jeher baute man Brauereien wie Türme, um oben die Rohstoffe zu lagern und sie nach und nach bei der Verarbeitung abwärts durch das Gebäude zu leiten, bis sie als Fertigprodukt im Keller landeten.“77 So geschieht die Lagerung des Malzes auf dem Warteckareal im Malzsilo und das Wasser wird im Wasserturm gespeichert. Darunter liegen die eigentlichen Produktionsräume. Die Lagerräume befinden sich im Keller.

– Die Baukörper der Brauerei Warteck haben zu einem grossen Teil einen für Grossbrauereien typischen, produktionsbedingten, geschlossenen Charakter. Besonders das Malzsilo und der Wasserturm, welche beide der Lagerung von Rohstoffen dienen, sind sehr spärlich befenstert.78

Abb. 2.22 und Abb. 2.23: Dichte und Verschachtelung. Erdgeschoss und Längsschnitt Brauereikomplex.

75 Gespräch mit Hans-Peter Bärtschi, Arias Industriekultur, Winterthur, 23.1.2008. 76 Vgl. Rieseler, 2003, S. 29, 34 und 199. 77 Jackson, 1988, S. 10. 78 Vgl. Rieseler, 2003, S. 199.

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Die Brauerei Warteck ist aber nicht nur ein typischer Vertreter von Grossbrauereien aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sondern es handelt sich in mancherlei Hinsicht um ein besonderes Brauereidenkmal:

– Mit den beiden Türmen, dem Wasserturm und dem Malzsilo besitzt das Areal Stadtbildwirksamkeit. Vergleicht man mit anderen innerstädtischen Gross-brauereien wie etwa Hürlimann und Löwenbräu in Zürich, so ist diese Landmark bei der Brauerei Warteck besonders stark. Sie ist einerseits nutzungsbedingt - die Türme sind für den Produktionsprozess sinnvoll – anderseits aber auch gewollt. Dass hier bewusst ein Wahrzeichen gebaut wurde, lässt sich an den in der Planung um 1930 mehrfach abgeänderten Turmformen und –fassaden des Malzsilos zeigen.79

– Der Innenraum des Sudhauses besitzt einen sakralen Charakter. Die grosszügige, repräsentative Gestaltung dieses Raumes lässt sich durch die Lage in der Grossstadt erklären. Brauereien in ländlicheren Gebieten weisen kaum solche sakral anmutenden Räume auf.80

– Bei diversen Bauten auf dem Warteckareal findet sich vor allem der zwischen 1890 und 1910 bei Brauereien beliebte „Burgenstil“ wieder. Das 1890 erbaute Sudhaus war für die Stil- und Materialwahl der Neubauten bis in die 1930er Jahre massgebend.81 Diese Wahl eines Leitmotivs kann bei vielen Grossbrauereien in Deutschland beobachtet werden.82 Die hier beobachtete zeitgemässe Anwendung des Burgenstils, welche sich vor allem auch in der Lösung der Details zeigt, ist aber für die Schweiz speziell.83 Das Ensemble von Magazin-/Gärkellergebäude (1894/97) und Treberlagergebäude (1931/31) veranschaulicht diese der jeweiligen Zeit angepasste Verwendung eines Leitmotivs besonders schön.

2.2.3.2 Die einzelnen Bauten Im Folgenden soll nun auf die Bedeutung der einzelnen Bauten eingegangen werden. Zur denkmalwürdigen Bausubstanz werden hier auch Bauten gezählt, welche keinen offiziellen Denkmalstatus geniessen, die in keinem Inventar geführt wurden, keine Schutzauflagen hatten, von keiner Behörde als Denkmal bezeichnet wurden, aber aufgrund ihres Zeugniswerts als denkmalwürdig angesehen werden müssen (siehe dazu das Kapitel „Begriffsbestimmungen“). Zu diesen gehören die ersten Keller mit den Nummern 1, 2 und 3, welche im Inventar der Basler Denkmalpflege nicht auftauchen und über welche im Umnutzungsprozess nie diskutiert wurde. Weil ein Grossteil der vorhan-denen Bausubstanz abgerissen wurde und nicht zu allen Gebäuden Dokumentationen

79 Pläne aus dem Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, 1930, E506, E903, E1246. 80 Gespräch mit Hans-Peter Bärtschi, Arias Industriekultur, Winterthur, 23.1.2008. 81 Die Planung dieses Sudhauses stammt mit grosser Wahrscheinlichkeit von einem Mannheimer

Architekten, P. Bender. 82 Vgl. Rieseler, 2003, S. 206. 83 Gespräch mit Hans-Peter Bärtschi, Arias Industriekultur, Winterthur, 23.1.2008.

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vorliegen (Pläne, Fotos etc.), ist es durchaus möglich, dass noch weitere Gebäude oder Gebäudeteile als denkmalwürdig eingestuft werden müssten. Eine abschliessende und unabhängige Beurteilung der ganzen damaligen Bausubstanz ist im Nachhinein nicht mehr möglich.

Abb. 2.24: Denkmalwürdige Bausubstanz, Bezeichnungen A-J: A-Restaurant “Warteck”, B-Wohnhäuser, C-Magazin- und Gärkellergebäude, D-Treberlager, E-Malzsilo, F-Sudhaus, G-Wasserturm, H-Maschinenhaus, I-Kesselhaus mit Kamin, J-Erste Keller.

A. RESTAURANT „WARTECK“, GRENZACHERSTRASSE 60

Der Eckbau Grenzacherstrasse/Burgweg wurde um 1899 erbaut, der Architekt ist unbekannt, Bauherrin die Brauerei Warteck. Es handelt sich um ein Mehrfamilienhaus mit einer Wirtschaft im Erdgeschoss, welche am 1. Juli 1900 eröffnet wurde. Das Gebäude ist dreigeschossig, in Sichtbackstein gebaut und trägt eine Sandstein-verkleidung im Erdgeschoss. Die Wahl des Sichtbacksteins steht im Zusammenhang mit den am Burgweg anschliessenden Brauereibauten. Markant ist der in der Eckachse liegende rechteckige Erker mit achteckigem Turm und achtteiliger Kuppel in der Dachzone. Im Innern ist die Originalausstattung vorhanden. Die Wände sind bis in halbe Höhe mit einem Wandtäfer in Neurenaissanceformen geschmückt. Die Holzfenster sind schön bearbeitet. Im kleinen Saal ist das originale Täfer noch reicher gearbeitet als in der Gaststube, und die Stuckdecke ist hier reich dekoriert. In beiden Räumen stehen gusseiserne Säulen und verzierte gusseiserne Heizkörper. Zusammenfassend heisst es im Inventar der Basler Denkmalpflege: „Die Gaststube und der kleine Saal sind in fast allen Teilen im ursprünglichen Zustand erhalten und bilden heute mit ihrer gut

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unterhaltenen Ausstattung ein seltenes Relikt im Bereich der ‚Quartierbeizen’ und eine besondere Stellung als Brauerei-Wirtschaft.“84 Das Gebäude befindet sich in der Stadt- und Dorfbild-Schonzone.85 (Siehe Abb. 2.25)

B. WOHNHÄUSER, GRENZACHERSTRASSE 62-68

Die vier Wohnhäuser mit insgesamt 14 Wohnungen wurden zwischen 1878 und 1880 erbaut. Laut Inventar der Basler Denkmalpflege handelt es sich um ein gut erhaltenes Ensemble. Sie gehören zu den ältesten noch erhaltenen Mehrfamilienhäusern an der Grenzacherstrasse. Die Wohnhäuser wurden nicht von der Brauerei Warteck erbaut, wurden aber nach und nach von der Brauerei Warteck übernommen. Es ist anzunehmen, dass 1927 alle vier Wohnhäuser zur Brauerei Warteck gehörten.86 Die vier Häuser gehören zur Stadt- und Dorfbild-Schonzone. (Siehe Abb. 2.26)

Das Haus Nr. 62 ist das jüngste (September 1880) und das einzige mit nur drei Geschossen. Es wurde von Joh. Ingold als Baumeister und Bauherr gebaut. Das Dach ist ausgebaut und besitzt in der Mitte eine Doppelgaube sowie links und rechts je eine einfache Gaube. Das Erdgeschoss ist wie bei Haus Nr. 68 von einer Bandquaderung überzogen. Das erste und zweite Obergeschoss besitzen einen glatten Verputz. Die beiden mittleren der vier Achsen sind gerahmt von kannelierten, ionischen Pilastern. Das Haus Nr. 62 ist im Originalzustand erhalten. Um 1895/96 kam es zur Brauerei Warteck.87

Das Haus Nr. 64 wurde im Juni 1880 von Joh. Ingold als Baumeister und Bauherr gebaut. Es ist viergeschossig und besitzt vier Achsen. Auch hier werden die beiden mittleren Achsen betont, und zwar durch einen schwach vortretenden Risalit. Auf dem Satteldach sitzen vier kleine Gauben. Das Haus ist zum Teil original erhalten. „Trotz Purifizierung [...] bildet der Bau zusammen mit Nr. 66 und 68 eine Einheit.“88

Das Haus Nr. 66 wurde im Juni 1878 erbaut, von Tschaggeny & Ingold als Baumeister und Bauherren. Es ist viergeschossig und hat drei Achsen. Die Mittelachse wird durch einen leicht vortretenden Risalit im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss betont. Im zweiten Obergeschoss wird der Risalit in der Fensterumrahmung fortgesetzt. Mit Blumenkranz-Verzierungen über den Fenstern, Gesimsen zur Trennung der Stockwerke und seitlichen flachen Pilastern, die den Bau rahmen, wirkt der Bau Nr. 66 reicher als die angrenzenden Häuser Nr. 68 und 64. Im Erdgeschoss befand sich ursprünglich ein

84 Zitat: Inventar der Basler Denkmalpflege, Brauerei Warteck, Restaurant, Grenzacherstrasse 60, S. 2; Hauptquelle Abschnitt: Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Restaurant, Grenzacherstrasse 60.

85 Die Zonenbezeichnungen in diesem Kapitel beziehen sich auf die Situation vor der Umnutzung. 86 Siehe Situationsplan anlässlich des Waschkücheneinbaus in den Wohnhäusern von 1927 (Staatsarchiv

des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Grenzacherstrasse 60-68, 1927, E1323). 87 Der Kauf der Liegenschaft wird im Geschäftsbericht der Brauerei Warteck von 1895/96 erwähnt

(Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel). 88 Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Mehrfamilienhäuser, Grenzacherstrasse 62-68.

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Bäckereiladen, die Bäckerei lag im Hinterhof. Der Bau ist grösstenteils original erhalten. Veränderungen gab es insbesondere mit dem Umbau vom Laden in eine Wohnung.

Das Haus Nr. 68 wurde wie Haus Nr. 66 im Juni 1878 erbaut von Tschaggeny und Ingold als Baumeister und Bauherren. Der Bau ist viergeschossig und vierachsig. Wie Haus Nr. 62 ist das Erdgeschoss mit einer Bandquaderung überzogen. Die Geschosse sind wie beim Nachbarhaus durch Gesimse voneinander getrennt. Der Bau entspricht noch weitgehend dem Originalzustand. 1912 ging das Haus in den Besitz der Brauerei über, die eine Durchfahrt von der Grenzacherstrasse in das Fabrikareal baute. Über der Einfahrt trägt der Schlussstein die Initialen „B.W.“ für „Brauerei Warteck“ und ein Hexagramm, einen sechseckigen Stern als Zeichen der Bierbrauer.89

Abb. 2.25: Restaurant „Warteck“ (Grenzacherstrasse 60) und Wohnhäuser Grenzacherstrasse 62-68 (links), Datum unbekannt. Abb. 2.26: Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse 62-68 und Restaurant „Warteck“ (rechts), 1990.

C. MAGAZIN- UND GÄRKELLERGEBÄUDE90, ALEMANNENGASSE 51

Das Magazin- und Gärkellergebäude wurde 1897 von den Architekten Romang und Bernoulli für die Brauerei Warteck erbaut. Laut Inventar der Basler Denkmalpflege handelt es sich um das älteste, als Ganzes erhaltene Gebäude der Brauerei, deshalb ist es für die Industriearchäologie Basels bedeutend.91 Bereits 1894 war ein erstes Projekt erstellt worden, aus der identischen Plandarstellung zu schliessen ebenfalls von Romang und Bernoulli. Es scheint, dass ein erster Teil dieses Projektes von 1894 ausgeführt wurde, da

89 Der Sechsstern vereinigt die Symbole für die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde in sich. Er verbindet aber auch das Irdische (Spitze nach unten) mit dem Göttlichen (Spitze nach oben). Im Mittelalter wurden mit diesem mystischen Zeichen Gaststätten gekennzeichnet, welche Bier brauten. Im 19. Jahrhundert wurde das Symbol für Brauereien verwendet. (Kunz und Schneller, 1992. S. 31). Hauptquelle für Beschreibung der vier Wohnhäuser: Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Mehrfamilienhäuser, Grenzacherstrasse 62-68.

90 Im Inventar der Denkmalpflege Basel-Stadt mit „Keller- und Magazinbau“ bezeichnet. 91 Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Keller- und Magazinbau, ehem.

Alemannengasse 51.

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im Projekt von 1897 bereits mit einem gebauten Teil weitergeplant wird.92 Das Fabrikgebäude besitzt zur Alemannengasse hin überirdisch vier Geschosse, das als Erdgeschoss erscheinende Stockwerk liegt zur Hälfte unter dem Strassenniveau. Es besitzt ein Flachdach und an der Alemannengasse acht Achsen. Die Seitenfassade besitzt im vorderen Teil drei Achsen, die in der Höhe mit der Fassade an der Alemannengasse übereinstimmen. Daran schliessen drei zusammengerückte Achsen an, zweigeschossig, erreichen aber dieselbe Höhe wie die Strassenfassade. Der Sockel ist in Sandstein, ansonsten ist der Bau in zweifarbigem Sichtbackstein ausgeführt (gelblicher Grund, einzelne Elemente wie Lisenen und Gesims in Rot). Auffällig sind die Fenster, welche auf jedem Geschoss wieder eine andere Gestaltung erhalten haben.93 Interessant ist das Zusammenspiel des Gebäudes mit dem daneben liegenden Treberlagergebäude. Das Ensemble zeigt anschaulich, wie der „Burgenstil“ auf dem Warteckareal der jeweiligen Zeit angepasst wurde. Beide Bauten verwenden das Leitmotiv, der Bau von 1894/97 in aufwändiger, verspielter Art, der Bau aus den 1930er Jahren viel reduzierter, strenger, sachlicher. Der Industriebau liegt in der Zone 4. (Siehe Abb. 2.27)

DER „BRAUEREIKOMPLEX“: TREBERLAGER, MALZSILO, SUDHAUS, WASSERTURM, MASCHINENHAUS UND KESSELHAUS

D. TREBERLAGER, ALEMANNENGASSE

Das Treberlagergebäude stammt von 1930/31. Die Architekten Suter & Burckhardt wählten für das Treberlagergebäude Material und Formensprache in Anlehnung an die früheren Bauten auf dem Areal, das Sudhaus von 1890/91 und insbesondere das Magazin- und Gärkellergebäude von 1894/97. Das Treberlagergebäude zeigt an der Alemannengasse 18 Achsen, jeweils zu Dreiergruppen zusammengefasst. Am Burgweg sind es sechs Achsen, ebenfalls zu Dreiergruppen zusammengefasst. Der Bau ist dreigeschossig und trägt ein Flachdach. Über dem Steinsockel ist die Fassade in gelblichem Backstein gehalten, Gesimse und Lisenen sind in rotem Backstein ausgeführt. Im Gegensatz zum Variantenreichtum bei den Fenstern des Magazin- und Gärkellergebäudes sind die Fenster hier alle hochrechteckig und schmucklos.94 Das Gebäude liegt in der Zone 4. (Siehe Abb. 2.28)

92 Erster Teil: Seitlich hintere zusammengerückte Achsen, EG, 1.OG. Die Kellerräume bestanden gemäss Plänen schon vor 1894. Nicht auszuschliessen ist, dass die Keller sehr alt sind und noch von der hier ursprünglich angesiedelten Clara-Brauerei stammen (Vgl. Pläne Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Alemannengasse 51, 1894, E101).

93 Hauptquelle Abschnitt: Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Keller- und Magazinbau, ehem. Alemannengasse 51.

94 Hauptquelle Abschnitt: Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Treberlager und Malzsilo, Alemannengasse/Burgweg.

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E. MALZSILO

Das Malzsilo wurde gleichzeitig wie das Treberlagergebäude und von denselben Architekten erbaut. Es bildet mit dem Treberlager zusammen eine Einheit. Das Malzsilo ist ein Block mit zweiteiligem, abgetrepptem Turmaufsatz und trägt den Schriftzug „Brauerei Warteck“. Gemäss Inventar der Basler Denkmalpflege kann der Turm, obwohl er „weniger hoch ist als der Wasserturm beim Sudhaus von 1931, [...] als Wahrzeichen der Brauerei Warteck [...] angesehen werden“.95 Wie auch das Treberlagergebäude ist das Malzsilo in seiner Formensprache klar und auf die Funktion ausgerichtet. Das Malzsilo weist praktisch keine Öffnungen auf und steht symbolhaft für die produktions-bedingte Geschlossenheit der Brauereibauten auf dem Warteckareal. Das Malzsilo liegt in der Zone 4. (Siehe Abb. 2.28)

Abb. 2.27: Magazin- und Gärkellergebäude, links davon Treberlagergebäude, 1990. Abb. 2.28: Treberlager mit Malzsilo (links) und Magazin- und Gärkellergebäude (rechts), Ausschnitt aus Flugaufnahme, um 1933.

F. SUDHAUS

Sudhaus und Wasserturm wurden 1931-1933 von den Architekten Suter & Burckhardt erbaut. Das Sudhaus zeigt gegen den Burgweg hin sechs Achsen, zwei Geschosse und einen Sockel mit Kellerluken. Der grosse Hallenraum mit den Sudkesseln ist an der Fassade an den hohen Rechteckfenstern abzulesen. Wie das Treberlagergebäude und das Malzsilo besteht auch das Sudhaus aus gelblichem Backstein und einigen architektonischen Elementen in rotem Backstein, wie etwa die Fensterrahmen, die Eck-lisenen, das horizontale Band über dem Sockel und das Gesims. Das Dach ist schwach geneigt und führt zu einem hinteren eingeschossigen Aufbau mit Flachdach, welcher neun Fenster gegen den Burgweg zeigt. Die Fassade zum Hof hat drei Achsen. Eindrücklich ist das Innere der Sudhaushalle: Der Saal mit den sechs kupfernen Braupfannen ist hoch,

95 Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Treberlager und Malzsilo, Alemannengasse/Burgweg.

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ausgekleidet mit weissen Keramikkacheln und gelben Akzenten. Im Plattenboden ist das „W“ für „Warteck“ angebracht, in der Mitte der Rückwand ein Symbol für die Bierbrauerei mit Ähren und Hopfenzweigen.96 In den drei grossen Fenstern zum Hof sind farbige Glasfenster von Burkhard Mangold eingesetzt (1933).97 Die drei Bilder in blassen Farben zeigen dreimal die Brauerei Warteck: 1856 gegenüber dem alten Badischen Bahnhof, 1890 am Burgweg mit dem alten Sudhaus, 1933 mit dem neuen Sudhaus, Wasserturm und Malzsilo. Diese aufwändige Gestaltung der Sudhausfenster ist für Sudhäuser typisch: Die meist grossen Fenster an für die Öffentlichkeit erreichbarer Lage bieten Einsichtmöglichkeit ins eigentliche Zentrum des Brauprozesses und die Möglichkeit zur Eigenwerbung.98 Die Brauerei Warteck war stolz auf ihr Sudhaus, schon bei seiner Errichtung: „Speziell im letzteren Neubau ist uns eine nach den neuesten Errungenschaften der Technik ausgebaute und eingerichtete Fabrikationsanlage entstanden, die auch in ästhetischer Hinsicht nichts zu wünschen übrig lässt und sich aufs Harmonischste in die Gesamt-ordnung einpasst.“99 Offenbar war die Ästhetik des Sudhauses der Brauerei Warteck wirklich ein grosses Anliegen. Von keinem anderen Gebäude der Brauerei ist in den Geschäftsberichten immer wieder über das Erscheinungsbild zu lesen. Noch dem 1988 erschienenen Geschäftsbericht für das Jahr 1987 kann man entnehmen, dass sich Warteck offensichtlich darum kümmerte, welchen Einfluss die Installation von zwei neuen Läuterbottichen in den bestehenden Sudpfannen (statt ausserhalb) auf die Ästhetik des Raumes hatte. Im Geschäftbericht für 1987 ist zu dieser Massnahme zu lesen: „Der visuelle Gesamteindruck des Sudhauses wurde damit erhalten.“100 Eine derart sakrale Erscheinung des Sudhausinnenraumes, wie sie hier zu finden ist, lässt sich durch die grossstädtische Lage erklären und ist in der Schweiz durchaus aussergewöhnlich.101 Bei einer gemeinsamen Begehung des Denkmalrates, der Basler Denkmalpflege und der Eigentümerin stellten die Anwesenden fest, dass nicht nur der Raum, sondern zudem auch die Ausstattung erhaltenswert sei: „Das Sudhaus erscheint den Anwesenden vor allem mit dem Inhalt, den Braukesseln, erhaltenswert; ohne diese wäre nur noch eine Hülle der Anlage erhalten. Eine Umnutzung dürfte nicht einfach sein.“102 Das Sudhaus gehört zur Zone 4. (Siehe Abb. 2.29 und Abb. 2.30)

96 Hauptquelle Abschnitt: Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Sudhaus und Wasserturm, Burgweg 7.

97 Der Basler Maler Burkhard Mangold (1873-1950) machte sich vor allem als Graphiker und Dekorationsmaler einen Namen. Er entwickelte ausgehend vom Jugendstil einen dekorativen, neoimpressionistischen Stil (Neoimpressionismus oder Pointillismus). Im Schalander der Brauerei Feldschlösschen malte Mangold 1931 ein Fries. Auch dort sind es wie in der Brauerei Warteck drei Bilder, die zusammengehören: Die Herstellung des Bieres wird dort anhand der ersten Brauversuche Ronigers in Magden dargestellt. (Kunz und Schneller, 1992, S. 24-27).

98 Vgl. Rieseler, 2003, S. 29. 99 Geschäftsbericht der Brauerei Warteck 1932/33 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel). 100 Geschäftsbericht der Brauerei Warteck 1987 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel). 101 Gespräch mit Hans-Peter Bärtschi, Arias Industriekultur, Winterthur, 23.1.2008. 102 Begehungsprotokoll zur Begehung vom 4.5.1990 (Archiv der Basler Denkmalpflege).

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G. WASSERTURM

Der Wasserturm, zusammen mit dem Sudhaus und durch dieselben Architekten erbaut, schliesst an die Fassade des Sudhauses zum Hof an. Es handelt sich um einen hohen, schlanken Turm in rotem Backstein. Auffällig sind die allseitig deutlich vortretenden Lisenen. Zuoberst schliesst ein befensterter Aufsatz, das „Turmstübli“, den fast geschlossenen Bau ab. Schon während des Baus in den 1930er Jahren wurde dem Turm ein Wahrzeichen-charakter zugesprochen: „Schon ist ein Teilstück auch dieses letzteren Bauabschnittes, der Turm, errichtet, wodurch das Basler Städtebild ein neues, schmuckes Wahrzeichen erhalten hat.“103 Der Wasserturm liegt in der Zone 4. (Siehe Abb. 2.30)

H. MASCHINENHAUS

Das Maschinenhaus ist ein Teil des alten Sud- und Eismaschinenhauses, welches 1890/91 erbaut wurde: Zwei der insgesamt fünf Achsen des alten Sudhauses wurden belassen. Die Pläne stammen vermutlich vom Architekten Peter Bender in Mannheim, vertreten in der Schweiz durch Köpf, Keckeis & Bay.104 Das alte Sudhaus war in gelbli-chem Backstein gefertigt und hatte eine vertikale Gliederung durch rote Lisenen mit stichbogigem Abschluss unter dem Dachgesims und horizontal Gesimse in rotem Back-stein (siehe Abb. 2.18). Der Bau besitzt ein Flachdach. Zum Hof hin erhielt die Fassade einen Anbau im Erdgeschoss durch Baumeister und Architekten Gysin & Maisenhölder (Pläne 1912).105 Das Maschinenhaus steht in der Zone 4.

I. KESSELHAUS MIT KAMIN

Das Kesselhaus mit Kamin wurde zusammen mit dem alten Sud- und Eismaschinenhaus errichtet. Die Fassade bildet mit dem alten Sudhaus eine Einheit, sie gleicht dem Sudhaus in seiner Gestalt, Farbe und Material. Der Kamin ist in gelbem Backstein gebaut. 1914 wurden diverse An- und Umbauten vorgenommen. Das Kesselhaus von 1890/91 ist aber in Teilen noch vorhanden. 1988 stand im Kesselhaus neben neuen ölbefeuerten Dampf-kesseln auch ein sehr alter kohlebefeuerter Dampfkessel.106 Im ersten Untergeschoss befindet sich noch heute der Brunnenschacht zur Fassung von Frischwasser. Das Gebäude liegt in der Zone 4. (Siehe Abb. 2.30)

103 Geschäftsbericht der Brauerei Warteck 1931/32 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel). 104 Hinweis im Geschäftsbericht der Brauerei Warteck 1989/90 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel). 105 Hauptquelle Abschnitt: Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Sudhaus und Wasserturm,

Burgweg 7. 106 Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der Brauerei (Telefongespräch vom 11.2.2009). Möglicherweise

handelt es sich um den Dampfkessel, welcher 1914 im Zusammenhang mit dem An- und Umbau des Kesselhauses neu eingebaut wurde (siehe Plan Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, 1914, E93D).

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Abb. 2.29: Innenraum des Sudhauses mit Sudpfannen, 1990. Abb. 2.30: Links Sudhaus mit vorgelagertem Kesselhaus und Kamin, Wasserturm im Hintergrund, 1990.

J. ERSTE KELLER: „DER EINER“, „DER ZWEIER“, „DER DREIER“

Die ersten Lager- und Eiskeller mit den Nummern 1, 2, und 3 („Der Einer“, „Der Zweier“, „Der Dreier“) wurden 1871 als erstes Gebäude für die Warteck Brauerei am Burgweg geplant, und zwar von Ch. Giek, Lörrach.107 Die drei Keller befanden sich nach den ursprünglichen Plänen zu schliessen unter der Erde, im zweiten Untergeschoss. Darüber stand ein eingeschossiges Gebäude aus Holz (vermutlich ein Lager). In Plänen von 1954 mit Ergänzungen aus dem Jahre 1965 sind die drei Keller noch vorhanden, und in der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Brauerei von 1956 werden sie ebenfalls erwähnt. Offenbar dienten sie damals noch immer ihrem ursprünglichen Zweck.108 Gemäss ehemaligem technischem Leiter der Brauerei existierten die Keller zur Zeit der Stilllegung immer noch. Dass die Kellerräume der Brauerei für Alexander Peter Füglistaller-Ganter eine grosse Bedeutung hatten, zeigt die Aussage, welche er nach der Umnutzung in einem Interview gegenüber Architektur-Diplomanden der EPFL machte: „Malheureusement tout ce qui n’était pas directement affilié à l’ancien bâtiment de la brasserie a du être détruit, même les grands entrepôts souterrains.”109 Die Keller liegen in der Zone 4.

WEITERE BAUTEN

Bei drei weiteren Bauten ist es im Nachhinein sehr schwierig einzuschätzen, was davon um 1988 überhaupt noch vorhanden war. Weil sie zu den ältesten Gebäuden auf dem Areal gehörten, dürften sie aber durchaus von Bedeutung gewesen sein: Ein Gär- und Lagergebäude von 1891 schliesst auf der einen Seite an das Sudhaus und das Kesselhaus an, auf der anderen Seite an den Lagerkeller (siehe Abb. 2.3, Nr. 9).110 Eine

107 Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, 1871. 108 Wanner, 1956 (A), S. 16. 109 Gross und Jomini, 1996/1997, S. 12. 110 Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, 1891, E47.

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Schwenkhalle, ebenfalls von 1891, befindet sich neben dem Lagerkeller (siehe Abb. 2.3, Nr. 10).111 Die Pläne für die beiden Gebäude tragen den Stempel „C. Köpf, Vertreter für die Schweiz, P. Bender, Basel, Mannheim“, was darauf hindeutet, dass die Gebäude vom gleichen Architekten stammen wie das alte Sudhaus, beziehungsweise das Maschinen-haus von 1890/91. Gemäss Basler Denkmalpflege sind die beiden Bauten zur Zeit der Stilllegung zumindest noch erkennbar.112 Auf dem Areal B befindet sich zudem ein Schalander für Chauffeure, ein Bau, der vermutlich um 1900 erbaut wurde, also einer der ersten Bauten auf dem Areal B sein dürfte und ursprünglich als Pferdestall diente (siehe Abb. 2.3, Nr. 15).

2.2.4 Zusammenfassung der Ausgangslage

Die Standortqualität des Warteckareals kann insgesamt als hoch eingeschätzt werden. Es handelt sich um eine innerstädtische, zentrumsnahe Brache in der Stadt Basel. Das Areal gehört demnach zu den grundsätzlich attraktiven Konversionsstandorten, vor allem für Wohn- und Büronutzungen.113 Das Areal ist vergleichsweise klein und gehört einer einzigen Eigentümerin. Die Verkehrsanbindung des Areals ist gut. Es bestehen keine chemischen Altlasten, aber der Boden ist versiegelt, das Areal dicht bebaut, und die Keller reichen tief ins Erdreich hinein, was einen Neubau an diesen Stellen grundsätzlich verteuert. Die Häuser entlang der Grenzacherstrasse liegen in der Schonzone, was einem Volumen- und Strassenbildschutz entspricht. Die restliche Fläche des Areals liegt in der Zone 4 mit Erleichterung für Industriebauten. Erlaubt ist demnach eine viergeschossige, geschlossene Randbebauung. Eine Abweichung davon benötigt eine Ausnahme-bewilligung. Die Ausnützungsziffer beträgt 1.5. Auf beiden Arealflächen (A und B) befindet sich eine grösstenteils geschlossene Rand-bebauung, welche für Grossbrauereien typisch ist. Von der Strasse her führen diverse Eingänge in die verschiedenen Höfe, welche der Zu- und Auslieferung dienen. Zwischen Burgweg und Fischerweg befindet sich ein sich über das ganze Areal A erstreckender offener Raum, ein durchgehender, zum Teil gedeckter Hof, welcher die beiden gegen-überliegenden Ein- und Ausfahrten verbindet. Der Durchgang stellte bis um 1970 die Lebensader der Brauerei dar: hier wurde das Bier ausgeliefert und das Leergut zurück-gebracht.114 Das Areal und die Bebauung sind im Laufe von fast 120 Jahren kontinuierlich gewachsen. Immer wieder wurden Gebäude oder Gebäudeteile neu erstellt, abgerissen, ersetzt, umgenutzt, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Die einzelnen Räume wurden jeweils genau auf die Funktion hin ausgerichtet, die sie zu erfüllen hatten. Dadurch entstand ein Konglomerat von Räumen mit unterschiedlichen Höhen, vielen Niveauunterschieden, von ungleicher Materialisierung und unter-schiedlichem Alter.

111 Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Bauplanarchiv, Burgweg, 1891, E47. 112 Inventar der Basler Denkmalpflege: Brauerei Warteck, Sudhaus und Wasserturm, Burgweg 7. 113 Vgl. Hassler und Kohler, 2004, S. 251. 114 Bis zur Fertigstellung des Flaschengeschäfts auf dem Areal B um 1970.

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Der Bau des ersten Sudhauses 1890/91 war für die weitere Stilwahl auf dem Areal massgebend. Der hier verwendete, besonders in der Zeit zwischen 1890 und 1910 bei Brauereien beliebte „Burgenstil“ ist vermutlich auf den Mannheimer Architekten Peter Bender zurückzuführen. Er diente gleichsam als Leitmotiv für diverse weitere Bauten. Die Verwendung von gelbem Backstein für die Aussenmauern und rotem Backstein für die Zierelemente kann auf dem Areal A bis in die 1930er Jahre hinein beobachtet werden. Die an den „Burgenstil“ erinnernden Elemente erhielten dann aber eine sachlichere Ausprägung: Die jeweilige Bauzeit lässt sich an den Gebäuden ablesen. Während auf dem Areal A auch Nebenbetriebe mit aufwändigen historistischen Elementen geschmückt wurden, fand der „Burgenstil“ auf dem Areal B keine Anwendung, was verdeutlicht, dass das Areal A, auf welchem sich die Ursprünge der Brauerei am Burgweg und die eigentlichen Produktionsbauten befinden, eine andere Bedeutung hatte als das Areal B mit ausschliesslich Nebenbetrieben. Diverse Gebäude stammen von den „Haus-architekten“ Suter & Burckhardt beziehungsweise vom Nachfolgebüro Suter & Suter, welches immer wieder engagiert wurde, aber bei weitem nicht für alle Bauaufgaben. Durch die Ansammlung von Gebäuden und Gebäudeteilen ohne durchgängigen Stil, einheitliche Materialwahl oder Architektenhandschrift entstand ein heterogenes Ganzes. Gerade diese Heterogenität macht vermutlich den besonderen Reiz dieses Industriedenkmals aus. Sie macht den Betrachter darauf aufmerksam, wie viele verschie-dene Prozessschritte notwendig sind, damit ein Produkt entstehen kann – in diesem Fall Bier. Die Heterogenität gibt dem Betrachter unzählige Rätsel auf, was das Denkmal spannend macht. Sie lässt aber auch durch die gleichzeitige Präsenz von Bauteilen aus beinahe 120 Jahren Betriebszeit den Durchgang dieser Fabrik durch die Zeit „als unmittelbar lesbare Spur“115 exemplarisch spüren. Die ehemalige Brauerei Warteck ist von denkmalpflegerischer Bedeutung für die Stadt Basel. Es handelt sich nämlich um die letzte Grossbrauerei der Stadt. Für die Industriearchäologie ist die Brauerei Warteck interessant, weil es sich um einen typischen Vertreter von Grossbrauereien dieser Zeit handelt. Viele Impulse, welche bei Grossbrauereien Veränderungen hervorriefen, sind auch bei der Brauerei Warteck zu beobachten. Die bauliche Entwicklung auf dem Areal, die Position der einzelnen Nutzungen und das schliesslich durch stetige Verdichtung entstehende unübersichtliche Konglomerat von Gebäuden sind charakteristisch. Es handelt sich um eine bis auf die Einfahrten in die Höfe geschlossene Randbebauung, welche für Grossbrauereien typisch ist. Die einzelnen Bauten weisen eine bei Grossbrauereien übliche, produktionsbedingte Geschlossenheit auf, welche beim Malzsilo und beim Wasserturm besonders deutlich sichtbar ist. Es handelt sich aber auch um ein besonderes Industriedenkmal: Wasserturm und Malzsilo wurden bewusst als Wahr-zeichen in der Stadt Basel gebaut. Das Sudhaus besitzt einen besonders sakral anmutenden Innenraum, was sich nur durch die grossstädtische Lage erklären lässt. Besonders ist auch die der jeweiligen Zeit angepasste Verwendung des „Burgenstils“. Die ersten Bauten auf dem Areal, die Keller von 1972, sind um 1988 noch vorhanden. Das Maschinenhaus besteht aus einem Überrest des Sudhauses von 1890/91, das Kesselhaus mit Kamin stammt ebenfalls von 1890/91. Das Restaurantgebäude ist eine

115 Mörsch, 1998 (A), S. 95.

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gut erhaltene „Quartierbeiz“ von 1899/1900. Die vier Mehrfamilienhäuser an der Grenzacherstrasse stellen ein gut erhaltenes Ensemble von 1878-1880 dar und gehören zu den ältesten Gebäuden an der Grenzacherstrasse. Das Magazin- und Gärkeller-gebäude von Romang und Bernoulli (1894/97) ist das älteste als Ganzes erhaltene Brauereigebäude auf dem Areal und fällt vor allem durch seine Fensterformen auf. Zusammen mit dem anschliessenden Treberlagergebäude von Suter & Burckhardt (1930-1931), welches sich in Material und Formensprache auf das ältere Gebäude bezieht, stellt es ein bemerkenswertes Ensemble dar, welches exemplarisch zeigt, in welcher Art das Leitmotiv des „Burgenstils“ im Warteckareal über die Jahre angewendet wurde. Das Sudhaus von 1931-33 (Suter & Burckhardt), Prunkstück jeder Brauerei, besitzt einen eindrücklichen, sakral anmutenden Innenraum mit sechs kupfernen Braupfannen. Drei Fensterbilder von Burkhard Mangold zeigen drei in der Zeit verschiedene Ansichten der Brauerei. Wasserturm (1931-33) und Malzsilo (1930/31) überragen die Anlage und besitzen Wahrzeichencharakter. Sudhaus, Wasserturm, Treberlager und Malzsilo wurden alle von Suter & Burckhardt erbaut und bilden zusammen mit dem Maschinenhaus und dem Kesselhaus den sogenannten „Brauereikomplex“. Der Zustand der Gebäude ist im Nachhinein (vor allem bei den abgerissenen Bauten!) schlecht einzuschätzen. Die Aussagen von Denkmalpflege und Bauherrschaft gehen in den Akten zum Teil weit auseinander und sind mit Sicherheit nicht objektiv, da sie jeweils eine Absicht verfolgen, das Gebäude zu erhalten oder abzureissen. Am weitesten auseinander gehen die Einschätzungen bei den Wohnhäusern an der Grenzacherstrasse und beim Magazin- und Gärkellergebäude.

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2.3 UMNUTZUNG

2.3.1 Planungsablauf

2.3.1.1 Planungsbeginn Die Warteck Invest AG entschied, die Areale A und B in Eigenbesitz zu behalten und selbst umzunutzen. „Wir denken nicht daran, das Gelände zu verkaufen“, soll Alexander Füglistaller, Delegierter des Verwaltungsrats und Vorsitzender der Warteck Invest AG anlässlich des letzten Jahresabschlusses der Brauerei Warteck im April 1989 gesagt haben.116

Um eine Planungsgrundlage zu schaffen, führte die Warteck Invest AG eine Nutzungs-Studie durch, welche die Situation im Wettsteinquartier untersuchte. Die Markt-beobachtung, welche von ca. Dezember 1988 bis Februar 1989117 durchgeführt wurde, ergab folgende Situation:118 Die Bevölkerung im Wettsteinquartier war im Verhältnis zu Vergleichsgebieten stark überaltert (25% über 65 Jahre alt) und nahm überdurch-schnittlich stark ab. Die Bausubstanz zeigte sich ebenfalls stark überaltert, mit einer Ausnahme waren seit zehn Jahren keine Wohnneubauten erstellt worden. Die Versorgung mit Lebensmitteln schien ungenügend, der Bedarf an Schulen, Spitälern und Sportplätzen dagegen gedeckt. Der Bedarf an Büros wurde als gross eingeschätzt, da Firmen der chemischen Industrie mittelfristige Bedürfnisse für Büroflächen in diesem Raum angemeldet hatten. Basierend auf diesen Erkenntnissen beschloss die Warteck Invest AG, 29% der Fläche für Wohnen, 48% für Büros und Dienstleistung und 23% für Läden und Ateliers vorzusehen.119

Für das erste Halbjahr 1991 war der Umzug der Produktion aus den Brauereigebäuden am Burgweg nach Rheinfelden vorgesehen. Während die Gebäude auf dem Areal B vorläufig an Handels- und Dienstleistungsunternehmen vermietet werden sollten, wollte die Warteck Invest AG noch im selben Jahr mit dem Abbruch und der Realisierung einer Überbauung auf dem Areal A beginnen. Die Warteck Invest AG beauftragte das Architekturbüro Suter & Suter in Basel, ein Projekt für das Areal A auszuarbeiten - ein Direktauftrag an Hans Rudolf A. Suter, Verwaltungsrat der Warteck Invest AG. Der Fokus wird nun in der Folge auf diesem Areal A liegen.

116 rb, “Brauerei zum Warteck AG: nicht ganz 100 geworden”, in: Basellandschaftliche Zeitung, 12.4.1989. 117 Gemäss Terminplanung der Warteck Invest AG, Oktober 1989 (Archiv der Warteck Invest AG). 118 Verglichen wurde mit den Werten des Matthäus-Quartiers und mit den Gesamtwerten für den Kanton

Basel-Stadt. 119 Hauptquelle Abschnitt: Warteck Invest AG. Promotionsmanagement Grundstücksentwicklung Phase 1

und 2. Schlussbericht, von Suter & Suter, Dezember 1989, S. 4 (Archiv der Warteck Invest AG).

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111

2.3.1.2 Erste Projekte von Suter & Suter

PROJEKT I

Das Projekt I von Suter & Suter, welches im Mai 1989 erstmals dem Baudepartement vorgelegt wurde, sah eine zonengemässe Blockrandbebauung vor. Ein Fussgänger-durchgang zwischen Burgweg und Fischerweg teilte das Areal in einen nördlichen, kommerziell genutzten und einen südlichen, der Wohnnutzung vorbehaltenen Teil. Das Nutzungskonzept sah 68% Büros und Läden, sowie 32% Wohnen vor. Das Amt für Kantons- und Stadtplanung forderte 75% Wohnanteil. Darauf wurden an lärmexponierter Lage entlang der Grenzacherstrasse Gewerbe und Büros vorgeschlagen, an der Alemannengasse Wohnungen, was schliesslich zu der Verteilung mit 75% Wohnen und 25% Büros führte.120

Die Bausubstanz der bestehenden Gebäude wurde im sogenannten „Promotions-management“ von Suter & Suter als „gut“ eingestuft: „Aus Gründen der guten Bau-substanz [sic!] der Möglichkeiten der diversifizierten Nutzbarkeit und dem Erschei-nungsbild können erhaltenswerte Gebäude wie Grenzacherstrasse 60-68, Sudhaus und Turm, Betriebsgebäude Ecke Burgweg/Alemannengasse revitalisiert werden.“121 Erhalten werden sollten die folgenden Bauten:

• Wasserturm • Sudhaus • Kesselhaus • Kamin • Treberlagergebäude • Wohnhäuser Grenzacherstrasse 62-68 • Restaurant „Warteck“

Für das Sudhaus war eine Ateliernutzung mit Dienstleistung, Laden, Schulung, kultureller Nutzung vorgesehen, im Kesselhaus sollte ein Café entstehen. Im Treberlagergebäude sollten Grossraumwohnungen eingebaut werden, so auch im Verbindungsbau über dem Kesselhaus. Die Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse 62-68 sollten zu Büros und Arzt-praxen umgebaut werden. Die Nutzung im Restaurantgebäude sollte erhalten werden.122

Die übrigen Altbauten, insbesondere das Malzsilo, das Maschinenhaus und das Magazin- und Gärkellergebäude sollten abgerissen werden. Für das Magazin- und Gärkeller-gebäude sah die Bauherrschaft wegen geringer Geschosshöhe, ungenügender Belich-tung, schlechter Bausubstanz und schlecht nutzbarem Sockelgeschoss keine Möglichkeit zur Neunutzung.123

120 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 9/10. 121 Warteck Invest AG. Promotionsmanagement Grundstücksentwicklung Phase 1 und 2. Schlussbericht, von

Suter & Suter, Dezember 1989, S. 4 (Archiv der Warteck Invest AG). 122 Nutzungen gemäss Plänen von Suter & Suter, 1989 (Archiv der Warteck Invest AG). 123 Protokoll der Baukommission, 21.11.1989 (Archiv der Warteck Invest AG).

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Abb. 2.31: Projekt I, Grundriss Erdgeschoss. Abb. 2.32: Projekt I, Grundriss Obergeschosse.

Abb. 2.33: Projekt I, Axonometrie. Abb. 2.34: Projekt I, Perspektive von Strassenecke Burgweg/Alemannengasse, links Verbindungsbau zwischen Sudhaus/Kesselhaus und Treberlagergebäude, rechts Fortsetzung des Treberlagergebäudes. Nicht sichtbar ist aus dieser Perspektive das zurückversetzte Dachgeschoss, welches sich vom Sudhaus über das Treberlagergebäude und bis über den Neubau zieht.

Vorgesehen war ein Büroneubau, welcher an der Grenzacherstrasse an die Wohnhäuser anschloss, die Ecke Grenzacherstrasse/Fischerweg schloss und sich den Fischerweg entlang zog. Das Treberlagergebäude sollte an der Alemannengasse unter Aufnahme der Achsabstände des Treberlagergebäudes weitergebaut werden. In diesem Neubau sollten Wohnungen entstehen. Das Projekt sah vor, die beiden Altbauten Sudhaus/Kesselhaus und das Treberlagergebäude zu verbinden: Ein neues Dachgeschoss sollte vom Sudhaus aus über das Kesselhaus und über das Treberlagergebäude gezogen werden und auf dem Neubau an der Alemannengasse fortgesetzt werden (siehe Abb. 2.33). Der Kamin

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sollte deshalb über dem Erdgeschoss abgebrochen werden. An seiner Stelle war in den Obergeschossen ein im Grundriss dem Kamin ähnlicher, achteckiger Erker vorgesehen, welcher nach den Plänen zu schliessen transparent ausgeführt werden sollte. Anschliessend an das Restaurantgebäude sollte am Burgweg ein weiterer Bürobau gebaut werden. Gemäss Plänen sollte auch dieser in der Fassade den Altbauten ähnlich sein. Weil das Maschinenhaus und das Malzsilo abgerissen werden sollten, war für das Sudhaus und das Kesselhaus eine neue Hoffassade geplant.

Im weiteren Verlauf der Planung attestierte die Bauherrschaft den Wohnhäusern an der Grenzacherstrasse entgegen der oben zitierten Einschätzung (vermutlich von Suter & Suter) eine schlechte Bausubstanz und eine architektonisch unbefriedigende Hof-fassade.124 Da sich ihre Sanierung als zu kostspielig herausgestellt hatte, wurde das Projekt schliesslich vor der Baueingabe zurückgezogen.125 Ebenfalls mit zum Rückzug Anlass gegeben hat möglicherweise der Umstand, dass die beiden Türme über die für die Zone 4 vorgesehene maximale Höhe hinausreichten und die zulässige Ausnützungsziffer überschritten wurde, so dass das Projekt nicht im Rahmen einer normalen Baubewilligung hätte bewilligt werden können.126

PROJEKT II

Nach einer Überarbeitung durch das Architekturbüro Suter & Suter wurde im August 1990 das Projekt II als Baubegehren eingereicht. Wie beim Projekt I war auch bei der zweiten Lösung eine zonengemässe Blockrandbebauung mit begrüntem Innenhof geplant. Der Vorschlag sah nun 72% Wohnen und 28% Büros vor.127 Entstehen sollten ca. 100 Wohneinheiten von mittlerem Wohnstandard.

Erhalten werden sollten die folgenden Bauten:

• Wasserturm • Sudhaus • Kesselhaus • Restaurant “Warteck”

Die Nutzung der alten Brauereigebäude stand noch offen: Für das Sudhaus stand eine Neunutzung als Schulungs-, Ausstellungs- und Versammlungsraum zur Diskussion, während für den Turm noch Ideen gesucht wurden. Auch über eine Nutzung als Heizwerk wurde nachgedacht.128 Die Baueingabepläne enthalten keine Angaben zu den neuen Nutzungen, obwohl diese für eine Baubewilligung notwendig sind.

124 Protokoll der Baukommission, 21.11.1989 (Archiv der Warteck Invest AG). 125 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 9. 126 Vgl. Protokoll Gespräch Warteck Invest AG mit Amt für Kantons- und Stadtplanung (AKS), 19.12.1989

(Archiv der Warteck Invest AG). 127 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 11. 128 Protokoll der Baukommission vom 19.7.1990 (Archiv der Warteck Invest AG).

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Alle übrigen Bauten auf dem Areal sollten abgerissen werden: Anders als beim Projekt I sollten also auch die Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse 62-68 und das Treber-lagergebäude Neubauten weichen: Die Warteck Invest AG hielt die Wohnhäuser nicht für erhaltenswert. Und sie vermutete, dass sich mit einer Umnutzung des Treberlager-gebäudes nicht genug Ertrag generieren liess.129

An der Grenzacherstrasse war an den Altbau anschliessend ein Neubau mit Läden und Büros vorgesehen. Der Bau wurde am Fischerweg weitergeführt, wobei ungefähr ab der Mitte Wohnungen vorgesehen waren, welchen im Erdgeschoss hofseitig kleine Vorgärten zugeteilt wurden. An der Alemannengasse sollte ein Neubau mit Wohnungen entstehen. Am Burgweg schloss am Restaurantgebäude ein weiterer Neubau mit Wohnungen an, ebenfalls mit kleinen Vorgärten im Hof. Anders als beim Projekt I wurden die Brauerei-bauten als Solitär belassen. Auch bei diesem Projekt fehlte wegen der Abbrüche eine Fassade zum Hof, so dass eine neue Fassade vorzusehen war.

Abb. 2.35: Projekt II von Suter & Suter, Grundriss Erdgeschoss, Juli 1990. Abb. 2.36: Modell des Projektes II von Suter & Suter, August 1990.

2.3.1.3 Unterschutzstellungen

HEFTIGE KRITIK AM PROJEKT II

Das Projekt stiess auf heftige Kritik beim Heimatschutz, bei der Stadtbildkommission und bei der Denkmalpflege. Der Heimatschutz erhob gegen das Baubegehren Einsprache. Er wandte sich vor allem gegen den Abbruch der Häuserzeile Grenzacherstrasse 62-68 und gegen „den Ersatz durch Bürohäuser mit quasi vorgeklebten Fassaden von Einzel-

129 Protokoll der Baukommission vom 19.7.1990 (Archiv der Warteck Invest AG).

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häusern“; er hielt den Zustand der Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse für gut.130 Die Stadtbildkommission äusserte insbesondere gegen einen zu hohen Neubau in der Schonzone an der Grenzacherstrasse Vorbehalte.131 Der Denkmalrat132 zeigte sich über den geplanten Abriss nicht erfreut und beanstandete, dass gerade die aus denkmalpflegerischer Sicht bedeutendsten Gebäude geopfert würden, nämlich das Magazin- und Gärkellergebäude an der Alemannengasse und das Eckhaus Treberlagergebäude mit Malzsilo. Zum Magazin- und Gärkellergebäude meinte der Denkmalrat, „eine Erhaltung sei im Hinblick auf die Industriearchäologie Basels von grosser Bedeutung“, da es sich um den ältesten noch erhaltenen Brauereibau handle.133

Er lobte ausserdem die Fassade aus zweifarbigem Backsteinwerk und die Fensterformen. Er betonte im Weiteren die Einzigartigkeit des in den 1930er Jahren erstellten „Gesamt-Ensembles“ von Treberhaus und Malzsilo: Das Treberlager-Gebäude nehme die Zweifarbigkeit der Ziegelsteinfassade des Nachbargebäudes auf, wirke aber nüchterner. Und der Stufenbau des Malzsilos, wirke „’fast noch stärker als Wahrzeichen der Brauerei’ wie der Wasserturm oder das Sudhaus.“134

UNTERSCHUTZSTELLUNGSANTRÄGE

Der Denkmalrat beantragte deshalb nicht nur für das Restaurant „Warteck“ die Unterschutzstellung beim Regierungsrat, sondern auch für das Magazin- und Gärkeller-gebäude an der Alemannengasse sowie für das Treberlagergebäude mit Malzsilo.135 Im Antrag schreibt der Denkmalrat: „Grundsätzlich sind nach den Gesichtspunkten der modernen Industriearchäologie sämtliche Bauten der Anlage, die bis zirka 1935 entstanden sind, erhaltenswert, einschliesslich eines Teils der Produktionsanlagen. Allerdings ist eine Umnutzung für diese Gebäude nach dem Auszug der Brauerei nicht einfach zu bewerkstelligen. Auch ist die Förderung des Wohnungsbaus durch das Amt für Kantons- und Stadtplanung durchaus verständlich.“136 Deshalb beschränke sich der Denkmalrat auf die beiden Gebäude an der Alemannengasse, die für das Stadtbild von ausserordentlich prägender Aussagekraft seien. Ausserdem handle es sich bei diesen

130 Einsprache des Basler Heimatschutzes, 24.9.1990 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Grenzacherstrasse 60-72, 1994, E1032).

131 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 6. 132 „Der Denkmalrat ist dem Erziehungsdepartement für Fragen der Denkmalpflege beigegeben. Seine

Aufgaben sind die fachliche Aufsicht über die Tätigkeit der Denkmalpflege, die Antragstellung an das Erziehungsdepartement zur Eintragung (oder Streichung) von Objekten im kantonalen Denkmalverzeichnis sowie die denkmalfachliche Prüfung von Subventionsgesuchen oder wichtigen Baubegehren.“ Die Mitglieder werden vom Regierungsrat gewählt. „Dabei sieht das Gesetz vor, dass die Gemeinden sowie die fachlich und kulturell interessierten Kreise angemessen zu berücksichtigen sind.“ (www.denkmalpflege.bs.ch, Stand Juni 2005).

133 Wamister, Christof, “Warteck-Areal: Andere Ideen nicht erwünscht?”, in: Basler Zeitung, 29.9.1990. 134 Wamister, Christof, “Warteck-Areal: Andere Ideen nicht erwünscht?”, in: Basler Zeitung, 29.9.1990. 135 Zu den Auflagen von Denkmälern im Denkmalverzeichnis siehe Anhang, Kapitel “Rechtliche Grundlagen”. 136 Antrag des Denkmalrates zur Eintragung in das Denkmalverzeichnis, 28.6.1990, S. 2 (Archiv der Basler

Denkmalpflege).

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Bauten um Musterbeispiele für die gesamte Bebauung der Brauerei Warteck.137 Auch den geplanten Abbruch der Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse 62-68 kritisierte der Denkmalrat. Aus seiner Sicht handelte es sich um ein gut erhaltenes Ensemble von 1878/80.138 Die vier Häuser lagen seit der Zonenplanrevision von 1988 in der Schonzone. Laut Denkmalschutzgesetz ist der Sinn der Schonzone die Bewahrung von Strassenbild und Volumen.139 Aus Sicht des Denkmalrates war dieser vorgesehene Schutz berechtigt.140

REAKTIONEN DER EIGENTÜMERIN

Die Eigentümerin Warteck Invest AG zeigte kein Verständnis für die Haltung des Denkmalrates. „Eine Unterschutzstellung dieser vom Denkmalrat ausersehenen Gebäude ist abwegig, wirtschaftlich überhaupt nicht tragbar und gefährdet die gesamte Wohnüberbauung; wir werden dem Regierungsrat die Ablehnung dringendst empfehlen“, soll Alexander Füglistaller an der Pressekonferenz zur Vorstellung des Projektes II im August 1990 gesagt haben. Es gehe darum, zu entscheiden, was wichtiger sei, den Wohnungsbau in der Stadt zu fördern oder tote Fabriken zu erhalten.141 Die Wohnhäuser an der Grenacherstrasse 62-68 hielt die Warteck Invest AG nicht für erhaltenswert, insbesondere da sich ihrer Meinung nach die Fensterelemente in Sandstein in einem schlechten Zustand befanden und die Umnutzung für moderne Büros nicht möglich wäre. Als Argumente für die Unmöglichkeit einer Umnutzung der Brauereigebäude erwähnte die Warteck Invest AG die Verschachtelung der Räume, die sich aus dem kontinuierlichen Umbau der Brauereigebäude ergab, sowie den schlechten baulichen Zustand, der durch mangelnde Investitionen hinsichtlich der Fabrikstilllegung verursacht worden war. In einer Stellungnahme zum Antrag des Denkmalrates führte die Warteck Invest AG ihre Bedenken weiter aus: Beim Magazingebäude und beim Malzsilo wäre die Umgestaltung zu Wohn- und Arbeitsraum sehr aufwändig, der entstehende Wohnwert von fraglicher Qualität. Im Übrigen zeigte die Warteck Invest AG grosse Bedenken hinsichtlich Rentabilität: Sie prognostizierte für eine Umnutzung sogar „Negativ-Renditen“, während sie bei Neubauten an derselben Stelle mit marktüblichen Renditen rechnete.142 Die den Aussagen zugrunde liegenden Berechnungen zeigen allerdings, dass bei der Variante Neubau mit viel mehr Nutzfläche gerechnet wurde als bei der Variante Umnutzung des Altbaus (bei Alemannengasse 51 doppelte Nutzfläche).143 Es wurde damit gerechnet, dass bei einem Neubau die baurechtlich mögliche Fläche ausgenützt würde. Alleine dadurch lässt sich die höhere Rendite bereits erklären.

137 Antrag des Denkmalrates zur Eintragung in das Denkmalverzeichnis, 28.6.1990, S. 2 (Archiv der Basler Denkmalpflege).

138 Wamister, Christof, “Warteck-Areal: Andere Ideen nicht erwünscht?”, in: Basler Zeitung, 29.9.1990. 139 Siehe dazu Anhang, Kapitel “Rechtliche Grundlagen”. 140 Vgl. Wamister, Christof, “Warteck-Areal: Andere Ideen nicht erwünscht?”, in: Basler Zeitung, 29.9.1990. 141 fo, „100 neue Wohnungen auf dem Warteck-Areal. Turm, Sudhaus und Restaurant-Eckgebäude bleiben

stehen, der Rest wird überbaut”, in: Nordschweiz Basler Volksblatt, 28.8.1990. 142 Stellungnahme zum Antrag des Denkmalrates, 14.9.1990 (Archiv der Basler Denkmalpflege). 143 Berechnungen zu der Stellungnahme zum Antrag des Denkmalrates, 14.9.1990 (Archiv der Warteck

Invest AG).

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117

ENTSCHEID DES REGIERUNGSRATES

Der Regierungsrat lehnte die vom Denkmalrat beantragte Unterschutzstellung der alten Brauereigebäude ab.144 Bei beiden Liegenschaften handle es sich nach Auffassung des Regierungsrates nicht um ein Denkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes. „Eine Unterschutzstellung erscheint auch angesichts des schlechten Zustandes des Hauses und der dadurch bedingten hohen Renovationskosten nicht gerechtfertigt.“145 Das Eck-haus Burgweg/Grenzacherstrasse mit dem Restaurant „Warteck“ wurde dagegen vom Regierungsrat unter Denkmalschutz gestellt.146

ENTSCHEID ZUR NEUPLANUNG

Im Januar 1991 beschloss der Verwaltungsrat der Warteck Invest AG, das Projekt der Architekten Suter & Suter AG durch den Architekten Roger Diener (Architekturbüro Diener & Diener, Basel) in alternativem Sinn überarbeiten zu lassen. Im Geschäftsbericht der Warteck Invest AG 1991 findet sich dafür folgende Begründung: “Bei der Stadtbild-kommission und dem Amt für Kantons- und Stadtplanung ergaben sich Probleme mit der Überbauung der Häuserreihe an der Grenzacherstrasse, der Nutzung des Turms und des Sudhauses (welche wir nicht abreissen wollten) und mit dem Wohnflächenanteil. Von verschiedener Seite wurde gewünscht, mehr von der alten Brauereiarchitektur zu erhalten.“ „Der Verwaltungsrat beschloss deshalb im Frühjahr 1991, Architekt Roger Diener zu beauftragen […].”147 Im Übrigen waren die Hoffnungen der Bauherrschaft auf eine rasche Bewilligung eines zonenkonformen Projektes (Blockrandbebauung) und damit einen baldigen Baubeginn nicht erfüllt worden. Auf den Umstand, dass das Projekt zu harzig vorankam, mag die Aussage von Alexander Füglistaller hinweisen, welche er anlässlich eines Interviews viel später einmal machte: “Diener senior disait que son fils pourrait faire une proposition car toute l’histoire était devenue gluante”.148 Wie beim Projekt I ragten auch beim Projekt II bestehende Bauten über die für die Zone 4 maximal vorgesehene Höhe hinaus, während die Ausnützungsziffer nicht eingehalten wurde. Eine Lösung für dieses Problem war nicht gefunden worden, so dass auch dieses Projekt wohl nicht im Rahmen einer normalen Baubewilligung hätte bewilligt werden können. Ebenfalls zum Entscheid beigetragen haben mag der Umstand, dass es an der General-versammlung der Warteck Invest AG im April 1991 überraschend zu personellen Verän-derungen im Verwaltungsrat kam: Unter anderem wurde Markus Diener in den Verwal-tungsrat gewählt. Nebst dem Architekten Hans Rudolf A. Suter von Suter & Suter befand sich nun auch Markus Diener vom Architekturbüro Diener & Diener im Verwaltungsrat. Diener besass auch Anteile an der Aktiengemeinschaft.149 Die Anliegen des Denkmal-rates bezüglich Erhaltung der Brauereibauten und der Wohngebäude an der Grenzacher-

144 Beschlüsse vom 12.2.1991 und 26.2.1991. 145 Antwort des Vorstehers des Erziehungsdepartementes, 4.3.1991 (Archiv der Basler Denkmalpflege). 146 Beschluss vom 26.2.1991 mit Wirkung per 3.3.1991. 147 Geschäftsbericht Warteck Invest AG, 1991, S. 7. 148 Gross und Jomini, 1996/1997, S. 12. 149 Gespräch mit Daniel Breton, Leiter Gebäudemanagement, Warteck Invest AG, Basel, 3.10.2006.

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strasse sollen dagegen beim Entscheid zur Neuplanung gemäss Warteck Invest AG keine Rolle gespielt haben.150

2.3.1.4 Projekt “Warteckhof“ von Diener & Diener151

PROJEKT III

Das im August 1991 vorgestellte Projekt III von Diener & Diener wich von der Regelbauweise der Blockrandbebauung ab. Vier Solitärbauten bestimmten die neue Anlage: das Eckhaus Burgweg/Grenzacherstrasse mit Restaurant (Altbau), ein Dienst-leistungszentrum (Neubau), ein Wohnhof (Neubau) und ein Komplex von ehemaligen Brauereigebäuden. Das Nutzungskonzept sah nun 35% der Fläche für Dienstleistung und Gewerbe vor, 43% für Wohnen und 22% der Bruttogeschossfläche für den Kultur- und Werkraum.152

Bei diesem Projekt sollten deutlich mehr Industriebauten erhalten, renoviert, umgenutzt und integriert werden als bei den beiden vorhergehenden:

• Wasserturm • Sudhaus • Maschinenhaus • Kesselhaus • Kamin • Treberlagergebäude • Malzsilo • Restaurant „Warteck“

Das Architekturbüro Diener & Diener hatte ursprünglich den Auftrag der Warteck Invest AG erhalten, in den alten Brauereibauten „teure Loftwohnungen“ zu projektieren. Für Roger Diener war aber bald einmal klar, dass die Altbauten dafür nicht geeignet waren. Die Räume liessen sich nicht in sinnvolle Einheiten zur Miete oder zum Verkauf unterteilen. Er sah dagegen die Möglichkeit, die bestehenden Räume für kulturelle Nutzungen zu verwenden.153

Das Magazin- und Gärkellergebäude hingegen sollte abgerissen werden, „weil es sich in keinen städteräumlichen Zusammenhang mit den neuen Bauten fügen“ liess.154 Vorgesehen war auch der Abbruch der Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse 62-68. Die Warteck Invest AG begründete diesen Wunsch mit einem zu grossen finanziellen

150 Gespräch mit Daniel Breton, Leiter Gebäudemanagement, Warteck Invest AG, Basel, 3.10.2006. 151 Projektvorschlag von Diener und Diener, Ausarbeitung und Ausführung durch Arbeitsgemeinschaft Suter

& Suter / Diener & Diener. 152 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 11. 153 Gespräch mit Roger Diener, Diener & Diener Architekten, Basel, 5.4.2005. 154 ju, „Neue Pläne für das Warteck Areal. Wohnungen und Dienstleistungszentrum sollen entstehen”, in:

Basellandschaftliche Zeitung, 30.4.1992.

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Aufwand für die Fassadensanierungen (gestrichener Sandstein, Holzelemente im Fassadenmauerwerk etc.), hohe Kosten für sanitäre Einrichtungen und alle Installationsbereiche (die WC-Anlagen lagen zum Teil ausserhalb des Wohnbereichs), für Erneuerung oder Ersatz von Schallisolation an Böden und Decken. Ausserdem handle es sich um ein knappes Bauvolumen mit ertragsschwachen, grossen Räumen. Die zu erwartende Rendite werde deshalb als ungenügend eingeschätzt.155 Auch eine Rolle gespielt hat vermutlich die Tatsache, dass die Altbauten für den Bau eines grösseren Ladengeschäfts (Migros) hinderlich waren. Das Projekt von Diener & Diener unterschied sich wesentlich von den beiden vorangegangenen Projekten, sowohl in der städte-baulichen Konzeption (Kuben statt Blockrand, öffentlicher Raum statt geschlossener Hof), als auch im Umgang mit den Altbauten.

Abb. 2.37 und Abb. 2.38: Projekt III von Diener & Diener, Grundriss Erdgeschoss und Schnitte, 1993-1996.

DIE NEUEN NUTZER UND DIE NEUE NUTZUNG IM BRAUEREIKOMPLEX

Auf der Suche nach einem geeigneten Nutzer für die Brauereibauten war die Eigen-tümerin zusammen mit Roger Diener auf den Trägerverein Schlotterbeck gestossen.156 In

155 Protokoll vom 14.4.1993 (Archiv der Warteck Invest AG). 156 Im Juni 1990 erkundigte sich Hans Rudolf A. Suter aufgrund einer Pressemitteilung bei Jakob Tschopp

nach dem Projekt “Werkraum Schlotterbeck”; im Mai 1991 besuchten Roger Diener und Hans Rudolf A.

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der ehemaligen Garage Schlotterbeck an der Viaduktstrasse in Basel hatte sich 1990 eine Gruppe von Künstlern und Handwerkern eingemietet, welche nun nach neuem Raum suchte, weil der Zwischennutzungsvertrag 1993 auslief.157 Die Garage sollte abgerissen werden und einem Neubau für die Volksbank Platz machen (Architekt Richard A. Meier). Diese Gruppe hatte in der Zeit in der Garage bereits einige Erfahrung in der Umnutzung von zweckfremdem Raum gesammelt, so dass man hoffte, dieses Know-how für die Umnutzung der Brauereigebäude nutzen zu können. Die legalen Mieter der Schlotter-beckgarage waren aus einer Gruppe von Besetzern der Stadtgärtnerei in Basel hervorgegangen.158 Andere Gruppierungen aus der Stadtgärtnereizeit organisierten weiterhin illegale Besetzungen. So trat die Warteck Invest AG denn auch nicht vorurteilslos in die Verhandlungen ein. Auf der anderen Seite hatten die Künstler und Handwerker Vorurteile gegenüber „dem Kapital“, der Warteck Invest AG. Ausserdem suchte die Gruppe eigentlich nicht nach einer permanenten Bleibe, sondern sah einen Reiz in der Nutzung von Provisorien. Der Architekt Roger Diener von der Eigentümerseite sowie Jakop Tschopp vom Trägerverein Schlotterbeck übernahmen die Vermittlerrollen in den Gesprächen zwischen den beiden Seiten. Schliesslich fand man eine Lösung, die beide Seiten befriedigte.159

Geplant war eine Nutzung als „Werk- und Lernstätte“. Ähnlich wie im Schlotterbeck war individuelles Werken vorgesehen, wobei dem Austausch von Fähigkeiten grosse Bedeu-tung beigemessen wurde. “Dies ist […ein ] Ort mit vielen Laboratorien, wo experimentell gearbeitet wird. So gesehen ist der Werkraum ein Forschungsprojekt im kulturellen Sektor.”160 Einige Räume, unter anderem das Sudhaus, sollten für Veranstaltungen genutzt werden und so eine Verbindung zum Quartier und zur Stadt schaffen. Vorgesehen war, dass sich der Werkraum laufend den sich ändernden Bedürfnisse der Nutzer anpassen würde. Basierend auf diesem Grundgedanken wurde später für den Nutzerverein der Name „Werkraum Warteck pp“ gewählt; „pp“ steht für „Provisorium Perpetuum“ oder “permanentes Provisorium”. Zu den ersten Nutzungen gehörten unter anderem eine Schreinerei, eine Schlosserei, ein Bildhaueratelier, ein Kinderhort, ein Tanzraum, ein Veranstaltungsraum.

