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Integration und Neue Mittelschule Integration in der Praxis Heft 29 Dezember 2009

Integration in der Praxis - Heft 29: Integration und Neue Mittelschule · 2016. 8. 31. · 5 Editorial Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur freut sich Ihnen mitteilen

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  • Integration

    und Neue Mittelschule

    Integration in der Praxis Heft 29 Dezember 2009

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    Gemeinsamer Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder und Jugendlicher

    Impressum Medieninhaber und Herausgeber: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abt. I/8, MRin Mag.a Lucie Bauer Arbeits-/Redaktionsgruppe: Mag. Peter Debenjak, Mag.a Petra Gaggl, HOLin Regina Gössinger, Mag.a Ingrid Handle, Mag.a Andrea Holzinger, Mag. Martin Jenewein, SOLin Eva Kainz, HOLin Brigitte Mörwald, SDin Christa Nothdurfter, SOLin Anneliese Pitzer Koordination: Mag. Peter Debenjak Erscheinungstermin: Dezember 2009 Die Hefte dieser Publikationsreihe stehen als Download auf www.cisonline.at zur Verfügung. Die von 1993 bis 2008 in dieser Reihe erschienenen Publikationen können nach Verfügbarkeit und gegen Bezahlung einer Manipulationsgebühr und der Portokosten als Printversion bestellt werden: Broschürenversand Amedia, Sturzgasse 1 a, 1141 Wien, Tel. 01/982 13 22 Fax: 01/982 13 22 – 311 E-Mail: [email protected]

    http://www.cisonline.atmailto:[email protected]

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    Inhalt Editorial ................................................................................................................................. 5

    Die Niederösterreichische Mittelschule: Auf dem Weg zur inklusiven Schule? ................................................................................... 7

    Integration durch individuelle Zielorientierung – Chancen einer Verwirklichung im Rahmen des NÖ Schulmodells .................................... 11

    Das Modell „WienerMittelSchule“ und Integration von Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf .................... 14

    Kinder mit SPF in der Neuen Mittelschule Bundesländerbericht Burgenland ....................................................................................... 19

    Soziales Lernen und Integration – Schule als Wegbereiter in die Gesellschaft ........................................................................ 21 Integration in der Neuen Mittelschule Rudersdorf (Burgenland) ........................................ 28 Neue Mittelschule: Steirischer Modellversuch.................................................................... 30 Nichts ist unmöglich! ........................................................................................................... 31 Als AHS-Lehrerin in einer Integrationsklasse – die Möglichkeiten und Chancen der Neuen Mittelschule Ein persönlicher Erfahrungsbericht..................................................................................... 34 Modellversuch Neue Mittelschule und Integration.............................................................. 37 Ein Jahr Integration an der Neuen Mittelschule (NMS) Ein persönlicher Rückblick aus der Sicht des Integrationslehrers .................................... 40 Modellversuch „Neue Mittelschule Tirol“ (NMT) ................................................................. 46

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    Editorial Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur freut sich Ihnen mitteilen zu können, dass eine weitere Ausgabe der Reihe „Integration in der Praxis“ zum Thema „Integration und Neue Mittelschule“ fertig gestellt wurde, die viele interessante Informationen und Anregungen für die praktische Unterrichtsarbeit beinhaltet. Seit vielen Jahren werden Broschüren in der Reihe „Integration in der Praxis“ mit aktuellen Themen beziehungsweise zu Schwerpunktthemen zusammengestellt und veröffentlicht. Bis zum November 2008 wurden diese Ausgaben allen Volksschulen, Hauptschulen, Allgemeinen Sonderschulen, Sonderpädagogischen Zentren, Institutionen der Lehrer/innenaus- und -fortbildung sowie den Landes- und Bezirksschulinspektor/innen in Printversion zur Verfügung gestellt. Im Zuge der Umstrukturierung des Zentrums für Schulentwicklung (ZSE) in Klagenfurt mit Ende des Jahres 2008 in ein Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens („Bifie“) mussten auch einige Veränderungen vorgenommen werden. So ist es bedauerlicherweise jetzt nicht mehr möglich, den Schulen die Broschüren in Form einer Printversion zur Verfügung stellen zu können. Diese und die folgenden Broschüren können ab diesem Zeitpunkt NUR mehr auf der Website www.cisonline.at downgeloadet werden. Außerdem besteht für Sie die Möglichkeit, frühere Exemplare in Printversion, sofern diese vorhanden sind, über den Broschürenversand „Amedia“, Sturzgasse 1a, 1141 Wien, zu beziehen. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur hofft, dass Sie viele wertvolle Informationen mit diesen Broschüren für Ihre Arbeit erhalten und wünscht viel Freude am Lesen. Mag.a Lucie Bauer Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur Leiterin der Abteilung für Sonderpädagogik

    http://www.cisonline.at

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    Manfred Wimmer

    Die Niederösterreichische Mittelschule: Auf dem Weg zur inklusiven Schule? Wohin wird sich das österreichische Schulsystem weiter entwickeln? Das ist die entscheidende Frage, die mit den Mittelschulversuchen beantwortet werden soll. Reicht das extrem selektive (und nebenbei sehr integrationsfeindliche) bisherige Schulkonstrukt als Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft? Kann es sich eine prosperierende Wissensgesellschaft (in der durchaus doppelsinnigen Bedeutung des Wortes) „leisten“, 15-20% einer Alterskohorte nach 9 Jahren aus der Schule zu entlassen, ohne „dass sich Schule für sie gelohnt hat“, wie es Werner Specht einmal ausgedrückt hat: also mit zu geringen Kompetenzen, um für das weitere Leben gut vorbereitet zu sein? Ist höhere Bildung ein (anstrebenswertes) Ziel, das nur für einen geringen Teil der Bevölkerung erreichbar ist, weil ein System der sozialen Barrieren Bildungschancen für viele stark minimiert? Oder machen wir uns auf den Weg zu einer inklusiven Schule, die auf Individualisierung und personalisiertes Lernen setzt, die bessere Bildungschancen für alle eröffnet, also eine Schule, die alle Kinder und Jugendliche willkommen heißt. „Niemand darf zurück gelassen, niemand darf beschämt werden!“, sagen die Finnen.

    Fakten Die niederösterreichische Mittelschule startet mit dem Schuljahr 2009/10 mit 115 Klassen an 47 Hauptschulstandorten. 2300 Schülerinnen und Schüler sollen neue, andere Schule erleben! Das ist nicht nichts! Im Endausbau werden es an die 10 000 Schülerinnen und Schüler sein, die diesen neuen Bildungsgang durchlaufen. Der Zugang zur niederösterreichischen Mittelschule ist barrierefrei. Für den Übertritt in die Modellschulen, wie sie in Niederösterreich bezeichnet werden, ist der positive Abschluss der 4. Klasse Volksschule einzige Voraussetzung, andere Selektionskriterien sind nicht vorgesehen. Alle Bestimmungen zur Integration von Schülern/innen mit sonder-pädagogischem Förderbedarf sind davon unbenommen. Ziele Das Ziel des NÖ Schulmodells ist es, die Bildungsbasis aller Schülerinnen und Schüler zu verbreitern. Das heißt: v Für mehr Schüler/innen höhere Bildungschancen eröffnen v Anzahl der Schüler/innen mit zu geringen Kompetenzen verringern Dieses Ziel soll durch individualisierenden Unterricht, also das konkrete Eingehen auf jedes einzelne Kind erreicht werden.

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    Grundlage für die Erreichung dieser Zielvorgaben:

    Unterricht Nach allen Forschungsergebnissen ist die wichtigste Maßnahme zur Steigerung von Unterrichtsqualität die Verbesserung des Unterrichts. In der Implementierungsphase wurde daher vor allem in diese Richtung gearbeitet. v Ausschöpfen

    der Begabungspotenziale Das bessere Ausschöpfen aller Begabungspotenziale steht im Mittelpunkt aller Bemühungen. Das NÖ Schulmodell soll eine Leistungsschule sein: Forderung und Förderung sind die zwei wesentlichen Säulen Ø Forderung heißt: Kinder werden in ihren Begabungen bestmöglich und individuell

    gefördert. Ø Förderung heißt: Kinder erhalten genügend Zeit und Unterstützung, um Lerninhalte im

    eigenen Lerntempo erfassen zu können. v Schüler/innenselbsttätigkeit

    Das Kind soll vom (weitgehend) passiven Reproduzenten von Lehrinhalten zum aktiven „Lerner“ werden. Dazu gehören auch Langzeitarbeiten, aktives Reflektieren über Lernprozesse und Portfolioarbeit.

    v Schule als Ort des Lernens Lernen soll (weitgehend und hauptsächlich) in der Schule stattfinden. „Schule als Lernort“ ist eine wichtige Zielvorgabe für den Unterricht.

    Aktive Nahtstellenarbeit – Partnerschulkonzept Einer der wesentlichen Entwicklungsansätze des NÖ Schulmodells ist ein aktives Nahtstellenkonzept: v In Vorbereitung auf den Übertritt in die NÖ Mittelschule unterrichten Lehrer/innen der

    Modellschule gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern in der 4. Klasse Volksschule: Ø Bekannt machen der neuen Schule Ø Einführung in die Portfolioarbeit

    Verbesserte Ressourcensituation Individualisierung und Differenzierung im Unterricht

    Pro Klasse steht ein halber Dienstposten mehr als im üblichen System zur Verfügung: 6 Lehrer/innenstunden Bund 6 Lehrer/innenstunden Land

    v Selektionsfreier Zugang: Jedes Kind mit positivem Abschluss der 4. Klasse Volksschule kann die NMS besuchen.

    v Verzicht auf äußere Differenzierung: Ermöglicht das Aufbauen auf den Stärken der Kinder und Lernen am Vorbild

    v Schüler/innenzentrierter Unterricht: Fördert einerseits Selbsttätigkeit, garantiert andererseits mehr Lehrerzuwendung für das einzelne Kind.

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    Ø Kennen lernen der neuen Schüler/innen, ihrer Stärken und ihrer Förder-notwendigkeiten

    Mittelfristig soll es durch dieses Konzept auch besser gelingen, den tatsächlich not-wendigen Ressourceneinsatz in der Mittelschule besser zu steuern. Dies gilt insbesondere auch für die personellen Notwendigkeiten der Integration. v Lehrer/innen weiterführender Schulen unterrichten gemeinsam mit den Lehrerinnen und

    Lehrern der Hauptschule und arbeiten am Schulkonzept mit. v Ab der 7. Schulstufe wird aktiv und zielgerichtet in Richtung Vorbereitung auf

    weiterführende Schulen gearbeitet (z. B. durch Einführung eines eigenen Wahlpflicht-gegenstandes).

    Beurteilung nach dem Lehrplan des Realgymnasiums/Gymnasiums Standorte des NÖ Schulmodells haben erweiterte Rechte in der Berechtigungsvergabe: Schüler/innen mit den entsprechenden Leistungen erhalten Zeugnisse mit einer Beurteilung nach dem Lehrplan des Realgymnasiums bzw. des Gymnasiums. Dieser differenzierende Zugang zur Leistungsfähigkeit von Schüler/innen wird durch eine Interessendifferenzierung nach der 6. Schulstufe verstärkt: Schüler/innen können zwischen einem allgemein bildenden Zweig und einem berufsorientierten Bereich, der speziell auf das berufsbildende Schulwesen und den Berufseinstieg vorbereiten soll, wählen. Umsetzungsstrategien Das NÖ Schulmodell setzt stark auf Schulautonomie und Standortkonzepte. Folgende Punkte sind in nachvollziehbarer Konkretisierung an jedem Standort umzusetzen: v Schüler/innenzentriertes Arbeiten als wichtiger Unterrichtsgrundsatz v Projektorientierter Unterricht v Angebot an Wahlmöglichkeiten und Kurssystemen, vor allem auch unter dem Aspekt

    der Begabungsförderung, auch schulstufen- oder schulübergreifend. v Aufbau von Förder- und Stützsystemen v Zweilehrer/innensysteme, vor allem in größeren Klassen und in den Schularbeits-

    fächern (D, E, M). v Neue Zeitstrukturen der Unterrichtsorganisation v Bildung von kleinen, überschaubaren Lehrer/innenteams Weiters sind die Schulen eingeladen, in ihren Standortkonzepten schulautonome Schwerpunktsetzungen in Richtung moderne Unterrichtsgestaltung, fächerübergreifendes Arbeiten und Neustrukturierung der Unterrichtszeit umzusetzen. Neue Formen der Elternarbeit Begleitend zum Zeugnis ist zweimal pro Jahr eine differenzierende Leistungsbeschreibung für jeden einzelnen Schüler/jede Schülerin vorgesehen. Den Schulen wird empfohlen, dies in Form von Kinder-Eltern-Lehrer/innen-Gesprächen, welche die bisherige Form des Elternsprechtages ersetzen und dem Schüler/der Schülerin eine führende Rolle in der Reflexion über die erbrachten Leistungen zuweisen, umzusetzen.

