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Journal Hochschuldidaktik 14 (2003), Nr. 2 15 INTERNATIONALE TRENDS INTERNATIONALE TRENDS BEI HOCH- SCHULDIDAKTISCHEN PROGRAMMEN von Dagmar Schulte --- Bei der intensiven Beschäftigung mit hochschuldidakti- schen Fragen im eigenen Land ist ein „Blick über den Tellerrand“ angesichts der anstehenden innereuropäi- schen Öffnung von Bildungs und Arbeitsmärkten und dem generellen Trend zur Internationalisierung und Globalisierung unabdingbar. Dieser Beitrag versucht, im Folgenden deshalb einen Einblick in hochschuldidakti- sche Angebote und Programme in einer ganzen Reihe von europäischen Hochschulen zu geben. In vielen euro- päischen Staaten hat die Hochschuldidaktik eine lange Tradition und auch einen wesentlich weiteren Verbrei- tungsgrad als in Deutschland gefunden. Damit einher geht auch ein höherer Grad der Ausdifferenzierung und des Entwicklungsniveaus der Angebote. Da die hochschuldidaktische Landschaft jetzt in Bewegung gerät, übergreifende Curricula und gesetzli- che Regelungen zur didaktischen Qualifizierung von Lehrenden eingeführt werden, können die Erfahrungen der europäischen Nachbarn auch der eigenen Entwicklung nutzen. Die im Folgenden nur extrem kurz geschilderten Programme sollten mit Einschränkungen stärker in die bundesdeutsche Diskussion Eingang finden. Folgende Aspekte werden anhand der ausgewählten Programme beschrieben: - Aufbau der Angebote, insbesonde- re Modularisierung und Verzahnung von theoretischen Einheiten mit prak- tischer Erprobung innovativer Lehrpraxis und Beratung/ Austausch/ Feedback - Student centered approach (in der deutschen Diskussion wird dieser Aspekt häufig unter „Perspektiven- wechsel vom Lehren zum Lernen“ diskutiert). Beide Aspekte sind in den unter- schiedlichsten Varianten, aber immer stark ausgeprägt in der Mehrzahl der hochschuldidaktischen Programme vieler europäischer Hochschulen vertreten. Während der student centered approach mittlerweile auch in der deutschen Diskussion eine vorrangige Rolle spielt, besteht das Angebot vielfach immer noch in wenig aufeinander abgestimmten Einzelkursen. Trotz vielver- sprechender Ansätze (vgl. Wildt in diesem Heft), befinden sich die Bemühungen um die Strukturierung der Curricula, verglichen z.B. mit den avancierten Entwicklun- gen in Großbritannien, noch in den Kinderschuhen. Die Staff and Educational Development Association (SEDA), das nationale hochschuldidaktische Netzwerk in Großbritannien, hat die hochschuldidaktische Weiterbil- dung mit grundlegenden Zielen und Werten wie folgt auf den Punkt gebracht: DIE ZIELE UND WERTE VON SEDA ZIELE - Personen bei ihren professionellen Aktivitäten und Entwicklungsabsichten zu unterstützen - Individuelle professionelle Fortschritte anerkennen - Professionelles Handeln voranbringen - Die Erfahrungen von Studierenden erweitern - Die Entwicklung von lernenden Gemeinschaften mit gemeinsamen Werten ermutigen WERTE - Verstehen, wie Menschen lernen - Wissenschaft, Professionalität und ethisches Handeln - Arbeit in und Entwicklung von lernenden Gemeinschaf- ten - Effektiver Umgang mit Verschiedenheit und Förderung von Ganzheitlichkeit - Permanente Reflexion der professionellen Praxis - Entwicklung sowohl von Menschen als auch von Bil- dungsprozessen und –systemen (eigene Übersetzung der Autorin) AUFBAU DER ANGEBOTE Alle hier vorgestellten Programme kombinieren Arbeitsformen wie Workshops, Seminare, und Instruktionseinheiten mit eigenen Praxiserfahrungen bzw. –experimen- ten der Teilnehmenden. Hinzu kom- men unterschiedliche Reflexions- und Evaluationsformen sowie Beratung in Form von kollegialer Beratung/ Intervision, Konsultation von Expert - Innen, Coaching, Mentoring oder Supervision. - Vorherrschend sind aufeinander aufbauende Angebote (z.B. Technische Universität von Dänemark), die auf dem Perspektivenwechsel vom Lehren zum Lernen basieren und von allgemeinen Grundlagen (z.B. Exemplarisches Lernen, Lernziele) zu spezielleren Themen überleiten: Neue Medien, Curriculumplanung und aktivierende Lehr- Lern- Methoden. Dazu kommen oft fachdidaktische Schwerpunkte sowie arbeitsweltliche Aspektemit in den Blick nehmen - Eine Variante dieses Profils stellt die Einteilung in Pflicht IN VIELEN EUROPÄISCHEN STAATEN HAT DIE HOCH- SCHULDIDAKTIK EINE LANGE TRADITION UND AUCH EINEN WESENTLICH WEITEREN VER- BREITUNGSGRAD ALS IN DEUTSCHLAND GEFUNDEN. DAMIT EINHER GEHT AUCH EIN HÖHERER GRAD DER AUSDIFFERENZIERUNG UND DES ENTWICKLUNGSNIVEAUS DER ANGEBOTE.