Suter am Jahrestag des Bundes Schweizer Architekten (BSA) zum ersten Mal den Schlotterbeck, danach Beginn der gemeinsamen Planung.

157 Ablauf Zwischennutzungsvertrag: 30.6.1993. 158 1986 bezog die Stadtgärtnerei ihre neuen Lokalitäten, worauf die ehemalige Stadtgärtnerei besetzt

wurde. 159 Zum Prozess äusserte sich Füglistaller viel später wie folgt: „Le processus entre les gens du Werkraum et

nous autres était un bon processus d’apprentissage. Nous avons dû les connaître, leurs idées, et eux ils ont dû nous connaître et au début ça a été très lent, mais nous n’avons jamais eu des querelles ou des mésentente [sic]. Quelquefois, j’ai dû les ramener à la réalité. Dites nous ce que vous voulez faire là dedans. Nous sommes obligé [sic!] de réaménger le bâtiment.“ (Gross und Jomini, 1996/1997, S. 21).

160 Jakob Tschopp in seiner Ansprache an der Jahresversammlung des Basler Heimatschutzes im Sudhaus, 14.11.1996.

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Abb. 2.39: Nutzerinnen und Nutzer der Garage Schlotterbeck. Abb. 2.40: Zwischennutzungsplan der Grossgarage Schlotterbeck, 1991/1992.

NUTZUNGSTRANSFER ALS KOMPENSATION

Mit der Wahl einer kulturellen Nutzung für den Brauereikomplex wurde angenommen, dass der Warteck Invest AG keine marktüblichen Mieten bezahlt werden können. Um diesen Ertragsausfall der Warteck Invest AG zu kompensieren, wurde ein Nutzungs-transfer vorgesehen: „Mit der städtebaulichen Disposition ist auch ein ökonomisches Modell verbunden. Die Neubauten gewährleisten den wirtschaftlichen Ertrag der gesamten Anlage und erlauben es, die Gebäude der alten Brauerei als Industrie-Denkmal zu erhalten, ohne dass sie einen Ertrag abwerfen müssen, weil die Nutzung des Werkraumareals auf das Geschäfts- und Wohnhaus umgelegt ist.“161 Die zulässige Dichte auf dem Areal sollte dadurch um ca. 37% überschritten werden.162

ZWISCHENNUTZUNGSPHASE

Die Produktion auf dem Areal wurde bereits im ersten Quartal 1991 ganz eingestellt. Im Juni 1993 wurde zwischen der Warteck Invest AG und dem Gründungsverein der Betreiberorganisation Warteck GWB163 (hervorgegangen aus dem Trägerverein Schlotterbeck) eine Vereinbarung bezüglich unentgeltlicher Zwischennutzung der Brauereigebäude unterzeichnet. Ab dem 1. Juli war die Zwischennutzung bewilligt. Die Räume wurden in dieser Zeit vor der Baubewilligung fast unverändert, in fabrikmässigem Rohzustand genutzt. Im Winter fehlte die Heizung, im Boden klafften Löcher, oder es standen die Maschinensockel im Weg, es gab Brandspuren, viele Tauben. Die Mieten wurden reduziert oder sogar erlassen. Maximal ein Drittel der Räume hatte eine vorläufige Nutzung. In dieser Zwischennutzungsphase liefen Bauen und Nutzen parallel. Die Betriebskosten konnten in dieser Zeit nicht durch Mieteinahmen gedeckt werden. Die Warteck Invest AG stellte deshalb dem Verein einen einmaligen Betrag zur Verfügung für

161 Geschäftsbericht der Warteck Invest AG 1993 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel). 162 Zulässige Dichte: 1.5; geplante Dichte: 2.1. 163 Gründung am 14. Juni 1993, später Neubenennung in „Verein Werkraum Warteck pp“.

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dringende Instandstellungsarbeiten wie zum Beispiel Fensterreparaturen, Schliessung von Bodendurchbrüchen, Schutz vor weiterem Zerfall und Gebäudereinigung. Ausserdem übernahm sie die Kosten für einen Hauswartdienst.164 Mit dieser Unterstützung trug sie auch zur Sicherheit vor Vandalismus bei.165

DER WEG ZUR PROJEKTBEWILLLIGUNG

Das Projekt „Warteckhof“ verlangte nach einer speziellen Bewilligung, weil es in diversen Punkten von den Auflagen abwich. Insbesondere wurde durch den Nutzungstransfer die zulässige Dichte auf dem Areal überschritten, und die Stadt- und Dorfbildschonzone an der Grenzacherstrasse 62-68 wurde durch den geplanten Abbruch nicht berücksichtigt, der Freiflächenanteil lag unter den vorgeschriebenen 50%, die Gebäudefluchten lagen nicht auf den Baulinien, die Bauabstände waren zu klein, die Wohnungen verfügten zum Teil nicht über den gesetzlich vorgeschriebenen Lichteinfallswinkel.166 Im November 1991 beauftragte der Regierungsrat das Baudepartement, die rechtlichen Voraussetzungen für das Projekt für einen Entscheid des Grossen Rates vorzubereiten: notwendige Änderung der Zonenzuweisung, Festsetzung eines Überbauungsplans, Erlass spezieller Bau-vorschriften und Zuordnung zur Lärmempfindlichkeitsstufe. Mit gleichem Beschluss legte er auch bereits die wesentlichen Randbedingungen für das Projekt fest, nämlich die Teilung des Areals in drei Nutzungszonen: Dienstleitung/Gewerbe (35%), Wohnen (43%) und Kultur (22%). Werden die Brauereigebäude vom Nutzungsschlüssel ausgenommen, so beträgt der Anteil Wohnen 55%, der Anteil Dienstleistung/Gewerbe 45%.167

Am 9.6.1993 schuf der Grosse Rat die rechtlichen Voraussetzungen für das Projekt, indem er die Änderung der Zonenzuweisung, den Überbauungsplan und die Zuordnung zur Lärmempfindlichkeitsstufe genehmigte sowie spezielle Bauvorschriften für das Areal erliess. Dazu gehörte insbesondere die Aufhebung der Schonzone an der Grenzacher-strasse als Voraussetzung für den Abriss der Wohnhäuser Grenzacherstrasse 62-68. Eine höhere Dichte wurde ermöglicht, indem die vorgeschriebene Freifläche auf dem Areal von 50% auf 40% reduziert wurde und die Arealfläche ohne Eckhaus Burgweg/Grenzacherstrasse und Brauereikomplex der Zone 4 zugeteilt wurde, und indem statt vier Vollgeschosse und einem zurückgesetzten Dachgeschoss fünf Vollgeschosse erlaubt wurden. Der Brauereikomplex wurde in die Stadt- und Dorfbildschutzzone gelegt, was bedeutet, dass die nach aussen sichtbare Substanz bewahrt werden muss.168 Die Häuser entlang der Grenzacherstrasse wurden der Lärmempfindlichkeitsstufe III zugeordnet, das übrige Areal, inklusive Brauereikomplex, der Stufe II, was der Stufe für

164 „Werkraum Warteck pp“, 19.12.1993 (Privatarchiv 1125 im Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt). 165 Am 9.11.1991 waren die Brauereigebäude von Besetzern besetzt, am gleichen Tag polizeilich wieder

geräumt worden (www.warteckpp.ch/geschichte, Stand Dezember 2008). 166 Aktennotiz vom 7.1.1992 (Archiv der Warteck Invest AG). 167 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), Ratschlag betreffend Änderung der Zonenzuweisung,

Festsetzung eines Überbauungsplans und Erlass spezieller Bauvorschriften für das Areal zwischen Grenzacherstrasse, Fischerweg, Alemannengasse und Burgweg (ehemalige Brauerei Warteck) sowie Genehmigung der Zuordnung der Lärmempfindlichkeitsstufe, 20.4.1993, S. 6.

168 Zur “Stadt- und Dorfbildschutzzone” siehe im Anhang, Kapitel “Rechtliche Grundlagen”.

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die Wohnzone entspricht. Im Bereich des Brauereikomplexes wurde bestimmt, dass „ausschliesslich kulturelle Nutzungen im Rahmen des Kultur- und Werkraums ‚Warteck’ zulässig“ sind. So konnte verhindert werden, dass der Nutzungstransfer auf dem Areal langfristig missbraucht werden kann, indem die Rendite durch eine nachträgliche Ansiedlung von rentablen Nutzungen in den Brauereibauten erhöht wird.169

Während sich die Behörden, inklusive der Denkmalpflege, mit dem überarbeiteten Projekt einverstanden erklärten, stiess das Projekt bei der Bevölkerung zum Teil auf Kritik. Der Warteck Invest AG wurde vorgeworfen, der Erhalt der Brauereigebäude und das unkon-ventionelle Nutzungsangebot, das darin Platz finden solle, diene als Alibi, um daneben profitträchtige Neubauten zu erstellen.170 Kritisiert wurden der geplante Abbruch der Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse, wodurch günstiger Wohnraum verloren gehe, sowie der Bau von Büroraum, dessen Bedarf nicht nachgewiesen sei.171 Die Mieterinnen und Mieter in den vier Häusern der Grenzacherstrasse bildeten ein „Komitee zur Erhaltung der Wohnhäuser Grenzacherstrasse 62-68“ und reichten nach dem Beschluss des Grossen Rates mit der Unterstützung des Mieterinnen- und Mieterverbandes und der Frauenliste das Referendum gegen die Zonenzuteilung ein. Obwohl es dem Komitee nur um den Projektteil an der Grenzacherstrasse ging, wurde mit dem Referendum das ganze Projekt inklusive Erhalt der Brauereibauten in Frage gestellt.

Ende November 1993 kam es deshalb zur Volksabstimmung über die Änderung der Zonenzuweisung, welche von der Bevölkerung angenommen wurde. Im Januar 1994 wurde der Warteck Invest AG schliesslich die Baubewilligung für die beiden Neubauten erteilt. Für den Umbau der Brauereibauten wurde im Januar 1994 ein Baubegehren eingereicht, im September 1994 die Baubewilligung erteilt.172

169 Zu den Ausnahmebewilligungen und Auflagen siehe in: Spezielle Bauvorschriften, Bebauungspläne, Grenzacherstrasse, Burgweg, Alemannengasse, Fischerweg (ehemalige Brauerei Warteck), Grossratsbeschluss vom 9.6.1993. Siehe auch: Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), Ratschlag betreffend Änderung der Zonenzuweisung, Festsetzung eines Überbauungsplans und Erlass spezieller Bauvorschriften für das Areal zwischen Grenzacherstrasse, Fischerweg, Alemannengasse und Burgweg (ehemalige Brauerei Warteck) sowie Genehmigung der Zuordnung der Lärmempfindlichkeitsstufe, 20.4.1993.

170 Siehe zum Beispiel: hi, „Neue Nutzung des Warteckareals. Fertig geschlottert im Schlotterbeck – warten auf Warteck“, in: Basler AZ, 30.4.1992; viw, „Die Warteck-Überbauung erfordert Abbruch“, in: Basler Zeitung, 27.2.1993.

171 Siehe zum Beispiel: Meyer, Jürg und Urs Rist, "Ja zu Neubauten und Kultur auf Warteckareal", in: Basler Zeitung, 10.6.1993.

172 Baueingabepläne zum Brauereikomplex siehe im Anhang, Kapitel “Pläne”.

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Abb. 2.41: Änderung der Zonenzuweisung gemäss offizieller Informationsbroschüre zur kantonalen Volksabstimmung vom 26., 27. und 28. November 1993.

REALISATION

Ausgeführt wurden die Neu- und Umbauten durch eine Arbeitsgemeinschaft von Diener & Diener und Suter & Suter, im Brauereikomplex ausserdem durch die Bauhütte, eine Vereinigung von Handwerkern im Werkraum. Die Baukosten beliefen sich für die Umnutzung des gesamten Areals für die Warteck Invest AG auf ca. CHF 65 Mio.173 1996 wurde die Umnutzung des Areals abgeschlossen.

2.3.1.5 Areal B Die Planung auf dem Areal B wurde erst viel später in Angriff genommen. Nachdem die Warteck Invest AG beschlossen hatte, das Areal B zu verkaufen, korrigierte sie bereits ein paar Monate später ihre Strategie wieder.174 Man war zur Einsicht gekommen, „[...] dass mehr Interessenten angesprochen werden könnten, wenn ein baubewilligtes Projekt

173 Bauabrechnung, Stand März 2007 (Archiv der Warteck Invest AG). 174 Vgl. Truttmann, Marianne, “Teilausverkauf bei Warteck Invest”, in: Basler Zeitung, 3.4.1997.

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vorliegt.“175 Kurz vor der Baueingabe wurde ein von Diener & Diener geplantes Projekt gestoppt. Das Projekt „Stadtwohnen Alemannengasse“ von Burckhardt & Partner AG wurde schliesslich 2004 fertig gestellt. Die 76 Wohneinheiten wurden verkauft, während die Einstellhallenplätze im Besitz der Warteck Invest AG blieben. Während in einer frühen Projektphase noch geplant worden war, die ehemalige Fuhrhalterei zu erhalten, wurden schliesslich sämtliche Brauereigebäude auf dem Areal B für das Neubauprojekt abgerissen.

Abb. 2.42: Neubauten auf dem Areal B, Baueingabeplan von Burckhardt & Partner AG, 2000.

2.3.2 Organisationsstruktur Brauereikomplex

Als Organisationsstruktur für die erhaltenen Brauereibauten wurde eine Lösung mit drei Ebenen gewählt: Eigentümerin – Stiftung – Verein. Die Warteck Invest AG als Eigentümerin vermietete das Gebäude an die Stiftung Warteckhof zu einem symbolischen Franken pro Jahr.176 Der Verein Werkraum Warteck pp, hervorgegangen aus dem Gründerverein Brauerei Warteck (GBW), war Mieter bei der Stiftung und bezahlte als Miete einen Betrag, der für den längerfristigen Unterhalt reserviert wurde.177 Der Verein vergab Räume an die Nutzer in Untermiete. Im sogenannten Plenum versammelten sich regelmässig Mitglieder des Vereins und Mieter im Werkraum Warteck, um über verschie-

175 Zwischenbericht der Warteck Invest AG an die Aktionärinnen und Aktionäre und an die Empfänger der Jahresberichte, per 30.6.1997 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel).

176 Vertrag per 1.6.1994 zwischen Stiftung Warteckhof und Warteck Invest AG; Vertrag auf 5 Jahre fest und unkündbar, Verlängerungsrecht um fünf Jahre, danach Frist von einem Jahr zur Kündiung (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

177 Zu Beginn CHF 48’000, Anpassung alle zwei Jahre gemäss Konsumentenpreise gem. Vertrag zwischen Stiftung und Verein, 1.6.1994 (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

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dene Themen betreffend den Werkraum zu diskutieren (Projekte, Umbauten etc.). Die auf den ersten Blick komplizierte Lösung lässt sich wie folgt begründen:

– Eigentümerin und Stiftung: Die Rechtsform einer Stiftung eröffnet potenziellen Geldgebern Beteiligungsmöglichkeit.178 Im Übrigen bietet eine Stiftung die Möglichkeit, mit politisch engagierten Stiftungsratsmitgliedern ein gewisses politisches Gewicht zu erlangen. Beides wäre nur mit der Warteck Invest AG als Eigentümerin und ohne Stiftung nicht möglich.

– Stiftung und Verein: Während der Verein vor allem ein Interesse am Nutzen des Gebäudes hat, liegt der Stiftung der Erhalt des Gebäudes am Herzen. Falls die Nutzer nicht mehr den langfristigen Erhalt des Gebäudes im Auge haben sollten, könnte die Stiftung eingreifen.179

Abb. 2.43: Ursprüngliche Organisationsstruktur.

178 Vgl. Abriss zur Entstehungsgeschichte des Entwurfs ”Warteckstiftung für permanente Provisorien” zusammengestellt von Jakop Tschopp, GV GBW, 31.1.1994, S. 2 (Privatarchiv 1125 im Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt).

179 Vgl. Abriss zur Entstehungsgeschichte des Entwurfs ”Warteckstiftung für permanente Provisorien” zusammengestellt von Jakop Tschopp, GV GBW, 31.1.1994, S. 2 (Privatarchiv 1125 im Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt).

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2.3.3 Finanzierung Brauereikomplex

IMMOBILIENPROJEKTFINANZIERUNG:180 UMBAU DER BRAUEREIBAUTEN

Da die Liegenschaft nicht erst gekauft werden musste, reduzierten sich die Anfangs-investitionen auf die Umbau- und Neubaukosten. Die Warteck Invest AG stellte auf den Mietantritt hin Gebäudehülle und Infrastruktur, das heisst Heizung, Wasser- und elektrische Anschlüsse als einmalige Leistung instand. Die Kosten für den Ausbau, die über diese Instandstellung hinausgingen, gingen zu Lasten der Stiftung. Die baulichen Veränderungen zur spezifischen Nutzung der Räume gingen ebenfalls zu Lasten der Stiftung.181 Der Verein übernahm vom Stiftungsanteil die Instandstellung der Infrastruktur und den nutzungsspezifischen Innenausbau, um allen Nutzern einen Minimalaus-baustandard zu bieten (Trennwände, Türen, Gänge, Böden). Über diesen Standard hinaus gehende Aufwendungen wie Stromverteilung, Licht, Malerarbeiten und Wasser lagen bei den Nutzern. Im Weiteren wollte der Verein den Bau der Kantine übernehmen, um sie an Betreiber zu verpachten.182

Den Grossteil der Umbaukosten übernahm damit die Warteck Invest AG. Unterstützt wurde der Umbau ausserdem durch Subventionen der Denkmalpflege in der Höhe von CHF 125'000 (Reinigung und stellenweise Ergänzung der Backsteinfassade, innere Kastenfenster zur Nachisolation, Erneuerung des undichten Daches im Treberlager, Restaurierung der Glasbilder von Burkhard Mangold (1933) im Sudhaus).183 Für die Finanzierung des Anteils von Stiftung und Verein wurde zuerst über eine Kredit-vereinbarung mit der Warteck Invest AG nachgedacht, welche eine jährliche Belastung von fast CHF 50'000 bedeutet hätte. Es konnten aber schliesslich Sponsoren gefunden werden, so dass auf das Darlehen verzichtet werden konnte: Grössere Beträge wurden von der Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige (CHF 200'000), vom Lotteriefonds (CHF 100'000) und von der Christoph Merian Stiftung (CHF 50'000) zur Verfügung gestellt. Dazu kamen weitere Spendenbeträge von Gemeinden und Privaten. Von den Nutzern wurden zudem Eigenleistungen in der Höhe von ca. CHF 300'000 erbracht.

180 Es wird bei Immobilien zwischen „Immobilienprojektfinanzierung“ und „Immobilienfinanzierung“ unterschieden. Bei der Projektfinanzierung geht es darum, ein Vorhaben zu finanzieren, bei der klassischen Immobilienfinanzierung dagegen darum, eine Bestandsimmobilie zu finanzieren. (Vgl. Spitzkopf, 2002, S. 265).

181 Mietvertrag zwischen Warteck Invest AG und Stiftung Warteckhof vom 1. Juni 1994 (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

182 Innenausbau, Schrift der Bauhütte, 14.6.1994 (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp). 183 Subventionsgesuch vom 3.3.1994 (Archiv der Basler Denkmalpflege).

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Abb. 2.44: Umbaukosten Brauereibauten (Datenquelle: Egger Markus und Hanno Schwarz, Verein Werkraum Warteck pp, Informationsabend vom 18.3.1996).

IMMOBILIENFINANZIERUNG: LANGFRISTIGE SICHERUNG DER BRAUEREIBAUTEN

Vorgesehen war, dass die Bewirtschaftungskosten (Betrieb, Verwaltung und Instand-haltung) sowie Instandsetzungskosten des Brauereikomplexes durch die Mieterträge gedeckt werden sollten. Für die Immobilienfinanzierung war kein Sponsoring vorge-sehen.184 Bei baulichen Eingriffen (Umbauten oder Renovationen), welche subventions-berechtigt sind, sind hingegen Denkmalsubventionen im Rahmen des Schutzumfangs möglich. Für die Eigentümerin Warteck Invest AG, die Stiftung beziehungsweise für den Verein entstand keine Belastung durch Finanzierungskosten.185 Möglich ist hingegen, dass die Nutzer für den Ausbau ihrer Räume zum Teil Kapital aufnehmen mussten, so dass Finanzierungskosten entstanden.

184 Der Verein Werkraum Warteck pp erhält ein paar kleine Spenden und z.T. zinslose Darlehen. Allerdings wird angenommen, dass diese nicht für die Immobilienfinanzierung gedacht sind, sondern für Aktivitäten des Vereins.

185 Annahme für die Warteck Invest AG: Finanzierung des Umbaus durch Eigenkapital.

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Abb. 2.45: Inzidenzdiagramm zur langfristigen Finanzierung (ohne Umbau).

2.3.4 Zusammenfassung der Umnutzung

Für die Umnutzung des Areals A wurden zwischen 1989 und 1994 insgesamt drei Projekte erarbeitet. Die beiden ersten Projekte vom Architekturbüro Suter & Suter sollten mit einer zonengemässen Blockrandbebauung bald zu einer Baubewilligung führen. Das erste Projekt wurde zurückgezogen, weil der geplante Erhalt von Wohnhäusern an der Grenzacherstrasse als zu kostspielig eingeschätzt wurde. Beim zweiten Projekt von Suter & Suter sollte weniger alte Bausubstanz erhalten werden (Restaurant „Warteck“, Sudhaus, Turm, Kesselhaus). Darauf beantragte der Denkmalrat nicht nur für das Restaurantgebäude, sondern auch für das Magazin- und Gärkellergebäude und das Treberlagergebäude mit Malzsilo die Unterschutzstellung. Aus denkmalpflegerischer Sicht sollten nun also gerade die Brauereigebäude geschützt werden, welche gemäss Zonenplan, der erst 1988 verabschiedet worden war, keinem Schutz unterlagen. Der Regierungsrat bewilligte die Unterschutzstellung des Restaurantgebäudes, lehnte aber die Unterschutzstellung der Brauereigebäude ab.

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Die Eigentümerin liess schliesslich das Projekt durch das Architekturbüro Diener & Diener überarbeiten. Markus Diener war zuvor dem Verwaltungsrat der Warteck Invest AG beigetreten. Das Architekturbüro Diener & Diener kam zum Schluss, dass sich die Idee der Warteck Invest AG von teuren Loftwohnungen in den ehemaligen Brauereibauten nicht verwirklichen liess. Die Eigentümerin entschied deshalb, den Komplex der ehemaligen Brauerei (Sudhaus, Turm, Maschinenhaus, Kesselhaus, Treberlager, Malz-silo, Kamin) für kulturelle Zwecke zu renovieren. Im Trägerverein Schlotterbeck, welcher Räume in der Grossgarage Schlotterbeck mit einem Zwischennutzungsvertrag mietete und Handwerkern und Künstlern einen Arbeitsplatz ermöglichte, sah die Warteck Invest AG einen geeigneten Nutzer mit den notwendigen Erfahrungen in der Umnutzung von zweckfremdem Raum im kulturellen Bereich. Weil mit der kulturellen Nutzung des Brauereikomplexes eine Ertragseinbusse verbunden war, sah das Projekt III auf der übrigen Arealfläche eine sehr dichte Nutzung vor (Reduktion des minimalen Freiraums, mehr Stockwerke als zulässig u.a.). Ausserdem missachtete das Projekt die Stadt- und Dorfbildschonzone entlang der Grenzacherstrasse – die Wohnhäuser sollten abgerissen werden. Auch alle übrigen Bauten, insbesondere das Magazin- und Gärkellergebäude musste bei diesem Projekt den Neubauten weichen. Durch den Entscheid des Grossen Rates wurden die rechtlichen Voraussetzungen für die Umnutzung geschaffen: notwendige Änderung der Zonenzuweisung, Festsetzung eines Überbauungsplans, Erlass spezieller Bauvorschriften und die Zuweisung in die Lärmempfindlichkeitsstufe. Die Schonzone an der Grenzacherstrasse wurde aufgehoben, dafür wurde der Brauereikomplex in die Stadt- und Dorfbildschutzzone gelegt, was einen Schutz der Aussenhülle bedeutet. Ein Referendum gegen die Zonenplanänderung (Abriss der Wohnhäuser) wurde vom Volk abgelehnt. Erst mit diesem Entscheid, fünf Jahre nach Planungsbeginn, erhielt die Warteck Invest AG die notwendige Planungssicherheit. Ausgeführt wurde das Projekte III durch eine Arbeitsgemeinschaft von Diener & Diener und Suter & Suter. Bei der Umnutzung der Brauereibauten wurde ein tiefer Ausbaustandard gewählt, weil die finanziellen Mittel beschränkt waren und weil gemäss Nutzungskonzept vorgesehen war, dass die Nutzungen einem steten Wandel ausgesetzt sind, und sich deshalb ein hoher Ausbaustandard nicht lohnen würde. Die baulichen Massnahmen sind einfach, weil sie zu einem Grossteil durch die Bauhütte, eine Vereinigung von Handwerkern im Werkraum, und die Nutzer selbst ausgeführt werden sollten. Für den Brauereikomplex wurde als Organisationsform eine Lösung gewählt mit drei Parteien, der Eigentümerin Warteck Invest AG, einer Stiftung und einem Verein. Während sich der Verein um den Betrieb des Industriedenkmals kümmerte, hatte die Stiftung gemeinsam mit der Warteck Invest AG den langfristigen Erhalt des Gebäudes im Auge und kümmerte sich zudem um den Auftritt nach Aussen und das Sponsoring. Die Umbaukosten für den Brauereikomplex von insgesamt CHF 4.2 Mio. wurden zum grössten Teil von der Warteck Invest AG übernommen (83%), von Stiftung und Verein, welche Sponsorengelder erhielten (10%), und von Nutzern (7%). Dadurch entstanden für die Stiftung beziehungsweise den Verein keine Finanzierungskosten, welche den laufenden Betrieb belasten würden.

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ERHALTUNGSABSICHTEN WÄHREND DES UMNUTZUNGSPROZESSES (Abb. 2.46)

Stadt- und Dorfbildschonzone

Stadt- und Dorfbildschutzzone

Unterschutzstellung beantragt

Unterschutzstellung

Soll erhalten bleiben

Ausgangslage: Stadt- und Dorfbildschonzone seit 1988.

Zu erhaltende Bauten in Projekt I, 5.1989.*

Zu erhaltende Bauten in Projekt II, 8.1990.* Zu erhaltende Bauten gemäss Denkmalrat, 6.1990.*

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Situation nach der Unterschutzstellung durch den Regierungsrat, 2.1991.

Zu erhaltende Bauten in Projekt III, 8.1991.

Grossratsbeschluss, 6.1993. Erhaltene Bauten im ausgeführten Projekt.

* Projekt I: erstmals im Mai 1989 dem Baudepartement vorgelegt, Projekt II: Baubegehren im August 1990 eingereicht; der Unterschutzstellungsantrag geschieht zwar vor dem Einreichen des Baubegehrens von Projekt II, doch weil es sich um eine Reaktion auf die Planung von Projekt II handelt, wird hier diese Reihenfolge gewählt.

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2.4 SITUATION NACH DER UMNUTZUNG

2.4.1 Verlauf nach der Umnutzung

Im Folgenden sollen die Veränderungen des Warteckareals und insbesondere des Brauereikomplexes dargestellt werden, die sich in der Zeit seit der Umnutzung ergeben haben.

2.4.1.1 Nutzungsänderungen und bauliche Veränderungen Durch die sinkende Nachfrage auf dem Büroraummarkt lassen sich die Umnutzungen erklären, welche im Dienstleistungsgebäude (Neubau) durchgeführt wurden: So zog beispielsweise in einem Gebäudeteil ein Alters- und Pflegeheim ein, welches bald darauf noch erweitert wurde. Im Untergeschoss wurde eine Sauna eingebaut.

Gewissermassen zum Programm „Provisorium Perpetuum“ gehören dagegen die Nutzungsveränderungen im Industriedenkmal. Allerdings ist die Konstanz der Mieter erstaunlich hoch – höher, als die Initianten dies wohl je geahnt hätten. Einige Räume haben seit der Umnutzung aber einen Wechsel erfahren: In den Malzkästen beispielsweise wurden ursprünglich Schulungsräume eingerichtet, heute wohnen hier „Gastkünstler“ in einer Wohngemeinschaft zusammen. Die Nutzungsänderungen führten auch zu baulichen Veränderungen: So wurden zum Beispiel für den Nutzungswechsel in den Malzkästen in der Westfassade neue Öffnungen für Fenster durchgebrochen, so dass die Malzkästen bewohnbar wurden. Aber es wurden auch bauliche Anpassungen vorgenommen, wo Probleme auftauchten: So wurde beispielsweise beim Sudhaus ein zusätzlicher Eingangsbereich gebaut, nachdem es wegen der Lärmbelastung bei Veranstaltungen mehrmals Reklamationen aus der Nachbarschaft gegeben hatte. Bei den baulichen Veränderungen wird jeweils auf der Basis von zuvor vorgenommenen Umbauten weitergearbeitet, grosse Eingriffe werden möglichst vermieden. So wurde beispielsweise der Toilettenbereich der ehemaligen Schulungsräume in den Malzkästen für Toilette und Bad für die Wohngemeinschaft nur geringfügig angepasst: Die Duschen wurden erhöht montiert, so dass der Abwasseranschluss der Toiletten benützt werden konnte (siehe Abb. 2.47 und Abb. 2.48). Während bisher kleinere Umbauten vorge-nommen wurden, wird derzeit ein grösserer Umbau geplant: Das bisher brachliegende Malzsilo soll nun umgebaut und genutzt werden.

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Abb. 2.47: Weiternutzung der Toiletten aus der Umnutzung für eine Schule. Abb. 2.48: Umnutzung von zwei Toiletten zu zwei Duschen: Überstülpung der WC-Anschlüsse mit einer Duschenwanne.

2.4.1.2 Schenkung – Auswirkungen auf Organisationsstruktur und Finanzierung

Im Dezember 2002 schenkte die Warteck Invest AG den Brauereikomplex der Stiftung Warteckhof zu einem Schenkungswert von CHF 1. Die Schenkung umfasste die abparzellierte Parzelle 2143 (2'297.5m2) inklusive des darauf stehenden Brauerei-komplexes. Zudem trat die Warteck Invest AG alle ihre Rechte an die Stiftung Warteckhof ab. Die Warteck Invest AG konnte nicht nur den Brauereikomplex und das direkt darunter liegende Grundstück verschenken. Aufgrund der Bauvorschriften wurde auch Fläche auf der Hofseite zur neuen Parzelle dazugeschlagen. Um sich die Nutzung dieser Fläche offen zu halten, belegte die Warteck Invest AG deshalb die neue Parzelle mit diversen Servituten, wie Baurecht für Velounterständer und Brunnen, Fusswegrecht und Zufahrtsrecht.186 Durch die Schenkung wurde nun auch das „Turmstübli“, der oberste Raum im Wasserturm, für den Verein nutzbar. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Warteck Invest AG die Nutzung der Aussichtsplattform für eigene Zwecke vorbehalten. Die Stiftung sah für die Sanierung und Erschliessung der obersten Turmetage Umbauten im Wert von CHF 40'000 vor.187

Begründet wurde die Schenkung gegenüber den Behörden und der Presse damit, dass die organisatorische Verknüpfung von der Warteck Invest AG und der Stiftung Warteckhof in der transitorischen Phase sinnvoll gewesen war, nun aber zu kompliziert sei und die kulturelle Entfaltung der Stiftung verhindere. Die Verantwortlichkeiten seien ungenügend geregelt. Die Stiftung sei zu sehr an die Interessen der Warteck Invest AG gebunden und

186 Schenkungsvertrag, öffentliche Urkunde, 4.12.2002 (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

187 Neuer Mietvertrag Stiftung – Verein vom 24.10.2003 (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

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könne den auferlegten kulturellen Auftrag dadurch zu wenig umsetzen.188 „Um die kulturelle Bewirtschaftung des umgebauten Brauereigebäudes durch die Stiftung Warteckhof zu fördern, soll der Stiftung das umgebaute Brauereigebäude geschenkt werden. Die Schenkung erfolgt demnach im Bestreben, die Bedeutung des Brauereige-bäudes als Kultur- und Quartierzentrum zu unterstützen und die gute nachbarschaftliche Integration des Kultur [sic!] und Quartierzentrums zu fördern“, heisst es im Schenkungs-vertrag.189 Unklar bleibt, inwieweit diese Begründung vor allem ein Argument im Zusammenhang mit einem möglichen Verzicht auf Abgaben (Handänderungssteuern etc.) darstellte. Vermutlich haben noch andere Gründe zum Entscheid geführt:

– Die speziellen Bauvorschriften sehen vor, dass „ausschliesslich kulturelle Nutzungen im Rahmen des Kultur- und Werkraumes ‚Warteck’ zulässig“ sind.190 Durch diese Nutzungseinschränkung entfällt für die Warteck Invest AG die Möglichkeit, auf diesem Arealteil noch gewinnbringend zu wirtschaften. Durch den Nutzungstransfer wurde sie aber für diese Einbusse entschädigt. Gegenüber der Presse gibt die Warteck Invest AG zu bedenken, dass es als börsenkotiertes Unternehmen ihre Aufgabe sei, „wirtschaftliche Aktivitäten zu entfalten“191. Die Warteck Invest AG konnte aber nicht nur keinen Gewinn verzeichnen, sondern hatte mit dem Denkmal auch noch viele Umtriebe: Sie erledigte die Buchhaltung, hatte vermutlich auch die Gebäudeversicherung und andere Versicherungen zu zahlen und regelte die Administration mit den Behörden (zum Beispiel bei Reklamationen der Nachbarschaft wegen Lärmbelastung durch die Veran-staltungen im Sudhaus).

– Eine Zusammenstellung der zukünftig zu erwartenden Unterhaltskosten für den Brauereikomplex zeigt, dass die Warteck Invest mit jährlichen Rückstellungen für periodische Instandsetzungskosten von ca. CHF 90’000-130’000 rechnete.192 Zwar ist die Warteck Invest AG gemäss Vertrag für Unterhalt und Instandsetzung nicht zuständig: Der Mietvertrag zwischen der Warteck Invest AG und der Stiftung Warteckhof sah vor, dass diese Aufwendungen nach Mietantritt zu Lasten der Mieterin gehen.193 Dennoch musste die Warteck Invest AG als Eigentümerin damit rechnen, dass sie eines Tages die Kosten übernehmen müsste, wäre die Stiftung Warteckhof nicht mehr in der Lage, die Gebäude zu unterhalten.

188 Vgl. zum Beispiel Fink, Christian , „Warteck Invest verschenkt ehemalige Brauerei“, in: Basler Zeitung, 6.12.2002.

189 Schenkungsvertrag, öffentliche Urkunde, 4.12.2002 (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp). 190 Spezielle Bauvorschriften zu Grenzacherstrasse, Burgweg, Alemannengasse und Fischerweg (ehemalige

Brauerei Warteck), GRB vom 9. Juni 1993. 191 Fink, Christian, „Warteck Invest verschenkt ehemalige Brauerei“, in: Basler Zeitung, 6.12.2002. 192 Kostenschätzung nach Elementen der Warteck Invest AG, Januar 2001 (Archiv des Vereins Werkraum

Warteck pp). 193 Mietvertrag zwischen Warteck Invest AG und Stiftung Warteckhof vom 1. Juni 1994 (Archiv des Vereins

Werkraum Warteck pp).

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– Mit der Warteck Invest AG als Eigentümerin im Hintergrund und mit Vertretern der Immobiliengesellschaft im Stiftungsrat war es für die Stiftung schwierig, Sponsoren für die Unterstützung des Werkraums zu finden. Eine unabhängige Situation schien dafür geeigneter zu sein.

Es bleibt die Frage, warum die Schenkung erst nach fast zehn Jahren Vermietung vorgenommen wurde. Möglich sind unter anderem folgende Gründe:

– Gemäss sogenanntem „Ratschlag“ an den Grossen Rat betreffend Genehmigung der Änderung der Zonenzuweisung, Festsetzung eines Überbauungsplanes und Erlass spezieller Bauvorschriften sowie Genehmigung der Zonenordnung der Lärmempfindlichkeitsstufe vom 20. April 1993 wird für den Fall eines Scheiterns des kulturellen Projektes festgehalten, dass die alten Brauereigebäude zu Wohnzwecken genutzt werden müssten.194 Denkbar wäre, dass die Warteck Invest AG mit der Abgabe des Arealteils zugewartet hat, um bei einem allfälligen Scheitern der Werkraumidee doch noch ein rentables Wohnungsprojekt realisieren zu können.

– Mit der Abgabe der operativen Leitung von Alexander Peter Füglistaller-Ganter 1995 und schliesslich seinem Tod im Herbst 1997 verlor die Familie Füglistaller den Einfluss auf das Unternehmen. Füglistaller-Ganter war bei der Gründung der Stiftung Warteckhof auch Stiftungsratspräsident gewesen und hatte so weiterhin das Geschehen auf dem Warteckareal beeinflusst. Am „Turmstübli“, wo offenbar noch einige Souvenirs aus alten Tagen aufbewahrt wurden, hing Füglistaller besonders.195 Nach seinem Tod fehlte bei der Warteck Invest AG vermutlich das grosse, persönliche Engagement im Erhalt der Überreste einer langen Brauereigeschichte.

NEUE ORGANISATIONSFORM

Die Stiftung Warteckhof erhielt durch die Schenkung Unabhängigkeit von der Warteck Invest AG. Es wurden neue Stiftungsräte gewählt. Die Stiftung gab sich einen neuen Namen, sie hiess nun neu „Stiftung Kulturraum Warteck“. Die ursprüngliche Konstruktion Stiftung (Vermieterin) - Verein Werkraum Warteck pp (Mieterin) - Nutzer (Untermieter) blieb bestehen. Die Stiftung vermietet die Brauereigebäude an den Verein, welcher wie zuvor als Miete einen Betrag bezahlt, der für den Unterhaltsfonds reserviert wird. Der Verein vergibt die Räume an die Nutzer in Untermiete.

194 Baudepartement Stadt Basel (Hrsg.), Ratschlag betreffend Änderung der Zonenzuweisung, Festsetzung eines Überbauungsplans und Erlass spezieller Bauvorschriften für das Areal zwischen Grenzacherstrasse, Fischerweg, Alemannengasse und Burgweg (ehemalige Brauerei Warteck) sowie Genehmigung der Zuordnung der Lärmempfindlichkeitsstufe, 1993, S. 21.

195 Gespräch mit René Brigger, Geschäftsführer und Sekretär Stiftung Kulturraum Warteck, Basel, 23.8.2006.

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Abb. 2.49: Organisationsstruktur nach der Schenkung.

AUSWIRKUNGEN DER SCHENKUNG AUF DIE FINANZIERUNG

Mit der Schenkung übernahm die Stiftung auch die volle finanzielle Verantwortung für die Gebäude. Sie musste die Frage beantworten, ob die jährlichen Rückstellungen von CHF 49’500 für die periodischen Instandsetzungsarbeiten zusammen mit den Aufwendungen des Vereins und den Eigenleistungen der Nutzer für den Unterhalt ausreichen werden, um das Industriedenkmal langfristig zu erhalten, oder ob eher die von der Warteck Invest AG erwarteten Instandsetzungskosten von CHF 90’000-130’000 pro Jahr realistisch sind. Im Stiftungsrat dachte man vor der Unterzeichnung des Schenkungsvertrages lange Zeit über eine „Mitgift“ seitens der Warteck Invest AG nach, das heisst die Immobilienfirma hätte zusätzlich noch Kapital für den Erhalt des Industriedenkmals einschiessen sollen. Eine „Mitgift“ wurde aber schliesslich nicht bezahlt. In einem neuen Vertrag zwischen Stiftung Kulturraum Warteck und Verein Werkraum Warteck pp wurde schliesslich für die kommenden Jahre der Mietzins für den Verein (jährlicher Beitrag an Unterhaltsfonds) neu festgelegt: Vereinbart wurde eine gestaffelte Mieterhöhung bis 2009.196 Der Verein Warteck pp musste darauf nach Lösungen suchen, um die steigenden Mieten in Zukunft aufbringen zu können: Eine Finanzierung des Unterhalts durch staatliche Subventionen ist kaum möglich, da im Zusammenhang mit der Genehmigung des Projektes festgehalten wurde, dass das kulturelle Zentrum „auf privater Basis ohne Kostenfolge für die öffentliche Hand verwirklicht werden“ muss.197 Der Verein erhöhte deshalb die Mietzinse für die Nutzer.

196 Mietvertrag zwischen Stiftung und Verein vom 24.10.2003: CHF 70'000, 2006 CHF 75'000, 2007 CHF 80'000, 2008 CHF 85'000, 2009 CHF 90'000 (bisher: CHF 49'500) (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

197 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 12.

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Abb. 2.50: Inzidenzdiagramm nach der Schenkung.

2.4.1.3 Planung Ausbau Malzsilo Seit einigen Jahren wird im Brauereikomplex über einen Ausbau des Malzsilos nachgedacht. Es bestehen bereits mehrere Vorplanungen. Es wurden verschiedene Nutzungen erwogen, zum Beispiel ein Hamam, Atelierräume, ein Radiostudio, Lofts. 2005 erarbeitete das Architekturbüro Steinmann und Schmid aus Basel ein erstes Projekt, welches aber dem Verein zu wenig innovativ war. In einem aufwändigen Auswahl-verfahren fand man einen neuen Planer, das Architekturbüro UNDEND aus Zürich. Während sich eine Arbeitsgruppe um die Suche einer Nutzung kümmerte, begleitete eine andere Arbeitsgruppe das Architekturbüro UNDEND bei der Umnutzungsplanung. Es stellte sich heraus, dass diese parallele, aber nicht gemeinsame Planung von Nutzung und architektonischem Projekt nicht zu einem Ziel führen konnte. Schliesslich wurde ein multifunktionaler Bau geplant, welcher ganz unterschiedliche Nutzungen aufnehmen könnte. Dieses Konzept entspricht eigentlich dem im übrigen Brauereikomplex angewandten Konzept, wo die Nutzungen möglichst so auf die Räume verteilt wurden, dass sie zu den Räumen passten, aber die Räume nicht auf bestimmte Nutzungen hin

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umgebaut wurden. Im Sommer 2008 hat die Hochschule für Gestaltung Nordwestschweiz, Institut für Innenarchitektur und Szenografie, ihren Diplomandinnen und Diplomanden die fiktive Diplomaufgabe gestellt, im Malzsilo einen Jugendtreffpunkt einzurichten. Dabei entstanden viele sehr phantasievolle Projekte: Geplant wurden zum Beispiel eine Kletterwand und ein Tauchzentrum. Auch das Architekturbüro UNDEND plante zuerst sehr mutig: eine Aufstockung des Malzsilos in verschiedenen Höhen. Über diesen Vorschlag zeigte sich die Basler Denkmalpflege nicht begeistert. Im Übrigen zeigte sich, dass die Baukosten für eine solche Lösung sehr hoch ausfallen würden. Die Lösung, welche nun für eine Baueingabe vorbereitet werden soll, ist viel bescheidener und kommt dem ersten Projekt von Steinmann und Schmid wieder näher. Aus Kostengründen wird das Malzsilo keine grosse Innentreppe erhalten, sondern wie bisher durch eine Aussentreppe erschlossen werden. Das gegenwärtige Projekt ist mit CHF 3.1 Mio. veranschlagt. Für die Abbruchkosten (unter anderem für die Trennwände im Innern des Malzsilos) von CHF 600’000 will man Sponsoren suchen. Die Aufnahme einer Hypothek in der Höhe von CHF 2.5 Mio. würde Finanzierungskosten verursachen, welche einen Anstieg des Mietzinses zur Folge haben würden – entweder im Malzsilo oder im ganzen Brauereikomplex. Und mit einem Anstieg des Mietzinses dürfte sich die bisherige Kultur im Werkraum Warteck ändern.198

Abb. 2.51 und Abb. 2.52: Planung Aufstockung Malzsilo, Architekturbüro UNDEND, Juni 2007.

198 Hauptquelle Abschnitt: Gespräch mit Kiki Lutz, Sekretariat Werkraum Warteck pp, Basel, 24.10.2008.

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2.4.1.4 Zunehmende Etablierung des Werkraums Verschiedene Anzeichen weisen darauf hin, dass sich die Brauereikomplex-Nutzung in den letzten Jahren verändert hat. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass neue Nutzer zur Nutzergruppe dazustiessen, aber auch die ursprünglichen Nutzer haben sich verändert: Aus den jungen, unabhängigen Initianten und Startup-Gründern wurden zum Teil erfolgreiche Unternehmer und Eltern mit Verantwortung, die auf ein Einkommen angewiesen sind. Damit hat sich auch ihre Nutzung im Werkraum verändert. Folgende Beobachtungen weisen auf eine zunehmende Etablierung des Werkraums hin:

– Der Anteil der Nutzungen, die nicht vordergründig wirtschaftliche Ziele haben, ist zwar seit der Umnutzung leicht angestiegen. Liest man die Projektbeschreibungen der Projekte von 1995 und 2007 aber sorgfältig durch, so kann man feststellen, dass die allermeisten Nutzungen heute ein Interesse daran haben, mindestens durch Nebenverdienste wie durch die Weitervermietung des Raumes zu Erträgen zu kommen. Der Wandel, den die Nutzungen durchgemacht haben, soll hier exemplarisch am Beispiel der Nutzung „Zap“ dargestellt werden:199

„ZAP ist ein Kollektiv von verschiedenen Artisten und Schauspielern, die im Warteck pp einen Uebungsraum haben, indem [sic!] sie sich gegenseitig inspirieren und an gemeinsamen Projekten arbeiten.“ (1995)

„Zap-Ensemble Das Zap-Ensemble bereitet mit komödiantischen Künsten himmlische Vergnügen. Es realisiert Variété-Spektakel und Theaterproduktionen. Daneben inszeniert das Zap-Ensemble auf Wunsch auch kompetent Unterhaltungskonzepte für Events, Messen oder private Feste. ‚Wir kommen im Auftrag des Lachens.’” (2007)

– Das Mietzinsniveau ist seit der Umnutzung angestiegen und droht bei einem Ausbau des Malzsilos noch weiter zu steigen.

– Der Werkraum wird heute auch gerne von Leuten besucht, die nicht der alternativen Szene angehören: Die Mitarbeiter der Firma Roche essen gerne im Restaurant im Brauereikomplex. Weil das Essen hier inzwischen teuer ist, bleiben die Werkraumnutzer dagegen fern. Für das Malzsilo wünscht man sich deshalb ein Café mit Preisen, die für die Nutzer bezahlbar sind.

– Auch die unmittelbare Nachbarschaft hat sich geändert: Zur Zeit der Umnutzung war das Quartier, in dem sich das Warteckareal befindet, noch kein reines Wohnquartier. Das Areal B wurde beispielsweise noch gewerblich genutzt. 1996 fanden die Architektur-Diplomanden der EPFL im Erdgeschoss in den Gebäuden entlang der Alemannengasse noch viele Ateliers und Kleinunternehmen vor,

199 Es muss allerdings angemerkt werden, dass die beiden folgenden Texte jeweils für ein anderes Zielpublikum gedacht sind und gewisse Unterschiede auch darauf zurückzuführen sein könnten. Quellen: 1995: Prospekt zur Suche nach Sponsoren; 2007: Eigendarstellung auf www.warteckpp.ch, Stand April 2007.

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ähnlich wie im Werkraum, zum Beispiel einen Typographen, einen Schreiner und einen Maler.200 Mehr und mehr hat sich aber das Quartier zum Wohnquartier gewandelt: Auf dem Areal B stehen heute Wohnbauten. Das alte Kinderspital steht kurz vor dem Abbruch und soll einer Wohnüberbauung weichen.

Der Brauereikomplex (mit seiner Umgebung) ist offensichtlich daran, von einem unkonventionellen Ort mit provisorischem Charakter (Zwischennutzung ohne Heizung, Hausbesetzerszene) zu einem üblichen Ort zu werden. Die Spirale dreht sich nach oben, ohne dass eigentliche „Verbesserungsprojekte“ vorgenommen worden wären. Der Aufwärtstrend geht einher mit dem Altern der ursprünglichen Nutzer und dem (vermutlich) zunehmenden Erfolg der ursprünglichen Startup-Szene. Welche Auswirkungen ein solcher Prozess auf die weitere Entwicklung der Werkraumnutzung und das Denkmal haben könnte, wird die Zukunft zeigen.201

2.4.2 Zusammenfassung der Situation nach der Umnutzung

Die Umnutzungen im Dienstleistungsgebäude an der Grenzacherstrasse lassen sich durch die sinkende Nachfrage nach Büroraum erklären. Hier finden sich heute nebst Büros, Läden und Arztpraxen auch ein Alters- und Pflegeheim und eine Sauna. Geradezu Programm sind dagegen die Nutzungsveränderungen im Industriedenkmal. So wie dies der Name „provisorium perpetuum“ auch vorsah, haben sich einige Nutzungen geändert. Allerdings sind von den ursprünglichen Nutzern noch erstaunlich viele da - die Nutzer selbst staunen über ihre ungeplante Konstanz.202 Mit den Nutzungsänderungen sind immer auch bauliche Massnahmen verbunden. Die bedeutendste Veränderung bis heute ist wohl die Umnutzung der ursprünglich von einer Schule benutzten Malzkästen in eine Gemeinschaftswohnung mit Ateliers für „Gastkünstler“, wofür Fensterdurchbrüche in der Westfassade notwendig waren.

Die Warteck Invest AG schenkte den Brauereikomplex im Dezember 2002 der Stiftung Warteckhof. Die Warteck Invest AG konnte aus dem Industriedenkmal keine Erträge mehr erwirtschaften, demgegenüber stand ein organisatorischer und finanzieller Aufwand. Auch wenn der Unterhalt vertraglich eigentlich bei der Stiftung lag, hätte die Eigentümerin möglicherweise bei Unvermögen der Stiftung zu einem späteren Zeitpunkt anfallende Renovationskosten übernehmen müssen. Im Übrigen gestaltete sich die Sponsorensuche der Stiftung schwierig, weil die Warteck Invest AG im Hintergrund stand. Erstaunlich ist, dass die Warteck Invest AG das Industriedenkmal erst so spät an die Stiftung abtrat, denn all diese Vorteile hätten ja schon vor 2002 bestanden. Erklären lässt sich diese späte

200 Gross und Jomini, 1996/1997, S. 24. 201 Siehe zu diesem Thema auch das Kapitel „Denkmalpflegerische Beurteilung“. 202 Ein Vergleich der Nutzerliste im März 2009 (www.warteckpp.ch, Stand März 2009) mit einer

Zusammenstellung der Nutzer im Juni 1993 („Warteck pp, Nutzergruppen“, 27.6.1993, Archiv Werkraum Warteck pp) ergibt, dass etwas mehr als 20% der heutigen Nutzer und Nutzerinnen bereits zu Beginn des Projektes dabei waren, d.h. mit grosser Wahrscheinlichkeit den Werkraum seit 16 Jahren nutzen.

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Schenkung vermutlich einerseits durch das persönliche Interesse von Alexander Peter Füglistaller-Ganter (†1997) an den Räumen der Brauerei - das „Turmstübli“ mit Aussichts-terrasse stand der Warteck Invest AG noch zur Verfügung. Im Übrigen ist es denkbar, dass die Warteck Invest AG mit der Abgabe des Industriedenkmals zuwartete, um bei einem allfälligen Scheitern der Werkraumidee doch noch ein rentables Wohnungsprojekt realisieren zu können. Mit der Schenkung änderte sich die Organisationsform. Die Stiftung Warteckhof wurde unabhängig von der Warteck Invest AG. Sie gab sich einen neuen Namen: „Stiftung Kulturraum Warteck“. Die ursprüngliche Konstruktion mit der Stiftung als Vermieterin, dem Verein als Mieter und den Nutzern als Untermieter blieb bestehen. Mit der Schenkung übernahm die Stiftung auch die volle finanzielle Verantwortung. Als Folge davon wurde der Mietzins für den Verein, welcher wie zuvor den Rückstellungen für die periodischen Instandsetzungsarbeiten entspricht, erhöht.

Zur Zeit wird der Ausbau des noch brachliegenden Malzsilos geplant. Die Suche nach der geeigneten Nutzung scheint schwierig zu sein. Diverse Nutzungen wie Lesungsräume, Wohnungen, Hamam und Radiostudio waren schon im Gespräch. Nach abenteuerlichen Vorschlägen, die das Malzsilo über den Wasserturm hinaus wachsen liessen, ist man vor allem auch aus finanziellen Gründen zu einer bescheideneren Lösung zurückgekehrt. Vorgesehen ist eine Umnutzung, welche die neue Nutzung offen lässt. Die Malzsilo-umnutzung wird für die Stiftung, beziehungsweise für den Verein erstmals Finanzierungs-kosten verursachen, was einen Anstieg der Mietzinse zur Folge haben wird.

Mit der ungeplanten Sesshaftigkeit und der Alterung der ehemaligen Startup-Szene wurde aus einem Ort der „alternativen Szene“ ein „normaler Ort“. Die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Nutzer haben sich geändert. Das Industriedenkmal hat eine Aufwertung erfahren. Welche Auswirkungen dieser Trend langfristig auf die Werkraumnutzung und das Bauwerk haben wird, wird die Zukunft erst noch zeigen.

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3 Beurteilung Fallbeispiel Warteck

3.1 STÄDTEBAULICHE BEURTEILUNG

Das Fallbeispiel Warteck soll anhand der drei im Kapitel „Städtebauliche Beurteilungs-kriterien“ dargestellten Kriterien diskutiert werden, welche als Potenziale oder sogar Bedingungen für die Identifikation mit einem Ort verstanden werden: Raumverständnis, Vernetzung und Erinnerungsmöglichkeit.

3.1.1 Raumverständnis

Mit dem städtebaulichen Entwurf von Diener & Diener wird eine Lösung vorgeschlagen, die keine vorhandenen oder bekannten städtebaulichen Typologien verwendet: „Auf dem Warteckareal [...] konnten die Teile, die erhalten bleiben sollten, nicht mehr auf traditionelle Art sinnvoll ergänzt werden“, sagte der Architekt.1 Die räumliche Struktur des umgenutzten Areals kann aus der Struktur der umliegenden Bebauung nicht abgelesen werden, sondern wirkt erst einmal überraschend, denn sie soll sich gar nicht erst einordnen: „Es handelt sich um einen Städtebau, der sich der grossen bzw. totalen Ordnung verweigert.“2 Das Areal befindet sich am Übergang zwischen einer geschlos-senen Blockrandstruktur am Wettsteinplatz im Westen und grossen, monolithischen Gebäuden der Firma Roche im Osten, zwischen offenen Blockrändern im Norden und einem Villenquartier dem Rhein entlang im Süden des Areals. Hier stellt der Architekt zwei neue, mächtige Gebäudekomplexe mit zwei Altbauten zusammen zu einer freien Komposition von vier Volumen. Dadurch entsteht ein eigenständiger Bereich.3 Vor der Umnutzung entsprach die Häuserzeile an der Grenzacherstrasse der aufgrund der Bebauung an der Strasse zu erwartenden Bebauungsstruktur. Die dahinter liegenden Industriegebäude dagegen stellten genau so eine Ausnahme dar wie die heutige städtebauliche Lösung (siehe Abb. 3.1 und Abb. 3.2).

1 Zophoniasson-Baierl, Ulrike, “Die Stadt bewegen und den Ort bereichern. Beispiele zeitgenössischer Baukunst: Ein Gespräch mit dem Basler Architekten Roger Diener”, in: Basler Zeitung, 29.8.1997.

2 Diener und Steinmann, 1995, S. 63. 3 Dieses Gefühl einer speziellen Situation ist möglicherweise der Grund für das in Interviews im Rahmen

eines MGU-Projektes des Geographischen Instituts der Universität Basel festgestellte Gefühl der Bewohner des Warteckareals, auf einem „Inselchen“ zu wohnen: „Man wohnt auf einem ‚Inselchen’ am Rande der Stadt [...].“ (Geographisches Institut der Universität Basel (Hrsg.), 1998, S. 34).

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Abb. 3.1: Bebauungsstruktur und Freiraumstruktur im Quartier vor der Umnutzung, 1989. Abb. 3.2: Bebauungsstruktur und Freiraumstruktur im Quartier nach der Umnutzung, 2005.

Die vier Solitäre sind unterschiedlich dicht zueinander gestellt. Sie orientieren sich gegenseitig aneinander durch ihre Baufluchten: „Die beiden neuen Bauten sollten ‚von sich aus’ in der Lage sein, die alten Teile – die Brauerei und das Eckhaus mit dem Restaurant – zu binden, um schliesslich die verschiedenen alten und neuen Teile zur Geltung zu bringen und in Beziehung zueinander treten zu lassen.“4 Durch die vier Volumen wird ein öffentlicher Raum gefasst. Das Areal kann auch als ein grosser Platz gelesen werden, auf welchem sich vier Bauten befinden, die wie Möbel aufgestellt wurden.5 Der durchlaufende Pflastersteinbelag mit wenigen eingestreuten Grünflächen unterstützt diesen Charakter eines zusammenhängenden, öffentlichen und städtischen Platzes und begrenzt den Bereich an der Arealgrenze gegen aussen hin (siehe auch Abb. 3.14).

Abb. 3.3: Bebauungsstruktur des Areals vor der Umnutzung.6 Abb. 3.4: Bebauungsstruktur des Areals nach der Umnutzung.

4 Zophoniasson-Baierl, Ulrike, “Die Stadt bewegen und den Ort bereichern. Beispiele zeitgenössischer Baukunst: Ein Gespräch mit dem Basler Architekten Roger Diener”, in: Basler Zeitung, 29.8.1997.

5 Vgl.: „Das ganze Gebiet wird zu einem grossen Platz [...].“ (Diener und Steinmann, 1995, S. 63). 6 Im Plan von 1954, erg.1965, sind die Häuser an der Grenzacherstrasse 60-68 nicht eingezeichnet.

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Abb. 3.5: Freiraumstruktur des Areals vor der Umnutzung. Abb. 3.6: Freiraumstruktur des Areals nach der Umnutzung.

Der Zusammenhang der Gebäude auf dem Areal wird nicht nur durch die Gebäudestellung und den öffentlichen Aussenraum klar, sondern auch durch die Architektursprache. Bei der Materialwahl hat sich der Architekt am gelben und rotbraunen Ziegelmauerwerk der Altbauten orientiert und für den Wohnhof rotbraunen Klinker gewählt (siehe Abb. 3.7 und Abb. 3.8). Das Dienstleistungsgebäude mit den vorgehängten, grünlichen Betonplatten wirkt durch seine Kontrastfarbe zum rotbraunen Klinker als komplementäres Gebäude und unterstützt so trotz der Unterschiedlichkeit das Gefühl von Kohärenz. Die Geschlossenheit der Neubauten ist ein gemäss Rieseler für Brauerei-bauten typisches, produktionsbedingtes Merkmal, welches Diener hier aufgreift.7 Es gibt keine Balkone, die privaten Freiräume befinden sich auf dem Dach (siehe Abb. 3.9 und Abb. 3.10).8 Diese gestalterische Anlehnung an die Industriebauten unterstützt den homogenen Gesamteindruck des Areals. Während also die städtebauliche Lösung nicht aus der Struktur des Quartiers ablesbar ist, ist die Lesbarkeit im Areal selbst sehr gut. So wie die industrielle Bebauung des Areals A vor der Umnutzung durch ihre Eindeutigkeit von aussen und innen, durch die mehrheitlich

7 Diese Geschlossenheit zeigt sich bei der Brauerei Warteck insbesondere bei den Bauten, die der Lagerung der Ingredienzen dienen, also beim Malzsilo, den Malzkästen und dem Wasserturm. Vgl. Rieseler, 2003, S. 199.

8 Mehrere Zeitungsartikel, welche nach der Umnutzung erschienen, thematisieren das Fehlen der Balkone, was offenbar für viele ein Punkt des Anstosses darstellte. Dazu Diener: „Der Verzicht auf Balkone ist keineswegs Programm und bleibt für unsere Arbeit eine Ausnahme, die sich aus der Option ergab, die alte Fabrik in den markantesten Teilen zu bewahren. Dies führte zu einer grossen Dichte, Balkone wären da, nicht nur für die architektonische Figur, sondern gerade auch im Gebrauch – mit so engen, unmittelbaren Nachbarschaften – eine Belastung geworden.“ (Zophoniasson-Baierl, Ulrike, “Die Stadt bewegen und den Ort bereichern. Beispiele zeitgenössischer Baukunst: Ein Gespräch mit dem Basler Architekten Roger Diener”, in: Basler Zeitung, 29.8.1997).

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einheitliche Materialisierung und den immer wieder aufgegriffenen „Burgenstil“ einen homogenen Eindruck machte, so ergibt sich der heutige Eindruck eines zusammen-hängenden Ganzen unter anderem aus der Materialwahl und den Gestaltungsprinzipien der Baukörper. Ausserdem findet sich die von Rieseler für Grossbrauereien festgestellte typische, grösstenteils geschlossene Randbebauung in dem Entwurf wieder:9 Der Strassenraum wird klar gefasst, wenn auch diverse Zugänge zum Areal bestehen (siehe Abb. 3.3 und Abb. 3.4).

Abb. 3.7: Fassade Wasserturm. Abb. 3.8: Aufnahme des Materials für die Neubauten

Abb. 3.9: Fassaden ohne Balkone. Abb. 3.10: Private Aussenräume auf den Dächern.

Wasserturm, Malzsilo und Kamin sind Merkzeichen, die der einfachen Identifizierung des Warteckareals von weit her, sogar von der anderen Seite des Rheins her dienen. Die Plätze, Wege und Durchgänge schaffen im Areal Blickachsen auf die industriellen Relikte (siehe Abb. 3.11 und Abb. 3.12). Es handelt sich wie zuvor um einen klar identifizierbaren Ort mit architektonischer Individualität und städtebaulicher Prägnanz, die sich unter anderem aus dem Erhalt der Merkzeichen ergibt.

9 Vgl. Rieseler, 2003, S. 199.

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Abb. 3.11: Blickachsen auf Wahrzeichen. Abb. 3.12: Sicht zwischen Restaurant und Dienstleistungsgebäude auf den Wasserturm.

Die ursprüngliche Zusammengehörigkeit von den Arealen A und B ist heute nicht mehr erkennbar. Auf den beiden Arealteilen wurden von verschiedenen Architekten ganz unterschiedliche, unabhängige Entwürfe realisiert, die in keiner Weise auf einander eingehen. Schon zu Produktionszeiten bestand jedoch zwischen den beiden Arealen vor allem ein funktionaler Zusammenhang – sie unterschieden sich aber deutlich in ihrer architektonischen Gestalt: Während bei den Bauten auf dem Areal A, sozusagen auf dem Hauptareal, auf Repräsentation Wert gelegt wurde („Burgenstil“), wurden die Gebäude auf dem Areal B klar als Nebengebäude gestaltet. So ist die unabhängige Gestaltung auf den beiden Arealteilen eine Fortführung einer ursprünglichen Tradition.

3.1.2 Vernetzung

RÄUMLICHE VERNETZUNG

Die Anordnung der vier Gebäude scheint sich jeder Ordnung zu verweigern, aber sie kann auch als eine Verbindung gelesen werden zwischen den verschiedenen Bebauungs-strukturen, die im Quartier aufeinandertreffen: So lehnt sich der Wohnungsbau an die Blockrandstrukturen in der Umgebung des Wettsteinplatzes an, während das Dienst-leistungsgebäude sich in der Grösse an den Roche-Industriebauten orientiert.

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Die vier Baukörper bilden eine sehr durchlässige Struktur. Im Gegensatz zu dem als Variante diskutierten Blockrand von Suter & Suter gibt es keine Trennung von aussen und innen. Die Aussenräume sind in diesem Entwurf für die Quartier-Bewohner und für jedermann zugänglich, das Arealinnere wird mit dem umliegenden Strassenraum und mit dem Quartier verbunden. Diese Öffentlichkeit steht in klarem Kontrast zu der Situation vor der Stilllegung, wo das Areal für die Bevölkerung nur ausnahmsweise bei Besichtigungen zugänglich war.

Abb. 3.13: Durchgänge verbinden das Areal mit dem Quartier. Abb. 3.14: Der öffentliche Platz.

FUNKTIONALE VERNETZUNG

Auffällig ist die hohe Nutzungsvielfalt, welche sich auf dem Areal findet. Die bewusste Wahl der Gruppe aus dem Schlotterbeck als Nutzer für die Brauereibauten mit vielen ganz unterschiedlichen, sich zudem gemäss Programm oft ändernden Nutzungen brachte dem Projekt eine speziell hohe Nutzungsdichte. Die Erlebnisintensität erinnert an die mittelalterliche Stadt. Eine hohe Erlebnisintensität, das Aufeinandertreffen von Absurdem und Gegensätzlichem auf engem Raum, kommt unserem „Fantasma von Urbanität“, unserem Traum einer Stadt gemäss Hauser sehr nahe.10

Der Architekt versuchte, zwischen den Gebäuden an gewissen Stellen funktionale Verbindungen zu schaffen: Ateliers im Erdgeschoss des Wohnblocks öffnen sich gegen die Brauereibauten und würden einen regen Kontakt über die „Gasse“ hinweg erlauben - es könnte eine „Künstlergasse“ entstehen. Der Aussenbereich des Restaurants wendet sich gegen den Wasserturm und ist Teil des öffentlichen Platzes. Das Dienstleistungs-gebäude ist hauptsächlich auf die Grenzacherstrasse hin ausgerichtet. Der Brauereikomplex hat dank einiger Nutzungen wie der „Burg“ (Kinderspielgruppe, Müttertreff) und dem Veranstaltungsraum „Sudhaus“ eine Quartierzentrumsfunktion erhalten. Eine Befragung der Bewohner im Rahmen des Projektes Mensch – Gesellschaft – Umwelt des Geographischen Instituts der Universität Basel über die Wohnsituation in und

10 Vgl. Hauser, 2003, S. 108. Gemäss Hauser wurde unser Traumbild von „Urbanität“ durch die Reiseliteratur des 18. Jahrhundert geprägt, in welcher die mittelalterliche Stadt beschrieben wird.

