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IM MITTELPUNKT FÜR SIE bewegt in die zukunft 1 PhysioPoster © Tomasz Trojanowski - Fotolia.com inform physioaustria inform exklusiv Nur in der Ausgabe für Mitglieder von Physio Austria enthalten: 16 Seiten Berufspolitik, Tipps und Services für PhysiotherapeutInnen P.b.b. Verlagspostamt 8000 Graz 02Z031875 M 6,50 EUR Zeitschrift von Physio Austria, dem Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs Nr. 4 September 2015 Physiotherapie International Berichte vom Weltkongress 2015 der Physiotherapie, globale Entwicklungen und Trends.

inform - Physio Austria · Standards orientierte und konzeptübergreifende Ge staltung der Lehrgangs inhalte zeichnet die vorliegende postgr aduale ... Diese Entwicklungen haben aber

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IM MITTELPUNKT FÜR SIE

bewegt in die zukunft

1 PhysioPoster

© Tom

asz Trojanowski - Fotolia.com

informphysioaustria

inform exklusivNur in der Ausgabe für Mitglieder von Physio Austria enthalten: 16 Seiten Berufspolitik, Tipps und Services für PhysiotherapeutInnen

P.b.b. Verlagspostam

t 8000 Graz 02Z031875 M 6

,50

EUR

Zeitschrift von Physio Austria, dem Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs

Nr. 4 September 2015

Physiotherapie InternationalBerichte vom Weltkongress 2015 der Physiotherapie, globale Entwicklungen und Trends.

04 inform SEP _x 31.08.15 11:15 Seite 1

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Musculoskeletal Physiotherapy

Die steigende Zahl an PatientInnen mit Beschwerden am Be wegungsapparat, deren enorme ökonomische Bedeutung für dieGesundheitskosten sowie das Ziel, physiotherapeutische Leistungen qualitätsgesichert zu erbringen, erfordern zunehmend„Evidence-basiertes“ Entscheiden und Handeln.

Auf bau end auf fundiertem fachlichem Vorwissen vermittelt dieser Lehr gang ein hohes Maß an konzeptübergreifender Hand - lungs kom pe tenz zum um fassenden konservativen Man age ment von muskuloskelettalen Beschwerden. Die an internationalenStandards orientierte und konzeptübergreifende Ge staltung der Lehr gangs inhalte zeichnet die vorliegende post gradualeAus bildung aus.

Dauer: 5 Semester, berufsbegleitend � Start: Wintersemester 2015/2016 � Abschluss: Master of Science (MSc)

für InhaberInnen eines OMT-Diploms nach IFOMPT-Standard

Donau-Universität Krems. Die Universität für [email protected] � Tel. +43 (0)2732 893-2744

www.donau-uni.ac.at/muscu

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In Zeiten der Globalisierung, die mit ihren vielfältigen internationalen Bezügen auf viele Lebensbereiche wirkt, sind wir auch in der Physiotherapie zunehmend mit Auswirkungen internationaler Entwicklungen konfrontiert. Zu nennen sind hier im Besonderen europäische Übereinkommen mit Wirkung auf die Freizügigkeit der Berufsausübung innerhalb Europas, die einerseits die Mobilität von PhysiotherapeutInnen in Europa erleichtern aber auch große Heraus-forderungen dahingehend mit sich bringen, als es zunehmend schwieriger wird,von einem einheitlichen Kompetenzprofil von PhysiotherapeutInnen auszugehen.So führen sich unterscheidende Berufsberechtigungen in den Ländern der euro-päischen Union beispielsweise zu unterschiedlichen Ausbildungen hinsichtlich Inhalt und Dauer. Ergebnis dieser Entwicklungen ist unter anderem, dass in einigen Ländern PatientInnen keine ärztliche Verordnung mehr benötigen, um einephysiotherapeutische Behandlung zu erhalten. Auch Qualitätsvorgaben für physio-therapeutische Dienstleistungen, welche beispielsweise eine stringente Evidenz-orientierung bei der Gestaltung der Therapie vorgeben, sind damit verbunden.Diese Entwicklungen haben aber auch Planungen zum Ergebnis, die darauf abzielen, Teilanerkennungen für Berufsberechtigungen einzuführen. Viele dieser brisanten und spannenden Themen wurden heuer im Mai beim internationalen WCPT-Kongress, dieses Mal in Singapur, diskutiert und neue Erkenntnisse und Entwicklungen präsentiert. Ich durfte Physio Austria gemeinsammit einer kleinen Delegation bei diesem internationalen Event vertreten.Internationale Entwicklungen und Trends frühzeitig zu kennen, ermöglicht unsauch in Österreich für die Weiterentwicklung unseres Berufs viel zu lernen. Physio Austria ist aus diesem Grund nicht nur national sondern auch international gut vernetzt. Wir sind u.a. Mitglied beim Weltverband für Physiotherapie, der WorldConfederation for Physical Therapy (WCPT). Seit seiner Gründung 1951 stellt derWCPT die internationale Stimme der Physiotherapie dar und repräsentiert mehrals 350.000 PhysiotherapeutInnen. Durch seine über 100 Mitgliedsorganisationenweltweit sorgt der WCPT mit seinen fünf Regionalorganisationen dafür, dass die Physiotherapie in vielen internationalen und sich mit humanitären Fragen beschäftigenden Organisationen vertreten ist, mitarbeitet und so den physio-therapeutischen Beitrag zu menschenwürdigen Lebensumständen weltweit leistet.

So haben wir dieses Inform zum Schwerpunkt »Physiotherapie International« gestaltet, beginnend mit einem Leitartikel zum WCPT und ausgewählten Kongress-inhalten, zu einzelnen Themenbereichen, die dort behandelt wurden, wie Wissenschaft sowie Beiträgen über die internationalen Entwicklungen in den Fachbereichen Mental Health und Geriatrie. Ganz besonders freuen wir uns auchIhnen die neu gewählte Präsidentin des WCPT, Emma Stokes, aus Irland im Rahmen eines Interviews vorstellen zu dürfen.

Zum Schwerpunkt dieses Inform passend wollen wir das in unserer Gesellschaftaktuell sehr präsente Thema der Flüchtlingsarbeit aufgreifen und einen Bericht aus der Praxis eines Physiotherapeuten bringen, der sich für Flüchtlinge in Österreich engagiert.

Ich wünsche Ihnen eine herbstlich bewegte Lektüre mit der vorliegenden A Ausgabe des Inform und freue mich wie immer über Anregungen und

Rückmeldungen ([email protected]).

Silvia Mériaux-Kratochvila, M.Ed.PRÄSIDENTIN PHYSIO AUSTRIA

Liebe LeserInnen,

EDITORIAL Silvia Mériaux-Kratochvila, M.Ed.

ImpressumMEDIENINHABER, HERAUSGEBER

UND REDAKTION

physioaustriaBundesverband derPhysiotherapeutInnen ÖsterreichsLinke Wienzeile 8/28, 1060 WienTel. (01) 587 99 51-0, Fax DW-30www.physioaustria.atZVR 511125857

GESCHÄFTSFÜHRUNGMag. Stefan Moritz, [email protected]

REDAKTIONSSCHLUSSBeiträge, Inserate und bezahlte Anzeigen für das mit Monatsbeginn erscheinende inform müssen bis spätestens 5. des Vormonats im Verbandsbüro eingelangt sein. Ist dieser Tag ein Samstag, Sonn- oder Feiertag, so gilt der nächste darauf folgende Werktag.

CHEFREDAKTIONMag. Patricia [email protected]

GESTALTUNGDechant Grafische ArbeitenFOTOS Helmut Wallner/© Physio Austria, ausgenommen:wo gesondert angegebenFARBKORREKTUR UND RETUSCHEHelmut WallnerDRUCK Steiermärkische Landesdruckerei, Graz

BEZUGSPREISE Einzelheft: 6,50 Euro;Abo (5 Ausgaben/Jahr): 29 Euro(Inland), 50 Euro (Ausland).STORNO schriftlich 2 Monate vor Ablauf des Abos.

OFFENLEGUNG GEMÄSS MEDIENGESETZeinzusehen unterwww.physioaustria.at/impressum

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© photomelon –fotolia.com

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Themenschwerpunkt Physiotherapie International

Themenschwerpunkt PhysiotherapieInternational

06Über den Tellerrand schauen Aktuelle Entwicklungen der Physiotherapiewelt international Mag. Nicole Muzar

12Wieviel ist genug?Wissenschaftlichkeit hinterfragt Emalie Hurkmans, PhD

16ExpertInnen unter sichÜber die hohe Professionalität undfachliche Kompetenz der FocusedSymposia beim WCPT-Kongress 2015Heimo Just, MSc

19Zivilcourage – hingeschaut!PatientInnen sammeln für Flüchtlinge.Ein Bericht aus der PraxisAlexander Baillou

Heimo Just, MScPhysiotherapeut seit 2000

Mag. Patricia Otuka-KarnerRessort Öffentlichkeits-arbeit Physio Austria, Chefredaktion inform

Alexander Baillou Physiotherapeut und Funktionär im Landes-verband Wien von Physio Austria

Manuela Kundegraber, MSc Leiterin des fachli-chen Netzwerks MentalHealth von Physio Austria

16

26

19 20

Mag. Nicole MuzarRessort Berufspolitik, Verbandsbüro Physio Austria

06

Emalie Hurkmans, PhD Mitglied des Präsidiums von Physio Austria

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4 physioaustria inform September 2015

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inform Inhalt Sept 2015

Inhalt 04/2015

20 Mental Health goes globalÖsterreichische ExpertInnen vernetzen sich internationalManuela Kundegraber, MSc

24Gesund und mobil im AlterBericht von der Generalversammlungder International Association of Physical Therapists working withOlder People (IPTOP)Constance Schlegl

26 INTERVIEW

I found a »home« in the international physiotherapycommunityQuestions & Answers with Emma Stokes, President of the World Confederation for Physical Therapy (WCPT)Mag. Patricia Otuka-Karner

30Der frühe Vogel fängt den WurmEin wesentlicher Beitrag der Physiotherapie: Früherkennung Constance Schlegl

32 MTD

Am Anfang war das WortDie MTD-Berufsgruppe der LogopädInnen stellt sich vorKarin Pfaller, MSc

34 ASSESSMENTS

Motorische Fähigkeiten beiKindern und Jugendlichen –messbar?Vorstellung eines Assessment-ToolsDaria Seitl, BSc

INFORM EXKLUSIV

Arbeiten im AuslandHerausforderungen und Möglichkeiten.