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    Neue Prüfungskultur Eine neue Prüfungs- und Beurteilungskultur soll ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der Modellschulen werden: v Rückmeldungen über Leistungen sollen (weitgehend) auf der Individualnorm erfolgen.

    Dazulernen ist die wichtigste Motivation für das Weiterlernen! v Auf der Ebene der Sachnorm sind für jeden einzelnen Schüler/ jede Schülerin möglichst

    hohe Kompetenzen anzustreben. Diese sollen sich an den Bildungsstandards orientieren.

    v Lernen braucht eine humane, positive Lernumgebung. Angst ist eine schlechte Lehrmeisterin!

    Zusammenschau

    Damit tasten wir uns langsam zur zentralen Frage aller Mittelschulversuche nach SchOG § 7a vor. Sie ist auch die Frage der integrativen Pädagogik schlechthin: Gelingt es, gesellschaftliches Bewusstsein und schulische Praxis von der Notwendigkeit eines bewussten Umgangs mit Heterogenität zu überzeugen? Wird die Unterschiedlichkeit der Schüler/innen als Last oder als Chance für das Lernen empfunden? Wird der Unterricht auf die Vielfalt der Schüler/innen hin geplant? Wird die offensichtliche Heterogenität der Kinder und Jugendlichen in einer Lerngruppe als störend, und daher nur durch ständiges Selektionieren, Wegschicken bewältigbar empfunden oder bietet es – bei entsprechender Ressourcenunterstützung – neue, entscheidende Chancen des Lernens? Wir suchen gute Antworten auf diese Fragen. „Jedes Kind ist uns wichtig! Kinder zurückzulassen, können wir uns nicht leisten!“, sagen die Finnen.

    Autor Manfred Wimmer ist Projektleiter des Modellversuches „NÖ Mittelschule/NÖ Schulmodell“, Bezirksschulinspektor des Bezirks Gänserndorf, Regionalmanager der Bildungsregion Weinviertel

    Niederösterreichische Mittelschule

    Portfolio-arbeit KEL-Gespräche

    Individualisierendes Lernen Aktive Nahtstellenarbeit

    Dazulernen ist die wichtigste Lernmotivation

    Schule ist Lernort.

    Schüler/innen kommen in die Schule und beginnen zu arbeiten.

    Schüler/innen lernen in der Schule etwas (dazu).

    Bei Prüfungen zeigen Schüler/innen, was sie können.

    Bildungsbasis aller Schüler/innen verbreitern

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    Petra Gössinger

    Integration durch individuelle Zielorientierung – Chancen einer Verwirklichung im Rahmen des NÖ Schulmodells Seit Jahren dominieren Begriffe wie Individualisierung, Differenzierung und Integration die Gedankenwelt all jener, die sich mit Schulentwicklung mehr oder weniger ernsthaft auseinandersetzen. In den ersten Wochen eines – durch den Start der NMS in NÖ geschichtsträchtigen – neuen Schuljahres prägen sie zudem vorrangig die mediale und politische Diskussion. Abhandlungen über die „Neue Mittelschule“ und Forderungen nach effizienten Reformpaketen füllen die Seiten von Tageszeitungen, beherrschen Nachrichtensendungen in TV und Hörfunk. Hochrangige Politiker/innen versprechen im Rahmen der Neuen Mittelschule (NMS) eine Leistungsschule, in der die Schüler/innen ihren Begabungen entsprechend individuell gefördert und gefordert werden, um persönliche Spitzenleistungen erbringen zu können. Der Versuch, Verbesserungen im Schulsystem über ministeriell verordnete Organisationsveränderungen zu erreichen, greift zu kurz. Voraussetzungen für eine fundamentale Schulreform umfassen viele Bereiche und verlangen neben zahlreichen pädagogischen Maßnahmen und großem Engagement aller Lehrenden adäquate finanzielle, personelle und bauliche Rahmenbedingungen – vor allem aber ein umfassendes Umdenken unserer Gesellschaft. Auch wenn Veränderungen und Verbesserungen nicht unmittelbar von heute auf morgen erfolgen können, ist weder Ignoranz noch Boykott oder Selbstmitleid ein professioneller Weg, um der momentan – sowohl für Lehrer/innen als auch für Schüler/innen, Eltern und Bildungsverantwortliche – herrschenden unbefriedigenden Schulwirklichkeit zu entfliehen. Unabdingbar ist das Beschreiten des Weges der kleinen Schritte. Dies gilt auch für die Umsetzung im Bereich der Integration im Rahmen der Neuen Mittelschule, denn die neue Schulform soll sowohl für hochbegabte Kinder als auch für jene mit besonderen Bedürfnissen Ort der persönlichen Weiterentwicklung sein. In NÖ wurde bei der Konzepterstellung und Projektimplementierung für die NMS dem Aspekt der Integration vor allem bei der Formulierung der beiden verpflichtenden Modellvorgaben für die NÖ Modellschulen – schüler/innenzentriertes Arbeiten und Aufbau von Stütz- und Fördersystemen – Rechnung getragen. Im Schulalltag können diese Ziele nur dann realisiert werden, wenn Lernfortschritte an Hand individueller Lernportfolios und Kompetenzraster sichtbar gemacht bzw. dokumentiert und in persönlichen Kinder-Lehrer-Eltern-Gesprächen präsentiert werden. Gegenstandsspezifische Unterstützung der NÖ Modellschulen in diesem Bereich ist durch Fachmoderatorinnen/-moderatoren geplant, allgemeine Unterstützung bei der Umsetzung in Form von Ideenworkshops im Herbst 2009. Die Begründung für die Wichtigkeit der Orientierung an individuellen Fortschritten finden wir in den Ergebnissen zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen. In meinem Beitrag möchte ich daher den Fokus auf die Bereiche der individuellen Zielstruktur und der Lernstruktur in einer Klasse richten und ihre Bedeutung für den Lernprozess aufzeigen.

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    Auch eine Schule der Zukunft, die Integration durch Individualisierung und Differenzierung ermöglicht, muss von jeder einzelnen Schülerin/jedem einzelnen Schüler Leistungen einfordern. Lernende mit unterschiedlichen Begabungen und Schwächen können aber nur dann zu persönlichen Höchstleistungen geführt werden, wenn sie nach differenten Zielvorgaben arbeiten dürfen. Die zurzeit sehr oft praktizierte Messung und Bewertung von Schüler/innenleistungen orientiert sich an Lernzielvorgaben, die von allen Schülerinnen und Schülern einer Klasse zu erreichen sind und gipfelt in dem Bestreben, bei der Notenvergabe der Gaußschen Normalverteilung zu entsprechen. Jüngere pädagogisch-psychologische Forschungsergebnisse belegen, dass die Zielvorgaben, an denen sich Schüler/innen in sozialen Lernkontexten orientieren, Verhalten und Erleben in Lern- und Leistungssituationen tiefgreifend beeinflussen. Je höher eine individuelle Lernzielorientierung ausgeprägt ist und je stärker eine Lernzielstruktur in einer Klasse wahrgenommen wird, umso weniger leiden Lernende unter Leistungsangst und Hilflosigkeitserleben. Dadurch bedingtes schulisches Wohlbefinden ermöglicht optimale persönliche Leistungen (vgl. Finsterwald, et al., 2008, S.143ff). In der aktuellen theoretischen Konzeption der Zielorientierung wird zwischen Lern- und Performanzzielen unterschieden (Beispielitems siehe Anhang). Schüler/innen, die lernzielorientiert arbeiten, streben danach, ihre Kompetenzen zu erweitern und ihre Leistungen zu optimieren. Dagegen möchten Lernende mit Performanzzielorientierung entweder ihre im sozialen Vergleich guten Leistungen und hohen Fähigkeiten demonstrieren (Annäherungskomponente) oder verhindern, dass andere ihre schlechten Leistungen und geringen Fähigkeiten wahrnehmen (Vermeidungs-komponente). Forschungen zu Kontextbedingungen von Zielorientierung belegen, dass eine Lernzielstruktur durch unterschiedliche Komponenten konstituiert wird: v durch die Bedeutung des Verständnisses eines Lerngegenstandes und der

    wahrgenommene Lernchancen v durch das Reflektieren von Fehlern v durch die Fokussierung auf individuelle Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten v durch Anwendung einer individuellen oder kriterialen Bezugsnorm im Rahmen der

    Leistungsfeststellung. Die häufige Durchführung von Wettbewerben, öffentliche Leistungsrückmeldungen und die Anwendung einer sozialen Bezugsnorm bei der Leistungsbeurteilung bevorzugen nicht nur Lernende mit hoher Leistungsfähigkeit, sondern bedingen auch den Aufbau einer Performanzzielstruktur, von der negative Effekte auf verschiedene verhaltensbezogene, motivationale und emotionale Aspekte im adaptiven Lern- und Leistungshandeln nachgewiesen sind. Im herkömmlichen Schulsystem ist wenig Raum für individuelle Zielsetzung und -orientierung. Die Konzeption des NÖ Schulmodells ermöglicht jedoch mit seinem ausgeprägten System der Differenzierung und Individualisierung ein besseres Eingehen auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse der einzelnen Schüler/innen. Dieser Schulentwicklungsansatz wird sowohl durch die dafür notwendigen schulorganisatorischen Maßnahmen als auch durch verdichteten Einsatz an Lehrenden gestützt. Schüler/innenzentriertes Arbeiten, projektorientierter Unterricht, Angebote von Wahlmöglichkeiten und Kursformen – vor allem auch unter dem Aspekt der Begabungsförderung – , Aufbau von Förder- und Stützsystemen, Planarbeit, neue Zeitstrukturen der Unterrichtsorganisation und die Bildung von konzentrierten

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    Lehrer/innenteams als verpflichtende Modellvorgabe verlangen zum einen intensiven Einsatz der Pädagoginnen und Pädagogen, ein Umdenken bei den Eltern und eine differenziertere Wahrnehmung von Leistung durch die Gesellschaft. Zum anderen eröffnen sie Lehrenden sowie Lernenden ungeahnte Möglichkeiten, Unterricht für alle befriedigend und effizient zu gestalten oder zu erleben. Literatur Monika Finsterwald, Albert Ziegler, Markus Dresel: Individuelle Zielorientierung und wahrgenommene Klassenzielstruktur im Grundschulalter. Zeitschrift für Entwicklungs-psychologie und Pädagogische Psychologie 41(3), Hogrefe Verlag Göttingen 2009, 143-152. Manfred Wimmer: LSR für NÖ – Modellplan für Modellversuche zur Weiterentwicklung der Sekundarstufe I. Internes Konzeptpapier für die NÖ Modellschulen. St. Pölten 2009. Anhang Beispielitems zur Lernzielstruktur v individuelle Zielorientierung

    Es ist mir wichtig, dass ich viele neue Dinge in der Schule lerne. v wahrgenommenen Klassenzielstruktur

    In unserer Klasse wird Wert darauf gelegt, dass alle den Stoff gut verstehen. Beispielitems zur Performanzzielstruktur: v In unserer Klasse ist es wichtig, den anderen zu zeigen, dass man in der Schule gut ist. v Es ist mir wichtig, dass ich in meiner Klasse nicht als dumm gelte. v Es ist mir wichtig, dass ich besser bin als die anderen in meiner Klasse.