INTERNATIONALE TRENDS BEI HOCH- Staff and … · Neue Medien, Curriculumplanung und aktivierende Lehr-Lern- Methoden. Dazu kommen oft fachdidaktische Schwerpunkte sowie arbeitsweltliche

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Journal Hochschuldidaktik 14 (2003), Nr. 2 15

INTERNATIONALE TRENDS

IINNTTEERRNNAATTIIOONNAALLEE TTRREENNDDSS BBEEII HHOOCCHH--SSCCHHUULLDDIIDDAAKKTTIISSCCHHEENN PPRROOGGRRAAMMMMEENNvon Dagmar Schulte

---Bei der intensiven Beschäftigung mit hochschuldidakti-schen Fragen im eigenen Land ist ein „Blick über denTellerrand“ angesichts der anstehenden innereuropäi-schen Öffnung von Bildungs und Arbeitsmärkten unddem generellen Trend zur Internationalisierung undGlobalisierung unabdingbar. Dieser Beitrag versucht, imFolgenden deshalb einen Einblick in hochschuldidakti-sche Angebote und Programme in einer ganzen Reihevon europäischen Hochschulen zu geben. In vielen euro-päischen Staaten hat die Hochschuldidaktik eine langeTradition und auch einen wesentlich weiteren Verbrei-tungsgrad als in Deutschland gefunden. Damit einhergeht auch ein höherer Grad der Ausdifferenzierung unddes Entwicklungsniveaus der Angebote.

Da die hochschuldidaktische Landschaft jetzt inBewegung gerät, übergreifende Curricula und gesetzli-che Regelungen zur didaktischen Qualifizierung vonLehrenden eingeführt werden, können die Erfahrungender europäischen Nachbarn auch der eigenenEntwicklung nutzen. Die im Folgenden nur extrem kurzgeschilderten Programme sollten mit Einschränkungenstärker in die bundesdeutsche Diskussion Eingang finden.

Folgende Aspekte werden anhand der ausgewähltenProgramme beschrieben:

- Aufbau der Angebote, insbesonde-re Modularisierung und Verzahnungvon theoretischen Einheiten mit prak-tischer Erprobung innovativerLehrpraxis und Beratung/ Austausch/Feedback

- Student centered approach (in derdeutschen Diskussion wird dieserAspekt häufig unter „Perspektiven-wechsel vom Lehren zum Lernen“diskutiert).

Beide Aspekte sind in den unter-schiedlichsten Varianten, aber immerstark ausgeprägt in der Mehrzahl derhochschuldidaktischen Programmevieler europäischer Hochschulen vertreten.