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um Basel hat gezeigt, dass „das Wechselspiel von ruhigem Wohnen und geschäftigem Treiben“ von den Bewohnern als geschätzte und gesuchte Lebensqualität bezeichnet wird.11

INFRASTRUKTURELLE VERNETZUNG

Das Konzept der Platzanlage ermöglicht eine maximale Vernetzung zwischen den einzelnen Gebäuden auf dem Areal und mit dem Aussenraum. Das ursprüngliche Wegsystem der Brauerei wurde in seinem Prinzip erhalten: Die Hauptachse (Ost-West-Arealdurchquerung) wurde früher für die An- und Auslieferung benutzt. Von der Grenzacherstrasse und von der Alemannengasse her führten schmale Verbindungen und Durchgänge auf das Areal. Auch heute ist die Ost-West-Verbindung noch eine Art Hauptdurchquerung des Areals A, und kleine „Gassen“ und Durchgänge führen in das Arealinnere hinein (siehe Abb. 3.15, Abb. 3.16).12

Abb. 3.15: Hauptverkehrswege vor der Umnutzung (Anlieferung/Auslieferung). Abb. 3.16: Hauptverkehrswege nach der Umnutzung.

SOZIALE VERNETZUNG

Auf dem Areal leben und arbeiten ganz unterschiedliche soziale Milieus nebeneinander. Während die ehemaligen Brauereigebäude von der „alternativen Szene“ genutzt werden, arbeiten im Dienstleistungsgebäude Geschäftsleute. Die verschiedenen Milieus scheinen nicht viel Kontakt miteinander zu haben: „Zwischen Geschäftsleuten und Alternativszene herrsche eine „distanziert freundliche Zweckgemeinschaft“, kommentierte 1996 der Sprecher einer Reportage über umfunktionierte Industriebauten die Situation.13 Auch die „Gasse“ zwischen Wohngebäude und Brauereikomplex ist wenig belebt, es gibt zwar ein paar funktionale Verbindungen – die Verwaltung des Sudhauses hat beispielsweise ihr Büro im Wohnblock – doch es ist kein Künstler- und Handwerkerleben in diesem

11 Geographisches Institut der Universität Basel (Hrsg.), 1998, S. 34. 12 Ursprünglich bestand auch ein Durchgang von der Grenzacherstrasse in den Innenhof. Dieser wurde aber

geschlossen, als Neubauten auf dem Areal den Weg in den Hof versperrten. 13 TV DRS, Next, 18.2.1996, 21:45 (Privatarchiv 1125 im Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt).

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gemeinsamen Zwischenraum auszumachen.14 Der Innenhof des Wohnblocks animiert nur beschränkt zum gemeinsamen Aufenthalt, unter anderem wohl weil er oft schattig und zudem nüchtern gestaltet ist (siehe Abb. 3.9).15

Während also die soziale Vernetzung zwischen den Nutzern der verschiedenen Milieus nicht besonders gross sein mag, ist sie unter den Mietern und Nutzern des Brauerei-komplexes dagegen sehr gross.16 Und der Brauereikomplex als Quartierzentrum und Veranstaltungsort, der öffentliche Platz und natürlich auch das Restaurant „Warteck“ bieten ein riesiges Potenzial an sozialen Kontaktmöglichkeiten über das Areal hinaus.

3.1.3 Erinnerungsmöglichkeit

INDIVIDUELLE RAUMSYMBOLE

Was individuelle Raumsymbole sind, kann nur jeder für sich entscheiden. Wie viele individuelle Raumsymbole erhalten wurden beziehungsweise verloren gingen, wäre deshalb nur mit Interviews bestimmbar.17 Eine solche Untersuchung wurde aber im Rahmen dieser Arbeit nicht gemacht. Abgesehen von den genannten Wahrzeichen, die auch individuelle Raumsymbole sein können, wurden auch das Restaurant und der Brauereikomplex stehen gelassen. Dagegen wurden die Wohnungen abgerissen, welche für ihre Bewohner Räume von individueller, biographischer Bedeutung gewesen sein dürften.

KOLLEKTIVE RAUMSYMBOLE

Mit der Erhaltung des Wasserturms ist es gelungen, ein von weitem sichtbares, im Gedächtnis der Stadtbevölkerung eingeprägtes Wahrzeichen zu erhalten. Auch Malzsilo und Kamin können teilweise diese Wahrzeichenfunktion wahrnehmen (Abb. 3.17 und Abb. 3.18). Industrierelikte und moderne Gebäudestrukturen bilden eine Abfolge von Platz und Hof, wobei die Anordnung der Gebäude die Sicht auf die Wahrzeichen begünstigt.

Die Wahrzeichen haben die Adressbildung des Ortes unterstützt. „Warteck“ ist noch immer auf dem Malzsilo zu lesen – der bekannte Biermarkenname stand schon immer für dieses Areal. Er konnte als Arealbezeichnung beibehalten werden, was bei der Adressbildung bestimmt geholfen hat.18 So schreibt auch Lynch: „Und wenn der Name

14 Dies könnte an den vermutlich unterschiedlichen Mietzinsen liegen, wodurch möglicherweise sehr unterschiedliche Mieter angesprochen werden.

15 Vgl. Kritik am Innenhof in: Geographisches Institut der Universität Basel (Hrsg.), 1998, S. 36. 16 Gemeinsame öffentliche Veranstaltungen wie z.B. die LISTE, Vereinsaktivitäten (Sitzungen, Bauvorhaben

etc.). 17 Siehe zum Beispiel Befragungen von Reuber (Reuber, 1993). 18 Auch zur Adressbildung beigetragen hat vermutlich die Bekanntheit der Architekten Diener & Diener. Es

soll im Wohnblock Mieter geben, die nur hier wohnen wollen, weil der Entwurf von Diener & Diener stammt. (Gespräch mit Daniel Breton, Leiter Gebäudemanagement, Warteck Invest AG, Basel, 3.10.2006).

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allgemein bekannt oder anerkannt ist, dann hat allein die Benennung eines Ortes oder Bauwerkes wahrzeichenbildende Kraft.“19

Abb. 3.17: Erhalt von Wahrzeichen für Basel. Abb. 3.18: Die Wahrzeichen aus der Ferne.

Der Entwurf von Diener & Diener versucht im Gegensatz zu den Vorschlägen von Suter & Suter, viele Altbauten zu erhalten. Während Suter & Suter versuchen, die Relikte in die Neubaustruktur fest einzubinden, ist für Diener das lockere Nebeneinander von Alt und Neu Selbstverständlichkeit: „Veränderungen und Entwicklungen, vielleicht auch Brüche, sind selbstverständlicher Teil jeder Stadt“, sagt Diener in einem Interview zu seinem Verständnis von Stadt.20 Seine Lösung erinnert an die „Stadt der Toleranz“, wie sie Lampugnani beschreibt: „Ihre unterschiedlichen architektonischen Züge, die ziemlich unbekümmert nebeneinander gestellt werden, werden das symbolisieren, was sich als die größte und dauerhafteste Eroberung der Moderne herausstellen könnte: die Freiheit enger und friedlicher Koexistenz, das tolerante Zusammenleben von grundverschiedenen Lebensentwürfen und Lebensweisen.“21 Eine solche „tolerante Stadt“ begünstigt die Erinnerungsmöglichkeit.

3.1.4 Einschätzung insgesamt und Fazit

Die Revitalisierung des Warteckareals kann aus städtebaulicher Sicht als gelungene Umnutzung angesehen werden: Mit dem Projekt von Diener & Diener wurde ein klares Raumverständnis geschaffen, das Areal wurde gut ins Quartier und in die Stadt einge-bunden und es wurden Wahrzeichen erhalten, die der Erinnerung dienen.

Massgebend zum Erfolg aus städtebaulicher Sicht beigetragen hat eine das architek-tonische Projekt durchziehende Verbindung von Eigenständigkeit und Vermittlung: Der Entwurf wirkt auf den ersten Blick eigenwillig, weil er sich der üblichen Blockrandstruktur

19 Lynch, 2001, S. 121. 20 Zophoniasson-Baierl, Ulrike, “Die Stadt bewegen und den Ort bereichern. Beispiele zeitgenössischer

Baukunst: Ein Gespräch mit dem Basler Architekten Roger Diener”, in: Basler Zeitung, 29.8.1997. 21 Magnago Lampugnani, 1995, S. 14.

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verweigert, bei näherem Hinsehen kann er aber als Verbindung zwischen verschiedenen Bebauungsstrukturen gelesen werden. Er akzeptiert den Fragmentcharakter von Restaurant und Brauereikomplex und macht ihn zum Thema auf dem Areal, gleichzeitig schafft er aber Verbindungen zwischen den Bauten mit der Aufnahme von Materialien, Gestaltungsprinzipien und mit einer bezugnehmenden Gebäudepositionierung auf einem alles verbindenden „Platz“. Mit dieser Haltung wird er der Situation des Areals gerecht, indem das Areal mit der Stadt verbunden wird, ohne dabei seine spezielle Situation als ehemalige Brache aufzugeben und damit auch Erinnerungen zu verhindern.

Ebenfalls zum Erfolg beigetragen hat die neue Nutzung des Industriedenkmals, welche mit zum städtebaulichen Konzept gehört und deshalb auch nicht zufällig vom Architekten vorgeschlagen wurde. Der Werkraum Warteck macht aus dem verlassenen Industrie-denkmal ein lebendiges Quartierzentrum, unterstützt damit die Öffentlichkeit des arealweiten „Platzes“, bringt zuvor getrennte Quartierteile wieder zusammen und verbindet das Areal mit dem Quartier und der Stadt.22

22 Dass Revitalisierungen von Industriebrachen zuvor getrennte Stadtteile verbinden können, zeigt anschaulich das Beispiel des ehemaligen Areals der Firma Sphinx-Céramique in Maastricht. Der Masterplan von Jo Coenen bindet mit dem öffentlichen Platz, der Einbindung der historischen Gebäude und den Blickbeziehungen das ehemalige Industrieareal in die Stadt ein (siehe dazu auch www.vsu-euro.de, Stand Dezember 2008).

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3.2 DENKMALPFLEGERISCHE BEURTEILUNG

Die Umnutzung des Warteckareals soll im Folgenden mit Hilfe der drei denkmal-pflegerischen Beurteilungskriterien „Substanzerhalt“, „verstandesmässiger Denkmal-zugang – Denkmalverständnis“ und „gefühlsmässiger Denkmalzugang – Altersspuren“ diskutiert werden.23 Dabei soll der Hauptfokus auf dem Industriedenkmal liegen.

3.2.1 Substanzerhalt

KENNTNIS DES BESTANDS

Es ist anzunehmen, dass die Planungsabteilung der Brauerei Warteck durch den Gebrauch einen guten Kenntnisstand über ihren Baubestand auf dem Areal A hatte.24 Es fanden sich aber keine vollständigen Pläne aus der Zeit vor der Stilllegung. Die letzten verfügbaren Pläne über den industriellen Teil auf dem Areal A stammen aus den 1960er Jahren, danach wurden die einzelnen Eingriffe nur noch separat dokumentiert, oder auch nicht. Nach der Stilllegung wurden keine Bauaufnahmen gemacht. Zur Dokumentation erstellte die Denkmalpflege der Stadt Basel Beschreibungen in Textform der von ihr als denkmalwürdig eingeschätzten Gebäude.

GRAD DER ERHALTUNG

Betrachtet man den Substanzerhalt auf dem gesamten Areal A, so stellt man fest, dass relativ viele Gebäude abgerissen wurden: die denkmalwürdigen Bauten Magazin- und Gärkellergebäude, die Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse, die Kellergebäude und andere (siehe Abb. 3.19). Insbesondere das abgebrochene Magazin- und Gärkellergebäude stellt in den Augen der Denkmalpflege einen Verlust dar.25 Erhalten wurden zwei Fragmente: der aus dem Zusammenhang der ehemaligen industriellen Bebauung herausgelöste Brauereikomplex und das von den Wohnhäusern getrennte Restaurantgebäude. Die Frage, ob nicht eine andere Lösung denkbar gewesen wäre, die den Erhalt aller denkmalwürdigen Gebäude ermöglicht hätte, ist schwierig zu beantworten.

23 Siehe Kapitel “Denkmalpflegerische Beurteilungskriterien”. 24 Dies zeigt das Gespräch mit Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der Brauerei Warteck, Basel,

14.3.2008. 25 Gespräch mit Markus Schmid, Basler Denkmalpflege, Basel, 31.10.2005.

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Abb. 3.19: Abbruch von Brauereigebäuden, noch stehen die Wohnhäuser.

Betrachtet man den erhaltenen Brauereikomplex, so ist zu erkennen, dass die Substanz sehr gut erhalten wurde. Es ist positiv zu werten, dass die Bauten nicht ausgekernt und auch nicht unterhöhlt wurden. Die Kellerräume und Schächte sind im Untergrund noch vorhanden, sogar die ehemalige Frischwasserfassung ist noch da. Im Folgenden soll im Detail auf den Erhalt des Industriedenkmals eingegangen werden:

Tragkonstruktion. Die Tragkonstruktion konnte durchwegs erhalten werden. Verstär-kungen waren nicht notwendig, da die neuen Nutzungen keine erhöhten Belastungen brachten.

Fassade. Die Fassade wurde mehrheitlich belassen: Sie wurde, wo nötig, ausgebessert, aber nicht imprägniert, es wurde keine Aussenisolation angebracht (siehe Abb. 3.22). Für die neue Nutzung in den Malzkästen wurden nachträglich Fenster eingebaut. Die Ostfassade musste wegen des Abbruchs der anschliessenden Gebäude zu einem grossen Teil neu entworfen und gebaut werden. Eine zukünftige Umnutzung des Malzsilos könnte einige Eingriffe in der Fassade zur Folge haben. Um Licht in den geschlossenen Baukörper zu führen, sahen die bisherigen Planungen grosse vertikale Öffnungen in der Fassade vor. Mutige Varianten präsentierten sogar eine beträchtliche Aufstockung des Malzsilos, durch welche das Malzsilo höher werden würde als der Wasserturm. Eine solche Massnahme hätte nicht nur grosse Eingriffe in die Substanz zur Folge (Statik), sondern würde auch den verstandesmässigen Zugang zum Denkmal beeinträchtigen.26

Ebenen und Raumunterteilungen. Die Vielzahl an verschiedenen Ebenen und Raumhöhen im Brauereikomplex stellte für die Umnutzung eine grosse Herausforderung dar.27 Die neue Nutzung mit ihren vielen unterschiedlichen, unabhängigen Teilnutzungen

26 Vgl. Planungen der Architekten UNDEND, Juni 2007. 27 Diese Herausforderung findet sich auch bei den Abspannwerken der Bewag (heute Vattenfall) mit bis zu 17

verschiedenen Ebenen, siehe Kapitel „Die Herstellung von Planungssicherheit“. Bei den Abspannwerken gelang der Umgang mit den Ebenen unterschiedlich gut: Während im Abspannwerk Leibniz mit den

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konnte auf diese Situation aber sehr gut reagieren. Während also die Räume früher für einen bestimmten Prozessschritt in der Bierproduktion präzise dimensioniert und gestaltet wurden, so wurden nun umgekehrt die Räume auf ihr Potenzial hin untersucht und die Nutzungen auf die Räume zugeschnitten. Für die Planer bedeutet dies eine Umkehr der üblichen Denkweise.28 Die Ebenen und Raumunterteilungen wurden kaum verändert. Sogar bei den Malzkästen, wo eine Neunutzung der kleinen, dunklen Einheiten sehr schwierig war, wurden sie zu einem Grossteil belassen.29 Noch schwieriger als bei den Malzkästen dürfte die geplante Umnutzung beim Malzsilo sein: Eine neue Nutzung hätte vermutlich zur Folge, dass die einzelnen Kammern verbunden und schliesslich nicht mehr erkennbar wären.

Oberflächen innen. Die Oberflächen in den Innenräumen wurden grösstenteils belassen. In vielen Räumen, insbesondere in den Treppenhäusern und Gängen, wurden die Oberflächen nur ausgebessert (siehe Abb. 3.20). Aufwändiger renoviert wurde da, wo die Nutzung es verlangte: Eine Ausnahme stellt beispielsweise der Kindertreff im Maschinenhaus dar, vermutlich die anspruchvollste Nutzung betreffend Hygiene im Haus, wo die Wände weiss gestrichen und ein neuer Bodenbelag eingezogen wurde.

Installationen. Wo keine Kollision mit neuen Installationen entstand, wurden die Leitungen und andere Installationen erhalten. Dies führte zum Teil zu Schallproblemen: So wurden beispielsweise in den Wänden des Sudhauses die Leitungen belassen, wodurch Lärmtransmissionen zwischen Restaurant und Druckereiwerkstatt entstanden. Einige alte Installationen sind noch heute sichtbar: Die Elektrokästen in den Gängen wurden bewahrt. Im Lift übersetzt eine zusätzliche Tafel die alten Stockwerks-bezeichnungen. Im Sudhaus wurden die Leuchten an den Decken erhalten. Im Vorhof steht in der alten Einfahrt noch die Fahrzeugwaage. Für den Brandschutz wurden im Sinne eines Provisoriums („Permanentes Perpetuum“) nur die wichtigsten Vorkehrungen getroffen. Zu den wichtigsten Massnahmen gehört die zusätzliche Aussentreppe im Vorhof, welche als Fluchtweg dient.

Ausstattung. Die Ausstattung wurde grösstenteils ausgebaut. Die Braukessel im Sudhaus wurden zum Kupferpreis verkauft; Maschinen und Maschinensockel wurden abgetragen. Nur in den bisher sehr extensiv genutzten Räumen sind noch wenige Maschinen vorhanden, so zum Beispiel im brachliegenden Malzsilo. Im Kohlekeller finden sich noch Schienen und Kohlewagen.

Ebenen spielerisch umgegangen wurde, wurden im Abspannwerk Scharnhorst viele Ebenen durch neue ersetzt.

28 Confurius beschreibt diese umgekehrte Denkweise folgendermassen: „Bei einer Umnutzung gegebenen Baubestandes kehrt sich die ideale Relation von Zweck und Mittel um: Man sucht nicht für vorgefaßte Zwecke nach den geeignetsten Mitteln und signifikantesten Formen, sondern man untersucht die vorhandenen Mittel auf ihnen mögliche Leistungen für neue Zwecke.“ (Confurius, 1984, S. 6).

29 Zum Teil wurden zwei Kästen zusammengelegt. Über den Malzkästen wurde allerdings neu ein Boden eingezogen.

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Abb. 3.20: Ausgebesserte Oberflächen, Leitungen auf Putz geführt. Abb. 3.21: Technisch reversible Aussentreppe am Malzsilo.

REVERSIBILITÄT

Die vorgenommenen baulichen Eingriffe sind sehr einfach, preisgünstig und zu einem grossen Teil reversibel, weil das Nutzungskonzept vorsieht, dass häufige Nutzungs-wechsel möglich sein müssen („provisorium“). Als Beispiel für einen reversiblen Eingriff kann die Aussentreppe im Hof angeführt werden – sie ist ein jederzeit wieder demontier-barer Zugang zu den Räumen in den Obergeschossen (siehe Abb. 3.21). Eine Ausnahme stellen die Malzkästen dar: Hier wurde eine zusätzliche Decke über den Kästen eingezogen, welche nicht mehr ohne grossen Aufwand und Schäden an der Substanz entfernt werden kann.

NACHHALTIGE SUBSTANZSICHERUNG

Wo dies erforderlich war, wurden Massnahmen ergriffen, um den langfristigen Erhalt des Gebäudes zu sichern („perpetuum“). So wurde beispielsweise die Backsteinfassade ausgebessert (aber nicht versiegelt!), das Dach wurde, wo nötig, neu abgedichtet, die Glasfenster im Sudhaus von Burckhardt Mangold wurden renoviert und durch Kastenfenster gesichert, über dem Kamin wurde ein Deckel eingezogen, damit das Regenwasser den Kamin langfristig nicht zerstören kann.

Die Wahl von einfachen, kostengünstigen Eingriffen verursacht für kommende Genera-tionen keine teuren Folgekosten. Weil allerdings keine „Gesamtsanierung“ vorgenommen

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wurde, werden auch in Zukunft immer wieder Instandsetzungsarbeiten anfallen (siehe Abb. 3.23).

Abb. 3.22: Minimale Ausbesserungsarbeiten an der Fassade des Kesselhauses. Abb. 3.23: Gefahr von minimalen Eingriffen? Zerstörung der Kaminöffnung.

Das Nutzungskonzept “Werkraum Warteck pp” (pp: „Provisorium Perpetuum” oder “Permanent Provisorisch”), nicht aus denkmalpflegerischem Hintergrund entstanden, scheint gerade für die Denkmalpflege ein interessantes Konzept zu sein: Während die einen Eingriffe “permanenten” Charakter haben müssen, langfristig sein müssen, damit der Erhalt des Gebäudes gesichert ist, können viele andere Eingriffe “provisorisch” sein, auf Zeit und damit technisch reversibel.

DOKUMENTATION

Weil zu Beginn keine Bestandsaufnahme der Gebäude gemacht und die vorhandene Ausstattung nicht erfasst worden war, besteht auch keine Dokumentation der Gebäude- und Ausstattungsverluste.30 Was bleibt, sind ein paar Fotos, die Mitarbeiter der Denkmalpflege bei einem Besichtigungsrundgang gemacht haben. Die vorgenommenen Eingriffe im Brauereikomplex wurden im Rahmen der Baueingabe dokumentiert.31

30 Von Seiten der Basler Denkmalpflege war versucht worden, ein Inventar der Brauereiausstattung anzulegen. Weil man aber nicht sofort einen geeigneten Experten fand und der Ausbau schnell vor sich ging, liess man die Aufnahme schliesslich fallen. (Gespräch mit Markus Schmid, Basler Denkmalpflege, Basel, 31.10.2005).

31 Baueingabepläne siehe im Anhang, Kapitel “Pläne”.

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3.2.2 Verstandesmässiger Denkmalzugang - Denkmalverständnis

ENSEMBLEVERSTÄNDNIS

Die industrielle Vergangenheit des Warteckareals ist heute in der Stadt noch erkennbar. Klar verständliche Elemente wie der Kamin – auch wenn kein Rauch austritt – der Wasserturm, die Fahrzeugwaage, aber auch die unmissverständliche Architektursprache (Backstein, „Burgenstil“) weisen auf die industrielle Vergangenheit hin.

Betrachtet man das Verständnis des Industriedenkmals im Quartier und auf dem Areal, so wird klar, dass sein Verständnis unter dem Fragmentcharakter leidet. Die Grenzen des ehemaligen Industrieareals sind vielleicht für den Betrachter noch erkennbar, da die Neubauten von Diener & Diener, das Restaurantgebäude und der Brauereikomplex durch die hohe Dichte und die Materialisierung eine Einheit bilden. Weil aber ein sehr grosser Anteil der alten Gebäude auf dem Areal abgerissen wurde, ist nicht mehr nachvollziehbar, wie sich die ehemalige Situation mit der fast flächendeckenden Brauerei präsentierte und schon gar nicht, wie die Prozesse auf dem Areal abliefen. Die hier gewählte Fragmentlösung unterscheidet sich vom Ansatz, die vorhandene Substanz durch einzelne Abbrüche auszudünnen, wie etwa im Sulzer Burckhardt-Areal in Basel. Bei beiden Lösungen werden zwar Gebäude abgerissen. Doch bei der Ausdünnstrategie bleibt die Logik der Arealbebauung verständlich, während bei der Fragmentlösung der Zusammen-hang verloren geht.32

ERHALTUNG DER DENKMALTEILE

Das Verständnis der einzelnen Bauten und Räume im Brauereikomplex variiert mit der jeweiligen Nutzung und dem gewählten Ausbaustandard: Während im Kesselhaus (Schlosserei) die ehemalige Nutzung noch spürbar ist, ist im Maschinenhaus (Kindertreff) die ehemalige Nutzung nicht mehr zu erkennen, weil hier aus hygienischen Gründen die Oberflächen erneuert werden mussten (Boden, Wände). Der Ausbau der Brauerei-ausstattung erschwert zudem das Erkennen der ursprünglichen Funktion der Räume.

Da die Räume kaum neu unterteilt wurden (Ausnahme: Malzkästen), wurde der ursprüng-liche Zusammenhang der einzelnen Räume erhalten. Auch in der Wegführung gibt es gegenüber der Situation vor der Umnutzung keine einschneidenden Veränderungen. Wie damals sind die Erdgeschossräume von aussen und durch den Korridor in der Mitte erreichbar, in den Obergeschossen jeweils über den Korridor. Zusätzlich ist die Aussentreppe, welche auch aus feuerpolizeilichen Gründen nötig war, dazugekommen, welche die Räume in den Obergeschossen zusätzlich bedient. Dieser Zugang bringt Verwirrung in die Wegführung, soll aber bei einem Ausbau des Malzsilos durch die Treppe im Malzsilo möglicherweise ersetzt werden. Trotz dieses erhaltenen Zusammen-hangs der Räume ist der brauereitechnische Zusammenhang für Laien schwer erkennbar.

32 Das Umnutzungsbeispiel Gundeldinger Feld (Areal der Sulzer Burckhardt AG) wird Gegenstand der Kapitel “Der geeignete Investor”, “Der Entscheid über Ausbaustandard und Investitionsgrad” und “Die Finanzierungsfrage” sein.

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Dies liegt hauptsächlich daran, dass die Maschinen, Kupferkessel, Fördersysteme etc. ausgebaut wurden. Viele kleine Details wollen zwar die ehemaligen Prozesse sichtbar machen: Die alte, schräg zum Gebäude verlaufende Einfahrt mit Rampe und Waage wurde beispielsweise belassen (siehe Abb. 3.31). Doch die entscheidenden Elemente wie etwa die Braukessel, welche dem Betrachter klar machen würden, wie hier das Bier produziert wurde, fehlen (siehe Abb. 3.24 und Abb. 3.25). Mitverantwortlich für das schwierige Verständnis des brauereitechnischen Zusammenhangs sind die verschachtelte Anordnung der Räume und die in der Brauereiindustrie übliche Kulissenarchitektur, bei welcher Aussen und Innen nicht unbedingt übereinstimmen.

Abb. 3.24: Sudhaus vor dem Ausbau der Sudkessel. Abb. 3.25: Ästhetisches Konzept der Erkennbarkeit im Sudhaus: Zementkreise markieren, wo einst die Sudkessel standen.

ÄSTHETISCHES KONZEPT DER ERKENNBARKEIT

Während Projekt I und II von Suter & Suter noch Alt- und Neubauten miteinander verwoben und für die Neubauten Stilelemente und Fassadenraster von den Altbauten übernahmen, präsentieren sich im ausgeführten Projekt Altbauten und Neubauten sehr eigenständig.33 Der Fragmentcharakter der belassenen Gebäude, Restaurant und Brauereibauten, wird nicht verschwiegen, sondern zum Thema gemacht: Auch die Neubauten präsentieren sich in ihrer Grundrissform als unabhängige, fragmentartige Elemente. Dieser Ansatz ist aus denkmalpflegerischer Sicht verlustreich aber ehrlich, weil er signalisiert, dass die ursprüngliche Situation eine ganz andere war und dass Gebäude abgerissen wurden, und weil er offenlegt, welche Bauten alt und welche neu sind (siehe Abb. 3.26 und Abb. 3.27).

33 Im Projekt I wurden die Brauereigebäude mit einem Bügel an die Neubauten gehängt, von den Neubauten regelrecht umschlungen. Im Projekt II standen die Brauereigebäude schon frei, das Restaurantgebäude wurde aber wie beim Projekt I auch von beiden Seiten von Neubauten „gehalten“. In einer frühen Planungsphase von Diener & Diener schloss das Dienstleistungsgebäude an das Restaurantgebäude an, auf der anderen Seite stand es frei. In der ausgeführten Situation stehen Restaurantgebäude und Brauereikomplex als Fragmente frei da.

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Abb. 3.26: Früher Stand von Projekt III: Neubau mit direkt anschliessendem Restaurant „Warteck“. Abb. 3.27: Ausgeführtes Projekt: Restaurant als freistehendes Fragment.

Für die baulichen Ergänzungen und Eingriffe beim Industriedenkmal wurde eine klare Sprache gewählt, welche sich von der alten Substanz abhebt, so dass keine Verwirrungen entstehen darüber, was neu und was alt ist. Als Beispiel sei hier die Ostfassade des Brauereikomplexes genannt, wo diverse anschliessende Gebäude abgerissen wurden und deshalb die Fassade neu gestaltet werden musste. Die weiss verputzten Flächen weisen unmissverständlich darauf hin, dass dies nicht der ursprüngliche Zustand war (siehe Abb. 3.28 und Abb. 3.29). Und im Sudhaus wurde am Boden da, wo früher die Kupferkessel standen, der Bodenbelag nicht unerkennbar ergänzt, sondern grosse Kreise mit Zementbelag deuten formal darauf hin, dass hier etwas fehlt (siehe Abb. 3.24 und Abb. 3.25). Es wird eine klare Material- und Formensprache gewählt, welche das Neue vom Alten abhebt. Dieses ästhetische Konzept der Erkennbarkeit steht in der Tradition der Baumassnahmen der Brauerei Warteck: Schon zu Betriebszeiten wurden die Neubauten so gestaltet, dass ihre Bauzeit ablesbar war.34 Dass eine solche Haltung für Brauereibauten nicht selbstverständlich ist, zeigt die Brauerei Feldschlösschen in Rheinfelden. Hier werden auch Neubauten immer noch im „Burgenstil“ gebaut, so dass sie sich zumindest für Laien nicht von den wirklich alten Bauten unterscheiden lassen.

34 Siehe Kapitel „Der Baustil“.

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Abb. 3.28: Durch Abbrüche freigelegte Ostseite des Brauereikomplexes, 1992. Abb. 3.29: Ästhetisches Konzept der Erkennbarkeit: verputzt die neu gestaltete Ostfassade des Brauereikomplexes, 1997.

3.2.3 Gefühlsmässiger Denkmalzugang - Altersspuren

In Anbetracht dessen, dass die Räume heute neu genutzt werden, wurde der „Industrie-Geruch“ im Brauereikomplex gut bewahrt. Viele Altersspuren sind vorhanden: Spuren, wie zum Beispiel die alte Waage oder die Elektrokästen, die von einer früheren Nutzung der Räume erzählen. Abnutzungen und Patina wie die abbröckelnden Backsteine an der Fassade oder die Spuren vom Gebrauch an der Türe zum ehemaligen Kesselhaus, die an die Vergänglichkeit erinnern (Abb. 3.22 und Abb. 3.30). Patina, Wandbilder und Inschriften wie zum Beispiel im sakral anmutenden Sudhaus, welche im Betrachter eine gewisse Ehrfurcht vor dem Durchgang durch die Zeit aufkommen lassen.

Die Art, mit der vorhandenen Bausubstanz umzugehen, wird beim Brauereikomplex stark durch die beschränkten finanziellen Mittel und durch das Nutzungskonzept beeinflusst, ausserdem durch ein Bedürfnis der Nutzerschaft, das Alte zu bewahren. Das Projekt soll etwas Provisorisches behalten: Die Räume sollen immer wieder für neue Teilnutzungen umnutzbar sein, grosse Investitionen würden sich also gar nicht lohnen. Die Nutzergruppe, welche schon in der Garage Schlotterbeck einige Erfahrung mit der Umnutzung von Industriegebäuden gesammelt hatte, entwickelte einen eigenen, mit dem Programm des Werkraums übereinstimmenden Renovationsstil, der durch die beiden folgenden Punkte gekennzeichnet wird: Der Ausbaustandard ist tief, fast schon primitiv; es werden auch gebrauchte Bauteile wie Fenster, Türen, Holzplatten, Stahlprofile, Küchenkombinationen, WCs, Elektrokabel und –tableaus etc. verwendet. Und die Arbeiten sollen wenn möglich von den Handwerkern im Haus oder von den Nutzern selbst ausgeführt werden können. Deshalb beschränkt man sich auf Grundmaterialien und einfache Befestigungs- und Verbindungstechniken (siehe Abb. 3.20). Die Nutzerschaft sah offenbar in diesem Konzept nicht nur eine pragmatische, ökonomische Lösung, sondern durchaus auch eine gewisse Ästhetik und einen Erzählwert: „Diese Arbeitsweise ist hocheffizient, günstig und hat zudem schöne ‚Nebenwirkungen’: die so entstandenen

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Bauwerke haben eine eigene, sympatische [sic!] Formensprache, die einfach lesbar ist und sich selbst erklärt; sie erzählt Geschichten und wirkt sich stimulierend auf die Anwesenden aus (eine Erfahrung aus dem Werkraum Schlotterbeck). [...] Der Verzicht auf den üblichen, übermässig hohen Baustandard ist für uns kein Verlust, sondern eher ein Gewinn.“35

Abb. 3.30: Altersspuren und Spuren des heutigen Gebrauchs: Türe zum ehemaligen Kesselhaus, heutige Schlosserei. Abb. 3.31: Zeuge einer früheren Nutzung: ehemalige Waage im Vorhof.

3.2.4 Einschätzung insgesamt und Fazit

Sicherlich sind bei dieser Umnutzung aus denkmalpflegerischer Sicht einige Opfer zu beklagen, insbesondere der Abriss von denkmalwerten Bauten und der Ausbau der Ausstattung. Dennoch ist das Fallbeispiel als erfolgreiche Umnutzung anzusehen. Das Projekt Warteckhof erhielt denn auch 1996 eine Auszeichnung des Basler Heimat-schutzes und wurde mit den folgenden Worten gewürdigt: „In der Auseinandersetzung zwischen den Interessen der Eigentümer, der Stadtplanung, der Denkmalpflege und den potentiellen Nutzern wurde ein Kompromiss entwickelt, der zu einer beispielhaften Lösung geführt hat. Eine zentrumsnahe Industriebrache mit hoher Renditeerwartung konnte nach verschiedenen Umwegen umgearbeitet werden in eine Ueberbauung vielfältiger Nutzung: Wohnen neben Kleingewerbe, Büros neben Kulturräumen. Die erhalten gebliebenen

35 Projekt Warteck pp, Schrift vom 11.9.1993 (Privatarchiv 1125 im Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt).

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historischen Bauten bezeugen den industriearchäologischen Denkmalcharakter in aussagekräftiger Weise.“36

Die denkmalpflegerische Beurteilung der Umnutzung zeigt, dass insbesondere die Wahl des Nutzungskonzepts, der Nutzerschaft und des heutigen Eigentümers zum Erfolg aus denkmalpflegerischer Sicht beigetragen haben: Die Werkraumnutzung scheint geeignet zu sein, weil sie mit ihren vielen Teilnutzungen eine lebendige Nutzung darstellt, die die Verschachtelung der Räume aufnehmen und auf Besonderheiten von einzelnen Räumen – zum Beispiel auf die typische Geschlossenheit von Malzsilo und Wasserturm - Rücksicht nehmen kann und weil sie mit ihrem provisorischen Charakter dafür sorgt, dass die Eingriffe möglichst reversibel und preisgünstig, das heisst einfach sind. Die Nutzerschaft scheint geeignet zu sein, weil sie keine hohen Anforderungen an den Ausbau stellt, das Gebäude gerne erhalten möchte und Altersspuren nicht nur zulässt, sondern sogar begrüsst. Die Stiftung Kulturraum Warteck scheint eine geeignete Eigentümerin zu sein, weil sie mit ihrer beschränkten Kapitalverfügbarkeit ein ähnliches Bauverhalten an den Tag legt wie die ehemalige Brauerei Warteck, nämlich das schritt-weise Bauen weiterführt, welches nebst der technischen Zwänge diese für das Denkmal so charakteristische Verschachtelung der Räume zur Folge hatte.

Wagen wir noch einen Ausblick in die Zukunft so stellt sich die Frage, ob der Werkraum seinen Zwischennutzungscharakter auf die Dauer behalten kann. „Die Konservierung des anfänglichen Zwischenzustandes scheint schwierig, die instabile Situation des Einnistens zeitlich limitiert“, stellen auch Jessen und Schneider bei Zwischennutzungen fest.37 Die bereits vorgenommene Erhöhung der Mietpreise im Zusammenhang mit der Schenkung des Gebäudes an die Stiftung Kulturraum Warteck lässt vermuten, dass ein Prozess eintreten könnte oder vielleicht schon eingetreten ist, welcher langfristig das Projekt durchaus verändern könnte. Der anstehende Malzsiloumbau könnte diesen Prozess beschleunigen, weil er erstmals Finanzierungskosten bewirken wird. Steigen die Mieten, so werden sich möglicherweise vermögendere Mieter einfinden, damit ändern sich die Nutzungen und die Menschen. Und damit wiederum ändert sich der Anspruch an das Denkmal. Steigt der Ausbaustandard, so könnte der Brauereikomplex in den kommenden Jahren allmählich an Substanz verlieren. Der Werkraum könnte sich von seinem bisher sanften Umgang mit der vorhandenen Substanz entfernen.

36 Huber, Dorothée, „Heimatschutz Basel – Bautenprämierung 1996. Überbauung Warteckareal – Warteckhof“, in: Basler Heimtaschutz. Jahresbericht 1996/1997, S. 33.

37 Vgl. Jessen und Schneider, 2000 (A), S. 26.

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3.3 ÖKONOMISCHE BEURTEILUNG

Anhand der beiden im Kapitel „Ökonomische Beurteilungskriterien“ ausführlich darge-stellten Kriterien, laufende Rechnung und Werte, soll das Fallbeispiel Warteck im Folgen-den aus ökonomischer Sicht beurteilt werden.

Bei der ökonomischen Betrachtung des Fallbeispiels ist es wichtig, verschiedene mögliche Betrachtungsebenen auseinanderzuhalten. Es bietet sich eine Betrachtung nach den einzelnen Gebäuden an, eine Gesamtbetrachtung über das Areal, aber auch eine Betrachtung nach Eigentümer und eine Betrachtung nach Investor.

Die Sicht auf die einzelnen Gebäude ist sinnvoll, weil sie die kleinste Messeinheit darstellt und Aufschluss gibt, wie die einzelnen Gebäude ökonomisch dastehen. Die Sicht des Gesamtareals macht insofern Sinn, als das Areal vorher als Ganzes genutzt wurde und sich nun die Frage stellt, welche Rendite mit demselben Stück Land nach der Umnutzung erwirtschaftet werden kann. Die Sicht nach Eigentümer ist sinnvoll, weil das ursprüngliche Areal heute zwei unterschiedlichen Eigentümern gehört. Für den Eigentümer des Brauereikomplexes ergeben sich theoretisch durch die hier gewählte organisatorische Konstruktion zwei weitere Betrachtungsebenen, Verein und Stiftung. Die Stiftung übernimmt aber aus ökonomischer Sicht die Aufgabe der Unterhaltsfonds-Verwalterin für den Verein. Eine getrennte Betrachtung von Verein und Stiftung würde deshalb nicht zu zusätzlichen Erkenntnissen führen. Die Sicht des Investors ist hier von Bedeutung, weil die Warteck Invest AG auch die Umnutzung des Brauereikomplexes mitfinanzierte, welcher ihr heute nicht mehr gehört.

Weil der Fokus dieser Arbeit auf der eigentlichen Umnutzung von Industriebauten liegen soll, wird die laufende Rechnung der Brauereikomplexnutzung untersucht. Es wird demnach die Sicht des Vereins beziehungsweise der Stiftung eingenommen. Eine Überprüfung der laufenden Rechnungen von Restaurantgebäude und Neubauten (Dienstleistungsgebäude und Wohnbauten) wird hier nicht vorgenommen, weil sich keine nennenswerten Besonderheiten feststellen lassen, die durch die Umnutzung entstehen. Für die Untersuchung der Werte soll einerseits die Sicht der ehemaligen Eigentümerin und Investorin des Industriedenkmals sowie Eigentümerin und Investorin des Restaurants und der Neubauten, der Warteck Invest AG, eingenommen werden, anderseits die Sicht der heutigen Eigentümerin des Brauereikomplexes, der Stiftung Kulturraum Warteck.

3.3.1 Beobachtete Verzerrungen

Wie bereits im Kapitel “Ökonomische Beurteilungskriterien” ausführlich dargestellt, treten bei Denkmalprojekten Verzerrungen auf. Sie lassen sich dadurch erklären, dass es sich bei der Denkmalpflege um ein öffentliches Gut handelt, dass Denkmäler Charakterzüge eines öffentlichen Gutes aufweisen, dass diverse Externalitäten auftreten und Mass-nahmen zur Lösung der Externalitäten-Problematik getroffen werden (zum Beispiel

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Vorschriften, Subventionen etc.).38 Beim Fallbeispiel Warteck handelt es sich um ein Denkmal in privatem Besitz, welches privat genutzt wird. Dennoch besitzt es Eigen-schaften eines öffentlichen Gutes (zum Beispiel Stadtbild prägendes Erscheinungsbild von öffentlichem Interesse). Es wurden folgende Verzerrungen beobachtet:

Restaurantgebäude:

– Für das unter Denkmalschutz stehende Restaurantgebäude bestehen bauliche Auflagen: “Eingetragene Denkmäler sind vom Eigentümer so zu unterhalten, dass ihr Bestand dauernd gesichert bleibt.”39

Brauereikomplex:

– Der Brauereikomplex liegt in der Stadt- und Dorfbild-Schutzzone. Es müssen deshalb bauliche Auflagen erfüllt werden: “In der Stadt- und Dorfbild-Schutzzone sind die nach aussen sichtbare historisch und künstlerisch wertvolle Substanz und der entsprechende Charakter der bestehenden Bebauung zu erhalten. Fassaden, Dächer und Brandmauern dürfen nicht abgebrochen werden.”40 Im Gegensatz zum Restaurantgebäude beschränkt sich der Schutz beim Brauereikomplex auf die Aussenhülle.

– Sponsoring und Investitionen à fonds perdu: Es wird ein Projekt realisiert, welches aus rein marktwirtschaftlicher Sicht nicht realisiert würde.

– Kompensationsrechnung: Die Warteck Invest AG investiert in ein Gebäude, welches ihr keinen Ertrag bringt, weil sie dafür auf dem übrigen Areal entschädigt werden soll und weil sie mit dieser Lösung überhaupt ein Projekt realisieren kann. Die beiden vorhergehenden Projekte konnten aus finanziellen Gründen beziehungsweise weil sie bei den Behörden auf grossen Widerstand stiessen, nicht realisiert werden.

– Schenkung: Die Warteck Invest AG verschenkt der Stiftung Kulturraum Warteck den Arealteil mit Brauereibauten.

– Auflagen zur Nutzung: Die Auflagen legen fest, dass im Brauereikomplex nur eine kulturelle Nutzung möglich ist.41 Es muss aber angemerkt werden, dass dem Betreiber offenbar durchaus ein gewisser Spielraum gelassen wird bei der Beantwortung der Frage, was unter „kulturell“ zu verstehen sei: im Brauerei-komplex befinden sich nicht nur Künstlerateliers und Veranstaltungsräume, sondern beispielsweise auch Werkstätten von Handwerkern und ein Restaurant.

38 Zum Begriff „Externalität“ siehe Kapitel „Ökonomische Beurteilungskriterien“. 39 §17 Denkmalschutzgesetz Basel-Stadt, siehe auch Anhang, Kapitel “Rechtliche Grundlagen”. 40 §13 Denkmalschutzgesetz Basel-Stadt, siehe auch Anhang, Kapitel “Rechtliche Grundlagen”. 41 Spezielle Bauvorschriften zu Grenzacherstrasse, Burgweg, Alemannengasse und Fischerweg (ehemalige

Brauerei Warteck), GRB vom 9. Juni 1993, 2.4.1.

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– Im „Ratschlag“ an den Grossen Rat vom 20.4.1993, welcher als Informationsbasis für die Beschlüsse über Zonenplanänderung, Lärmempfindlichkeitsstufe und spezielle Bauvorschriften diente, wird erläutert, dass im Brauereikomplex kulturelle Nutzungen vorgesehen sind, welche in kommerziell bewirtschafteten Liegen-schaften nicht untergebracht werden können.42 Eine derartige Einschränkung zur Rentabilität findet sich allerdings in den speziellen Bauvorschriften nicht wieder. Obwohl eine rechtliche Grundlage also fehlt, ist die Vorstellung, dass nur unkommerzielle Nutzungen angesiedelt werden dürfen, bei den Mitgliedern des Verein Werkraum Warteck pp verbreitet.

– Auflagen zum Betreiber: Die Auflagen legen fest, dass nur Nutzungen im Rahmen des Kultur- und Werkraums “Warteck” zulässig sind, was so viel bedeutet, wie dass nur der “Verein Werkraum Warteck pp” das Denkmal betreiben kann.43

– Die heutigen Mieten entsprechen nicht den auf dem Markt für vergleichbare Räume erzielbaren Mieten, das heisst es findet eine Subvention der “Künstler” (und der anderen Mieter) statt.44

Diese Verzerrungen werden in der nun folgenden Beurteilung eine Rolle spielen.

3.3.2 Laufende Rechnung

Im Folgenden soll die laufende Rechnung des Brauereikomplexes unter die Lupe genommen werden. Weil die Stiftung aus ökonomischer Sicht die Rolle der Unterhaltsfonds-Verwalterin einnimmt, kann die Rechnung der Betreiberin Verein Werk-raum Warteck pp überprüft werden. Es soll untersucht werden, ob eine Kostendeckung erreicht wird. Zu den in der heutigen Situation anfallenden Kosten gehören die Bewirtschaftungskosten (Betriebs-, Verwaltungs- und Instandhaltungskosten) sowie die Instandsetzungskosten (Rückstellungen für Renovationen an die Stiftung). Es fallen für die Eigentümerin beziehungsweise für den Betreiber keine Finanzierungskosten an, da der Umbau durch Sponsoren, die Warteck Invest AG und Nutzer finanziert wurde und die Liegenschaft der heutigen Eigentümerin geschenkt wurde. Deshalb wird ein Vorgehen in drei Schritten gewählt: In einem ersten Schritt soll überprüft werden, ob in der heutigen Situation die Erträge die anfallenden Kosten decken können. In einem zweiten und dritten Schritt soll in einer Art „Schattenrechnung“ gezeigt werden, wie die Situation „entzerrt“

42 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), Ratschlag betreffend Änderung der Zonenzuweisung, Festsetzung eines Überbauungsplans und Erlass spezieller Bauvorschriften für das Areal zwischen Grenzacherstrasse, Fischerweg, Alemannengasse und Burgweg (ehemalige Brauerei Warteck) sowie Genehmigung der Zuordnung der Lärmempfindlichkeitsstufe, 20.4.1993, S. 21.

43 Spezielle Bauvorschriften zu Grenzacherstrasse, Burgweg, Alemannengasse und Fischerweg (ehemalige Brauerei Warteck), GRB vom 9. Juni 1993, 2.4.1.

44 Vgl. Heitz, Dominik, „Ateliers stehen vor Blutauffrischung”, in: Basler Zeitung, S. 4, 21.7.2006.

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aussehen würde, wenn Finanzierungskosten für Umbau und Liegenschaftskauf ent-standen wären.45

Der erste Schritt zeigt ein positives Bild: Die Berechnungen ergeben, dass die Mieterträge die Bewirtschaftungskosten und Instandsetzungskosten decken. Es entsteht sogar ein Überschuss. Vergleicht man Bewirtschaftungskosten und Instandsetzungs-kosten mit durchschnittlichen Werten, so zeigt sich, dass die Bewirtschaftungskosten etwas über den üblichen 1.5% des Gebäudeversicherungswertes und die Rückstellungen leicht über den üblichen 0.5% des Gebäudeversicherungswertes liegen.46 Bewirt-schaftungskosten und Rückstellungen für Instandsetzungen in dieser Höhe dürften ausreichen, wenn man bedenkt, dass der Anspruch der Nutzer niedrig und der Ausbaustandard dementsprechend sehr tief ist, dass es sich weder um Wohn- noch um Büroraum handelt und die Nutzung einiges ertragen mag, dass die Räume weiter vermietet werden und so einige Kosten auf die Untermieter übertragen werden können und dass sich im Haus verschiedene Handwerker befinden, welche viele Arbeiten selbst erledigen können.47 Es kann deshalb angenommen werden, dass nicht auf Kosten der Bausubstanz gewirtschaftet wird.

Durch die Auflage, dass kulturelle Nutzungen im Brauereikomplex angesiedelt werden müssen, entsteht eine Verzerrung, die Auswirkungen auf die Erträge hat: Mit der Beschränkung auf kulturelle Nutzungen sind den Erträgen eine obere Grenze gesetzt. In der heutigen Situation liegen aber die Mieten sogar noch unter den Marktmieten für vergleichbare Künstler- und Gewerberäume, die Räume werden also zusätzlich „subventioniert“. Im Vergleich mit ähnlichen Objekten kann angenommen werden, dass die Mieten 10% unter der Marktmiete liegen.48 Insbesondere für Nutzungen, welche wie der Restaurantbetrieb rentabel sind, ist die Miete günstig und könnte durchaus ange-hoben werden.

45 Zu den Berechnungen siehe Anhang, Kapitel “Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit”. 46 Erfahrungswerte gemäss Menz (Hrsg.), 2008, S. 92. Gebäudeversicherungswert Brauereikomplex vom

1.1.2006 gemäss Gespräch mit René Brigger, Geschäftsführer und Sekretär Stiftung Kulturraum Warteck, Basel, 23.8.2006.

47 Gespräch mit René Brigger, Geschäftsführer und Sekretär Stiftung Kulturraum Warteck, Basel, 23.8.2006. 48 Die Annahme basiert auf einem Vergleich mit den Mieten im Gundeldinger Feld und Angaben in einem

Zeitungsartikel zu den Miethöhen von Künstlerateliers in Basel: Heitz, Dominik, „Ateliers stehen vor Blutauffrischung”, in: Basler Zeitung, S. 4, 21.7.2006.

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Abb. 3.32: Schritt 1: Tatsächliche Situation. Wirtschaftlichkeit der Brauereigebäude – Überprüfung kostendeckende Miete.

Anmerkungen zur Berechnung: Für die Erträge wurde aus den Mieterträgen der Jahre 2005-2007 ein Schnitt gebildet. Die Erträge stiegen in dieser Zeit etwas an, weil das „Turmstübli“ in den Jahren 2006 und 2007 intensiv genutzt wurde. Der Verein Werkraum Warteck pp erhält Spenden, es wird aber angenommen, dass diese für Vereinszwecke bestimmt sind.49 Auch bei den Bewirtschaftungskosten wurde ein Durchschnittswert eingesetzt, welcher sich aus den Kosten in den Jahren 2005-2007 ergibt. Für die Rück-stellungen für Instandsetzungen wurde hingegen kein Durchschnittswert eingesetzt (2005: CHF 70'000, 2006: 75'000, 2007: 80’000), sondern der einiges höher liegende, vertraglich vereinbarte Wert für die Zeit ab 2009, da ja nicht eine Momentaufnahme gemacht, sondern eine langfristige Überprüfung vorgenommen werden soll. Es bleibt anzumerken, dass es im Fall des Vereins Werkraum Warteck pp sehr schwierig ist, die Rechnung der Immobilienutzung von der Vereinsrechnung zu trennen. Die beiden Rechnungen sind kaum auseinanderzuhalten, wenn es beispielsweise um die neue Beschilderung des Hauses beziehungsweise der einzelnen Nutzungen oder um die Personalkosten für das

49 Zu den Vereinserträgen gehören ausserdem die Mitgliederbeiträge, Zinserträge und Erträge aus Veranstaltungen etc. Diese wurden hier nicht mitgerechnet in der Annahme, dass auch diese für Vereinszwecke bestimmt sind.

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Sekretariat geht, welches sowohl für Immobilienverwaltungsaufgaben als auch für Vereinssekretariatsarbeit zuständig ist. Für solche Kosten, die die Immobiliennutzung und den Verein betreffen, mussten jeweils Annahmen getroffen werden.50 Anders als üblicherweise werden die Nebenkosten nicht immer direkt den Nutzern weitergegeben: Entstehen mehr Nebenkosten als die Einnahmen für Nebenkosten decken können, werden diese Mehrkosten den Nutzern nicht unbedingt verrechnet.51 Dieser Entscheid lässt sich dadurch erklären, dass die Nutzer auch Vereinsmitglieder sind. Aus diesem Grund wurde hier entschieden, Mieterträge und Bewirtschaftungskosten inklusive Nebenkosten auszuweisen.

In einem zweiten Schritt soll durch eine „Schattenrechnung“ überprüft werden, ob die Mieteinahmen ausreichen würden, um auch die Finanzierungskosten zu decken, die entstehen würden, wenn der Umbau von der heutigen Eigentümerin Stiftung Kulturraum Warteck (damals Stiftung Warteckhof) oder von der Betreiberin Verein Werkraum Warteck pp selbst hätte finanziert werden müssen. Der Umbau für insgesamt CHF 4.2 Mio. wurde zum grössten Teil, zu ca. 83%, durch die damalige Eigentümerin Warteck Invest AG finanziert. Davon wurden Kosten in der Höhe von ca. 3% von der Denkmalpflege übernommen. Die restlichen Kosten wurden durch Sponsoren (10%) und durch die direkten Nutzer (7%) übernommen. Durch diese Starthilfe entstanden für die heutige Eigentümerin beziehungsweise für den Betreiber keine Finanzierungskosten.

Die Berechnung zeigt, dass Finanzierungskosten in der Höhe von 5% der Umbaukosten von CHF 4.2 Mio. eine zu grosse Belastung darstellen würden (jährliche Zinsen von CHF 210'000). Die derzeitigen Mieterträge könnten diese Finanzierungskosten nicht decken. Auch der Verzicht auf eine „Subventionierung“ der Künstler und anderer Nutzer, das heisst eine Anhebung der Mieten auf eine Marktmiete (Annahme: Anhebung um 10%), würde nichts an dieser Situation ändern.

Diese Minderkosten für die Eigentümerin beziehungsweise für den Betreiber lassen sich vor allem durch den Nutzungstransfer begründen, der auf dem Areal stattgefunden hat. Die Warteck Invest AG konnte die Ausnützungsziffer auf dem übrigen Areal erhöhen, durfte im Gegenzug den Brauereikomplex nur noch kulturell nutzen, bezahlte aber als Eigentümerin dennoch den Umbau des Brauereikomplexes zu einem beträchtlichen Teil. Die Übernahme der Baukosten durch die Warteck Invest AG kann aber auch noch folgendermassen erklärt werden: Die Neubauten profitieren von der Existenz des Baudenkmals, zum Beispiel indem eine bekannte Adresse geschaffen wird (im Kapitel Werte soll noch weiter auf die Leistungen des Baudenkmals eingegangen werden). Dadurch entsteht eine Externalität: das Denkmal erbringt eine Leistung, die normalerweise nicht abgegolten wird, die hier nun aber durch eine Übernahme der Baukosten durch die Eigentümerin des restlichen Areals entschädigt wird.

50 Im Falle Sekretariat: zu Lasten der Immobilie, beim Beispiel Beschilderung: zu Lasten des Vereins. 51 Zum Beispiel Jahresbericht des Vereins Werkraum Warteck pp 2006.

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Abb. 3.33: Schritt 2: Finanzierung Umbau durch die Stiftung. Wirtschaftlichkeit der Brauereigebäude – Überprüfung kostendeckende Miete.

Stiftung und Verein planen seit einigen Jahren den Ausbau des noch brachliegenden Malzsilos. Einen solchen Ausbau müsste die Stiftung finanzieren, allenfalls mit Hilfe von Sponsoren. Damit käme es erstmals zu Finanzierungskosten, welche die Betreiberin durch Mieterträge decken müsste. Die obigen Berechnungen zeigen, dass mit der heutigen Nutzung nur Fremdkapital von ca. CHF 1 Mio. verzinst werden könnte. Würden aber für die Stiftung Baukosten von CHF 2.5 Mio. anfallen, wie derzeit geplant ist, müssten die Finanzierungskosten zu einem Grossteil durch die Erträge im umgebauten Malzsilo gedeckt werden, oder aber die Mieten werden generell erhöht. Liegen die Mieten im Malzsilo einiges höher als im übrigen Brauereikomplex, würde dies bedeuten, dass im Malzsilo andere Nutzungen angesiedelt würden – eine Art Kulturbruch innerhalb des Brauereikomplexes wäre denkbar. Müssten die Mieten generell angehoben werden, könnte dies ebenfalls Auswirkungen darauf haben, welche Nutzer sich hier langfristig niederlassen.

In einem dritten Schritt soll durch eine weitere „Schattenrechnung“ überprüft werden, ob die Mieteinnahmen ausreichen würden, um die Finanzierungskosten zu decken, die entstehen würden, wenn die Liegenschaft nicht geschenkt, sondern gekauft worden wäre.

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Die Festlegung eines hypothetischen Preises für die Liegenschaft ist äusserst schwierig. Die Schenkung der Liegenschaft an die Stiftung Warteckhof zeigt, dass der Wert der Liegenschaft für die Warteck Invest AG Null oder sogar negativ war. Es werden deshalb für den hypothetischen Kaufpreis drei verschiedene Szenarien vorgeschlagen. Ange-nommen wird eine Fremdfinanzierung von 100%.

– Szenario a zeigt, dass mit dem derzeitigen jährlichen Überschuss eine Verzinsung eines Liegenschaftspreises von CHF 456 pro Quadratmeter bezahlt werden könnte. Dieser Preis liegt weit unter dem normalerweise üblichen Preis für ein Grundstück in dieser Lage in Basel. Geht man aber davon aus, dass jeder andere Käufer dieselben Auflagen bezüglich Erhalt des Denkmals und Nutzung gehabt hätte, so hätten wohl andere Kaufinteressenten nicht viel mehr bieten können.

– Szenario b nimmt an, dass die Liegenschaft zum gleichen Preis wie das von der Lage her vergleichbare Gundeldinger Feld in Basel verkauft worden wäre, für CHF 1'000 pro Quadratmeter.52 Die Nutzung im Gundeldinger Feld ist ebenfalls zu einem grossen Teil kulturell, erfüllt eine Quartierzentrumsfunktion und ist deshalb mit der Nutzung im Brauereikomplex vergleichbar. Die Finanzierungskosten, die durch einen Kauf zu CHF 1'000 pro Quadratmeter entstanden wären, wären aber bei den heutigen Mieterträgen im Brauereikomplex bereits nicht mehr tragbar.

– Szenario c nimmt an, dass die Liegenschaft für CHF 1'800 pro Quadratmeter verkauft worden wäre, was dem während der Projektplanung von der Warteck Invest AG eingesetzten Bodenwert entspricht.53 Die Berechnungen zeigen, dass der Kauf der Liegenschaft zu diesem Preis Finanzierungskosten verursacht hätte, die weit über den für die heutige Nutzung tragbaren Kosten liegen.

Die Auflagen, welche eine kulturelle Nutzung vorschreiben, wirken sich auf die Ertragslage aus. Dadurch entsteht eine Verzerrung, welche dafür verantwortlich ist, dass Finanzierungskosten für den Erwerb des Grundstücks zu einem marktüblichen Preis nicht tragbar gewesen wären.54

Die Berechnungen zur laufenden Rechnung des umgenutzten Brauereikomplexes zeigen, dass die kulturelle Nutzung von Verein und Stiftung nur möglich ist, weil das Gebäude der heutigen Eigentümerin saniert geschenkt wurde. Trotz der finanziellen Starthilfe stehen Stiftung und Verein nicht unter Erwartungsdruck bezüglich Ziele und Programm. Weder die Warteck Invest AG noch die Sponsoren üben oder übten einen Einfluss auf die Stiftung oder auf den Verein aus.

52 Verkauf Gundeldinger Feld im Jahre 2000. 53 Allerdings über das ganze Areal eingesetzter Wert (Konzernbilanz) (Archiv der Warteck Invest AG). 54 Anzumerken ist auch, dass das Malzsilo noch brachliegt.

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Abb. 3.34: Schritt 3: Kauf der Liegenschaft, 3 Szenarien. Wirtschaftlichkeit der Brauereigebäude – Überprüfung kostendeckende Miete.

3.3.3 Werte

Die Wertveränderungen durch die Umnutzung und der Vergleich von Werten bei verschiedenen Planungen sollen sowohl aus der Sicht der ehemaligen Arealeigentümerin und Investorin Warteck Invest AG als auch aus Sicht der heutigen Eigentümerin des Brauereikomplexes betrachtet werden. Dabei soll berücksichtigt werden, dass Denkmäler zwei Wertteile enthalten, die kommerzielle Wertschöpfung und die Wertschätzung (siehe Kapitel „Ökonomische Beurteilungskriterien“).

AUS DER SICHT DER WARTECK INVEST AG

Für die Untersuchung der kommerziellen Wertschöpfung sollen im Folgenden keine Bewertungen gemacht werden, die auf Ertragsberechnungen basieren. Solche Berech-nungen würden zu viele unsichere Parameter enthalten: Würde man zum Beispiel die Investitionswerte von Projekt II (Suter & Suter) und Projekt III (Diener & Diener) zum Zeitpunkt der Planung vergleichen, so würden sehr viele unsichere Annahmen betreffend Erträge, Kosten etc. getroffen werden müssen. Ein Vergleich der heutigen Situation mit einem hypothetisch ausgeführten Projekt II würde ebenfalls viele unsichere Annahmen

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enthalten und ausserdem auch Faktoren berücksichtigen, die einen „neutralen“ Vergleich erschweren, wie zum Beispiel Fehlentscheide, die in der Planung gemacht wurden.55 Die Überlegungen zu den Werten basieren hier deshalb auf den möglichen und geplanten Bruttogeschossflächen.

Mit einer zonenkonformen Randüberbauung könnten im Prinzip etwa 22’500m2 Bruttogeschossfläche überbaut werden.56 Eine Abweichung von der Randüberbauung ist möglich, namentlich um eine bessere Überbauung zu ermöglichen.57 In diesem Fall muss aber die Ausnützungsziffer eingehalten werden. Unter Einhaltung der Ausnützungsziffer (AZ = 1.5) hätte das Warteckareal nur mit einer maximalen oberirdischen Brutto-geschossfläche von ca. 17’900m2 überbaut werden können.58 Mit der Genehmigung des Überbauungsplans mit speziellen Bauvorschriften für das Warteckareal, welche das Projekt III von Diener & Diener erst ermöglichte, wurden für das Areal 24’600m2 Bruttogeschossfläche bewilligt. Die Ausnützungsziffer wurde somit von 1.5 auf 2.1 erhöht.59 Damit erfährt das Areal eigentlich eine Wertsteigerung.

Abb. 3.35: Vergleich von ursprünglich zulässigen und bewilligten Bruttogeschossflächen auf dem Warteckareal.

Vergleicht man die Planungen der Projekte II und III, so zeigt sich, dass das Projekt II eine oberirdische Bruttogeschossfläche von 19’800m2 vorsah, das Projekt III eine Fläche von 24’300m2.60 Das Projekt III weist demnach bedeutend mehr Bruttogeschossfläche auf, sollte demnach eigentlich einen höheren Ertrag abwerfen als das Projekt II. Da nun aber

55 Das Untergeschoss des Dienstleistungsgebäudes wurde beispielsweise für die Migros ausgebaut, welche den Raum aber schliesslich nicht benötigte.

56 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 18. Siehe auch Berechnungen in Warteck Invest AG. Promotionsmanagement Grundstücksentwicklung Phase 1 und 2. Schlussbericht, von Suter & Suter, Dezember 1989, S. 13 (Archiv der Warteck Invest AG).

57 Gemäss § 12 Abs. 3 Anhang HBG (Hochbautengesetz). 58 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 17-18. Berechnung der maximalen

oberirdischen Bruttogeschossfläche gemäss AZ: (Arealfläche + Strassenzuschlag) x 1.5; siehe auch Warteck Invest AG. Promotionsmanagement Grundstücksentwicklung Phase 1 und 2. Schlussbericht, von Suter & Suter, Dezember 1989, S. 12 (Archiv der Warteck Invest AG).

59 Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993, S. 18. 60 Pläne zum Baubegehren Projekt II mit BGF- Berechnungen, August 1990 (Archiv der Warteck Invest AG);

Baubegehren Projekt III mit BGF-Berechnungen, Juni 1993 (Bauinspektorat, Grenzacherstrasse 60-64, 1994, E1024). Beim Projekt II handelte es sich zwar um eine zonengemässe Randbebauung. Doch weil der Turm mit einer Höhe von 40m das zonenkonforme Profil nicht einhielt, hätte das Projekt II nicht eine normale Baubewilligung erhalten können (siehe Zwischenbericht des Amtes für Kantons- und Stadtplanung, 9.10.1990, Archiv des Bauinspektorats, Grenzacherstrasse 60-72, 1994, E1032).

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die speziellen Bauvorschriften für das Projekt III vorsehen, dass der Brauereikomplex ausschliesslich kulturell genutzt werden darf, muss diese Beurteilung nochmals revidiert werden. Die Wertsteigerung des Areals wird durch diese Restriktion wieder gemindert. Der Brauereikomplex kann gemäss Auflagen für die Warteck Invest AG keinen Ertrag mehr abwerfen. Eine solche Einschränkung stand für das Projekt II nicht zur Diskussion. Zieht man deshalb die Bruttogeschossfläche des Brauereikomplexes von 5'300m2 von der im Projekt III geplanten Fläche ab, so bleiben noch 19’000m2 Bruttogeschossfläche. Nun stellt sich die Frage, ob diese verbleibende, ertragbringende Fläche mit der Fläche von Projekt II inklusive oder exklusive Brauereibauten verglichen werden soll. Glaubt man, dass die Warteck Invest AG für Sudhaus, Turm und Kesselhaus eine ertragbringende Nutzung gefunden hätte, so hat sich die kommerzielle Wertschöpfung möglicherweise gegenüber dem Alternativprojekt etwas verringert, und es entstehen Opportunitätskosten. Ansonsten hat sich eine leichte Steigerung der kommerziellen Wertschöpfung ergeben. Die Unterschiede sind aber gering, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sich für die Warteck Invest AG eine Erhaltung der kommerziellen Wertschöpfung ergeben hat.

Abb. 3.36: Wertbeurteilung, Sicht der ehemaligen Arealeigentümerin und Investorin Warteck Invest AG.

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Vergleicht man Projekt II und Projekt III hinsichtlich der Wertschätzung, so darf man annehmen, dass diese beim ausgeführten Projekt III höher liegt. Die höhere Wert-schätzung ergibt sich daraus, dass mehr alte Bausubstanz erhalten werden konnte, unter anderem der Kamin und das Malzsilo, welche beide Wahrzeichencharakter aufweisen und die Adressbildung des Ortes zusätzlich unterstützen. Während bei der Blockrandlösung von Suter & Suter ein Hof mit privatem Charakter entstanden wäre, eine Insel ohne Bezug zum übrigen Quartier, entstand mit der städtebaulichen Lösung von Diener & Diener ein öffentlicher Platz mit Aufenthaltsqualität, welcher das Areal mit der Stadt verbindet. Dank der Auflage, im Brauereikomplex kulturelle Nutzungen ansiedeln zu müssen, konnte ein Quartierzentrum geschaffen werden, wodurch das Warteckareal eine zentrale Funktion im Quartier erhielt. Das Baudenkmal wertet insgesamt das Areal auf. Von den Vorteilen des Projektes III gegenüber dem Projekt II profitieren nicht nur die Quartierbewohner, sondern auch die Mieter der beiden Neubauten und damit auch die Eigentümerin, die Warteck Invest AG.