    Autorin Dr.in Petra Gössinger LSR für NÖ – NÖ Modellschulen Bereiche: Begleitmaßnahmen, Organisation, Evaluation PH NÖ - Schulentwicklung und NMS

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    Judith Stender

    Das Modell „WienerMittelSchule“ und Integration von Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf Beginnend mit dem Schuljahr 2009/10 wird in Wien nach § 7a SCHOG der Schulversuch „WienerMittelSchule“ eingerichtet werden. 21 Standorte haben sich für diesen Schulversuch entschieden, 14 kooperative Mittelschulen und 7 allgemein bildende höhere Schulen. An 13 Standorten werden die Schulversuchsklassen auch als Integrations-klassen geführt. Vorweg erscheint der Hinweis besonders wichtig, dass dieses Modell all den Intentionen, die Teilhabe ALLER Schüler/innen am gemeinsamen Unterricht, also auch jener mit sonderpädagogischem Förderbedarf, vorsieht, sehr entgegenkommt. Integration bzw. Inklusion hat ja zum Ziel, dass ALLE Schüler/innen einer Wohnregion eine gemeinsame Schule besuchen können, ohne dass nach irgendwelchen Kriterien selektiert wird. Dabei muss notwendigerweise gesichert sein, dass all die Ressourcen zur Verfügung stehen, die zu einer bestmöglichen Förderung aller Schüler/innen benötigt werden. Im Modellplan „WienerMittelSchule“ sind die Rahmenbedingungen so, dass die Lehrer/innen dem Anspruch nach Individualisierung und Differenzierung optimal nach-kommen können. In Integrationsklassen innerhalb dieses Modells arbeiten im Team mit den Fachlehrer/innen eine Sonderpädagogin/ein Sonderpädagoge, die/der gemeinsam mit den Kolleginnen/Kollegen den binnen differenzierten Unterricht durchführt und die/der ihren/seinen Schwerpunkt auf die Förderung der Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf legt. Dabei fühlen sich aber ALLE Lehrer/innen für ALLE Schüler/innen zuständig und verantwortlich, Methoden werden gemeinsam überlegt, notwendige Vorbereitungen zur Herstellung einer anregenden Lernumgebung werden in Absprache sinnvoll aufgeteilt. In weiterer Folge soll nun das Modell der „WienerMittelSchule“ anhand der Unterlage Modellplan „WienerMittelSchule“, herausgegeben vom SSR für Wien im Juni 2008, genauer beschrieben werden. In eine Klasse der „WienerMittelSchule“ kann jede Schülerin/jeder Schüler aufgenommen werden, die/der die 4. Klasse der VS positiv abgeschlossen hat und, sofern die Klasse als Integrationsklasse geführt wird, alle Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förder-bedarf, die die 4. Schulstufe besucht haben. Der Lehrplan entspricht (mit Ausnahme der Stundenerhöhung) dem AHS-Lehrplan, wobei begründet und dokumentiert alle weiteren Lehrpläne der Sekundarstufe I für die einzelne Schülerin/den einzelnen Schüler durch Maßnahmen der inneren Differenzierung angewendet werden können. Bei Anwendung eines anderen, als des AHS Lehrplanes, ist die Note mit dem entsprechenden Hinweis zu versehen (Ausnahme: Generell verbale Beurteilungen für Schüler/innen, die nach dem LP der Sonderschule für schwerstbehinderte Kinder beurteilt werden).

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    Die „WienerMittelSchule“ basiert auf heterogen zusammengesetzten Klassen und kann an Standorten der Sekundarstufe I eingerichtet werden. Wenn möglich ist ein Ganztags-angebot vorzusehen, sowie das Unterstützungsangebot auszubauen. Als die drei Schlüsselbereiche der neuen Sekundarstufe I werden genannt: v Die „Nahtstelle 10plus“ v Die qualitative Neuorientierung des Unterrichts an der Sekundarstufe I v Die „Nahtstelle 14plus“ Die „Nahtstelle 10plus“ Ziel ist es, Schüler/innen einen guten Überstieg von der Grund- in die Sekundarstufe zu ermöglichen. Dabei werden mehrere Aspekte gesehen und entsprechende Maßnahmen gesetzt: Auf emotionalsozialer Ebene sollen Schüler/innen den Wechsel von einem System in das andere gut bewältigen können, es sollen neue Strukturen im gleitenden Übergang von den gewohnten Strukturen erfasst und erfahren werden können, es sollen Schüler/innen und Erziehungsberechtigte gut über die Konzepte informiert werden und auch vor Ort Eindrücke erleben können. Wechselseitiger Einsatz von Lehrer/innen aller Schularten im Teamteaching soll den sanften Übergang gewährleisten. Lehrer/innen, die diese Begleitung von der Grund- in die Sekundarstufe übernehmen, werden „Nahtstellenpädagoginnen/-pädagogen“ genannt. Diese erhalten eine eigene Ausbildung. Aufgabenbereiche sind: v Sekundarstufe für Volksschüler/innen erlebbar zu machen (Infoveranstaltung,

    Organisation von Projekten), v Schulbesuche und Elternabende organisieren, v Beratung anbieten und organisieren („Peer Beratung“, d. h. Schüler/innen beraten

    Schüler/innen, Beratung von Lehrer/innen und Erziehungsberechtigten), v konzeptive Erarbeitung des gemeinsamen Unterrichts von Grund- und Sekundar-

    stufenlehrer/innen. Ein kontinuierlicher Feedbackprozess und Evaluation sind vorgesehen, um die Qualität der Arbeit am Übergang zu gewährleisten. Die qualitative Neuorientierung des Unterrichts an der Sekundarstufe I Individualisierung von und Differenzierung im Unterricht nimmt einen ganz wichtigen Platz im Konzept ein. Schüler/innen werden dort abgeholt, wo sie stehen, Motivation und Lernfreude sollen dadurch erhalten bleiben, alle Schüler/innen werden unterstützt, all ihre Fähigkeiten bestmöglich entwickeln zu können, um in weiterer Folge auch das Angebot nachfolgender Bildungseinrichtungen in Anspruch nehmen zu können. Unterricht wird in D, M, lebende Fremdsprache in „Kernkursen“ und „Leistungskursen“ angeboten, wobei im Kernkurs der Kernbereich des LP unterrichtet wird.

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    Die verpflichtenden Leistungskurse sind Trainingskurse (es geht um trainieren, wiederholen und festigen der Kernbereiche) und Erweiterungskurse (der Stoff geht über den Kernbereich hinaus und erlaubt besondere Begabungsförderung). Teamteaching, gut vorbereitete Lernumgebungen, geeignete Unterrichtsmethoden, einschließlich sonderpädagogischer Ermunterung zur gemeinsamen Arbeit der Schüler/innen sollen, in Kombination mit individualisierenden Methoden der Leistungsfeststellung und -dokumentation, den Schüler/innen bestmögliche Rahmen-bedingungen bieten, ihren Bedürfnissen entgegenkommen und sie motivieren, ihre Fähigkeiten optimal zu entfalten. Im Konzept der „WienerMittelSchule“ ist zu Beginn jeder Woche eine Lerncoaching-Stunde vorgesehen. Lehrer/innen unterstützen Schüler/innen mit dem Ziel, die Möglichkeit zu erhalten, Lernstoff zu wiederholen, zu lernen sich selbst zu organisieren und passende Lerntechniken anzuwenden. Kommunikation, Kooperation und Konfliktbewältigung kann Thema für die Lerncoaching-Stunde sein ebenso wie Lernen lernen. Der Mehrsprachigkeit wird im Konzept auch ein besonderer Platz eingeräumt, indem über längere Phasen mehrsprachiger Unterricht stattfindet (fächerübergreifend, im Team-teaching, mit Native Speaker …). Auch muttersprachliche Kompetenzen sollen gefördert werden. Dabei soll auch klassen- und standortübergreifender Sprachunterricht ermöglichen, Kurse anzubieten, die in bestehenden Organisationsformen der Sekundarstufe I nicht zustande gekommen wären. Vorgesehen ist, dass nach Möglichkeit an Standorten der „WienerMittelSchule“ ganztägige Betreuungsformen angeboten werden. Diese haben natürlich auch hohen qualitativen Anspruch, betreute Lernzeiten wechseln mit Freizeitangeboten, komplettiert durch das Angebot eines Mittagessens. Ab 7:30 Uhr beginnt das Angebot einer (nicht verpflichtenden) Ankommensphase, während derer Schüler/innen unter freier Auswahl der Räume und unter Aufsicht des Lehrpersonals, verschiedene Beschäftigungen wählen können. Das qualitätvolle Ganztagsangebot sichert einen angenehmen Tagesbeginn in der Schule am Morgen, individuellen, schüler/innenzentrierten Unterricht, Unterstützung bei Haus- und Lernaufgaben, sowie interessante und entspannende Freizeitmöglichkeiten. Den ganztägigen Schulformen bzw. der Tagesbetreuung an Schulen soll ein, von den Schulpartnern gemeinsam erarbeitetes Konzept, zugrunde liegen, das auch im Schulprogramm verankert ist und allfällige Kooperationen mit außerschulischen Schulpartnern mit einschließt. Das Personal an „WienerMittelSchulen“ wird durch Pädagoginnen und Pädagogen verschiedener Schularten bereichert. Im Unterricht werden fachgeprüfte Lehrer/innen, sowie in Integrationsklassen zusätzlich Sonderpädagoginnen/-pädagogen eingesetzt; es sollen (möglichst kleine) Jahrgangsteams gebildet werden. Ein ganz wesentlicher Stellenwert kommt der gemeinsamen Planung und Evaluation des Unterrichts zu, um die Erfüllung des Anspruches eines qualitätvollen, individualisierenden Unterrichts zu überprüfen. Unterstützungssysteme, die für die Arbeit mit heterogener Schüler/innenpopulation notwendig sind, sollen nach Möglichkeit ausgebaut werden. Zitat aus dem Konzept: „Insbesondere im Bereich der Integration muss die qualitätvolle Weiterentwicklung des derzeitigen bewährten Integrationsklassensystems inklusive der damit verbundenen Berechtigungen vorangetrieben werden. Eine stärkere Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf soll durch den Ausbau der Individual-

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    pädagogik und Sicherstellung der Rahmenbedingungen erfolgen.“ In der „WienerMittelSchule“ ist auch das Angebot von Wahlkursen vorgesehen; diese werden in der regulären Stundentafel der Schulart normaler Weise nicht angeboten und erhöhen bei Inanspruchnahme die Unterrichtszeit der einzelnen Schülerin/des einzelnen Schülers (bei Nachfrage sind folgende Wahlkurse vorzusehen: Latein, 2. Lebende Fremdsprache, Geometrisch Zeichnen, Ernährung und Haushalt, Werkerziehung). Der Sicherung der Unterrichtsqualität kommt in der „WienerMittelSchule“ große Bedeutung zu. Diese soll gewährleistet werden durch: Regelmäßige Teamsitzungen zur Planung des Geschehens in der Klasse, sowohl in erzieherischer, als auch in unterrichtlicher Hinsicht; dabei sollen immer Stärken und Potentiale der Schüler/innen fokussiert werden und nicht Defizite. Instrumente zur Qualitätssicherung, die teilweise jetzt schon eingesetzt werden, sollen auch künftig angewendet werden (z. B. QIS, Qualitätssicherung an Wiener Pflichtschulen …). Externe Lernstandserhebungen als Bestandteil des Leistungsnachweises in der 7. und 8. Schulstufe sind Rückmeldeverfahren; Schüler/innen werden auf den Modus der Lernstandserhebung vorbereitet. Grundsätzlich sind geeignete Rückmeldeverfahren an Schüler/innen (und Erziehungs-berechtigte) während der gesamten Zeit des Schulbesuches der „WienerMittelSchule“ vorgesehen. Der Schulversuch wird wissenschaftlich begleitet, wobei ausgewählte Aspekte ins Zentrum der Beobachtung gestellt werden (können z.B. folgende sein: Individualisierung des Unterrichts, alternative Zeitorganisation, themenbezogene Flächenfächer, Umgang mit Heterogenität …). Der Schulversuch „WienerMittelSchule“ zeichnet sich auch dadurch aus, dass die Prozesshaftigkeit jeder Veränderung in der Bildungslaufbahn durch die Konzeption des Modells besonders berücksichtigt wird. Daher wird nicht nur dem Übergang von der Grund- in die Sekundarstufe besondere Aufmerksamkeit gewidmet, sondern auch jenem von der Sekundarstufe I in ein anderes (Bildungs-)System. Die „Nahtstelle 14plus“ Auch hier erfolgt die Prozessbegleitung durch Nahtstellenpädagoginnen/-pädagogen (den N14plus-Pädagoginnen/Pädagogen). Der bereits erwähnte Leistungsnachweis ergänzt die Schulnachricht bzw. das Jahreszeugnis bei der Anmeldung in die 9. Schulstufe und enthält auch eine Empfehlung bezüglich der weiteren Bildungskarriere. Der Leistungsnachweis enthält drei wesentliche Informationen: Dokumentation des Bildungsweges, Beschreibung der erworbenen Schlüsselqualifikationen, die Ergebnisse der externen Lernstandserhebungen. „N14plus“ Pädagoginnen/Pädagogen werden für diese Tätigkeit speziell ausgebildet und kooperieren eng mit Kolleginnen/Kollegen aller weiterführenden Schularten. Aufgabenbereiche sind: v Generelle Informationen über Bildungsangebote weiterführender Schulen, v Herstellen von Kontakten zur Sekundarstufe II für Schüler/innen und Erziehungs-

    berechtigte, Organisation von Besuchsmöglichkeiten der Sekundarstufe II-Standorte v sowie gemeinsamer Unterrichtsprojekte und unterschiedlicher Kooperationen. v Hilfe bei Kontaktnahme zur Arbeitswelt (z. B. bei der Organisation von Schnupper-

    tagen).