Während der student centered approach mittlerweileauch in der deutschen Diskussion eine vorrangige Rollespielt, besteht das Angebot vielfach immer noch in wenigaufeinander abgestimmten Einzelkursen. Trotz vielver-sprechender Ansätze (vgl. Wildt in diesem Heft), befindensich die Bemühungen um die Strukturierung derCurricula, verglichen z.B. mit den avancierten Entwicklun-gen in Großbritannien, noch in den Kinderschuhen. Die

Staff and Educational Development Association (SEDA),das nationale hochschuldidaktische Netzwerk inGroßbritannien, hat die hochschuldidaktische Weiterbil-dung mit grundlegenden Zielen und Werten wie folgt aufden Punkt gebracht:

DDIIEE ZZIIEELLEE UUNNDD WWEERRTTEE VVOONN SSEEDDAA

ZZIIEELLEE

- Personen bei ihren professionellen Aktivitäten undEntwicklungsabsichten zu unterstützen

- Individuelle professionelle Fortschritte anerkennen- Professionelles Handeln voranbringen- Die Erfahrungen von Studierenden erweitern- Die Entwicklung von lernenden Gemeinschaften mit

gemeinsamen Werten ermutigen

WWEERRTTEE

- Verstehen, wie Menschen lernen- Wissenschaft, Professionalität und ethisches Handeln- Arbeit in und Entwicklung von lernenden Gemeinschaf-

ten- Effektiver Umgang mit Verschiedenheit und Förderung

von Ganzheitlichkeit- Permanente Reflexion der professionellen Praxis- Entwicklung sowohl von Menschen als auch von Bil-

dungsprozessen und –systemen

(eigene Übersetzung der Autorin)

AAUUFFBBAAUU DDEERR AANNGGEEBBOOTTEEAlle hier vorgestellten Programmekombinieren Arbeitsformen wieWorkshops, Seminare, undInstruktionseinheiten mit eigenenPraxiserfahrungen bzw. –experimen-ten der Teilnehmenden. Hinzu kom-men unterschiedliche Reflexions- undEvaluationsformen sowie Beratung inForm von kollegialer Beratung/Intervision, Konsultation von Expert -Innen, Coaching, Mentoring oderSupervision.

- Vorherrschend sind aufeinanderaufbauende Angebote (z.B.

Technische Universität von Dänemark), die auf demPerspektivenwechsel vom Lehren zum Lernen basierenund von allgemeinen Grundlagen (z.B. ExemplarischesLernen, Lernziele) zu spezielleren Themen überleiten:Neue Medien, Curriculumplanung und aktivierende Lehr-Lern- Methoden. Dazu kommen oft fachdidaktischeSchwerpunkte sowie arbeitsweltliche Aspektemit in denBlick nehmen

- Eine Variante dieses Profils stellt die Einteilung in Pflicht

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und Wahlbereiche (z.B. Universität Oslo, Norwegen) dar.Verpflichtend sind z.B. bei pädagogische Theorien, Lehr-Lern- Theorien, Planung, Lehrmethoden, Beurteil-ung/Evaluation; Wahlbereiche sind u.a.: Laborarbeit,Vorlesung, Forschungssupervision, Programmevaluation,Gruppenarbeit.

- Davon heben sich Konzeptionen ab, deren Schwer-punkt auf der induktiven Entwicklung der Programm-inhalte anhand von Erfahrungen und Bedürfnissen derTeilnehmenden liegt (Beispiele: Universitäten Tromso undBergen, Norwegen).

- Eine weitere Variante vollzieht den Perspektivenwechselvom Lehrprozess zum Lernprozess nach (UniversitätKatalonien, Spanien). Zunächst wird der Lehrprozessreflektiert und bearbeitet, um dann vom Lehren zurLernbegleitung überzugehen. Hinzu kommen Wahlber-eiche mit fachdidaktischen Fragestellungen. Ähnlich inder Struktur: Zwei Einheiten zur Lehrkompetenz, daraufdas Thema Evaluation/Prüfung und schließlich die per-sönliche und berufliche Entwicklung der Lehrenden.Darauf bauen eigene (Forschungs-) Projekte in der Lehreauf (University of East London, Großbritannien).

- Von diesen Varianten wiederum weicht die Gestaltungdes Angebots in voneinander unabhängigen Modulen ander Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich ab.Z.B. befasst sich ein Modul intensiv mit der Gestaltungund Planung von Lehre, ein weiteres setzt sich mit Veran-staltungsformen, Medien und Materialien auseinander.