AUS DER SICHT DER STIFTUNG KULTURRAUM WARTECK: BRAUEREIKOMPLEX

Bei der Eigentümerin des Brauereikomplexes handelt es sich um eine Stiftung, die eigens als Trägerin des Brauereikomplexes gegründet wurde. Ein Verkauf des Brauerei-komplexes ist demnach nicht vorgesehen. In diesem Fall erübrigt sich eigentlich eine Diskussion über Werte. Würde es trotzdem zu der Situation kommen, dass der Brauereikomplex verkauft werden sollte, so wären folgende Überlegungen anzustellen:

Die Untersuchung der laufenden Rechnung hat gezeigt, dass die Mieterträge der derzeitigen Nutzung weder Finanzierungskosten für den Umbau noch für einen Liegen-schaftskauf decken könnten. Müsste die heutige Immobiliennutzung Finanzierungskosten für Umbaukosten und Liegenschaftskauf decken, so entstände jährlich eine Lücke von etwa CHF 273'000.61 Kapitalisiert man diesen Betrag mit 5%, so ergibt sich auf der Liegenschaft ein Minderwert von CHF 5.5 Mio. Dieser lässt sich durch den Nutzungs-transfer auf dem Areal, die Restriktion der Nutzungsoption für den Brauereikomplex, durch die teilweise Unternutzung (Malzsilo) und die „Subvention“ der Nutzer erklären. Bei einem Verkauf müsste also entweder hingenommen werden, dass der Käufer CHF 5.5 Mio. weniger bezahlt als in einer Situation ohne Verzerrungen, oder der Käufer erkennt in der Immobilie eine Wertschätzung, die einen höheren Preis wert ist.

61 Angenommen wurde das Szenario b (Verkaufspreis wie Gundeldinger Feld: 1'000 CHF/m2).

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Abb. 3.37: Wertbeurteilung Brauereikomplex: Finanzierungslücke und Minderwert.

3.3.4 Einschätzung insgesamt und Fazit

Durch den Erhalt des Industriedenkmals auf dem Warteckareal ergeben sich diverse Verzerrungen, unter anderem Auflagen, welche Auswirkungen auf die laufende Rechnung und auf die Werte haben. Auflagen im Zusammenhang mit Industriedenkmalumnutzungen werden von Investoren und Eigentümern häufig gefürchtet. Die Umnutzung des Warteck-areals kann aber aus ökonomischer Sicht für beide heutigen Eigentümer als erfolgreich eingeschätzt werden:

Der Warteck Invest AG ist durch die Forderung, den Brauereikomplex zu erhalten, kein Nachteil gegenüber einem Alternativprojekt entstanden. Die Warteck Invest AG hatte bei der Planung der ersten beiden Projekte versucht, ein paar Industriebauten zu erhalten und gleichzeitig die gemäss Zonenplan maximal mögliche Bruttogeschossfläche auf dem Areal möglichst auszuschöpfen. Die maximal mögliche Bruttogeschossfläche stellte für sie gewissermassen einen Massstab dar für die weitere Planung. Durch den Nutzungs-transfer konnte sichergestellt werden, dass der Warteck Invest AG beim Projekt Diener & Diener gleich viel ertragbringende Bruttogeschossfläche zur Verfügung stand wie beim zuvor geplanten Blockrandprojekt, obwohl mehr Industriedenkmalfläche erhalten wurde. Damit erhielt die Warteck Invest AG das Potenzial zu einer gleich grossen kommerziellen

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Wertschöpfung wie beim Blockrandprojekt. Mit dem Erhalt des grösseren Denkmals und dem Verzicht auf eine Randbebauung entstand zudem eine grössere Wertschätzung. Davon profitiert auch die Warteck Invest AG.

Die neue Nutzung des Industriedenkmals wird selbsttragend betrieben. Dass der Betrieb des Industriedenkmals kostendeckend ist, erstaunt allerdings nicht, da das Projekt sehr viel Starthilfe erhalten hat: Der Umbau wurde durch die ehemalige Eigentümerin, Sponsoren und Nutzer bezahlt, und die heutige Eigentümerin erhielt das Gebäude als Geschenk. Ohne diese anfänglichen Unterstützungen könnte der Betrieb nicht in der heutigen Art geführt werden. Denn die Erträge werden durch die Auflage, dass eine kulturelle Nutzung angesiedelt werden muss, beschränkt. Dadurch, dass die Erträge nicht ausreichen würden, Finanzierungskosten für Umbau und Grundstückserwerb zu decken, entsteht auf dem Brauereikomplex ein Minderwert. Bei einem allfälligen Verkauf des Brauereikomplexes müsste hingenommen werden, dass der Verkaufspreis um einiges tiefer liegen würde, als wenn eine rentablere Nutzung angesiedelt werden dürfte. Dass die Einschränkung der Nutzungsoption nicht als negativ eingeschätzt wird, liegt daran, dass es sich bei der Eigentümerin um eine Stiftung handelt, die eigens für den Erhalt des Denkmals gegründet wurde. Die Stiftung kümmert sich nur um die laufende Rechnung, übt aber keinen Druck auf den Immobilienwert aus, weil ein Verkauf nicht zur Diskussion steht. Die Stiftung ist deshalb in diesem Fall eine geeignete Eigentümerin aus ökonomischer und denkmalpflegerischer Sicht.

Die Einschränkung der Nutzungsoption findet ihre Begründung in der Umnutzungs-geschichte: Die Auflage sollte verhindern, dass die Warteck Invest AG zu einem späteren Zeitpunkt den Brauereikomplex für eine rentablere Nutzung brauchen würde und dadurch über die Kompensation durch den Nutzungstransfer hinaus Erträge generieren würde. In der heutigen Situation mit der Stiftung Kulturraum Warteck als Eigentümerin des Baudenkmals, scheint diese Auflage eigentlich keinen Sinn mehr zu machen. Das öffentliche Interesse besteht darin, das Industriedenkmal zu erhalten. Wie rentabel die Immobiliennutzung ist, könnte eigentlich belanglos sein. Glaubt man allerdings, dass sich kommerzielle Wertschöpfung und Wertschätzung gegenläufig verhalten, so hat eine Beschränkung der Ertragsmöglichkeit durchaus ihren Sinn. Die kulturelle Nutzung ist dann möglicherweise aus denkmalpflegerischer Sicht eine geeignete Nutzung für das Industriedenkmal.

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3.4 DER PROZESS

Die vorhergehenden Kapitel haben versucht, die Umnutzung Warteck aus dreierlei Hinsicht zu beurteilen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Umnutzung aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht als erfolgreich zu betrachten ist. Am Fallbeispiel Warteck lässt sich zeigen, wie sehr der Umnutzungsprozess das Resultat mitbestimmen kann. So ist zum Beispiel die Auflage, im Brauereikomplex kulturelle Nutzungen unterzubringen, nur vor dem Hintergrund der Umnutzungsgeschichte verständlich: Mit dieser Auflage, welche einer Deckelung der Erträge gleichkommt, sollte ursprünglich verhindert werden, dass die Warteck Invest AG über die durch den Nutzungstransfer entstandene Kompensation hinaus im Denkmal noch weitere Gewinne erzielen kann. Weil das Denkmal inzwischen einer neuen Eigentümerin gehört, hat diese Auflage ihren ursprünglichen Zweck eingebüsst. Die Nutzungseinschränkung ist aber dennoch für den Erfolg der Umnutzung noch immer mitverantwortlich: Sie garantiert nämlich eine extensive, anspruchslose Nutzung des Denkmals und schafft ein Quartierzentrum, welches das Areal funktional mit dem Quartier verbindet. Weil also der Prozess das Resultat mitbeeinflussen kann, ist es wichtig, sich auch mit dem Prozess eingehend zu befassen. Anders als bei den vorangegangenen Beurteilungen handelt es sich aber beim Prozess nicht um eine Disziplin. Es gibt keine Zielvorstellungen und daher auch keine Beurteilungskriterien, an welchen der Prozess gemessen werden könnte. Weil es letztlich darum gehen wird, Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Umnutzungen zu bestimmen, sollen in der Folge Entscheidungen, Vorgehensweisen und Konstellationen im Umnutzungsprozess näher betrachtet werden, welche das Resultat merklich positiv oder negativ mitbeeiflusst haben.

3.4.1 Vorbereitung - Basis für spätere Konflikte

ENTSCHEID ZUR EIGENINVESTITION

Die Brauerei Warteck entschied sich schon vor dem Verkauf des Getränkegeschäfts an Feldschlösschen, das Areal A zu behalten. Ein Verkauf dieser Liegenschaft stand nie zur Diskussion.62 Selbst zu bauen lag für die Eigentümerin auf der Hand, weil die Brauerei Warteck traditionellerweise viele Liegenschaften besessen hatte (eigene Restaurants, Depots), seit den 1980er zudem ins Immobiliengeschäft eingestiegen war (Sportzentren) und nun zu einer Immobiliengesellschaft mutierte. Die Warteck Invest AG hätte allerdings gerne Gebäude abgerissen, die in der Stadt- und Dorfbild-Schonzone lagen (Wohn-häuser), und Brauereibauten, die in die Stadt- und Dorfbild-Schutzzone übergeführt werden sollten (Magazin- und Gärkellergebäude, Treberlagergebäude, Maschinenhaus, Kamin). Als Erbin des Areals ist sie zur unfreiwilligen Eigentümerin von Industrie-

62 Anders beim Areal B: Zwischenzeitlich dachte man an einen Verkauf von Areal B, schliesslich blieb aber auch das Areal B bis nach der Umnutzung in Eigenbesitz.

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denkmälern geworden, im Gegensatz zu Denkmaleigentümern, die eine Liegenschaft mit Denkmal freiwillig erstehen. Dafür, dass sie den Brauereikomplex dennoch erhielt, wurde sie mit einer Kompensation durch einen Nutzungstransfer auf dem Areal entschädigt. Der Warteck Invest AG fehlte aber die entscheidende Freude am Industriedenkmal. Es handelt sich deshalb um eine ungeeignete Denkmaleigentümerin.

MANGELNDE VORBEREITUNGSARBEITEN

Die Warteck Invest AG kümmerte sich in der Vorbereitungsphase mehr um die Möglichkeiten auf dem Markt - sie liess eine Marktstudie erstellen, um die gefragten Nutzungen zu eruieren - als um das Potenzial der vorhandenen Ressourcen. Weder auf der Seite der Warteck Invest AG noch auf der Seite der Behörden (insbesondere der Denkmalpflege) wurde eine detaillierte Dokumentation des Ist-Zustandes der Gebäude, der technischen Ausstattung, der Sonderbauwerke wie Kamine etc. erstellt.63 Bauauf-nahmen wurden keine gemacht, und die Baugeschichte wurde nicht aufgearbeitet. Die letzten (auffindbaren) Pläne über den ganzen industriellen Teil des Areals stammen aus den 1960er Jahren. Es fand zwar eine gemeinsame Geländebesichtigung von Vertretern der Denkmalpflege und der Eigentümerin statt.64 Es wurde aber die Möglichkeit verpasst, eine gemeinsame Verständigung zwischen Denkmalpflegebehörde und Investorin über den Erhaltungswert und den Zustand der Bauten sowie über den Handlungsspielraum zu erreichen. Damit wurde versäumt, eine gemeinsame Ausgangslage zu schaffen. Die fehlende gemeinsame Verständigung von Denkmalpflegebehörden und Bauherrin vor Planungsbeginn und die Tatsache, dass die Bauherrin unfreiwillige Eigentümerin von erhaltenswerten Industriebauten und Wohnhäusern war, bildeten die Basis für eine konfliktreiche Planungszeit.

3.4.2 Entwicklung – konfliktreiche Planungszeit bis zum entscheidenden Durchbruch

PLANERWAHL UND PLANUNGSZEIT

Obwohl es sich um ein Grossprojekt an prominenter Lage in Basel handelt, wurde auf einen Architekturwettbewerb verzichtet. Der Auftrag zur Erarbeitung eines Projektes ging bei Planungsbeginn als Direktauftrag an den „Hausarchitekten“, an Hans Rudolf A. Suter, Verwaltungsrat der Warteck Invest AG. Suter & Suter ist das Nachfolgebüro des Architekturbüros Suter & Burckhardt, welches bereits in den 1930er Jahren die markanten Neubauten Malzsilo, Treberlager, Sudhaus und Turm auf dem Areal gebaut hatte. Die Planerwahl lässt sich durch die Tradition auf dem Areal erklären sowie durch das Gewicht, welches Suter als Verwaltungsrat hatte. Der Entscheid, auf ein aufwändiges Planerwahlverfahren zu verzichten und den bereits bekannten Architekten zu engagieren,

63 Die Basler Denkmalpflege erstellte für ihr Archiv nur eine kurze Dokumentation zu den von ihr als denkmalwürdig eingeschätzten Bauten auf dem Areal.

64 Besichtigung im Mai 1990 durch Vertreter des Denkmalrates, der Basler Denkmalpflege, der Warteck Invest AG, des Architekturbüros Suter & Suter u.a.

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hat aber vermutlich noch einen weiteren Grund: Die Bauherrschaft verfolgte das Ziel, die Planungszeit kurz zu halten und frühzeitig mit dem Bau zu beginnen, um so bald wie möglich Renditen generieren zu können. Um möglichst schnell zu einer Baubewilligung zu gelangen, schien auch eine zonenkonforme Blockrandbebauung geeignet zu sein. Die beiden ersten Projekte von Suter & Suter sahen deshalb eine Randbebauung vor, stiessen aber bei den Behörden auf Widerstand. Erst die Akzeptanz einer längeren Planungszeit führte zu einer erfolgreichen Lösung: Die Warteck Invest AG entschied, den Architekten zu wechseln. Die Wahl fiel auf das Architekturbüro Diener & Diener, nachdem sich Markus Diener in der Aktiengesellschaft eingekauft hatte und als Verwaltungsrat gewählt worden war – also auch diesmal eine politische Wahl. Mit dem Projekt von Diener & Diener wurde aber in Kauf genommen, dass eine Zonenplanänderung vorgenommen werden musste, was den Prozess verlängerte. Von Planungsbeginn bis zur Baueingabe vergingen schliesslich insgesamt fünf Jahre. Inwieweit dieser Prozess mit den Behörden, die Vorstellung von zwei fertigen Projekten und ein Planerwechsel notwendig waren, damit Behörden und Bevölkerung von der Notwendigkeit einer Abweichung von der zonenkonformen Bebauung überzeugt werden konnten, bleibt Spekulation.

KONFLIKTREICHE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN BEHÖRDEN UND INVESTORIN

Aufgrund der unklaren Ausgangslage, welche durch die Versäumnisse in der Vorbereitungsphase entstanden war, entwickelte sich eine konfliktreiche Zusammenarbeit zwischen Behörden und Investorin. Die Warteck Invest AG stützte sich anfänglich auf den erst kurz zuvor verabschiedeten, gültigen Zonenplan, welcher für das Restaurantgebäude und die Wohngebäude eine Stadt- und Dorfbildschonzone vorsah, aber keine Einschränkungen für die Industriebauten. Wie sich im Planungsprozess herausstellen sollte, hielten die Denkmalpflegebehörden aber gerade einzelne Brauereibauten für erhaltenswert, für welche keine Auflagen bestanden. Weil die Denkmalbehörden ihre vom Zonenplan abweichende Meinung nicht von Anfang an, sondern erst in Reaktion auf die Projekte äusserten, nahmen sie in den Augen der Bauherrschaft eine Rolle des Verhinderns ein und standen einem zielstrebigen Prozess im Weg. Das Vorgehen gleicht einem Spiel, bei welchem der eine einen Zug macht – der andere einen Gegenzug: Im Verlauf der Planung der drei Projekte wollte die Warteck Invest AG immer wieder andere Gebäude erhalten beziehungsweise abbrechen. Für die Bauherrschaft stand fest, dass der Wasserturm und das Sudhaus (mit Kesselhaus) als Wahrzeichen von Basel erhalten werden sollten, auch wenn keine Auflagen dies forderten. Auch ein Abbruch des Restaurants stand nicht zur Diskussion. Die Wohnhäuser an der Grenzacherstrasse, Treberlagerhaus, Malzsilo, Maschinenhaus, Magazin-/Gärkellergebäude und Kamin hingegen wurden einmal in den Entwurf integriert, einmal wieder für den Abbruch bestimmt, abhängig vom Neubauprojekt und von den ökonomischen Berechnungen. Sie dienten als „Verhandlungsmasse“ im Planungsprozess mit den Behörden. In diesem „Kuhhandel“ („wenn nicht dieses erhalten wird, dann wenigstens jenes“ – „wenn dieses nicht abgebrochen werden darf, dann wenigstens jenes“) werden zwei Fragen vermischt, nämlich die Frage, was Schützenswert ist, und die Frage nach der Zukunft eines Baudenkmals. Fischer sieht diese Vermischung der beiden Fragen als problematisch: „Die Deklarierung eines Baudenkmals ist eine fachliche Erkenntnis, die dem Fachmann niemand abnehmen kann. Dies möge man bitte nicht verwechseln mit dem zweiten,

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späteren Schritt, nämlich der Abwägung, über die Zukunft eines Baudenkmals. Und das sind zwei völlig verschiedene Hochzeiten.“65 In einem Prozess wie hier, bei welchem die Denkmalpflegebehörden ihre Einschätzungen nicht vor Planungsbeginn klar auf den Tisch legen, sondern erst im Laufe der Planung ihre Meinung bilden, vermischen sich die beiden Fragen unweigerlich. Der Bauherrin fehlt jede Planungssicherheit, der Denkmal-pflegebehörde eine plausible Argumentationsbasis. Konflikte sind in einer solchen Situation kaum zu vermeiden.

Auch die Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Kantons- und Stadtplanung und der Investorin lief nicht reibungslos. Die Stadt stellte für das Areal Forderungen bezüglich des Wohnanteils. Aber wie in der Zusammenarbeit mit den Denkmalpflegebehörden änderten sich auch hier die Vorgaben während des Prozesses, was für die Warteck Invest AG die Planungssicherheit reduzierte.66

DURCHBRUCH IM KONFLIKTREICHEN PROZESS DURCH ENTWURF VON DIENER

Der Entwurf von Diener & Diener schaffte den entscheidenden Durchbruch im konfliktreichen Prozess insbesondere zwischen Denkmalpflege und Investorin, indem er alle Probleme gleichzeitig löste: Das städtebauliche und architektonische Projekt berück-sichtigte von sich aus die Forderungen der Denkmalpflegebehörden zu einem grossen Teil, entschädigte die Warteck Invest AG dafür, dass sie den Brauereikomplex erhielt, sorgte mit der Einschränkung der Nutzungsoption dafür, dass die Warteck Invest AG auch langfristig aus dem Denkmal keine Rendite mehr schöpfen konnte, fand in der Gruppe aus dem Schlotterbeck einen konkreten Nutzer und schuf ein Quartierzentrum, was der Bevölkerung zu Gute kam.67 Das Projekt schien alle vorhandenen Interessen zu berücksichtigen und war darum auch mehrheitsfähig. Der Vorschlag von Diener war viel mehr als übliche Architektenarbeit. Und er war mutig, weil er eine Änderung des Zonenplans und spezielle Bauvorschriften benötigte, also schliesslich bis zur Abstimmung durch das Volk durchaus auf unsicheren Beinen stand.

EINBEZUG VON ÖFFENTLICHKEIT UND NUTZERSCHAFT

Die Nutzergruppe Werkraum Warteck pp beteiligte sich sehr an der Planung des Umbaus. Es war ihr ein Anliegen, auch die Nachbarschaft in den Prozess einzubinden. Das sogenannte „Plenum“, ein regelmässiges Diskussionsforum stand allen Nachbarn und Interessierten zur Teilnahme offen. Und immer wieder gab es Orientierungsveran-staltungen für die Öffentlichkeit. Mit diesen Massnahmen konnte erreicht werden, dass

65 Manfred Fischer in der Podiumsdiskussion „Die Vorbildfunktion des öffentlichen Eigentümers – Gleichbe-handlung öffentlicher und privater Eigentümer von Denkmälern“, veröffentlicht in: Deutsches National-komitee für Denkmalschutz (Hrsg.), [1992], S. 75.

66 Z.B. Besprechungsprotokoll des Gesprächs vom 19.12.1989 mit dem Amt für Kantons- und Stadtplanung (Archiv der Warteck Invest AG).

67 Es kann darüber spekuliert werden, inwieweit eine kulturelle Nutzung eine Revitalisierung begünstigt: Ist eine kulturelle Nutzung ein „Trumpf im Baurechtspoker“? Hilft eine kulturelle Nutzung, dass einfacher realisiert werden kann? Diese Frage wurde aufgeworfen in TV DRS Next, 18.2.1996, 21:45 (Privatarchiv 1125 im Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt).

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das spätere Quartierzentrum schon vor seiner Eröffnung von der Quartierbevölkerung wahrgenommen wurde und mitgestaltet werden konnte.

3.4.3 Umsetzung – ein Gemeinschaftswerk

ARBEITSGEMEINSCHAFT

Die Ausführung des Projektes von Diener & Diener erfolgte in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Architekturbüro Suter & Suter. So konnte beim Umbau von den Kenntnissen über die vorhandene Industriebausubstanz profitiert werden, welche bei den „Hausarchitekten“ Suter & Suter aus der jahrelangen Tätigkeit auf dem Areal vorhanden waren.68

EINBEZUG DER NUTZERSCHAFT

Der Verein Werkraum pp, welcher bereits in der Garage Schlotterbeck Erfahrungen im Umbau mit Industriebausubstanz gesammelt hatte, beteiligte sich massgeblich an der Ausführung des Umbaus im Brauereikomplex. Die Bauhütte, eine Vereinigung von Handwerkern im Werkraum, führte alle Arbeiten aus, welche keine externen Spezialisten benötigten. Auch die einzelnen Nutzer führten viele Arbeiten selbst aus, was sich günstig auf die Baukosten auswirkte und eine starke Identifikation der Nutzer mit dem Denkmal zur Folge hatte.

3.4.4 Einschätzung insgesamt und Fazit

Während die Umnutzung Warteck aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht positiv zu bewerten ist, war der Umnutzungsprozess, welcher zu diesem Resultat führte, durchaus nicht unproblematisch. Die Tatsache, dass die Arealeigentümerin an diversen erhaltenswerten Industriebauten und an den in der Schonzone liegenden Wohnhäusern kein Interesse zeigte, und die verpasste Chance, zwischen Denkmalpflegebehörden und Bauherrin eine gemeinsame, klare Verständigung über die Einschätzung der Bauten und den Handlungsspielraum zu erreichen, schafften in der Vorbereitungsphase eine konfliktreiche Basis für den Planungsprozess. Der Bau-herrschaft fehlte die Planungssicherheit, den Denkmalpflegebehörden eine plausible Argumentationsbasis. Es entwickelte sich ein Planungsprozess, welcher gemäss Wunsch der Bauherrschaft schnell zu einer Baubewilligung führen sollte, aber zunehmend ins Stocken kam. Die Denkmalpflegebehörden äusserten ihre Meinung zum Umgang mit den einzelnen Bauten erst spät, in Reaktion auf die vorgelegten Projekte. Sie nahmen damit eine Position des Verhinderns ein und trugen nicht zu einem zielstrebigen Prozess bei. In einem „Kuhhandel“ wurden Bauten als Verhandlungsmasse eingesetzt. Erst die Inkauf-nahme eines längeren Planungsprozesses führte schliesslich zu einer Wende: Mit der Übergabe des Planungsauftrags an das Architekturbüro Diener & Diener entstand ein

68 Suter & Suter gerieten allerdings in eine grosse Krise und mussten das Geschäft 1995 aufgeben, beziehungsweise wurden übernommen.

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Projekt, welches eine Zonenplanänderung benötigte und deshalb mehr Planungszeit beanspruchte. Der Erfolg des Vorschlags von Diener & Diener beruhte darin, dass er alle Probleme gleichzeitig löste und die Interessen aller Beteiligten ernst nahm: Die Forderungen der Denkmalpflegebehörden wurden zu einem Grossteil berücksichtigt, die unfreiwillige Denkmaleigentümerin entschädigt, für das Denkmal eine Nutzung gefunden und für die Bevölkerung ein Quartierzentrum geschaffen. Dabei leistete Roger Diener mehr als normale Architektenarbeit. Durch die Arbeitsgemeinschaft mit den „Haus-architekten“ Suter & Suter für die Ausführung konnte sichergestellt werden, dass wertvolles Wissen über die Bausubstanz nicht verloren ging. Dank der Beteiligung der Nutzerschaft und der Bevölkerung am Planungsprozess des Brauereikomplexes und der Mitwirkung der Nutzerschaft am Umbau, identifizieren sich heute die Nutzer sehr mit dem Denkmal, und das Denkmal scheint im Quartier gut verankert zu sein.

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3.5 BEOBACHTETE ERFOLGSFAKTOREN

Aufgrund der Beurteilungen aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht sowie der eingehenderen Betrachtung des Prozesses sollen nun im Folgenden für die Umnutzung Warteck Faktoren bestimmt werden, welche einen Erfolg in dreierlei Hinsicht begünstigt haben oder begünstigt hätten.

3.5.1 Eignungsbeziehungen zwischen Denkmal – Nutzung – Investor

Für jede Projektentwicklung braucht es drei Grundelemente: einen Standort, eine Projektidee und Kapital.69 Übertragen auf die Industriedenkmalumnutzung bedeutet dies: Es braucht ein Denkmal, eine Nutzung und Kapital, beziehungsweise einen Investor. Es sind grundsätzlich drei verschiedene Ansatzpunkte möglich: 1. Das Denkmal ist vorhanden, es werden eine Nutzung und ein Investor gesucht. 2. Die Nutzung ist vorhanden, es werden ein Denkmal und ein Investor gesucht. 3. Der Investor ist vorhanden, es werden eine Nutzung und ein Denkmal gesucht. Möglich sind natürlich auch Kombinationen: Im Fall Warteck sind ein Denkmal und ein Investor vorhanden – wobei in diesem Fall der Investor an einer Investition in das Industriedenkmal nicht sehr interessiert ist, also für das Industriedenkmal noch ein zusätzlicher Investor gesucht werden muss.

Abb. 3.38: Denkmal-Nutzung-Investor. Darstellung in Anlehnung an Diederichs.70

69 Vgl. zum Beispiel bei Diederichs, 1994, S. 44. 70 Ähnliche Dreiecksdarstellungen finden sich in diversen Publikationen zum Thema „Projektentwicklung“,

wobei es dort nicht um Denkmalobjekte geht. Es werden die Begriffe „Standort“-„Projektidee“-„Kapital“

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Für eine erfolgreiche Umnutzung in dreierlei Hinsicht müssen die drei Elemente eine Eignungsbeziehung eingehen, das heisst es muss ein gegenseitiger Abgleich der Ansprüche stattfinden: Die Ansprüche des Denkmals müssen mit den Ansprüchen der Nutzung abgeglichen werden und umgekehrt, die Ansprüche der Nutzung mit den Ansprüchen des Investors und umgekehrt, die Ansprüche des Investors mit den Ansprüchen des Denkmals und umgekehrt. Die Eignungsbeziehung zwischen Nutzung und Investor wird hier nicht weiter besprochen, da sie sich von anderen Immobilienprojekten nicht unterscheidet und für diese Arbeit mit dem Fokus Denkmalumnutzung nicht von besonderem Interesse ist.

Vor diesem theoretischen Hintergrund lassen sich die ersten beiden Erfolgsfaktoren erklären, die beim Fallbeispiel Warteck zu beobachten sind: die geeignete Nutzung und der geeignete Investor. Sie beantworten die Frage, was eine erfolgreiche Umnutzung benötigt. Bei allen weiteren Erfolgsfaktoren geht es um die Frage wie? Es handelt sich um Entscheidungen, Vorgehensweisen und Konstellationen der weiteren Ausgestaltung der Umnutzung oder des Prozesses.

DIE GEEIGNETE NUTZUNG

Die neue Nutzung der Warteck-Brauereibauten hat mit der ursprünglichen Nutzung wenig gemeinsam: In den Räumlichkeiten der Lebensmittelindustrie befindet sich heute eine kulturell-handwerkliche Nutzung. Während die einzelnen Räume früher produktions-bedingt wie einzelne Teile einer Maschine zusammenhängend genutzt wurden, so werden im Werkraum die Räume heute unabhängig voneinander gebraucht. Es entsteht nicht mehr ein einziges Produkt, das Bier, sondern es werden viele unabhängige Produkte produziert, beziehungsweise Dienstleistungen angeboten. Diverse weitere Unterschiede liessen sich anfügen.

Aus denkmalpflegerischer Sicht ist aber die neue Werkraumnutzung eine geeignete Nutzung für das Industriedenkmal: Die Möglichkeiten des Denkmals, das heisst die Möglichkeiten der Materie und die Möglichkeit zur vielfältigen Denkmalbegegnung, wurden berücksichtigt. Nicht jede kulturelle Nutzung hätte allerdings zu einer erfolgreichen Lösung führen müssen - man denke zum Beispiel an den Einbau von schicken Galerien oder von Kinosälen. Eine kulturelle Nutzung ist also nicht per se ein Erfolgsgarant. Die kulturell-handwerkliche Nutzung Werkraum besitzt aber einige Merkmale, die ihre Eignung ausmachen. Auf diese soll nun im Folgenden eingegangen werden.

Mit ihren vielen Teilprojekten, Künstler- und Handwerkerateliers, Veranstaltungsräumen, Restaurant etc. ist die Nutzung sehr flexibel und kann auf die verschiedenen Voraus-

verwendet. (Bone-Winkel, Isenhöfer und Hofmann, 2005, S. 233; Diederichs, 1994, S. 44). Bone-Winkel, Isenhöfer und Hofmann schlagen auch eine Darstellung mit vier Elementen vor, wobei das vierte Element die Zeit ist. In der hier vorgeschlagenen Darstellung wird “Standort“ durch „Denkmal“ ersetzt, weil es ja ausschliesslich um Denkmäler gehen soll, „Projektidee“ durch „Nutzung“, weil davon ausgegangen wird, dass an konkrete Nutzungen gedacht wird, „Kapital“ durch „Investor“, weil hier auf die Bedeutung des Investors als Person mit besonderen Bedürfnissen und Ansprüchen bezüglich seinem Kapital hingewiesen werden soll.

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setzungen der einzelnen Räume Rücksicht nehmen. Die verschiedenen Nutzungen können so angeordnet werden, dass die Bedürfnisse von Raum und Nutzung möglichst gut aufeinander abgestimmt sind und möglichst wenige Eingriffe in die Substanz nötig werden. Damit wird auch der verstandesmässige Zugang zum Denkmal begünstigt. Mit dem Konzept „Permanentes Provisorium“71 wird einerseits der langfristige Erhalt des Denkmals angestrebt, anderseits versucht, für die einzelnen Nutzungen Flexibilität zu garantieren. Weil aber Änderungen keine hohen Kosten verursachen dürfen, müssen die Anpassungen für die Teilprojekte möglichst reversibel ausgeführt werden. Damit wird wiederum die Forderung der Denkmalpflege erfüllt, wonach Eingriffe ins Denkmal möglichst so vorgenommen werden sollen, dass sie wieder rückgängig gemacht werden können für den Fall, dass sie sich nicht bewähren oder folgende Generationen zu anderen Einsichten gelangen sollten. Die Nutzer des Werkraums (Mieter und Kunden) stellen keine hohen Ansprüche an den Standard. Im Gegenteil wurde fast ein „primitiver“ Ausbaustandard gewählt: Die Oberflächen wurden zu einem grossen Teil belassen oder nur ausgebessert, neue Installationen sichtbar auf Putz geführt. Diese Wahl lässt sich durch die fehlenden finanziellen Mittel erklären, aber auch durch das Nutzungskonzept: Sollen sich die Teilprojekte immer wieder ändern können, so lohnt sich ein hoher Ausbaustandard kaum. Ausserdem sollen die Lösungen einfach sein, weil die Nutzerschaft im Haus selbst gerne Hand anlegt. Der tiefe Ausbaustandard hat zur Folge, dass vieles im ursprünglichen Zustand belassen wurde, was den verstandesmässigen Denkmalzugang erleichtert, und dass die vorhandene Patina erhalten werde konnte, welche den emotionalen Zugang zum Denkmal begünstigt.

Aus städtebaulicher Sicht handelt es sich um eine geeignete Nutzung, weil ein Quartierzentrum entsteht, welches das Areal funktional mit der Stadt verbindet und zur sozialen Vernetzung im Quartier beiträgt.

Aus ökonomischer Sicht ist die Nutzung insofern geeignet, als dass eine Nachfrage besteht: Die Nutzung der Angebote durch die Bevölkerung zeigt, dass offenbar im Wettsteinquartier das Bedürfnis nach einem Quartierzentrum bestand. Da die Garage Schlotterbeck abgerissen wurde, entstand im Übrigen kein „Kanibalisierungseffekt“, bei welchem einem anderen Denkmal die Nutzung entzogen worden wäre. Die Nutzung ist zwar nicht besonders rentabel, aber immerhin selbsttragend. Durch die Auflage, dass ausschliesslich eine kulturelle Nutzung im Industriedenkmal angesiedelt werden darf, werden die Erträge gedeckelt. Betrachtet man nur die kommerzielle Wertschöpfung, so ergibt sich durch diese Ertragsbeschränkung auf der Liegenschaft eine Wertminderung. Anders sieht die Situation aus, wenn auch die Wertschätzung betrachtet wird, der Wertteil des Denkmals, der auf dem Markt nicht adäquat abgebildet wird: Dadurch, dass der Raum für die neue Nutzung nicht eigens gebaut wurde, sondern die neue Nutzung in den Raum, der ursprünglich eine ganz andere Funktion erfüllte, eingepasst wurde, entsteht ein Mehr an Qualität, auf welches die neue Nutzung nicht angewiesen ist, welches aber sehr wohl geschätzt wird: Der Raum ist grösser, höher,

71 Die heutige Betreiberin nennt sich „Verein Werkraum Warteck pp“, wobei pp für „Permanentes Provisorium“ steht.

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massiver gebaut, als es notwendig wäre. Und er besitzt eine ganz besondere Atmosphäre, weil er mit seiner Architektur, seiner Ausstattung, seiner Patina an eine vergangene Zeit erinnert. Nebst diesem „Qualitätsüberschuss“72 besitzt das Industriedenkmal zusätzlich einen „Bedeutungsüberschuss“, welcher dadurch entsteht, dass die Bedeutung der Nutzung über das Gebäude hinausreicht: Das Denkmal vermag durch seine Nutzung als Quartierzentrum das Areal im Quartier und in der Stadt zu verankern.73 Die Besonderheit des Brauereikomplexes, seine Geschichtlichkeit, welche ihn von anderen Gebäuden unterscheidet, unterstützt diese Bedeutung. Qualitäts-überschuss und Bedeutungsüberschuss sind Leistungen, die sich durch das ideale Zusammenspiel von neuer Nutzung und Denkmal ergeben und zumindest nicht vollumfänglich abgegolten werden. Aus ökonomischer Sicht erklären diese Zusatz-leistungen die Wertschätzung des Brauereikomplexes.

DER GEEIGNETE INVESTOR / EIGENTÜMER

Die Warteck Invest AG hatte als Immobiliengesellschaft die kommerzielle Wertschöpfung des Areals im Auge. Mit den ersten beiden Projekten versuchte sie, die maximal mögliche Bruttogeschossfläche auf dem Areal möglichst auszuschöpfen. Am Industriedenkmal war sie nicht besonders interessiert. Mit dem Erhalt einer grösseren Anzahl an Brauereibauten war sie erst einverstanden, als sie dafür durch einen Nutzungstransfer auf dem übrigen Areal entschädigt wurde. Mit der Auflage, dass das Industriedenkmal durch den Werkraum kulturell genutzt werden muss, verlor der Brauereikomplex für die Warteck Invest AG jegliche Aussicht auf Ertrag und auf kommerzielle Wertschöpfung.74 Die Warteck Invest AG war deshalb aus ökonomischer Sicht keine geeignete Denkmal-eigentümerin.

Anders die heutige Eigentümerin, die Stiftung Kulturraum Warteck. Sie wurde eigens für die Führung des Brauereikomplexes gegründet.75 Sie interessiert sich für die laufende Rechnung, übt aber keinen Druck auf die Werte aus: Ihr Auftrag ist die Erhaltung des Brauereikomplexes, ein Verkauf steht nicht zur Diskussion. Die Ertragsbeschränkung durch die Auflage einer kulturellen Nutzung bedeutet deshalb für sie keinen Wertverlust. Im Gegensatz zur Warteck Invest AG sieht sie im Qualitätsüberschuss und im Bedeutungsüberschuss einen Wert: Sie profitiert von der Wertschätzung des Industrie-denkmals in der Bevölkerung. Deshalb ist sie aus ökonomischer und denkmalpflegeri-scher Sicht als geeignete Denkmaleigentümerin anzusehen. Die neue Eigentümerin weist eine geringe Kapitalausstattung auf. Deshalb wird im Brauereikomplex heute in kleinen Schritten umgebaut. Der anstehende Umbau des noch

72 Confurius spricht von „Qualitätsüberschuss“ im Zusammenhang mit Umnutzungen: Confurius, 1984, S. 6. 73 Unter Nutzungen mit “Bedeutungsüberschuss” versteht Schretzenmayr Nutzungen, welche aufgrund ihrer

Nutzungsart nicht ausschliesslich auf die Konsumation der von ihnen erzeugten Güter beziehungsweise Dienstleistungen beschränkt sind, sondern darüber hinaus Ansatzpunkt für die Entstehung und Ansiedlung von anderen Nutzungen sind und als Multiplikator wirken. (Schretzenmayr, 1998, S. 14). Hier geht es zwar nicht um eine Ankernutzung, welche andere Nutzungen anzieht. Aber der Werkraum weist als Quartierzentrum eine Bedeutung auf, die über eine “normale” Nutzung eines Gebäudes hinausgeht.

74 Symbolischer Jahresmietertrag von CHF 1. 75 Ursprünglich gegründet unter dem Namen „Stiftung Warteckhof“.

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brachliegenden Malzsilos, welcher eine grosse Investition bedeuten würde, wurde noch immer nicht angegangen. Die geringe Kapitalausstattung der Eigentümerin scheint gerade aus denkmalpflegerischer Sicht geeignet zu sein, weil keine radikalen, unumkehrbaren Veränderungen geschehen können: „Umso wichtiger sind experimentelle kleine Veränderungsschritte, die es erlauben, im sorgfältig zu beobachtenden Falle der Nicht-bewährung rückgängig gemacht, zumindest aber nicht fortgesetzt zu werden.“76 Das schrittweise Vorgehen entspricht zudem der Tradition des Bauwerks: Auch zu Brauereizeiten wurde in kleinen Etappen gebaut und umgebaut. Durch die Vielzahl von Bauten und Umbauten entstand diese Verschachtelung von Räumen, welche für das Denkmal so charakteristisch ist. Mit der Fortführung der schrittweisen Bauweise kann dieser Charakter bewahrt werden. Durch die Struktur mit einer Stiftung als Eigentümerin und einem Verein als Betreiberin werden die Kompetenzen klar geregelt: Die Stiftung hat den langfristigen Erhalt des Denkmals im Auge, die Betreiberin den kurzfristigeren Nutzen der Immobilie. Damit soll sichergestellt werden, dass der Verein nicht auf Kosten der Substanz wirtschaften kann. Erwartungshaltung, Kapitalausstattung und Struktur machen die Stiftung zu einer geeigneten Eigentümerin für den Brauereikomplex.

3.5.2 Wichtige Entscheidungen, Vorgehensweisen und Konstellationen

DIE PLANUNGSSICHERHEIT

Bei der Warteck Umnutzung wurde in der Vorbereitungsphase verpasst, eine klare Ausgangslage zu schaffen. Insbesondere wurde keine verbindliche Basis zwischen Denkmalpflege und Investorin geschaffen. Trotzdem begann die Warteck Invest AG mit der Erstellung von Projekten. Aufgrund der Versäumnisse entwickelte sich aber ein konfliktreicher Prozess, der zu keinem erfolgreichen Ergebnis führte. Sorgfältige Vorbereitungsarbeiten wie Abklärungen betreffend Gebäudezustand, Klärung der Anliegen der Denkmalpflege und der möglichen Handlungsspielräume hätten in der Planungsphase zu einem anderen Prozess geführt. Schretzenmayr stellt in ihrer Analyse von Industriebrachenumnutzungen fest, dass die Planer dazu tendieren, wie im Fall Warteck auf fundierte Untersuchungen zu verzichten und sich auf die Produktion von Projekten zu konzentrieren.77 Gemäss Schretzenmayr ist die Vorbereitungsphase aber für den weiteren Prozess entscheidend, weil zu Beginn des Vorhabens die grössten Möglichkeiten für eine Einflussnahme auf den Planungsprozess liegen: “Die schlimmsten Fehler passieren am Anfang.”78 Deshalb gehört dieser Phase besondere Aufmerk-samkeit. Im Nachhinein scheint diese Einsicht bei Investoren vorhanden zu sein: Die Hamburger Studie zeigt, dass 65% der Eigentümer, die auf die Frage antworteten, was

76 Mörsch, 1989, S. 20. 77 Vgl. Schretzenmayr, 1998, S. 249. 78 Schretzenmayr, 1998, S. 247.

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sie anders machen würden, intensiver voruntersuchen würden, um die Problemstellung besser zu erkennen, 64% um Zeit und Kosten zu sparen.79

Die weitere Zusammenarbeit zwischen Denkmalpflegebehörden und Investorin lief von Anfang an unerfreulich. Aufgrund der fehlenden gemeinsamen Basis entwickelte sich ein konfliktreicher Prozess, bei welchem die Denkmalpflegebehörden ihre Meinung zum Umgang mit der Bausubstanz nicht zu Beginn, sondern erst in Reaktion auf die vorgelegten Projekte äusserten. Sie nahmen damit eine Position des Verhinderns ein und trugen nicht zu einem zielstrebigen Prozess bei. Sowohl von den Denkmalpflegebehörden als auch von der Investorin wurden die Bauten als Verhandlungsmasse eingesetzt. Der Prozess lief gegeneinander statt miteinander und führte zu keinem Ergebnis. Eine kooperative Zusammenarbeit von Behörden und Investorin hätte zu einem anderen Prozess führen können und vermutlich viel früher zu einer erfolgreichen Lösung. “Je enger die Beteiligten zusammenarbeiten, desto höher ist die Chance, im Sinne des Investors und des Denkmalpflegers Lösungen zu finden” stellt auch Halder-Hass fest.80 Und in der Hamburger Studie gaben 62% der Eigentümer, die auf die Frage antworteten, was sie heute anders machen würden, an, dass sie das Denkmalamt in den Lösungsprozess einbeziehen würden.

Sorgfältige Vorarbeiten in der Vorbereitungsphase und eine kooperative Zusammenarbeit von Behörden und Investorin verschaffen der Bauherrschaft Planungssicherheit, und damit Zeit- und Kostenersparnis, den anderen Parteien mehr Akzeptanz für ihre Anliegen und eine sicherere Argumentationsbasis.

DIE PLANUNGSZEIT

Die Absicht der Bauherrschaft, in möglichst kurzer Zeit ein Projekt realisieren zu können, um möglichst bald Renditen generieren zu können, hat sich nicht bewährt. Die Wahl der „Hausarchitekten“ Suter & Suter, welche das Areal schon kannten, und der Entscheid, eine zonengemässe Randbebauung zu planen – beides Massnahmen, die schnell zu einer Baubewilligung führen sollten - führten nicht zum Ziel: Die ersten beiden Projekte waren nicht wirtschaftlich oder stiessen auf Protest. Erst die Inkaufnahme eines längeren Planungsprozesses führte zu einer städtebaulich, denkmalpflegerisch und ökonomisch erfolgreichen Lösung: Mit dem Wechsel des Planungsbüros und dem Entscheid, ein Projekt zu entwickeln, welches eine Zonenplanänderung und spezielle Bauvorschriften benötigte, wurde in Kauf genommen, dass sich die Planungszeit verlängerte. Diese Einsicht der Bauherrschaft ist nicht selbstverständlich, hatte sie doch schon viel Zeit und Geld in die ersten Projekte investiert.81 Vermutlich weil die Investorin ursprünglich mit einer kurzen Planungszeit rechnete, wurde die Chance verpasst, in den Brauereibauten Zwischennutzungen anzusiedeln. Die Ansiedlung von Zwischennutzungen ist bei vielen

79 Denkmalschutzamt Hamburg und Jones Lang LaSalle GmbH (Hrsg.), 1996, S. 41. 80 Halder-Hass, 2002 (A), S. 929. 81 Im Planungsprozess nimmt der Detaillierungsgrad stetig zu und gleichzeitig der Aufwand (finanziell und

zeitlich) für die Rücknahme einer Schlüsselentscheidung: es findet eine “lock-in-Situation” statt. (Schretzenmayr, 1998, S. 245).

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Umnutzungen eine beliebte Massnahme, um mit den dadurch gewonnen Einnahmen den Planungsaufwand bis zu einem gewissen Grad zu decken.82 Damit wird eine längere Planungszeit für den Investor mindestens erträglicher, in einzelnen Fällen sogar interessant.83

DIE STEIGERUNG DER STANDORTATTRAKTIVITÄT

Die Enttäuschung der Bevölkerung über die Schliessung der Brauerei Warteck war gross und die Presse berichtete zum Teil äusserst kritisch über den Umnutzungsprozess.84 Dennoch unternahm die Warteck Invest AG keine Bemühungen, die Einstellung der Bevölkerung oder der Presse zum Warteckareal positiv zu beeinflussen. Sie bemühte sich auch nicht darum, das Industriedenkmal für Nutzer attraktiv darzustellen. Sie verzichtete zum Beispiel darauf, das Areal nach der Stilllegung für die Bevölkerung zu öffnen, was bei anderen Umnutzungen oft zu einer positiven Wahrnehmung des Areals geführt hat.85 Begründen lässt sich dieses Verhalten vermutlich damit, dass sie das Areal selbst umnutzen wollte und nicht nach einem Investor suchte. Sie zählte vermutlich auch auf den positiv besetzten Namen des Warteck Bieres, welcher mit dem Warteckareal fest verbunden ist. Für das dritte Projekt wählte sie schliesslich das Architekturbüro Diener & Diener, welches der Umnutzung durch seinen Namen ein positives Image schenkte. Dieses Image übte bestimmt einen positiven Einfluss auf das Projekt aus, zum Beispiel bei der Genehmigung durch das Volk. Und in den Wohnungen auf dem Areal wohnen heute Mieter, die nur hier wohnen, weil es sich um einen Bau von Diener & Diener handelt.86 Im Fallbeispiel Warteck hätten Anstrengungen zur Steigerung der Standortattraktivität früher zu einem erfolgreichen Projekt führen können: Eine Öffnung des Areals für die Bevölkerung und die Ansiedlung von attraktiven Zwischennutzungen hätten die Gunst bei Behörden und Bevölkerung positiv beeinflussen können. Und es hätte sich vielleicht ein Nutzer für den Brauereikomplex gefunden, der den Rentabilitätserwartungen der Warteck Invest AG entsprochen hätte.

DIE SPEZIELLE ROLLE DES ARCHITEKTEN

Nachdem das Architekturbüro Suter & Suter zwei Projekte erstellt hatte, die bei den Behörden auf Widerstand stiessen, gelang es Roger Diener mit seinem Vorschlag, den ungünstigen Prozess zu durchbrechen. Die Stärke seines Projektes liegt in der gleichzeitigen Berücksichtigung von städtebaulichen, denkmalpflegerischen und ökono-

82 Zwischennutzungen haben auch andere Vorteile, z.B. dass Erkenntnisse über eine geeignete Nutzung gewonnen werden können, oder dass sie Vandalismus vorbeugen. Auf die Zwischennutzungen soll im Kapitel “Die Steigerung der Standortattraktivität“ näher eingegangen werden.

83 Beispiel für wirtschaftlich interessante Zwischennutzungen: Maag-Halle Zürich (Events). 84 Vgl. zum Beispiel Jachen, Janett, „Die schönste je demontierte Brauerei“, in: Basler Zeitung, 20.3.1991; tm,

„Im Clinch mit dem Denkmalrat“, in: Basler AZ, 30.8.1990; Wamister, Christof, „Warteck-Areal: Andere Ideen nicht erwünscht?“, in: Basler Zeitung, 29.9.1990; Engel, Martin, „Kuhhandel zu Basel“, in: WOZ, 1.5.1992.

85 Die Gruppe aus dem ehemaligen Schlotterbeck nutzte zwar ab Juni 1993 die Gebäude in Form einer Zwischennutzung. Doch es handelt sich eigentlich um die Ansiedlung der definitiven Nutzung mit noch provisorischem Charakter (zum Beispiel keine funktionierende Heizung etc.).

86 Gespräch mit Daniel Breton, Leiter Gebäudemanagement, Warteck Invest AG, Basel, 3.10.2006.

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mischen Interessen: Die Abkehr vom Blockrand führte zu einer städtebaulich überzeu-genden Lösung, mit dem Erhalt eines grösseren Anteils der Brauereibauten wurde den Anliegen der Denkmalpflege Rechnung getragen, durch den Nutzungstransfer wurde das Industriedenkmal vom Rentabilitätsdruck befreit und der Investor für den Erhalt des Industriedenkmals entschädigt. Darüber hinaus profitierte die Bevölkerung von dem Projekt, indem im Wettsteinquartier ein Quartierzentrum entstand. Roger Diener schlug ausserdem für das Industriedenkmal erstmals einen konkreten Nutzer vor, die Gruppe aus dem Schlotterbeck. Diese Gesamtlösung machte schliesslich das Projekt durchsetzungs-fähig, obwohl für eine Bewilligung eine Zonenplanänderung und spezielle Bauvorschriften notwendig waren. Bei Konflikten trat Roger Diener als Mediator auf: So übernahm er im Abstimmungsprozess zwischen der Warteck Invest AG und der Gruppe aus dem Schlotterbeck, in dem zwei ganz verschiedene Kulturen aufeinandertrafen, die Funktion des Vermittlers. Er verstand seine Rolle im Umnutzungsprozess viel umfassender, als es sonst bei Architekten üblich ist. Dass es schliesslich zu einer aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht erfolgreichen Lösung kam, dazu leistete die Person Roger Diener einen entscheidenden Beitrag.

DIE FINANZIERUNGSFRAGE

Die heutige finanzielle Situation des Brauereikomplexes lässt sich durch den auf dem Areal vorgenommenen Nutzungstransfer erklären: Die Warteck Invest AG wurde dafür, dass sie einen grösseren Anteil der Brauereibauten stehen liess, mit einem Nutzungs-transfer entschädigt. Als Eigentümerin bezahlte sie zwar zu einem Grossteil den Umbau des Brauereikomplexes, konnte aber mit dem Industriedenkmal keine Gewinne mehr erzielen, weil im Zusammenhang mit dem Nutzungstransfer festgelegt worden war, dass nur eine kulturelle Nutzung im Rahmen des Werkraums angesiedelt werden darf. Deshalb verlor sie das Interesse am Industriedenkmal und schenkte es schliesslich der Stiftung Kulturraum Warteck. Die heutige Eigentümerin der Warteck Brauereibauten, die Stiftung Kulturraum Warteck, konnte also von einem grossen Anfangsbonus profitieren: Die Umbaukosten wurden mehrheitlich durch die Warteck Invest AG übernommen, zudem durch Sponsoren und Nutzer, und sie erhielt die Brauereibauten als Geschenk. Die Mieterträge müssen deshalb heute lediglich die Kosten für Betrieb, Verwaltung, Instandhaltung und periodische Instandsetzungsarbeiten, nicht aber Finanzierungskosten decken. Finanzierungskosten für Umbau oder Liegenschaftskauf könnten durch die derzeitigen Mieterträge nicht gedeckt werden. Die aus städtebaulicher, denkmal-pflegerischer und ökonomischer Sicht geeignete Nutzung des Werkraums ist demnach in der heutigen Form nur denkbar dank der fallspezifischen Lösung der Finanzierungsfrage, einer doppelten finanziellen Entlastung.

DAS MARKETING FÜR DIE NEUE NUTZUNG

Die Idee des Werkraums scheint schwer zu vermitteln zu sein. So berichtet Jakob Tschopp aus der Zeit, in der er nach Sponsoren suchte: „Lorsque j’ai cherché du soutient [sic!] à l’extérieur pour le Werkraum, j’ai eu souvent de grandes difficultés à expliquer de

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quoi il s’agissait.“87 Dennoch besitzt der Werkraum Warteck kein eigentliches Marketingkonzept für das ganze Haus. Abgesehen von der Website (www.warteckpp.ch), der Publikation von Broschüren mit Informationen zur Geschichte des Werkraums und der Darstellung von einzelnen Nutzungen, der Organisation von Veranstaltungen wie der „LISTE“ oder von Führungen durch die Räumlichkeiten, werden kaum gemeinsame Kommunikationsmassnahmen unternommen.88 Die Künstler, die im Werkraum ein Atelier haben, sind oft erst viel später erfolgreich, wenn sie schon nicht mehr im Werkraum arbeiten. Ihr Erfolg wird dann nicht mehr mit dem Werkraum in Zusammenhang gebracht. „Werkraum Warteck“ ist keine starke Marke. Weil die Liste von Interessenten für Räume im Werkraum lang genug ist, scheint mehr Marketing auf den ersten Blick auch nicht notwendig zu sein. Allerdings sollen zur Zeit für die Finanzierung des anstehenden Malzsiloumbaus Sponsoren gesucht werden. Eine gute Positionierung des Projektes ist in diesem Fall entscheidend für den weiteren Erfolg aus ökonomischer Sicht – finden sich keine oder zu wenige Sponsoren, so fallen bei einem Umbau erhebliche Finanzierungskosten an, die die gegenwärtigen Mieterträge kaum decken können. Jakob Tschopp erkannte bei der Sponsorensuche vor 15 Jahren, wie wichtig der Zusammenhang von Projekt und Ort ist: „D’un autre côté, lorque des gens de l’extérieur nous rendaient visite, il n’était plus nécaissaire de rien expliquer. En étant sur place, ils pouvaient ressentir et vivre la réalité du Werkraum. Il fallait donc venir pour en parler [...].“89 Erst ein Besuch des Bauwerks liess also die Besucher das Projekt verstehen. Das Denkmal ist für das Verständnis des Projektes fundamental, weil Denkmal und Projekt eng miteinander verknüpft sind. Zu einem erfolgreichen Marketing für den Werkraum würde deshalb ein (denkmalgerechtes) Marketing für das Denkmal gehören.

DAS ENTWICKLUNGSPOTENZIAL

Im Werkraum Warteck haben sich viele junge Künstler und Handwerker niedergelassen. Damit sie sich weiter entwickeln können, wachsen können, brauchen sie zusätzlichen Raum. Im Werkraum Warteck gibt es den notwendigen Raum zur Entwicklung: Viele Räume sind nur extensiv genutzt und könnten viel intensiver gebraucht werden. Es gibt brachliegende Räume wie zum Beispiel das Malzsilo, das bei Bedarf noch umgebaut werden kann. Und die Mieter fühlen sich als Vereinsmitglieder einander verpflichtet, so dass sie sich bei Platzbedarf gegenseitig aushelfen. Hätten die Nutzer keine Entwicklungsmöglichkeit, würde dies zu einer hohen Fluktuation führen. In der Berliner Studie gaben 21% der befragten Nutzer, in der Hamburger Studie 24% an, dass die gegenwärtig zur Verfügung stehende Fläche ihnen zu klein sei.90 Diese Nutzer werden also vermutlich bald umziehen müssen. Eine hohe Fluktuation aber zieht viele Umbauten nach sich, was sich ungünstig auf den Substanzerhalt auswirkt. Sie führt dazu, dass sich die Nutzer weniger mit dem Denkmal identifizieren und deshalb weniger Sorge tragen.

87 Gross und Jomini, 1996/1997, S. 25. Jakob Tschopp ist ehemaliger Präsident des “Trägervereins Werkraum Schlotterbeck”.

88 Die „Liste“ ist eine Parallelveranstaltung zur „Art“ in Basel, welche im Werkraum durchgeführt wird. 89 Gross und Jomini, 1996/1997, S. 25. 90 Landesdenkmalamt Berlin, Jones Lang LaSalle GmbH und Halder-Hass (Hrsg.), 2002, S. 34;

Denkmalschutzamt Hamburg und Jones Lang LaSalle GmbH (Hrsg.), 1996, S. 29.

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Fluktuation verursacht Mehrkosten. Und aufgrund von mangelnder Kontinuität nimmt die Kraft ab, das Areal mit der Stadt sozial zu vernetzten. Entwicklungspotenzial scheint deshalb für den Erfolg einer Umnutzung unentbehrlich zu sein, und zwar aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht. Hat die Nutzung eine Zukunft, so hat sie auch das Bauwerk.

3.5.3 Lösungen mit Augenmass

Die vorgestellten Erfolgsfaktoren der Umnutzung Warteck, Eignungsbeziehungen sowie wichtige Entscheidungen, Vorgehensweisen und Konstellationen, lassen vermuten, dass sich bescheidene Konzepte für Umnutzungen von Denkmälern im Allgemeinen besser eignen als radikale Lösungen. So hat sich beispielsweise gezeigt, dass die Ansiedlung von vielen Teilnutzungen für die Berücksichtigung von Besonderheiten der einzelnen Räume vorteilhaft ist und zudem den Ort belebt, dass die beschränkte Kapitalausstattung des Investors zu einem dem Baudenkmal vertrauten Bauen in kleinen Schritten führen kann, dass sich die Aufteilung von Kompetenzen in der Führung des Denkmals bewährt, dass ein tiefer Ausbaustandard zu einem guten emotionalen und verstandesmässigen Denkmalzugang verhelfen kann und dass das Brachlassen von einzelnen Flächen im Gegensatz zu einer vollständigen Umnutzung der neuen Nutzung die lebensnotwendige Entwicklungsmöglichkeit offen lässt. Veränderungen mit Augenmass scheinen geradezu zum Industriedenkmal zu gehören, weil – wie die Geschichte der Brauerei Warteck eindrücklich zeigt – das Bauwerk schon seit seiner Entstehung stets auf einfache Art und Weise und in kleinen Schritten an neue Anforderungen angepasst worden war. Mörsch hat als Denkmalpfleger immer wieder auf die Vorteile eines sowohl räumlich als auch zeitlich angemessenen Denkmalumgangs hingewiesen.91 Bescheidene Lösungen haben den Vorteil, Experimente zuzulassen, bis zu einem gewissen Grad umkehrbar zu sein und auch zukünftigen Generationen Gestaltungsfreiheit zu lassen. Das Fallbeispiel Warteck lässt aber vermuten, dass sich bei Industriedenkmalumnutzungen bescheidene Lösungen nicht nur aus denkmalpflegerischer Sicht lohnen, sondern – wie die oben aufgeführten Beispiele zeigen - durchaus auch aus städtebaulicher und ökonomischer Sicht sinnvoll sein können.

91 Das Verändern mit Augenmass ist ein Thema, welches Mörsch immer wieder aufgreift. Es seien hier nur stellvertretend ein paar Beispiele genannt: Im Zusammenhang mit der Geschwindigkeit von Veränderungen in der Stadt (Mörsch, 1991); im Zusammenhang mit Reversibilität (Mörsch, 1987, S. 159) und im Zusammenhang mit Patina (Mörsch, 2006, S. 4).

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4 Diskussion der Erfolgsfaktoren anhand von zusätzlichen Umnutzungsbeispielen

Aufgrund der beim Fallbeispiel Warteck festgestellten Erfolgsfaktoren wurden acht Themen ausgewählt, welche anhand von anderen Umnutzungsbeispielen vertieft diskutiert werden sollen. Ziel dieses Vergleichs mit anderen Beispielen ist es, den im Fallbeispiel Warteck wahrscheinlich entscheidenden Faktoren auf den Grund zu gehen, weitere interessante Lösungen zu finden und aufgrund von möglichst wenigen zusätzlichen Umnutzungsprojekten verallgemeinernde Aussagen möglich zu machen. Für jeden der ausgewählten Erfolgsfaktoren wurde ein Umnutzungsbeispiel gewählt, welches den jeweiligen Erfolgsfaktor nicht nur ebenfalls aufweist, sondern bei welchem eine ganz besonders überzeugende Lösung zu finden ist: Beleuchtet werden also Eignungs-beziehungen, Entscheidungen, Vorgehensweisen oder Konstellationen, welche sich bei den vorgestellten Fallbeispielen besonders bewährt haben und im Sinne einer Best Practice-Lösung auch auf andere Fallbeispiele übertragen werden könnten.1

4.1 DIE GEEIGNETE NEUE NUTZUNG

Obwohl die neue Nutzung der Warteck Brauereibauten mit der ursprünglichen Nutzung wenig gemeinsam hat, scheint sie eine geeignete Nutzung zu sein: Die vielen Teilprojekte mit hoher Flexibilität ermöglichen es, auf die verschiedenen Voraussetzungen der einzelnen Räume Rücksicht zu nehmen, beziehungsweise die verschiedenen Nutzungen so anzuordnen, dass die Bedürfnisse von Raum und Nutzung möglichst gut aufeinander abgestimmt sind. Mit dem Konzept „Permanentes Provisorium“ wird einerseits der langfristige Erhalt des Denkmals angestrebt, andererseits versucht, für die einzelnen Nutzungen Änderungen zuzulassen (Reversibilität). Mit der Wahl der neuen Nutzung wird auch eine Zielgruppe bestimmt: Bei den Nutzern des Werkraums und ihren Kunden handelt es sich um eine Zielgruppe, die keine hohen Ansprüche an den Standard stellt. Die Nutzer legen selbst gerne Hand an und schätzen die Gestaltungsfreiheit. Für das Quartier entsteht ein neues kulturelles Zentrum, welches das Areal funktional mit der Stadt vernetzt. Für die neue Nutzung im Werkraum besteht auch eine Nachfrage. Da die Garage Schlotterbeck abgerissen wird, entsteht kein „Kanibalisierungseffekt“, bei welchem einem anderen Denkmal die Nutzung entzogen würde. Dank der finanziellen Starthilfe ist die Nutzung selbsttragend.

1 Es wird hier an die Darstellung der Eignungsbeziehungen zwischen Denkmal, Nutzung und Investor erinnert, siehe Kapitel „Eignungsbeziehungen zwischen Denkmal – Nutzung – Investor“.

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Ungeeignete Nutzungen können einem Denkmal auch Schaden zufügen: „Oft läßt sich schon früh erkennen, daß eine ungeeignete Nutzungsvorstellung, etwa durch ihren Raum- und Infrastrukturbedarf, dem Bau nicht nur in seiner äußeren Erscheinung und seinem funktionalen Quellenwert, sondern auch in seiner materiellen Substanz mehr schaden als nutzen wird.“2 Es soll in diesem Kapitel deshalb der Frage nachgegangen werden, was denn eine geeignete Nutzung für ein Industriedenkmal ist. Dabei wird - wie im Kapitel „Auswahl der Fallbeispiele“ bereits erörtert - davon ausgegangen, dass eine mindestens kostendeckende oder sogar rentable Nutzung gesucht wird. Die Frage, ob eine sub-ventionsbedürftige Museumsnutzung oder eine „Nicht-Nutzung“ für Denkmäler sinnvolle Lösungen sein können, wird hier nicht diskutiert. Um die eigentliche Suche nach der Nutzung wird es im Kapitel „Die Steigerung der Standortattraktivität“ gehen. Das Thema der geeigneten Nutzung soll anhand des Fallbeispiels Meilenwerk in Berlin vertieft werden. Es handelt sich um eine Umnutzung, bei welcher Neunutzung und Denkmal besonders gut zusammen zu passen scheinen und die Nutzung zudem sehr rentabel ist.

4.1.1 Das Meilenwerk

Beim Meilenwerk handelt es sich um ein ehemaliges Strassenbahndepot an der Wiebestrasse in Berlin, welches die Grosse Berliner Strassenbahn AG gleichzeitig mit anderen Betriebsbahnhöfen am damaligen Stadtrand bauen liess. Das Strassen-bahndepot wurde 1899-1901 von dem Architekten Joseph Fischer Dick erbaut und 1901 eröffnet. Damals galten die Wiebehallen mit 10’800m2 als das grösste Strassen-bahndepot Europas, und sie waren ein Renommierobjekt des Kaisers. Es handelt sich um eine vierschiffige Halle mit 22 Geleisen für 300 Waggons. 1924 liess die Berliner Verkehrsgesellschaft das Strassenbahndepot durch Jean Krämer, einen Schüler des Architekten Peter Behrens, umbauen. Er ergänzte die Hallen um einen Anbau und ein Nebengebäude und liess die Verzierungen am Gebäude abschlagen, um es in der Formensprache der 20er Jahre modern aussehen zu lassen. Statt der alten Holzdächer erhielt es eine begehbare Steineisendecke mit filigranen Stahlträgern und hellen Oberlichtern. Die statischen Lasten, die durch die Steineisendecke auf dem Gebäude lasteten und durch Temperaturschwankungen noch verstärkt wurden, drohten zuneh-mend, das Gebäude zum Einsturz zu bringen. Seit 1964 wurden die Hallen nicht mehr als Depot genutzt, und damit begann der Zerfallsprozess des Bauwerks. Die Hallen wurden zwischenzeitlich als Lager für die Senatsreserve gebraucht, dafür wurden die schlimmsten Schäden behoben. Danach standen die Hallen zehn Jahre lang leer. 1996 mussten sie aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. Obwohl die Wiebehallen am Anfang der 1990er Jahre unter Schutz gestellt worden waren, wurde wegen des schlechten Zustands über einen Abriss nachgedacht. Schliesslich kam es aber in den Jahren 2002-2003 doch zu einer Umnutzung.3

2 Kierdorf und Hassler, 2000, S. 231. 3 Hauptquellen für den Abschnitt: Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008;

Meilenwerk Berlin – das erste Forum für Fahrkultur – Gebäude, Presse-Information; Wirtschaftsberatung Halder (Hrsg.), 2001; www.meilenwerk.de, Stand November 2007.