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    Auf der 8. Schulstufe wird das verpflichtende Projekt „Bildungskarriere“ (Berufs- und Laufbahnorientierung sowie Informationsgestaltung für Erziehungsberechtigte und Schüler/innen über Anforderungen, Kompetenzen und Lehrpläne der weiterführenden Schulen) gemeinsam mit den Pädagoginnen/Pädagogen der Sekundarstufe I durchgeführt. Auch im Projekt „Nahtstelle 14plus“ ist Qualitätssicherung wesentlich; es gibt festgelegte Qualitätskriterien, die in weiterer Folge bei der Evaluierung und bei Feedbackprozessen Richtlinien zur Beurteilung der Güte des Projekts abgeben. Es kann erwartet werden, dass der N14plus-Prozess insofern verbessert wird, als passende Entscheidungen bezüglich weiterer Bildungslaufbahnen getroffen werden können. Das Modell der „WienerMittelSchule“ bietet Schüler/innen optimale Rahmenbedingungen, unter denen sie die Sekundarstufe I absolvieren können. Es muss aber kritisch angemerkt werden, dass diese Rahmenbedingungen ALLEN Schüler/innen in Wien zustehen würden und es nicht verständlich ist, dass „normale“ Sekundarstufen Standorte derartige Rahmenbedingungen nicht haben und mit viel schlechteren Bedingungen dasselbe leisten sollen. Prof. Dr. Karl Heinz Gruber von der Universität Wien hat in einem Beitrag der Zeitung „Standard“ darauf hingewiesen, dass es in Deutschland Überlegungen gibt, das drei-gliedrige Schulwesen in der Sekundarstufe I (Gymnasium, Realschule, Hauptschule) aufzugeben, denn je mehr Systeme es gibt, desto größer werden die Selektions-mechanismen. Im Pflichtschulbereich heißt die Auffächerung in viele unterschiedliche Systeme, dass Chancenungleichheiten perpetuiert und die Wahrscheinlichkeit hoch bleibt, dass Bildungsmöglichkeiten oder -unmöglichkeiten weiterhin oft in engem Zusammenhang mit dem Bildungsstand und der ökonomischen Situation der Erziehungsberechtigten stehen. Die „WienerMittelSchule“ sollte ein ideales Modell für Schule im Sekundarstufenbereich I für ALLE Kinder mit allen Begabungen, Fähigkeiten, Potentialen und Schwächen sein. Die Voraussetzungen scheinen gut, dass sich die an dieses Modell geknüpften Erwartungen erfüllen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Schulmodell in weiterer Zukunft nicht, wie derzeit, nur einer kleinen Schüler/innengruppe zugute kommt (dadurch erfolgt nämlich die Selektion in ein weiteres System), sondern im Sinne einer inklusiven Schule ein Angebot für ALLE Schüler/innen wird, die die Sekundarstufe I in Wien besuchen.

    Autorin Mag.a Judith Stender Sonderschullehrerin und in der Integrationsberatungsstelle des Stadtschulrats für Wien tätig

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    Robert Novakovits

    Kinder mit SPF in der Neuen Mittelschule Bundesländerbericht Burgenland Überblick Schuljahr 2008/09: 9 Standorte in 4 Bezirken mit insgesamt 18 Klassen 6 Klassen mit Schüler/innen mit SPF Schuljahr 2009/10: 28 Standorte mit insgesamt 78 Klassen Eingereichter Modellplan v Schüler/innen mit SPF werden weder im Modellplan noch in den

    Standortbeschreibungen als besondere Zielgruppe angeführt. v Pädagogische Schwerpunkte beinhalten auch Aspekte sonderpädagogischer Förderung

    (neue Lernkultur, differenzierende Leistungsbeschreibung, innere Differenzierung, Individualisierung...).

    v Zwei Hinweise zu Schüler/innen mit SPF: Aufnahmevoraussetzungen: Voraussetzung ist der Besuch der 4. Schulstufe der VS Lehrplanausweisungen: „Schüler/innen mit SPF ist – unter Beachtung des Prinzips der sozialen Integration – eine den Aufgaben der Sonderschule §22 SchOG entsprechende Bildung zu vermitteln, wobei durch entsprechende Lernvoraussetzungen der Schüler/innen folgende Unterrichtsziele anzustreben sind: Ø der Schülerin/dem Schüler eine jedenfalls grundlegende, nach Möglichkeit aber

    umfassende und vertiefte Allgemeinbildung zu vermitteln, Ø der Schülerin/dem Schüler eine bestmögliche Berufsorientierung und Vorbereitung

    zum Übertritt in das Berufsleben zu vermitteln und Ø die Schülerin/den Schüler bestmöglich zum Übertritt in mittlere und höhere Schulen zu

    befähigen.“ Rückmeldungen und Beobachtungen v Integrativer Unterricht findet an den einzelnen Schulstandorten in gleicher Weise wie in

    der bisherigen Hauptschulform statt (individuelle Förderpläne ...). v An den meisten Schulstandorten werden die zusätzlichen Ressourcen der NMS auch

    für sonderpädagogische Förderung verwendet. Organisatorisch ist der Versuch, das Prinzip der individuellen Förderung umzusetzen, sehr häufig deutlich spürbar.

    v Der Einsatz von Lehrer/innen mit sonderpädagogischer Qualifikation in den Klassenteams ist leider nur an vier Standorten möglich, da zu wenig ausgebildete Sonderschullehrer/innen zur Verfügung stehen.

  • 20

    Offene Fragestellungen Zielformulierungen und organisatorische Rahmenbedingungen (z. B.: Zusammensetzung von Lehrer/innen-Teams) für Kinder mit SPF sind seitens des Bundes nicht erfolgt. v Die Einstufung der Schüler/innen mit unterschiedlichen Lehrplänen (AHS, HS, ASO) ist

    derzeit nicht einheitlich geregelt. v Die Anwendung des ASO-Lehrplanes im Zusammenhang mit Schwerpunktsetzungen

    (Sprachen, Naturwissenschaften) ist derzeit nicht geregelt. v Zeugnisse und Berechtigungen für SPF Schüler/innen werden derzeit geklärt.

    Autor BSI Robert Novakovits Leiter der Abteilung Sonderpädagogik Landesschulrat für Burgenland

  • 21

    Alfred Lehner Heide Teller Silke Halwachs

    Soziales Lernen und Integration – Schule als Wegbereiter in die Gesellschaft Die „inklusive Pädagogik“ ist ein neuer Ansatz der Pädagogik, dessen wesentliches Prinzip die Wertschätzung der Diversität in der Bildung und Erziehung ist. Befürworter/innen der Inklusion gehen von der Tatsache aus, dass die Heterogenität die Normalität in unserem gesellschaftlichen Miteinander darstellt. Sie plädieren für die Schaffung einer Schule, die die Bildungs- und Erziehungsbedürfnisse aller Schüler/innen zu befriedigen hat. Diesbezüglich bietet die Neue Mittelschule mit all ihren Inhalten die besten Voraussetzungen für diese Form der Pädagogik. Bildung ist der Schlüssel zu Integration und zum Ausgleich sozialer Ungleichheiten An der Neuen Mittelschule werden Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen Fähigkeiten und unterschiedlicher sozialer, kultureller und sprachlicher Herkunft gemeinsam unterrichtet. Unterschiedliche Leistungsanforderungen, eine Vielfalt an Wahlmöglichkeiten und unterstützende pädagogische Maßnahmen zeichnen die Neue Mittelschule aus. Sie begünstigen sowohl die individuelle Förderung der Kinder sowie auch soziales Lernen, also das Lernen miteinander und voneinander. In der Neuen Mittelschule wird auf die Einzigartigkeit eines jeden Kindes eingegangen. Die verschiedensten Fähigkeiten und Talente werden auf unterschiedliche Weise gefördert. Je nach regionalen Bedürfnissen kann auch gezielt die schulische Betreuung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund verbessert und gefördert werden. Ebenso werden Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen und sonderpädagogischem Förderbedarf in die Neue Mittelschule integriert. Das tägliche gemeinsame Leben und Lernen ermöglicht emotionale Barrieren abzubauen und Beziehungen, die die soziale Kompetenz der Kinder und Jugendlichen stärken, aufzubauen. Die Modellversuche Neue Mittelschule bieten innovativen Unterricht für eine Vielfalt von Begabungen und Interessen. Ein zentraler Punkt dabei ist die Einrichtung von Lerngruppen, die flexibel und immer wieder neu – je nach Anforderungen – zusammen-gestellt werden. Schülerinnen und Schüler werden durch die Auseinandersetzung mit anspruchsvolleren Aufgaben, an denen sie gemeinsam arbeiten, besser gefördert. Sie profitieren von individueller Förderung, fächerübergreifenden Unterrichtsformen und einem vielfältigeren Unterrichtsangebot. Das beweisen bisherige österreichische Schulversuche und erfolgreiche Gesamtschulmodelle zahlreicher anderer Länder. Nicht jede Schülerin und jeder Schüler ist in jedem Fach gleich gut. Durch eine Vielfalt an abwechslungsreichen Lernangeboten wird die Neue Mittelschule den unterschiedlichen Begabungen und Interessen sowie Stärken und Schwächen aller Kinder gerecht.