Die dargestellte Unterschiedlichkeit der Programmebildet die stark differenziertere Hochschullandschaftnach, die sowohl von Land zu Land als auch innerhalb derjeweiligen Länder ausgesprochen variantenreich ist.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Aufbaus ist die Kopp-lung des in den Workshops und Seminaren erworbenenWissens und Könnens mit der eigenen Lehrpraxis in fastallen Programmen. Unterschiede bestehen vor allem inOrganisationsformen und Kopplung mit den bereitserwähnten Programmstrukturen. Unterscheiden lassensich dabei zwei Vorgehens-weisen/ Varianten:

- Semesterbegleitend bzw. semesterintegriert: Die eige-ne Lehre wird kontinuierlich verändert, reflektiert und mitden neu erworbenen theoretischen Kenntnissen konfron-tiert und modifiziert. Dies wird in der Regel mit gegensei-tiger Lehrhospitation und Feedback in der peer groupverwendet. Exemplarisch seien hier genannt z.B. dieUniversitäten Basel (Schweiz) und Bergen (Norwegen).

- Getrennte Theorie- und Praxisphasen: Als häufigsteVariante werden theoriegeleitete Phasen, meist inKompaktform in der vorlesungsfreien Zeit, Phasen prakti-scher Umsetzung, Reflexion sowie Supervision vorge-schaltet. Meistens geschieht dies im Wechsel: In einemTheorieblock wird ein Praxisprojekt initiiert, dieses wirdentweder am Ende reflektiert oder bereits in der

Durchführungsphase durch gegenseitige Hospitation undFeedback laufend reflektiert. Darauf kann dann wiederein Theorieblock folgen, aus dem ein neues Praxisprojektentsteht.

Ein dritter Aspekt des Aufbaus ist die wichtige Rolle, dieBeratung, Austausch und Reflexion während derAusbildung spielen. Unterscheiden lassen sich:

- Beratung durch hochschuldidaktische Experten und Expertinnen,

- Supervision,- verschiedene Formen von kollegialer Beratung, peer

consultation und Intervision,- Beratung durch erfahrene Lehrende des eigenen Fach-

gebietes (Mentor/innen),- die Selbstreflexion (mündlich und schriftlich) sowie - die Rückmeldung durch Studierende.

Alle Programme sehen Mischformen vor, d.h. mehrereFormen von Austausch, Beratung und Reflexion werdengekoppelt. Varianten sind hier u.a.:

- Semesterbegleitende Reflexion eigener Lehrerfahrungals Basis der Qualifizierung, semesterbegleitend mit star-ker Betonung von peer consultation ((Universität Bergen,Norwegen).

- Gegenseitige Lehrhospitation und Lehrfeedback in fest-en Dreierteams, jeweils kontinuierlich von einer hoch-schuldidaktischen Expert/In begleitet. (Universität Oslo,Norwegen).

- Expert/innenberatung kombiniert mit schriftlicherSelbstreflexion basierend auf Lehrhospitation mit Video-aufnahme (Eidgenössische Technische Hochschule,Schweiz).

- Die Demonstration/Präsentation von Lehrveranstaltun-gen durch erfahrene Lehrende mit gemeinsamer Reflex-ion und Transferüberlegungen, gekoppelt mit gegenseiti-ger Unterrichtshospitation durch peers und Intervisionsowie schriftliche Reflexion und Gruppenreflexion (Tech-nische Universität Dänemark; Universität Basel, Schweiz).

- Beratung durch hochschuldidaktische Expert/innen inKombination mit Betreuung durch Mentor/innen aus denFächern und kollegialer Beratung sowie studentischerVeranstaltungskritik (Universität Aalborg, Dänemark).

Inspirierend für die bundesdeutsche Diskussion kannhier vor allem In Bezug auf die Ausrichtung auf theoreti-sche Grundlagen und ein reflektiertes allgemeinesVerständnis von Lehren und Lernen sein. Hochschuldid-aktische Qualifizierung erschöpft sich nicht erschöpfen indem Erwerb von Techniken und Methoden, sondern hatdie sinnstiftende Funktion von Lehre, die Sinnhaftigkeitvon Lernen und damit notwendigerweise zusammenhän-gend die Reflexion über das eigene Tun zum Thema.