Nur in der Ausgabe für Mitgliedervon Physio Austria enthalten

e2 Arbeiten im AuslandInformationen für PhysiotherapeutInnen mit österreichischer AusbildungMartina Sorge

e4 Arbeiten in Amerika Ein ErfahrungsberichtSandra Wright

e6 Richtig oder falsch sitzen!? Ingrid Großbötzl

e7 Studierende gut vernetztMara Losewitz

e8 Musculoskeletal PhysiotherapyErfolgsstory eines MasterlehrgangsAndreas Gattermeier, MASPHYSIOWORLD

e10 Früherkennung von RückenschmerzAwarenesskampagne Axiale SpondyloartrhitisConstance SchleglPHYSIOFACES

e12 Auf der Story-JagdEine Safari durch den MediendschungelSabine Stögerer, MA

e13 Vernetzung internationalConstance Schlegl

e14 SERIE ARBEITSRECHTAushangpflichtige Gesetze Valid Hanuna

e15 SERIE STEUERTIPPSRegistrierkassen- und Belegerteilungspflicht Mag. Wolfgang Leonhart

Constance SchleglVorsitzende LandesverbandWien von Physio Austria

Daria Seitl, BScPhysiotherapeutin an der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie und Behindertenpsychiatrie für Erwachseneim Krankenhaus Hietzing mit NZ Rosenhügel

Karin Pfaller, MScPräsidentin von logopädie-austria Berufsverband der österreichischen Logopädinnen und Logopäden

3424, 3032

physioaustria inform September 2015 5

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6 physioaustria inform September 2015

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

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CPT www.wcpt.org

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WELT Mag. Nicole Muzar

Über den Tellerrand schauenAktuelle Entwicklungen der Physiotherapiewelt international

physioaustria inform September 2015 7

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Weltkongress der Physiotherapie Der Weltkongress in Zahlen

° 3.450 BesucherInnen aus 113 Ländern – davon 18 aus Österreich

° 553 Plattform Präsentationen

° 1.585 Poster – davon fünf aus Österreich

° 25 Fokussierte Symposien

° 11 Podiumsdiskussionen

° 18 Seminare

° 36 Networking Sessions

° mehr als 100 AusstellerInnen

° 250 ehrenamtliche MitarbeiterInnen

Abstracts und Aufnahmen online verfügbarDie Abstracts aller Vorträge, Poster, sowie Aufnahmen und Power Point-Präsentationen von einigen fokussierten Symposien, Podiums-diskussionen und Debatten können kostenfrei auf der Kongresswebseite abgerufen werden: www.wcpt.org/congress/wcpt2015/proceedings

Save the date Der nächste WCPT Kongress wird, auf Grund einer Änderung der Frequenz auf zwei Jahre, bereits von 2. bis 4. Juli 2017 in Kapstadt/ Südafrika stattfinden.

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

8 physioaustria inform September 2015

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Der Weltverband der Physiotherapie als Organi-sation, die weltweit alle PhysiotherapeutInnen vereint, und ein Kongress, der auch 2015 die Physiotherapiewelt forderte, sich mit aktuellenund brisanten Themen zu beschäftigen. Geradeauch Migration und Mobilität sind wesentlicheSchlagwörter, die für die Physiotherapie in Österreich relevant sind.

Die Organisation, die weltweit für Physiotherapie steht, ist die World Confederation for Physical Therapy (WCPT).Sie repräsentiert rund 350.000 PhysiotherapeutInnenund zählt zu den großen internationalen Verbänden imGesundheitsbereich. Die Veranstaltung, die alle vier –und zukünftig alle zwei Jahre – die Physiotherapiewelt zu-sammenbringt, ist der Weltkongress des WCPT, der indiesem Frühjahr in Singapur stattgefunden hat. Das Be-sucherInnen- und Themenspektrum zeigen auf, wie diversdas Feld der Physiotherapie und der Themen, die uns alsProfession beschäftigen, ist. Der Bogen der Physiothera-pie spannt sich von evidenzbasierter Physiotherapie über klinische Expertise, bis hin zu Bildungsfragen, die Auto-nomie der Berufsausübung, neuen Technologien, Interes-senvertretung, Berufsentwicklung und Themen wieKatastrophenhilfe. All das wurde beim World Congress2015 in Singapur thematisiert. Was die Berufspolitik welt-weit und aktuell im EWR-Raum stark beschäftigt sindauch Fragen zur Migration und Berufsanerkennung.

General Meeting 2015 Alle vier Jahre wird die Generalversammlung, des GeneralMeeting des WCPT einberufen. Jede Mitgliedsorganisa-tion kann drei Delegierte entsenden und hat eineStimme. Die 18. Generalversammlung des WCPT fand imVorfeld zum Weltkongress in Singapur statt. Im Rahmender heurigen Generalversammlung wurde das neue Executive Board, der Vorstand des WCPT, neu gewählt.Emma Stokes aus Irland wurde zur Präsidentin und Margot Skinner aus Neuseeland zur Vizepräsidentinernannt. Zudem wurden die Physiotherapieverbände ausfolgenden Ländern neu aufgenommen:

° Albanien

° Benin

° Bosnien und Herzegowina

° Demokratische Republik Kongo

° Mongolei

° Montenegro

° Niger

° Santa Lucia

Mildred Elson Award – Höchste Auszeichnung des WCPT Im Rahmen der Generalversammlung sowie des Weltkon-gresses des WCPT wurden auch Personen mit besonde-ren Verdiensten an der Physiotherapie ausgezeichnet.Kari Bø wurde die höchste Ehrung des WCPT zu Teil. Dernorwegischen Physiotherapeutin wurde auf Grund ihrerVerdienste für die Frauengesundheit der Mildred ElsonAward, benannt nach der ersten Präsidentin des WCPT,verliehen.

physioaustria inform September 2015 9

WELT Mag. Nicole Muzar

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CPT www.wcpt.org

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Kari Bø ist international für ihre Forschungsarbeiten imBereich der Beckenbodendysfunktionen und des Becken-bodentrainings anerkannt. Sie hält weltweit Vorträge undhat durch ihre Arbeit mit den Medien auch wesentlich zurBewusstseinsbildung zu Themen der Frauengesundheitbeigetragen. Seit 1997 ist sie Professorin an der »Nor-wegian School of Sports Sciences«. »Ihr Beitrag zur evidenzbasierten Praxis hat einen großen Einfluss auf diewissenschaftliche Gemeinschaft und Tausende vonFrauen mit Beschwerden im Beckenboden wie z. B. Harninkontinenz«, so der WCPT. Kari Bø zeigte sich beider Verleihung sichtlich bewegt und geehrt und betonte,dass sie sehr stolz sei, diese Auszeichnung des Weltver-bandes entgegennehmen zu dürfen. Sie sei zudem stolzauf das, was unser Beruf seit Beginn ihrer Berufslaufbahnerreicht hat. Ihre Botschaft an die Profession ist, in engerZusammenarbeit und gleichberechtigter Partnerschaftmit den MedizinerInnen zu arbeiten. Weitere Ehrungen ergingen u.a. an Diana Hiscock undPadmani Mendis. Hiscock, eine Physiotherapeutin ausGroßbritannien, erhielt den Humanitarian Service Award2015 des WCPT. Die Arbeit von Mendis aus Skri Lankawurde mit dem WCPT Leadership in Rehabilitation Awardausgezeichnet.

Migration und MobilitätEin ständiger Begleiter der Physiotherapiewelt ist dasThema der Migration. Neben den Fragen die sich ein-zelne Berufsangehörige hinsichtlich des Weges ins Aus-land stellen, befassen sich die Berufsvertretungen mitGesetzwerdungsprozessen und Regelungen hinsichtlichder Vergleichbarkeit und Anerkennung von Ausbildungenim Sinne der PatientInnensicherheit, der Qualitätsarbeitund des Berufsschutzes. Im Europäischen Wirtschafts-raum und von Seiten der EU geht die Tendenz RichtungFörderung der Mobilität und Erleichterung der Berufszu-lassungen. Dies stellt das Gesundheitswesen und ganzzentral auch die Physiotherapie vor neue Herausforde-rungen.

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

10 physioaustria inform September 2015

WCPTDer Weltverband für Physiotherapie, die World Con-federation for Physical Therapy (WCPT), wurde 1951gegründet. Aus den damals elf Gründungsmitglie-dern (Australien, Dänemark, Finnland, Großbritan-nien, Neuseeland, Norwegen, Südafrika, Kanada,Schweden, die USA sowie die BundesrepublikDeutschland) sind mittlerweile 111 Mitgliedsorgani-sationen (MO) geworden, die 350.000 Physiothera-peutInnen weltweit repräsentieren. Der WCPT setztsich für die Entwicklung des Berufes und die Verbes-serung der Weltgesundheit ein. Dies soll durch dieFörderung hoher Standards in der PhysiotherapieForschung, Lehre und Praxis, der Unterstützung desAustauschs von Informationen zwischen den WCPTRegionen und Mitgliedsorganisationen sowie die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalenOrganisationen erreicht werden. Er hat u.a. be-ratende Funktion bei der UNO und ist offizieller Partner der Weltgesundheitsorganisation WHO.Die Größe und auch geographischen Gegebenheitenveranlassten den Weltverband sich 1991 in fünf Regionen zu organisieren. Alle in der jeweiligen Region ansässigen Mitgliedsverbände gehören dieser Region an. Jede Region entsendet eine/nVertreterIn in den Vorstand des WCPT, dem Execu-tive Board. Vertreter der European Region ist JohnXerri de Caro aus Malta. Im Rahmen der General-versammlung, dem General Meeting (GM), werdendiese Funktionen bestätig sowie die Funktionen der PräsidentIn und VizepräsidentIn gewählt.

SubgroupsMittlerweile gibt es beim WCPT bereits 12 Sub-groups, d.h. Arbeitsgruppen, welche sich themen-spezifisch mit diversen Feldern auseinandersetzen:

° International Acupuncture Association of Physical Therapists (IAAPT)

° International Association of Physical Therapists in Animal Practice (IAPTAP)

° International Confederation of Cardiorespiratory Physical Therapists (ICCrPT)

° International Society for Electrophysical Agents in Physical Therapy (ISEAPT)

° International Federation of Orthopaedic Manipulative Physical Therapists (IFOMPT)*

° International Organization of Physical Therapists in Mental Health (IOPTMH)*

° International Neurological Physical Therapy Association (INPA)

° International Association of Physical Therapists working with Older People (IPTOP)*

° International Organisation of Physical Therapists in Paediatrics (IOPTP)*

° International Private Physical Therapy Association (IPPTA)

° International Federation of Sports Physical Therapy (IFSPT)*

° International Organization of Physical Therapists in Women's Health (IOPTWH)

* Bei diesen Subgroups ist Physio Austria Mitglied. Voraussetzung um Mitglied in einer Subgroup werden zu können ist, dass die Mitgliedsorganisation im eigenen Land eine vergleichbare Fachgruppe/ein fachliches Netzwerk hat.