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Auf der Suche nach einem geeigneten Gebäude für ihre Projektidee stiessen Martin Halder und Nicola Halder-Hass auf die Wiebehallen. Durch den Zustand der Hallen liessen sich die beiden nicht abschrecken, sondern sie zogen einen Statiker bei, welcher ihnen bestätigte, dass sich die Hallen retten liessen. Die neue Nutzung heisst „Meilenwerk“: Hier befinden sich viele verschiedene Nutzungen zum Thema “Oldtimer” unter einem Dach: Autowerkstätten, Einstellboxen, Service, Shops, Eventflächen, Klassiker- und Liebhaberfahrzeughandel, Gastronomie, Clubräume. Als Ökonomen (beide sind Professoren an der European Business School ebs, Nicola Halder-Hass ist ausserdem Denkmalpflegerin) sahen sie eine „nutzungsorientierte Immobilie“ als Marktlücke auf dem gesättigten Immobilienmarkt: Anstelle der Flächenbereitstellung für anonyme Nutzer wollten Halder-Hass Projekte für definierte Zielgruppen erstellen.4 Da Halder selbst passionierter Oldtimer-Fahrer ist, lag die Idee eines Oldtimer-Zentrums auf der Hand. Das Konzept des Meilenwerks beruht auf fünf Grundsätzen: 1. Themenspezialisierung: Das Projekt wird klar auf Liebhaber klassischer und aussergewöhnlicher Fahrzeuge ausgerichtet. 2. Zielgruppenorientiertes Vollangebot: Bereitgestellt werden soll ein umfassendes themenbezogenes Produkt- und Dienstleistungsangebot mit hohem Qualitätsanspruch. 3. Themenadäquates Ambiente: Es soll ein attraktives, historisches Ambiente geschaffen werden, welches dem Bedürfnis der speziellen Kundschaft entspricht („ästhetisches Hobby“). 4. Hoher Erlebniswert: Das Angebot soll vielseitig sein und durch spannende Inszenierungen von Events rund um Oldtimer, Liebhaberfahrzeuge und klassische Motorräder noch bereichert werden. 5. Hoher Wiedererkennungswert: Der Kunde soll ein Meilenwerk mit seinem Hobby gedanklich verbinden.5 Halder-Hass legten grossen Wert auf die genaue Kenntnis ihrer Kundengruppen. Für ihre Geschäftsidee berechneten sie die mögliche Nachfrage genau – dabei half wohl, dass Halder als Oldtimer-Fahrer den Markt kannte. Zu den Kundengruppen zählen die Berlin-Brandenburger Oldtimerbesitzer, Berlin-Brandenburger Klassiker-Enthusiasten zu Besuch, Berlin-Touristen, Klassiker-Besitzer aus der Region mit Ausflugsziel Meilenwerk, Eventbesucher, Interessenten, Käufer der Händler (auch international).6 Der idealtypische Kunde besucht eine Veranstaltung, lustwandelt nach dem Essen durch die Hallen und kauft schliesslich einen Oldtimer, den er beim Versicherer vor Ort versichern lässt, er mietet sich eine Einstellbox etc.7 So sorgfältig wie der ökonomische Teil des Projekts wurde auch der architektonische geplant.8 Als architektonisches Konzept wurde eine „Haus in Haus“-Konstruktion gewählt: Die neuen Nutzungen befinden sich zu einem grossen Teil in zweigeschossigen Boxen, welche in die Hallen hineingestellt wurden und im Erdgeschoss durch die Freifläche, im Obergeschoss über Passerellen erschlossen werden. Die Spuren der Vergangenheit wurden zu einem grossen Teil sichtbar erhalten mit dem Ziel, ein zum Thema „Oldtimer“ passendes Ambiente zu schaffen: So wurden zum Beispiel die Geleise auf dem Vorplatz

4 Halder-Hass, 2006, S. 131. 5 Halder-Hass, 2006, S. 133. 6 Halder-Hass, 2006, S. 138. 7 Halder-Hass, 2006, S. 133/134. 8 Vier Jahre Planungszeit, ein Jahr Ausführung. (Halder-Hass, 2006, S. 137).

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erhalten, ein Schild warnt „Vorsicht Torpfeiler“, und es finden sich noch die Reste von Splitterbomben aus dem Weltkrieg.

Abb. 4.1 und Abb. 4.2: Situation und Grundriss Erdgeschoss des umgenutzten Strassenbahndepots.

4.1.2 Einschätzung der Umnutzung Meilenwerk

Das Meilenwerk ist ein aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht erfolgreiches Umnutzungsprojekt:

– Aus städtebaulicher Sicht ist die Umnutzung als erfolgreich zu betrachten, insbesondere weil mit dem Erhalt des Strassenbahndepots die Erinnerung an die vergangene Zeit aufrecht erhalten werden konnte: Das Depot hatte das Leben im Quartier über Jahrzehnte geprägt – die Wohnungen der Arbeiter vom Strassen-bahndepot befanden sich in nächster Nähe zu den Wiebehallen.9

– Das Meilenwerk kann auch aus denkmalpflegerischer Sicht als gelungene Umnutzung eingeschätzt werden. Es erhielt bereits 2004, ein Jahr nach seiner Fertigstellung, zwei Auszeichnungen: den Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege und die Ferdinand-von-Quast-Medaille.10 Das Gebäude konnte dank der neuen Nutzung erhalten werden. Mit der vorgenommenen Sanierung sollte das Überleben der Hallen für die nächsten Jahrzehnte gesichert sein. Die neue Nutzung nimmt grosse Rücksicht auf die Denkmalsubstanz: Die in die Hallen

9 Blümel, 2002, S. 147. 10 Halder-Hass, 2006, S. 141.

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gestellten Boxen reichen nicht bis zur Decke, so dass die Hallen als Ganzes erlebbar bleiben (siehe Abb. 4.3 und Abb. 4.4.). Die Tragkonstruktion blieb sichtbar. Auch die technischen Vorkehrungen, zum Beispiel für Lüftung und Brandschutz, beeinträchtigen die Lesbarkeit des Raumes nicht. Der Einbau der eingestellten Boxen ist reversibel.

– Sowie das Gebäude von der neuen Nutzung profitiert, so profitiert die neue Nutzung auch vom Gebäude: Das Oldtimerzentrum macht sich den geeigneten Standort und die idealen, vorhandenen Räumlichkeiten des ehemaligen Strassen-bahndepots zunutze, und es lebt vom verkehrshistorischen Ambiente. Halder-Hass fasst den ökonomischen Erfolg des Meilenwerks zusammen mit den Worten: „Wir machen mehr als nur Gewinn.”11

Abb. 4.3: Räumliche Weite der Hallen vor der Umnutzung. Abb. 4.4: Nach der Umnutzung: Die Hallen sind noch immer als Ganzes erlebbar.

Zwischen Denkmal und neuer Nutzung scheint beim Meilenwerk eine speziell gute gegenseitige Eignungsbeziehung zu bestehen, man könnte sogar von einer „Symbiose“ oder von einer Win-Win-Situation sprechen.12 Dies lässt sich bestimmt auf die Nutzungs-verwandtschaft Strassenbahndepot – Oldtimerzentrum zurückführen: Im Gegensatz zum Fallbeispiel Warteck ist hier die neue Nutzung der ursprünglichen Nutzung in vielem sehr ähnlich: Es wird geparkt, wo früher geparkt wurde (mit dem Unterschied, dass es sich heute um Autos handelt, damals um Strassenbahnwaggons). Auch heute hört man in den Wiebehallen noch Motorenlärm und Lärm von Reparaturen. Und die Hallen werden auch heute temporär gefüllt (zum Beispiel bei Rallyes) und wieder geleert, so wie sie früher nachts gefüllt und tagsüber wieder geleert wurden. Weitere Parallelen liessen sich finden. Mit der Nutzungsverwandtschaft wird verhindert, dass einem thematisch frei erscheinenden Gebäude eine Nutzung aufgebürdet wird, welche ihm fremd ist. Industrie-bauten scheinen nämlich vielleicht belastbarer zu sein, als sie es sind.

11 Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008. 12 Mörsch spricht von einer „Symbiose zwischen Bausubstanz und Nutzung“. (Mörsch, 1989, S. 36).

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Die besondere Eignung lässt sich aber auch auf vier weitere Faktoren zurückführen, welche sich durch die Wahl der „Themenimmobilie“ ergeben, aber im Prinzip bei anderen Nutzungen auch vorkommen können und deshalb auch auf andere Umnutzungskonzepte übertragbar sind: eine wirksame Einsetzung von Qualitätsüberschuss, die Nutzung von Synergien, die Anpassungsfähigkeit der einzelnen Nutzungen auf die einzelnen Räume und die Wahl einer geeigneten Zielgruppe. Auf diese Faktoren soll nun im Folgenden näher eingegangen werden.13

4.1.3 Qualitätsüberschuss wirksam einsetzen

Unter „Themenimmobilie“ wird hier verstanden, dass ein Gebäude oder Gebäudekomplex verschiedene Nutzungen beherbergt, die einen thematischen Zusammenhang haben. Nicht die Rede ist dagegen von den Themenparks, in welchen der Besucher wie im Disneyland in einen Illusionsraum eintaucht („as to step into a movie“).14 Im Fall der Denkmalweiternutzung ist der Aufbau einer Illusionswelt fehl am Platz, da der Betrachter ansonsten das Denkmal nicht mehr von der Kulisse unterscheiden kann, die Lesbarkeit des Denkmals also schwer getrübt wird und die nötige Freiheit in der individuellen, subjektiven Betrachtung eingeschränkt wird (Beeinträchtigung des Denkmalzugangs). Eine Themenimmobilie wie das Meilenwerk kann aber auch, ohne Illusionsraum zu sein, dem Besucher etwas bieten, was er in Themenparks sucht: Aufenthaltsqualität. Die Kunden können da, wo sie für den Einkauf oder für eine Dienstleistung hingehen, zusätzlich etwas erleben. Dieses Zusatzangebot ist der Grund dafür, dass die Themenimmobilie für den Besucher eine andere Bedeutung bekommen kann, als nur „Ort mit einer bestimmten Einkaufsmöglichkeit oder Dienstleistung“. Studiert man die Presse zum Meilenwerk, so findet man viele verschiedene Bezeichnungen für das Oldtimerzentrum, die zeigen, welchen Stellenwert eine Themenimmobilie erhalten kann. Es finden sich Ausdrücke für das Erleben: „Erlebniszentrum“, „Disneyland für Oldtimer-Freaks“, für das Geniessen: „Wohlfühlwelten“, „Eldorado für Liebhaber klassischer Automobile“, für das Zusammensein: „Begegnungsstätte für alle Fans chromblitzender Raritäten“, für ein Zuhause: „Kleine Stadt für Oldtimer“, „Noble Heimstatt für Liebhaber von Automobilien und Motorräder“, für Geheimnisvolles und sogar Religiöses: „Magischer Ort“, „Mecca der Oldtimer-Freunde“.15 Die Wortwahl zeigt, dass mit einer Themenimmobilie viele Emotionen verbunden sein können. Industriedenkmäler wie das Meilenwerk haben das Potenzial, diese emotionale Komponente zu unterstützen. Durch die Verwendung der auf die ursprüngliche Nutzung zugeschnittenen Räume für eine

13 Für das Gelingen der Umnutzung Meilenwerk ist natürlich nicht nur die geeignete Nutzung verantwortlich. Weitere Faktoren waren entscheidend. Auf den Faktor Marketing soll im Kapitel „Das Marketing für die neue Nutzung“ eingegangen werden.

14 Vgl. Waldow-Stahm, 2003, S. 128/129. 15 Thiele, Stefan, „Depot der automobilen Sehnsüchte“, in: FAZ, 15.11.2003; Mayer, Bettina, „Olles unter

einem Dach“, in: Focus, 5.9.2003; völ, „Meilenwerk startet mit einem Oldtimer-Korso“, in: Berliner Abendblatt, 14.5.2003; von Dahlern, Ingo, „Berlins neues Oldtimer-Zentrum“, in: Der Tagesspiegel, 19.4.2003; kf, „ Straßenbahndepot Moabit wird zur Oldtimer-Welt“, in: Die Welt, 9.4.2003; www.meilenwerk.de, Stand November 2007.

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fremde Nutzung entsteht eine zusätzliche Qualität, indem die Räume zum Beispiel Erinnerungen an frühere Zeiten wecken, an die eigene Vergänglichkeit erinnern und durch ihre Vielschichtigkeit und Fremdheit rätselhaft scheinen. Die Räume folgen der Ordnung der ursprünglichen Nutzung, während die neue Nutzung eigentlich eine neue Ordnung verlangt.16 Das Aufeinandertreffen der beiden Ordnungsprinzipien kann als reizvoll erlebt werden, und die Überwindung der daraus entstehenden Probleme kann zu kreativen, ansprechenden Lösungen führen. Confurius beschreibt die zusätzliche Qualität, den „Qualitätsüberschuss“, welcher durch Umnutzung entsteht, folgendermassen: “Die übernommenen, die neuen Zwecken gegenüber kontingenten Formen besitzen eine gewisse Überdeterminiertheit, einen zumeist reizvollen Qualitätsüberschuß über die reine Zweckdienlichkeit, ein luxuriöses Moment, das auch aus dem genußvollen Wissen um die einstige Bedeutung rühren kann, dessen ästhetischer Genuß auf dieses Wissen aber nicht angewiesen ist. Als Umdeutung des Bestandes können uns Umnutzungen auch empfänglich machen für die grundsätzliche Mehrdeutigkeit von Formen und Räumen sowie für das breite Spektrum der nicht bloß zweckrationalen Handlungen.”17 Was im Meilenwerk sehr anschaulich gezeigt wird, ist auch im Werkraum Warteck zu beobachten: Dass die Überdeterminiertheit der umgenutzten Räume einen Qualitätsüberschuss darstellt und dass dieser wirksam eingesetzt als Aufenthaltsqualität wahrgenommen werden kann. In beiden Fällen trägt das Denkmal durch seine Geschichte viel zur emotionalen Verbundenheit seiner Nutzer mit dem Ort bei.18

4.1.4 Nutzung von Synergien

Themenimmobilien sind aus ökonomischer Sicht nicht nur wegen ihrer emotionalen Komponente attraktiv, die sich auch vermarkten lässt, sondern wegen der möglichen Synergien, welche sich durch die „Symbiose“ der einzelnen Nutzer sowohl bei den Erträgen als auch bei den Kosten ergeben können. Wer im Meilenwerk eine Einstellbox für seinen Oldtimer mietet, wird seinen Wagen mit grösster Wahrscheinlichkeit auch bei einer Werkstatt im Meilenwerk reparieren lassen. So profitieren die Anbieter von den Kunden der anderen Einzelhändler. Damit es nicht zu einem Konkurrenzkampf unter den Anbietern kommt, wird bei der Auswahl der Mieter dafür gesorgt, dass Überschneidungen im Leistungsspektrum vermieden werden. Kleine Anbieter können von der Magnetwirkung des Oldtimerzentrums besonders profitieren, da sie alleine nie dieses attraktive Kaufklima realisieren könnten. Das Meilenwerk ist bemüht,

16 Normalerweise „stellt der Entwurf die möglichst umfassende und absolute Ordnung dar, welche die Unordnung des Lebens vorsichtig umgibt.“ (Magnago Lampugnani, 1995, S. 52). Sollen aber auf eine bestimmte Nutzung zugeschnittene Räume eine neue Nutzung aufnehmen, stellt die alte Ordnung bereits eine Art Unordnung dar.

17 Confurius, 1984, S. 6. 18 Der Fall Stilwerk zeigt, dass bei einer Umnutzung eine attraktive Erlebniswelt entstehen kann, was ein

Neubau nicht unbedingt leisten kann: Beim ersten Stilwerk handelt es sich um eine Umnutzung einer Mälzerei im Hamburger Hafen. Der magische Ort stiess auf grosse Begeisterung. Für die weiteren Standorte in Berlin, Düsseldorf und Stuttgart wurde auf Neubauten gesetzt, die keinen vergleichbaren Anklang mehr fanden. (Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008). Zum Stilwerk siehe auch www.stilwerk.de, Stand Januar 2009.

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nicht nur Kunden anzuziehen, die mit einer konkreten Absicht ins Meilenwerk kommen: Das Forum für Fahrkultur ist jedem jederzeit zugänglich, das heisst die Oldtimer dürfen in ihren Boxen wie in einem Museum bestaunt werden – und dies umsonst. Diverse Clubs haben hier (auch umsonst) einen Clubraum erhalten, was einen regen Besuch von potenziellen Kunden bringt. Und die diversen Events, die nicht immer in Zusammenhang mit dem Thema Oldtimer stehen, bringen viele Besucher ins Zentrum, welche möglicher-weise später als Kunden zurückkehren. Diese Anstrengungen des Meilenwerks, Kunden anzuziehen, sind nur in der Gemeinschaft der vielen Anbieter denkbar.19 Auf der Kostenseite gibt es im Meilenwerk Synergien durch die gemeinsame Infrastruktur (zum Beispiel Sozialräume, Entsorgungsstation, Öllager), beim Center- und Event-management, bei den Kosten für Bewachung, bei der Werbung und beim Internetauftritt. Es entstehen Rabatte durch den gemeinsamen Einkauf und Kosteneinsparungen durch die kurzen Wege.20

Die Möglichkeit, Synergien zu nutzen, kann bei Umnutzungen von Industriedenkmälern eine wichtige Rolle spielen. Für die Nutzung von grossen Objekten, insbesondere von grossen Hallen ist es selten möglich, einen einzigen Nutzer zu finden. Der Zusammen-schluss von kleinen Anbietern ist dann eine sinnvolle Lösung.21 Im Übrigen gehören kurze Entscheidungsfristen zum spezifischen Standortwahlverhalten von Unternehmen.22

Unternehmen sind deshalb selten bereit, langfristige Planungsphasen, die sich bei Umnutzungen von Industriedenkmälern häufig ergeben, in Kauf zu nehmen. Sie entscheiden sich vermutlich leichter für ein bereits laufendes Projekt, bei welchem zudem die Risiken mit anderen geteilt werden.

4.1.5 Anpassungsvermögen auf die einzelnen Räume

Die vielen Teilnutzungen einer Themenimmobilie lassen es zu, auf die einzelnen Räume Rücksicht zu nehmen. Bei der Aufteilung der einzelnen Nutzungen auf die Räume können beim Meilenwerk wie auch bei den Warteck Brauereibauten die Bedürfnisse von Raum und Nutzung aufeinander abgestimmt werden.23 Rieseler schreibt zum Vorteil von gemischten Nutzungen gegenüber Mononutzungen in umgenutzten Brauereien: ”Sie [gemischte Nutzungen] sind generell eher mit der mehrteiligen, heterogenen Baustruktur vereinbar als Mononutzungen, die immer die Gefahr mit sich bringen, zum Zwecke einer Gesamtlösung nicht mehr so behutsam mit dem historischen Bestand im Einzelnen

19 Hauptquelle Abschnitt: Halder-Hass, 2006, S. 134-136. 20 Hauptquelle Abschnitt: Halder-Hass, 2006, S. 138/139. 21 Gemäss Halder-Hass ist dabei das richtige Gleichgewicht der einzelnen Nutzungen entscheidend. Zu viel

Büronutzung würde zum Beispiel dem Meilenwerk schaden – obwohl es aus finanzieller Sicht interessant wäre. (Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008).

22 Vgl. Husmann, Anke, 2001, S. 720. 23 Beim Warteckareal handelt es sich zwar nicht um eine eigentliche Themenimmobilie, der Zusammenhang

der Nutzungen findet auf einer sehr intellektuellen Ebene statt. Aber es bestehen doch gewisse Ähnlichkeiten: Es werden viele Nutzungen unter einem Dach vereinigt, und der Name „Werkraum Warteck pp“ erweckt den Eindruck, dass hier ein Projekt entsteht, obwohl es sich um viele Teilprojekte handelt.

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umzugehen und diesen stärker dem vorgegebenen Zweck durch bauliche Eingriffe unterzuordnen.”24 Beim Meilenwerk und beim Werkraum Warteck können mit den vielen verschiedenen Teilnutzungen die Bedürfnisse von Räumen und Nutzungen gut abgeglichen werden. Trotzdem sind die Projekte gut verständlich, weil sie je einem gemeinsamen Thema unterstellt sind. Dadurch entsteht jeweils eine einzige Marke, was das Verständnis der umgenutzten Immobilie erleichtert.

4.1.6 Zielgruppe mit Verständnis für das Denkmal

Jede Nutzung hat ihre Zielgruppe. Mit der Wahl einer neuen Nutzung wird demzufolge auch eine Zielgruppe gewählt, wenn dies in vielen Fällen auch nicht bewusst geschieht. Es gibt Nutzungen wie zum Beispiel Supermärkte oder Kinos (Beispiel Kulturbrauerei Berlin), die in der Regel ein breites Spektrum an Kunden ansprechen. Andere Nutzungen sprechen dagegen ein ganz spezifisches Kundensegment an: „Labels Berlin“ ist eine Art ständige Modemesse in einer ehemaligen Lagerhalle am Osthafen in Berlin, wo acht Designer ihre Showrooms haben und Ware an Einkäufer von Modehäusern verkaufen. In der ehemaligen Kesselschmiede des Sulzerareals in Winterthur (Halle 180) gehen Architekturstudenten der Zürcher Hochschule Winterthur ein und aus. Und das Meilen-werk Berlin wird vornehmlich von Oldtimerfreaks besucht.

Es stellt sich die Frage, inwiefern Zielgruppen den Denkmalwert unterstützen oder gefährden können. Bedingt durch ihr Hobby haben die Oldtimer-Fans ein Interesse an Verkehrsgeschichte und beschäftigen sich mit Fragen der Erhaltung. Wenn ihnen die Denkmaltheorie auch nicht geläufig ist, so befassen sie sich doch sehr häufig mit praktischen Fragen der Denkmalpflege, wie zum Beispiel mit der Frage „Reparatur oder Ersatz?“. Möglicherweise können deshalb die Oldtimer-Fans eine besondere Beziehung zum ehemaligen Strassenbahndepot aufbauen, die einer anderen Zielgruppe ver-schlossen wäre. Eine solche Beziehung könnte sich beispielsweise in einer besonderen Sorgfalt mit der vorhandenen Substanz äussern. Auch in der Warteck-Brauerei akzeptiert die Zielgruppe (Mieter und Kunden) den Denkmalcharakter – der niedrige Ausbau-standard und das Vorhandensein von Altersspuren sind hier Teil des Konzepts. Die Oldtimer-Fans im Meilenwerk und die Mieter und Besucher des Werkraums sind aus denkmalpflegerischer Sicht vermutlich besonders geeignete Zielgruppen für die beiden Denkmäler. Beide Fallbeispiele lassen vermuten, dass die Wahl der Zielgruppe ein wichtiger Teil der Nutzungsbestimmung ist, weil sie über die Beziehung der Nutzer zum Denkmal entscheidet und damit auch über den Umgang mit dem Denkmal.

In einem gesättigten Immobilienmarkt könnte die Ausrichtung von Immobilien auf eine bestimmte Zielgruppe in Zukunft an Attraktivität gewinnen.25 Lechner glaubt, dass die Ausrichtung auf wenige klar definierte Nutzerkreise im Prinzip nichts anderes ist als die

24 Rieseler, 2003, S. 221. 25 Vgl. Lechner: “Doch eine solche gezielte Ausrichtung auf einzelne Nachfragesegmente in Form einer

bewussten Nachfrage- oder Nutzerorientierung ist aus meiner Sicht der einzige erfolgsversprechende Weg für zukünftige Anbieter im Immobilienbereich.” (Lechner, 2006, S. 563).

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Übertragung der in vielen Unternehmen verfolgten Idee der Konzentration auf Kernkompetenzen in die konzeptionelle Planung.26 Ein vermehrtes Interesse an ziel-gruppenorientierten Immobilien könnte eine Chance für brachliegende Industriedenkmäler sein. Während sie sich zu einem grossen Teil wegen ihrer vorgegebenen Struktur für nutzungsneutrale Immobilien nicht besonders eignen (zum Beispiel Brauereibauten Warteck), lassen sie sich für eine passende, spezielle Zielgruppe vielleicht umnutzen. Die Ausrichtung auf eine Zielgruppe birgt allerdings auch eine Gefahr: Verändert sich die Zielgruppe oder fällt sie gar weg, so kann eine allzu nutzerspezifisch umgebaute Denkmalimmobilie schwer weiternutzbar sein.27 Die Stärke des Meilenwerks besteht aber gerade darin, dass trotz der Ausrichtung auf eine klar definierte Klientel dank dem (flexiblen und reversiblen) „Haus in Haus“-Konzept jederzeit ohne viel Aufwand eine ganz andere Nutzung einziehen könnte. Das Meilenwerk zeigt damit eine ideale Lösung: Es handelt sich um ein auf eine Zielgruppe klar ausgerichtetes Industriedenkmal, welches aber jederzeit einer „Drittverwendungsmöglichkeit“28 offen steht.

4.1.7 Fazit

Die Untersuchungen der Fallbeispiele Meilenwerk und Warteck haben gezeigt, dass zwischen Denkmal und neuer Nutzung eine Eignungsbeziehung entstehen kann, wenn...

– ...im Zusammenspiel zwischen Denkmal und Nutzung ein „Qualitätsüberschuss“ generiert wird, welcher sich beispielsweise durch grössere, höhere oder speziell geschnittene Räume und durch das Aufeinandertreffen von einem alten und einem neuen Ordnungsprinzip ergibt. „Qualitätsüberschuss“ nimmt der Nutzer als Aufent-haltsqualität wahr. Zwischen Nutzer und Denkmal kann dadurch eine wertvolle emotionale Bindung entstehen.

– ...nicht nur eine, sondern verschiedene Nutzungen angesiedelt werden. Die Ansiedlung von mehreren, aufeinander abgestimmten Nutzungen hat den Vorteil, dass die Nutzungen untereinander von Synergien profitieren können, so dass auch grosse Volumen, zum Beispiel Hallenbauten, umgenutzt werden können. Im Gegensatz zu Mononutzungen ermöglichen es zudem gemischte Nutzungen, auf die verschiedenen Ansprüche der einzelnen Räume Rücksicht zu nehmen, indem die einzelnen Nutzungen den Räumen so zugeteilt werden, dass die Ansprüche von Nutzung und Raum jeweils möglichst abgeglichen werden.

– ...die Zielgruppe (Nutzer und Kunden) bei der Wahl der Nutzung mitberücksichtigt wird. Sie ist ein wichtiges Merkmal der neuen Nutzung. Die Zielgruppe kann den Denkmalwert mehr oder weniger unterstützen beziehungsweise gefährden.

26 Lechner, 2006, S. 565. 27 Lechner: “Ein […] Strukturwandel kann die beste Strategie kostenträchtig zunichte machen, wenn

systemimmanent keine Ausweichmöglichkeiten eingebaut sind.” (Lechner, 2006, S. 564). 28 Begriff „Drittverwendungsmöglichkeit“ bei Halder-Hass, 2002 (A), S. 929.

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4.2 DER GEEIGNETE INVESTOR

Die Warteck Invest AG war aus dem Warteck Brauereiunternehmen hervorgegangen und nach der Stilllegung Eigentümerin der Warteckareale. Es handelt sich um ein rendite-orientiertes Unternehmen, welches sich auf dem Markt der Immobiliengesellschaften behaupten und seine Anleger zufrieden stellen muss. Das Ziel der Warteck Invest AG ist deshalb eine rentable Bewirtschaftung des Immobilienportfolios. Die Warteck Invest AG beschloss, die Areale zu behalten und trat als Investorin auf. Die auf dem Warteckareal gemäss Zonenplan maximal zulässige Ausnutzung erzeugte bei der Warteck Invest AG eine Erwartungshaltung bezüglich Rendite- und Wertsteigerungsmöglichkeiten. Mit den ersten beiden Projekten versuchte die Warteck Invest AG die zulässige Ausnutzung auf dem Areal möglichst auszuschöpfen. Möglicherweise sah sie von den beiden Projekten von Suter & Suter unter anderem ab, weil sie die maximal mögliche Bruttogeschossfläche nicht erreichten. Sie plante schliesslich ein Projekt, welches auch den Erhalt von Brauereibauten vorsah, die sie ursprünglich nicht erhalten wollte. Die unfreiwillige Denkmaleigentümerin wurde für diese Haltung durch einen Nutzungstransfer entschädigt, wodurch etwa gleich viel ertragbringende Bruttogeschossfläche ermöglicht wurde, wie bei den ersten beiden Projekten entstanden wäre. Im Gegenzug sollten im Brauereidenkmal nur kulturelle Nutzungen angesiedelt werden, welche in kommerziell bewirtschafteten Liegenschaften nicht untergebracht werden können. Weil als Folge davon das Denkmal keine Rendite mehr abwerfen konnte, verlor die Warteck Invest AG ihr Interesse am Industriedenkmal ganz und schenkte es schliesslich der Stiftung Kulturraum Warteck.

Das Fallbeispiel Warteck wirft die Frage auf, wer der geeignete Eigentümer beziehungsweise Investor eines Industriedenkmals ist und was der Anspruch des Eigentümers oder des Investors sein darf, ohne dass das Denkmal darunter leidet.29 Eine mögliche Folge von zu hohen Erwartungen an das Denkmal kann die Übernutzung sein, so wie etwa im Fall der Brauerei Hürlimann in Zürich: Hier wurden die erhaltenen Altbauten bis auf den letzten Quadratmeter ausgebaut. Aber auch Beschädigungen, mutwillige Zerstörungen, Belastungen des Raumklimas können Folgen von Übernutzung sein.30 Hohe Erwartungen können aber auch zu einem Abriss führen: So wurde das Gründerhaus der Textilfirma Heberlein in Wattwil abgerissen, weil ein der Gemeinde interessant erscheinender Investor einen Neubau erstellen wollte. Dieser zog sich aber schliesslich zurück, und an der Stelle des Gründerhauses entstand ein Einkaufszentrum von Aldi.31 Ist ein Objekt gesetzlich geschützt, so dürfte man glauben, dass ihm kein

29 Die Bezeichnung „Investor“ wird hier dem Begriff „Eigentümer“ vorgezogen, weil es hier vor allem um die Ansprüche gehen soll, die sich auf Grund eines Kapitaleinsatzes ergeben (Renditen). Damit entsteht auch ein begrifflicher Unterschied zum ursprünglichen „Eigentümer“, welcher nicht unbedingt auch der neue Eigentümer sein muss. Mit der Begriffswahl soll im Weiteren dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im folgenden Fallbeispiel Gundeldinger Feld sowohl die Grundeigentümerin als auch die Baurecht-nehmerin (Gundeldinger Feld AG und Kantensprung AG) als Investoren massgeblich für das Geschehen auf dem Areal verantwortlich sind. Wo Literatur zum „Eigentümer“ oder „Best Owner“ herangezogen wird, wird von „Eigentümern“ die Rede sein.

30 Siehe Beyer, 1992, S. 51/52. 31 Vortrag von Pierre Hatz, Leiter der Kantonalen Denkmalpflege St. Gallen, im Rahmen des ICOMOS

Kolloquiums an der ETH Zürich, 13.1.2006.

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solches Schicksal widerfahren kann, sondern dass es bestmöglich erhalten wird, egal wer der Eigentümer beziehungsweise der Investor ist und was seine Ansprüche sind.32 Die Praxis zeigt aber, dass es sehr wohl darauf ankommt, wer der Eigentümer oder Investor ist. Je nach Eigentümer beziehungsweise Investor kann es durchaus Unterschiede im Umgang mit dem Denkmal geben.33 So stellt Schmidt zum Beispiel fest, dass es für ein Denkmal entscheidend sein kann, ob es sich in privater oder in öffentlicher Hand befindet.34 Die Frage des geeigneten Eigentümers oder Investors wurde aber bisher in der Denkmalpflege nicht so sehr diskutiert.35 Ein interessanter Ansatz zur Beantwortung der Frage findet sich hingegen bei den Ökonomen: Das sogenannte Best-Owner-Prinzip, welches von CUREM (Center for Urban and Real Estate Management) als eigenes, integratives Managementmodell entwickelt wurde, geht davon aus, dass Immobilien-eigentümer über verschiedene Fähigkeiten verfügen, aus einer bestimmten Immobilie Wert zu schöpfen. Die wertvollste Nutzung einer Liegenschaft findet dann statt, wenn sie ihren „Best Owner“, den am besten zu ihr passenden Eigentümer gefunden hat.36 Es gibt daher keine „schlechten“ Immobilien, sondern nur ungeeignete Eigentümer. Das Best-Owner-Prinzip versteht den Eigentümer als „Added Value“37. Ob ein Eigentümer der Best-Owner für eine Immobilie ist, lässt sich schwer feststellen. Der beste Test ist zu untersuchen, ob ein anderer Eigentümer einen höheren Wert generieren kann als der bestehende. Dies ist aber äusserst schwer zu beurteilen und mit grosser Subjektivität verbunden.38 Das Best-Owner-Prinzip von CUREM basiert auf dem St. Galler Management-Modell, welches aus den 60er Jahren stammt und seither stetig weiterentwickelt wurde.39 Demnach lassen sich die Eigenschaften von Eigentümern (beziehungsweise Unter-nehmen) in drei Bereiche aufteilen: Strategie, Struktur und Kultur. Die drei Bereiche sollen hier ganz kurz vorgestellt werden:

32 „Von der Sache her gesehen dürfte es eigentlich keinen Unterschied machen, in wessen Händen sich ein Baudenkmal befindet – schließlich sollten in der Theorie alle geschützten Objekte bestmöglich erhalten werden, gleichgültig wer der Eigentümer ist.“ (Schmidt, [1992], S. 57).

33 Zu den diversen möglichen Investoren (private Investoren, institutionelle Investoren, Unternehmen und öffentliche Hand) und deren Ziele siehe zum Beispiel Darstellung von Bone-Winkel, Isenhöfer und Hofmann, 2005, S. 267.

34 Schmidt, [1992], S. 57. 35 Mit dem Thema hat sich die Doppeltagung 1992 des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz zu

den privaten und öffentlichen Eigentümern befasst (dazu die beiden im Rahmen der Tagungen erschienenen Publikationen), ausserdem die Studie zu Gewerbeimmobilien in Berlin (Halder Hass, Haspel und Lorenz (Hrsg.), 2002), in der Schweiz Suter (Suter, 2007); zu den unterschiedlichen Organisationsformen: Institut für Neue Industriekultur INIK (Hrsg.), 2007, S. 58-67.

36 Loepfe, 2004, S. 67; siehe auch Loepfe, Andreas, “Investieren: mit Fachwissen den Mangel bekämpfen”, in: Handelszeitung, 1.11.2006. Ein analoger Gedanke findet sich auch bei McKinsey: Der „Natural Owner“ fügt einem Unternehmen bei vielen Wettbewerbern am Markt den höchsten Gewinn zu. (Carlesi, Verster und Wenger, 2007, S. 2).

37 Loepfe, 2004, S. 67. 38 Carlesi, Verster und Wenger, 2007, S. 3. 39 Das St. Galler Management-Modell wurde an der Hochschule St. Gallen unter der Leitung von Hans Ulrich

entwickelt.

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– Die Strategie ist die Grundlage für den langfristigen Erfolg. Sie muss Auskunft zu fünf Themenkomplexen geben: 1. Relevante Anspruchsgruppen, das heisst Ziel-gruppen, Zielmärkte auf der Abnehmer- und Beschaffungsseite, am Arbeits- und Kapitalmarkt. 2. Leistungsangebot und gestifteter Nutzen, das heisst Fragen des Preissegments. 3. Fokus der Wertschöpfung, das heisst Fragen der Konzentration des Unternehmens und Fragen des Outsourcing. 4. Bestimmung der Koopera-tionsfelder und Kooperationspartner. 5. Fähigkeiten und Kernkompetenzen. Die Strategie legt zudem die Vorgehensweise fest.

– Strukturen sind Ausdruck von Ordnung und Organisation. Es wird zwischen der Aufbaustruktur und der Ablaufstruktur unterschieden.

– Die Kultur schafft einen gemeinsamen Sinneshorizont. Wichtige Elemente der Kultur sind Normen und Werte, Einstellungen und Haltungen, Geschichten und Mythen zu wichtigen Veränderungen, Denk- Argumentations- und Interpretations-muster, Sprachregelungen etc.40

Unternehmen lassen sich anhand dieser Bereiche charakterisieren und unterscheiden. Die Beschreibung von Eigentümern anhand dieses Modells eignet sich auch für den Denkmalimmobilienbereich, wie Suter bereits gezeigt hat: Suter versucht mit ihrer Studie anhand von zehn Fallbeispielen die Frage zu beantworten, ob das Best-Owner-Prinzip ein Potenzial für die Optimierung der Baudenkmalerhaltung bietet und ob sich daraus neue Handlungsansätze ableiten lassen.41 Sie beschreibt die Denkmaleigentümer der gewählten Fallbeispiele anhand der drei Bereiche.

Anhand des nun folgenden Umnutzungsbeispiels soll die Frage des geeigneten Investors diskutiert werden. Vorgestellt wird die Umnutzung Gundeldinger Feld. Die Umnutzung der ehemaligen Maschinenfabrik der Sulzer Burckhardt AG in Basel scheint ein besonders interessantes Beispiel zu sein, weil hier der Eigentümer beziehungsweise Investor besonders gut zum Denkmal zu passen scheint und weil hier eine dem Warteckbeispiel ähnliche, kulturelle und quartierbezogene Nutzung rentabel betrieben wird. Der Eigentümer beziehungsweise Investor wird mit Hilfe des St. Galler Management-Modells beschrieben.

40 Darstellung der drei Bereiche gemäss Rüegg-Stürm, 2003, S. 39-63. 41 Suter, 2008, S. 4.

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4.2.1 Die Gundeldinger Feld Immobilien AG und die Kantensprung AG

STRATEGIE

Das Umnutzungskonzept des heute umgenutzten Maschinenfabrik-Areals der Firma Sulzer Burckhardt AG in Basel stammt von drei Initianten und Initiantinnen, welche im Quartier wohnten und zum Teil auch hier aufwuchsen.42 Ihr Konzept hat zwei Schwerpunkte: Quartiernutzung und Nachhaltigkeit. Im Quartier Gundeldingen gab es damals kein Quartierzentrum; die Bibliothek war beispielsweise auf mehrere Wohnungen verteilt, und das Familienzentrum befand sich in einem Hinterhaus. Die Forderung nach Nachhaltigkeit entstand aus einer ökologischen Motivation heraus: Die bestehende Bausubstanz sollte erhalten bleiben, damit die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden konnten (graue Energie, niedrige Kosten). Die Räumlichkeiten sollten dem Konzept entsprechend an verschiedene Nutzer mit einem Angebot für das Quartier oder mit sozialer und ökologischer Ausrichtung vermietet werden.43

Abb. 4.5: Grundriss Gundeldinger Feld. Die Bausubstanz wurde zu einem grossen Teil erhalten: Abgerissen wurden die Hallen Nr. 3, 6 und 9, ihre Skelette blieben aber stehen. Abb. 4.6: Skelett der abgerissenen Halle 9, links denkmalgeschützte Halle 8.

42 Initiant(inn)en: Barbara Buser, Irene Wigger, Eric Honegger. 43 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008.

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STRUKTUR

Als Sulzer Burckhardt in der Zeitung den Arealverkauf ankündigte, hatten die drei mittellosen Initiant(inn)en die Absicht, die Liegenschaft zu kaufen. Ihr Konzept basierte zu diesem Zeitpunkt auf Luftaufnahmen, keiner hatte das Areal je von innen gesehen. Sie „hausierten“ mit ihrem Konzept bei potenziellen Investoren, bei Privatpersonen und Institutionen, wobei sie sich auf ihr Netzwerk stützten. Es fanden sich schliesslich sechs Investoren, drei Private und drei Pensionskassen.44 Die sechs Parteien schlossen sich zur Gundeldinger Feld AG zusammen mit einem Aktienkapital von CHF 14 Mio. Die Sulzer Immobilien AG verkaufte der Investorengruppe das Areal für CHF 12.3 Mio.45 Sowohl die Privaten als auch die Institutionen liessen sich von den Initiant(inn)en auf der sozialen Ebene überzeugen, was aber nicht bedeutet, dass ihre Renditeansprüche gering sind. Die Investoren erwarten heute einen Baurechtszins von 5% (gestaffelter Zinssatz: anfänglich nur 2.5%, um dem Projekt den Anfang zu erleichtern, später alle zehn Jahre Anpassung an die wirtschaftliche Situation). Nebst der Rendite erwartet die Investoren-gruppe die Umsetzung des Projektes, Nachhaltigkeit, Transparenz, regelmässiges Reporting und Erwähnung ihres Namens.46

Parallel zur Gründung der Gundeldinger Feld AG gründeten die Initiant(inn)en - unterdessen fünf Personen - die Kantensprung AG mit einem kleinen Aktienkapital von CHF 100'000.47 Zwischen der Gundeldinger Feld AG und der Kantensprung AG wurde ein Baurechtsvertrag abgeschlossen mit der Kantensprung AG als Baurechtnehmerin. Die Baurechtslösung erleichterte der Kantensprung AG die Aufnahme einer Hypothek für die Umnutzung. Mit der Lösung der Gundeldinger Feld AG als Grundeigentümerin und der Kantensprung AG als Betreiberin werden die Zuständigkeiten klar geregelt. Für die Kantensprung AG bietet die Baurechtslösung heute allerdings wenig Flexibilität bei der Planung von neuen Projekten: Weil die Investorengruppe an anderen Umnutzungen nicht interessiert ist, musste die Kantensprung AG für weitere Umnutzungsprojekte, welche sie nach der Umnutzung des Gundeldinger Feldes in Angriff nahm, immer wieder neue Firmen gründen.48

44 A. + R. Soiron, R. Bossert, B. + U. Zschokke, Basellandschaftliche Pensionskasse, Abendrot Pensionskasse, Pensionskasse des Gewerbeverbandes (gemäss Management Summary Kantensprung AG (www.prixevenir.ch, Stand September 2008)). Die Basellandschaftliche Pensionskasse ist inzwischen ausgestiegen, wurde aber nicht durch ein neues Mitglied ersetzt.

45 Im Gegensatz zu anderen Bewerbern konnte die Gundeldinger Feld AG sofort bezahlen. (Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008). Die Sulzer Immobilien AG zog die Nutzung als Quartierzentrum offenbar einer Nutzung als Einkaufszentrum vor, welche auch zur Diskussion stand. Mit der Wahl dieses Umnutzungsprojekts erreichte die Firma Sulzer, dass ihr Name im Quartier weiterhin positiv besetzt blieb. (Vgl. Suter, 2007, S. 39).

46 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008; Management Summary Kantensprung AG (www.prixevenir.ch, Stand September 2008).

47 Je CHF 10'000 pro Aktionär(in) und Beitrag der Scheidegger-Thommen-Stiftung von CHF 50'000. Aktionärinnen und Aktionäre: B. Buser, I. Wigger, E. Honegger, M. Scheurer, P. Biedermann (Management Summary Kantensprung AG (www.prixevenir.ch, Stand September 2008)).

48 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008.

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Abb. 4.7: Struktur Gundeldinger Feld.

KULTUR

Die persönliche Herkunft und die Lebenserfahrungen der Initiant(inn)en sind entscheidend für die Kultur im Gundeldinger Feld. Alle drei Initiant(inn)en sind Architekt(inn)en. Durch die Tätigkeit in der Entwicklungshilfe in Afrika (Buser in Sudan und Tansania und Honegger in Ruanda und Tansania) und in sozialen und ökologischen Projekten in der Schweiz (Wigger ist Mitbegründerin des Familienzentrums Basel, Buser gründete den Verein „Bauteilnetz Schweiz“, heute Dachverband von über 20 Bauteilbörsen) setzten sie sich jeweils mit ökologischen und sozialen Grundwerten auseinander. Dadurch entstand ein gemeinsamer Sinneshorizont. Die Werte, welche heute auf dem Areal gelebt werden, sind zurückzuführen auf die drei Initiant(inn)en, werden aber auch von der Gundeldinger Feld AG getragen. Der soziale und ökologische Grundgedanke ist auf dem Areal auf Schritt und Tritt zu erkennen: Unter den Nutzern befinden sich das Familienzentrum, das Jugendkulturzentrum, die Pro Natura, der WWF. An den Hauswänden finden sich Nistkästen, an der Fassade zur Bruderholzstrasse hin durften Kinder die Mauern bemalen (siehe Abb. 4.8 und Abb. 4.9). Ursprünglich wäre es von Gesetzes wegen möglich gewesen, die Gebäude abzureissen und eine Überbauung mit einer doppelt so hohen

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Ausnützungsziffer zu erstellen.49 Die Gundeldinger Feld AG war aber bereit, dem Konzept der Initiant(inn)en zu folgen, die bestehenden Gebäude zu erhalten und auf die zusätzlichen 12’000m2 Nutzfläche zu verzichten.50 Das Erhaltungskonzept bot den Investoren nebst dem ökologischen Vorteil auch eine grosse Planungssicherheit und versprach eine zügige Umsetzung. Weil der Rohbau schon vorhanden war, sollten Baukosten gespart werden, was es ermöglichen sollte, die Mieten tief zu halten. Im Übrigen sah man in den vorhandenen Räumen Qualitäten, wie sie bei einem Neubau nicht zu finden sind. Im Fall Gundeldinger Feld ist die Eigentümerin beziehungsweise die Investorin nicht nur an der Rendite interessiert, sondern sie hat auch ein echtes Interesse an der Sache. Sie fühlt sich mit dem Projekt verbunden, sie setzt sich ab und zu ins Restaurant auf dem Areal, sie ist lokal, nahe.51

Abb. 4.8: Ökologisches Konzept für jedermann verständlich. Abb. 4.9: Ökologisches Konzept überall auf dem Areal spürbar: Nistkästen über den Fenstern von Pro Natura.

4.2.2 Einschätzung der Umnutzung Gundeldinger Feld

Das Gundeldinger Feld ist aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht eine gelungene Umnutzung:

– Im Gundeldinger Feld konnte ein ehemaliges Industrieareal fast vollständig erhalten werden. Damit wird die Erinnerungsmöglichkeit gefördert. Durch die Öffnung des Areals auf drei Arealseiten wird es gleichzeitig mit dem Quartier räumlich verbunden. Die neue quartierbezogene Nutzung trägt viel zur funktio-nalen und sozialen Vernetzung im Quartier bei.

49 Zone 4, mit 75% Wohnanteil; die heute unter Denkmalschutz stehende Halle war damals noch nicht geschützt, das heisst, man hätte auch diese abreissen können.

50 Für diese Entscheidung war auch wichtig, dass der Wohnanteil von 75% bei einem Neubau als zu hoch eingeschätzt wurde.

51 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008; Management Summary Kantensprung AG (www.prixevenir.ch, Stand September 2008).

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– Mit Ausnahme von wenigen Hallen, die zur Ausdünnung abgerissen wurden, konnte die ganze Bausubstanz erhalten werden. Die Skelette der abgerissenen Hallen blieben stehen und erinnern an die fehlenden Bauten (siehe Abb. 4.5 und Abb. 4.6). Anders als bei einer Fragmentlösung (Warteckareal) ist bei der hier angewandten Ausdünnstrategie die ursprüngliche Situation heute auf dem Areal noch ablesbar.52 Weil erhalten wurde, was noch brauchbar war, sind noch viele Altersspuren vorhanden, die von der ehemaligen Nutzung erzählen: Kranbahnen, Lavabos, sogar Kisten mit der Aufschrift „Sulzer“...(siehe Abb. 4.8).

– Gleichzeitig ist das Umnutzungsprojekt sehr rentabel: Für das Jahr 2007 wurde bereits eine Bruttorendite von 8% erreicht.53 Das Gundeldinger Feld erhielt den Prix Evenir 2003 für Nachhaltigkeit, welcher von der Erdöl-Vereinigung vergeben wird. Grund für die Auszeichnung waren die klaren Visionen, die Risikobereitschaft und die nachhaltige Quartierplanung mit Vorzeigecharakter.54

Der Abgleich der Ansprüche zwischen Denkmal und Investor scheint hier gelungen zu sein. Es soll nun im Folgenden der Frage nachgegangen werden, was die entschei-denden Faktoren für diesen Erfolg sind.55

4.2.3 Massgeschneiderte Strategie, Struktur und Kultur

Bei der Gundeldinger Feld AG handelt es sich um einen für das Areal „massgeschneiderten“ Investor. Die Mitglieder der Aktiengesellschaft fanden sich eigens für die Umnutzung des Areals zusammen. Es handelt sich um einen freiwilligen Investor, im Gegensatz etwa zur Warteck Invest AG, welche das Areal – unfreiwillig - als Erbin übernahm. Strategie, Struktur und Kultur des Investors konnten demnach auch speziell für diese Umnutzung entwickelt werden und passen deshalb zum Sulzer Burckhardt-Areal:

– Die gewählte Strategie beruht ausdrücklich darauf, die historische Substanz ins Zentrum zu stellen und sie aktiv in Wert zu setzen.56 Im Gegensatz zum Warteckareal wird nicht nur ein kostendeckender, sondern ein rentabler Betrieb angestrebt. Und im Gegensatz zu der etwas unklaren Strategie der Stiftung Kulturraum Warteck, was sich etwa bei der Nutzungssuche des noch brach-liegenden Malzsilos zeigt, hat die Kantensprung AG klar formulierte Ziele.57

52 Vergleiche Beurteilung der Fragmentlösung im Kapitel “Verstandesmässiger Denkmalzugang – Denkmalverständnis”.

53 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008. 54 Kissling-Näf, 2005, S. 81; www.prixevenir.ch, Stand September 2008. 55 Für das Gelingen der Umnutzung sind viele Faktoren verantwortlich. An dieser Stelle wird auf den Investor

eingegangen, im nächsten Kapitel wird vom Ausbaustandard und Investitionsgrad die Rede sein, später von der Finanzierung.

56 Suter hält dies für eine wichtige Bedingung für eine erfolgreiche Umnutzung. (Suter, 2007, S. 45). 57 Gemäss Suter fehlt bei vielen Non-Profit-Organisationen eine klare Strategie. (Suter, 2007, S. 4).

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– Die gewählte Struktur trennt klar zwischen Eigentum und Betrieb, was in der Immobilienbranche im Allgemeinen dem Trend entspricht. Wie auch beim Warteck Brauereikomplex kümmert sich die eine Partei um den langfristigen Erhalt der Gebäude, die andere um den Betrieb. Im Gegensatz zu den Initianten im Warteckareal, welche das Projekt für die eigene Nutzung planten, betreibt die Kantensprung AG das Areal für andere, welche die einzelnen Räume mieten. Dadurch ist die Struktur noch klarer als im Warteckareal. Während die Form der Stiftung in der Brauerei Warteck eine über die im Moment beteiligten Personen hinausreichende Beständigkeit bietet, was für die Existenz von Baudenkmälern geeignet ist, ist die Aktiengesellschaft im Gundeldinger Feld vermutlich für einen erfolgreichen Betrieb geeignet.58

– Die hier vorhandene Kultur zeichnet sich aus durch kulturelles Verständnis und emotionale Verbundenheit:59 Die Initiant(inn)en des Gundeldinger Feldes bringen als Architekt(inn)en das notwendige Verständnis für die historische Bausubstanz, als Bewohner des Gundeldinger Quartiers das notwendige Engagement mit. Die Mitglieder der Gundeldinger Feld AG interessieren sich nicht nur für die Rendite, sondern identifizieren sich auch mit dem Inhalt des Projekts.60

Das Fallbeispiel Gundeldinger Feld zeigt, dass Denkmäler auch eine hohe Rentabilität aufweisen können, ohne dass das Denkmal darunter leiden muss. Voraussetzung dafür ist, dass Strategie, Struktur und Kultur des Investors zum Denkmal passen.

4.2.4 Interesse an kommerzieller Wertschöpfung und Wertschätzung

Das bereits diskutierte „Best-Owner-Prinzip“ von CUREM geht davon aus, dass derjenige der beste Eigentümer einer Immobilie ist, welcher den meisten Nutzen aus der Immobilie ziehen kann.61 Im Kapitel „Ökonomische Beurteilungskriterien“ wurde darauf hinge-wiesen, dass sich der Wert eines Denkmals aus zwei Teilen zusammensetzt, nämlich einerseits aus der kommerziellen Wertschöpfung, anderseits aus der Wertschätzung. Während sich die kommerzielle Wertschöpfung aus einem Nutzen ergibt, die dem Ort entnommen werden kann, ergibt sich die Wertschätzung aus einer Summe von Dienstleistungen, welche ein Ort erbringt, ohne dass finanzielle Transaktionen statt-finden.62 Aus diesen beiden Feststellungen lässt sich folgern, dass bei der Frage, ob es sich um einen geeigneten Eigentümer beziehungsweise Investor eines Denkmals handelt,

58 Vgl. Suter, 2007, S. 48. 59 Suter hält kulturelles Verständnis und emotionale Verbundenheit bei Denkmaleigentümern für

unabdingbar. (Suter, 2007, S. 45/46). 60 Im Gegensatz zur Investorin des Gundeldinger Feldes konnte im Fall Warteck die Warteck Invest AG diese

entscheidende Freude am Denkmal nicht aufbringen. Deshalb war die Schenkung an die Stiftung Kulturraum Warteck sicher eine sinnvolle Lösung.

61 Loepfe, Andreas, “Investieren: mit Fachwissen den Mangel bekämpfen”, in: Handelszeitung, 1.11.2006. 62 Siehe Kapitel “Ökonomische Beurteilungskriterien”.

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sowohl seine kommerzielle Wertschöpfung als auch seine Wertschätzung berücksichtigt werden sollten.

Während die Warteck Invest AG versucht hatte, die gemäss Zonenplan zulässige Ausnutzung auf dem Warteckareal möglichst auszuschöpfen und schliesslich dazu bereit war, ein grösseres Industriedenkmal stehen zu lassen, weil sie dafür durch einen Nutzungstransfer entschädigt wurde, verzichteten die Investoren im Fall des Gundeldinger Feldes von sich aus auf ca. 12'000m2 zusätzliche Bruttogeschossfläche, die bei einem Abbruch der alten Bausubstanz und einer Neuüberbauung möglich gewesen wären. Der Verzicht auf die Ausschöpfung der möglichen Ausnutzung auf dem Areal stellte für sie keinen Verlust dar. Sie sahen im Gegenteil in der alten Substanz eine Qualität, die sie sich zu Nutzen machen wollten. Sie profitierten einerseits von einem Qualitätsüberschuss, welcher sich durch das Zusammenspiel von neuer Nutzung und alter Bausubstanz ergibt, anderseits durch die Verstärkung des Bedeutungsüberschusses der zu einem grossen Teil quartierbezogenen Nutzung durch das Denkmal. Ob es sich bei der Gundeldinger Feld AG (Arealeigentümerin) und der Kantensprung AG (Baurechtnehmerin) um die geeignetsten Investorinnen handelt, ist nicht festzustellen, einerseits, weil, wie bereits erwähnt, ein Vergleich mit anderen möglichen Investoren schwierig ist, und anderseits, weil die Wertschätzung kaum quantifizierbar ist.63 Es handelt sich aber um Investorinnen – und dies scheint entscheidend zu sein –, welche sowohl an einer kommerziellen Wertschöpfung als auch an einer Wertschätzung Interesse haben.

4.2.5 Verantwortungsbewusstsein

Besonders hervorgehoben werden soll hier noch ein weiterer Faktor, welcher für das Gelingen der Umnutzung verantwortlich ist: das soziale und ökologische Verantwortungs-bewusstsein des Investors. Es ist beim Gundeldinger Feld Teil der Kultur und schlägt sich auch in der Strategie nieder. Der grosse Respekt, welchen die Investoren ihrer Umwelt entgegenbringen, ist nicht selbstverständlich. Suter stellt fest, dass im Gundeldinger Quartier andere Vorgehensweisen durchaus üblich sind: „Die Erhaltung des Areals ist umso bemerkenswerter, als der Nutzungsdruck relativ hoch ist, wie der Abbruch ähnlicher Industriekomplexe in der Nachbarschaft zeigt.“64.

Lampugnani beschreibt in seinen Essays zu Stadt, Architektur und Design das Bild des „neuen Menschen“, welches wir als Bild des idealen Investors verstehen können: „Wir glauben, daß auch wir auf einen neuen Menschen zählen können: ähnlich dem, den die Meister der klassischen Moderne vor Augen hatten, aber ihm nicht gleich. Ein Mensch, der an das Ideal der sozialen Gerechtigkeit als Voraussetzung für Frieden und Wohlstand glaubt und bereit ist, die Reichtümer unserer Welt mit seinen Nachbarn zu teilen. Der den

63 Verwendet werden sehr aufwändige und fragwürdige Methoden, siehe Kapitel “Ökonomische Beurteilungskriterien”.

64 Suter, 2007, S. 39. Die Gundeldinger Feld AG hätte die Liegenschaft wahrscheinlich nicht für die heutige Nutzung erstehen können, wenn die Ausnützungsziffer um einiges höher angesetzt gewesen wäre, weil dann der Landpreis durch andere potenzielle Investoren in die Höhe getrieben worden wäre.

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Fortschritt der Technik bejaht, ohne deshalb zu versäumen, die daraus entstehenden Folgen für das Leben des Menschen und das Schicksal unseres Planeten aufmerksam abzuwägen.“65 Lampugnani beschreibt also einen Investor mit Verantwortungs-bewusstsein, der soziale und ökologische Werte vertritt – es könnte sich bei dieser Beschreibung eines idealen Investors um die Investoren im Gundeldinger Feld handeln. Doch solche Investoren sind selten. Auch Lampugnani hält fest: „Ein Mensch, kurz gesagt, den es bislang in nur ganz wenigen Exemplaren gibt.“66 Dass es nicht gut steht um das Image der Immobilienwirtschaft, ist der Branche bekannt. Bezeichnungen wie „Immobilienhaie“ oder „Baulöwen“ drücken den Unmut in der Bevölkerung aus über das eigennützige Verhalten von Investoren.67 Es stellt sich deshalb die Frage, wie man Investoren dazu bringen kann, Verantwortung für ihre Umwelt zu übernehmen. Diese Frage kann hier nicht abschliessend beantwortet werden. Dennoch sollen im Folgenden ein paar Überlegungen dazu angestellt werden:

Die Vattenfall (ehemals Bewag) in Berlin ist eine Denkmaleigentümerin, welche ein besonders grosses Engagement zeigt im Umgang mit ihren Denkmälern. Seit Jahren versucht die Immobilienabteilung der Firma, ihre nicht mehr genutzten Gebäude der Stromversorgung entweder selbst umzunutzen oder zur Umnutzung zu verkaufen.68 Die Firma begründet ihre Anstrengungen damit, dass sie als ein in Berlin verwurzeltes Unternehmen ein Verantwortungsgefühl für die Stadt habe, dass die sorgsame Pflege der Gebäude eine Tradition des Unternehmens sei, dass ihr Verhalten positive Auswirkungen auf das Image der Firma habe und dass es sich schliesslich beim Umgang mit den Denkmälern um eine wirtschaftlich darstellbare Grösse handle.69 Die Begründung zeigt, dass das Engagement der Vattenfall für ihre alte Bausubstanz nicht nur selbstlos ist, sondern dass sich im Gegenteil ihre Bemühungen durchaus auch auszahlen.

Diese Erkenntnis scheint aber entweder nicht bei allen Investoren bekannt oder aber doch nicht für jeden Fall gültig zu sein. Deshalb reicht das Vertrauen darauf, dass ethisches Verhalten sich auszahlt und deshalb auch angewendet wird, nicht. Andere Lösungen müssen gesucht werden: In der Sprache der Ökonomen geht es bei der Motivation, sich auch um die Interessen anderer zu kümmern, um die „Internalisierung von Externalitäten“. Gemeint ist damit, dass Anreize zu schaffen sind, die dafür sorgen, dass Menschen darauf achten, was ihre Handlungen für Folgen auf andere haben. Die Lösungen können entweder politisch (zum Beispiel Vorschriften) oder marktwirtschaftlich sein.70 Dass die politische Lösung, nämlich der gesetzliche Schutz, einen sorgsamen Umgang nicht unbedingt garantieren kann, haben wir schon am Anfang des Kapitels festgestellt. Mögliche marktwirtschaftliche Anreize könnten im Fall der Denkmalerhaltung moralische

65 Magnago Lampugnani, 1995, S. 101. 66 Magnago Lampugnani, 1995, S. 102. 67 Schulte und Kolb, 2005, S. 93. 68 Mehr zum Beispiel der Bewag-Abspannwerke in den Kapiteln „Die Herstellung von Planungssicherheit“,

„Die Steigerung der Standortattraktivität“, „Die spezielle Rolle des Architekten“. 69 Gespräch mit Andreas Dierkes, Leiter Immobilienverwaltung, und Christina Keseberg, Vattenfall, Berlin,

21.2.2008. 70 Mankiw, 2004, S. 209-215. Siehe auch Kapitel “Ökonomische Beurteilungskriterien”.

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Codes oder soziale Sanktionen sein. Denkbar wäre beispielsweise ein Label für Investoren wie “Unternehmen mit Sinn für kulturelles Erbe”.71 Tatsächlich versucht die Immobilienbranche, ihre Reputation durch die Schaffung von Institutionen mit Verhaltenskodex zu stärken. Dazu gibt es bereits einige Ansätze, bei welchen gemeinsame Grundsätze aufgestellt werden oder ein Zertifikat oder Gütesiegel vergeben wird, so zum Beispiel der Ring Deutscher Makler, die „Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft e.V.“, RICS (Royal Institution of Chartered Surveyors) in Grossbritannien und ULI Code of Ethics (Urban Land Institute) in den USA. ULI kommt den Anliegen der Denkmalpflege sehr nahe: Die Mitglieder von ULI stammen aus den Bereichen Planung, Entwicklung, Sanierung von Wohngebieten, Geschäftsvierteln und gemischt genutzten Quartieren. Ziel von ULI ist die verantwortliche Entwicklung umweltgerechter Konzepte für die Flächennutzung. Dabei finden ökologische, ökono-mische und soziale Aspekte gleichermassen Beachtung. Der Code of Ethics enthält zehn Punkte, die sich mit dem Thema Respekt beschäftigen, unter anderem geht es um die Auswirkungen baulicher Vorhaben auf die Umwelt und die Ressourcen zukünftiger Generationen. ULI organisiert auch eine Sustainable Cities Conference und vergibt einen Award. Da ULI keine Sanktionen vorsieht, ist die Durchsetzungskraft allerdings beschränkt.72

Die Immobilienbranche stellt fest, dass zu viele Investoren zu wenige Best-Owner-Qualitäten aufweisen. Investoren müssen immobilienspezifische Managementfähigkeiten aufbauen.73 Und für den Umgang mit Denkmälern müssen sie insbesondere soziale und ökologische Denkweisen erlernen. Dass es sich dabei nicht um eine Fähigkeit handelt, die für Immobilienfachleute völlig neu wäre, zeigt der Umstand, dass sich der soziale und ökologische Anspruch in der im deutschsprachigen Raum verbreiteten Definition von Diederichs für „Projektentwicklung“ wiederfindet: „Durch Projektentwicklung sind die Faktoren Standort, Projektidee und Kapital so miteinander zu kombinieren, dass einzelwirtschaftlich wettbewerbsfähige, arbeitsplatzschaffende und –sichernde sowie gesamtwirtschaftlich sozial- und umweltverträgliche Immobilienobjekte geschaffen und dauerhaft rentabel genutzt werden können“.74 Der Anspruch, sozial und ökologisch zu handeln, müsste also bei jedem einzelnen Projektentwickler von Berufes wegen vorhanden sein.

71 Ähnliche Vorschläge macht Suter: Sie schlägt vor, dass Käufer von Schutzobjekten Inhaber von Patenten sein müssen, die beweisen, dass sie über das nötige Verständnis und die Erfahrung verfügen. Oder aber sie haben die Verpflichtung, mit bestimmten Architekten zusammenzuarbeiten. (Suter, 2007, S. 55).

72 Zu den verschiedenen Ansätzen siehe Schulte und Kolb, 2005, S. 91-113; ausserdem: www.uli.org, Stand Januar 2009.

73 Loepfe, Andreas, “Investieren: mit Fachwissen den Mangel bekämpfen”, in: Handelszeitung, 1.11.2006. 74 Diederichs, 1994, S. 43.

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4.2.6 Fazit

Die Untersuchungen des Fallbeispiels Gundeldinger Feld und Warteck, basierend auf dem Best-Owner-Prinzip von CUREM und den Erkenntnissen von Suter, haben gezeigt, dass zwischen Denkmal und Investor (beziehungsweise Eigentümer) eine Eignungs-beziehung entstehen kann, wenn Strategie, Struktur und Kultur des Investors/Eigen-tümers zum Denkmal passen:

– Die Strategie scheint dann gut zum Denkmal zu passen, wenn Erhalt und Inwertsetzung der bestehenden Substanz im Zentrum des Umnutzungskonzepts stehen.

– Die Struktur scheint dann gut zum Denkmal zu passen, wenn sie dafür sorgt, dass nicht nur für seinen kurzfristigen Nutzen, sondern auch für seinen langfristigen Erhalt gesorgt wird. Die strukturelle Trennung von Eigentum und Betrieb hat sich bei beiden Fallbeispielen als günstig erwiesen.

– Die Kultur scheint dann gut zum Denkmal zu passen, wenn kulturelles Verständnis vorhanden ist und eine emotionale Verbundenheit mit dem Denkmal besteht.

Anders als beim Warteckareal, wo die Ausnützungsziffer erhöht wurde und im Gegenzug das Denkmal durch Auflagen vor zu hohen Nutzungsansprüchen geschützt wurde, verzichteten im Gundeldinger Feld die Investorinnen freiwillig auf die Ausschöpfung der Ausnützungsziffer und liessen die alte Bausubstanz stehen. Die Gundeldinger Feld AG und die Kantensprung AG sahen im Industriedenkmal nämlich nicht nur die Möglichkeit einer hohen kommerziellen Wertschöpfung, sondern erkannten in ihm zudem eine Wertschätzung. Weil sich der ökonomische Wert des Denkmals aus der kommerziellen Wertschöpfung und der Wertschätzung zusammensetzt, wobei sich die Wertschätzung aus einem Nutzen ergibt, welcher ein Ort erbringt, ohne dass finanzielle Transaktionen stattfinden, interessieren sich geeignete Investoren von Denkmälern für die kommerzielle Wertschöpfung und die Wertschätzung.

Sowohl das Fallbeispiel Warteck als auch das Fallbeispiel Gundeldinger Feld zeigen, wie wichtig bei Umnutzungen ein soziales und ökologisches Verantwortungsbewusstsein des Investors gegenüber seiner Umwelt ist.

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4.3 DER ENTSCHEID ÜBER AUSBAUSTANDARD UND INVESTITIONSGRAD

Beim Werkraum Warteck wurde ein im Vergleich mit anderen Umnutzungsprojekten sehr niedriger Ausbaustandard gewählt.75 Einerseits war kein Geld vorhanden, um einen aufwändigeren Ausbau zu finanzieren, anderseits sollten für die wechselnden Nutzungen immer wieder Anpassungen gemacht werden können, so dass sich ein hoher Standard nicht gelohnt hätte. Weil der Ausbau (vom Verein Werkraum Warteck pp und von den Nutzern) sehr bescheiden gehalten wurde, ist in den Brauereibauten noch viel von der ursprünglichen Substanz vorhanden, und auch die Patina ist zu einem grossen Teil noch da. Der Entscheid zugunsten eines niedrigen Ausbaustandards war hier also aus denkmalpflegerischer Sicht eine gute Lösung, vorausgesetzt, die vorgenommenen Investitionen werden zusammen mit den laufenden Instandhaltungsarbeiten und den Rückstellungen für periodische Instandsetzungsarbeiten auch ausreichen, um den langfristigen Erhalt des Denkmals zu garantieren.