Die starke Verzahnung Vernetzung von theoretischer

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Qualifizierung mit dem alltäglichen Lehrgeschäft ist einweiterer interessanter Aspekt für die bundesdeutscheDiskussion. Die Die alltägliche Lehre ist Gegenstand derWeiterbildung: die Qualifizierung erfolgt in diesenModellen berufsbegleitend am Arbeitsplatz. und nicht inerster Linie durch ExpertInnen, sondern wiederum durchgegenseitige Qualifizierung unter Gleichen. Dabei erfolgtin den semesterintegrierten Programmen, z.B. denen derUniversität Basel (Schweiz) die unmittelbare Verknüpfungdes theoretisch Gelernten mit der alltäglichen Praxis die„Tauglichkeitsprobe“direkt. Diese Bewäh-rung erlaubt eine stän-dige Anpassung undKorrektur der vonKonzepten und Verfah-ren.

Auffallend und für die bundesdeutsche Diskussion an-regend ist bei in vielen Programmen die starke Betonungder peer consultation die Qualifizierung unter Gleichen.Diese gegenseitige Qualifizierung unter peers zur grund-legenden Arbeitsform zu machenkollegiale Arbeit, hatm.E. mehrere Vorteile: Die vertraute Kenntnis derRahmenbedingungen, der Zielgruppe und der fachlichenProbleme lassen die eigenen KollegInnen zu unschätzba-ren wertvollen Ratgeber/Innen werden. Überdies stärktein Austausch auch die Zusammenarbeit im Fach und hilftbei der Gestaltung neuer Curricula.

Produktiv erscheint auch die gemeinsame Betreuungdes wissenschaftlichen Nachwuchses durch Mentor/innen(d.h. erfahrene Lehrende des jeweiligen Faches) gemein-sam mit hochschuldidaktischen Expert/Innen. Besondersinteressant ist hier die kanadische Entwicklung mit mento-ring - und peer consultant-Programmen. ‚Mentoring‘-Programme sind auf Initiation und Beratung neuer undunerfahrener Lehrender durch erfahrene Lehrende zuge-schnitten. Die peer consultant-Programme zielen dage-gen auf die gegenseitige Beratung von Lehrenden unab-hängig von Alter, Status und Erfahrung.

Anregend ist auch die Idee, bereits in der hochschul-didaktischen Aus- und Fortbildung die Studierenden ander Mitgestaltung der Praxisprojekte zu beteiligen und ihrFeedback einzuholen. Dieser Aspekt vor allem dient demstudent centered approach und ist wesentlich effektiverals alle Evaluationen nach Semesterende.

SSTTUUDDEENNTT CCEENNTTRREEDD AAPPPPRROOAACCHHDieser Ansatz durchzieht sämtliche hier vorgestelltenProgramme und ist Teil ihrer Grundstruktur (s. auch dieZiele und Werte von SEDA). Insbesondere die Arbeits-und Lernstrategien in den Programmen zeigen, welchedidaktischen Prinzipien für die Lehre selbst favorisiertwerden; so wird hier weniger Wert auf das Training vonskills and competences gelegt, als auf die Reflexion dereigenen Lehrhaltung und die Fokussierung auf dieLernbedürfnisse der Studierenden. Insgesamt fällt derAnteil an selbstorganisierten Arbeitsformen groß aus.

- Relativ gleichgewichtige Verteilung von Seminar bzw.Workshop Arbeit sowie Gestaltung eigener Projekte undpeer consultation (Universität Bergen, Norwegen).

- Kombination von Instruktionseinheiten (Vorlesungen,Diskussionen, Kurse) und kontinuierlichemr Lehrhospi-tation und Lehr- bzw. feedback in festen Dreierteams mitBe-gleitung durch hochschuldidaktische Expert/innen(Univer-sität Oslo, Norwegen).