© Lumiere Photography for W

CPT www.wcpt.org

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Partieller Berufszugang Ein Partieller Berufszugang bedeutet, dass ein imAusland ausgebildeter Berufsangehöriger in Öster-reich bzw. einem anderen Zielland partiell Zugang zueinem gesetzlich geregelten Beruf bekommen kön-nen soll. Dies soll dann ermöglicht werden, wenn diebetreffenden Tätigkeiten Teil eines Berufs sind, derim Aufnahmemitgliedstaat ein breiteres Spektrumvon Tätigkeiten als im Herkunftsmitgliedstaat um-fasst. Voraussetzungen dafür wären, dass die Unter-schiede zwischen den Tätigkeitsfeldern so groß sind,dass der Berufsangehörige ein vollständiges Ausbil-dungsprogramm absolvieren müsste, um die Lückenauszugleichen. Stellt dieser Berufsangehörige einenentsprechenden Antrag, so sollte ein Aufnahmemit-gliedstaat unter diesen besonderen Umständen par-tiellen Zugang gewähren.

Europäischer BerufsausweisDer europäische Berufsausweis ist eine elektroni-sche Bescheinigung entweder zum Nachweis, dassder Berufsangehörige sämtliche notwendigen Vo-raussetzungen für die vorübergehende und gele-gentliche Erbringung von Dienstleistungen in einemAufnahmemitgliedstaat erfüllt oder zum Nachweisder Anerkennung von Berufsqualifikationen für dieNiederlassung in einem Aufnahmemitgliedstaat. Dereuropäische Berufsausweis soll eine Antragstellungim Herkunftsmitgliedstaat für eine Zulassung im Auf-nahmemitgliedstaat ermöglichen. Ein automatischesRecht zur Ausübung im Aufnahmemitgliedstaat, z.B.in Österreich, ist damit nicht verbunden, wenn es fürdiesen Beruf bereits vor Einführung des Europäi-schen Berufsausweises Registrierungsanforderun-gen oder andere Kontrollverfahren gibt.

Quelle: RL 2013/55/EU, abrufbar unterwww. eur-lex.europa.eu

Unterstützung für im Ausland ausgebildete PhysiotherapeutInnen Ein interessantes Projekt der Chartered Society of Physiotherapists (CSP) stellte Birgit Mueller-Winkler ausGroßbritannien im Rahmen des Weltkongresses vor. Derbritische Berufsverband wurde 2011 darauf aufmerksam,dass es eine verhältnismäßig höhere Anzahl an Be-schwerden über im Ausland ausgebildete Physiothera-peutInnen gibt, als über Berufsangehörige, welche ihreAusbildung in Großbritannien absolviert haben. Die Be-schwerden bezogen sich dabei jedoch weniger auf diefachliche Qualifikation als vielmehr auf Fehlverhalten derBerufsangehörigen. Zurück zu führen ist dies auf die welt-weit sehr unterschiedlichen Versorgungsstrukturen undkulturellen Aspekte in der Physiotherapie. Auf Grund dieser Erkenntnis hat der CSP die Bedürfnisseseiner rund 2.500 im Ausland qualifizierten Mitglieder imRahmen einer Umfrage erhoben. Vielfach genannt wurde,dass es nur wenig bis keine Unterstützung beim Anerken-nungsprozess gab und der Wunsch des Erfahrungsaus-tausches mit anderen KollegInnen und eines Mentoringbesteht. Darauf aufbauend wurden Maßnahmen entwi-ckelt, um diese wichtige Zielgruppe – etwa 12 Prozentder in Großbritannien praktizierenden PhysiotherapeutIn-nen haben Ihre Ausbildung im Ausland absolviert – zu unterstützen. Dazu zählen ein Online-Diskussions-Forum,der 2013 erstmals organisierte »Induction Day« sowie das2014 ins Leben gerufene Mentoring Programm, an demetwa 200 Freiwillige teilnehmen.Es ist zu erwarten, dass sich die Mobilität der Physiothe-rapeutInnen zwischen den Ländern in Zukunft erhöhenwird. Diese Erkenntnisse aus Großbritannien, im Auslandqualifizierte PhysiotherapeutInnen gezielt beim Einstieg in den Beruf im Zielland zu unterstützen, können auch für andere Berufsverbände und Länder eine wichtige Ressource darstellen.

Partieller Berufszugang undEuropäischer Berufsausweis Ganz wesentlichen Einfluss auf die Mobilitätsentwicklungin Europa haben Änderungen der europäischen Berufsan-erkennungsrichtlinie. Auf Grund dieser liegt in Österreichaktuell ein Gesetzesentwurf vor, mit dem u.a. der par-tielle Berufszugang und für einige Berufe – darunter auchPhysiotherapeutInnen - der Europäische Berufsausweisgeregelt wird. Physio Austria bringt im Sinne der Interes-sen der PhysiotherapeutInnen eine Stellungnahme imRahmen des Begutachtungsprozesses ein. Die dies-bezügliche Stellungnahme finden Sie auf der Webseitevon Physio Austria.

Mag. Nicole Muzar

WELT Mag. Nicole Muzar

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12 physioaustria inform September 2015

Wieviel ist genug?Wissenschaftlichkeit hinterfragt

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

Beim WCPT-Kongress 2015wurde in ExpertInnenkreisenu.a. über die richtige Proban-dInnenzahl bei Studien undstatistische Aussagekraftdiskutiert.

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»ES GIBT WENIG AUSSAGE

-

KRÄFTIGE RANDOMISIERTE

KONTROLLIERTE STUDIEN.«

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physioaustria inform September 2015 13

SCIENCE Emalie Hurkmans, PhD

Das Thema »wenig aussagekräftige Studien« beschäftigtviele internationale ForscherInnen. Mit wenig aussage-kräftigen Studien sind all jene Studien gemeint, bei welchen die Wahrscheinlichkeit gering ist, einen Effekt,der für die Praxis relevant ist, zu erzielen. Die Ursacheliegt bei einer zu geringen ProbandInnenzahl. Nun stelltsich die Frage, wie viele ProbandInnen notwendig sind,damit eine Studie eine statistische Aussagekraft er-reichen kann. Die Beantwortung dieser Frage ist nicht einfach. In der Forschung wird oft eine Vielzahl von statistischen Tests angewendet, um die geeignete ProbandInnenzahl festzulegen.

Möglichkeit der NullhypotheseDie statistische Aussagekraft, oder die Sensitivität einesVersuchs ist die Wahrscheinlichkeit, einen Behandlungsef-fekt zu entdecken, wenn dieser Effekt tatsächlich besteht.Anders gesagt, die statistische Aussagekraft bietet denForscherInnen die Möglichkeit, die Nullhypothese zu ver-werfen, wenn sie sich als falsch herausstellt. Forscher-Innen beziehen sich bei der statistischen Aussagekraft aufdie Typ II Fehlerquote (Beta). Dabei liegt die Möglichkeit,die Nullhypothese zu akzeptieren, die eigentlich verworfen werden hätte sollen, bei 1 minus der Typ II Fehlerquote (1-Beta). So hat zum Beispiel eine Studie miteiner Typ II Fehlerquote von 0,20 eine statistische Aus-sagekraft von 0,80 oder eine 80-prozentige Chance,einen wirklichen Behandlungseffekt zu entdecken. Nurdrei Dinge haben einen Einfluss auf die statistische Aus-sagekraft: (a) das Signifikanzniveau (Alpha), (b) die Effekt-größe, und (c) die ProbandInnenzahl (n).

Von diesen drei Faktoren, kann nur die ProbandInnenzahlvon den ForscherInnen beeinflusst werden, da das Signi-fikanzlevel normalerweise festgelegt ist (z.B. 0,05 oder0,10). Die Effektgröße ist durch die Effektivität der Behandlungsmethode gegeben. Zusätzlich ergibt sich bei der Festlegung von zwei der drei zuvor genannten Größen automatische die dritte. Daher ist es für Forsche-rInnen sehr üblich, anhand des Signifikanzniveaus und derEffektgröße die ProbandInnenzahl festzulegen, um einebestimmte statistische Aussagekraft zu erreichen. Diesewird normalerweise vor dem Beginn der Studie festgelegtund ist Teil der »A Priori Analyse«.

Festlegung der EffektgrößeDer erste Schritt bei der Einschätzung der ProbandInnen-zahl durch eine »A Priori Analyse« beinhaltet die Fest-legung der Effektgröße, die die ForscherInnen bei der Studie erwarten. Wie zuvor erwähnt sind das Signifikanz-niveau und die statistische Aussagekraft üblicherweisefestgelegt (z.B. bei 0,05 und 0,80). Daher ist die Effekt-größe der einzige Faktor, der die ProbandInnenzahl be-einflussen kann. Bei einer großen Effektgröße ist die be-nötigte ProbandInnenzahl kleiner und vice versa. Es ist naheliegend, dass die Wahl einer adäquaten Effektgrößeessentiell ist, da diese als Einzige Einfluss auf die Proban-dInnenzahl hat.

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übersetzt von Manuela Kundegraber, MSc, Leiterin des fachlichen Netzwerks Mental Health

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14 physioaustria inform September 2015

Den ForscherInnen ist bei der Durchführung einer »A Priori Analyse« weder die Effektgröße immer genaubekannt (im Falle, dass eine randomisierte kontrollierteStudie zu diesem Thema noch nicht herausgegebenwurde), noch können sie wissen, wie hoch die Standard-abweichung sein wird. Daher ist es oft schwierig, die Effektgröße richtig einzuschätzen. Wenn es möglich ist,empfiehlt es sich eine Pilotstudie durchzuführen, um sierichtig anzugeben. Sollte dies nicht möglich sein, ist dienächstbeste Option, sich die notwendige Informationüber Behandlungseffekt und Standardabweichung ausder Literatur zu holen. Aus diesen Werten kann dann dieEffektgröße festgelegt werden. Eine letzte Möglichkeit istes, standardisierte Effektgrößenbereiche zu verwenden,etwa die Werte 0,2, 0,5 und 0,8 für eine kleine, mittlereund große Effektgröße.

Bei einer bestimmten statistischen Stärke besteht ein in-direkt proportionales Verhältnis zwischen der Effektgrößeund der ProbandInnenanzahl. Daher ist eine große Effekt-größe sehr vorteilhaft für die ForscherInnen, da dadurchdie ProbandInnenzahl, die notwendig ist, damit die Studieeine statistische Aussagekraft hat, reduziert wird. Es gibtzwei Möglichkeiten, um die Effektgröße zu maximieren:(a) eine Erhöhung des Behandlungseffekts und (b) eineSenkung der Fehlervariabilität, indem eine möglichst homogene Population auserwählt wird.

Willkür und WahlmöglichkeitEs ist wichtig zu erwähnen, dass die Festlegung desAlpha Levels bei 0,05 und der statistischen Stärke von0,80 eine willkürliche Entscheidung darstellen. Eine statistische Stärke von 0,80 bedeutet, dass eine 20-prozentige Chance besteht, dass die ForscherInneneinen Typ II Fehler machen (z.B. dass eine falsche Nullhy-pothese nicht verworfen wird). Nun stellt sich die Frage,warum dieses Risiko nicht reduziert wird, indem eine statistische Stärke von 0,90 festgelegt wird. Das offen-sichtlichste Argument ist, dass diese Strategie eine größere ProbandInnenzahl benötigt. Bei Studien, wo Zeitund Ressourcen keine Hauptrolle spielen, ist es vorteil-haft diese Strategie zu verwenden. Nichtsdestotrotz soll-ten die ForscherInnen diesen Kompromiss sorgfältigüberdenken, denn eine Erhöhung der statistischen Stärkevon 0,80 auf 0,90 benötigt eine exponentielle und keinelineare Steigerung der ProbandInnenzahl. Es wird daherempfohlen sowohl für den Wert 0,80 als auch für denWert 0,90 die benötigte ProbandInnenzahl zu berechnen,damit die ForscherInnen das Verhältnis zwischen Proban-dInnenzahl und statistischer Stärke abwägen können.