  • 22

    Konkret bietet die Neue Mittelschule: v Neue, kooperative und offene Unterrichtsformen (Kleingruppenunterricht, Lehrerinnen

    und Lehrer unterrichten im Team) v Praxisorientierten, forschenden sowie themenzentrierten Unterricht v Fächerübergreifendes, projektorientiertes und selbsttätiges Lernen v Förderkurse und individuelle Förderprogramme Um erfolgreich und nachhaltig zu lernen, muss Schule Freude machen. Neue Unterrichtsformen und neue pädagogische Konzepte (siehe: „Förderkonzepte“) machen das Lernen zum Erlebnis. Schülerinnen und Schüler erarbeiten ihr Wissen selbst und werden zur Selbstständigkeit angeleitet. Praktische Umsetzung der „inklusiven Pädagogik“ an der NMS Markt Allhau An der Neuen Mittelschule Markt Allhau wurde das Konzept des neuen Modellschulversuchs schon in den vergangenen vier Jahren im Schulversuch „Kompetenzhauptschule Markt Allhau“ erfolgreich erprobt und umgesetzt. Nachdem nahezu 100% der Volksschulabgänger des Oberen Lafnitztales seit Jahrzehnten die Sekundarstufe in Markt Allhau besuchen, ist hier die gemeinsame Schule der 10-14-Jährigen seit jeher gegeben und der Unterricht nach unterschiedlichen Interessen und Begabungen, sowie nach der individuellen Leistungsfähigkeit der Schüler/innen ausgerichtet. Dir. Alfred Lehner: „Die frühzeitige Trennung unserer Kinder nach Interessen und Begabungen führt unweigerlich zu einer Zweiklassengesellschaft, die das soziale Miteinander in Gefahr bringt und das soziale Verständnis füreinander immer weiter auseinanderdriften lässt. Jeder gut funktionierende Betrieb besteht aus einer Führungsetage, einem mittleren Management und aus der Arbeiterschicht, die alle nach gemeinsamen Vorgaben an einem Strang ziehen und Verständnis füreinander zeigen müssen. In der Schule trennen wir die Kinder aus unterschiedlichen Gesell-schaftsschichten schon ab dem 10. Lebensjahr und wundern uns dann, wenn dieses soziale Verständnis füreinander verloren geht.“ An der Neuen Mittelschule Markt Allhau zeigt man, wie ein Miteinander von Kindern aus unterschiedlichen sozialen Schichten, mit unterschiedlichen kognitiven Voraussetzungen, sowie differenten Interessen und Begabungen möglich gemacht werden kann und gleichzeitig auch der individuelle Lernerfolg durch personifiziertes Lernen sichergestellt wird. So sitzen der im Teilbereich Mathematik hochbegabte Christopher und die nach ASO-Lehrplan zu unterrichtende Maria gemeinsam in einer Klasse und werden von einem Lehrer/innenteam individuell auf ihrem Leistungsniveau gefordert und gefördert. Dir. Alfred Lehner: „ Diese Konstellation wäre nach altem Lehrmuster nicht denkbar. Die Methodik der neuen Lernkultur, die hauptsächlich auf Selbsttätigkeit und Eigenverantwortung aufgebaut ist, ermöglicht jedoch eine klare Leistungsdifferenzierung in der Heterogenität. Christoper, der seinen Alterskolleginnen/-kollegen im Teilbereich Mathematik zwei Jahre voraus ist, wird eben nach dem Lehrplan der übernächst höheren Klasse unterrichtet, Maria auf ihrem Leistungsniveau gefördert. Das Zweilehrersystem (Mittelschullehrer/in, Hauptschullehrer/in) ermöglicht diese spezielle Zuwendung, das soziale Miteinander und das Verständnis für den anderen bleibt nicht nur aufrecht, sondern wird auch wertschätzend beibehalten. Eine solche Schüler/innenkonstellation in den Klassen ist nur

  • 23

    im System der Neuen Mittelschule machbar, jeder andere Schultyp könnte (auch aufgrund der Ressourcen) diese Art der Differenzierung nicht ermöglichen.“ In einer anderen Klasse, die als Integrationsklasse geführt wird, werden die vier Integrationsschüler/innen zusätzlich von einer Integrationslehrerin unterrichtet. Zudem steht den Kindern auf Grund eines ADHS-Schülers eine Betreuungsperson (ausgebildete Volksschullehrerin) zur Verfügung, die das Sozialverhalten jenes Schülers (Konzen-trationsstörungen, Impulsivität und Hyperaktivität) beobachtet und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen (Eingehen auf die emotionale Lage des Schülers, „Überreizung“ verhindern, straffe und klare Strukturen im Unterricht schaffen, Vertrauen und Selbstwertgefühl aufbauen, Verhaltensvereinbarungen kontrollieren und bei Verletzung dieser sofort Konsequenzen einfordern …) ergreift. Durch die Anwesenheit eines Lehrer/innenteams ist es möglich, dass Schüler/innen ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden. Die Lernfortschritte werden in individuellen Förderplänen dokumentiert. Förderkonzepte v Neben der Wissensvermittlung werden den Schülerinnen und Schülern auch

    Kompetenzen (Sozialkompetenz, Teamfähigkeit, Kommunikations- und Präsentations-kompetenz …) vermittelt.

    v Eine differenzierte Unterrichtsgestaltung wird durch die Anwendung neuer Lernformen (Teamteaching und Lerncoaching, Tages- und Wochenpläne, kontrollierte Freiarbeit …) ermöglicht.

    v Computerunterstützter Unterricht fördert die Methodenkompetenz und dient der Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung. Schülerinnen und Schüler werden zur Selbsttätigkeit angeregt.

    v In der Nachmittagsbetreuung bieten externe Professionalisten Angebote für alle Schüler/innen zur freien Wahl an. Es gibt es ein vielfältiges Programm: individuelles Lerntraining, Stocksport, Ballsport, Orientierungslauf, ECDL-Führerschein, Wald-pädagogik, Kreativtheater, Art For Kids, Karaoke, Musical and Showdance, schoolfirefighter.

    Schüler/innen, die das Nachmittagsangebot „schoolfirefighter“ gewählt haben, erhalten eine praktische und theoretische Einführung in das Programm der Freiwilligen Feuerwehr Markt Allhau. Anbei sehen sie einige Fotos von den Informationsnachmittagen mit den Themen „Brandsicherheitswache“ und „Funken“. Fotos und Berichte „Brandsicherheitswache“ Bei der Veranstaltung des alljährlichen Perchtenlaufes im Ort Markt Allhau darf eine entsprechende Brandsicherheitswache nicht fehlen. Dazu gehört auch die ordnungsgemäße Abstimmung im Vorfeld zwischen dem Veranstalter und der Feuerwehr. Daher besuchten die „schoolfirefighter“, geführt vom Kommandantenstellvertreter, ihren Ausbilder am Hauptplatz und ließen sich die Details der geplanten Veranstaltung und der entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen erklären.

  • 24

    Warum brennt denn der Holzstumpf von ganz alleine? Der Atemschutzwart der FF Markt Allhau erklärte den schoolfirefightern, dass man mindestens drei Elemente, wie brennbares Material, genügend Luftzufuhr und genügend Wärmeenergie im richtigen Verhältnis benötige, um den Holzstumpf zum Brennen zu bringen.

    Fotos und Berichte „Funken“ Im Zuge unserer Tätigkeit in der neuen Mittelschule in Markt Allhau beschäftigte sich unser Jugendbetreuer im Rahmen seines Ausbildungsprogramms zu allererst mit dem Thema „Funk“. Mit relativ geringem Aufwand konnte er den Jugendlichen verständlich machen, dass nur durch einheitliches Sprechen, Lesen und Anwenden von Funktechniken ein noch unbekanntes Gebiet erforscht werden kann.

  • 25

    Da diese Theorie nicht einfach zu verstehen war, wurde sie durch praktische Beispiele veranschaulicht. Die Schülerinnen und Schüler leiteten den Fahrer eines Kommandofahrzeuges durch Funkverkehr zum Sportplatz. Die Lage des Sportplatzes wurde mit der passenden Koordinatenmeldung angesagt. Wenn die Meldung nicht stimmte, erreichte der Fahrer nicht den passenden Einsatzort. Die schoolfirefighter sprachen mit dem Fahrer nur, wie sie es gelernt hatten: „ ANTON MARKT ALLHAU an KOMMANDO MARKT ALLHAU - kommen.“

    Der NMS Markt Allhau wurde das Gütesiegel „Kompetenzzentrum für schulische Tagesbetreuung“ vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur verliehen. Verschiedenste Projekte werden in den Unterricht eingeplant: z. B.: Theaterprojekte, Schulball der NMS - Motto: Begegnung mit Haydn, „Granny-Days“: Großeltern verbringen zusammen mit den Schüler/innen eine Woche lang gemeinsam in der Schule. Es wird gesungen, getanzt, gebacken, vorgelesen und gebastelt. Anbei eine kurze Beschreibung des letzten Projekts:

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    „Granny days“ – Großeltern lernen die Schule ihrer Enkelkinder kennen Schon zum zweiten Mal fanden heuer in der Vorweihnachtszeit an der NMS Markt Allhau die sog. „Granny days“ statt. Einen Vormittag lang hatten die Großeltern der Schüler/innen die Möglichkeit, mit ihren Enkelkindern gemeinsam einen Schulalltag erleben zu dürfen. Im Bildungsbereich Kreativ wurde gemeinsam gebastelt, gesungen und gespielt, sowie Weihnachtsgeschichten vorgelesen und Lebkuchen gebacken. Das Projekt diente in erster Linie der Zusammenführung der Generationen, zur Sensibilisierung des gegenseitigen Verständnisses, sowie zur Belebung des Alltags vieler allein stehender Großelternteile.

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    Integration und Inklusion sollten eine Selbstverständlichkeit im Unterricht sein, denn Schüler/innen mit und ohne Behinderung profitieren und lernen voneinander. Dieses soziale Lernen ist für beide Seiten von großer Wichtigkeit, um Barrieren abzubauen und neue Beziehungen entstehen zu lassen. Überschaubarkeit, Geduld, Zusammenarbeit, Einfühlungsvermögen, Standhaftigkeit, Zeit und Toleranz sind Eckpfeiler der Integration.

    Autorinnen/Autor HDir. Alfred Lehner Schulleiter an der NMS Markt Allhau HOLin Heide Teller HS Lehrerin an der NMS Markt Allhau für Deutsch und Sport, Integrationslehrerin VLin Silke Halwachs Volksschullehrerin, pflegerische Betreuung und Verantwortliche für die Nachmittagsbetreuung an der NMS Markt Allhau

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    Andrea Potetz

    Integration in der Neuen Mittelschule Rudersdorf (Burgenland) Am Standort Rudersdorf gibt es seit September 2008 die Neue Mittelschule (NMS). Kinder mit unterschiedlichen Bedürfnissen werden allerdings schon seit vielen Jahren gemeinsam in Rudersdorf unterrichtet. Von diesen langjährigen Erfahrungswerten profitieren wir heute, denn das gemeinsame Lernen von Schüler/innen mit unterschiedlichen Fähigkeiten nimmt eigentlich vorweg, was die NMS auszeichnet. Alle Kinder stehen im Mittelpunkt des Unterrichts. Aufbauend auf die Vielfalt der Lernvoraussetzungen und Lerninteressen soll ein Wir-Gefühl entwickelt werden, in dem Schüler/innen voneinander und miteinander lernen. Wir versuchen, die Unterschiedlichkeit der Schüler/innen nicht als Problem, sondern als Chance zu sehen. Jedes Kind soll gemäß seiner Möglichkeiten Platz in der Klassengemeinschaft finden, wo sich viele Gelegenheiten für soziales Lernen bieten. Durch Rituale als Teil des Unterrichtstages (Feiern, Spielen, tägliche Tagesbesprechung) stärken wir die Sozialkompetenz unserer Schüler/innen. Ziel ist eine Gemeinschaft, in der alle geschätzt werden. Das Verständnis für andere, Toleranz und die Förderung von Kontakten zwischen den Schüler/innen sind Schwerpunkte unserer Schule. Individuelle Förderung geschieht bei uns, in dem Lehrer/innen ein Team bilden, sich jeder Teampartner für alle Kinder der Klasse zuständig fühlt und Integrationslehrer/innen in ihrer Funktion als langjährige Bezugspersonen des behinderten Kindes mit den Kolleginnen/ Kollegen gemeinsam planen und partnerschaftlich unterrichten. Individualisiertes Lernen ist dort möglich, wo Beobachtungen untereinander ausgetauscht werden, wo alle Lehrer/innen ihre eigenen speziellen Fertigkeiten einbringen können und dafür auch geschätzt werden. Natürlich kommen die Lernformen der NMS der Integration sehr entgegen. Die Mischung von Kleingruppenunterricht, partnerschaftlichen Lernformen und projektorientiertem Unter-richt intensiviert das kooperative Verhalten unter den Schüler/innen. Die Kinder mit besonderen Bedürfnissen sind Teil einer gemeinsam zu einem Thema arbeitenden Schüler/innengruppe. Durch diese Unterrichtsformen können alle Möglichkeiten für Querverbindungen genützt werden. Vom Lehrer/innenteam profitieren die Schüler/innen auch in Bezug auf das Ausmaß an Zuwendung, was sich äußerst positiv auf die Motivation und das Selbstvertrauen auswirkt. Die durch die Behinderung bedingte, teilweise eingeschränkte Belastbarkeit der Schüler/innen, kann durch die offenen Unterrichtsformen und durch handelndes Lernen besser aufgefangen werden. Als immer wieder motivierend und aktivierend wird von uns Lehrer/innen der Einsatz computerunterstützter Unterrichtsformen erlebt.