Je nachdem, in welchem Zustand sich ein Gebäude befindet und was für ein Eingriff vorgenommen werden muss, ist auch die Investitionshöhe eine andere. So sind die Ausgaben bei Instandhaltungsarbeiten andere als bei Instandsetzungsarbeiten, wo bereits Konstruktions- und Ausbauteile ausgetauscht werden. Bei einer Sanierung schliesslich, welche eine technisch gründliche und oft tiefgreifende Gesamtmassnahme darstellt, durch welche die Zukunft des Denkmals gesichert und oft die technische Ausstattung verbessert werden soll, sind die Investitionen noch grösser.76 Bei einer Rekonstruktion, welche aus denkmalpflegerischer Sicht zwar nicht erwünscht ist, aber im Fall einer Zerstörung zur Diskussion stehen kann, werden Bauten oder Bauteile neu erstellt, was grosse Investitionen zur Folge haben kann. Aber auch eine Bestandsaufnahme ohne jegliche Eingriffe kann hohe Kosten verursachen. Es wäre deshalb sicher falsch zu behaupten, je mehr ausgegeben werde, desto mehr werde dem Denkmal geholfen oder geschadet. Für jeden Zustand gibt es Massnahmen, die für das Denkmal sinnvoll sind und andere, die darüber hinausgehen und dem Denkmal auch Schaden zufügen können.77 Die Fachwelt ist sich nicht einig darüber, welches der ideale Investitionsgrad ist:78 Während die einen

75 Unter „Ausbau“ wird hier nicht nur der technische Ausbau verstanden, z.B. die Elektroinstallationen und die Heizung, sondern alle Elemente, die zu einem Gebäudeausbau gehören, also auch die Oberflächen etc.

76 Die Begriffe „Instandhaltung“, „Instandsetzung“, „Sanierung“ und „Rekonstruktion“ werden hier im Sinne der Begriffsdefinition von Mörsch verwendet. (Mörsch, 1980, S. 70-96).

77 So lohnen sich vermutlich oft Vorkehrungen, die es erlauben, bei Elektroinstallationen später nachzurüsten oder die eine leichte Erreichbarkeit von Installationen ermöglichen. Auch Satelliten-Lösungen, d.h. die Auslagerung von Infrastruktur, dürfte eine sinnvolle Investition sein. Hingegen ist die Investition in modernste Technik, die bald einmal überholt sein wird, kaum lohnenswert. (Gespräch mit Georg Mörsch, Zürich, 13.5.2008).

78 Es wird hier nicht von Investitionshöhe, sondern von Investitionsgrad gesprochen. Der Begriff soll ausdrücken, dass bei gleichem Zustand mehr oder weniger investiert werden kann.

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den „kleinst möglichen Eingriff“79 bevorzugen und „hilfreiche Erhaltungseingriffe für kurze Zeiträume“80 favorisieren, die nur wenig in die Substanz eingreifen, befürworten andere aufwändige, investitionsintensive Arbeiten, die über provisorische Lösungen hinausgehen und so den langfristigen Erhalt eines Denkmals sichern sollen, die naturgemäss aber mehr in die Substanz eingreifen.81

So wie die Investitionshöhe vom Zustand des Gebäudes abhängt, so ist der Ausbau-standard abhängig von der neuen Nutzung: Eine Wohnung stellt andere Anforderungen an ein Gebäude als ein kulturell genutzter Raum, eine Kinderspielgruppe wie im Maschinenraum Warteck braucht einen anderen Ausbaustandard als die Künstler im gleichen Gebäude. Die Wahl der geeigneten Nutzung wurde eigentlich schon im Kapitel „Die geeignete neue Nutzung“ diskutiert. Weil aber der Ausbaustandard bei gleicher Nutzung sehr unterschiedlich sein kann, so wird hier der Wahl des Ausbaustandards (und des Investitionsgrads) ein eigenes Kapitel gewidmet. Ein überhöhter Ausbaustandard hat generell sicher die Tendenz, die Substanz des Denkmals anzugreifen.82 Umnutzungen mit niedrigem Ausbaustandard wie im Werkraum Warteck sind aber in der Schweiz selten. Denn mit aufwändig sanierten Altbauten oder Neubauten lässt sich offenbar mehr Geld verdienen als mit preisgünstigen Umbauten. Dieser Umstand lässt sich besonders gut am Beispiel der Lofts zeigen: Der hochpreisige Immobiliensektor in der Schweiz verhindert, dass „wirkliche“ Lofts entstehen können, so wie Lofts zu Beginn der Loftkultur in Paris bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts, in New York dann um die Jahrhundertwende oder in den 1960er Jahren bei Andy Warhol, dem Trendsetter der Loftbewegung, verstanden wurden: Lofts boten damals günstigen Raum, zuerst zu Atelier-, später zu Wohnzwecken.83 Es handelte sich um ein Provisorium, ein Experiment, manchmal auch um ein illegales. Meist wurden die Lofts von den Nutzern selber umgebaut. Ein Loft war nur mit dem Allernotwendigsten ausgestattet. Der Künstler Robert Rauschenberg soll zum Beispiel kein Badezimmer besessen haben, also duschte er gelegentlich bei Freunden.84 Unter Loft wird aber heute in der Schweiz oft eine luxuriöse Wohnung verstanden, die in einem ehemaligen Fabrikbau angesiedelt ist, oder aber es handelt sich gar um eine grosszügig angelegte Wohnung in einem Neubau. Anders zum Beispiel im Osten Deutschlands: Hier sind noch ehemalige Industrie- und Gewerbeflächen zu niedrigen Preisen zu mieten.85

79 Furrer, 2004, S. 18. 80 Mörsch, 1987, S. 159. 81 “Großinvestitionen in Standardanpassungen von Denkmalimmobilien stellen eine aufwändigere, weil auf

Langlebigkeit abzielende Alternative zu improvisierenden Zwischenlösungen dar. Dauerhafte Wert- und Funktionsverbesserungen kommen Eigentümern teuer zu stehen und sollten auch der Denkmalpflege teuer sein, da sie einer längerfristigen Nutzung und Unterhaltung von Denkmalen dienen.” (Halder-Hass, Haspel und Lorenz (Hrsg.), 2002, S. 76).

82 Vgl. “Überhöhte Ausbaustandards und zu intensive Nutzungsvorstellungen bei Umnutzungen gefährden den Denkmalwert.“ (Kierdorf und Hassler, 2000, S. 231).

83 Vgl. Adam, H., „Von der Industrie-Romantik zum Lifestyle. Wohnen im Loft“, in: NZZ, 17.6.2005. Zur Geschichte der Lofts siehe zum Beispiel Slesin, 1988, S. 3.

84 Rosenstein, 2005, S. 98. 85 Vgl. Adam, H., „Von der Industrie-Romantik zum Lifestyle. Wohnen im Loft“, in: NZZ, 17.6.2005.

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Es soll hier im Folgenden der Frage nachgegangen werden, was bei einer Umnutzung die Motivation sein kann, einen tiefen Ausbaustandard und Investitionsgrad zu wählen und welche Konsequenzen ein solcher Umgang mit der Denkmalsubstanz langfristig hat. Als Fallbeispiel wird das Gundeldinger Feld gewählt.

4.3.1 Das Gundeldinger Feld

Bei der Umnutzung des Sulzer Burckhardt-Areals in Basel wurde versucht, die Umbaukosten möglichst tief zu halten. Mit Ausnahme von drei Hallen, die abgerissen wurden, um zwischen den sehr dicht aneinander stehenden Gebäuden Freiräume zu schaffen, wurden alle Gebäude auf dem Areal stehengelassen und neu genutzt. Es wurden keine zusätzlichen Neubauten erstellt. Wo die Situation es erlaubte, wurde Vorhandenes wiederverwendet. „Hausvatermethode“ nennt Loderer diese Vorgehens-weise im Gundeldinger Feld, die versucht zu brauchen, was noch zu gebrauchen ist.86 Die hier angesiedelten Nutzungen, welche quartierbezogen oder ökologisch und sozial ausgerichtet sind, brauchen einen vergleichsweise niederen Ausbaustandard – Wohnungen gibt es auf dem Areal immer noch keine, obwohl die Stadt dies gerne sehen würde. Wohnungen sind nicht erwünscht, weil sie den Charakter des Gundeldinger Feldes stark verändern würden.87 Wohnungen würden einen anderen als den hier vorherrschenden Ausbaustandard verlangen. Der Ausbau der Räume geschieht hier auf Wunsch der Mieter, soll aber nicht zu teuer ausfallen. Zum Teil werden Räume auch roh vermietet, so zum Beispiel die Kletterhalle. Die gewählten architektonischen Lösungen sind einfach und pragmatisch: „Von allen Industriebrachen-Projekten der Schweiz, von Megalou bis Puls5, ist das Gundeldinger Feld das sozial erfolgreichste, aber architektonisch bescheidenste. Keine kühnen Verbindungen von Alt und Neu, keine zur Schau getragene Industrieromantik [...].“88

Das Konzept, stehenzulassen und wiederzuverwenden, was noch nützlich ist, stammt von den drei Initiant(inn)en der Umnutzung, Barbara Buser, Irene Wigger und Eric Honegger. Buser und Honegger hatten während ihrer Tätigkeit in der Entwicklungshilfe in Afrika gelernt, mit vorhandenen Ressourcen sorgsam umzugehen (siehe auch Kapitel „Der geeignete Investor“). Zurück in der Schweiz ärgerten sich die beiden Architekten darüber, dass hier oft Bauteile, die hochwertig und durchaus noch brauchbar sind, ersetzt und weggeworfen werden. Buser gründete deshalb die erste Bauteilbörse der Schweiz. Buser und Honegger hatten in der Entwicklungshilfe aber auch die Erfahrung gemacht, dass Projekte sozialverträglich sein müssen und der Kultur Rechnung tragen sollen. Das Erhaltungskonzept des Gundeldinger Feldes entstand weniger aus ökonomischem Zwang, als vielmehr aus ökologischer und sozialer Motivation heraus.

86 Loderer, 2005, S. 37-46. 87 Rundgang durch das Gundeldinger Feld mit Irene Wigger, Kantensprung AG, 12.5.2007. Gemäss einer

Medienmitteilung des Regierungsrates vom 8. November 2007 verzichtet der Regierungsrat nun aber auf den Wohnanteil im Gundeldinger Feld.

88 Loderer, 2005, S. 43.

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Der Wiederverwendungsgedanke ist im Gundeldinger Feld allgegenwärtig und beschränkt sich nicht nur auf die Altbauten als Ganzes, wie dies bei anderen Umnutzungen der Fall ist. Auch diverse einzelne Bauteile, welche keine Verwendung mehr fanden, wurden anderswo auf dem Areal wieder eingesetzt, sogar Bauteile aus Bauabbrüchen in der Nachbarschaft wurden wiederverwendet. Für die vorhandenen sanitären Einrichtungen der ehemaligen Fabrik (Mitarbeitergarderoben, Duschen) suchte man zum Beispiel nach einer passenden Einrichtung, welche diese weiternutzen konnte. Schliesslich mietete das Billighotel Backpackers die Räumlichkeiten: Wo nötig, wurden einzelne Elemente ersetzt, aber nicht durch neue, sondern durch Secondhand-Bauteile. Bei der Halle 9 wurde das ehemalige Dach als Fassade weitergenutzt (siehe Abb. 4.10). Und bei der Halle 2 wurden in der Fassade Fenster aus einer Wohnsiedlung nebenan eingesetzt (siehe Abb. 4.11). So entstand ein Puzzle von gebrauchten Bauteilen, alle mit ihren Altersspuren, ihrer eigenen Patina.

Abb. 4.10: Secondhand-Bauteil: Wellblechdach einer Halle als Fassade (rechts). Abb. 4.11: Einbau von Fenstern aus einer benachbarten Wohnsiedlung. Die Fenstergriffe liegen aussen.

Wie bereits im Kapitel „Einschätzung der Umnutzung Gundeldinger Feld“ festgestellt, handelt es sich beim Gundeldinger Feld um eine aus städtebaulicher, denkmalpfle-gerischer und ökonomischer Sicht erfolgreiche Umnutzung. Die Wahl des niedrigen Ausbaustandards und des niedrigen Investitionsgrads ist für diesen Erfolg mitverant-wortlich. Das sehr konsequente Konzept der Wiederverwendung im Gundeldinger Feld ist aus städtebaulich-architektonischer, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht interessant:

– Mit der Verwendung des Vorhandenen und Ergänzungen durch alte und neue Bauteile entsteht eine Mischung aus Altem und Neuem, Eigenem und Fremdem. Die pragmatische Auseinandersetzung mit vorhandener Bausubstanz führt zu einer eigenen Ästhetik. Jessen und Schneider versuchen, die verschiedenen Arten, mit alter Bausubstanz umzugehen, aus architektonischer Sicht zu

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kategorisieren.89 Dabei stellen sie drei unterschiedliche Strategien fest: Eine erste Gruppe von Projekten versucht, das Alte als Ganzes zu erhalten; es findet eine Orientierung am Bild des Originals statt. Eine zweite Gruppe sucht den Kontrast von Alt und Neu durch Schichtung und Fragmentierung. Das Hinzugefügte setzt sich selbstbewusst vom Alten ab. Eine dritte Gruppe verwendet das Alte als Material: „Wo es opportun ist, wird das Alte übernommen, wo es notwendig ist, wird es grundlegend verändert.“90 Dabei entsteht eine „Melange“91, in welcher sich verschiedene Zeitebenen durchdringen. Der Entwurf von Diener und Diener auf dem Warteckareal ist ein typisches Beispiel für Projekte, die den Kontrast von Alt und Neu suchen. Die Strategie auf dem Gundeldinger Feld hingegen gehört zu der Gruppe von Projekten, die mit der vorhandenen Substanz pragmatisch umgehen. Jessen und Schneider deuten an, dass zur Zeit der Kontrast von Alt und Neu als dominante Haltung zu beobachten ist, dass aber das „Konzept des ‚neuen Ganzen’“, die pragmatische Verwendung von Vorhandenem, an Bedeutung gewinnen könnte.92 Das Beispiel Gundeldinger Feld könnte demnach eine zukunftsweisende Lösung sein.

– Aus denkmalpflegerischer Sicht ist das Konzept interessant, weil durch die Wahl des niedrigen Ausbaustandards im Gundeldinger Feld sehr viel von der alten Bausubstanz erhalten wurde. Man begnügte sich mit dem, was vorhanden war. Damit die Secondhand-Bauteile im Gundeldinger Feld einfach ersetzt werden können, müssen sie einfach demontierbar sein, das heisst zum Beispiel nur mechanisch fixiert und nicht geleimt.93 Dies bedeutet, dass die Bauteile alle reversibel eingebaut sind. Wegen dieses Reversibilitätsanspruchs ist das Second-hand-Konzept aus denkmalpflegerischer Sicht bemerkenswert. Kritisieren liesse sich natürlich, dass mit der Verwendung von Versatzstücken (zum Beispiel Einbau von Fenstern aus einem Wohnungsbau in der Nachbarschaft) Verwirrungen entstehen. Wenn aber ein ästhetisches Konzept der Erkennbarkeit vorhanden ist, so wie dies zum Beispiel bei den Fenstern der Fall ist – die Fenster wurden so eingesetzt, dass die Fenstergriffe auf der Aussenseite liegen – so wird dem Betrachter sofort klar, dass es mit dieser Fassade etwas Besonderes auf sich hat (siehe Abb. 4.11). Der denkmalpflegerische Anspruch ist erfüllt.

– Aus ökonomischer Sicht ist das Konzept interessant, weil mit dem Erhalt der Altbauten Neubaukosten gespart werden konnten. Beim Einsatz von Secondhand-Bauteilen (aus dem Areal oder von anderswo her) hat sich ausserdem gezeigt, dass die Verwendung von gebrauchten Bauteilen über längere Zeit insgesamt nicht teurer ist, als wenn neue Elemente verwendet werden – allerdings auch nicht billiger. Der Unterhalt der gebrauchten Bauteile ist natürlich von Anfang an höher:

89 Jessen und Schneider, 2000 (A), S. 33-42. 90 Jessen und Schneider, 2000 (A), S. 39. 91 Jessen und Schneider, 2000 (A), S. 38. 92 Jessen und Schneider, 2000 (A), S. 41. 93 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008.

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Es fehlt die unterhaltslose Anfangszeit, wie sie bei Neubauten zu finden ist. Die Rückstellungen sind deshalb optimalerweise etwas höher als bei der Verwendung von Neubauteilen.94

Das Secondhand-Konzept beim Gundeldinger Feld ist ein Erhaltungskonzept, welches sehr weit geht. Sicher eignet sich das Konzept nicht für jede Umnutzung. Doch der Extremfall zeigt, wie gut niedriger Ausbaustandard und Investitionsgrad zu der ehe-maligen Maschinenfabrik passen.

4.3.2 Gesamtkonzept mit Altersspuren überdauert die Mode

Insbesondere jüngere Generationen, die den nötigen Abstand zur Industrie gewonnen haben, können den Zeugen der Industriegeschichte eine gewisse Faszination abge-winnen: Ölspuren an den Wänden, Risse im Industrieboden, Schilder mit der Aufschrift „Achtung Lebensgefahr!“ sind beliebt. Den Spuren der industriellen Vergangenheit wird ein gewisser Charme zugesprochen, sie geben den umgenutzten Räumen eine besondere Atmosphäre. Um ja die beliebten industriellen Spuren nicht zu verlieren, wurden in einer ehemaligen Schraubenfabrik im Stadtteil Ottensen in Hamburg Altona sogar die Russspuren gesichert.95 Als die neuen Nutzer in das ehemalige Abspannwerk der Bewag an der Jakobstrasse in Berlin einzogen, welches zu einem Bürogebäude umgebaut worden war, waren sie über den normalen Bürostandard sehr enttäuscht. Nebst der speziellen Fassade und dem attraktiven Eingangsbereich hatten sie gehofft, auch in den Büros ein besonderes Ambiente vorzufinden.96

Es stellt sich hier die Frage, ob es sich beim Interesse für industriegeschichtliche Patina nicht nur um eine Mode handelt, die sich zum Beispiel durch die zunehmende Virtualität der Welt erklären liesse. Natürlich lässt sich hierzu entgegnen, dass es Virtualität schon immer gegeben hat – man denke zum Beispiel an die Vorstellungen zur Schloss-vollendung von LeDuc, oder an die religiösen Vorstellungen einer ganzen Bevölkerung. Allerdings verbringen heute sehr viele Menschen sehr viel Zeit vor dem Computer und entziehen sich dadurch dem wirklichen Leben. In diesem Ausmass hat es Virtualität wohl noch nie gegeben. Das aufkommende Interesse für Lebensspuren liesse sich also so erklären. Ist das Interesse für die industriegeschichtlichen Spuren allerdings nur eine Mode, so stellt dies eine Gefahr dar für die Industriedenkmäler: Verschwindet die Mode, so sind auch die Denkmäler nicht mehr von Interesse, ihre Zukunft ist ungewiss. Es stellt sich also die Frage, wie die Denkmäler sich über eine allfällige Modeströmung hinaus retten können.

94 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008. 95 Gespräch mit Hubert Staroste, Fachbereich Wissensmanagement und Denkmalvermittlung,

Landesdenkmalamt Berlin, 19.2.2008. 96 Gespräch mit Hubert Staroste, Fachbereich Wissensmanagement und Denkmalvermittlung,

Landesdenkmalamt Berlin, 19.2.2008. Gespräch mit Andreas Dierkes, Leiter Immobilienverwaltung Vattenfall, zusammen mit Christina Keseberg, Vattenfall, Berlin, 21.2.2008.

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Sowohl beim Werkraum Warteck als auch beim Gundeldinger Feld ist der Entscheid für die Erhaltung der Altersspuren nicht aus dem Bedürfnis entstanden, ein besonderes Ambiente zu schaffen. Es wurde an beiden Orten bewusst ein niedriger Ausbaustandard gewählt, welcher sich aus einem ökonomischen Zwang heraus, aber vor allem auch aus einer Lebenshaltung ergab: Beim Werkraum Warteck wollten die Handwerker vor Ort den Umbau und den Unterhalt des Gebäudes selbst vornehmen können (Bauhütten-Idee). Beim Gundeldinger Feld wurde grosser Wert auf die Wiederverwendung des Vorhandenen gelegt (Secondhand-Konzept). So entstand an beiden Orten ein harmonisches Ganzes mit jeweils spürbaren Regeln: Im Werkraum Warteck finden sich überall Lösungen, die durch die Handwerker im Haus oder sogar durch die Nutzer angewandt werden können. Im Gundeldinger Feld ist die soziale und ökologische Grundhaltung allgegenwärtig: So weisen die mit „Sulzer“ beschrifteten Kisten, die für die Begrünung des Areals gebraucht werden, auf die hier angewandten Regeln hin. Während man im Werkraum Warteck auf die Leute vor Ort setzt – lokale Leute, benützt man im Gundeldinger Feld vorhandene Bauteile – lokale Produkte. Beide Konzepte sind sich sehr ähnlich, beide gehen davon aus, dass man vorhandene Ressourcen gebrauchen soll, beide wollen mit ihrem Konzept den langfristigen Erhalt der Gebäude gewährleisten. Es wird nicht einer Modeströmung nachgeeifert, sondern derzeit vielleicht nur zufällig davon profitiert. Mit einer solchen Grundhaltung besteht die Hoffnung, dass die Industrie-denkmäler unabhängig von Modeströmungen überleben.

Solche ganzheitlichen Konzepte führen ausserdem aus denkmalpflegerischer Sicht zu einer ganz anderen Qualität, als wenn eine Mode verfolgt wird: Sowohl im Werkraum Warteck als auch im Gundeldinger Feld werden nämlich nicht nur vereinzelt isolierte Altersspuren stehen gelassen, wie dies bei vielen Umnutzungen der Fall ist: Als Beispiel sei hier der Innenausbau des Abspannwerkes Buchhändlerhof in Berlin genannt. Hier wurden bei den zu Büros umgenutzten Räumen ausgewählte Elemente wie Bilder an den Wänden in Szene gesetzt, so zum Beispiel die alten Eisentüren. Altbauten scheinen eine Überdeterminiertheit durch Reize vom Durchgang durch die Zeit zu besitzen. Werden nicht nur ausgewählte Spurenfragmente erhalten, so vermögen die Spuren über die Stimmung hinaus auch Verständnis zu schaffen.

4.3.3 Nachhaltigkeit bezüglich Vermietung und Erhaltung

Bisher wurde immer wieder von niedrigem Ausbaustandard und niedrigem Investi-tionsgrad gesprochen. Es bleibt aber die Frage, was niedrig heisst, beziehungsweise wo der optimale Bereich liegt, aus denkmalpflegerischer, aber auch aus ökonomischer Sicht.

Das Spektrum des idealen Ausbaustandards und des optimalen Investitionsgrads wird im Gundeldinger Feld durch eine obere und eine untere Grenze definiert: Die untere Grenze wird festgelegt durch das Minimum, welches notwendig ist zu investieren, damit überhaupt vermietet werden darf. So müssen zum Beispiel für den Brandschutz Vorkehrungen getroffen werden, damit die Vorschriften eingehalten werden. Die obere Grenze wird durch die Zumutbarkeit der entstehenden Miete bestimmt: Umbaukosten

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dürfen die Miete nicht so hoch steigen lassen, dass sich kein Folgemieter mehr finden lässt. Ein niedriger Ausbaustandard hat den Vorteil, dass die Mieten niedrig gehalten werden können und sich deshalb auch in Zukunft mit Sicherheit wieder Mieter finden lassen.97 Aus denkmalpflegerischer Sicht dürfte es sinnvoll sein, die obere Grenze zusätzlich durch folgende Überlegung zu bestimmen: Eingriffe verursachen immer auch Folgekosten, sie beeinflussen die Kosten für den Unterhalt, aber auch die Kosten für jeden zukünftigen Eingriff. Diese Kosten müssen für zukünftige Generationen tragbar sein, ansonsten kann der langfristige Erhalt eines Denkmals gefährdet sein: “Wo wir […] den Ausbaustandard erhöhen, aber die Instandsetzungsfähigkeit in der Zukunft verteuern und reduzieren […] – überall da betreiben wir selbst Denkmalverbrauch.”98 Bereits Ruskin stellte fest, dass Rücksicht auf die Zukunft kein Verlust in der Gegenwart bedeuten muss: “[…] lasst die Arbeit so sein, dass unsere Kinder uns danken werden; […]”.99

4.3.4 Fazit

Spuren, die an eine industrielle Vergangenheit erinnern, sind derzeit beliebt. Häufig werden sie aber isoliert erhalten, während der übrige Raum in „neuem Glanz erstrahlt“. Sie mögen vielleicht ein besonderes Ambiente erzeugen, können aber zum Verständnis des Denkmals nicht viel beitragen. Sowohl der Werkraum Warteck als auch das Gundeldinger Feld sind Umnutzungen, bei welchen die Erhaltung von Altersspuren zu einem Gesamtkonzept gehört, welches aus einer sozialen beziehungsweise ökologischen Grundhaltung heraus nach einfachen Lösungen sucht: Ausbaustandard und Investitions-grad sind tief. Geschieht die Erhaltung von Altersspuren im Rahmen eines umfassenden Erhaltungskonzeptes, besteht die Hoffnung, dass die Altersspuren und ihre Industrie-denkmäler über eine allfällige Mode hinaus überleben.

Umnutzungen mit niedrigem Ausbaustandard und Investitionsgrad sind in der Schweiz selten. Die Untersuchungen der Fallbeispiele Gundeldinger Feld und Warteck zeigen jedoch, dass solche Umnutzungen aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökono-mischer Sicht sehr interessant sind, insbesondere bei einer langfristigen Betrachtung:

– Das im Gundeldinger Feld sehr konsequent angewandte Prinzip der Wieder-verwendung von Vorhandenem, welches sogar die Verwendung von Secondhand-Bauteilen vorsieht, führt zu einer eigenen Ästhetik, bei welcher Altes und Neues, Eigenes und Fremdes vermischt werden. Die Umnutzung unterscheidet sich damit klar von den sonst üblichen Konzepten, welche einen Kontrast von Alt und Neu suchen.

– Damit die Secondhand-Bauteile nach Ablauf ihrer gegenüber neuen Bauteilen kürzeren Lebensdauer einfach ersetzt werden können, muss das Reversibilitäts-

97 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008. 98 Mörsch, 1987, S. 161. 99 Ruskin, 1994, S. 349/350.

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prinzip streng verfolgt werden. Die Verwendung von Secondhand-Bauteilen ist deshalb aus denkmalpflegerischer Sicht bemerkenswert, vorausgesetzt, es ist wie im Fall Gundeldinger Feld ein ästhetisches Konzept der Erkennbarkeit vorhanden.

– Durch die Wahl eines niedrigen Ausbaustandards und Investitionsgrads können die Mieten tief gehalten werden, was zwar kurzfristig nicht zu hohen Einnahmen führt, aber langfristig die Wiedervermietbarkeit begünstigt. Vorausgesetzt, der langfristige Erhalt ist trotz einfacher und kostengünstiger Lösungen gewährleistet, können ausserdem teure Folgekosten vermieden werden, welche eine langfristige Nutzung gefährden könnten.

Beide Fallbeispiele zeigen, wie gut niedriger Ausbaustandard und Investitionsgrad zum Industriedenkmal passen. Das Fallbeispiel Gundeldinger Feld unterstützt die Vermutung, dass Lösungen mit Augenmass zu einem Erfolg von Industriedenkmalumnutzungen aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht beitragen können.

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4.4 DIE HERSTELLUNG VON PLANUNGSSICHERHEIT

Die Planungszeit auf dem Warteckareal dauerte mehr als fünf Jahre. Dabei hatte die Warteck Invest AG schon vor dem Verkauf des Getränkebereichs an Feldschlösschen mit der Planung begonnen.100 Der lange Weg bis zum bewilligten Projekt lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass die Warteck Invest AG sich nicht auf die rechtlichen Gegebenheiten stützen konnte: Während des Planungsprozesses stellte sich heraus, dass die Behörden Gebäude stehen lassen wollten, welche nicht der Schonzone angehörten, und andere für nicht unbedingt erhaltenswert einschätzten, welche sich in der Schonzone befanden. Die zuständige Denkmalpflegebehörden hatten zu Beginn offenbar keine klare Meinung, welche Gebäude erhaltenswert seien und welche nicht. Eine detaillierte Bestandsaufnahme wurde aber nicht vorgenommen. Die Denkmalpflege äusserte ihre Meinung erst in Reaktion auf die Vorschläge der Bauherrschaft, nahm so eine Position des Verhinderns ein und trug nicht zu einem zielstrebigen Prozess bei. Im „Kuhhandel“ zwischen Denkmalpflege und Warteck Invest AG wurden Denkmäler als Verhandlungsmasse eingesetzt. Dieser Prozess forderte drei Projektanläufe, bis schliesslich eine Lösung entstand, mit welcher sich beide Seiten abfinden konnten.

Das Fallbeispiel Warteck zeigt, wie wichtig Planungssicherheit für den Investor sein kann. Liegt wie hier keine Planungssicherheit vor, so werden Projekte vergeblich entwickelt, damit geht Zeit verloren – und das kostet den Investor viel Geld. Es stellt sich also die Frage, wie zu einem frühen Zeitpunkt Planungssicherheit hergestellt werden kann. Es soll im Folgenden das Beispiel der Abspannwerke der Bewag in Berlin (heute Vattenfall) vorgestellt werden: Hier wurde zu einem frühen Zeitpunkt für eine ganze Gruppe von Objekten gleichzeitig Planungssicherheit erreicht.

4.4.1 Die Abspannwerke der Bewag (heute Vattenfall)

Die Ursprünge der Berliner Elektrizitätswerke AG (Bewag) gehen ins Jahr 1883 zurück.101 Ein Jahr zuvor war in Berlin die erste dauernde elektrische Strassenbeleuchtung Berlins – am Potsdamer Platz und in der Leipziger Strasse - in Betrieb genommen worden.102 Von da an nahm der Stromkonsum in der Stadt stetig zu. Der Ausbau des Stromverteilungs-systems erfolgte in zwei Abschnitten zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und 1912 sowie zwischen 1924 und 1930. Ab 1924 wurden innerhalb von sechs Jahren über 40 Anlagen errichtet (Abspannwerke, Stützpunkte, Umformwerke, Netzstationen, Gleich-richterwerke und Sonderbauten). In dieser Zeit war der Architekt Hans Heinrich Müller

100 Verkauf des Getränkebereichs an Feldschlösschen per 1.1.1989, Baubewilligung für Neubauten im Januar 1994 und für Umbauten Brauereikomplex im September 1994.

101 Damals wurde die Deutsche Edison Gesellschaft (DEG) gegründet. Danach wurde das Unternehmen immer wieder umbenannt, verstaatlicht und privatisiert, verschmolzen mit anderen Unternehmen etc. Die Unternehmensgeschichte kann nachgelesen werden bei Grube. (Grube, 2003 (B)).

102 Kahlfeldt, 1992, S. 38.

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Leiter des Bewag-Bauprogramms.103 Die sogenannten Abspannwerke haben die Auf-gabe, den Strom von 30kV auf 6kV zu reduzieren.

Abb. 4.12: Schema der Stromversorgung Berlins, ab 1924. Abb. 4.13: Verteilung der Abspannwerke und Kraftwerke, 1928.

In den 1980er Jahren wurde das 30/6-kV-Verteilungsnetz nach und nach durch ein 110/10-kV-Spannungsnetz abgelöst. Die neuen 110/10-kV-Umspannwerke wurden nicht in die ehemaligen 30/6-kV-Abspannwerken integriert, einerseits weil das alte System während der Installation des neuen noch weiter laufen musste, und andererseits weil die neuen Umspannwerke viel weniger Fläche benötigten als die alten Abspannwerke. Die notwendige Bruttogeschossfläche hatte sich auf etwa 10% reduziert. Ausserdem passten die neuen Raumprogramme nur bedingt zu den bestehenden Gebäudestrukturen. Es wurden deshalb im Umfeld der alten Abspannwerke neue Umspannwerke errichtet. Die alten Anlagen wurden teilweise noch parallel weiter betrieben oder als Ersatzteillager benutzt. Für eine langfristige bauliche Sicherung der Gebäude wurden die elektronischen Anlagen zum Teil zurückgebaut. Nach den Erfahrungen im Krieg war in den 1950er Jahren ein kontinuierliches Instandhaltungsprogramm für die Gebäude entwickelt worden mit dem Ziel, die Stromversorgung dauerhaft zu sichern. Dazu gehörten die kontinuierliche Wartung der Anlagen und die vorbeugende Instandhaltung der Bauwerke. Dieses Ziel galt noch bis in die Mitte der 1990er Jahren auch für nicht betriebsnotwendige Bauten, deshalb befanden sich auch die vielen inzwischen nicht mehr genutzten Gebäude noch immer in gutem Zustand. Nach der Wende schossen in Berlin die Bodenpreise in die Höhe, damit war nun auch der Erhalt der Abspannwerke gefährdet. Bis 1995 wurden deshalb einige Abspannwerke unter

103 Kahlfeldt, 1992, S. 42.

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Denkmalschutz gestellt. Von besonderer Bedeutung sind die Backsteinbauten von Hans Heinrich Müller. Trotz des Instandhaltungsprogramms drohten die Abspannwerke zunehmend zu zerfallen, da sie Vandalismus und Zerstörungswut ausgesetzt waren. Ausserdem sollten im Rahmen einer „wertorientierten Unternehmensführung“ 1997 für den Immobilienbestand kosten- und ertragsorientierte Managementkonzepte erarbeitet werden.104 Aus diesen Gründen begann man in den Jahren 1995-1997 erste Anläufe zu unternehmen, die Abspannwerke umzunutzen. Heute wird eine grosse Anzahl der Abspannwerke neu genutzt.105

4.4.2 Einschätzung der Umnutzung der Bewag-Abspannwerke

Die Umnutzungen der Abspannwerke der Bewag können aus städtebaulicher, ökonomischer und denkmalpflegerischer Sicht als ein erfolgreiches Umnutzungsbeispiel angesehen werden:

– Aus Sicht des Städtebauers sind die Umnutzungen ein Erfolg, weil ein ganzes, über die Stadt Berlin verstreutes, zusammenhängendes System von sehr markan-ten Industriebauten erhalten werden konnte.

– Aus denkmalpflegerischer Sicht ist es insgesamt ein erfolgreiches Beispiel, weil eine grosse Anzahl von Abspannwerken erhalten und umgenutzt werden konnte.106 Für ihre Bemühungen erhielt die (ehemalige) Eigentümerin im Jahre 2000 die Ferdinand-von-Quast-Medaille vom Land Berlin, 2002 den Preis für Denkmalpflege der Stiftung Denkmalschutz Berlin und 2005 die “Silberne Halbkugel” vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz.107

– Aus ökonomischer Sicht ist es positiv zu werten, dass die Abspannwerke verkauft werden konnten und umgenutzt auch rentabel betrieben werden können.

104 Im Mai 1997 wurde die Bewag durch den Verkauf der Anteile des Landes von 51% vollständig privatisiert. (Grube, 2003 (B), S. 13).

105 Hauptquellen Abschnitt: Grube, 2003 (B), S. 10-17; Kahlfeldt, 1992, S. 38-52. 106 Die Bilanz ist allerdings für jedes Denkmal eine andere. Bei jeder Umnutzung wurde unterschiedlich mit

der auf die technischen Anlagen ausgerichteten Struktur umgegangen. Der Umgang mit den ca. 17 verschiedenen Ebenen war eine zentrale Herausforderung bei der Umnutzung. Insbesondere gibt es zwischen normalen Stockwerken sogenannte Kabelgeschosse, in welchen nur Kabel verliefen und die deshalb eine sehr geringe Höhe aufwiesen. Beim Abspannwerk Leibniz, welches zum MetaHaus umgebaut wurde, hat die neue Nutzung versucht, sich mit diversen spielerisch eingebauten Treppen in die alten Geschosse einzupassen. Es gibt diverse Auf- und Abgänge zu verschienden Räumen, so zum Beispiel zu den Vorstandszimmern. Das Denkmal konnte dementsprechend gut erhalten werden. Anders beim Abspannwerk Scharnhorst, wo das Innere praktisch neu gebaut wurde. Bei den paar übriggebliebenen Unregelmässigkeiten, den zusätzlichen, unverständlichen Stufen hat man das unangenehme Gefühl, dass hier korrigiert werden musste, während solche Spezialfälle beim Abspannwerk Leibniz ein postives Gefühl hinterlassen (siehe auch Abb. 4.14 und Abb. 4.15).

107 Grube, 2006 (A), S. 246.

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Für den Erfolg des Fallbeispiels massgebend verantwortlich ist einerseits die beispielhafte Zusammenarbeit zwischen der ehemaligen Eigentümerin und dem Landesdenkmalamt Berlin und andererseits die proaktive Projektplanung der Bewag beziehungsweise Vattenfall. Auf die beiden Erfolgsfaktoren soll nun im Folgenden näher eingegangen werden.

Abb. 4.14: Abspannwerk Leibniz: Viele unterschiedliche Ebenen, insbesondere Kabelgeschosse von geringer Höhe. Abb. 4.15: Spielerischer Umgang mit den unterschiedlichen Ebenen im zum MetaHaus umgenutzten Abspannwerk Leibniz.

4.4.3 Abstimmungsprozess zwischen Eigentümerin und Denkmalpflege

Zwischen der Bewag und dem Landesdenkmalamt hatte rund um das sogenannte „Shellhaus“ ein 13-jähriger Streit stattgefunden (1984-1997). Das Gebäude der Bewag Hauptverwaltung, eine Incunabel der Moderne, sollte renovierte werden, doch Eigen-tümerin und Denkmalpflege konnten sich nicht auf ein Sanierungskonzept einigen. Das Landesdenkmalamt wollte die Travertinverkleidung erhalten, die Bewag beabsichtigte, auf der Fassade eine Wärmedämmung anzubringen. Die Bewag drohte damit, das Gebäude verfallen zu lassen, wenn ihrem Anliegen nicht Gehör geschenkt würde. Schliesslich setzte sich aber doch die Amtsmeinung durch. Gemäss Bewag liessen sich 25% der Renovationskosten oder EUR 10 Mio. auf zu rigorose Denkmalauflagen zurückführen.108

Aus diesem Streit hatte die Bewag eine Lehre gezogen: Man wollte für die Umnutzung der Abspannwerke mit der Denkmalpflege einen anderen Weg gehen. Die Erfahrungen beim ersten Versuch, ein Abspannwerk umzunutzen (Abspannwerk Leibniz), hatten ausserdem gezeigt, dass die Tatsache, dass ein Abspannwerk unter Denkmalschutz steht, bei

108 Hauptquellen Abschnitt: Grube, 2006 (A), S. 244; Gespräch mit Paul Kahlfeldt, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008.

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potenziellen Investoren Angst auslösen kann.109 Aus diesen beiden Gründen wurde 1997 zwischen der Bewag und dem Landesdenkmalamt Berlin ein konstruktiver Dialog eingeleitet mit dem Ziel, ein Gesamtkonzept zum langfristigen Erhalt der denkmalge-schützten Liegenschaften zu erarbeiten.110

Vorbild für den Abstimmungsprozess von Bewag und Landesdenkmalamt war die Denkmalschutzkonzeption Siemensstadt, ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, welcher zu Beginn der 1990er Jahre zwischen Siemens und dem Landesdenkmalamt Berlin abge-schlossen worden war. Darin waren der Umfang des Schutzgutes und die Rahmen-bedingungen für den baulichen Umgang festgelegt worden.111 Bei Siemensstadt standen zu Beginn des Abstimmungsprozesses noch nicht viele Gebäude unter Denkmalschutz, deshalb mussten von Seiten der Denkmalpflege viele Kompromisse gemacht werden. Bei der Bewag hingegen waren im Vorfeld der Abstimmungen bereits viele Gebäude unter Denkmalschutz gestellt worden, so dass für die Denkmalpflege nun eine andere Ausgangslage bestand.112

In einem ersten Schritt (1998-1999) wurde von Mitarbeitern des Landesdenkmalamtes Berlin und der Bewag eine gemeinsame Bestandsaufnahme aller denkmalgeschützten Gebäude gemacht. Es zeigte sich, dass bei 46 Liegenschaften mit Denkmalklassifizierung Abstimmungen erforderlich waren. Das Landesdenkmalamt Berlin, die örtliche Denkmalpflege der jeweiligen Bezirke und die Bewag unternahmen zahlreiche Orts-begehungen. Als Ergebnis dieser Schutzgutbewertung entstanden Einzeldokumenta-tionen (Plan und Text), in welchen die aus Sicht der Denkmalpflege langfristig zu erhaltenden Bereiche markiert wurden. Bei den Abspannwerken von Hans Heinrich Müller wurden in der Regel die gesamte Fassadenabwicklung, der Haupterschliessungsbereich mit Treppenhäusern und Aufzugsanlagen und die Schaltwarten als schützenswert angesehen. In einem zweiten Schritt wurde durch die Architekten Paul Kahlfeldt und Matthias Dunger ein Massnahmenkatalog erstellt, welcher den Handlungsrahmen für die Umnutzungen aufzeigen sollte.113 Diese Unterlagen, Einzeldokumentation und Massnahmenkatalog, sollten in einer frühen Phase potenziellen Investoren zur Verfügung gestellt werden können. Schliesslich wurde zusätzlich zu der Dokumentation der Abstimmungsergebnisse in plangraphischer und textlicher Form und dem Massnahmenkatalog eine Publikation herausgegeben als Gemeinschaftsprojekt von Bewag, Landesdenkmalamt und Kahlfeldt: Das Buch Elektropolis Berlin – Historische Bauten der Stromverteilung enthält die Darstellung von zwölf umnutzbaren Abspannwerken mit den jeweiligen Abstimmungs-

109 Gespräch mit Paul Kahlfeldt, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008. 110 Grube, 2003 (B), S. 22. 111 Staroste, 2002, S. 115. 112 Gespräch mit Hubert Staroste, Fachbereich Wissensmanagement und Denkmalvermittlung,

Landesdenkmalamt, Berlin, 19.2.2008. 113 Der Architekt Paul Kahlfeldt hatte sich schon sehr früh mit den Bauten von Hans Heinrich Müller

auseinandergesetzt und war deshalb bei der Bewag und beim Landesdenkmalamt Berlin als Experte anerkannt. (Mehr zur Rolle von Paul Kahlfeldt im Kapitel „Die spezielle Rolle des Architekten“).

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ergebnissen und eine Beschreibung der nun inzwischen vorgenommenen Umnutzung des Abspannwerks Leibniz zum MetaHaus.114 Das Buch sollte einen möglichst grossen Kreis von potenziellen Investoren ansprechen, um weitere Umnutzungen realisieren zu können. Für die Partner, die Bewag und die Denkmalpflege, bildete die Publikation eine gemeinsame Vereinbarung, deren Einhaltung eine moralische Verpflichtung darstellte.115

Mit dem Abstimmungsprozess zwischen Bewag und Landesdenkmalamt konnte zu einem frühen Zeitpunkt eine verbindliche Grundlage für die Planung geschaffen werden. Im Gegensatz zum Warteckareal konnten Probleme vorausschauend angegangen werden: “Statt Investorenkonzepte durch Denkmalschutzauflagen zu verhindern, konnten Probleme vorausschauend und in Übereinstimmung mit allen Beteiligten angegangen und adäquate Lösungen entwickelt werden“, fasst die ehemalige Eigentümerin zusammen.116 Der Abstimmungsprozess bedeutete aber auch eine Prozessvereinfachung für die Bewag und die Denkmalpflege: Durch die Abstimmung konnte vermieden werden, dass die Bewag für jedes Industriedenkmal mit der jeweiligen örtlichen Denkmalpflege eine andere Lösung erarbeiten musste. Mit der Zuordnung von einzelnen Bauteilen in verschiedene zuvor definierte Schutzstufen, die auf alle Gebäude anwendbar sind, konnte der Bearbeitungsaufwand für alle minimiert werden.117 Für die Bewag gab es nur einen Ansprechpartner und eine Regel für alle Objekte. Die vorliegenden Abstimmungsergebnisse halfen zudem, potenziellen Käufern und Investoren die notwendige Sicherheit zu geben: Sicherheit einerseits bezüglich der Genehmigungsmöglichkeit und andererseits hinsichtlich der Umbaukosten. Gerade die Unsicherheit bei den anfallenden Umbaukosten – Mehrkosten durch denkmalpflegerische Auflagen – konnte Investoren verunsichern, da es sich um Spezialimmobilien handelt und kaum Erfahrungen mit Kosten vorhanden sind. Innerhalb von zwölf Monaten konnte die Bewag vier Abspannwerke verkaufen. Der Abstimmungsprozess bewirkte also Planungssicherheit, Vereinfachung des Planungsprozesses und Sicherheit für Investoren. Die Zusammenarbeit zwischen Bewag und Landesdenkmalamt verlief für beide Seiten sehr zufriedenstellend.118 Die Umnutzungen konnten in gutem Einvernehmen durchgeführt werden: „Wir zogen alle am gleichen Strick.“119 Grube, welcher auf der Seite der Bewag massgeblich den Abstim-

114 Bewag Aktiengesellschaft (Hrsg.), Elektropolis Berlin. Historische Bauten der Stromverteilung. Eine Publikation der Bewag, Berlin, 1999.

115 Hauptquelle zum Vorgehen: Grube, 2003 (B), S. 22-27. Anders als im Fall Siemens wurde für die Abspannwerke kein öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen. Für die Umnutzung von zwei Kraftwerken (Rummelsburg und Charlottenburg) gab es dagegen eine vertragliche Vereinbarung. (Telefongespräch mit Hans-Achim Grube, 9.1.2009).

116 Grube, 2003 (B), S. 126. 117 Zum Beispiel Einteilung der Fenster in drei Kategorien: 1. Austausch, 2. Original, 3. Zusätzliche

Kastenfenster. (Gespräch mit Andreas Dierkes, Leiter Immobilienverwaltung Vattenfall, und Christina Keseberg, Vattenfall, Berlin, 21.2.2008).

118 Gespräch mit Hubert Staroste, Fachbereich Wissensmanagement und Denkmalvermittlung, Landesdenkmalamt, Berlin, 19.2.2008, und Gespräch mit Andreas Dierkes, Leiter Immobilienverwaltung Vattenfall, und Christina Keseberg, Vattenfall, Berlin, 21.2.2008.

119 Gespräch mit Andreas Dierkes, Leiter Immobilienverwaltung Vattenfall, und Christina Keseberg, Vattenfall, Berlin, 21.2.2008.

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mungsprozess mitbestimmt hat, sieht die Kooperation als ein nachahmenswertes Vorgehen, wenn er in seinem Buch Renaissance der E-Werke. Historische Industrie-architektur im Wandel das Vorgehen im Detail beschreibt.120

Dass sich ein gemeinsamer Prozess, bei welchem sich die verschiedenen Parteien schon ganz früh an einen Tisch setzen und die Behörden nicht eine reagierende Rolle einnehmen, auszahlen kann, stellt auch der Zürcher Stadtbaumeister Eberhard fest. Die sogenannte „kooperative Planung“ habe sich in Zürich bei Umnutzungen von Industrie-brachen bewährt. Dennoch hält Eberhard das Vorgehen nicht für ein „Allheilmittel“. Der Erfolg stehe und falle mit der Qualität der Arbeit der Beteiligten.121 Und die Behörden müssen bereit sein, von Anfang an eine klare Haltung einzunehmen – anders als im Fall Warteck.

4.4.4 Proaktive Projektentwicklung zur Klärung von Unsicherheiten

Im eben vorgestellten Abstimmungsprozess zwischen der Bewag und dem Landes-denkmalamt ging es nur um denkmalpflegerische Belange. Doch Planungsunsicherheit kann natürlich auch bedeuten, dass andere Fragen nicht geklärt sind. So kann zum Beispiel die Frage offen sein, ob sich auf dem Areal Altlasten befinden und was damit gemacht werden muss. Oder die Parkierungsfrage ist nicht geklärt.122 Vielleicht kann die baurechtliche oder planungsrechtliche Situation nicht genug Klarheit schaffen. Möglicherweise ist wie im Fall Warteck der notwendige Wohnanteil ungewiss. Es soll hier im Folgenden gezeigt werden, wie die Bewag bei der Umnutzung der Abspannwerke mit solchen Unsicherheitsfaktoren erfolgreich umging.

Das Abspannwerk Buchhändlerhof (ehemals Ostberlin) wurde an einen jungen Unternehmer verkauft, der sofort mit dem Umbau beginnen wollte. Er reichte einen Bauantrag ein (Planung von Kahlfeldt) und erhielt ein Jahr lang keine Antwort. Neben dem Abspannwerk befand sich nämlich ein Areal, welches für den Bau von Ministerien freigehalten wurde. Weil unklar war, was dort geschehen sollte, wurde mit einer Baubewilligung für das Abspannwerk zugewartet, was den Investor sehr verärgerte.123 Als Verkäuferin der Liegenschaft war auch die Bewag mit dieser Situation nicht glücklich, denn ihr Ziel war es ja, ihre Käufer zufrieden zu stellen. Ansonsten war der weitere Verkauf der Abspannwerke gefährdet. Die Bewag beschloss deshalb, jedes Jahr für zwei Abspannwerke Entwicklungsprojekte zu erstellen. Angenommen wurde in den meisten

120 Grube, Hans Achim, Renaissance der E-Werke. Historische Industriearchitektur im Wandel, Publikation zur Dissertation an der TU Berlin, Berlin: Jovis, 2003. Der Publikation zugrunde liegt die Dissertation von Grube: Strategien zur Umnutzung von denkmalgeschützten Sondergebäuden der Elektrizitätswirtschaft in Berlin, Dissertation an der TU Berlin, 2002.

121 Westermann, 2008 (A), S. 97-100. 122 Auf dem Sulzerareal in Winterthur hat sich die Planung verzögert, weil eine abschliessende Festlegung

betreffend der Parkierungsfrage fehlte. (Koll-Schretzenmayr und Müller, 2002, S. 24). 123 Gespräch mit Paul Kahlfeldt, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008.

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Fällen eine Büronutzung, für ein Abspannwerk wurde eine Hotelnutzung geplant. Diese proaktive Planung hatte den Vorteil, dass die Gebäude mit Baugenehmigung verkauft werden konnten. Hatte der Käufer schliesslich andere Nutzungswünsche, so gab ihm die mit den Behörden abgestimmte Planung trotzdem ein Gefühl dafür, was möglich ist. Die Vorplanungen ermöglichten es ausserdem, die Umbaukosten abzuschätzen. Und das genehmigte Projekt reduzierte für den Investor nochmals den „Unsicherheitsfaktor Denkmalschutz“.

Projekte, die entwickelt werden, ohne dass bereits Investoren mit Nutzungsvorstellungen vorhanden sind, helfen Interessenten, sich ein Bild davon zu machen, was einmal sein könnte. Gerade bei Altbauten, und bei Industriebauten im Speziellen, kann eine solche Planung für potenzielle Investoren sehr hilfreich sein, denn weil es sich um Sonderbauten handelt, fehlen die Erfahrungen. Sie geben ausserdem eine Vorstellung davon, wie hoch die Umbaukosten ausfallen könnten. Sind die Projekte mit den Behörden abgestimmt, so geben sie auch Auskunft über die Bewilligungsfähigkeit. Im Fall der Bewag wurden regelmässig für Abspannwerke Entwicklungsprojekte erstellt, zum Teil durch den Architekten Paul Kahlfeldt. Auch heute noch, wo die Vattenfall versucht, ihre Kraftwerke zu verkaufen, lässt sie Projekte erstellen: Die Durchführung von Wettbewerben für Architekturstudenten ermöglicht es, zu einem breiten Spektrum von Visionen zu gelangen. Weil dabei mit den Behörden zusammengearbeitet wird, ist auch die Realisierungs-fähigkeit fürs Erste getestet.

Wird mit dem Grundstück auch ein entwickeltes Projekt verkauft, so kann der Eigentümer die Liegenschaft mit einem Mehrwert verkaufen. In ihrer Analyse der Umnutzungs-geschichte des Sulzerareals in Winterthur kommt Koll-Schretzenmayr allerdings zum Schluss, dass ein vorliegendes, sogar bewilligtes Projekt nicht eine hinreichende Voraussetzung dafür ist, dass sich Investoren für eine Umnutzung interessieren. Am Projekt „Megalou“ von Jean Nouvel zeigt sie, dass vorauseilende Altlastenuntersuchung, Flächenaufbereitung und Erschliessungsplanung und –realisierung wichtig sind, und dass mehr als Einzelprojekte kommunizierbare Visionen, eine planerische und gestalterische Vision, sowie klare Rahmenbedingungen wichtig sind.124 Eine proaktive Projekt-entwicklung ist demnach dann für Investoren interessant, wenn sie wirklich alle Planungsunsicherheiten aus dem Weg räumt.

Eine proaktive Projektentwicklung bedingt, dass wie im Fall der Abspannwerke für eine „neutrale“ Nutzung geplant wird, zum Beispiel eine „normale Büronutzung“. Im Kapitel „Die geeignete neue Nutzung“ haben wir aber gezeigt, dass die Umnutzung für eine ganz spezielle Zielgruppe bei Industriedenkmälern zu besonders guten Lösungen führen kann. Ausserdem stellt sich auch die Frage, welcher Investor ein bereits fertiges, und demnach nicht speziell auf seine Wünsche zugeschnittenes Projekt durchführen mag. Investiert ein Investor ohne besonderes Engagement für das Projekt und ohne Identifikation mit dem Denkmal, so handelt es sich kaum um einen geeigneten Investor (siehe Kapitel „Der geeignete Investor“). Proaktive Projektentwicklung scheint deshalb aus denkmalpfle-

124 Koll-Schretzenmayr und Müller, 2002, S. 31/32.

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gerischer und ökonomischer Sicht dann sinnvoll zu sein, wenn es darum geht, die Machbarkeit einer Umnutzung aufzuzeigen. Sie scheint aber weniger sinnvoll zu sein, wenn es darum geht, ein Nutzer- und Investoren-unspezifisches Projekt zu realisieren.

4.4.5 Fazit

Die Untersuchungen der Fallbeispiele Bewag-Abspannwerke und Warteck haben gezeigt, welche Vorteile ein gemeinsamer Abstimmungsprozess von Denkmalpflegebehörden und Eigentümern beziehungsweise Investoren haben kann:

– Für den Eigentümer oder Investor frühzeitige Planungssicherheit und damit Zeit- und Kostenersparnis.

– Für potenzielle Käufer und Nutzer frühzeitige Sicherheit, insbesondere hinsichtlich Umbaukosten.

– Für die Denkmalpflege Akzeptanz für ihre Anliegen und eine sichere Argumen-tationsbasis.

– Für alle Beteiligten Vereinfachung der Prozesse.

Bedingung für eine kooperative Zusammenarbeit ist aber offensichtlich, dass alle Beteiligten frühzeitig ihre Ziele und konkreten Vorstellungen formulieren können und diese auch zu Beginn des Prozesses gegenüber den anderen Parteien offenlegen.

Eine proaktive Projektentwicklung scheint dann interessant zu sein, wenn sie die Machbarkeit einer Umnutzung beweisen will. Ob sie aber sinnvoll ist, wenn es darum geht, ein solches Projekt auch wirklich durchzuführen, ist in Frage zu stellen, da die Identifikation des Investors mit einem Projekt, welches er nicht selbst mitgestalten konnte, nicht besonders gross sein dürfte, es sich deshalb kaum um einen geeigneten Investor handeln dürfte, und die Chance einer Ausrichtung auf eine bestimmte (geeignete) Zielgruppe nicht wahrgenommen werden kann.

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4.5 DIE STEIGERUNG DER STANDORTATTRAKTIVITÄT

Der Verkauf des Getränkebereichs der Brauerei Warteck an Feldschlösschen und die Stilllegung der Bierfabrik erregten in Basel grosse Aufmerksamkeit. Schliesslich handelte es sich um die Schliessung der letzten Grossbrauerei im Stadtgebiet. Zeitungsartikel mit den Titeln „Fällt bei Warteck der Schaum zusammen?“, „Ein Stück Basel verschwindet“ oder „Die schönste je demontierte Brauerei“ reflektieren die Enttäuschung in der Bevölkerung über das Ende der Brauerei Warteck.125 Auch während des Planungs-prozesses äusserte sich die Presse immer wieder kritisch zum Geschehen auf dem Warteckareal: „Im Clinch mit dem Denkmalrat“, „Warteck-Areal: Andere Ideen nicht erwünscht?“ oder „Kuhhandel zu Basel“ hiess es.126 Die Warteck Invest AG unternahm keine Bemühungen, die Einstellung der Bevölkerung oder der Presse zum Warteckareal positiv zu beeinflussen, vermutlich weil sie das Areal selbst umnutzen wollte und nicht nach einem Investor suchen musste. Sie zählte vielleicht auch auf den positiv besetzten Namen des Warteck Bieres, welcher mit dem Warteckareal fest verbunden ist. Die Warteck Invest AG verzichtete auch darauf, das Areal nach der Stilllegung für die Bevölkerung zu öffnen, was bei anderen Umnutzungen oft zu einer positiven Wahrnehmung des Areals führt: Die Gebäude standen für zwei Jahre leer.127 Für das dritte Projekt aber wählte die Warteck Invest AG schliesslich das Architekturbüro Diener & Diener, welches der Umnutzung durch seinen Namen ein positives Image schenkte. Dieses Image übte bestimmt einen positiven Einfluss auf das Projekt aus, zum Beispiel bei der Genehmigung durch das Volk oder bei der Vermietung.128

Das Fallbeispiel Warteck zeigt eindrücklich, welche zusätzlichen Herausforderungen Industriebrachen gegenüber anderen Standorten an Entwickler stellen: Industriebrachen sind oft durch negative Schlagzeilen rund um die Stilllegung und den damit verbundenen Arbeitsplatzverlust belastet (siehe oben). Weiter stellen Areale „weisse Flecken“ auf dem Stadtplan dar. Die Bevölkerung kennt zwar die äusseren Fassaden, die Türme und Kamine. Doch meistens kennen nur die ehemaligen Arbeiter das Areal von innen – und auch die kennen nicht immer das ganze Areal. So durften zum Beispiel die Arbeiter in der Völklinger Hütte aus Gründen des Betriebsgeheimnisses nur den Bereich der Fabrik

125 FE/msu, „Fällt bei Warteck der Schaum zusammen?“, in: Basler Zeitung, 13.9.1988; s, „Ein Stück Basel verschwindet“, in: Baslerstab, Stadtausgabe, 8.2.1992; Jachen, Janett, „Die schönste je demontierte Brauerei“, in: Basler Zeitung, 20.3.1991.

126 tm, „Im Clinch mit dem Denkmalrat“, in: Basler AZ, 30.8.1990; Wamister, Christof, “Warteck-Areal: Andere Ideen nicht erwünscht?”, in: Basler Zeitung, 29.9.1990; Engel, Martin, „Kuhhandel zu Basel“, in: WOZ, 1.5.1992.

127 Leerstand von 1991 bis 1993. Die Gruppe aus dem ehemaligen Schlotterbeck nutzte zwar ab Juni 1993 die Gebäude in Form einer Zwischennutzung. Doch es handelt sich eigentlich um die Ansiedlung der definitiven Nutzung mit noch provisorischem Charakter.

128 Auch die diversen Führungen, die auf dem Areal beobachtet werden können, zum Beispiel von Architekturschulen, sind mindestens teilweise dem Namen Diener & Diener zuzuschreiben.

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kennen, in dem sie tätig waren.129 Und schliesslich kann die ehemalige Fabrik in der Öffentlichkeit als hässlich empfunden werden, einmal wegen der Bauten (insbesondere dann, wenn sie lange leer standen und vielleicht noch durch Vandalismus zerstört wurden wie im Fall der Schuhfabrik Hug in Dulliken) andererseits aber vor allem wegen der Emissionen (Staub, Geruch, Lärm), die über Jahre die Nachbarschaft oder sogar die ganze Stadt belastet haben.130 Als eindrückliches Beispiel einer solchen Belastung sei hier nochmals das Beispiel Völklinger Hütte genannt, wo der Sinterstaub die ganze Stadt über Jahrzehnte in einen Nebel hüllte.131 Bei Industriebrachen müssen also zuerst „mentale Altlasten“ abgebaut werden, bevor umgenutzt werden kann.132 Ansonsten dürfte die Investoren- und Nutzersuche schwierig werden: Grabow hält fest, dass die „Rolle der Bilder und Vorstellungen von Städten bei der Standortwahl von Betrieben [...] vor allem in frühen Phasen des Standort-entscheidungsprozesses sehr groß“ ist.133 Weil die Rolle von Bildern aber sehr schwer nachweisbar sei, werde ihre Wirkung bislang unterschätzt.134 Das Beispiel Warteck zeigt, wie wichtig Massnahmen zur Steigerung der Standortattraktivität – in diesem Fall die Wahl des bekannten Architekten - für Industriedenkmäler sein können. Es soll in diesem Kapitel deshalb der Frage nachgegangen werden, wie Industriebrachen so attraktiv gemacht werden können, dass sich Investoren und Nutzer finden lassen. Als Beispiel soll die Umnutzung der Abspannwerke der Bewag in Berlin dargestellt werden, wo sehr viel unternommen wurde, um für die Gebäude ein positives Image aufzubauen und sie am Markt zu positionieren. Und dies mit grossem Erfolg.

4.5.1 Die Abspannwerke der Bewag (heute Vattenfall)

Die Abspannwerke waren zur Zeit der Umnutzung nicht besonders unbeliebt: Es handelte sich um Betriebe ohne Emissionen. Die Stilllegungen waren gar nicht aufgefallen, da nur sehr wenige Arbeiter angestellt waren.135 Gerade weil aber der Betrieb so unscheinbar vor sich ging und weil auf den Arealen wegen Hochspannung Lebensgefahr bestand und

129 Audio-Guide Völklinger Hütte (September 2008). 130 “Was wir seit Jahren sehen, ist das verlotterte Bauwerk, völlig durchnässt, von Vandalen geschlissen und

von der Polizei als Übungsobjekt benutzt”, soll Erich Oegerli, ehem. Angstellter bei HUG am 11.12.2003 gesagt haben. (Vaucher, 2003, S. 6). „Die unübersehbar grosse, grüne Industriebauruine ist ein Schandfleck für die Gemeinde, die wohl froh wäre, dieses Erbe loszuwerden” soll Dullikens Gemeindepräsident Theophil Frey aus dem Schreiben eines “Exil-Solothurners” anlässlich des Tages des Denkmals zitiert haben, um die Meinung der Bevölkerung Dullikens zu zeigen. (www.gaeunet.ch, Stand Dezember 2004).

131 Audio-Guide Völklinger Hütte (September 2008). 132 Husmann benützt den Begriff „mentale Altlasten” bei Brachen: Sie hält bei der Reaktivierung und

Vermarktung von Brachflächen die vermuteten oder bereits ermittelten Altlasten für das Hauptproblem und gliedert sie in drei Problemfelder: Chemische Altlasten (Kontaminationen), bauliche Altlasten (Gebäude und Fundamente) und “mentale Altlasten”, das heisst Vorbehalte und negative Einstellungen gegenüber den Brachen. (Husman, 2001, S. 721).

133 Grabow, Henckel und Hollbach-Grömig, 1995, S. 132. 134 Grabow, Henckel und Hollbach-Grömig, 1995, S. 132. 135 Nur zwei Arbeiter pro Schicht betrieben das Abspannwerk.

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das Betreten deshalb nur den wenigen Arbeitern vorbehalten war, waren die Gebäude der Bevölkerung kaum bekannt. Die Gebäude fügen sich auch relativ unspektakulär in den Stadtraum ein, so dass sie mit Ausnahme von einzelnen Werken von der Bevölkerung kaum beachtet wurden.136 Weil sie die Denkmäler verkaufen wollte, unternahm die Bewag (heute Vattenfall) sehr viele Anstrengungen für den Aufbau einer Marke „Abspann-werk Berlin“. Die Massnahmen der Bewag sollen nun im Folgenden dargestellt werden:

– Pressearbeit. Die ersten redaktionellen Beiträge veröffentlichte die Bewag zum Umbau des Abspannwerkes Leibniz. Ein paar Jahre später, 1999, begann sie mit einer breit angelegten Pressearbeit.137

– Publikationen. Ihre erste Publikation zu den Abspannwerken gab die Bewag 1999 heraus, um potenzielle Investoren zu informieren: Elektropolis Berlin. Bauten der Stromverteilung enthält die Ergebnisse des Abstimmungsprozesses mit der Denkmalpflege und eine Darstellung des Vorzeigeprojektes Abspannwerk Leibniz (MetaHaus).138 Analog zu diesem Buch gab Grube für die Vattenfall 2007 ein weiteres Buch mit umnutzbaren Umspannwerken, Schalthäusern und Stützpunkten heraus, ebenfalls mit dem Gedanken, potenzielle Investoren und Nutzer anzusprechen.139 Im Zusammenhang mit den studentischen und anderen Architekturwettbewerben entstanden weitere Publikationen.140 Die Bewag beziehungsweise Vattenfall hat eine lange Liste an Publikationen vorzuweisen (siehe auch Abb. 4.18). Hauptverantwortlich für diese gute Dokumentation ist Hans Achim Grube, „Vater“ der Standortmarketingbemühungen der Bewag, welcher nebst zahlreichen Publikationen auch eine Dissertation über die Umnutzung der Bewag-Bauten schrieb.141

– Zusammenarbeit mit Hochschulen, Hans Heinrich Müller-Preis. 1999 bekam die Bewag mehrere Anfragen von Hochschulen, welche schliesslich zu einer Zusammenarbeit von Hochschulen und Bewag führten: Die Architekturstudenten

136 „Anders als die Industriebauten seiner Zeitgenossen Peter Behrens – für die AEG – und Hans Hertlein - für Siemens – ist das Werk des Architekten Hans Müller für die Berliner Elektrizitätswerke bisher ohne größere Beachtung geblieben. Es mag daran liegen, daß die mehr als vierzig Gebäude über das gesamte Gebiet Berlins verteilt sind und sich relativ unspektakulär in den Stadtraum einfügen. Einzelne Werke wie in der Leibnizstraße, in der Seller Straße oder Osloer Straße sind in Berlin allgemein bekannt, nicht aber ihr Architekt, ihre Entstehung und Funktion.“ (Kahlfeldt, 1989, S. 1739).

137 Grube, 2003, S. 41. 138 Als erster machte 1984 der Architekt Paul Kahlfeldt auf die Bauten von Hans Heinrich Müller durch seine

Publikation in Casabella aufmerksam. Acht Jahre später erschien von Paul Kahlfeldt im Birkhäuser Verlag ein Buch über das Werk Hans Heinrich Müllers. Bei diesen Publikationen war aber die Bewag noch nicht beteiligt.