Einige MethodikerInnen schreiben, dass wenig aussage-kräftige Studien dennoch akzeptabel sind, denn diesekönnten in einem Systematic Review oder einer Meta-Analyse miteinander in Zusammenhang gebracht werdenund wenig Information sei noch immer besser als keineInformation. Auf der anderen Seite befürchten viele ForscherInnen, dass die wenig aussagekräftigen Studienmit unklaren Ergebnissen nicht publiziert werden und bestehen darauf, dass alle Studien statistisch aussage-kräftig sind. Diese Diskussion wird beim nächsten WCPT-Kongress 2017 fortgeführt.

Emalie Hurkmans, PhDx

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

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LITERATUR

Beck, T. W. (2013). The importance of a priori sample size estimation instrength and conditioning research. J Strength Cond Res.2013 Aug; 27(8):2323-37.

Rubinstein, S. M. et al. (2014).The risk of bias and samplesize of trials of spinal manipula-tive therapy for low back andneck pain: analysis and recom-mendations. J ManipulativePhysiol Ther. 2014Oct;37(8):523-41.doi:10.1016/j.jmpt.2014.07.007.Epub 2014 Sep 5.

Guyatt, G. H. & Mills, E. J. & Elbourne, D. (2008). In the era of systematic reviews, does the size of an individual trial still matter.PLoS Med 2008; 5:e4.

Schulz, K. F. & Grimes, D. A. (2005). Sample size calculations in randomised trials: mandatory and mystical.Lancet 2005; 365:1348-53.

Halpern, S. D. & Karlawish, J. H. & Berlin, J. A. (2002). The continuing unethical con-duct of underpowered clinicaltrials.JAMA 2002; 288:358-62.

SCIENCE Emalie Hurkmans, PhD

Literatur zum Thema »Wissenschaftliches Arbeiten«in der Bibliothek von Physio Austria

Bortz, J. & Döring, N. (2006) Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer Medizin Verlag.

Bühner, M. (2006) Einführung in die Test- und Fragebogenkonstruktion.München: ein Imprint von Pearson Education.

Helewa, A. & Walker, J. M. (2000) Critical Evaluation of Research in Physical Rehabilitation. Towards Evidence-Based Practice.Philadelphia; W.B. Saunders Company.

Mayer, H. & Hilten, E. (2007) Einführung in die Physiotherapieforschung. Wien: Facultas.

Bestellmöglichkeit via [email protected]

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16 physioaustria inform September 2015

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

ExpertInnen unter sichÜber die hohe Professionalität und fachliche Kompetenz der Focused Symposia beim WCPT-Kongress 2015Die Focused Symposia beim diesjährigen Kongress des Weltverbands der Physiotherapie (WCPT) waren sehr gut organisiert und die Vorträge gut aufeinander abgestimmt.

Bei den Focused Symposia zu Low Back Pain und überImpingement wurden jeweils drei verschiedene Thera-pieansätze, die jeweils gut mit Evidenz belegt sind, zudem gleichen Thema präsentiert und im Anschluss dieSynthese daraus gezogen.

ImpingementKaren Ginn aus Großbritannien wählte den Zugang überein mehrstufiges Training der Rotatorenmanschette. Siekonnte nachweisen, dass der entscheidende Punkt einegut koordinierte Kokontraktion aller vier Muskeln ist, umsicherzustellen, dass der Humeruskopf bei jeder mögli-chen Bewegung gut zentriert bleibt. Dies belegte sie mitStudien, die zeigten, dass alle vier Rotatorenmanschet-tenmuskeln sowohl bei Flexion, Extension als auch Ab-duktion aktiv sind, aber die Stärke der Anspannung sichje nach Bewegung änderte. Im Anschluss erörterte AnnCools aus Belgien, dass es in der Literatur einen großenZusammenhang zwischen Scapula Instabilität und Schul-terschmerzen gibt und wählte daher für ihren Therapie-ansatz die Stabilisierung der Scapula als wichtigstesElement. Sie unterschied dabei stark verkürzt zusam-mengefasst Übungen, die in Richtung mehr Flexibilitätgehen, von Übungen, die eine Verbesserung der Scapu-lastabilität durch verbesserte Muskelkontrolle und Kraftbewirken. Als letzten Therapieansatz präsentierte Jean-Sébastien Roy aus Kanada ein Modell, das als Ziel eineNeuprogrammierung des durch Schulterschmerz verän-derten Motokortex hat. Um dies zu bewirken hat er einsechsstufiges Modell entwickelt, das sich vor allem aufschmerzfreie sehr gut kontrollierte Bewegungen ab-stützt. In den ersten Stufen setzt er sehr viel Feedbackein, das mit der Zeit sukzessive abgebaut wird. Interes-sant war seine Aussage, dass er den PatientInnen keinefixe Wiederholungszahl vorgibt, sondern diese von derBewegungsqualität abhängig variiert.

Zusammenfassend kann man sagen, dass diese drei eigentlich gut bekannten Therapieansätze zwar auf denersten Blick unterschiedlich aussehen, sich in der Praxis jedoch gut kombinieren lassen. So benötigt z.B.eine freie horizontale Rotation, wie sie Ginn in ihremProgramm hatte, eine gut stabilisierte Scapula und er-zeugt dann, wenn die Bewegung schmerz- und fehler-frei ausgeführt wird, eine positive Neuprogrammierungdes Motokortex. In der anschließenden Diskussionwurde thematisiert, dass es noch immer zu wenig Evidenz zum Thema Manualtherapie und Schulter gibt.Cools meinte dazu, dass sie zwar im klinischen Alltaggerne und mit großem Erfolg Manualtherapie einsetzt,als Wissenschaftlerin aber sagen muss, dass sie eigentlich dafür zu wenig Evidenz hat. Die Aufforderungvon Ginn an uns ManualtherapeutInnen war daher:»Bringt uns Evidenz und bringt sie schnell!«Ein vielleicht zukunftsweisender Ansatz von Ginn war,dass aufgrund des in der Literatur nicht belegten Zu-sammenhanges von Schmerz und MRI-Ergebnissen wie z.B. Rotatorenmanschetten-Rissen und derenGröße, sowie einer Vielzahl von nicht aussagekräftigerSchultertests wir den Begriff des »NichtspezifischenSchulterschmerzes« einführen sollten.

Low Back PainZiel des Low Back Pain Symposiums war, verschiedeneZugänge zum Thema Subgruppenbildung zu präsentie-ren und daraus die Synthese zu ziehen. Jonathan C Hillaus Großbritannien präsentierte das für Low Back Painvalidierte STarT Back Screening Tool, bei dem mit neunFragen eine Risikoabschätzung betrieben wird, anhandderer die PatientInnen in drei Gruppen - geringes, mitt-leres und hohes Risiko - eingeteilt werden. Die für diePhysiotherapie wichtigste Gruppe ist laut seiner Aus-sage die Gruppe mit mittlerem Risiko. Bei der erstenGruppe betonte er, dass das Hauptaugenmerk daraufzu legen ist, die PatientInnen nicht »überzutherapie-ren«. Für die High Risk Gruppe stellte er die Hypotheseauf, dass hier zuerst die Psychotherapie im Vorder-grund steht.John D. Childs USA wählt für seine Subgruppenein-teilung die Therapiewirkung und verfolgt dabei eineneher »robusten« Zugang.

SYMPOSIA Heimo Just, MSc

© Gerald Bachinger

Erratumzum Beitrag: Angelika Brugger, »Gemeinsam zumZiel. Wo liegen die individuellen und organisatori-schen Herausforderungen?«In: inform 3 (2015)Die korrekte Autorinnenbezeichnung für diesen Beitrag lautet:Angelika Brugger, BSc

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physioaustria inform September 2015 17

© Nicole Muzar

Peter B. O’Sullivan aus Australien entschied sich in sei-nem Vortrag für eine Aufteilung der PatientInnen anhandder jeweiligen zugrundeliegenden Mechanismen (Pat-hoanatomie, Schmerzmechanismen, negative Gedankenund provozierendes Verhalten). Diese leiten den Weg zu einer zielgerichteten Behandlung - von O’Sullivan alsClassification Based-Cognitiv Functional Therapy (CB-CFT) bezeichnet (O’Sullivan November 2005). Um seineTheorie zu untermauern, präsentierte er unter anderemeine Studie von Bunzli et al. 2013, die sich stark am bio-psychosozialen Modell orientiert. Die PatientInnen wer-den in Responder und Nonresponeder eingeteilt. Ziel derSubgruppen-Einteilung ist es, jene chronische Rücken-schmerzpatientInnen, die akzeptiert haben, dass ihrSchmerz nicht mit einer frischen Pathologie der Wirbel-säule zusammenhängt, von jenen zu unterscheiden, diean eine biomechanische Ursache glauben und daher laut seiner Meinung eine schlechtere Prognose haben.

Dieses biopsychosoziale Modell bildete seit Jahren dieGrundlage für die Arbeit von Lorimer Moseley aus Aust-ralien. In dem von ihm geleiten Focused Symposium zumThema »Pain« referierte er über Neuronen-Netzwerke –von ihm als Neurotags bezeichnet – und deren Bedeu-tung für die Entstehung bzw. Erhaltung von Schmerz.Der Vortrag von Moseley war sehr gut gelungen undschaffte es auch, die von der vorhergegangen WCPT-Party und Dance Night noch müden ZuhörerInnen sofortzu fesseln.

Heimo Just, MSc

Nach Berücksichtigung von Ausschlusskriterien anhandder Anamnese erhalten seine PatientInnen eine sehr un-spezifische rotatorische Manipulation in beide Rotations-Richtungen, danach werden die PatientInnen unterteilt in Verbesserung um 50 Prozent Oswestry Index ja/nein.Ingesamt bildet er je nach Therapieerfolg vier Gruppen(Manipulation, spezifische Übungen, Stabilisation undTraktion). Laut einer von ihm präsentierten Studie hatten66 Prozent der PatientInnen dieser Studie nach dieserEinteilung eine klare Klassifikation.