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    Wir versuchen in der NMS eine Unterstützungskultur zu entwickeln, in der hochbegabte Schüler/innen mit leistungsschwächeren Schüler/innen arbeiten und beide davon profitieren, nicht zuletzt deshalb, weil allen Kindern die gleiche Wertschätzung entgegengebracht wird. Unsere Schule soll ein Lern- und Lebensraum sein, in dem menschliche Wärme und positives Lernklima vorherrschen.

    Autorin Andrea Potetz Lehramt für Hauptschule, Integrationslehrerin, Sprachheilpädagogin

  • 30

    Neue Mittelschule: Steirischer Modellversuch Zur Individualisierung von Schullaufbahnen und im Sinne einer Verschiebung der Bildungslaufbahnentscheidung hat der Landesschulrat für Steiermark beginnend mit dem Schuljahr 2008/2009 an allgemein bildenden Schulen in der Steiermark Modellversuche eingerichtet. Das steirische Modell, das in den Regionen Graz, Voitsberg und Murau an allgemein bildenden Schulen zur Anwendung kommt, umfasst folgende pädagogische Eckpunkte: Die Schüler/innen werden nach Schulstufen oder auch schulstufenübergreifend durch Maßnahmen der inneren und temporär der äußeren Differenzierung individuell gefördert. In den Schularbeitenfächern ist Teamteaching vorgesehen, um einen individuellen und differenzierten Zugang auf das Leistungsvermögen der Kinder zu ermöglichen. Hinsichtlich der Leistungen jeder Schülerin/jedes Schülers hat zumindest zweimal pro Unterrichtsjahr eine ergänzende differenzierende Leistungsbeschreibung zu erfolgen. Weiters ist vorzusehen, dass im Rahmen des Frühwarnsystems eine Verpflichtung zum Besuch eines Förderunterrichtes oder einer sonstigen Fördermaßnahme festgelegt wird. In der 3. und 4. Klasse werden Wahlpflichtfächer im Ausmaß von jeweils drei Jahres-wochenstunden als Angebot eingerichtet: Zusätzliche Fremdsprache (Italienisch, Französisch, u. a.), Muttersprachlicher Unterricht, Informatik, Naturwissenschaftliches Experimentieren, Vertiefungsunterricht aus Deutsch, Mathematik und Englisch. Zweimal im Schuljahr ist im Ausmaß von je einer Woche Projektunterricht in zwei Kursphasen vorgesehen, der die konzentrierte Beschäftigung mit einem Thema zum Inhalt hat. Alltägliche, kulturelle und politische Themenstellungen sind möglich. Die Inhalte sind mit dem Unterricht außerhalb der Kursphase verschränkt. Auch Phasen des offenen Unterrichtes können klassen- und stufenübergreifend erfolgen. In Kleingruppen soll geziel-ter Förderunterricht einerseits sowie Begabungsförderung andererseits ermöglicht werden. Die Integration von Kindern mit Behinderungen wird in gemeinsamer Verantwortung von Fachlehrer/innen und Sonderschulpädagoginnen/pädagogen umgesetzt. In eigenverantwortlichen Schulstufenteams beraten und planen Lehrer/innen einer Schulstufe gemeinsam im Ausmaß von jeweils zwei Stunden pro Woche. Abschlüsse: Der erfolgreiche Abschluss der 8. Schulstufe ist je nach Erreichen des Bildungsziels der Hauptschule oder der allgemein bildenden höheren Schule mit den Berechtigungen des erfolgreichen Abschlusses der Hauptschule oder der allgemein bildenden höheren Schule verbunden. Die Schulnachrichten und Zeugnisse haben als Schulart die Bezeichnung des jeweiligen Schulmodells zu enthalten und die mit dem Abschluss verbundenen Berechtigungen auszuweisen. Entsprechendes gilt für die 5. bis 7. Schulstufe, wenn die Schülerin/der Schüler in die 6., 7. oder 8. Schulstufe einer Schule wechselt, die kein Modellversuch im oben angeführten Sinne ist.

    Quelle Landesschulrat für Steiermark

  • 31

    Ursula Komposch

    Nichts ist unmöglich! Keine Pausenglocke, zwei Hofpausen zu je 20 Minuten, jeden Tag offenes und selbstbestimmtes Lernen, wöchentliche Teamsitzungen für Lehrer/innen, ein Zeugnis auch für Lehrer/innen … das und vieles mehr wurde innerhalb nur eines Jahres in der Neuen Mittelschule St. Leonhard in Graz realisiert. Die Ausgangsposition im Schuljahr 2004/05 war eine ganz andere – zwei Hauptschulen in Graz wurden aus ökonomischen Gründen zusammengelegt. Zwei Lehrer/innenkollegien mussten, ob sie wollten oder nicht, zu „einem“ werden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und der Chance an der Modellregion Graz-NMS teilzunehmen, wurde etwas Neues und Spannendes daraus. Die NMS St. Leonhard hat mittlerweile sieben Klassen, wobei sechs davon Integrations-klassen sind. Die ersten beiden Klassen werden im Modell der Neuen Mittelschule inklusiv geführt. Inklusiv im schulischen Bereich heißt in diesem Fall, dass alle Schüler/innen ihren Bedürfnissen gemäß in einer Klasse gemeinsam unterrichtet werden Wie das geht? Die Rahmenbedingungen bieten, die jede Schülerin/jeder Schüler braucht. An unserer Schule heißt das konkret: v Jeder Tag startet mit einem „Lesefrühstück“. Jede Schülerin/Jeder Schüler darf die

    ersten Minuten des gemeinsamen Schultages mit der Lektüre eines Buches ihrer/seiner Wahl beginnen und dabei trinken und essen. Viele unserer Schüler/innen lesen zuhause wenig und haben kaum noch Lesevorbilder. Außerdem kommen sie häufig ohne Frühstück in die Schule. Mit einem regelmäßigen Lesefrühstück kann man beidem entgegenwirken – übrigens liest auch die Lehrerin/der Lehrer.

    v Nach 15 Minuten wird mit dem Ertönen eines Signals die Lektüre beiseite gelegt und alle Kinder beginnen mit dem im Stundenplan verankerten Block zum „Offenen Lernen“. Dieser fächerübergreifende Unterricht (Mathematik, Deutsch, Englisch, Biologie, Geografie) sieht so aus, dass für jede Schülerin/jeden Schüler individuell ein Tages- oder Wochenplan erstellt wird, bei dem sie/er selbst einteilen muss, wann was erledigt wird. Die Lehrer/innen geben die Inhalte vor und stimmen die didaktischen Möglichkeiten so ab, dass alle Lerntypen angesprochen werden. Zu Beginn des Schuljahres wurde ein Lerntypentest durchgeführt und jede Schülerin/jeder Schüler konnte ihren/seinen Lerntyp ermitteln. Einheiten zum „Lernen lernen“ entsprechend den Ergebnissen des Lerntypentests werden in drei Blöcken zu je vier Stunden angeboten und die Kinder werden immer wieder darauf hingewiesen lerntypengerecht zu arbeiten. Nach diesem ersten Lernblock von ca. zwei Stunden folgt eine 20-minütige Hofpause, an die wieder ein Block von zwei Schulstunden anschließt.

    v Mehrmals im Jahr werden Projekte durchgeführt, wie z. B. in diesem Jahr das Europaprojekt oder das Gesundheitsprojekt. Dafür bilden sich Lehrer/innenteams, die unabhängig vom Stundenplan agieren können.

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    v Im Bereich des Sozialen Lernens werden der Klassenrat und der „Streitteppich“ angeboten. Der „Streitteppich“ liegt für alle Kinder zugänglich an einer bestimmten Stelle im Klassenzimmer. Zu vorgegebenen Zeiten, z. B. in der sozialen Lernstunde oder wenn es die Situation verlangt, wird der Teppich zum Synonym für einen Streit. Mit vier Sesseln wird ein kleiner Innenkreis gemacht, mit den restlichen Schüler/innensesseln ein Außenkreis arrangiert. Im inneren Kreis sitzen die zwei Schüler/innen, die einen Konflikt austragen und eine Lehrperson, die das Gespräch moderiert. Ein Platz bleibt für den Fall frei, dass eine Schülerin/ein Schüler vom äußeren Kreis eine Meinungsäußerung zum Vorfall hat, der gerade besprochen wird. Diese klare Struktur ist für alle Beteiligten von großer Bedeutung. Die Regeln müssen für alle nachvollziehbar sein. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass diese Art der Konfliktbewältigung in den Klassen sehr gut angenommen wird.

    v Ein weiterer Schwerpunkt an unserer Schule liegt in der Organisation der Schulstufenteams. Diese treffen sich mindestens alle 14 Tage zu einer mehrstündigen Teamsitzung zur gemeinsamen Koordination und Reflexion. Das Projekt „Kritischer Freund/Kritische Freundin“ ermöglicht kollegiale Hospitation zu konkreten Beobachtungszielen mit anschließender Reflexion des Unterrichts.

    Am Ende des ersten Schuljahres werden die Schüler/innen in Leistungsgruppen (AHS, HS) eingeteilt, aber weiterhin binnen differenziert unterrichtet. Die Schüler/innen bekommen die Möglichkeit ihre Lehrer/innen zu beurteilen und ihnen ein Zeugnis auszustellen, damit auch Lehrer/innen lernen können, sich im Unterricht und Lehrverhalten zu verbessern.

    Autorin Mag.a Ursula Komposch Sonderschullehrerin, HS Graz-St. Leonhard

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    Eigenverantwortliches Lernen 35. Woche: 4.5. – 7.5.09 Name: ______________________________________________________________________

    24. Wochenplan

    Arbeitsauftrag U

    E

    1 ) Worksheet 2 ) e-learning (Suche 3 Übungen unit 16 aus ) 3 ) e-learning (Suche 3 Übungen unit 15 aus )

    D

    1. Suche dir ein Muttertagsgedicht aus und übertrage es ins Texteheft! 2. Spiele das Legespiel „Akkusativ“. Bilde Sätze und setze das Satzglied im

    Akkusativ ein! Schreibe die Sätze ins FA-Heft! 3. * Bilde Sätze mit den Satzkärtchen (6 sinnvolle Sätze mit Dativ!)

    Schreibe sie ins FA-Heft! M

    Schreibe die Beispiele in dein Freiarbeitsheft: 1. Für alle: Buch S 158 / 989, 990 2. Für HS: Buch S 158 /992, 993a, b

    159/ 1002 3. Für AHS: Buch S 158 / 994, 996, 998, 159 / 1000, 1004 4. Übung am PC: Flächenmaße umwandeln: HS und AHSà beide Übungen 1 HS und AHS à beide Übungen 2 AHS à beide Übungen 5

    GW Leben vom Meer: Beantworte die Fragen des Arbeitsblattes mit Hilfe des Buches (ab S 30) Klebe das ausgefüllte Blatt in dein GW-Heft

    BU • Fülle den Lückentext aus! • Schneide aus Zeitschriften einen Mann und eine Frau aus und ordne die

    Sätze vom Arbeitsblatt richtig zu!