139 Grube, Hans Achim (Hrsg.), New Power. Elektropolis im Wandel, jovis: Berlin, 2007. 140 Siehe folgenden Abschnitt. 141 Hans Achim Grube, geb. 1966, Architekturstudium, Projektleiter im Büro des Architekten Max Dudler,

1994-1996 Referent im Bundesbauministerium, ab 1996 Abteilungsleiter für Bau- und Grundstücksplanung der Bewag, ab 1999 Leiter Bereich Immobilien und Allgemeine Dienste, ab 2002 zusätzlich Geschäftsführer der Bewag Immobilienmanagement GmbH, seit 2008 ist Grube selbständig Erwerbender; Dissertation: Strategien zur Umnutzung von denkmalgeschützten Sondergebäuden der Elektrizitätswirtschaft in Berlin, TU Berlin, 2002.

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machten in ihren Entwurfsarbeiten Vorschläge, wie die Abspannwerke umgenutzt werden könnten. So wurden beispielsweise für das Abspannwerk Scharnhorst an der Technischen Fachhochschule Berlin Entwürfe erstellt, welche der Bewag halfen, Initialgespräche mit potenziellen Investoren zu führen.142 Für die Umnutzung von Kraftwerken wurde 2002/03 zusammen mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz ein studentischer Wettbewerb ausgelobt. Auch da wurden realisierungsfähige Vorschläge gemacht, welche als Basis für Gespräche mit Genehmigungsbehörden und potenziellen Investoren dienten.143 In einem weiteren Wettbewerb 2003/04 wurden für das Abspannwerk Wilhelmsruh Revitali-sierungskonzepte gesucht, wobei anlässlich des 125-jährigen Geburtstags von Hans Heinrich Müller die Bewag erstmals einen Hans Heinrich Müller-Preis vergab.144 Inzwischen wird der Hans Heinrich Müller-Preis regelmässig im Rahmen eines studentischen Ideenwettbewerbs vergeben. Thema ist jeweils die Umnutzung eines Areals der ehemaligen Bewag. In der Jury sitzen bekannte Architekten wie Max Dudler, Jan Kleihues, Paul Kahlfeldt, aber auch der Landes-konservator Jörg Haspel und Vertreter der Vattenfall.145 Der Hans Heinrich Müller-Preis ist ein Projekt, welches in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

– Planungen. Auch die (proaktiven) Projektplanungen durch Kahlfeldt und andere Architekten müssen zu den Bemühungen gezählt werden, Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erreichen.

– Ausstellungen. Zu den Bauten der Bewag wurden verschiedene Ausstellungen organisiert, so zwei von Kahlfeldt konzipierte Ausstellungen über Hans Heinrich Müller.146 Eine andere Ausstellung zeigte Planungsarbeiten von Kahlfeldt zwischen 1997 und 2001 für die Abspannwerke Humboldt, Leibniz und Buchhänd-lerhof und zum Stützpunkt Zeppelin.147

– Veranstaltungen wie Messen: Die Vattenfall Immobilienverwaltung ist auch an Immobilienmessen präsent, um auf ihre Gebäude aufmerksam zu machen.

– Zwischennutzungen. Mit der gezielten Ansiedlung von Zwischennutzungen in den Abspannwerken und Kraftwerken versuchte (und versucht) die Bewag beziehungsweise Vattenfall, die unbekannten Gebäude einem breiten Publikum bekannt zu machen: „Durch die temporäre Nutzung sollte ein breites Publikum angesprochen und auf diese Weise eine hohe Akzeptanz und Bekanntheit erreicht werden, die zu einem späteren Zeitpunkt zu einem wirtschaftlich tragfähigen Umnutzungskonzept führen konnten.“148 Erste Erfahrungen mit dieser Strategie

142 Grube, 2003 (B), S. 42. 143 Grube, 2006 (A), S. 246. 144 Grube, 2006 (A), S. 247. 145 Stand 2008. 146 1992, 2000 im Rahmen des Deutschen Denkmaltages. (Grube, 2003 (B), S. 44). 147 „Transformatoren/Transformationen“, 2001. 148 Grube, 2003 (B), S. 55.

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machte die Bewag in den 1990er Jahren mit der Ansiedlung des Techno-Clubs „E-Werk“ im Abspannwerk Buchhändlerhof (siehe Abb. 4.16).149 Im Abspannwerk Paul-Lincke-Ufer fanden Ausstellungen statt. Das bekannteste Beispiel ist aber wohl die temporäre Nutzung des Abspannwerks Humboldt durch das Vitra Design Museum (siehe Abb. 4.17). Nach den drei Jahren Zwischennutzung galt das Abspannwerk als gefragte Location für kulturelle und kommerzielle Events: In der Phasenschieberhalle wurde die Oper “Malpopita” aufgeführt, es folgten diverse Ausstellungen im Rahmen von Kunst- und Modemessen.150

– Echo in der Presse. Der Effekt all dieser Massnahmen wurde potenziert durch die jeweiligen Reaktionen in der Presse. So war beispielsweise das Echo auf die Mitteilung, dass das Vitra Design Museum im Abspannwerk Humboldt seine Berliner Dependence errichten würde, bemerkenswert: Zehn Fernsehbeiträge und 175 Zeitungsartikel befassten sich mit dieser Neuigkeit.151 Auch Presse-konferenzen, wie zum Beispiel zum Verkauf des Abspannwerkes Buchhändlerhof an SPM, lösten Reaktionen in der Presse aus. Und auch die Verleihung der verschiedenen Preise an die Bewag beziehungsweise Vattenfall war medien-wirksam (Ferdinand-von-Quast-Medaille vom Land Berlin 2000, Preis für Denkmalpflege der Stiftung Denkmalschutz Berlin 2002, Silberne Halbkugel vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz 2005).

Abb. 4.16: Abspannwerk Buchhändlerhof: Zwischennutzung als Diskothek. Abb. 4.17: Abspannwerk Humboldt: Zwischennutzung durch das Vitra Design Museum.

Für die Vattenfall haben sich die Anstrengungen gelohnt: Ein Grossteil der Abspannwerke konnte erfolgreich verkauft und umgenutzt werden. Der Nutzen der einzelnen Mass-nahmen lässt sich nicht immer direkt am Objekt ablesen, der Aufwand scheint sich vielmehr in der Summe zu lohnen. Das Abspannwerk Humboldt beispielsweise konnte nach der Zwischennutzung durch das Vitra Design Museum noch lange nicht verkauft

149 Grube (Hrsg.), 2007, S. 12. 150 Grube (Hrsg.), 2007, S. 12. 151 Grube, 2003 (B), S. 42.

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werden.152 Aber die Popularität dieser temporären Nutzung hat sich auf den Verkauf anderer Abspannwerke positiv ausgewirkt. Und der derzeitige Kraftwerksverkauf profitiert von den Bemühungen rund um die Abspannwerke. Die Vattenfall konnte sich ausserdem im Wandel von der Betreiberin von E-Werken zur Immobilienverwalterin ein positives Image als Denkmaleigentümerin und –verkäuferin aufbauen.

4.5.2 Zwischennutzungen: Der Gebrauch ermöglicht positive Erfahrungen

Die Bewag (beziehungsweise Vattenfall) hat bei der Umnutzung der Abspannwerke gezeigt, welche Fülle an Massnahmen denkbar ist, um die Attraktivität von Industrie-brachen zu steigern. Als Eigentümerin einer sehr grossen Zahl von umzunutzenden Standorten konnte sie es sich leisten, viele verschiedene Massnahmen gleichzeitig zu ergreifen. Für Eigentümer wie etwa die Warteck Invest AG ist ein solches Vorgehen hingegen undenkbar. Für eine solche Eigentümerin stellt sich dann die Frage, welche Massnahmen die effizientesten sind. Weil jede Industriebrache eine andere Ausgangslage hat und andere „Altlasten“ bewältigen muss, müssen auch die Instrumente der jeweiligen Situation angepasst werden.153 Um die eingangs erwähnten klassischen Probleme einer Industriebrache zu bewältigen - also negative Presse nach Stilllegung, unbekannte „verbotene Stadt“, Eindruck von Hässlichkeit – scheint aber die Zwischennutzung eine besonders interessante Massnahme zu sein. Anders als alle anderen Massnahmen wie Publikationen, Messen, Wettbewerbe etc. ermöglicht sie nämlich die persönliche Erfahrung. Die „weissen Flecken“ auf der Stadtkarte werden begehbar, (be-)greifbar. Die zuvor nicht betretbaren Stadtflächen können so von der Bevölkerung wieder ins Bewusstsein aufgenommen werden. Negative Nachrichten und Erinnerungen können durch positive Eindrücke relativiert werden. Das Denkmal wird also durch seinen Gebrauch von Negativem befreit. Die Öffnung für die Bevölkerung und die Bespielung mit attraktiven Nutzungen ist deshalb ein wichtiger Schritt in der Akzeptanzbildung.

Zwischennutzungen ermöglichen es ausserdem, Zeit zu gewinnen und zu experimen-tieren. Entscheidungen müssen nicht sofort gefällt werden. Während über Abriss und Erhaltung, mögliche definitive Nutzungen und Projekte nachgedacht wird, können durch eine temporäre Nutzung Erfahrungen gesammelt werden: Durch den Gebrauch kann sich zeigen, was funktioniert und was nicht. Der finanzielle Druck ist etwas weniger gross, wenn durch die Zwischennutzung Einnahmen entstehen. Diese können sogar recht beträchtlich sein, wie das Beispiel der Maaghalle in Zürich zeigt, welche als Event-Fläche genutzt wird. Und nicht selten bleiben die temporären Nutzungen für immer, wie zum Beispiel die Architekturabteilung der Zürcher Hochschule Winterthur in der Halle 180 auf dem Sulzerareal in Winterthur. Allerdings können Zwischennutzungen auch Gefahren bergen. Gefahren können – es sei hier an die Dualität des Denkmals erinnert – sowohl die

152 Heute gehört das Abspannwerk Humboldt dem Kanadier Michael Tippin, in dessen Portfolio sich diverse Denkmäler befinden. Siehe www.tippin.net, Stand September 2008.

153 Vgl. auch Husman, 2001, S. 732.

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Substanz des Denkmals als auch die Denkmalbegegnung betreffen.154 Die beiden möglichen Gefahren sollen kurz erläutert werden:

– Bei der Ansiedlung einer temporären Nutzung ist normalerweise die garantierte minimale Pflege ein positiver Nebeneffekt, welcher durch den Gebrauch des Denkmals entsteht. Das Beispiel Schuhfabrik HUG in Dulliken zeigt aber, wie “Zwischennutzungen” auch Schaden anrichten können: Das Industriedenkmal stand jahrelang leer und wurde zeitweise für Nahkampfübungen der Polizei gebraucht. Diese Nutzung hat vermutlich zu Sabotage animiert - das Denkmal hat durch Vandalismus einen Substanzverlust erfahren, bevor es nun doch noch umgenutzt wird.

– Eine andere Gefahr als die physische Zerstörung ist die Assoziation des Denkmals mit einer negativ behafteten Zwischennutzung. Es handelt sich also um eine Beeinträchtigung der Denkmalbegegnung. Wenn heute die Kraftwerke der ehemaligen Bewag als Kulissen für Filme benutzt werden wegen ihres „morbiden Industriecharakters“155, so stellt sich die Frage, mit welchen Gefühlen wir nach einem solchen Film das Denkmal betrachten. Das Beispiel der Umnutzung des Abspannwerks Humboldt durch das Vitra Design Museum zeigt, wie lange Erinnerungen an eine Zwischennutzung am Denkmal haften bleiben können: Obwohl es schon lange her ist, dass das Vitra Design Museum seine Dependence schloss, kennt heute jeder Berliner „das Abspannwerk, wo das Vitra Design Museum drin war“. Wenn Denkmäler zwischengenutzt werden, um auf sich aufmerksam zu machen, so haben die Zwischennutzungen einen ähnlichen Charakter wie Werbung am Denkmal – das Denkmal wird noch lange mit dieser Nutzung beziehungsweise Werbung assoziert: „Kurz ist der Gag, aber nachhaltig die Wirkung“.156 Von Buttlar, welcher sich intensiv mit dem Denkmal als Werbeträger auseinandergesetzt hat, sieht zwei Möglichkeiten, wie Denkmäler missbraucht werden können: Einmal kann die Aufmerksamkeit auf Kosten des Denkmals gehen. Als Beispiel nennt er die Audi-Reklame am Münchner Siegestor 1996/97, welche eine Kühlerfigur im Artdeco-Stil zeigt. Auf dem Plakat steht: “Vergessen Sie die Extravaganzen von gestern.” In diesem Fall spielt die Werbung unmissverständlich mit der Negativkategorie des „musealen“ Denkmalwertes hinter der Plane.157 Anderseits kann das Denkmal auch der Lächerlichkeit ausgesetzt werden. Als Beispiel nennt von Buttlar den Düsseldorfer Schlossturm, welcher nacheinander zum Altbierglas, zur Persil-Dame, zum Senftöpfchen und zum Nikolaus mit Bommelmütze umgearbeitet wurde. In diesem Fall wurde die Würde des Denkmals nicht respektiert.158

154 Zur Dualität des Denkmals siehe Kapitel „Denkmalpflegerische Beurteilungskriterien“. 155 Grube, 2003 (B), S. 56. 156 Von Buttlar, 2005, S. 250. 157 Von Buttlar, 2005, S. 249, Abbildung S. 247. 158 Von Buttlar, 2005, S. 249.

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Im Gegensatz zu einem physischen Schaden kann ein nicht-materieller Schaden aber wieder korrigiert werden. Und gerade dazu eignen sich – wiederum - Zwischennutzungen, weil sie persönliche Erfahrungen ermöglichen. Bei der Immobilienverwaltung der Vattenfall glaubt man, dass bisher noch keine der Zwischennutzungen geschadet habe. Immerhin wird die Ansiedlung von temporären Nutzungen mit dem Bereich Kommu-nikation der Firma Vattenfall abgesprochen.159

4.5.3 Fazit

Die Bewältigung von „mentalen Altlasten“ – zum Beispiel negative Schlagzeilen im Zusammenhang mit der Stilllegung, „verbotene Stadt“, Eindruck von Hässlichkeit – stellt bei Industriebrachen eine grosse Herausforderung dar. Zur Steigerung der Stand-ortattraktivität eignen sich je nach Situation andere Instrumente. Das Fallbeispiel der Bewag-Abspannwerke zeigt, dass die Ansiedlung von Zwischennutzungen nicht nur ein geeignetes Mittel sein kann zur Aufschiebung von definitiven Entscheidungen, zur Erkennung von geeigneten Nutzungen und zur vorübergehenden Pflege des Denkmals, sondern vor allem auch zur Bewältigung der „mentalen Altlasten“, indem sie persönliche, positive Erfahrungen vor Ort ermöglicht. Voraussetzung ist aber die Wahl einer Zwischennutzung, welche dem Denkmal – und damit auch seinem Eigentümer – weder materiellen noch immateriellen Schaden zufügt.

159 Gespräch mit Andreas Dierkes, Leiter Immobilienverwaltung Vattenfall, und Christina Keseberg, Vattenfall, Berlin, 21.2.2008.

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PUBLIKATIONEN ZU DEN ABSPANNWERKEN DER BEWAG (HEUTE VATTENFALL) (Abb. 4.18)

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4.6 DIE SPEZIELLE ROLLE DES ARCHITEKTEN

Den Auftrag, ein Projekt für das Warteckareal zu erstellen, erteilte die Warteck Invest AG zuerst an das Architekturbüro Suter & Suter, welches mit dem Areal und dem Baubestand vertraut war. Wie für einen weiteren Umbau auf dem Areal engagierte sie die „Hausarchitekten“ der Brauerei Warteck. Erst für ein drittes Projekt wählte sie schliesslich das Büro Diener & Diener, welches mit einer Sicht von aussen an das Areal heranging und sich über die gegebenen Auflagen hinwegsetzte. Roger Diener nahm als Architekt eine spezielle Rolle ein, die über die klassische Rolle des Architekten hinausgeht: Er erstellte und realisierte nicht nur das architektonische Projekt, sondern er lieferte eine Lösung, die alle vorhandenen Probleme zwischen den verschiedenen Parteien auf einmal löste. Er war unter anderem an der Bestimmung der Nutzung in den Brauereibauten ganz wesentlich beteiligt, indem er vorschlug, die Gruppe aus der Garage Schlotterbeck in den Bauten einzuquartieren, und die beiden Partner, Warteck Invest AG und Gruppe Schlotterbeck, zusammenführte. Ausserdem war er während des ganzen Umnutzungs-prozesses (zusammen mit Jakob Tschopp) Vermittler zwischen den ganz unterschied-lichen Kulturen von Eigentümer und Nutzer. Es lässt sich vermuten, dass das Projekt heute unter anderem als erfolgreich eingeschätzt werden kann, weil Diener mehr leistete als klassische Architektenarbeit.

In diesem Kapitel soll deshalb die Frage gestellt werden, welche speziellen Aufgaben der Architekt bei Umnutzungen von Industriedenkmälern übernehmen sollte. Dabei kann es sich um ganz besondere Aufgaben handeln, die sich aus der Aufgabe „Umnutzung Industriedenkmal“ ergeben, oder es sind Tätigkeiten, die üblicherweise zu seinem Aufgabengebiet gehören und hier von besonderer Wichtigkeit sind. Die Frage der Architektenrolle soll anhand eines Extremfalls diskutiert werden: Bei der Umnutzung der Abspannwerke der Bewag hat der Architekt Paul Kahlfeldt eine ganz besondere, sehr zentrale Rolle eingenommen.

4.6.1 Paul Kahlfeldt und die Abspannwerke der Bewag (heute Vattenfall)

Paul Kahlfeldt begann sich für die Bauten von Hans Heinrich Müller zu interessieren, lange bevor die Abspannwerke ihre Betriebsnotwendigkeit verloren. Kahlfeldts kunst- und architekturgeschichtliches Interesse für die Bauten wurde geweckt, als Vittorio Magnago Lampugnani ihn bei der Arbeit einmal fragte, was denn das eigentlich für ein Gebäude gegenüber der Baustelle sei, für die sie beide arbeiteten. Es handelte sich um das Abspannwerk Leibniz: „Der strenge Ziegelbau mit dem elementaren geschlossenen Volumen, den rhythmisch und kühn aneinander gereihten Fenstern, der nur leichthin angedeuteten Basis und der elegant ausschwingenden Attika fiel mir früh auf, beim Vorbeifahren, und ließ mich mit seiner eindringlichen Enigmatik nicht mehr los. [...] Wir sprachen immer wieder über das Gebäude, das uns sowohl in der Tradition der Klassik als auch in jener der Moderne zu stehen schien, und beschlossen, seiner Geschichte nachzugehen. Das erwies sich mitnichten als einfach. Immerhin fand mein Kollege heraus, dass der Architekt Hans Müller hieß, was nicht gerade zu seiner Unverwechsel-

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barkeit beitrug, und das Gebäude zwischen 1927 und 1929 realisiert hatte.“160 Kahlfeldt recherchierte und schrieb schliesslich 1984 einen Aufsatz über Hans Heinrich Müller in der Zeitschrift Casabella, in deren Redaktion Lampugnani damals gerade arbeitete.161 Der Artikel stiess auf Interesse. Fünf Jahre später veröffentlichte Kahlfeldt den ersten Beitrag in deutscher Sprache für das architekturinteressierte Publikum. Darin machte Kahlfeldt darauf aufmerksam, dass Überlegungen über die weitere Verwendung der Bauten notwendig seien, bevor die Anlagen entfernt werden.162 Kahlfeldt forschte weiter, durchsuchte die Bewag-Archive, und konnte schliesslich 1992 im Birkhäuser Verlag ein umfangreiches Werk über Hans Heinrich Müller veröffentlichen.163

Dieses Buch machte Kahlfeldt zum Experten für Müller-Bauten: Es diente der Denkmalpflege als Basis für die Unterschutzstellungen, die sie bis 1995 vornahm. Und als die Bewag Mitte der 1990er Jahre beschloss, die Abspannwerke zu veräussern und umzunutzen, kam sie auf den jungen Architekten Kahlfeldt zu. Seine Recherchen bildeten die Basis für die weiteren Planungen.164 Das erste Objekt, welches umgenutzt werden sollte, war – zufälligerweise wieder – das Abspannwerk Leibniz. Die Bewag beauftragte Kahlfeldt, Handlungsoptionen zu erarbeiten. Das Abspannwerk sollte ursprünglich in ein Fortbildungszentrum für die Bewag umgenutzt werden, aus Kostengründen entschied sich die Bewag aber schliesslich für einen Verkauf. Nun stellte sich wiederum die Frage der neuen Nutzung. Kahlfeldt vermittelte der Bewag die Firma MetaDesign als neuen Nutzer, welche einen neuen Firmensitz suchte.165 MetaDesign wählte Kahlfeldt als Architekten, welcher das Abspannwerk (zusammen mit der Innenarchitektin Christa Fischer) 1997-2001 genau auf die Bedürfnisse des Unternehmens hin umbaute. Kahlfeldt erstellte damit ein Vorzeigeprojekt, ein erstes umgenutztes Abspannwerk, welches bei der Suche nach weiteren Investoren für die übrigen Abspannwerke als Beispiel vorgeführt werden konnte (siehe Abb. 4.19, Abb. 4.20, Abb. 4.21 und Abb. 4.22): Im Buch Elektropolis Berlin. Historische Bauten der Stromverteilung, welches potenzielle Investoren ansprechen will, wurde die Umnutzung des Abspannwerks Leibniz als Beispielumnutzung vorgestellt.166

160 Magnago Lampugnani, 2001, S. 32. 161 Kahlfeldt, Paul, „Architectura industriale di Hans Müller a Berlino”, in: Casabella, Nr. 505, 1984, S. 42-47. 162 Kahlfeldt, Paul, „Hans Heinrich Müller und die Umspannwerke der Bewag“, in: Bauwelt, Stadtbauwelt, Nr.

103, Heft 36, 1989, S. 1739-1749, hier: S. 1742. 163 Kahlfeldt, Paul, Hans Heinrich Müller 1879-1951. Berliner Industriebauten, Basel: Birkhäuser, 1992;

Hauptquellen Abschnitt: Gespräch mit Paul Kahlfeldt, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008; Magnago Lampugnani, 2001, S. 32/33.

164 „Seine Forschung bildete einen wesentlichen Faktor für die Entwicklung erster Umnutzungskonzepte für leer stehende, denkmalgeschützte Technikgebäude.“ (Grube, 2003 (B), S. 8).

165 MetaDesign ist heute Mieterin, Eigentümerin ist eine Familie Jah in Hamburg. 166 Hauptquellen Abschnitt: Gespräch mit Paul Kahlfeldt, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008; Grube,

2003 (B).

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Abb. 4.19: Abspannwerk Leibniz, Ansicht vor der Umnutzung, 1953. Abb. 4.20: Abspannwerk Leibniz, Ansicht nach der Umnutzung von 1997-2001 zum MetaHaus .

Abb. 4.21: Abspannwerk Leibniz, Grundriss 1928. Der rechte Flügel wurde nie nach Plan von Hans Heinrich Müller ausgeführt. Abb. 4.22: Abspannwerk Leibniz. Grundriss Ebene 5 nach der Umnutzung zum MetaHaus.

Bei den weiteren Abspannwerken arbeitete Kahlfeldt sowohl für das Landesdenkmalamt, als auch für die Bewag und die Investoren: Als Experte erstellte er im Auftrag des Landesdenkmalamtes denkmalpflegerische Gutachten, um die Grundlage für Nach-nutzungskonzepte zu schaffen.167 Zusammen mit Matthias Dunger erstellte er einen Massnahmenkatalog, welcher einen Handlungsrahmen für die Umnutzungen definieren sollte. Für die Bewag entwickelte er für die Abspannwerke diverse Projekte, welche zur Kontaktaufnahme mit Investoren dienten. Oft war es Kahlfeldt, welcher für die Bewag einen Käufer fand. Weil seine proaktiven Projektentwicklungen eine Vertrauensbasis schufen, wurde Kahlfeldt häufig von den Investoren als Architekt übernommen. Insgesamt hat Kahlfeldt heute einen Grossteil der Abspannwerke umgebaut. Auch in Zukunft wird bei einer Abspannwerkumnutzung kaum einer an Kahlfeldt vorbeikommen, denn die Grundlagen sind heute im Besitz von Kahlfeldt: Als vor ein paar Jahren die Bewag das Archiv zu den Müller-Bauten aufgeben wollte, nahm Kahlfeldt das Archiv zu sich.168

167 Grube, 2003 (B), S. 39. 168 Hauptquellen Abschnitt: Gespräch mit Paul Kahlfeldt, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008; Gespräch

mit Andreas Dierkes, Leiter Immobilienverwaltung Vattenfall, und Christina Keseberg, Vattenfall, Berlin, 21.2.2008.

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4.6.2 Die Aufgaben: Nutzungsmitbestimmung, Visualisierung, Kostenschätzung/Finanzberatung und Koordination/Mediation

Aufgrund seiner frühen, kunst- und architekturhistorischen Forschung über Müller kannte Kahlfeldt die Abspannwerke besser als die Eigentümerin und die Denkmalpflege. Mit diesem Vorsprung bekam er von Anfang an eine sehr zentrale Stellung im Umnutzungs-prozess. Indem er sowohl für die Bewag als auch für das Landesdenkmalamt und die Investoren tätig war, konnte er von verschiedenen Seiten her Einfluss ausüben.169 Der Fall Kahlfeldt ist sicher einzigartig und in dieser Art nicht wiederholbar. Eine Strategie ist aus diesem Beispiel nicht abzuleiten. Dennoch ergeben sich zu der Rolle des Architekten bei Umnutzungen von Industriedenkmälern ein paar Erkenntnisse. Sowohl Diener beim Warteckareal als auch Kahlfeldt bei den Abspannwerken zeigen, dass die Rolle des Architekten weit über die klassische Architektenrolle hinausgeht. Es sollen hier vier besondere Aufgaben näher betrachtet werden, welche der Architekt dabei wahrnehmen kann oder muss.

NUTZUNGS(MIT)BESTIMMUNG

Bei allen in dieser Arbeit dargestellten Fallbeispielen ausser dem Meilenwerk haben die Architekten bei der Wahl der neuen Nutzung mitgeholfen (Warteckareal: Diener, Gundeldinger Feld: Baubüro insitu u.a., Abspannwerke Bewag: Kahlfeldt).170 Entweder waren die Architekten selbst Initianten und Betreiber und bestimmten deshalb die Nutzung selbst (Gundeldinger Feld), oder sie vermittelten den Nutzer (Warteckareal, Abspann-werke Bewag). Es ist bestimmt kein Zufall, dass bei diesen erfolgreichen Umnutzungen die Architekten bei der Nutzungsbestimmung beteiligt waren: Bei Industriedenkmälern wie zum Beispiel dem Abspannwerk Leibniz stellt nämlich das Vorstellungsvermögen, wie sich ein Raum verändern lassen könnte, oft eine grosse Herausforderung dar: “Als wir in das Abspannwerk Leibniz hereinkamen, waren die Gebäude schon ausgeweidet, kalt und schmutzig. Es gab Ratten, Tauben. Alles war unverputzt, überall lagen Kabel, es roch nach Altöl. Die Scheiben waren zerbrochen. Es war ein unschöner Anblick”, erinnert sich Kahlfeldt.171 Weil sich der Architekt in der Regel in solchen Situationen einfacher als andere, zum Beispiel als die Investoren, vorstellen kann, wie Räume verändert und gebraucht werden könnten, ist seine Beratung von Anfang an wichtig. Beim Abspannwerk Leibniz sah Kahlfeldt es als Hilfe, dass es sich beim Nutzer MetaDesign um ein

169 Welche wichtige Rolle Kahlfeldt in der Zusammenarbeit zwischen Landesdenkmalamt und Bewag hatte, lässt sich an dem Umstand zeigen, dass zu den Herausgebern des Buches Elektropolis Berlin. Historische Bauten der Stromverteilung. Eine Publikation der Bewag neben dem Landesdenkmalamt und der Bewag auch Kahlfeldt gehörte. Es liesse sich natürlich hier diskutieren, ob es für ein Projekt nicht auch eine Gefahr darstellen kann, wenn es für alle Fragen nur einen Experten gibt.

170 Im Fall Gundeldinger Feld waren die Initiant(inn)en zum Teil Architekt(inn)en, welche dem Baubüro insitu angehörten, welches die Umnutzung des Areals plante.

171 Gespräch mit Paul Kahlfeldt, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008, sinngemässe Wiedergabe der Worte.

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Unternehmen handelte, welches in der Designbranche tätig ist. In diesem speziellen Fall konnte auch der Nutzer von der vorgefundenen Situation abstrahieren.172

VISUALISIERUNG

Was potenzielle Eigentümer, Investoren und Nutzer vor der Umnutzung eines Industriedenkmals sehen, kann abschreckend sein. Beim Fallbeispiel Meilenwerk wurde deshalb potenziellen Investoren nicht das Gebäude gezeigt, sondern es wurde eigens für diesen Zweck ein Film erstellt, welcher die Aufmerksamkeit weg von den Wasserpfützen auf die Stärken des Denkmals richtete.173 Weil die Vorstellung eines zukünftigen Zustandes bei Industriedenkmälern so schwierig ist, kommt der Visualisierung durch den Architekten eine ganz grosse Bedeutung zu. Mit seinen Bildern generiert der Architekt das Sensitive. Zu den Bildern zählen Pläne, Perspektiven, Computersimulationen, aber auch bereits umgenutzte Objekte, wie zum Beispiel im Fall der Abspannwerke der Bewag das Abspannwerk Leibniz, welches fotografisch dargestellt und vor allem auch besucht werden konnte (siehe Abb. 4.23 und Abb. 4.24).174

Abb. 4.23: Abspannwerk Leibniz: ehemalige Schaltwarte vor der Umnutzung. Abb. 4.24: Abspannwerk Leibniz: Sitzungszimmer von MetaDesign in der ehemaligen Schaltwarte.

KOSTENSCHÄTZUNG UND FINANZBERATUNG

Weil es sich bei Industriedenkmälern um Spezialimmobilien handelt, stehen für die Kostenschätzung praktisch keine Vergleichswerte zu Verfügung. Die Investoren können sich in den allermeisten Fällen nicht auf ihre Erfahrungswerte stützen. Deshalb sind die Erfahrungen des Architekten sehr gefragt. Die Architekten der Meilenwerkumnutzung zum Beispiel, Dinse Feest Zurl aus Hamburg, welche bereits verschiedene Industriedenkmäler

172 Gespräch mit Paul Kahlfeldt, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008. 173 Siehe Halder-Hass, 2002 (B), S. 168/169. 174 Besonders einfach hatte es der Investor von Labels Berlin, welcher beabsichtigte, eine Lagerhalle am

Berliner Osthafen für seine Showrooms umzunutzen. Daneben befand sich ein identisches Gebäude, welches schon von MTV umgenutzt worden war und die Vorstellung sehr erleichterte (Gespräch mit einer Mitarbeiterin von Labels Berlin, Berlin 22.2.2008).

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umgenutzt hatten, konnten beim Meilenwerk für die Kostenermittlung auf ihre Vergleichsdaten zurückgreifen. Ein besonderer Fall ist Kahlfeldt, welcher nach den diversen Abspannwerkprojekten ein besonders gutes Gefühl für die entstehenden Kosten bei Abspannwerkumnutzungen hat.

Dass die Beratung des Architekten in finanzieller Hinsicht weit über die Kostenfrage hinausgehen kann, zeigt das Beispiel Gundeldinger Feld. Hier haben sich diverse Startup-Firmen niedergelassen. Für jedes Unternehmen wird hinsichtlich Ausbau und Miete eine individuelle Lösung gesucht, welche auf die entstehende Firma zugeschnitten ist, also zum Beispiel nicht eine zu grosse finanzielle Belastung am Anfang darstellt. Der Architekt Honegger (Betreibergesellschaft Kantensprung AG und Baubüro insitu) macht aber bei den Startups auch noch weitergehende Beratungen, zum Beispiel hinsichtlich der Rechtsform der neuen Firma. Honegger glaubt, dass sich eine solche umfassende Beratung der Nutzer dadurch auszahlt, dass die Unternehmen länger bleiben.175

KOORDINATION UND MEDIATION

In der Beziehung zwischen der Verkäuferin und den Käufern der Abspannwerke nahm Kahlfeldt eine Schlüsselrolle ein.176 Im Fall Warteck hatte Diener eine wichtige Vermittlerrolle zwischen Eigentümerin und Nutzer. Die beiden Fallbeispiele zeigen, wie wichtig die Rolle des Architekten als Koordinator und Mediator ist. Möglicherweise ist diese Rolle bei Industriedenkmälern noch eine grössere Herausforderung als bei anderen Umbauten, weil sich durch die Besonderheit der Gebäude noch mehr offene Fragen ergeben, die geklärt werden müssen. Die Fragen reichen von der notwendigen Wärme-dämmung über den Brandschutz bis zu einsturzgefährdeten Kaminen. Der Architekt hat die Aufgabe, die vielen verschiedenen Forderungen, unter anderem von Seiten der Denkmalpflege, des Investors und der Nutzer, sinnvoll und zur Zufriedenheit aller zu verbinden.177

Die vier beschriebenen Aufgaben, Nutzungs(mit)bestimmung, Visualisierung, Kosten-schätzung/Finanzberatung und Koordination/Mediation lassen sich einfacher wahr-nehmen, wenn der Architekt Erfahrungen mit Industriedenkmälern mitbringt. Es ist deshalb wohl kein Zufall, dass sich bei den hier zusätzlich vorgestellten, erfolgreichen Umnutzungsprojekten alle Architekten bereits vorher mit dem Thema auseinandergesetzt haben: Das Architekturbüro Dinse Feest Zurl hat vor dem Meilenwerkumbau auf dem Maihakgelände in Hamburg bereits Erfahrungen bei einer Fabrikumnutzung und -revitalisierung gesammelt;178 das Baubüro insitu in Basel hat vor der Umnutzung des Gundeldinger Feldes bereits den ehemaligen Hauptsitz der Schweizerischen Volksbank in Basel zum „Haus der Mitte“ umgenutzt;179 Kahlfeldt hatte vor dem Umbau des

175 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008. 176 Gespräch mit Andreas Dierkes, Leiter Immobilienverwaltung Vattenfall, und Christina Keseberg,

Vattenfall, Berlin, 21.2.2008. 177 Vgl. auch Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Hrsg.), 2005, S. 11. 178 Fertigstellung 2001 (www.dfz-hh.de, Stand September 2008; Krause, 2001, S. 12). 179 1998 (www.insitu.ch, Stand September 2008).

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Abspannwerkes Leibniz bereits den Hopfenspeicher des Reudnitzer Brauhauses und die Engelhardthöfe in Berlin umgebaut.180

4.6.3 Fazit

Die Untersuchungen der Fallbeispiele Bewag-Abspannwerke und Warteck zeigen, welche zentrale Rolle der Architekt im Umnutzungsprozess einnimmt. Die Person des Architekten und sein über die klassische Rolle des Architekten weit hinaus reichendes Engagement scheinen für das Gelingen der Umnutzung entscheidend zu sein. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehören die Nutzungsmitbestimmung, die Visualisierung, die Kostenschätzung/ Finanzberatung, die Koordination und Mediation. Das Beispiel Kahlfeldt zeigt eindrücklich, welche Vorteile es haben kann, wenn der Architekt Umnutzungserfahrung im Industrie-denkmalbereich mitbringt und frühzeitig in den Prozess eingebunden wird.

180 Reudnitzer Brauhaus: 1994-1995; Engelhardt-Höfe: 1993-1996 (www.kahlfeldt-architekten.de, Stand September 2008).

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4.7 DIE FINANZIERUNGSFRAGE

Die heutige Eigentümerin der Warteck Brauereibauten hat von einem grossen Anfangs-bonus profitieren können: Die Stiftung Kulturraum Warteck erhielt die Brauereibauten als Geschenk. Und die Umbaukosten wurden mehrheitlich durch die Warteck Invest AG übernommen, dazu kommen diverse Spendengelder und die Eigenleistungen der Nutzer. Die Einnahmen der neuen Nutzung müssen heute lediglich die Kosten für Betrieb, Verwaltung, Instandhaltung und periodische Instandsetzungsarbeiten, nicht aber Finan-zierungskosten decken. Dass dieses Umnutzungsprojekt kostendeckend ist, ist nicht sehr verwunderlich.181

Es soll in diesem Kapitel deshalb die Frage gestellt werden, wie eine Umnutzung erfolgreich finanziert werden kann, wenn keine solchen Starthilfen vorhanden sind. Die Frage soll anhand des Umnutzungsbeispiels Gundeldinger Feld diskutiert werden: Wie beim Werkraum Warteck handelt es sich auch beim Gundeldinger Feld um ein „alternatives Projekt“ mit einem hohen Anteil an kulturellen und quartierbezogenen Nutzungen. Wie das Warteckareal liegt auch das Sulzer Burckhardt-Areal in Basel, in ähnlicher Lage. Die Grösse der Areale ist vergleichbar. Beide Projekte entstanden aus der gleichen Bewegung heraus, welche sich aus einer Besetzerszene in den 1980er Jahren heraus entwickelte, mit der Stadtgärtnerei begann, dann im Kino Union weitergeführt wurde, in der Garage Schlotterbeck ihre Fortsetzung fand und aus welcher schliesslich eine ganze Menge von Umnutzungsprojekten entstanden, unter anderem der Werkraum Warteck und später das Gundeldinger Feld. Obwohl die beiden Projekte also miteinander verwandt sind und obwohl zum Teil sogar die gleichen Leute daran beteiligt sind, entstand im Gundeldinger Feld eine ganz andere Lösung: Das Projekt ist risikoreicher, dafür unabhängiger und viel rentabler.

4.7.1 Das Gundeldinger Feld

IMMOBILIENPROJEKTFINANZIERUNG

Die Gundeldinger Feld AG, welche eigens für das Projekt Gundeldinger Feld gegründet worden war, kaufte das Sulzer Burckhardt-Areal für CHF 12.3 Mio. Die ebenfalls zum Zwecke der Revitalisierung des Areals gegründete Betreibergesellschaft Kantensprung AG übernahm die Gebäude im Baurecht von der Gundeldinger Feld AG für einen symbo-lischen Betrag von CHF 1. Um die Betreibergesellschaft in der Startphase zu entlasten, wo üblicherweise der Cashflow den Kapitaldienst nicht decken kann, wurde der

181 Siehe auch Kapitel „Ökonomische Beurteilung“.

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Baurechtszins gestaffelt (zu Beginn 2.5% Zins, heute 5%, später alle 10 Jahre Anpassung an den Markt).182

Aufgrund des Mehrwerts der Gebäude gegenüber dem bezahlten Betrag und mit dem Aktienkapital von CHF 100'000 konnte die Kantensprung AG bei der Basler Kantonalbank eine Hypothek von CHF 13 Mio. aufnehmen.183 Der Umbau der unter Denkmalschutz gestellten Halle wurde durch Subventionen der Denkmalpflege unterstützt. Sponsoren-gelder kamen nur an ganz wenigen Orten zum Einsatz, für einzelne ausgewählte Projekte, so zum Beispiel für den Einbau eines Aufzugs im Hotel, welcher die Behindertengerechtigkeit garantierte und von der Pro Infirmis bezahlt wurde.184

Abb. 4.25: Inzidenzdiagramm Gundeldinger Feld (Anmerkung: Das anfängliche Investitions- und Betriebsdarlehen von CHF 1.7 Mio. ist heute zur Hälfte zurückbezahlt).

182 Hauptquelle Abschnitt: Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008. Weitere Angaben siehe Kapitel „Der geeignete Investor“.

183 Inzwischen wurde die Hypothek von der Alternativbank übernommen. 184 Hauptquelle Abschnitt: Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel,

2.4.2008.

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IMMOBILIENFINANZIERUNG

Finanzierungsquelle für die Finanzierung von Verwaltung, Betrieb und Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten sind alleine die Mieterträge. Es gibt keine Sponsorengelder und sonstigen Unterstützungen, abgesehen von allfälligen Subventionen für die denkmal-geschützte Halle 8, die bei zukünftigen Arbeiten wieder bewilligt werden könnten. Die Rückstellungen für periodische Instandsetzungsarbeiten sind im Vergleich mit üblichen Werten sehr gering. Weil aber amortisiert wird, könnte die Hypothek für grössere Arbeiten jederzeit wieder erhöht werden. Und weil innerhalb des Areals immer wieder neue Projekte realisiert werden, können auch einige Kosten auf die Projekte übertragen werden.185

4.7.2 Keine Angst vor Wirtschaftlichkeit – Rentabilität als Chance

Bei den Mieten wird im Gundeldinger Feld für jeden Nutzer eine individuelle Lösung gesucht. Handelt es sich um eine Startup-Firma wie bei der Kletterhalle 7 oder dem Backpacker-Hotel, so wird versucht, den Bedürfnissen des jungen Unternehmens entge-genzukommen, zum Beispiel durch gestaffelte Mieten, oder die Räume werden roh statt ausgebaut vermietet.186 Im Vergleich mit ähnlichen Räumen in Basel liegen die Mieten im Gundeldinger Feld relativ hoch, wie ein Vergleich der Mietbeträge für Künstlerateliers 2006 in Basel zeigte.187 Die Kantensprung AG setzt für die Mieten bewusst fast den Marktpreis ein, weil sie glaubt, dass der finanzielle Druck die Kreativität der Mieter fördert: So hatte beispielweise die Mieterhöhung für die Räumlichkeiten des Familienzentrums zur Folge, dass die Räume abends weiter vermietet wurden. Dadurch entstand abends mehr Leben auf dem Areal, das Areal wird intensiver genutzt. Dem Gundeldinger Feld soll es nicht so ergehen wie der Kaserne Basel. Honegger von der Kantensprung AG erzählt, dass dort die Künstlerateliers so günstig vermietet werden, dass, wenn die Künstler einmal gestorben sind, die Angehörigen die Räume als Lager für die Bilder weiter behalten. So wird das Areal im wahrsten Sinne des Wortes nicht belebt.188 Sollte diese Schilderung auch nur eine Anektote sein, so macht sie doch die Absichten der Kantensprung AG verständlich.

Die Umnutzungen Werkraum Warteck und Gundeldinger Feld wählten bei vergleichbarer Nutzung ganz andere Lösungen. Begründen lässt sich der Unterschied vermutlich unter

185 Hauptquelle Abschnitt: Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008.

186 Hauptquelle Abschnitt: Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008.

187 Heitz, Dominik, „Ateliers stehen vor Blutauffrischung”, in: Basler Zeitung, 21.7.2006. Die Aussagekraft des Artikels ist leider nicht sehr gross, da jeweils für die Raumgrösse und für die Miethöhen Spektren angegeben werden und weil keine Aussagen zum Ausbaustandard gemacht werden. Honegger bestätigt im Gespräch vom 2.4.2008 aber, dass die Mieten im Vergleich hoch liegen.

188 Gespräch mit Eric Honegger, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008.

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anderem damit, dass im Werkraum Warteck die Betreiber selbst Nutzer sind, im Gundeldinger Feld hingegen die Betreibergesellschaft das Areal für andere betreibt. In den Warteck Brauereibauten werden die Räume insbesondere für Künstler subventioniert: Die Künstler werden unterstützt, damit sie kreativ sein können. Es handelt sich um eine ideelle Lösung.189 Im Gundeldinger Feld hingegen wird Rentabilität angestrebt. Die Künstler werden finanziell nicht geschont im Glauben, dass sich dies positiv auf die Kreativität auswirkt. Obwohl es sich bei beiden Projekten um quartierbezogene, kulturelle Nutzungen handelt, ist die Zusammensetzung der einzelnen Nutzungen etwas unter-schiedlich. Während im Brauereikomplex fast alle Nutzungen gemeinnützig sind oder Startup-Charakter haben, haben sich im Gundeldinger Feld auch etablierte, rentable Firmen und Organisationen niedergelassen.190 Man denkt hier marktwirtschaftlich.

4.7.3 Fazit

Das Beispiel Gundeldinger Feld zeigt, dass eine Umnutzung auch ohne enorme Starthilfen wie Schenkung des Gebäudes und bezahlten Umbau funktionieren kann, und dies auch bei einer kulturellen, quartierbezogenen Nutzung. Zum Gelingen im Gundeldinger Feld beigetragen hat nebst dem System mit getrennten Funktionen Arealeigentümer und –betreiber, klarer Trennung von Betreiber und Nutzer und der Baurechtslösung mit gestaffeltem Baurechtszins vor allem die positive Einstellung zur Rentabilität: Rentabilität wird hier als Chance verstanden, zum Beispiel die Kreativität zu fördern und das Areal zu beleben.

189 Das Projekt Werkraum Warteck sah auch vor, dass in den Brauereibauten nur Nutzungen untergebracht werden sollen, die in kommerziell betriebenen Liegenschaften nicht untergebracht werden können. (Baudepartement Kanton Basel-Stadt (Hrsg.), 20.4.1993 S. 21).

190 So befinden sich auf dem Areal beispielsweise das Büro von WWF (Region Basel), das Zentralsekretariat der Pro Natura, ausserdem eine physiotherapeutische Praxis, ein Architekturbüro, eine Advokatur. (www.gundeldingerfeld.ch, Stand Februar 2009).

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4.8 DAS MARKETING FÜR DIE NEUE NUTZUNG

Die Idee des Werkraums ist schwierig zu vermitteln. Dennoch scheint der Verein Werkraum Warteck pp kein eigentliches Marketingkonzept für das ganze Haus zu besitzen. Beim „Werkraum Warteck“ handelt es sich nicht um eine starke Marke. Abgesehen von der Website (www.warteckpp.ch), der Publikation von Broschüren mit Informationen zur Geschichte des Werkraums und der Darstellung von einzelnen Nutzungen, der Organisation von Veranstaltungen wie der „LISTE“ oder von Führungen durch die Räumlichkeiten, werden kaum gemeinsame Kommunikationsmassnahmen unternommen. Die Werkraumnutzung ist eng mit dem Industriedenkmal verbunden. Das Denkmal ist für das Verständnis der Werkraumidee wichtig. Die Nutzung liesse sich mit Hilfe des Denkmals bestimmt besser „vermarkten“, als dies heute der Fall ist.191

Es soll im Folgenden der Frage nachgegangen werden, wie das Marketing einer Neunutzung in einem Industriedenkmal optimal gestaltet werden kann, insbesondere wie die Denkmalqualitäten für das Marketing in Wert gesetzt werden können. Im Gegensatz zum Thema „Steigerung der Standortattraktivität“, wo es um Fragen des Standort-marketings geht, geht es hier um das Marketing der neuen Nutzung, wobei das Thema nur soweit interessiert, wie es mit dem Industriedenkmal zu tun hat. Die Frage soll anhand des Fallbeispiels Meilenwerk diskutiert werden, wo das Marketing einen engen Bezug zum Denkmal hat und mit grossem Erfolg betrieben wird.

4.8.1 Das Meilenwerk

PRODUKT

Das Verkehrsdenkmal als Standort gehört mit zum Angebot des Meilenwerks: Das erste Oldtimerzentrum wurde in einem Strassenbahndepot in Berlin eröffnet. Inzwischen wurde bereits ein zweites Zentrum in einem Ringlokschuppen in Düsseldorf gegründet, ein drittes ist in einem ehemaligen Flughafen in Stuttgart in Bau. Für Hamburg, München, Frankfurt, Wien und Zürich laufen Standortanalysen. Es ist anzunehmen, dass auch an diesen Orten ein Verkehrsdenkmal gesucht wird. Mit ihrem verkehrshistorischen Hintergrund erzeugen diese Denkmäler eine Atmosphäre, die von Oldtimerliebhabern geschätzt wird. Das Verkehrsdenkmal ist Teil des hier erfahrbaren Erlebnisses.

PRICING

Die Preisgestaltung im Meilenwerk ist sehr differenziert. Je nach Nutzen, den das Meilenwerk vom jeweiligen Mieter hat, ist die Raummiete eine andere. So bezahlen beispielsweise die zwanzig verschiedenen Clubs, die sich hier niedergelassen haben, für

191 Siehe auch Kapitel “Wichtige Entscheidungen, Vorgehensweisen und Konstellationen”.

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ihren Clubraum nichts. Hier werden Kontakte geknüpft und Aktivitäten geplant. “Sie sind für das Meilenwerk wichtige Multiplikatoren geworden”.192

VERTRIEB UND KOMMUNIKATION

Eine aussergewöhnliche Massnahme der Kommunikationspolitik wurde im Meilenwerk gewählt, um potenzielle Mieter zu überzeugen: Bereits für die Suche nach Investoren hatten Halder-Hass und Halder auf das Medium Film gesetzt und einen Film über das Gebäude drehen lassen, mit Musik untermalt, welcher die Aufmerksamkeit weg von den Wasserpfützen auf die Stärken des Denkmals lenkte (siehe Abb. 4.26). Während der Umbauzeit wurde ein weiterer Film gedreht, welcher bei der Eröffnungsfeier gezeigt wurde. Damit liessen sich noch letzte Mieter finden und Kunden begeistern. Im Meilenwerk geht man davon aus, dass Bilder überzeugender wirken als Worte – auch im Immobilien- und Denkmalbereich.193

Das Marketingkonzept des Meilenwerks ist sehr erfolgreich. Die Marke „Meilenwerk“ wird in der Oldtimerszene wahrgenommen: Museen und Autokonzerne bewerben sich mittlerweile um Einstellboxen im Meilenwerk, um hier Präsenz zu zeigen. Das Meilenwerkteam wird bei der Organisation von vielen Oldtimeraktivitäten wie zum Beispiel Ralleys einbezogen.194 Und das Meilenwerk (beziehungsweise Halder) wird heute um seine Meinung gefragt, wenn es um politische Fragen rund um Oldtimer geht, zum Beispiel, wenn die Oldtimer wegen Feinstaubbelastung nicht mehr fahren sollen.195

Beim Meilenwerk ist es gelungen, die Marke über das Objekt hinaus zu gebrauchen, obwohl es sich bei dem Gebäude in Berlin um ein Unikat handelt. Die Zusammen-gehörigkeit der Meilenwerke Berlin, Düsseldorf und Stuttgart wird angedeutet, indem immer wieder die gleichen Signale auftauchen: die Spuren der Geschichte, das Rohe, das Knarrende, das Unperfekte. Halder-Hass und Halder beabsichtigen derzeit, die Marke „Meilenwerk“ über die Oldtimerzentren hinaus für den Lifestyle-Bereich zu benützten. Sind also Uhren unter dem Namen „Meilenwerk“ zu erwarten?196 Interessant wird es sein zu beobachten, wie die Verbindung zwischen den Meilenwerkgebäuden und diesen Produkten hergestellt wird. Denn es gibt durchaus auch Grenzen der Markenübertragung: Der Kronprinz von Barain wünscht sich nämlich auch ein Meilenwerk, allerdings um einiges grösser als die bisherigen Zentren. Halder-Hass und Halder werden einen Neubau planen unter einem anderen Namen, um die mit dem Industriedenkmal verbundene Marke nicht zu gefährden.197

192 Halder-Hass, 2006, S. 137. 193 Quellen Abschnitt: Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008; Halder-

Hass, 2002 (B), S. 168/169. 194 Halder-Hass, 2006, S. 142. 195 Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008. 196 Zu den geplanten Produkten möchte sich Halder-Hass noch nicht äussern. (Gespräch mit Nicola Halder-

Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008). 197 Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008.

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Abb. 4.26: Abschreckend schlechter Zustand des Gebäudes vor der Umnutzung. Abb. 4.27: Signale: Spuren der Geschichte, Geleise auf dem Vorplatz des ehemaligen Strassenbahndepots.

4.8.2 Strategische Inwertsetzung der Denkmalqualitäten

Die Wahl eines Verkehrsdenkmals für das Oldtimerzentrum hat auch einen ökonomischen Hintergrund: Grosse Autohersteller investieren zur Zeit dreistellige Millionenbeträge in neue “Verkaufstempel”, um “eher rational bewegte Kaufentscheidungen […] emotional aufzuladen.”198 Gebäude wie beispielsweise die Autostadt Wolfsburg sollen also mithelfen, eine verkaufssteigernde Atmosphäre zu schaffen. Gegenüber den Neuwagen-herstellern sind “Anbieter von Produkten und Dienstleistungen um Liebhaberfahrzeuge im Vorteil. Ihre Kunden empfinden den Umgang mit diesen Fahrzeugen ohnehin als Erlebnis und entscheiden viel stärker emotional.”199 Im Meilenwerk soll das Verkehrsdenkmal dazu beitragen, eine verkaufsfördernde Stimmung zu erzeugen. Die Denkmalqualitäten werden im Meilenwerk bewusst eingesetzt, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.200 Um

198 Wirtschaftsberatung Halder (Hrsg.), 2001, S. 30. 199 Wirtschaftsberatung Halder (Hrsg.), 2001, S. 30. Dass es sich bei der “Oldtimerei” um eine Leidenschaft

handelt, zeigt sich auch darin, dass Männer, die nach Berlin umziehen wollen, im Meilenwerk anrufen, um einen Einstellplatz zu mieten, bevor sie in Berlin überhaupt eine Wohnung gefunden haben. (Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008).

200 Gespräch mit Nicola Halder-Hass, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008.

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welche Qualitäten es sich hier handelt und wie sie im Meilenwerk eingesetzt werden, soll im Folgenden dargestellt werden:

– Der bereits im Kapitel “Die geeignete neue Nutzung” angesprochene reizvolle Qualitätsüberschuss, welcher sich durch die Umnutzung der Räume ergibt, sorgt im Industriedenkmal für Aufenthaltsqualität. Das Zusammentreffen von Alt und Neu ist ein besonderes Erlebnis, welches sich positiv auf das Verkaufsklima auswirken kann. Durch die Bündelung von vielen Nutzungen an einem Ort (Themenimmobilie) wird der Erlebnischarakter des Industriedenkmals noch verstärkt (siehe Abb. 4.28).201

– Das Industriedenkmal hat das Potenzial, Emotionen zu wecken. Mit seiner Geschichte erinnert es an frühere Zeiten, an die eigene Vergänglichkeit und scheint durch seine Vielschichtigkeit und Fremdheit rätselhaft. Im Meilenwerk werden deshalb Spuren, die an die Geschichte erinnern, wie Geleise, Warn-schilder und Reste von Splitterbomben absichtlich belassen und in Szene gesetzt (siehe Abb. 4.27).202

– Industriedenkmäler scheinen so etwas wie ein “haptisches Bedürfnis” zu befriedigen. Sein Atelier in der Brauerei zu haben, ein Büro in einer ehemaligen Maschinenhalle zu besitzen, eine Ausstellung in der Phasenschieberhalle zu organisieren oder ein Stück Strassenbahndepot zu mieten – diese Vorstellungen wecken ganz besondere Gefühle, die durch gewöhnliche Bauten nicht abrufbar sind. Das Meilenwerk macht von diesem haptischen Prinzip Gebrauch, zum Beispiel beim Vermieten der ca. 100 Einstellboxen (siehe Abb. 4.29).

Abb. 4.28: Erlebnis: Zuschauen bei Reparaturen von Oldtimern im ehemaligen Strassenbahndepot. Abb. 4.29: Ein Stück Meilenwerk mieten: die Einstellboxen.

201 Siehe auch Kapitel „Qualitätsüberschuss wirksam einsetzen“. 202 Die Wortwahl in der Presse zum Meilenwerk in Berlin zeigt, mit welchen Emotionen die Wahrnehmung

des Meilenwerks heute verbunden ist – und daran hat zweifellos auch das Gebäude seinen Anteil. (Siehe dazu Kapitel “Qualitätsüberschuss wirksam einsetzen”).

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4.8.3 Marken mit Rücksicht auf den Denkmalwert

Bisher wurde nur davon gesprochen, wie Industriedenkmäler das Marketing einer neuen Nutzung unterstützen können. Es soll hier aber auch auf die möglichen Gefahren hinge-wiesen werden. Denkmalpflege und Marketing gelten im Allgemeinen als zwei Bereiche mit nur schwer zu vereinbarenden Positionen: “Nach wie vor markieren Denkmalpflege und das gesellschaftliche Marketing des schönen Alten zwei nur schwer zu vereinbarende Positionen im Ringen um die Zukunft unserer Städte.”203 Scheurmann sieht bei der Denkmalvermarktung die Gefahr, dass durch die Konzentration auf das “Schöne”, eine Reduktion auf die emotionalen und ästhetischen Attribute und auf das Sensationelle der eigentliche Denkmalwert gefährdet wird.204 Dies gilt wohl für Einzeldenkmäler genauso wie für ganze Städte. Auch Mörsch nennt Gefahren einer Reduktion auf das “Schöne” beim Denkmal: “Solche Reduktion des Denkmals auf das unmittelbar Brauchbare und Gefällige nimmt ihm nicht nur seine geschichtlichen Spuren und besondere Würde, sondern uns die Chance zu anderer als nur zu hedonischer Begegnung, verstellt mit Sicherheit die Begegnung mit unserer Vergangenheit durch das Denkmal.”205 Dass die Industriebauten nicht wie Burgen und Schlösser zu den im Allgemeinen als “schön” befundenen Denkmälern zählen, hilft dabei nicht. Jedes Denkmal kann für “schön” befunden werden, wenn es nur dementsprechend dargestellt wird – eine Tatsache, die zum Beispiel bei der Völklinger Hütte beobachtet werden kann: Durch farbige Beleuchtung wird die ehemalige dunkle, rostige Hütte nachts in eine Traumlandschaft verwandelt, die wohl im Allgemeinen als “schön” empfunden wird. Marketing kann also für das Denkmal eine Gefahr darstellen, indem sein eigentlicher Denkmalwert verkannt wird.

Halder und Halder-Hass haben es verstanden, die Marke „Meilenwerk“ zu etablieren und dabei den Denkmalwert zu erkennen und zu bewahren. Entscheidend für das Gelingen ist die Verbindung der Unternehmensidentität (Corporate Identity) und der Unterneh-mensarchitektur (Corporate Architecture), welche sich stark am Denkmal orientiert. Weil das Meilenwerk im Strassenbahndepot begann und nicht als bereits bestehende Firma einzog, konnten in diesem Fall Corporate Identity und Corporate Architecture besonders stark mit dem Denkmal verknüpft werden. Die gläserne Einstellbox gehört genauso zum Meilenwerk wie das darüber sichtbare Dach mit Oberlichtern des ehemaligen Strassen-bahndepots.

Denkmäler scheinen sich für die Markenbildung besonders gut zu eignen: Ihre Einzig-artigkeit hebt sie aus der Masse anderer Bauten hervor. Und sie bieten einen hohen Wiedererkennungseffekt, der eine Identifikationsmöglichkeit mit dem Denkmal und der Nutzung ermöglicht.206 Was es aber braucht, sind Marken, welche auf dem Denkmalwert aufbauen.

203 Scheurmann, 2006, S. 99. 204 Scheurmann spricht hier von der touristischen Verkmarktung der Altstadt. (Scheurmann, 2006, S. 103). 205 Mörsch, 1987, S. 160. 206 Vgl. Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Hrsg.), 2005, S. 13.

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4.8.4 Fazit

Die Fallbeispiele Meilenwerk und Warteck zeigen, dass die neue Nutzung von Industriedenkmälern oft sehr eng mit dem Denkmal verbunden ist. Im Fall Warteck wurde das Nutzungskonzept von Aussenstehenden oft erst verstanden, wenn das Gebäude besichtigt wurde. Beim Marketing der neuen Nutzung ist es deshalb sinnvoll, das Denkmal einzubeziehen, das heisst seine Denkmalqualitäten bewusst einzusetzen: Das Denkmal ist mitverantwortlich für die hohe Aufenthaltsqualität, welche sich durch das Zusammen-spiel von alter Bausubstanz und neuer Nutzung ergibt, es besitzt anders als andere Bauten das Potenzial, Emotionen zu wecken, und es ermöglicht die Befriedigung eines “haptischen Bedürfnisses“. Allerdings besteht bei einem Marketing, welches auf die Qualitäten des Bauwerks setzt, die Gefahr, dass das Denkmal auf das “Schöne”, “Emotionale”, “Sensationelle” reduziert wird und dass dabei sein eigentlicher Denkmalwert gefährdet wird. Aus Rücksicht auf eine den Denkmalwert respektierende Denkmal-begegnung sollten deshalb Marken auf dem Denkmalwert aufbauen. Dies gelang zum Beispiel im Meilenwerk, wo die Unternehmensidentität (Corporate Identity) und die Unternehmensarchitektur (Corporate Architecture) besonders eng verbunden sind und sich die Unternehmensarchitektur stark am Denkmal orientiert.

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5 Erkenntnisse für Denkmalumnutzungen der Zukunft

Die Zahl der Industriedenkmäler nimmt stetig zu, während die finanzielle Unterstützung für Denkmäler durch den Staat abnimmt. Deshalb braucht es zukünftig Umnutzungskonzepte für Industriedenkmäler, die kostendeckend oder sogar rentabel sind. Die in dieser Arbeit vorgestellten Umnutzungsbeispiele haben gezeigt, dass es möglich ist, Industrie-denkmäler aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht erfolgreich umzunutzen. Der Erfolg für eine Disziplin muss nicht auf Kosten einer anderen gehen. Gelingt die Gratwanderung, die sorgfältige Abwägung zwischen Gesellschaftsnutzen, Denkmalerhaltung und Wirtschaftlichkeit, so kann eine Lösung entstehen, welche in dreierlei Hinsicht überzeugt. Die Erkenntnis lässt hoffen, dass Industriedenkmäler trotz geringerer finanzieller Hilfestellung des Staates auch in Zukunft zur Zufriedenheit aller drei Disziplinen überleben werden.

– Aus städtebaulicher Sicht eröffnet die Revitalisierung einer Industriebrache die Chance, für die Bevölkerung geschlossene Gebiete zu öffnen, zu beleben und in die Stadt aufzunehmen. Die Areale, welche zuvor meist wie eine „Stadt in der Stadt“ ein eigenes Verkehrssystem, eine eigene Bau- und Freiraumstruktur und eine eigene Architektursprache aufweisen, können mit der Stadt verbunden werden, aber auch angrenzende Stadtteile miteinander verbinden. Bei Um-nutzungen von Industriebrachen besteht die sonst seltene Gelegenheit, mitten im Stadtgefüge bedeutende Eingriffe vornehmen zu können, beispielsweise fehlende öffentliche Aussenräume zu schaffen, notwendige Funktionen zu ergänzen oder die räumliche Situation zu klären. Die Hauptprobleme, die sich dem Städtebauer stellen, sind die Aufgabe eines bestehenden Ordnungssystems, die fehlende Verbindung des Areals mit der Stadt und die Infragestellung der bestehenden Bau-substanz. Zu den städtebaulichen Zielen bei einer Industriedenkmalumnutzung gehören deshalb die (Wieder-)Herstellung eines klaren Raumverständnisses, die räumliche, funktionale, infrastrukturelle und soziale Vernetzung und die Gewährleistung der Erinnerungsmöglichkeit. Raumverständnis, Vernetzung und Erinnerungsmöglichkeit tragen zur Identifikation der Bevölkerung von und mit einem Ort bei und unterstützen damit ein zentrales Anliegen der Raumgestaltung.

Das Beispiel der Brauerei Warteck in Basel zeigt eine städtebaulich überzeugende Lösung: Es gelang dem Architekten, vier Fragmente – zwei Altbauten und zwei Neubauten – durch ihre Stellung, die Materialwahl und einen alles verbindenden öffentlichen Platz so zu kombinieren, dass ein klar verständlicher, identifizierbarer Ort entstand. Die vier Baukörper bilden eine sehr durchlässige Struktur und formen einen öffentlichen Platz, welcher das Areal mit dem umliegenden Strassenraum räumlich und infrastrukturell verbindet und an das Areal angren-zende Stadtteile miteinander verknüpft. Das neue Quartierzentrum trägt zur

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funktionalen und sozialen Vernetzung im Quartier bei. Der öffentliche Platz unterstützt die soziale Kontaktmöglichkeit über das Areal hinaus. Mit dem Erhalt von alter Bausubstanz – insbesondere der Türme – konnten im Gedächtnis der Stadtbevölkerung eingeprägte Wahrzeichen erhalten bleiben und die Erinnerung an die industrielle Vergangenheit des Ortes aufrecht erhalten werden.

– Aus denkmalpflegerischer Sicht ergibt sich bei der Umnutzung von Industrie-denkmälern die Chance, ein nutzlos gewordenes Denkmal einer neuen, lebenser-haltenden Nutzung zuzuführen. Substanzerhalt und Sicherstellung eines möglichst vielfältigen verstandesmässigen und gefühlsmässigen Denkmalzugangs sind dabei die grössten Herausforderungen für den Denkmalpfleger.

Das Beispiel der Brauerei Warteck zeigt eine aus denkmalpflegerischer Sicht insgesamt erfolgreiche Lösung: Zwar wurden einige erhaltenswerte Bauten abgerissen und die Ausstattung ausgebaut. Die Fragmentlösung behindert das Verständnis für die ehemalige industrielle Gesamtanlage, und der Ausbau der Brauereiausstattung erschwert die Erkennung des brauereitechnischen Zusam-menhangs. Doch bei den erhaltenen Gebäuden wurde sehr viel Denkmalsubstanz bewahrt – die neue Nutzung machte keine einschneidenden Eingriffe notwendig. Es besteht ein ästhetisches Konzept der Erkennbarkeit, das heisst, es wird eine klare Material- und Formensprache gewählt, welche das Neue vom Alten abhebt, wodurch das Denkmalverständnis unterstützt wird. Im Brauereikomplex wurden ausserdem viele Altersspuren erhalten, die den emotionalen Zugang zum Denk-mal erleichtern.

– Aus ökonomischer Sicht besteht bei der Revitalisierung von Industriebrachen die Chance, Areale durch eine neue Nutzung rentabel zu bewirtschaften und durch eine Aufwertung eine Wertsteigerung des Areals zu bewirken: Investoren interessieren sich einerseits für die laufende Rechnung der Immobiliennutzung und andererseits für die Werte. Die Erwartungshaltung der Investoren bezüglich Rendite- und Wertsteigerungsmöglichkeiten auf einer Industriebrache werden stark beeinflusst durch die vor der Revitalisierungsmassnahme rechtlich maximal mögliche Ausnutzung des Industrieareals.

Das Beispiel der Brauerei Warteck kann auch aus ökonomischer Sicht insgesamt als erfolgreich angesehen werden. Die neue Nutzung im Industriedenkmal wird selbsttragend betrieben. Es konnte sichergestellt werden, dass die Areal-eigentümerin das Potenzial zu einer gleich grossen kommerziellen Wertschöpfung auf dem Areal erhielt wie bei einem Alternativprojekt, bei welchem weniger Industriedenkmalfläche erhalten worden wäre. Und durch das ausgeführte Projekt entstand vermutlich eine höhere Wertschätzung, als beim Alternativprojekt ent-standen wäre. Beim Fallbeispiel Warteck verzerren verschiedene Auflagen die Situation, wodurch die ökonomische Beurteilung erschwert wird – eine Situation, die bei vielen Denkmalumnutzungen anzutreffen sein dürfte. Die Umnutzungs-beispiele Gundeldinger Feld in Basel, Meilenwerk und Bewag-Abspannwerke in Berlin zeigen dagegen in aller Deutlichkeit, dass sich städtebaulich und denkmal-

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pflegerisch erfolgreiche Umnutzungen auch aus wirtschaftlicher Sicht lohnen können. Ein Engagement für Stadt und Denkmäler muss keine Liebhaberei sein, sondern rechnet sich auch für Investoren.