Da wir als österreichische VertreterInnen des Kalten-born/Evjenth Systems - das rotatorische Manipula-tionstechniken aufgrund des wesentlich höheren Gefah-renpotentials bei gleicher Wirkung schon vor Jahrzehntenverbannt hat - in Singapur waren, kann dieser Vortragnicht unwidersprochen bleiben. PatientInnen ohne vor-hergehende Untersuchung zu manipulieren und dabeizudem globale rotatorische Techniken mit hohem Gefah-renpotential zu wählen, stellt aus unserer Sicht ein abso-lutes »No Go« dar. Auch die Unterteilung in spezifischeÜbungs- und Stabilisationgruppen ist unserer Meinungnach fraglich, da es das Ziel einer guten Wirbelsäulen-rehabilitation sein sollte, die beiden Punkte geschicktmiteinander zu kombinieren.

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18 physioaustria inform Juni 201518 physioaustria inform September 2015

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physioaustria inform September 2015 19

Fokus Engagement

Zivilcourage – hingeschaut!PatientInnen sammeln für Flüchtlinge

Das Engagement für eine menschenwürdige Behandlung und Un-terbringung von traumatisierten Männern, Frauen und Kindernaus den Krisengebieten dieser Welt in unserem wohlhabendenÖsterreich verstehen wir in der Gemeinschaftspraxis PhysioTeam Baillou als Selbstverständlichkeit. Die falschen Informatio-nen, die Angstmacherei und Hetze machen mich wütend. Ichhatte mich also als freiwilliger Helfer gemeldet und Gewand undandere Güter mit der Initiative »Refugees Welcome to Austria« inTraiskirchen an die Flüchtlinge verteilt. Die Gespräche mit denFlüchtlingen und die furchtbaren Eindrücke haben dazu geführt,dass ich gemeinsam mit meinen KollegInnen eine eigene Sam-melaktion ins Leben gerufen habe. Um den gehbehinderten oderanders eingeschränkten PatientInnen das Helfen leichter zu ma-chen, wurden von uns große Mengen von Hygieneartikeln, Mal-blöcke, Insektenschutzmittel, Geschenkpapier und vieles mehrgekauft und leere Schuhschachteln von Schuhgeschäften abge-holt. So konnten die PatientInnen nun ohne großen Aufwand vor oder nach ihrer Therapieeinheit dringend benötigte »Welcome Pakete« packen und mit ein paar freundlichen Worten oderZeichnungen schmücken.

Schon nach wenigen Tagen konnte ich rund 250 dieserWillkommensgeschenke eigenhändig an Flüchtlinge im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen übergeben. DieFreudentränen dieser Menschen über diese vermeint-lich selbstverständlichen Dinge sind Skandal und Motivation zugleich. Ich war als einer von wenigen Kriti-kerInnen direkt im Lager und habe die katastrophalenZustände zwischen und in den Baracken gesehen. Dasdarf so nicht weitergehen. Die österreichische Regie-rung muss endlich ihrer Verpflichtung nachkommen,Flüchtlinge menschenwürdig und sicher unterzubrin-gen. Ich hoffe, dass dieses Beispiel Schule macht undso wenigstens einen kleinen Teil zur Erleichterung derSituation der geflüchteten Menschen beigetragen zuhaben. Ich selbst werde weitermachen und erkundigemich gerade über Möglichkeiten und Bedingungen,einem Flüchtling bei mir privat Unterkunft zu geben.

Alexander Baillou

»ALS PHYSIOTHERAPEUT

BIN ICH MENSCHENFREUND,

EGAL IN WELCHEM LAND

JEMAND GEBOREN WURDE!«

Die verheerenden Zustände in den Flüchtlingslagern Österreichs sind mittlerweile gutbekannt. Eine besondere Hilfsaktion haben die KollegInnen der GemeinschaftspraxisPhysio Team Baillou in Wien gestartet. Ein Bericht aus der Praxis.

© Alexander Baillou

Informationen zu diesem Thema und weitere Möglichkeiten sich zu engagieren finden Interessierte hier: www.refugeeswelcometoaustria.atwww.caritas.atwww.diakonie.atwww.sosmitmensch.atwww.integrationshaus.atwww.fraubock.atwww.flüchtlinge-willkommen.atwww.fluechtlingswerk.at

SOLIDARITÄT Alexander Baillou

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20 physioaustria inform September 2015

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

Mental Health goes globalÖsterreichische ExpertInnen vernetzen sich international

Das fachliche Netzwerk Mental Health ist neues Mitglied bei der International Organisation of Physical Therapists in Mental Health (IOPTMH) und kann damit Ressourcen bündeln und auf Best Practices von Vorreiterländern wie Schweden oder Norwegen aufbauen.

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PSYCHIATRIE Manuela Kundegraber, MSc

»DASS KÖRPERLICHEN

BESCHWERDEN HÄUFIG

EINE PSYCHIATRISCHE

ODER PSYCHOSOMATISCHE

ERKRANKUNG ZUGRUNDE

LIEGT, BLEIBT LANGE

UNERKANNT.«

Im Zuge des Kongresses der World Confederation for Phy-sical Therapy (WCPT) 2015 in Singapur wurde das fachlicheNetzwerk Mental Health von Physio Austria als neues Mit-glied der International Organisation of Physical Therapistsin Mental Health (IOPTMH) aufgenommen.

Die IOPTMH ist ein internationales Netzwerk, bestehendaus PhysiotherapeutInnen, die auf dem Gebiet der Psy-chiatrie und seelischen Gesundheit arbeiten. Es wurde alsUntergruppe des WCPT bei der 17. Generalversammlungim Juni 2011 in Amsterdam anerkannt. Die Zahl der Mit-glieder weltweit steigt kontinuierlich an. Das internationaleNetzwerk besteht aus einem gewählten Komitee, dem International Council of Physiotherapy in Psychiatry andMental Health (IC-PPMH) und hat bereits 300 Mitglieder,die 39 Nationen aus sechs Kontinenten repräsentieren.Die IOPTMH besteht aus TherapeutInnen, die in der Praxisarbeiten und aus KollegInnen aus Lehre und Forschung.

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) steigt die Anzahlder psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankungenstetig. Epidemiologische Studien zeigen, dass Depressio-nen, Stress, lang anhaltende muskuloskeletale Beschwer-den und Angst die Ursachen für eine Reduktion derArbeitsfähigkeit und der Lebensqualität darstellen. Psychi-atrische und psychosomatische Erkrankungen zeigen einbreites Spektrum an Symptomen. Viele Betroffene zeigenkörperliche Beschwerden. Aus diesem Grund konsultierendiese PatientInnen oftmals PhysiotherapeutInnen, um denkörperlichen Beschwerden entgegenzuwirken. Dass diesenkörperlichen Beschwerden häufig eine psychiatrische oderpsychosomatische Erkrankung zugrunde liegt, bleibt langeunerkannt. Der Grund dafür besteht einerseits noch immerin der Tabuisierung psychiatrischer und psychosomati-scher Erkrankungen. Andererseits liegt der Fokus sowohlvon ärztlicher Seite als auch von der Seite der PatientIn-nen auf der Anwendung von Therapien auf der strukturel-len Ebene. PatientInnen vermeiden im Gespräch mit derÄrztin/dem Arzt, vor dem Hintergrund als neurotisch zugelten, die eventuell ausschlaggebenden psychosozialenFaktoren zu erwähnen. Auch aus ärztlicher Sicht werdendie psychosozialen Faktoren aus zeitlichen Gründen oft-mals nicht angesprochen.

Fachliches Netzwerk Mental Health von Physio AustriaManuela Kundegraber, MSc Leiterin des fachlichen Netzwerks Mental HealthWenn Interesse besteht, auch einen Beitrag dazu zu leisten, you are welcome to join us!

Melden Sie sich unter [email protected]

Physiotherapie auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychosomatik Information für PatientInnen, KlientInnen und Interessierte

Zur Verfügung gestellt von Physio Austria,

dem Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs

physioaustria

Physiotherapie auf dem Gebiet der Psychiatrie undPsychosomatik. Information für PatientInnen, KlientInnen und Interessierte. Zur Verfügung gestelltvon Physio Austria, dem Bundesverband der Physio-therapeutInnen Österreich

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22 physioaustria inform September 2015

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

PSYCHIATRIE Manuela Kundegraber, MSc

»DIE VERBESSERUNG DES

KÖRPERBILDES BZW.

DES KÖRPERSCHEMAS FÜHRT ZU

DER ENT-

WICKLUNG DES KÖRPERB

EWUSSTSEINS ALS

BASIS FÜR DIE STÄRKUN

G DES SELBST-

BEWUSSTSEINS UND DER

STEIGERUNG DER

EIGENVERANTWORTUNG BE

ZÜGLICH DER

KÖRPERLICHEN UND SEEL

ISCHEN GESUNDHEIT.«

Als Folge davon verschreiben ÄrztInnen Medikamente,deren Einnahme zu iatrogenen Erkrankungen führenkann. Der Schlüsselmechanismus der medikamentösenBehandlung von körperlichen Beschwerden liegt, wieScherer et al. 2009 beschreiben, in der Sorge um den eigenen Gesundheitszustand als Grund die Ärztin/denArzt aufzusuchen, und lenkt durch die Verschreibung vonMedikamenten die Aufmerksamkeit auf eine somatischeErkrankung und gleichzeitig jedoch von eventuellen psychosozialen Ursachen ab.

Die Physiotherapie auf dem Gebiet der Psychiatrie undPsychosomatik hat sich zum übergeordneten Ziel gesetztdie Beziehung zum eigenen Körper wiederherzustellenbzw. zu verbessern. Die Verbesserung des Körperbildesbzw. des Körperschemas führt zu der Entwicklung desKörperbewusstseins als Basis für die Stärkung desSelbstbewusstseins und der Steigerung der Eigenverant-wortung bezüglich der körperlichen und seelischen Gesundheit. Dies wird durch die Schulung der Körper-wahrnehmung, durch die Verbesserung der Entspan-nungsfähigkeit, Erlebbarmachen der Körpermitte, derKörpergrenzen und der eigenen Atmung erreicht. Diepsychiatrischen bzw. psychosomatischen PatientInnenerfahren eine Stärkung der ICH-Dimensionen in Bezugauf Vitalität, Aktivität, Kohärenz und Konsistenz, Demar-kation und Identität. Die PatientInnen erleben sich wiederals lebendig, eigenständig im Denken, Handeln und Fühlen, und ihren Körpern mit seinen Bestandteilen alszusammenhängende Einheit. Ein Ergebnis dieser Arbeitliegt im Erleben sich, als abgegrenztes, individuellesWesen mit speziellen Charakteristika zu verstehen.