    Wenn du alle Arbeiten erledigt hast: Ø Lies in deinem Buch weiter Ø Matherätsel (wähle den geeigneten Schwierigkeitsgrad): Gib dein

    bearbeitetes Blatt mit Angabe deines Namens ab

    Hau

    sübu

    ng

    Montag:4.5. à Englisch: Steht auf der Tafel Dienstag: 5.5.. à Mathematik: Ins HÜ – Heft: S 72/ 565, 566 (im orangen Buch) Mittwoch: 6.5.. à Deutsch: Lerne das Muttertagsgedicht aus dem Texteheft bis Freitag auswendig! Donnerstag: 7.5. à Arbeiten fertig stellen

    v Arbeite leise à flüstere ! * ist für AHS - Zusatz

    v Viel Freude bei der Arbeit! ☺

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    Anita Kroißenbrunner

    Als AHS-Lehrerin in einer Integrationsklasse – die Möglichkeiten und Chancen der Neuen Mittelschule Ein persönlicher Erfahrungsbericht Die Zeit der Entscheidungsfindung Die Entscheidung, mich als AHS-Lehrerin (Deutsch/Englisch) für die Neue Mittelschule zu bewerben, war eine reiflich überlegte und sehr bewusste. Nachdem ich bereits im Jänner 2008 den „Modellplan Steiermark“ für den Modellversuch „Neue Mittelschule“ auf der Homepage des Landesschulrates für Steiermark genauer „studiert“ hatte, wuchs mein Interesse für diese „neue Schule“ immer stärker. Es waren die dort beschriebenen Prinzipien der Individualisierung und der inneren Differenzierung des Unterrichts, die Möglichkeit, Kinder mit unterschiedlichen und besonderen Bedürfnissen, wie jenen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, nicht deutscher Muttersprache oder unterschiedlicher Religionen und Ethnien (vgl. Modellplan, Jänner 2008) zu unterrichten, das Teamteaching oder last but not least das neue Berufsbild, um nur einige Punkte zu nennen, die mich an diesem Modell besonders interessierten. Dass ich im Zuge dessen auch mit Integrationskindern arbeiten würde, sah ich als neue Herausforderung an. Nach meinem Erststudium in Graz studierte ich an einer Deutschen Universität Klinische Linguistik mit Nebenfach Psychologie und arbeitete anschließend mehr als zehn Jahre lang in einer großen Rehabilitationsklinik für Neurologie, Neuroorthopädie, Schmerztherapie und Kinderrehabilitation in einem interdisziplinären Team. Allerdings war ich bei meiner Arbeit als Sprachtherapeutin an ein Einzelsetting gewöhnt und schon sehr gespannt auf die Erfahrungen in einem großen, sehr heterogenen Klassenverband. Und dann ging es los Meinem ersten Schultag am 08. September 2008 in der NMS Andritz, Graz, sah ich mit Neugierde und Interesse entgegen. Gemeinsam mit meinen Teamkolleginnen/-kollegen in den Fächern Deutsch und Englisch, den Integrationslehrer/innen und dem Stufenteam startete ich also in das neue Schuljahr. Das Kennenlernen und Arbeiten mit den Schüler/innen war für mich gleich von Beginn an eine schöne Erfahrung. In meinen Klassen hatte ich durchschnittlich 26 Schüler/innen, in jeder Klasse vier Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Ich war erstaunt, wie gut viele Schüler/innen mit SPF sowohl sozial als auch im Hinblick auf ihre schulischen Leistungen bereits gefördert waren oder wie schnell Schüler/innen, die erst kurze Zeit in Österreich lebten, eine gute mündliche Kompetenz der deutschen Sprache erworben hatten. Und ich sah, wie Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen sich

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    bemühten, den Anforderungen der Schule mit Eigenständigkeit und Verant-wortungsbewusstsein auch ohne Lernhilfe gerecht zu werden. Das war die eine Seite der Medaille. Natürlich gab auch die Kehrseite. In meinen Klassen hatte ich auch Schüler/innen, die den Anforderungen von Lernen und sich Entwickeln im Klassenverband von Beginn an nicht gerecht werden konnten. Es gab einige Schüler/innen mit klaren Zeichen von Aufmerksamkeitsdefiziten und Verhaltensauffälligkeiten, die die „Lehrer/innen-Schüler/innen-Teambildung“ einer starken Bewährungsprobe aussetzten und auch die Unterstützung von Betreuungslehrer/innen oder die Rücksprache mit jenen Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten erforderlich machten, die diese Schüler/innen bereits im Vorfeld betreuten. Auch mit meiner eigenen Rolle im Klassenverband musste ich mich beschäftigen. Die Funktion einer Therapeutin mit der einer Lehrerin zu tauschen, war nicht so schwierig. Schwieriger war es da schon, gleichzeitig für 26 Schüler/innen Ansprechpartnerin zu sein, das Interesse einer größtmöglichen Schüler/innenzahl für die vorgetragenen Inhalte zu wecken und aufrecht zu erhalten und die Interaktion der Schüler/innen untereinander und zu mir so zu fördern, dass ein sinnstiftender Unterricht möglich war. Gerade in den ersten Wochen formierte sich das Lehrer/innen- Team ganz wesentlich. Bei der Umsetzung der im Modellplan fixierten Prinzipien brauchten alle die Unterstützung aller Teampartner/innen. Das „Wissen der Vielen“ zusammenzutragen, wurde groß-geschrieben. Rollen und Aufgabenbereiche (z. B. „Was macht eine AHS-Lehrerin in einer Integrationsklasse? Ist sie auch für die Schüler/innen mit SPF zuständig?“) mussten definiert und nach einiger Zeit evaluiert werden. In unserem Team kamen wir zu der Lösung, dass die Integrationslehrer/innen in Bezug auf den Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung und Schularbeiten natürlich stets für die Kinder mit SPF die Verantwortung übernehmen, dass aber im Unterricht im Klassenverband, bei Partner- und Gruppenarbeiten „alle für alle“ verantwortlich sind. Gruppen werden variabel gebildet. Die Begabtenförderung, um auch diesen Punkt noch kurz zu erwähnen, erfolgt im Rahmen der Differenzierung des Unterrichts und wurde ab dem zweiten Monat nach Schulbeginn intensiviert. Das erste Jahr ist fast geschafft Es ist kaum zu glauben, aber das erste Jahr in der NMS neigt sich dem Ende zu. Die Schüler/innen in ihrer Vielfältigkeit, die Kolleginnen/Kollegen mit ihrem sehr persönlichen und unverwechselbaren Unterrichtsstil, ein Schulmodell, das eine große Bandbreite an Entwicklung, Förderung und Eigenständigkeit für alle Schüler/innen mit und ohne SPF ermöglicht, ein Schulklima, das förderlich für die Psychohygiene jener ist, die in diesem „Mikrokosmos“ arbeiten, alle diese Punkte haben mich meine Entscheidung, als AHS-Lehrerin in die NMS zu gehen, nicht bereuen lassen. Ich bin gespannt auf das neue Schuljahr, freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit meinem Stufenteam und bin weiterhin neugierig auf die Entwicklungen, die wir alle machen werden.

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    Autorin MMag.a Anita Kroißenbrunner AHS-Lehrerin, Klinische Linguistin Von 1996 bis September 2008 Sprachtherapeutin im Bereich Neurorehabilitation, Praktikumsleiterin für Studentinnen und Studenten der Karl-Franzen-Universität Graz – Sprachwissenschaftliche Fakultät, Betreuerin von Bachelorarbeiten an der FH Joanneum, inner- und außerbetriebliche Fortbildungstätigkeit, 2001 Abschluss des Psychotherapeutischen Propädeutikums, Fortbildungen im Bereich Führungskräftetraining und Teamorganisation

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    Franz Spiesberger

    Modellversuch Neue Mittelschule und Integration Integration ist ein Menschenrecht – die Rahmenbedingungen in dem neuen Schulmodell unterstützen die Integration Die schulische Integration ist ein unverzichtbares Mittel, um eine umfassende gesellschaftliche Integration aller Menschen zu schaffen. Sie ist daher auch ein Anliegen der Neuen Mittelschule und die organisatorischen und pädagogischen Bedingungen kommen der integrativen Beschulung sehr entgegen: Im neuen Schulmodell ist Heterogenität Normalität Verschiedenheit bezieht sich nicht nur auf das Merkmal „Behinderung-Nichtbehinderung“, sondern auf die gesamte Bandbreite gesellschaftlicher Buntheit. Heterogenität ist die Normalität und wird als Ausgangspunkt des Lernens betrachtet. Es ist eine besondere Herausforderung für die Lehrerinnen und Lehrer in der heutigen Zeit diese Heterogenität auch in der Schule zu bewältigen. Das neue Schulmodell beruht auf diesem Grundsatz. Was sind nun die zentralen Punkte des Rahmenkonzeptes: v Wohnortnahe Beschulung v Individualisierung und Differenzierung v Keine Leistungsgruppen v Teamteaching v Fächerübergreifender- und fächerverbindender Unterricht v Vernetztes Lernen v Methodenvielfalt v Lehrer/innenteams in flexiblen Lerngruppen v Zusatzangebote und Wahlmöglichkeiten durch Module und Wahlpflichtfächer v Förder- und Fordersystem (maßgeschneiderter Unterricht für unterschiedliche

    Interessen und Begabungen) v Keine Über- oder Unterforderung der Kinder v Projektorientiertes und selbstständiges Arbeiten v Ganztägige schulische Betreuung v Zusätzlich zum Notensystem zweimal jährlich differenzierte Leistungsbeschreibung

    (Portfolio, Pensenbuch …)

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    Lehrplan In den Neuen Mittelschulen sollen die Schülerinnen und Schüler dieselben Chancen und Möglichkeiten erhalten, wie sie Schülerinnen und Schüler in einer gymnasialen Unterstufe gewährt werden. Grundsätzlich werden sie nach dem Lehrplan der Sekundarstufe I unterrichtet. Stellt sich trotz entsprechender Fördermaßnahmen eine Überforderung des Kindes heraus, kommt der entsprechend differenzierte Lehrplan der Hauptschule (Lehrplan der II. Leistungsgruppe bzw. der III. Leistungsgruppe) oder der Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule bzw. nach entsprechender Beobachtungsphase und SPF Bescheid der Lehrplan der Sonderschule für schwerstbehinderte Kinder zur Anwendung. Berechtigungen und Zeugnisse Am Ende der vierten Klasse (8. Schulstufe) erhalten alle Schülerinnen und Schüler, die in allen Unterrichtsgegenständen den Anforderungen des Lehrplans der Sekundarstufe I bzw. des Lehrplans der Hauptschule wie 2. Leistungsgruppe mindestens „Gut“ entsprechen, ein Abschlusszeugnis, das sie zum Besuch einer realgymnasialen Oberstufe, sowie einer berufsbildenden mittleren und höheren Schule berechtigt. Wird in einem Wahlpflichtgegenstand ab der 7. Schulstufe eine zusätzliche Fremdsprache positiv abgeschlossen, so berechtigt dies zum Besuch einer gymnasialen Oberstufe. Es gibt in den einzelnen Schulstufen die Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung. In allen anderen Fällen gelten die Bestimmungen wie bisher. Evaluation Eine wissenschaftliche Begleitung, Evaluation und Qualitätssicherung ist vorgesehen. Diese erfolgt einerseits durch das BIFIE-Graz und andererseits durch den Landesschulrat in Zusammenarbeit mit den Pädagogischen Hochschulen. Oberösterreich bietet eine zusätzliche Variante an Es ist möglich auch die Nahtstelle Volksschule-Hauptschule (NMS) neu zu gestalten. Volksschullehrer/innen können stundenweise in der 1. Klasse der NMS bzw. Hauptschullehrer/innen schon im Unterricht der 4. Klasse Volksschule eingesetzt werden. Wir wissen, dass gerade Kinder mit einem SPF eine besondere Beziehung zu ihren Lehrpersonen aufbauen. Durch das frühzeitige Kennenlernen von Hauptschullehrern/innen bzw. durch die Begleitung durch die Volksschullehrerin/den Volksschullehrer (auch Sonderschullehrer/in möglich) können Ängste und Schwierigkeiten beim Übertritt besser bewältigt werden. Mögliche zukünftige Beschulung von Kindern mit SPF auch in höheren Schulen Durch das Mitwirken der AHS- und BHS-Lehrer/innen am integrativen Unterricht und durch die Einblicke in die Methodenvielfalt, die diese dadurch erhalten, könnten Zweifel und Befürchtungen abgebaut werden und so für Kinder mit SPF über die 8. Schulstufe hinaus

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    in Zukunft die Türen zu höheren Fachschulen, berufsbildenden höheren Schulen oder zur AHS offen stehen.