Die Fallbeispiele haben gezeigt, dass der Denkmalcharakter eines Bauwerks für eine Umnutzung nicht eine Belastung darstellt, sondern dass ganz im Gegenteil durch das Zusammenspiel von Denkmal und neuer Nutzung ein über die reine Addition der beiden hinausreichendes „Mehr“ entsteht, welches sich positiv auf den Erfolg aus städte-baulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht auswirkt:

– Qualitätsüberschuss. Durch die Verwendung der auf die ursprüngliche Nutzung zugeschnittenen Räume für eine fremde Nutzung entsteht eine zusätzliche Qualität, indem die Räume beispielsweise grösser, höher, anders geschnitten sind, als es für die neue Nutzung notwendig wäre. Die Räume können Erinnerungen an frühere Zeiten wecken, an die eigene Vergänglichkeit erinnern und durch ihre Vielschichtigkeit und Fremdheit rätselhaft scheinen. Dieser Qualitätsüberschuss kann von den Nutzern als Aufenthaltsqualität wahrgenommen werden. Das Meilenwerk in Berlin zeigt eindrucksvoll, wie wertvoll solche Aufenthaltsqualität ist: Weil sich die Nutzer gerne im Meilenwerk aufhalten, entstehen viele soziale Kontakte, was zur Identifikation mit dem Ort beiträgt. Die Nutzer fühlen sich emotional mit dem Denkmal verbunden, was aus denkmal-pflegerischer Sicht kostbar ist, weil diese Verbundenheit den Umgang mit dem Denkmal positiv beeinflusst. Das Beispiel Meilenwerk zeigt aber auch, dass sich Aufenthaltsqualität gut vermarkten und also wirtschaftlich darstellen lässt.

– Bedeutungsüberschuss. Durch die Ansiedlung einer neuen Nutzung, deren Bedeutung über das Gebäude hinausreicht, entsteht ein Bedeutungsüberschuss. Nutzungen mit Bedeutungsüberschuss können neue Nutzungen im Quartier verankern und Ansatzpunkte sein für die Entstehung und Ansiedlung von gleichartigen oder ergänzenden Nutzungen. Die Geschichtlichkeit des Bauwerks kann den Bedeutungsüberschuss einer solchen Nutzung noch verstärken. Eine Nutzung mit Bedeutungsüberschuss kann aus städtebaulicher Sicht sinnvoll sein, weil sie die soziale Vernetzung fördert. Ein Denkmal, welches eine derart bedeutende Nutzung beherbergt, wird kaum hinterfragt werden – ein Vorteil aus denkmalpflegerischer Sicht. Die Anziehung von weiteren Nutzungen ist aus wirtschaftlicher Sicht zu begrüssen, weil dadurch andere Arealteile umgenutzt werden können, das Areal insgesamt belebt wird und Synergien zwischen den einzelnen Nutzungen entstehen können.

– Wertschätzung. Das aus dem Zusammenspiel von Denkmal und Nutzung entstehende „Mehr“ findet sich auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtung wieder. Bei Denkmälern wird nicht der ganze Wert auf dem Markt adäquat abgebildet. Über die kommerzielle Wertschöpfung hinaus besitzt ein Denkmal auch eine Wertschätzung: Sie ergibt sich aus der Summe der Dienstleistungen, welche ein Ort erbringt, ohne dass finanzielle Transaktionen stattfinden. So kann beispiels-weise die Aufenthaltsqualität, welche durch das Zusammenspiel von neuer

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Nutzung und alter Bausubstanz entsteht, sich positiv auf die Marke der ange-siedelten Nutzung auswirken, was sich indirekt in der kommerziellen Wert-schöpfung niederschlägt, sich aber zudem auf die Mitarbeiterzufriedenheit auswirken, was einen zusätzlichen Einfluss auf die Wertschätzung haben wird.

Ziel der Arbeit war es, vom reichen Erfahrungsschatz der unzähligen in den letzten Jahren umgenutzten Industriedenkmäler für zukünftige Umnutzungsprojekte profitieren zu können. Die Beurteilung des Fallbeispiels Warteck und die Diskussion ausgewählter Themen anhand von weiteren Umnutzungsbeispielen haben erste Erkenntnisse darüber zugelassen, was die beeinflussbaren Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Industriedenk-malumnutzungen aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht sein könnten. Dabei hat sich herausgestellt, dass der Eignungsbeziehung zwischen Denkmal, Nutzung und Investor eine besondere Bedeutung zukommt. Zwischen den drei Grundelementen einer Denkmalumnutzung muss ein Abgleich der Ansprüche stattfinden: Die Ansprüche des Denkmals müssen mit den Ansprüchen der Nutzung abgeglichen werden und umgekehrt, die Ansprüche der Nutzung mit den Ansprüchen des Investors und umgekehrt, die Ansprüche des Investors mit den Ansprüchen des Denkmals und umgekehrt. Ausgehend vom vorhandenen Denkmal stellten sich also zwei Hauptfragen: Was ist die geeignete neue Nutzung? Wer ist der geeignete Investor?

– Geeignete neue Nutzung. Bei der Frage nach der geeigneten Nutzung hat sich gezeigt, dass die Überlegungen wichtig sind, welche Nutzung im Zusammenspiel mit dem Denkmal einen Qualitätsüberschuss generieren könnte und ob eine Ansiedlung einer Nutzung mit Bedeutungsüberschuss sinnvoll wäre. Auch die Frage, ob eine oder mehrere Nutzungen untergebracht werden sollen, ist zentral. Die Ansiedlung von mehreren, aufeinander abgestimmten Nutzungen ermöglicht es, von Synergien zu profitieren. Die Nutzung von Synergien macht es möglich, auch grosse Volumen, insbesondere die im Allgemeinen schwer umnutzbaren Hallenbauten, umzunutzen (Meilenwerk). Bei gemischten Nutzungen besteht ausserdem die Möglichkeit, die verschiedenen Anforderungen von einzelnen Räumen zu berücksichtigen (Warteck), während bei Mononutzungen die Gefahr besteht, dass viele Kompromisse eingegangen werden müssen und mit der Substanz im Einzelnen nicht behutsam genug umgegangen wird. Mit in die Überlegungen zur neuen Nutzung einfliessen sollte die Erkenntnis, dass eine Nutzung immer eine bestimmte Zielgruppe anspricht, welche den Denkmalwert mehr oder weniger unterstützen beziehungsweise gefährden kann: Die Oldtimerliebhaber im Meilenwerk beispielsweise haben ein Interesse an Verkehrsgeschichte und befassen sich mit Fragen der Erhaltung. Sie haben eine ganz besondere Beziehung zum Denkmal, welche sich auf den Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz positiv auswirken dürfte.

– Geeigneter Investor. Bei der Frage nach dem geeigneten Investor hat sich herausgestellt, dass sich Investoren in ihrer Strategie, Struktur und Kultur unterscheiden. Damit eine Eignungsbeziehung zwischen Denkmal und Investor entstehen kann, sollten Strategie, Struktur und Kultur – wie beim Umnutzungs-beispiel Gundeldinger Feld - zum Denkmal passen: Bei einer geeigneten Strategie

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steht der Erhalt der historischen Substanz im Zentrum des Umnutzungskonzepts. Eine geeignete Struktur sorgt dafür, dass nicht nur der kurzfristige Nutzen, sondern auch der langfristige Erhalt garantiert ist. Dafür hat sich eine strukturelle Trennung von Eigentümer und Betreiber bei den untersuchten Beispielen bewährt. Eine geeignete Kultur bedeutet, dass der Investor ein kulturelles Verständnis besitzt und sich mit dem Denkmal emotional verbunden fühlt. Der geeignete Investor ist ausserdem sozial und ökologisch engagiert. Grundsätzlich gilt gemäss dem sogenannten „Best-Owner-Prinzip“, dass die wertvollste Nutzung einer Liegenschaft dann stattfindet, wenn sie den am besten zu ihr passenden Eigentümer gefunden hat. Weil aber bei Denkmälern nicht der ganze Wert adäquat auf dem Markt abgebildet wird, sondern sich der Wert der Immobilie aus einer kommerziellen Wertschöpfung und einer Wertschätzung zusammensetzt, scheint bei einer Industriebrache derjenige ein idealer Eigentümer beziehungs-weise Investor zu sein, welcher im Denkmal nicht nur die Möglichkeit einer hohen kommerziellen Wertschöpfung sieht, sondern in ihm auch eine Wertschätzung erkennt (Stiftung Kulturraum Warteck, Gundeldinger Feld AG, Eigentümer des Meilenwerks). Eine Mitberücksichtigung der Wertschätzung des Denkmals kann dazu führen, dass sich der Rendite- und Wertsteigerungsdruck des Investors, welcher durch die rechtlich zulässige Ausnutzung auf dem Areal entstehen kann, verringert, so dass das Denkmal extensiver genutzt oder erhalten statt abgerissen werden kann (Gundeldinger Feld).

Während die ersten beiden Erfolgsfaktoren – geeignete neue Nutzung und geeigneter Investor – die Frage beantworten, was eine erfolgreiche Umnutzung benötigt, geht es bei allen weiteren eruierten Erfolgsfaktoren um die Frage, wie es zu einer erfolgreichen Lösung kommen kann und wie sie weiter ausgestaltet werden kann. Es handelt sich um Entscheidungen, Vorgehensweisen und Konstellationen des Prozesses oder der weiteren Ausgestaltung. Der geeignete Investor ist ein Erfolgsfaktor von besonderer Wichtigkeit, weil alle weiteren Erfolgsfaktoren durch ihn beeinflusst werden können. Auch die geeignete Nutzung übt einen Einfluss auf einige weitere Erfolgsfaktoren aus, nämlich auf die Erfolgsfaktoren der weiteren Ausgestaltung. Aber auch die Erfolgsfaktoren, welche den Umnutzungsprozess betreffen, sind von grosser Bedeutung, weil der Prozess – wie das Fallbeispiel Warteck anschaulich gezeigt hat – auch das Resultat mitbestimmen kann. Die im Folgenden dargestellten Faktoren, welche den Umnutzungsprozess betreffen, können also auch die Wahl der neuen Nutzung oder des Investors beeinflussen oder die Erfolgsfaktoren der weiteren Ausgestaltung:

– Architekt. Einen ganz entscheidenden Einfluss auf fast alle anderen Erfolgs-faktoren kann der Architekt ausüben. Bei allen untersuchten Fallbeispielen mit Ausnahme des Meilenwerks lieferten die Architekten umfassende Lösungs-konzepte, welche nebst dem architektonischen Entwurf beispielsweise auch einen Vorschlag für eine neue Nutzung beinhalteten (Warteck, Bewag-Abspannwerke, Gundeldinger Feld) oder Finanzierungsmodelle lieferten (Gundeldinger Feld). Die Architekten suchten und fanden Investoren (Bewag-Abspannwerke, Gundeldinger Feld). Sie trugen wesentlich zur Koordination des Projektes und zur Mediation bei (Warteck, Bewag-Abspannwerke, Gundeldinger Feld). Die Architekten zeigten

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ausserdem ein grosses persönliches Engagement. Bei zwei Projekten beteiligten sich die Architekten sogar mit ihrem eigenen Kapital am Projekt: Markus Diener, indem er sich in der Warteck Invest AG einkaufte, die Architekten des Gundel-dinger Feldes als Gründer der Betreibergesellschaft. Damit nahmen die Architekten im Umnutzungsprozess eine ausgesprochen zentrale Rolle ein, die weit über die klassische Rolle des Architekten hinausgeht. Alle untersuchten Fallbeispiele haben gezeigt, dass das Gelingen einer Umnutzung in hohem Masse vom Architekten, seiner Person und seiner Rolle abhängt. Die Wahl des geeig-neten Architekten ist deshalb für den Erfolg einer Umnutzung entscheidend. Weil der Architekt mit seinem Entwurf auf die meisten anderen Erfolgsfaktoren Einfluss nehmen kann, sollte er möglichst früh in den Umnutzungsprozess integriert werden.

– Planungszeit. Die Einplanung einer ausreichend langen Planungszeit scheint sich zu lohnen. Das Fallbeispiel Warteck hat dies eindrücklich gezeigt: Die anfänglichen Entscheidungen der Bauherrschaft, welche das Ziel verfolgten, in möglichst kurzer Zeit ein Projekt realisieren zu können, führten nicht zu einer erfolgreichen Lösung. Erst das in Kauf Nehmen einer längeren Planungszeit ermöglichte einen Durchbruch im stockenden Prozess.

– Sorgfältige Vorarbeiten und kooperative Zusammenarbeit. Die Untersuchung der Fallbeispiele Warteck und Bewag-Abspannwerke haben gezeigt, dass sorgfältige Vorarbeiten in der Vorbereitungsphase und eine kooperative Zusam-menarbeit von Behörden und Investoren entscheidend sind für den Erfolg einer Umnutzung. Sie verschaffen der Eigentümerin beziehungsweise Investorin früh-zeitig Planungssicherheit, und damit Zeit- und Kostenersparnis, potenziellen Käufern und Nutzern Sicherheit bezüglich Baukosten und den anderen Parteien mehr Akzeptanz für ihre Anliegen und eine sicherere Argumentationsbasis. Ein gemeinsamer Abstimmungsprozess vereinfacht ausserdem die Prozesse. Eine proaktive Projektentwicklung ist dann ein interessantes Vorgehen, wenn es darum geht, die Machbarkeit einer Umnutzung zu beweisen. Ihr Nutzen ist aber in Frage zu stellen, wenn es darum geht, ein solches Projekt auch wirklich durchzuführen: Da die Identifikation des Investors mit einem Projekt, welches er nicht selbst mitgestalten konnte, nicht besonders gross sein dürfte, handelt es sich womöglich nicht um einen geeigneten Investor. Ausserdem kann die Chance einer Aus-richtung auf eine bestimmte (geeignete) Zielgruppe nicht wahrgenommen werden.

– Steigerung der Standortattraktivität. Bei Industriedenkmalumnutzungen müssen im Vorfeld der Umnutzung nicht selten „mentale Altlasten“ abgebaut werden: Negative Schlagzeilen im Zusammenhang mit der Stilllegung, die Unvertrautheit mit der jahrelang für die Öffentlichkeit geschlossenen, „verbotenen Stadt“ und der Eindruck von Hässlichkeit, welcher bereits während Betriebszeiten oder nach der Stilllegung entstanden ist, belasten die Attraktivität des Standortes. Die Suche nach Investoren und Nutzern wird dadurch erschwert. Je nach Altlast eignen sich andere Massnahmen zur Steigerung der Standortattraktivität. Das Fallbeispiel der Bewag-Abspannwerke hat gezeigt, dass die Ansiedlung von Zwischennutzungen

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ein besonders geeignetes Mittel zur Bewältigung von “mentalen Altlasten” sein kann, indem sie persönliche, positive Erfahrungen vor Ort ermöglicht. Voraus-setzung ist aber die Wahl einer Zwischennutzung, welche dem Denkmal – und damit auch seinem Eigentümer – weder einen materiellen noch immateriellen Schaden zufügt.

Bei den folgenden Erfolgsfaktoren geht es um die weitere Ausgestaltung:

– Ausbaustandard und Investitionsgrad. Die Wahl von Ausbaustandard und Investitionsgrad wirkt sich auf den städtebaulich-architektonischen, denkmal-pflegerischen und ökonomischen Erfolg einer Umnutzung aus. Umnutzungen mit tiefem Ausbaustandard und Investitionsgrad sind in der Schweiz selten. Das Beispiel Gundeldinger Feld zeigt aber, dass solche Umnutzungen sehr erfolgreich sein können, insbesondere bei einer langfristigen Betrachtung: Durch die konsequente Verwendung des Vorhandenen und Ergänzungen durch alte Secondhand-Bauteile und (wo nötig) neue Bauteile entsteht eine Mischung aus Altem und Neuem, Eigenem und Fremdem. Die pragmatische Verwendung von noch Brauchbarem führt zu einer eigenen Ästhetik. Es handelt sich um ein städtebaulich-architektonisches Konzept, welches sich vom weit verbreiteten Konzept des Kontrasts zwischen Alt und Neu abhebt und zukunftsweisend sein könnte. Weil die Secondhand-Bauteile ersetzbar sein müssen, wird die denkmalpflegerische Forderung nach Reversibilität erfüllt. Durch den Einsatz der vorhandenen Ressourcen können ausserdem Kosten gespart werden. Weil Ausbaustandard und Investitionsgrad niedrig sind, sind die Mieten tief, was kurzfristig nicht zu hohen Einnahmen führt, aber die spätere Wiedervermietbarkeit erleichtert. Vorausgesetzt, der langfristige Erhalt des Bauwerks ist garantiert, können teure Folgekosten vermieden werden, die bei aufwändigen Lösungen entstehen können und eine langfristige Nutzung gefährden könnten. Der pragmatische Umgang mit dem Vorhandenen scheint zum provisorischen Charakter des Industriebaus zu passen.

– Finanzierung. Der Fall Gundeldinger Feld zeigt, dass sich ein grosses soziales und ökologisches Engagement mit der Forderung nach Rentabilität verbinden lässt. Zum Gelingen beigetragen hat einerseits eine klare Struktur, das heisst eine Trennung von Arealeigentümer und –betreiber, von Betreiber und Nutzer sowie die Baurechtslösung mit gestaffeltem Baurechtszins, anderseits aber auch der Mut zu marktwirtschaftlichem Denken: Im Gundeldinger Feld wird Rentabilität nicht als Bedrohung für eine quartierbezogene und kulturelle Nutzung, sondern als Chance begriffen. Die Mieten, welche für vergleichbare Räume und Nutzungen höher angesetzt sind als im Werkraum Warteck, sollen die Kreativität der Mieter fördern, das heisst zu höherer Auslastung und Weitervermietung animieren und daduch das Areal zusätzlich beleben.

– Marketing der neuen Nutzung. Die Umnutzungen Meilenwerk und Warteck zeigen, dass eine Nutzung sehr eng mit dem Denkmal verknüpft sein kann. Für das Marketing von neuen Nutzungen ist es deshalb sinnvoll, die Denkmal-

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qualitäten bewusst einzusetzen: Denkmäler sind mitverantwortlich für die hohe Aufenthaltsqualität, welche sich durch das Zusammenspiel von Alt und Neu ergibt, sie besitzen anders als andere Bauten das Potenzial, Emotionen zu wecken, und sie ermöglichen die Befriedigung eines “haptischen Bedürfnisses”: Wer möchte nicht sein Atelier im Wasserturm haben? Allerdings besteht bei einem Marketing, welches auf die Qualitäten des Bauwerks setzt, die Gefahr, dass das Denkmal auf das “Schöne”, “Emotionale”, “Sensationelle” reduziert wird und dass dabei sein eigentlicher Denkmalwert gefährdet wird. Mit Rücksicht auf eine den Denkmalwert respektierende Denkmalbegegnung sollten Marken deshalb auf dem Denkmalwert aufbauen. Das Meilenwerk führt vor Augen, wie ein erfolgreiches Marketing mit Rücksicht auf den Denkmalwert aussehen kann: Unternehmensidentität (Corporate Identity) und Unternehmensarchitektur (Corporate Architecture) sind im Meilenwerk besonders eng verbunden, und die Unternehmensarchitektur orientiert sich stark am Denkmal.

– Entwicklungsmöglichkeit. Umgenutzte Industriedenkmäler benötigen die Möglichkeit, sich weiter entwickeln zu können. Bei den neuen Nutzungen in Industriedenkmälern handelt es sich nicht selten um Startup-Firmen. Können sie innerhalb des Gebäudes oder Areals nicht wachsen, so führt dies zu einer hohen Fluktuation, welche weder aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer noch ökono-mischer Sicht zu begrüssen ist. Sowohl auf dem Warteckareal als auch im Gundeldinger Feld ermöglichen es die nach der Umnutzung noch immer brachliegenden Flächen, auf zukünftige Bedürfnisse reagieren zu können. Eine Zukunft für die Nutzung des Denkmals bedeutet auch eine Zukunft für das Denkmal.

Die in dieser Arbeit ermittelten Erfolgsfaktoren lassen vermuten, dass sich bei der Umnutzung von Industriedenkmälern bescheidene Lösungen besser eignen als radikale Konzepte. Lösungen mit Augenmass scheinen aus städtebaulicher, denkmalpflegerischer und ökonomischer Sicht sinnvoll zu sein. So hat sich beispielsweise gezeigt, dass die Ansiedlung von vielen Teilnutzungen gegenüber einer Lösung mit einer einzigen Nutzung viele Vorteile bringen kann (Warteck, Meilenwerk, Gundeldinger Feld), dass sich die Aufteilung von Kompetenzen in der Führung des Denkmals bewähren kann (Warteck, Gundeldinger Feld), dass ein tiefer Ausbaustandard beziehungsweise Investitionsgrad sehr wertvoll sein kann (Warteck, Gundeldinger Feld), dass Zwischennutzungen für den Umnutzungsprozess äusserst hilfreich sein können (Bewag-Abspannwerke) und dass schliesslich das Brachlassen von einzelnen Flächen im Gegensatz zu einer vollständigen Umnutzung der neuen Nutzung wertvolle Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen kann (Warteck, Gundeldinger Feld). Solche bescheidene Lösungen gewähren Umnutzungen eine gewisse Irrtumstoleranz. Sie verhindern, dass einzelne Fehleinschätzungen zu einem Misserfolg führen können. Lösungen mit Augenmass scheinen geradezu zum Industriebau zu gehören, sie sind Teil seiner Entstehung, Wahrnehmung und Zukunfts-fähigkeit.

Der Anspruch dieser Arbeit war es, die verschiedenen Sichtweisen von Städtebauern, Denkmalpflegern und Ökonomen auf Umnutzungen von Industriedenkmälern darzustellen

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und zum gegenseitigen Verständnis beizutragen. Zu Beginn der Arbeit schienen die verschiedenen Interessen nicht miteinander zu vereinbaren und das Konfliktpotenzial riesig zu sein. Im Verlauf der Arbeit zeigte sich aber immer deutlicher, dass die verschiedenen Anliegen durchaus zur Deckung gebracht werden können. Wenn nämlich Städtebauer, Denkmalpfleger und Ökonomen langfristig denken, sind ihre Ziele erstaun-lich ähnlich: Städtebauer müssen am behutsamen Umgang mit Denkmälern und an wirtschaftlichen Lösungen interessiert sein, wenn sie die weitere Zukunft der Stadt und das Wohl ihrer Bevölkerung im Auge haben. Denkmalpfleger müssen eine städtebaulich und wirtschaftlich überzeugende Lösung befürworten, wenn sie das Denkmal langfristig erhalten wollen. Ökonomen müssen an einem Nutzen für die Gesellschaft und an einer sorgsamen Pflege des Bauwerks Interesse haben, wenn ihr Planungshorizont ein paar Jahre übersteigt. Erfolgreiche Umnutzungen von Industriedenkmälern dürften deshalb vor allem dann entstehen, wenn die Beteiligten die Zukunftsfähigkeit ihrer Anliegen im Auge behalten. Es sei daran erinnert:

“Der Ruhm eines Bauwerks liegt in seiner Zukunft”.1

1 Ruskin, 1994, S. 350, 30. Lehrspruch.

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6 Anhang

6.1 FALLBEISPIEL BRAUEREI WARTECK

6.1.1 Rechtliche Grundlagen

Die in der Folge erläuterten rechtlichen Grundlagen geben die rechtliche Situation zur Zeit der Umnutzung des Warteckareals wieder. Diese Situation entspricht nicht immer den heutigen Verhältnissen. Insbesondere wurde das zur Zeit der Umnutzung gültige Hochbautengesetz (HBG) vom 11. Mai 1939 durch das am 17. November 1999 verab-schiedete neue Bau- und Planungsgesetz (BPG) per 1. Januar 2001 abgelöst. Zu Fragen der Raumplanung gab es damals eine Verordnung betreffend Einführung des Bundes-gesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 vom 22. Dezember 1981. Mit der Bau- und Planungsverordnung (BPV) vom 19. Dezember 2000, welche sich auf das neue Bau- und Planungsgesetz stützt und ebenfalls per 1. Januar 2001 wirksam wurde, wurde unter anderem diese Verordnung aufgehoben. Das Baubewilligungsverfahren wird heute in den neuen Ausführungsbestimmungen zur Bau- und Planungsverordnung (ABPV) vom 2. Dezember 2003 im Detail geregelt, welche per 1. Januar 2004 wirksam wurden. Die zur Zeit der Umnutzung massgebende Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom 2. Dezem-ber 1889 wurde inzwischen durch die neue Verfassung vom 23. März 2005 per 13. Juli 2006 abgelöst. Ausserdem gilt heute das neue Bundesgerichtsgesetz (BGG) vom 17. Juni 2005, welches am 1. Januar 2007 in Kraft trat.

STADT- UND DORFBILDSCHONZONE

Im Gesetz über den Denkmalschutz des Kantons Basel-Stadt von 1980 (im Folgenden als Denkmalschutzgesetz bezeichnet) heisst es unter § 13 Abs. 2: „In der Stadt- und Dorfbild-Schonzone darf der nach aussen sichtbare historische und künstlerische Charakter der bestehenden Bebauung nicht beeinträchtigt werden; insbesondere sollen Baukubus und Massstäblichkeit gewahrt bleiben.“ Es handelt sich also um einen Volumenschutz.

Im Hochbautengesetz von 1939 findet sich der identische Wortlaut wieder (§ 3a Abs. 1 Anhang HBG). Zudem wird hier Folgendes geregelt: „Abweichungen vom Baukubus und von der Massstäblichkeit sind anzuordnen, wenn sie durch den nach aussen sichtbaren historischen oder künstlerischen Charakter der bestehenden Bebauung geboten sind, und zuzulassen, wenn ein öffentliches Interesse an ihrer Beibehaltung fehlt oder das private Interesse an der Abweichung überwiegt“ (§ 3a Abs. 2 Anhang HBG). „Ferner können Ausnahmen von den gesetzlichen Vorschriften zugelassen werden, wenn die Verwei-gerung für die Eigentümerin oder den Eigentümer eine unzumutbare Härte darstellen würde“ (§ 3a Abs. 3 Anhang HBG). „Weder durch Abweichungen noch durch Ausnahmen

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darf der im Strassenbild sichtbare historische oder künstlerische Charakter der bestehenden Bebauung beeinträchtigt werden“ (§ 3a Abs. 4 Anhang HBG). „Für bauliche Änderungen gelten im übrigen die Vorschriften derjenigen Zone, die durch die Geschoss-zahl der zugelassenen Bebauung bestimmt wird“ (§ 3a Abs. 5 Anhang HBG).

STADT- UND DORFBILDSCHUTZZONE

Im Denkmalschutzgesetz heisst es unter § 13 Abs. 1: „In der Stadt- und Dorfbild-Schutzzone sind die nach aussen sichtbare historisch und künstlerisch wertvolle Substanz und der entsprechende Charakter der bestehenden Bebauung zu erhalten. Fassaden, Dächer und Brandmauern dürfen nicht abgebrochen werden.“ Es handelt sich also im Gegensatz zur Stadt- und Dorfbildschonzone um einen Substanzschutz; Abbrüche sind nur in seltenen Fällen zulässig.

Zusätzlich zu den Vorschriften im Denkmalschutzgesetz (gleicher Wortlaut in § 3 Abs.1 Anhang HBG) regelt das Hochbautengesetz Folgendes: „Der Abbruch von Gebäuden oder Gebäudeteilen ist nur zulässig: a) wenn keine Beeinträchtigung von historisch oder künstlerisch wertvoller Substanz eintritt oder ausnahmsweise, wenn deren Rekonstruktion gewährleistet ist; b) wenn überwiegende öffentliche Interessen den Abbruch erfordern“. Im Übrigen darf mit dem Abbruch erst begonnen werden, wenn die unverzügliche Durchführung der Bauarbeiten, die den Abbruch bedingen, gesichert ist (§ 3 Abs. 2 Anhang HBG). „Um-, Aus- und Neubauten sind nur zulässig, wenn keine nach aussen sichtbare historisch oder künstlerisch wertvolle Substanz beeinträchtigt wird. Sie haben sich an die historischen Baufluchten, Brand-mauern, Geschosszahlen und Dachformen zu halten. Die zuständige Behörde kann Ausnahmen zulassen, namentlich solche, die zur Schaffung von Wohnraum oder zur Ausübung von Handel oder Gewerbe notwendig sind, sofern der historische und künst-lerische Charakter der bestehenden Bebauung nicht beeinträchtigt wird“ (§ 3 Abs. 3 Anhang HBG). „Die zuständige Behörde kann im Interesse der Erhaltung oder Rekonstruktion historisch oder künstlerisch wertvoller Substanz Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften verlangen und zulassen, sofern keine überwiegenden öffent-lichen Interessen entgegenstehen“ (§ 3 Abs. 4 Anhang HBG).

UNTERSCHUTZSTELLUNG - EINTRAGUNG IM DENKMALVERZEICHNIS

Der Eintrag eines Denkmals ins Inventar erfolgt im Kanton Basel-Stadt durch Beschluss des Regierungsrates auf Antrag des zuständigen Departementes. Der Beschluss legt auch den Schutzumfang fest (§ 15 Denkmalschutzgesetz). Der Eigentümer kann vor der Eintragung eine schriftliche Stellungnahme machen (§ 16 Denkmalschutzgesetz).

Zusätzlich zu den Bestimmungen der Schutz- und Schonzonen (siehe oben) gelten bei im Denkmalverzeichnis eingetragenen Denkmälern folgende Bestimmungen: Eingetragene Denkmäler müssen vom Eigentümer so unterhalten werden, dass ihr Bestand dauernd gesichert bleibt. „Schäden, die den Bestand bedrohen oder das Aussehen beein-trächtigen, sind im Einvernehmen mit dem zuständigen Amt unverzüglich zu beheben“ (§

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17 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz). Ausserdem gelten Vorschriften zum Anbringen von Aufschriften, Reklameeinrichtungen oder Radio- und Fernsehantennen etc. (§ 17 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz). Bei Baubegehren, die einer Baubewilligung bedürfen, wird das dem Bauinspektorat eingereichte Baubegehren dem zuständigen Amt zur Stellungnahme unterbreitet. „Die Anordnungen des zuständigen Amtes sind für das Bauinspektorat verbindlich“ (§ 18 Abs. 3 Denkmalschutzgesetz). Im Weiteren gibt es auch Vorschriften zur Umgebung des Denkmals: Eingetragene Denkmäler dürfen durch bauliche Verän-derungen in ihrer Umgebung nicht beeinträchtigt werden, wobei als Umgebung der nähere Sichtbereich des Denkmals gilt. Baugesuche für solche Liegenschaften sind deshalb auch dem zuständigen Amt zur Stellungsnahme zu unterbreiten (§ 19 Denkmal-schutzgesetz). Der Regierungsrat kann ein Denkmal auch wieder aus dem Verzeichnis streichen, wenn die Gründe, die zu einer Eintragung führten, nicht mehr gegeben sind, oder wenn überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses dies verlangen (§ 22 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz). Zur materiellen Enteignung gelten im Übrigen die Vorschriften des Enteignungsgesetztes (§ 23 Denkmalschutzgesetz).

ZONE 4

Das Hochbautengesetz sieht für die Zone 4 viergeschossige Wohn- und Gewerbebauten vor (zum Beispiel § 1 Abs. 2 Anhang HBG). Ab der Zone 2 ist eine geschlossene Überbauung vorgesehen. Ausserdem gilt, dass bei anderen baulichen Anordnungen als bei Randbebauungen die Ausnützungsziffer nicht überschritten werden darf: “Die zuständige Bewilligungsinstanz kann ausserhalb der Randzone in den Zonen 5a, 4, 3, 2 und 2a Gebäude bis zur zonenmässigen Gebäudehöhe und Geschosszahl zulassen, namentlich um eine bessere Überbauung mit vermehrten Freiräumen und Grünflächen zu schaffen. Die Bewilligung hiefür darf nur erteilt werden, wenn die Ausnützungsziffer gemäss § 30 des Anhanges nicht überschritten wird (§ 12 Abs. 3 Anhang HBG).” Die Ausnützungsziffer für das Warteckareal beträgt vor der Umnutzung 1.5.

ZONENPLANÄNDERUNG

Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die Raumplanung von 1979 (RPG) ordnen die Kantone die Zuständigkeiten und Verfahren für Nutzungsplanänderungen. Eine kantonale Behörde genehmigt die Nutzungspläne und ihre Anpassungen (Art 26 Abs. 1 RPG). Mit der Genehmigung durch die kantonale Behörde werden die Nutzungspläne verbindlich (Art. 26 Abs. 3 RPG). Für die Stadt Basel ist der Grosse Rat bei Nutzungsplanänderungen zuständig (siehe § 11 Abs. 4 der Verordnung betreffend die Einführung des Bundes-gesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 von 1981). “Einspracheberechtigt ist, wer von den aufgelegten Plänen berührt würde und ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Verhinderung hat, ferner wer durch besondere Vorschriften zur Einsprache ermächtigt wird” (§ 11 Abs. 2 Verordnung betreffend die Einführung des Bundesgesetzes über die Raumplanung). Über Einsprachen entscheidet der Regierungsrat. Einsprachen, die er zurückweist, sind dem Grossen Rat mit den Planentwürfen zum Entscheid zu überweisen (§ 11 Abs. 4 Verordnung betreffend die Einführung des Bundesgesetzes über die

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Raumplanung). Beschlüsse des Grossen Rates über Zonenplanänderungen unterliegen dem fakultativen Referendum (gemäss § 29 Abs. 1 Verfassung des Kantons Basel-Stadt von 1889).

SPEZIELLE BAUVORSCHRIFTEN

Mit dem neuen Bau- und Planungsgesetz, das an Stelle des Hochbautengesetzes trat, wurde die damalige Bezeichnung „spezielle Bauvorschriften“ ersetzt durch „Bebauungs-pläne“. Es handelt sich um eine Form von Sonderbauvorschriften. Die speziellen Bauvorschriften beziehungsweise Bebauungspläne stützen sich auf § 8 des Hochbauten-gesetzes beziehungsweise heute auf § 101 des Bau- und Planungsgesetzes. Sie stehen oft in einem sachlichen Zusammenhang mit Zonenänderungen sowie Bau- und Strassen-linienregelungen für das betreffende Gebiet.

ÜBERBAUUNGSPLAN

Der Überbauungsplan kann einen Bestandteil der speziellen Bauvorschriften bilden, welcher die Erlasse ergänzt, die der Grosse Rat für die Erstellung von Neubauten hinsichtlich Bebauungsart der Grundstücke sowie hinsichtlich der Dimensionen und Bauart der Fassaden erlassen kann (§ 8 HBG).1 Im neuen Bau- und Planungsgesetz wird der Begriff nicht mehr verwendet.

BAUBEWILLIGUNG

Das Baubewilligungsverfahren ist durch die Einreichung des Baugesuches einzuleiten. Das Baubegehren wird öffentlich angezeigt. Grundsätzlich ist jeder einspracheberechtigt. Gemäss Bauverordnung von 1976 ist aber zur Einreichung eines Rekurses an die Baurekurskommission nur legitimiert, „wer durch eine Verfügung des Bauinspektorates berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat“ (§ 37 Abs. 1 Bauverordnung). Der Entscheid der Baurekurskommission unterliegt gemäss Organisationsgesetz von 1976 der kantonalen Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§ 41 Abs. 2 Organisationsgesetz). Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts ist schliesslich noch staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht möglich.2

1 Siehe dazu auch in: Spezielle Bauvorschriften/Bebauungspläne: Vorbemerkungen. 2 Situation vor der Einführung des neuen Bundesgerichtsgesetzes (BGG) vom 17. Juni 2005.

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6.1.2 Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit

Datenquellen: Jahresrechnungen Verein Werkraum Warteck pp 2005-2007 u.a. In CHF Laufende Rechnung Schritt 1 2005 2006 2007 Dreijahresschnitt Mieterträge 339'837 361'705 377'985 359'843 Nebenkosten 68'812 73'251 71'601 71'221

Immobilienerträge 408'649 434'956 449'586 431'064 Betrieb 101'626 104'461 96'460 100'849 Verwaltung 31'126 20'068 19'610 23'601 Unterhalt Gebäude 49'892 50'093 29'081 43'022 Personal (separat ausgewiesen) 87'322 79'989 99'145 88'819 Aufwand “Turmstübli” (serparat ausgewiesen) 17'800 29'750 49'773 32'441 Bewirtschaftungskosten inkl. NK 287'766 284'361 294'069 288'732 Rückstellungen für Instandsetzung

Tatsächlich 70'000 75'000 80'000 Ab 2009 90'000

Total Aufwand 357'766 359'361 374'069 378'732

Überschuss/Verlust 50'883 75'595 75'517 52'332

Marktmiete: Annahme +10% geg. akt. Miete (inkl. NK) 467'048 Laufende Rechnung Schritt 2 Finanzierungskosten: 5% für Umbau von CHF 4.2 Mio. 210'000 Laufende Rechnung Schritt 3 Szenario a: Max. mögl. Kaufpreis bei akt. Miete 1'046'639

Finanzierungskosten pro Jahr (5%) 52'332 Szenario b: Kaufpreis 1'000 CHF/m2 Land (2'297.5m2) 2'297'500

Finanzierungskosten pro Jahr (5%) 114'875 Szenario c: Kaufpreis 1'800 CHF/m2 Land (2'297.5m2) 4'135'500

Finanzierungskosten pro Jahr (5%) 206'775 Plausibilisierung Bewirtschaftungskosten und Instandsetzungskosten GV-Wert Warteck Brauereibauten 1. Jan. 2006 16'925'000 Bewirtschaftungskosten, wenn 1.5% von GV-Wert 253'875 Instandsetzungskosten, wenn 0.5% von GV-Wert 84'625

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6.1.3 Pläne

PLÄNE DER BRAUEREI WARTECK AUF DEM AREAL A, 1954/653

Abb. 6.1: Oben: Längsschnitt Nord-Süd; unten: Längsschnitt West-Ost.

Abb. 6.2: 2. Untergeschoss.

3 Die schlechte Qualität der Pläne lässt sich durch die starke Verkleinerung von Plänen von 1954/65 im Massstab 1:100 erklären.

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Abb. 6.3: 1. Untergeschoss.

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Abb. 6.4: Erdgeschoss.

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Abb. 6.5: 1. Obergeschoss.

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BAUEINGABEPLÄNE UMBAU BRAUEREIKOMPLEX, 19944

Abb. 6.6: Neu gestaltete Ostfassade.

4 Baueingabe: Januar 1994, Bauentscheid: September 1994. Grundrisse mit Abbrüchen oder Neubauten sind in Farbe abgebildet. Farbcode: Schwarz: Bestehend. Gelb: Abbruch. Rot: Neubau.

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Abb. 6.7: 2. Untergeschoss.

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Abb. 6.8: 1. Untergeschoss.

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Abb. 6.9: Erdgeschoss.

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Abb. 6.10: 1. Obergeschoss.

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Abb. 6.11: 2. Obergeschoss.

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Abb. 6.12: 3. Obergeschoss.

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Abb. 6.13: 4. Obergeschoss.

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Abb. 6.14: 5. Obergeschoss.

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Abb. 6.15: 6. Obergeschoss.

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Warteck Invest AG, Berichterstattung über das 1 .Halbjahr 2004.

Wäschle, Walter, “Der Architekt - ein Key Player im Immobilienbusiness”, in: Immobilienbusiness, Nr. 7/8, 2004, S. 63.

Weichhart, Peter, Raumbezogene Identität. Bausteine zu einer Theorie räumlich-sozialer Kognition und Identifikation, hrsg. von Emil Meynen in Verbindung mit Gerd Kohlhepp und Adolf Leidlmair (Schriftenreihe für Forschung und Praxis, 102), Stuttgart: Steiner, 1990.

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Westermann, Reto, „Industriebrachen zum Vierten“, in: Hochparterre, Nr. 6/7, 2000, S. 44-45.

Westermann, Reto, „Die kooperative Planung kann vieles, aber nicht alles (ein Gespräch mit Franz Eberhard)“, in: Roman Züst, Tibor Joanelly und Reto Westermann (Hrsg.), Waiting lands. Strategien für Industriebrachen, Sulgen: Niggli, 2008 (A), S. 97-100.

Westermann, Reto, “Die Brachen von morgen”, in: Roman Züst, Tibor Joanelly und Reto Westermann (Hrsg.), Waiting lands. Strategien für Industriebrachen, Sulgen: Niggli, 2008 (B), S. 125-127.

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Wirtschaftsberatung Halder (Hrsg.), Meilenwerk. Forum für Fahrkultur. Berlin, Berlin, 2001.

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Wüest, Hannes, Martin Hofer und Markus Schweizer, Flächennutzung der Industrie 1991 und Perspektiven zum Flächenbedarf bis 2005, Zürich, 1995.

Wüstenrot Stiftung (Hrsg.), Umnutzungen im Bestand. Neue Zwecke für alte Gebäude, Stuttgart/Zürich: Karl Krämer, 2000.

Zeugin, Peter und Ulrike Zeugin Gölker, Wenn Zielgruppen ernst genommen werden. Strategisches Immobilienmarketing, Architektur und Kommunikation, Saland: Lesebrille, 2006.

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Zophoniasson-Baierl, Ulrike, “Die Stadt bewegen und den Ort bereichern. Beispiele zeitgenössischer Baukunst: Ein Gespräch mit dem Basler Architekten Roger Diener”, in: Basler Zeitung, 29.8.1997.

Züst, Roman, Tibor Joanelly und Reto Westermann (Hrsg.), Waiting lands: Strategien für Industriebrachen, Sulgen: Niggli, 2008.

Page 321: Industriedenkmäler-neu genutzt

316

WEBSITES

www.denkmalpflege.bs.ch, Stand Juni 2005

www.dfz-hh.de Stand September 2008

www.faostat.fao.org, Stand Mai 2005

www.gaeunet.ch, Stand Dezember 2004

www.geo-bs.ch, Stand November 2006

www.gundeldingerfeld.ch, Stand Februar 2009

www.industrie-kultur.ch, Stand Oktober 2008

www.insitu.ch, Stand September 2008

www.kahlfeldt-architekten.de, Stand September 2008

www.meilenwerk.de, Stand November 2007

www.prixevenir.ch, Stand September 2008

www.stilwerk.de, Stand Januar 2009

www.tippin.net, Stand September 2008

www.uli.org, Stand Januar 2009

www.vsu-euro.de, Stand Dezember 2008

www.warteckpp.ch, Stand April 2007, Dezember 2008, März 2009

www.wuestundpartner.com, Stand November 2008

ÜBERSICHT DER ARCHIVE (ÜBRIGE QUELLEN)

Archiv der Warteck Invest AG

Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt

Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp

Archiv und Inventar der Basler Denkmalpflege

Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel

Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt

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317

GESPRÄCHE5

[Anonym], Mitarbeiterin von Labels Berlin, informelles Gespräch, Berlin, 22.2.2008

Bärtschi, Hans-Peter, Arias Industriekultur, Winterthur, 23.1.2008

Breton, Daniel, Leiter Gebäudemanagement, Warteck Invest AG, Basel, 3.10.2006

Brigger, René, Geschäftsführer und Sekretär der Stiftung Kulturraum Warteck, Basel, 23.8.2006

Christiaanse, Kees, Professor, Institut für Städtebau, ETH Zürich, Zürich 12.3.2008

Dammeyer, Florian, Nutzer im Werkraum Warteck pp: Druckwerkstatt, Basel, 1.4.2005

Dierkes, Andreas, Leiter Immobilienverwaltung Vattenfall, Gespräch zusammen mit Christina Keseberg, Vattenfall, Berlin, 21.2.2008

Diener, Roger, Diener & Diener Architekten, Basel, 5.4.2005

Halder-Hass, Nicola, Branded Bricks GmbH, Berlin, 20.2.2008

Hofer, Martin, Wüest & Partner AG, Zürich, 29.3.2008

Honegger, Eric, Kantensprung AG und Baubüro insitu, Basel, 2.4.2008

Girod, Emanuel, ehemaliger technischer Leiter der Brauerei Warteck (1963-1988), Basel, 14.3.2008 und Telefongespräch am 11.2.2009

Grube, Hans-Achim, Telefongespräch am 9.1.2009

Gürtler Berger, Theresia, Praktische Denkmalpflege der Stadt Zürich, heute Professorin, Institut für Architekturgeschichte, Universität Stuttgart, Zürich, 6.4.2005

Kahlfeldt, Paul, Kahlfeldt Architekten, Berlin, 22.2.2008

Lutz, Kiki, Sekretariat Verein Werkraum Warteck pp, 24.10.2008

Schmid, Markus, Basler Denkmalpflege, 24.3.2005 und 31.10.2005

Staroste, Hubert, Fachbereich Wissensmanagement und Denkmalvermittlung, Landesdenkmalamt Berlin, Berlin, 19.2.2008

Wigger, Irene, Kantensprung AG, gemeinsamer Rundgang durch das Gundeldinger Feld, 12.5.2007

5 Die Gespräche mit dem Referenten, den Korreferenten sowie mit diversen Assistenten an der ETH Zürich wurden nicht aufgeführt.

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318

6.3 ABBILDUNGSNACHWEIS

Titelbild Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 1.1 Curdes, Gerhard, Stadtstruktur und Stadtgestaltung, 2. Auflage, Stuttgart: Kohlhammer, 1997, S. 173.

Abb. 1.2 Curdes, Gerhard, Stadtstruktur und Stadtgestaltung, 2. Auflage, Stuttgart: Kohlhammer, 1997, S. 174.

Abb. 1.3 www.wirzwerbung.ch, Stand 7.4.2008.

Abb. 1.4 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 1.5 Downs, Roger M. und David Stea, Kognitive Karten: die Welt in unseren Köpfen, hrsg. von Robert Geipel (Uni-Taschenbücher, 1126), New York: Harper & Row, 1982, S. 19.

Abb. 1.6 Brand, Stewart, How buildings learn. What happens after they're built, New York etc.: Vinking, 1994, S. 222, Foto: Timothy O’Sullivan.

Abb. 1.7 Brand, Stewart, How buildings learn. What happens after they're built, New York etc.: Vinking, 1994, S. 223, Foto: Mark Klett.

Abb. 1.8 Jenzer Bieri, 2007.

Abb. 1.9 Stiftung für die Auszeichnung guter Bauten im Kanton Zürich (Hrsg.), Auszeichnung guter Bauten im Kanton Zürich 2001, Zürich, 2001, S. 20, Foto: Peter Tillessen.

Abb. 1.10 Slesin, Susanne, Stafford Cliff und Daniel Rozensztroch, Wohnen in Lofts. Grosszügige Appartments und Ateliers in alten Speichern und Produktionshallen, übers. von Joachim Menge, Wiesbaden/Berlin: Bauverlag, 1988, S. 65, Foto: Gilles de Chabaneix.

Abb. 1.11 Slesin, Susanne, Stafford Cliff und Daniel Rozensztroch, Wohnen in Lofts. Grosszügige Appartments und Ateliers in alten Speichern und Produktionshallen, übers. von Joachim Menge, Wiesbaden/Berlin: Bauverlag, 1988, S. 67, Foto: Gilles de Chabaneix.

Abb. 1.12 Schlussbericht zum IE-Symposium “Fabrik-Umnutzung – die Alternative zum Neubau” vom 12. Januar 1995 im Kongresshaus Zürich, Zürich: IE-Umnutzung, 1995.

Abb. 1.13 Schlussbericht zum IE-Symposium “Fabrik-Umnutzung – die Alternative zum Neubau” vom 12. Januar 1995 im Kongresshaus Zürich, Zürich: IE-Umnutzung, 1995.

Abb. 1.14 Eigene Darstellung.

Page 324: Industriedenkmäler-neu genutzt

319

Abb. 1.15 Eigene Darstellung.

Abb. 2.1 Plangrundlage: Situationsplan der Stadt Basel, 1873 (Kartensammlung der ETH Zürich, K 204041).

Abb. 2.2 Eigene Darstellung.

Abb. 2.3 Eigene Darstellung.

Abb. 2.4 Eigene Darstellung.

Abb. 2.5 Eigene Darstellung.

Abb. 2.6 Archiv der Warteck Invest AG, Foto beschriftet mit "Staatsarchiv Basel-Stadt, Platte 1679“.

Abb. 2.7 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Repro 1990, Blatt Nr. 12159, Original: A. Füglistaller (Warteck Invest AG), um 1912.

Abb. 2.8 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Repro 1990, Blatt Nr. 12158, Original: A. Füglistaller (Warteck Invest AG), Foto: Astra-Aero, um 1933.

Abb. 2.9 Archiv der Warteck Invest AG, Foto: Swissair-Photo AG, Zürich, Nr. 27533, 1968.

Abb. 2.10 Archiv der Warteck Invest AG, Foto: Swissair, 1977.

Abb. 2.11 AL, "Warteck Invest ist wieder zuversichtlich. Investitionen in Liegenschaften sind wieder attraktiv - 61 Mio.-Fr.-Bauvorhaben", in: Finanz und Wirtschaft, 30.3.1994, Foto: Hannes-Dirk Flury.

Abb. 2.12 Eigene Darstellung.

Abb. 2.13 Plangrundlage: Ausschnitt aus dem Situationsplan von Diener & Diener, Projekt Warteckhof, Projekt Stand 8.1991 (Archiv der Basler Denkmalpflege).

Abb. 2.14 Plangrundlage: Basel 1989 (Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt).

Abb. 2.15 Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt.

Abb. 2.16 Brauerei zum Warteck AG Basel (Hrsg.), „Bürgerbrief für Basler Bier“, Prospekt (Archiv der Warteck Invest AG); eigene Beschriftung.

Abb. 2.17 Eigene Darstellung. Plangrundlage: Basel 1989 (Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt).

Abb. 2.18 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Repro 1990, Blatt 12160, Original: A. Füglistaller, ca. 1900.

Abb. 2.19 Kunz, Charlotte und Daniel Schneller, Die Brauerei Feldschlösschen in Rheinfelden, hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern, 1992, S. 26, Foto: Peter und Walter Studer.

Page 325: Industriedenkmäler-neu genutzt

320

Abb. 2.20 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Repro 1990, Blatt 12163, Original: A. Füglistaller (Warteck Invest AG), um 1920.

Abb. 2.21 Archiv der Warteck Invest AG, vor 1914.

Abb. 2.22 Plangrundlage verm. von Suter & Suter, 1954, Erg. 1965, mit Beschriftung aus der Zeit der Umnutzungsplanung (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

Abb. 2.23 Plan verm. von Suter & Suter, 1954, ev. Erg. 1965, mit Beschriftung aus der Zeit der Umnutzungsplanung (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

Abb. 2.24 Eigene Darstellung. Plangrundlage: Basel 1989 (Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt).

Abb. 2.25 ur, "Warteckhof bringt 80 zusätzliche Wohnungen", in: Basler Zeitung, 13.11.1993, Foto: Peter Armbruster.

Abb. 2.26 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Blatt 12173, Foto: Teuwen, 1990.

Abb. 2.27 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Blatt 12181, Foto: Teuwen, 1990.

Abb. 2.28 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Repro 1990, Blatt Nr. 12158, Original: A. Füglistaller (Warteck Invest AG), Foto: Astra-Aero (Ausschnitt).

Abb. 2.29 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Blatt 12192, Foto: Basler Denkmalpflege, 1990.

Abb. 2.30 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Blatt 12179, Foto: Teuwen, 1990.

Abb. 2.31 Promotionsmanagement Grundstücksentwicklung Phase I und II, Schlussbericht, Suter & Suter, Dezember 1989, S. 27 (Archiv der Warteck Invest AG).

Abb. 2.32 Promotionsmanagement Grundstücksentwicklung Phase I und II, Schlussbericht, Suter & Suter, Dezember 1989, S. 28 (Archiv der Warteck Invest AG).

Abb. 2.33 Promotionsmanagement Grundstücksentwicklung Phase I und II, Schlussbericht, Suter & Suter, Dezember 1989, S. 18 (Archiv der Warteck Invest AG).

Abb. 2.34 Promotionsmanagement Grundstücksentwicklung Phase I und II, Schlussbericht, Suter & Suter, Dezember 1989, S. 31 (Archiv der Warteck Invest AG).

Abb. 2.35 Promotionsmanagement bis Baueingabe, 14.9.1990 (Archiv der Warteck Invest AG).

Abb. 2.36 Promotionsmanagement bis Baueingabe, 14.9.1990 (Archiv der Warteck Invest AG).

Page 326: Industriedenkmäler-neu genutzt

321

Abb. 2.37 Diener & Diener.

Abb. 2.38 Diener & Diener.

Abb. 2.39 Häni, Daniel et al., Werkraum Schlotterbeck. Im Puls der 90er Jahre, Basel: Christoph Merian, 1993, Fotos: Walter und Spehr.

Abb. 2.40 Häni, Daniel et al., Werkraum Schlotterbeck. Im Puls der 90er Jahre, Basel: Christoph Merian, 1993.

Abb. 2.41 Informationsbroschüre zur kantonalen Volksabstimmung vom 26., 27. und 28. November 1993, S. 9 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel).

Abb. 2.42 Baueingabeplan Burckhardt & Partner, 2000 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Alemannengasse 57-95, 2000, E1540).

Abb. 2.43 Eigene Darstellung.

Abb. 2.44 Eigene Darstellung.

Abb. 2.45 Eigene Darstellung.

Abb. 2.46 Eigene Darstellungen. Plangrundlage: Basel 1989 (Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt).

Abb. 2.47 Jenzer Bieri, 2005.

Abb. 2.48 Jenzer Bieri, 2005.

Abb. 2.49 Eigene Darstellung.

Abb. 2.50 Eigene Darstellung.

Abb. 2.51 Malzsilo Werkraum Warteck pp, Präsentation des Architekturbüros UNEND, 19.6.2007 (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

Abb. 2.52 Malzsilo Werkraum Warteck pp, Präsentation des Architekturbüros UNEND, 19.6.2007 (Archiv des Vereins Werkraum Warteck pp).

Abb. 3.1 Eigene Darstellung. Plangrundlage: Basel 1989 (Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt).

Abb. 3.2 Eigene Darstellung. Plangrundlage: Basel 2005 (Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt).

Abb. 3.3 Plan Suter & Suter, 1954, Erg. 1965 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, Privatarchiv).

Abb. 3.4 Diener & Diener.

Abb. 3.5 Eigene Darstellung.

Abb. 3.6 Eigene Darstellung.

Abb. 3.7 Jenzer Bieri, 2008.

Page 327: Industriedenkmäler-neu genutzt

322

Abb. 3.8 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.9 Jenzer Bieri, 2006.

Abb. 3.10 Jenzer Bieri, 2005.

Abb. 3.11 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.12 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.13 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.14 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.15 Eigene Darstellung gemäss Informationen von Emanuel Girod, ehem. technischer Leiter der Brauerei Warteck (Gespräch vom 14.3.2008). Plangrundlage: Basel 1989 (Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt).

Abb. 3.16 Eigene Darstellung. Plangrundlage: Basel 2005 (Grundbuch- und Vermessungsamt des Kantons Basel-Stadt).

Abb. 3.17 Archiv der Warteck Invest AG.

Abb. 3.18 Archiv der Warteck Invest AG.

Abb. 3.19 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Blatt 4034, Foto: St. Tramèr, 1992.

Abb. 3.20 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.21 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.22 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.23 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.24 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Blatt 12192, Foto: Basler Denkmalpflege, 1990.

Abb. 3.25 Gyr, Stefan, "Im Warteck braut sich etwas zusammen. Kulturräume in der Region (VI): Der Werkraum Warteck in Basel", in: Basellandschaftliche Zeitung, 3.8.1995, Foto: Spiessl.

Abb. 3.26 Geschäftsbericht der Warteck Invest AG, 1991.

Abb. 3.27 Informationsbroschüre zur kantonalen Volksabstimmung vom 26., 27. und 28. November 1993, S. 12 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel).

Abb. 3.28 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Blatt 1412, Foto: Christoph Teuwen, 1992.

Abb. 3.29 Fotoarchiv der Basler Denkmalpflege, Blatt 11488, Foto: Christoph Teuwen, 1997.

Abb. 3.30 Jenzer Bieri, 2008.

Page 328: Industriedenkmäler-neu genutzt

323

Abb. 3.31 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 3.32 Eigene Darstellung.

Abb. 3.33 Eigene Darstellung.

Abb. 3.34 Eigene Darstellung.

Abb. 3.35 Eigene Darstellung.

Abb. 3.36 Eigene Darstellung.

Abb. 3.37 Eigene Darstellung.

Abb. 3.38 Eigene Darstellung.

Abb. 4.1 Wirtschaftsberatung Halder (Hrsg.), Meilenwerk. Forum für Fahrkultur. Berlin, Berlin, 2001, S. 6.

Abb. 4.2 Wirtschaftsberatung Halder (Hrsg.), Meilenwerk. Forum für Fahrkultur. Berlin, Berlin, 2001, S. 10.

Abb. 4.3 Halder-Hass, Nicola, Jörg Haspel und Gert Lorenz (Hrsg.), Das Denkmal als Immobilie. Denkmalstudie Berlin, Wiesbaden: IZ, 2002, S. 168, Foto: Halder-Hass Denkmalprojekte.

Abb. 4.4 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 4.5 Überarbeitete Darstellung. Grundlage: Kantensprung AG (Hrsg.), Neues Leben auf dem Gundeldinger Feld. Die Umnutzung des Areals der Maschinenfabrik Sulzer Burckhardt im Gundeldingerquartier in Basel. Konzept und Nutzungsplan Februar 2001, Basel, 2001, S. 5.

Abb. 4.6 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 4.7 Eigene Darstellung.

Abb. 4.8 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 4.9 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 4.10 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 4.11 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 4.12 Bewag Aktiengesellschaft (Hrsg.), Elektropolis Berlin. Historische Bauten der Stromverteilung. Eine Publikation der Bewag, Berlin, 1999, S. 69.

Abb. 4.13 Bewag Aktiengesellschaft (Hrsg.), Elektropolis Berlin. Historische Bauten der Stromverteilung. Eine Publikation der Bewag, Berlin, 1999, S. 68.

Abb. 4.14 Kristin Freireiss und Hans-Jürgen Commerell (Hrsg.), Transformatoren/Transformationen. Kahlfeldt Architekten, Berlin: Aedes, 2001, S. 26.

Abb. 4.15 Jenzer Bieri, 2008.

Page 329: Industriedenkmäler-neu genutzt

324

Abb. 4.16 www.ewerk.net, Stand April 2008, Foto: Chromapark.

Abb. 4.17 Grube, Hans Achim, Renaissance der E-Werke. Historische Industriearchitektur im Wandel, Publikation zur Dissertation an der TU Berlin, Berlin: Jovis, 2003, S. 92, Foto: Friedrich Busam.

Abb. 4.18 Grube, Hans Achim (Hrsg.), New Power. Elektropolis im Wandel, jovis: Berlin, 2007, S. 123.

Abb. 4.19 Kahlfeldt, Paul, Die Logik der Form. Berliner Backsteinbauten von Hans Heinrich Müller, Berlin: jovis, 2004, S. 134, Foto: Kahlfeldt Architekten.

Abb. 4.20 Kahlfeldt, Paul, Die Logik der Form. Berliner Backsteinbauten von Hans Heinrich Müller, Berlin: jovis, 2004, S. 159, Foto: Stefan Müller.

Abb. 4.21 Kahlfeldt, Paul, Die Logik der Form. Berliner Backsteinbauten von Hans Heinrich Müller, Berlin: jovis, 2004, S. 126.

Abb. 4.22 Kahlfeldt, Paul, Die Logik der Form. Berliner Backsteinbauten von Hans Heinrich Müller, Berlin: jovis, 2004, S. 159.

Abb. 4.23 Präsentation von MetaDesign zum neuen Firmensitz, verm. 2002.

Abb. 4.24 Präsentation von MetaDesign zum neuen Firmensitz, verm. 2002.

Abb. 4.25 Eigene Darstellung.

Abb. 4.26 Branded Bricks GmbH.

Abb. 4.27 Halder-Hass, Nicola, Jörg Haspel und Gert Lorenz (Hrsg.), Das Denkmal als Immobilie. Denkmalstudie Berlin, Wiesbaden: IZ, 2002, S. 165, Foto: Halder-Hass Denkmalprojekte.

Abb. 4.28 Branded Bricks GmbH.

Abb. 4.29 Jenzer Bieri, 2008.

Abb. 6.1 Plan Suter & Suter, Provisorium Flaschenabfüllanlage, 1954 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, Privatarchiv).

Abb. 6.2 Plan Suter & Suter, Provisorium Flaschenabfüllanlage, 1954, Erg. 1965 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, Privatarchiv).

Abb. 6.3 Plan Suter & Suter, Provisorium Flaschenabfüllanlage, 1954, Erg. 1965 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, Privatarchiv).

Abb. 6.4 Plan Suter & Suter, Provisorium Flaschenabfüllanlage, 1954, Erg. 1965 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, Privatarchiv).

Abb. 6.5 Plan Suter & Suter, Provisorium Flaschenabfüllanlage, 1954, Erg. 1965 (Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, Privatarchiv).

Abb. 6.6 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Page 330: Industriedenkmäler-neu genutzt

325

Abb. 6.7 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Abb. 6.8 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Abb. 6.9 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Abb. 6.10 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Abb. 6.11 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Abb. 6.12 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Abb. 6.13 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Abb. 6.14 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

Abb. 6.15 Baueingabeplan Suter & Suter, 1994 (Archiv des Bauinspektorats des Kantons Basel-Stadt, Burgweg 7, 1994, E1541).

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6.4 DANKSAGUNG

Die Erstellung dieser disziplinenübergreifenden Arbeit wäre nicht denkbar gewesen ohne die grosse Unterstützung aus drei verschiedenen Fachrichtungen: Dem Referenten, Prof. Dr. Vittorio Magnago Lampugnani, Professur für Geschichte des Städtebaus an der ETH Zürich, danke ich ganz herzlich für seine Offenheit gegenüber dem interdisziplinären Thema, seine wertvollen Anregungen insbesondere zum Aufbau der Arbeit, und für die Unterstützung durch seinen Lehrstuhl. Seinem Assistenten, Dr. Matthias Noell, sei für seine fachliche Unterstützung, besonders zur städtebaulichen Perspektive, herzlich gedankt. Prof. Dr. Georg Mörsch begleitete die Arbeit als Denkmalpfleger. Ihm danke ich ganz herzlich für die unzähligen interessanten und anregenden Gespräche. Prof. Dr. Martin Boesch von der Universität St. Gallen möchte ich für die äusserst wertvolle Begleitung der Arbeit aus wirtschaftlicher Sicht danken.

Für die finanzielle Unterstützung der Arbeit bin ich dem Schweizerischen Nationalfonds zu grossem Dank verpflichtet, welcher im Rahmen des Marie Heim-Vögtlin-Programms die Arbeit während zweier Jahre unterstützte, ausserdem dem Gerold und Niklaus Schnitter-Fonds für Technikgeschichte an der ETH Zürich, welcher die Fortführung der Arbeit während zweier weiterer Jahre finanziell ermöglichte.

Die Forschungsarbeit lebt zu einem grossen Teil von den vielen Gesprächen, die ich im Laufe der Arbeit führen konnte. Ein besonderer Dank gebührt deshalb all den Gesprächs-partnern, die mit ihren Informationen und Anregungen die Arbeit bereicherten. Meine Fragen wurde stets offen und mit Interesse beantwortet. Ein grosser Dank gehört deshalb zuerst den an der Umnutzung des Warteckareals Beteiligten: Roger Diener (Architektur-büro Diener & Diener), Markus Schmid (Basler Denkmalpflege), Daniel Breton (Warteck Invest AG), René Brigger (Stiftung Kulturraum Warteck), Emanuel Girod (ehemals Brauerei Warteck), Florian Dammeyer und Kiki Lutz (Verein Werkraum Warteck pp). Weiter möchte ich mich bei denjenigen bedanken, die für die Untersuchung der zusätzlichen Fallbeispiele in Basel und Berlin zu Gesprächen bereit waren, bei Eric Honegger (Kantensprung AG, Baubüro insitu), Irene Wigger (Kantensprung AG), Andreas Dierkes und Christina Keseberg (Vattenfall), Dr. Hans-Achim Grube (ehemals Vattenfall), Dr. Paul Kahlfeldt (Kahlfeldt Architekten), Nicola Halder-Hass (Branded Bricks GmbH) und Dr. Hubert Staroste (Landesdenkmalamt Berlin). Als sehr hilfreich erwiesen sich auch die Gespräche mit den diversen Spezialisten: Ich danke dem Industriearchäologen Dr. Hans-Peter Bärtschi (Arias Industriekultur) für die diversen interessanten Gespräche, Martin Hofer (Wüest & Partner), Axel Paulus und Mario Del Puppo (Institut für Hochbautechnik, ETH Zürich) für ihre Ausführungen zum Thema Wirtschaftlichkeit von Umnutzungen, und Prof. Theresia Gürtler Berger (Universität Stuttgart, Praktische Denkmalpflege der Stadt Zürich) und Prof. Kees Christiaanse (ETH Zürich) für ihre Schilderungen aus der Umnutzungspraxis.

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Die ausführliche Darstellung des Fallbeispiels Warteck war nur möglich dank dem freien Zugang zu diversen Archiven. Ich bedanke mich deshalb insbesondere bei der Warteck Invest AG und dem Verein Werkraum Warteck pp für ihr grosses Vertrauen. Dankbar bin ich ausserdem all jenen, die mir bei den Nachforschungen in den Archiven behilflich waren. Stellvertretend sei hier Lukas Bartsch erwähnt, welcher in der Bauplanausgabe des Staatsarchivs des Kantons Basel-Stadt während Tagen die Sichtung der historischen Pläne zum Warteckareal begleitete.

Ein besonderer Dank gebührt weiter den Kolleginnen und Kollegen am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur für ihre Hilfestellungen und die emotionale Unterstützung. Sara Luzon danke ich ganz besonders für ihre Freundschaft.

Bei Dr. Dorothée Hofer und meinem Mann, Dr. Stéphane Bieri, bedanke ich mich für die präzise Arbeit als Korrektorin und Korrektor.

Zuletzt sei angemerkt, dass die Arbeit nicht möglich gewesen wäre ohne die grosse Unterstützung durch meine Familie, ohne das Verständnis und die Ermutigungen durch meinen Mann und die unheimliche Geduld der beiden Töchter Rosa und Elisabeth. Ein letzter, ganz herzlicher Dank gebührt meiner Mutter und meiner Schwiegermutter für ihre sehr intensive, liebevolle Betreuung der Kinder.