LINK

International Council of Physio-therapy in Psychiatry and Mental Health (IC-PPMH)www.icppmh.org

Die Ziele der International Organisation of Physical Therapists in Mental Health(IOPTMH) sind:

° Die weltweite Zusammenarbeit zwischen den PhysiotherapeutInnen auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychosomatik zu verstärken

° Die physiotherapeutische Arbeit auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychosomatik zu standardisieren

° Die praktische Arbeit durch fachliche Kommunikation und Austausch zu verbessern

° Die wissenschaftliche Forschung voranzutreiben und somit das Wissen über neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Physiotherapie in der Psychiatrie und Psychosomatik zugängig zu machen

° WCPT Mitglieder bei der Bildung eines neuen fachlichen Netzwerks im Bereich Mental Health zu unterstützen

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physioaustria inform September 2015 23

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Die IOPTMH ist davon überzeugt, dass die physio-therapeutische Arbeit mit psychiatrisch und/oder psychosomatisch erkrankten Personen in der Zukunftweltweit einen großen Einfluss auf die Sichtweise undHerangehensweise bei Gesundheitsproblemen habenwird. Den Menschen als Einheit von Körper, Geist undSeele zu verstehen und ihn als eine Einheit zu behan-deln stellt einen wichtigen Aufgabenbereich der PhysiotherapeutInnen im Bereich Mental Health dar.Die Forschung auf dem Gebiet der Physiotherapie imFachbereich der Psychiatrie und Psychosomatik wei-terzuentwickeln ist, dabei ein wesentlicher Schwer-punkt und essentieller Beitrag, damit auf höchstemNiveau weitergearbeitet werden kann.

Das nächste Zusammentreffen der Mitglieder derIOPTMH wird von 9. bis 11. März 2016 im Zuge der 6. International Conference Physiotherapy in Psychia-try and Mental Health stattfinden. Auf diesem Kon-gress wird das fachliche Netzwerk Mental Health vonPhysio Austria als neues Mitglied vorgestellt werden.Die Wichtigkeit des Bereichs Psychiatrie und Psycho-somatik wurde auch bei der Präsentation vieler Studien aus anderen Fachgebieten während desWCPT-Kongresses deutlich. Sehr oft wurden dabeiauch die psychosozialen Faktoren beleuchtet und berücksichtigt.

Durch das ständige Ansteigen der psychiatrischenund psychosomatischen Erkrankungen in Österreichwird nun auch hier vermehrt Augenmerk darauf ge-legt, den Mensch als Einheit von Körper, Geist undSeele zu sehen und dies auch in der Therapie zu berücksichtigen. Neben den individuellen und physi-schen werden auch immer mehr die psychosozialenFaktoren berücksichtigt.

Die Einsatzmöglichkeit und die Wirksamkeit der Physiotherapie auf dem Gebiet der Psychiatrie undPsychosomatik ist - weder bei ÄrztInnen noch Kolle-gInnen der interdisziplinären Teams - noch nicht aus-reichend bekannt. Das fachliche Netzwerk MentalHealth sieht hier seine Aufgabe auch darin, auf dieAspekte dieses physiotherapeutischen Fachbereichsaufmerksam zu machen. Die Vernetzung der Physio-therapeutInnen national und international, inter- undintradisziplinär, die in diesem Fachbereich tätig sind,gilt es zu stärken. Neue Erkenntnisse, die im For-schungsbereich gewonnen wurden, sollen verbreitetund manifestiert werden. Länder wie Schweden oderNorwegen, die bereits lange in diesem Fachgebietforschen und bei der Entwicklung des Fachbereichssehr weit vorangeschritten sind, gelten als Vorreite-rInnen in Bezug auf das internationale Netzwerk. Auf das fachliche Netzwerk Mental Health mit seinensehr engagierten Mitgliedern wartet noch viel Arbeit.

Manuela Kundegraber, MSc

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24 physioaustria inform September 2015

Zusammenarbeit und WissenstransferAls gemeinsame Vision der IPTOP steht die welt-weite Positionierung physiotherapeutischer Arbeitund Expertise im Fachbereich der Geriatrie im Vordergrund. Konform dem Mission Statement derIPTOP sollen die Zusammenarbeit und der Wissens-transfer zwischen den einzelnen Organisationenebenso gefördert werden wie wissenschaftlicheForschung und die Entwicklung internationalerStandards zur Behandlung älterer und hochaltrigerMenschen. Die IPTOP hat im Jahr 2011 bereits die»Standards of Clinical Practice« für die Arbeit imBereich Geriatrie veröffentlich.

Konform der demografischen Entwicklung steigtder Anteil der älteren Menschen rapide, es gibt hierein großes zu bespielendes Feld an Bedürfnissendieser Bevölkerungsgruppe – nicht nur im Bereichder Therapie sondern auch im Bereich der Gesund-heitsförderung und Prävention. Primär geht es imBereich der Arbeit mit älteren Menschen um denErhalt von Funktionalität, Mobilität und möglichstweitreichender Autonomie bis ins hohe Alter.

Gesund und mobil im AlterBericht von der Generalversammlung der International Associationof Physical Therapists working with Older People (IPTOP)

Als sich Anfang Mai die physiotherapeutischeFachwelt in Singapur zum Weltkongressunter der Schirmherrschaft des Weltver-bands der Physiotherapie (WCPT) traf, hielten neben den Vorträgen, Poster-Präsen-tationen und Workshops auch die internatio-nalen Vereinigungen der Fachgesellschafteninnerhalb des WCPT ihre Generalversamm-lungen ab. Österreich ist mit dem fachlichenNetzwerk Geriatrie in der International Asso-ciation of Physical Therapists working withOlder People (IPTOP) vertreten. Als Leiterin des fachlichen Netzwerks Geria-trie war ich als Landesvertreterin für PhysioAustria vor Ort in Singapur und auch als Juro-rin im Komitee zur Abstract–Bewertung fürden Bereich Geriatrie und die Vergabe des»Outstanding Poster Awards« involviert. Der»Outstanding Poster Award« ging dieses Malfür das Projekt »Evidence informed recom-mendations in rehabilitation for older adultsliving with HIV: Implications for Physical Therapy« nach Kanada.

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

»DER AUFWAND FÜR DIAG

NOSTIK,

THERAPIE UND PFLEGE D

ER

GESUNDHEITLICHEN KONSE

QUENZEN

VON FRAILTY IST HOCH,

DIE

DAMIT VERBUNDENEN KOSTEN

SIND IMMENS.«

Das fachliche Netzwerk Geriatrie von Physio Austria umfasst rund 30 Mitglieder in Österreich, die IPTOP selbst hat 18 Mitgliedsorganisationenund daraus resultieren weltweit ca. 8.000 Mitglieder. Der fachliche Aus-tausch und die Diskussion über Landesgrenzen hinweg bergen großen Mehr-wert und Wissenstransfer für die einzelnen Mitglieder. Diskutiert wurdenu.a. auch Themen wie Frailty und Assessments.

KURSANKÜNDIGUNGEN

Präventives Gangsicherheitstraining bei alternden Menschen 21. bis 22. November 2015 Physio Austria Kurszentrum, WienSilvia Knuchel-Schnyder

SicherGehen SturzAdé®17. Jänner 2016Physio Austria Kurszentrum, WienConstance Schlegl, Catharina Barcsak, BSc MA

WEITERE INFORMATION UND ANMELDUNGEN VIA

www.physioaustria.at/kursprogramm

Das englische Dokument »Standards of ClinicalPractice« (2011) der IPTOP für die Arbeit im Bereich Geriatrie kann von interessierten Personen hier angefordert werden: [email protected]

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GERIATRIE Constance Schlegl

Ein besonderer Schwerpunkt liegt – auch international –in der Sturzprävention, da ein Sturz oft weitreichendeFolgen und auch Kosten nach sich ziehen kann. So be-schäftigen sich zahlreiche Programme und Studien im internationalen Bereich mit der Vermeidung von Stürzenund Folgestürzen, wobei immer die GrundparameterKraft, Koordination und Ausdauer berücksichtig werden. Zusehends kommen hier auch die neuen Medien zumEinsatz. Die University of Waikato (Neuseeland) beschäf-tigt sich zum Beispiel in Kooperation mit der Hong KongPhysiotherapy Association mit dem Einsatz einer mobi-len App zum Monitoring des evidenzbasierten, modifizier-ten Otago-Sturzpräventionsprogramms. PatientInnensind gleichermaßen in die Entwicklung mit einbezogen.

Frailty und Assessments Ein derzeit vielbeachtetes Thema ist Frailty. Frailty istkeine Erkrankung per se sondern unter anderem durchMangelernährung, entzündliche Prozesse und Verlust derMuskelkraft geprägt. Der Aufwand für Diagnostik, Thera-pie und Pflege der gesundheitlichen Konsequenzen vonFrailty ist hoch, die damit verbundenen Kosten sind im-mens. So betrugen z.B. die Bruttokosten für Pflege undBetreuungsdienste im Jahr 2012 alleine in Österreichrund drei Mrd. Euro, mit einer Steigerung von 5,8 Prozentgegenüber dem Jahr 2011 (Statistik Austria 2014). Hierhat auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit ande-ren Berufsgruppen, z.B. aus dem Bereich der Ernährung(DiätologInnen) hohen Stellenwert. Die Arbeit mit Asse-sements ist weltweit ein Qualitätskriterium und Instru-ment im Rahmen des physiotherapeutischen Prozesses.Im Bereich der Geriatrie gibt es eine Vielzahl an validenAssesements, die regelmäßig zum Einsatz kommen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass fürdie physiotherapeutische Arbeit mit älterenund hochaltrigen Menschen ein großer Poolan Tools und Evidenz zur Verfügung steht.Die multiprofessionelle und interdisziplinäreZusammenarbeit mit anderen Gesundheits-berufen gewinnt zunehmend an Bedeutung,allerdings erlangen PhysiotherapeutInnen mitihrer Expertise im Bereich Bewegung auchimmer mehr die Position von BeraterInnenvon Organisationen, die in der Pflege und Betreuung tätig sind. Dass das auch in Öster-reich so ist, zeigt, dass wir im internationalenVergleich gut im Trend liegen.

Constance Schlegl

EN

»ALS GEMEINSAME VISION

DER IPTOP STEHT DIE

WELTWEITE POSITIONIERU

NG

PHYSIOTHERAPEUTISCHER

ARBEIT UND EXPERTISE

IM FACHBEREICH DER

GERIATRIE IM VORDER-

GRUND.«

Information zur mobilen App zum Monitoring des evidenzbasierten, modifizierten Otago-Sturzpräventionsprogramms: University of Hong Kong, Institut of Human Performance – Department of Sport and Leisure Studies, University of WaikatoKONTAKT

[email protected]

LINK

International Association ofPhysical Therapists workingwith Older People (IPTOP)www.wcpt.org/iptop

© IPTOP

Ehrungen im Rahmen des General Meetings für besondere Verdienste um die IPTOP an Sin-Yi,Jill McClintock und Olwen Finlay (vlnr.) durch Präsidentin Dr. Jennifer M Bottomley, MSc, PhD.

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What is the main vision of the WCPT in general?WCPT's vision is to move physiotherapy forward so the profession is recognised globally for its significant role in improvinghealth and wellbeing. Moving the profession forward means enabling, supporting, assisting and em-powering development of the profession. We have to work hard to ensure that we provide that value to all our member organi-sations, large and small – from those that are just beginning to those that have beenaround for decades. At the same time, we need to be responsive to world develop-ments in health services and help the profession share innovative practice to ensure our sustainability.