    Autor Franz Spiesberger Sonderschuldirektor – Direktor der Nikolaus Lenau Schule Gmunden, Leiter des Sonderpädagogischen Zentrums Gmunden-Nord, Mitarbeiter in der Stabstelle Pädagogik, die in Oberösterreich für das Rahmenkonzept „Oberösterreichische Mittelschule“ verantwortlich ist

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    Werner Franz

    Ein Jahr Integration an der Neuen Mittelschule (NMS) Ein persönlicher Rückblick aus der Sicht des Integrationslehrers „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“ Albert Einstein Im nachfolgenden Bericht möchte ich meine Eindrücke und Erfahrungen von einem Jahr Integration in der NMS am Standort der Pädagogischen Hochschule Klagenfurt schriftlich darlegen. Nachstehendes schildert also – der Überschrift entsprechend – ausschließlich Erlebtes aus meiner subjektiven Warte. Meine Vorgeschichte Im Frühjahr 2008 wurde mir die Stelle eines Integrationslehrers im neuen Schultyp NMS an der PH Klagenfurt angeboten. Da der Jahrgang der I-Klasse an meiner damaligen Hauptschule mit Ende des Schuljahres auslief, war ein unkomplizierter Schulwechsel möglich. Vorgespräche mit der Direktorin der Praxishauptschule der PH-Klagenfurt lösten in mir Begeisterung für diese neue Sache aus. Ich fand es toll, dass man bei der Entwicklung eines Gesamtschulkonzepts in der Sekundarstufe die schulische Integration nicht nur berücksichtigt, sondern als Selbstverständlichkeit ansah. Das Logo der NMS, welches den Leitsatz „eine runde Sache“ beinhaltet, klang für mich sehr stimmig. Das zukünftige Team arbeitete schon fast ein Jahr am Konzept dieser neuen Schulform. Ich selber nahm an den Konferenzen und Veranstaltungen in den letzten Schulwochen teil. Der Start Ein guter Start braucht Vorbereitungen. So wurden Eltern und Kindern bereits vor den Ferien zu einer Informationsveranstaltung zum Konzept der NMS eingeladen. Es gab über siebzig Anmeldungen für die geplante Klasse. Die Direktorin der Praxishauptschule der PH-Klagenfurt und der Direktor des BORG-Hubertusstraße stellten den neuen Schultyp als „VERBUNDMODELL NEUE MITTELSCHULE“ vor. Lehrer/innen aus beiden Schulen sollten gemeinsam in dieser Klasse unterrichten. Die NMS Klasse sollte sich im Verhältnis von ca. zwei Dritteln aus Schüler/innen mit AHS-Reife, einem Drittel aus Schüler/innen mit HS-Reife und vier Integrationsschüler/innen zusammensetzen. Auch die Geschlechterverteilung fand ihre Berücksichtigung.

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    Schlussendlich startete die NMS an der PH-Klagenfurt dann mit zwei Klassen, wobei eine Klasse als Integrationsklasse eröffnet wurde. Die klassenführende Lehrerin der Integrationsklasse und ich stellten uns dann am Beginn des Schuljahres den Eltern und ihren Kindern vor, betonten, dass mit Hilfe von neuen Lernformen ein individualisierter Unterricht durchgeführt werden wird, bei dem jede Schülerin/jeder Schüler nach ihren/seinen individuellen Bedürfnissen beschult werden wird. Ferner wurde betont, dass die klassenführende Lehrerin und der Integrationslehrer gleichwertige Ansprechpartner/innen für die Eltern sind. Ich selbst nahm Stellung zu Fragen der Eltern bezüglich meiner Funktion in der Klasse. Ich wolle individuelle Hilfestellungen für alle Schüler/innen anbieten unter dem Motto: „Die Schwachen fördern, die Starken fordern“. Die ersten Wochen waren für mich dann eine Zeit intensiven Beobachtens. Ich kannte die Kolleginnen/Kollegen nicht (es waren sehr viele), die Schüler/innen waren neu, nur die Integrationsschüler/innen kannte ich schon ein wenig auf Grund von Hospitationen aus dem vergangenen Schuljahr und Gesprächen mit deren ehemaligen Lehrer/innen. Den Unterricht in den ersten Wochen übernahmen und organisierten in den Hauptgegenständen fast ausschließlich die Lehrer/innen aus der Praxishauptschule. Die Lehrer/innen aus dem BORG – und auch ich standen assistierend zur Seite. Gemeinsame Planungsgespräche wurden von meiner Seite erbeten, aus Zeitgründen jedoch von meinen Kolleginnen und Kollegen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Von einigen Lehrer/innen bekam ich einen Ausdruck der Stundenziele der nächsten Woche. Bei einer Konferenz nach etwa vier Schulwochen fragte ich, ob es ein pädagogisches Konzept gäbe, welches Didaktiken und Methoden vorgibt, um einen Unterricht bewerkstelligen zu können, der ein so heterogenes Klassenprofil abdeckt. Es wurde gesagt, dass es noch keines gäbe, man bat mich um Geduld. Räumlichkeiten – Ausstattung Die neu möblierte Klasse mittlerer Größe hat zusätzlich noch einen geräumigen Gruppenraum mit einer Eckbank, Aufbewahrungsfächern und mehreren Arbeitstischen. In beiden Räumen befinden sich auch insgesamt vier PC-Arbeitsplätze mit Internetanbindung und Netzwerkdrucker und einem Beamer. Neben dem Gruppenraum – mit einer Tür verbunden – befindet sich ein Besprechungsraum für alle Lehrer/innen der NMS. Kreisförmig angeordnet stehen Tische, die Platz für ca. 12 Personen bieten. Auch hier befinden sich ein PC-Arbeitsplatz und zwei Netzwerkdrucker. Mittlerweile gibt es auch schon einen Kasten für Unterrichtsmaterialien. Die Schule ist zusätzlich gut ausgestattet mit Räumen für Gegenstände wie Biologie, Geographie, Informatik, Musikerziehung etc. Für die Freizeitgestaltung stehen ein Turnsaal, ein großer Sportplatz, der Gruppenraum und auch ein Tischfußball am Gang zur Verfügung. Der Stundenplan Es handelt sich bei der NMS an der PH-Klagenfurt um eine ganztägige Schulform mit verschränkter Unterrichtszeit. Freizeit und Lernzeit (Schulische Tagesbetreuung, kurz STB) sollen sich mit normaler Unterrichtszeit abwechseln. Verpflichtend für die

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    Schüler/innen, den ganzen Tag die Schule zu besuchen, sind jedoch nur der Montag und der Mittwoch. An diesen Tagen ist auch am Nachmittag regulärer Unterricht. An den übrigen Tagen wird das Nachmittagsangebot sparsamer genutzt, am Freitag sind überhaupt nur fünf Schüler/innen anwesend. Ferner ist noch zu erwähnen, dass das Ganztagesangebot für die Eltern mit Kosten verbunden ist. Die STB fächert sich in Lernzeiten (LZ), in denen die Schüler/innen ihre Hausübungen machen und sonstige schulische Sachen erledigen, in gegenstandsbezogene Lernzeiten (GBLZ), in denen die Schüler/innen spezielle Lernangebote aus den Gegenständen M, D, und E erhalten und Freizeit (FZ). Für die Gestaltung meines Stundenplanes hatte ich freie Hand. Ich ordnete mich den Hauptgegenständen (D, M, E) und den Gegenständen Informatik, GW, BU und Technisches Werken zu. Auch beim Gegenstand Soziales Lernen war ich dabei. Zusätzlich war ich auch vier Stunden während der Lernzeit anwesend.

    Nach acht Wochen Schulzeit wurden stundenplanmäßig Freiarbeitsphasen eingeführt (Dienstag bis Freitag jeweils in der ersten Stunde). Alle Schüler/innen bekamen am Dienstag jeder Woche einen Wochenplan, der Lernaufträge aus den Gegenständen M, D, E und Religion enthielt und ein Pensenblatt, in dem erledigte Aufgaben von anwesenden Lehrer/innen abgezeichnet wurden. Zusätzlich gab es einen Vordruck für Reflexionen über die geleistete Arbeit. In der Klasse befand sich eine Pinnwand, auf der sich die Schüler/innen die Planarbeit zeitlich strukturieren konnten. Mit Farbsymbolen für die

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    jeweiligen Gegenstände legten die Schüler/innen ihre Arbeitsplanung in einem Wochenkalenderraster. Ich persönlich schätzte diese Arbeitsform sehr, da sie individuelles Lernen ermöglichte, soziale Integration zuließ und die Arbeitstugenden der Schüler/innen förderte.

    Die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern Die Klasse ist in der Tat ein sehr „bunter Haufen“. Neben den vier Integrations-schüler/innen gibt es in etwa zu gleichen Teilen Schüler/innen mit AHS-Reife und HS-Reife. Es gibt einen Schüler, der die Klasse wiederholt (ehem. AHS-Schüler), einige ausgewiesene Legastheniker, viele Schüler/innen mit Migrationshintergrund, Schüler/in-nen mit besonderen Begabungen und auch verhaltensschwierige Kinder. Die Tatsache, dass ich auch in der STB mitarbeitete, begünstigte bei allen Schüler/innen die Akzeptanz des Integrationslehrers als „vollwertiger“ Lehrer innerhalb des Kollegiums. Ich selbst versuchte hier mit gezieltem Freizeitangebot wie Bücher binden, gemeinsames Musizieren, Drachen bauen und speziellem Angebot am PC die Ganztagsschule für die Schüler/innen attraktiv zu gestalten und Verbindungen zum „normalen“ Unterricht zu schaffen. Der rege Austausch mit allen Eltern beugte eventuellen Vorurteilen gegenüber einer Integrationsklasse vor. Die Integrationsschüler/innen sind laut Bescheid in allen Gegenständen nach dem Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule zu unterrichten und zu beurteilen. Laut späterer

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    Information sind diese Schüler/innen mit Bedacht „ausgesucht“ worden, damit die Etablierung dieser neuen Schulform nicht zusätzlich erschwert wird. Die Integrationsschüler/innen waren es aus der Grundschule gewohnt, am gemeinsamen Unterricht teilzunehmen. Anfangs – und auch heute noch – gestaltete sich der gemeinsame Unterricht auf Grund mangelnder gemeinsamer Vorbereitung des Lehrer/innenteams recht schwierig und ich konnte nur aus dem Stegreif Lerninhalte auf die Bedürfnisse der Integrationsschüler/innen adaptieren. Oft reduzierte sich das auf das berühmte „Ein-bisschen-weniger und Ein-bisschen-langsamer“. Vielfach wurden und werden die Stunden der individuellen Lernzeit dafür verwendet, dass ich den Stoff des Tages den Integrationsschüler/innen noch einmal darbot und individualisierte. Im Laufe des Schuljahres begann ich, mit „meinen“ Schüler/innen – angelehnt an das Portfoliokonzept – gemeinsam Lernziele zu vereinbaren, dessen Umsetzungen und Ergebnisse dann in einer dicken Mappe gesammelt wurden und werden. Ich selbst orientierte mich bei der Zielformulierung an den Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule, an der beobachteten Leistungsfähigkeit der Schüler/innen, am Unterricht der Kolleginnen /Kollegen und auch an den „Vorlieben und Stärken“ meiner Schützlinge. Die schon oben erwähnte Freiarbeit (Planarbeit) in der ersten Stunde jeden Tages ist für mich eine willkommene Gelegenheit für individualisierten Unterricht. Ich verwende für die Integrationsschüler/innen dieselben Vordrucke und passe die Lernaufträge, die die Klasse von den jeweiligen Fachlehrer/innen bekommt an die Lernziele der Integrations-schüler/innen an. Gleichzeitig stehe ich auch für alle anderen Schüler/innen als helfender Lehrer zur Verfügung. Laut Vorinformation soll diese Freiarbeit nächstes Jahr auf zwei Stunden pro Tag ausgeweitet werden. Die Zusammenarbeit im Klassenlehrer/innenteam In Deutsch, Mathematik und Englisch unterrichten jeweils eine Lehrerin oder ein Lehrer aus dem AHS-Bereich und aus dem HS-Bereich miteinander. Die übrigen Gegenstände werden zu gleichen Teilen von Mittelschullehrer/innen und Hauptschullehrer/innen abgedeckt. Die STB-Stunden sind doppelt besetzt. Das Klassenlehrer/innen-Team ist durch die Doppelbesetzungen sehr groß und fast unüberschaubar. Auch deshalb, da die einzelnen Kolleginnen und Kollegen teilweise nur mit einem Fach in der Klasse tätig sind. Zusätzliches Neuland war für mich, zu dritt in der Klasse zu stehen: Zwei unterschiedliche Schulsparten treffen aufeinander (AHS und APS). Vielfach beschränkte sich meine Rolle im gemeinsamen Unterricht auf das Anbieten individueller Hilfestellungen. Häufig blieb für mich in Phasen des darbietenden Unterrichts nur der Part des „