We want WCPT to be recognised for its valuable role in promoting healthy, active, independent lives, and we have to be clearabout our unique value and impact in an increasingly busy health services sector.We seek to build our recognition among awide range of stakeholders: patients, clients,communities, other health professions, policy makers, agencies that reimburse services, the World Health Organization.Each requires a different strategy and soneeds a different approach and this requiresreflection as we move forward in our planning.

I found a »home« in the international physiotherapy communityQuestions & Answers with Emma Stokes, President of the World Confederation for Physical Therapy (WCPT)

Congratulations to the WCPT Presidency!What made you run for this office?Thank you. As a member of the Irish Societyof Chartered Physiotherapists (ISCP) I attended my very first WCPT meeting in Portugal in 1998. From that moment, I founda »home« in the international physiotherapycommunity. I believe we all benefit from reaching out and being part of bigger conver-sations and collaborations: physiotherapistslearn about other practice, organisations develop with the help of others and ultima-tely that contributes to better physiotherapyfor patients/clients and communities.

I have developed my expertise in organisa-tion development, strategic planning, projectwork and governance through my voluntee-ring with the ISCP and other organisations,and through my eight years on the WCPTExecutive Committee. I put myself forwardas a candidate for WCPT President because I believed I had the right skill and expertise.

What would you like to achieve under your Presidency?I would like to continue to build on the ex-cellent work of WCPT; to ensure that a greatorganisation is even better when my term finishes; to ensure that we meet the needsof, and bring value to, all our member organi-sations; to bring the voice and the value ofphysiotherapy to a wider audience; to help to develop and inspire the next generation of leaders in our profession. As I said when seeking election, I would like to serve WCPTby looking in, looking out and looking to thefuture.

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

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INTERVIEW Mag. Patricia Otuka-Karner

How do members like Physio Austria benefit from their membership?WCPT member organisations like Physio Aus-tria gain a wide range of benefits from WCPT. Through our policies, all member organisati-ons have internationally agreed benchmarks,set by the profession itself, to inform healthand social policy.

In the field of education, WCPT helps itsmember organisations develop high qualityeducation through policies, curriculum guide-lines, website resources and education services. It offers a continuing professionaldevelopment programme and partners withorganisations providing continuing professio-nal development.

The Confederation provides advocacy andsupport, promotional materials (for examplefor World Physical Therapy Day) and accessto a wide range of international professionalnetworks. Members of Physio Austria maybecome part of one of the 13 WCPT net-works and if they are members of PhysioAustria sections or networks on manual therapy, older people, paediatrics or sportsphysiotherapy, then they are members of theWCPT subgroups – IFOMPT, IPTOP, IOPTP,IFSPT. For students and early career physio-therapists we recently launched a new network called WCPT Future.

Member organisations benefit from WCPT’sdata collection project. This compiles con-sistent and comparable information aboutthe profession, its education, practice, regulation and associations from all over theworld, to inform national and internationaldecision-making.

Member organisations and their membersalso benefit from the information we provide,and the structures we provide for sharingand collaboration. On our website, we have asignificant range of materials on professionaldevelopment, practice and global healthissues, and we constantly publish news andupdates and keep people in touch via Twitterand Facebook.

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© Lumiere Photography for W

CPT www.wcpt.org

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Members of Physio Austria (and all our mem-ber organisations) receive preferential regis-tration rates for WCPT congresses. The nextone will be in Cape Town in July 2017. All ofthe abstracts and many of the presentationsfrom our recent congress in Singapore arenow openly available on our website, whichis a fantastic resource.

What are currently the main issues concerning physiotherapists around the world?I think the answer to this question dependson where you are standing in the world. For example, a recent news article in WCPTNews describes the work of physiotherapistsin Nepal following the devastating earth-quake. In Ukraine and other parts of theworld physiotherapists are dealing with theconsequences of war and its impact on individuals and communities. In some countries, we are an autonomous,well-respected profession. In others, we areso few that there are many underservedareas.

We continue to grow and develop but thespace we occupy is not ours alone and wemust not be complacent. We have to takeevery opportunity to make it clear what wecan do: how we can change patients/clientslives for the better; and why we are a keycontributor to ensuring healthy individuals,communities and societies.

Our biggest challenge as a profession inmany parts of the world will be to ensure we can articulate a clear message about thevalue of physiotherapy in language that is un-derstood by decision makers. Heath servicedelivery is changing at a pace, and collecti-vely physiotherapists have to be seen as partof the solution to delivering person-centred,evidence-based health interventions thatempower sustainable health behaviourchanges. We have to promote physical activity and movement at every opportunity,and we need to live that message. These arechallenging times, but if we can be respon-sive, flexible and innovative, then they provide opportunities.

Mag. Patricia Otuka-Karner

Themenschwerpunkt Physiotherapie International

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INTERVIEW Mag. Patricia Otuka-Karner

© Lumiere Photography for W

CPT www.wcpt.org

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Entdecken Sie jetzt das Maitland® KonzeptDas IMTA Kurssystem ist Basis für die OMT Ausbildung nach IFOMPT Standard und Bestandteil einiger Master Studiengänge für Muskuloskeletale Therapie.

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Aus der Praxis Red Flags

RED FLAGSFraktur

° schwerwiegendes Trauma z. B. durch Autounfalloder Sturz aus größerer Höhe, Sportunfall

° Bagatelltrauma (z. B. Husten, Niesen oderschweres Heben bei älteren oder potentiellenOsteoporosepatienten)

° systemische Steroidtherapie

Tumor

° höheres Alter

° Tumorleiden in der Vorgeschichte

° allgemeine Symptome: Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, rasche Ermüdbarkeit

° Schmerz, der in Rückenlage zunimmt

° starker nächtlicher Schmerz

Infektion

° allgemeine Symptome, wie kürzlich aufgetretenes Fieber oder Schüttelfrost, Appetitlosigkeit, rasche Ermüdbarkeit

° durchgemachte bakterielle Infektion

° i.v. Drogenabusus

° Immunsuppression

° konsumierende Grunderkrankungen

° kürzlich zurückliegende Infiltrations-behandlung an der Wirbelsäule

° starker nächtlicher Schmerz

YELLOW FLAGSPsychische Risikofatoren

° Depression, negativer Stress, v.a. im Beruf

° schmerzbezogene Kognitionen wie Katastrophisieren oder Angst-Vermeidungsverhalten

° Passivität

° Neigung zur Somatisierung Berufliche Risikofaktoren

° Schwerarbeit

° monotone Körperhaltungen

° Vibrationsexposition

° geringe Qualifikation, Unzufriedenheit,Jobverlust, Kränkungen, Mobbing Iatrogene Risikofaktoren

° zu geringes Beachten der multikausalen Genese von Schmerzsyndromen

° zu starkes Stützen auf somatische und Apparatebefunde

° grundloses langes Krankschreiben der PatientInnen

° alleiniges Setzen auf passive Therapiekonzepte

QUELLE

Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzwww.awmf.org/leitlinien/detail/ll/nvl-007.html

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PhysiotherapeutInnen sind durch die Kombinationihrer Expertise im Bereich des Bewegungsappara-tes und der Ausbildung in nahezu allen klinischenFachbereichen in der Lage, Erkrankungen, die oftauf den ersten Blick nicht offensichtlich sind, früh zu erkennen.

Das Berufsbild Physiotherapie umfasst neben Therapieund Rehabilitation auch Prävention und Gesundheits-förderung. So ist in Österreich für Physiotherapie im Rahmen einer präventiven oder gesundheitsförderndenMaßnahme konform der derzeitigen Gesetzeslage keineärztliche Verordnung notwendig. Wird eine Erkrankungfestgestellt, entscheidet der/die PhysiotherapeutIn aber, dass ein Arztbesuch vor einer Intervention erfor-derlich ist. Diese Empfehlung eines Besuchs beim Fach-arzt an den/die PatientIn oder KlientIn ist dann der weitere notwendige Schritt zu einer gesicherten ärzt-lichen Diagnose, aufgrund derer eine gezielte Therapieverordnet und durchgeführt werden kann. Dies ist fürden/die PatientIn ein Vorteil, da eine ernsthafte Erkran-kung so früh – und somit in vielen Fällen rechtzeitig - erkannt wird und behandelt werden kann. Nicht zuletztträgt hier bei, dass PhysiotherapeutInnen oft mehr Zeit mit dem/r Einzelnen zur Verfügung steht, als denÄrztInnen.

Rote Fahnen hochAm Anfang jeder Behandlung stehen die Anamnese undBefunderhebung, zur Einschätzung von Risikofaktorenund funktionellen Fähigkeiten oft Assessments als Tools.Diese dienen auch der Überprüfung des Behandlungs-fortschrittes und variieren innerhalb der klinischen Fachbereiche. Rückenschmerzen sind ein Symptom des Bewegungsmangels unserer Gesellschaft, manchesMal spielt aber auch eine Depression oder andere psychische Erkrankung bei der Manifestation derselbeneine Rolle. Um bei Rückenscherzen differenzieren undeine ernsthafte Erkrankung rechtzeitig erkennen zu können, sollten sich PhysiotherapeutInnen standardisiertan den sogenannten »Red Flags« orientieren.

Gelbe Flaggen gehisstDer Abklärung und Erkennung von Warnsignalen fürdie Chronifizierung von Rückenschmerzen dienen die sogenannten »Yellow Flags«. Hier spielen oft psychosoziale Faktoren eine wichtige Rolle.

Erste Hinweise auf Erkrankungen im neurologischenBereich (z.B. Multiple Sklerose, Amyotrophe Lateral -sklerose u.a.) finden sich oft in einem scheinbar unerklärbaren Kraftverlust oder einem scheinbar unerklärbaren Koordinationsdefizit. Im Bereich derTraumatologie kommt häufig die Palpation der Venen-druckpunkte zum Einsatz, um hier eine Thrombose –die bekanntlich zum Tod führen kann – frühzeitig zuErkennen.

Früherkennung bei KindernBei Kindern wäre wünschenswert, dass Physiothera-peutInnen bereits im Zuge der Mutter-Kind-Pass Untersuchung Screenings durchführen, um hier eben-falls einen Beitrag zur Früherkennung von Entwick-lungsverzögerungen im motorischen Bereich leistenzu können. Im Kindergarten- und Schulalter sind eshäufig Fehlhaltungen, die später zu manifesten Schäden am Bewegungsapparat führen, welchendurch eine rechtzeitiges Erkennen und frühzeitige Intervention entgegengewirkt werden könnte.

Dies macht deutlich, dass PhysiotherapeutInnen eineninsgesamt wesentlichen Beitrag zu Früherkennungzahlreicher Erkrankungen leisten können. Es ist wünschenswert, diese Ressource seitens der Politikim Bereich von Vorsorgeuntersuchungsprogrammenzu etablieren und auch zu finanzieren, da davon ausgegangen werden darf, dass so nicht nur das Fortschreiten von Erkrankungen sondern auch Folge-kosten reduziert werden könnten.

Constance Schlegl

Der frühe Vogelfängt den WurmEin wesentlicher Beitrag der Physiotherapie: Früherkennung von Erkrankungen

»PHYSIOTHERAPEUTiNNEN

KÖNNEN EINEN WESENTLICHEN

BEITRAG ZUR FRÜHERKENNUNG

ZAHLREICHER ERKRANKUNGEN

LEISTEN.«

FRÜHERKENNUNG Constance Schlegl

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Geschichte der Logopädie in ÖsterreichDer Begriff Logopädie wurde 1913 vom Wie-ner Laryngologen Emil Fröschels eingeführt,um die bis dahin als medizinische Sprach-heilkunde bezeichnete Fachrichtung hervor-zuheben und sie von der medizinischenStimmheilkunde abzugrenzen. Nach demErsten Weltkrieg erlebte die junge Disziplineinen enormen Aufschwung. Mehrere Uni-versitäten mit ihren klinischen und phoneti-schen Instituten beschäftigten sich sowohltheoretisch wie auch praktisch mit der Er-forschung logopädischer Problemstellungen.Wesentlich beeinflusst wurde damals die Entwicklung (damals neuer) logopädischerMethoden durch die Individualpsychologieund die Psychoanalyse. Der Nationalsozialis-mus zerstörte die bis dahin so aufstrebendeLogopädie vollständig, nachdem Fröschelsund viele seiner KollegInnen Österreich ver-lassen mussten. Erst in den 1970er Jahrengab es mit der Gründung von Ausbildungs-einrichtungen für LogopädInnen im deut-schen Sprachraum einen Neubeginn.

Am Anfang war das WortDie MTD-Berufsgruppe der LogopädInnen stellt sich vor

Sprache haben und sprechen können,verstehen und verstanden werden bedeutet Kommunikation und Kommu-nikation ist unser Leben.

Die österreichischen LogopädInnen sind dieExpertInnen für die Stimme, das Sprechen,die Sprache, das Hören, das Schlucken, dasLesen und das Schreiben. Menschen aller Altersgruppen – vom Säugling bis zum Erwachsenen – können durch logopädischeLeistungen profitieren. Wer die Kommunika-tionsfähigkeit nicht vollständig entwickelnkann oder diese wieder verliert, ist gefährdetaus der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein.

Zu den Kernaufgaben des Berufes LogopädInzählen die Untersuchung, die Diagnose, dieTherapie sowie die Prävention, die Beratung,die Förderung und die wissenschaftliche Er-forschung von Störungen und Behinderungender Sprache, des Sprechens, des Lesens und Schreibens, der Atmung, der Stimme,der Mundfunktionen, des Schluckens, des Hörvermögens, der Wahrnehmung und des nonverbalen Bereiches bei Menschenaller Altersgruppen.

Serie MTD-Berufe

»KOMMUNIKATION IST

UNSER LEBEN.«

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LOGOPÄDIE Karin Pfaller, MSc

In Österreich wurde die erste Schule für denlogopädisch-phoniatrisch-audiometrischenDienst 1968 am Allgemeinen Krankenhausder Stadt Linz gegründet, Innsbruck undWien folgten bald darauf. Nach den Schulenkamen Akademien für den logopädisch-phoniatrisch-audiologischen Dienst und seit2005 findet die Ausbildung für LogopädInnenan Fachhochschulen (Studiengang Logopä-die) statt. Der erste Masterlehrgang wurde2009 an der Donau Universität Krems imple-mentiert. Von Ausbildungen ohne gesetzli-chen Rahmen wurde durch die gesetzlicheVerankerung innerhalb des Krankenpflege-gesetzes (Schulen) und dann im MTD-Gesetz(Akademien) mit dem Übergang zu Fach-hochschulen der Weg in die Akademisierungvollzogen.

Dies bedeutet, dass sich die Logopädie auchformal vom ärztlichen Hilfsdienst über einenAssistenzberuf zum eigenständigen unddurchführungsverantwortlichen gesetzlichanerkannten Gesundheitsberuf entwickelthat. Die anfangs überwiegend handlungs-bezogene Erfahrungsdisziplin entwickeltesich im Lauf der Jahre zu einer wissen-schaftsorientierten, eigenständigen Sparte.

Evidenzbasiertes ArbeitenDurch »clinical reasoning« – klinisches Be-gründen, Entscheiden und Beurteilen – derlogopädisch therapeutischen Maßnahmen,nimmt auch die Qualitätssicherung innerhalbder Logopädie zu. Wissenschaftliche Grund-kenntnisse werden immer mehr zur Grund-lage von therapeutischem Handeln. Diesesetzen sich unter anderem aus Ergebnissenvon theoretischen, klinischen und methodi-schen Studien zusammen. Die Entwicklung,Standardisierung und Normierung von logo-pädischen Diagnostikverfahren, sowie publi-zierte Forschungsergebnisse erweitern dieProfessionalisierung und führen zu einer evidenzbasierten Logopädie. Das Gesund-heitsqualitätsgesetz 2005 etwa ist für logopädieaustria, den Berufsverband derösterreichischen LogopädInnen, eine derGrundlagen, um sich der Qualitätssicherungzu verpflichten. Die zukünftigen Herausforde-rungen liegen in der Weiterentwicklung derDisziplin, der Positionierung innerhalb desGesundheitswesens und der Gesellschaft,wobei die PatientInnen Mittelpunkt des logopädischen Handelns sind.

Karin Pfaller, MSc

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physioaustria inform September 2015 33

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ASSESSMENTS Daria Seitl, BSc

Motorische Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen –messbar?Vorstellung eines Assessment-ToolsEnde 2014 kam im deutschsprachigen Raum ein neues standardisiertes Verfahren für die Testung motorischer Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen auf den Markt, der Bruininks-Oseretzky Test.

Fokus Qualität

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FeinmotorischeGenauigkeit

Feinmotorische Integration

Hand-geschicklichkeit

Ballfertigkeiten

Beidseitige Koordination

Gleichgewicht

Schnelligekeit undGeschicklichkeit

Kraft

FeinmotorischeSteuerung

Handkoordination Körper-koordination

Kraft und Geschicklichkeit

QUELLE:

Daria Seitl, BSc

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34 physioaustria inform September 2015

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Der Bruininks-Oseretzky Test (BOT-2) war im englisch-sprachigen Raum bereits als ein etabliertes und wissen-schaftlich validiertes Verfahren präsent. Daraufhin bildetesich schließlich eine Arbeitsgruppe von drei deutschenHerausgeberInnen, bestehend aus VertreterInnen von Pearson Assessment, welche eine Machbarkeitsstudiesowie eine Analyse der Reliabilität, bzw. Zuverlässigkeit,unter TestleiterInnen und bei Testwiederholungen durch-führten. Dabei stand die Anpassung und Übersetzung derTestanleitung ins Deutsche im Vordergrund. Es folgteeine Normdatenerhebung durch 73 TestleiterInnen anden verschiedensten Orten in Deutschland, Österreichund der Schweiz. Dieser Zeitraum erstreckte sich vonApril 2012 bis Juni 2013 und erfasste Werte von über1100 Kindern und Jugendlichen im Alter von vier bis 14Jahren. Sowohl die Langfassung, als auch die wenigerzeitaufwendige Kurzform, wurde vom Englischen insDeutsche übersetzt, überarbeitet und angepasst.

Der BOT-2 besteht insgesamt aus 53 Aufgaben, die sichaus den vier Motorikbereichen (Feinmotorische Steue-rung, Handkoordination, Körperkoordination, Kraft undGeschicklichkeit) und jeweils zwei dazugehörigen Unter-tests zusammenstellen. Der sogenannte Gesamtmotorik-wert erfasst alle acht Untertests. Die Zusammensetzungdieses Wertes ist in der Abbildung (Abbildung links) grafisch dargestellt.

Jeder der vier Motorikbereiche orientiert sich einzeln anverschiedenen Muskelgruppen, beziehungsweise Extre-mitäten. Während der Motorikbereich »FeinmotorischeSteuerung« die Steuerung und Koordination der distalenHand- und Fingermuskulatur (Greifen, Schreiben undZeichnen) testet, wird bei dem Bereich »Handkoordina-tion« die Steuerung und Koordination der gesamten oberen Extremität, der Arme und Hände (Objektmanipu-lation), bewertet. Der Motorikbereich »Körperkoordina-tion« umfasst die Steuerung und Koordination der großenMuskelgruppen, beziehungsweise der posturalen Musku-latur, die an der Körperhaltung und beim Gleichgewichteine Rolle spielen. Der vierte Motorikbereich, »Kraft undGeschicklichkeit«, umfasst die Steuerung und Koordina-tion der großen Muskelgruppen (posturale und globaleMuskulatur), die vorrangig an der Fortbewegung, be-sonders im Freizeit- und Leistungssport, beteiligt sind.Einer der größten Vorteile der Langform ist, dass die ein-zelnen Motorikbereiche untereinander vergleichbar sind,nach Bedarf auch nur einzelne Skalen getestet werdenkönnen und der Fokus in der Interpretation auf einzelneMuskelgruppen/Untertests/Aufgaben gelegt werdenkann. Die Kurzform liefert lediglich einen einzigen Wertfür die gesamten motorischen Fähigkeiten, vergleichbarmit dem Gesamtmotorikwert, auch wenn jeder der acht

Untertests vertreten ist. Dennoch ist die Kurzform mitihren 19 Aufgaben deutlich schneller und einfacherdurchzuführen, sowie als Screening Verfahren gut geeignet. Die Auswertung des BOT-2 wirkt auf den erstenBlick sehr komplex, liefert jedoch nach 15 bis 20 Minuten bereits Ergebnisse, die Durchführung selbst dauert länger. Eine Spanne des Durchführungszeitraums von 50 bis 60 Minuten ist in der Literatur zu finden, aber auspersönlicher Erfahrung benötigt die Testung 60 bis 80Minuten, vor allem im Bereich der Kinder- und Jugend-psychiatrie.

Bezüglich der Durchführung ist noch zu erwähnen, dass das Verfahren keine strikten Testanweisungen vor-schreibt und einmalige Vorübungen sowie Hilfestellungenbei den Aufgaben erlaubt sind. Sicherlich kann man diesen Punkt kritisch betrachten, dennoch ist zu er-wähnen, dass nur der erste, beziehungsweise, wenn erlaubt/nötig, zweite Versuch, in die Testergebnisse miteinfließt. Im Protokollbogen ist ausreichend Platz fürDokumentation etwaiger Beobachtungen und Abwei-chungen von der Norm. Den Beobachtungen, sowie derWiederholungsanzahl der Übungen zufolge, ist es bereitsmöglich, zwischen einem motorischen Entwicklungs-rückstand aufgrund eines Förderungsmangel und einermotorischen Entwicklungsstörung aufgrund neurologi-scher Defizite, zu differenzieren.

Daria Seitl, BSc

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physioaustria inform September 2015 35

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