- Kombination voninitiierenden Work-shops, anschließen-dem Eigenstudiumgekoppelt mit Grup-penarbeit, gefolgt vonPraxisexperimenten

mit kollegialer und fachlicher Supervision (UniversitätAalborg, Dänemark).

- Kurse verknüpft mit fachlicher und kollegialer Super-vision, dazwischen Phasen der Einzel und Gruppenarbeit(Technische Universität Dänemark).

- Kombination theoretischer Kurse in den Semesterferienmit praxisorientierten Anwendungskursen in zweiAbschnitten: 1. Teil Projektinitiierung, Umsetzung inEinzelarbeit im Semester; 2. Teil Reflexion/Beratung (Uni-versität Katalonien, Spanien).

- Zweistufiges Programm mit Kombination aus Work-shops, kollegialer Gruppenarbeit, LehrbeobachtungHospitation, FLehrfeedback sowie mentoring. Im EigenePraxisprojekte in größerem Umfang werden im Anschlussan die „Grundstufe“ der Ausbildung Durchführung vonPraxisprojekten sowie Selbststudium. sind Reflexionen inForm von Portfolios und eines reflective learning essaysim Anschluss an die Aufbaustufe (University of EastLondon, Großbritannien).

- Das Programm der University of Northumbria andNewcastle (Großbritannien) offeriert darüber hinaus eineArbeitsform, die außergewöhnlich und interessant ist:gegenseitige Interviews der teilnehmenden Lehrendenüber eigene Lernerfahrungen und Lernprozesse.

FFAAZZIITTInsbesondere die starke Verknüpfung von Theorie undTraining einerseits mit praktischer Erprobung und intensi-ver Beratung und Austausch andererseits ist ein wesent-licher Aspekt der anregend auf die bundesdeutscheDiskussion wirkt. Aufeinander aufbauende und miteinan-der verknüpfte Programme scheinen didaktisch sinnvollerzu sein, als beliebig kombinierbare Module ohne Bezuguntereinander.

Der weitere wesentliche Aspekt ist die Zu-sammenar-beit von Hochschuldidaktik und Fachdidaktik, indemBeratung von HochschuldidaktikerInnen systematisch mitMentoringProgrammen verknüpft wird. Als dritter wichti-

DDEERR AANNSSAATTZZ DDEESS SSTTUUDDEENNTT CCEENNTTRREEDD AAPPPPRROOAACCHHDDUURRCCHHZZIIEEHHTT SSÄÄMMTTLLIICCHHEE HHIIEERR VVOORRGGEESSTTEELLLLTTEENNPPRROOGGRRAAMMMMEE UUNNDD IISSTT TTEEIILL IIHHRREERR GGRRUUNNDDSSTTRRUUKKTTUURR

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INTERNATIONALE TRENDS

ger Aspekt ist die starke Betonung der kollegialenBeratung zu diskutieren, die gegenseitige Qualifizierungvon „Gleichen“ (peers). Als letzter interessanter Aspekt istdie laufenden Evaluation der hochschuldidaktischenQualifizierung durch die Studierenden selbst ein interes-santer Gesichtspunkt, der mit Einschränkungen sinnvollerist als die obligatorische Evaluation zu Semesterende.

LLIITTEERRAATTUURR

Berendt, Brigitte: Academic Staff Development (ASD) alsBestandteil von Qualitätssicherung und –entwicklung;Neues Handbuch Hochschullehre, L 2.1., NHHL 1 02 02 05Bouhuijs, Peter A./Keesen, Fried: Preparing UniversityTeachers in the Netherlands: An Overview, DasHochschulwesen Nr. 1 1997, 45. Jg., S. 36 - 39Eidgenössische Technische Hochschule Zürich; Didaktik-zentrum, Schweiz: Lehren an der ETHZ. Engagiert undprofessionell,http://www.diz.ethz.ch/dozierende/sp_dozierende.html; Stand: Sommersemester 2003Goldschmidt, Marcel Lucien: HochschullehrerAusbildungin der Schweiz; Das Hochschulwesen Nr. 1 1997, 45. Jg., S.40 – 42Kreber, Carolin: Hochschuldidaktik gestern, heute – undmorgen?, in: Handbuch Hochschullehre 1997, I 2.9, S. 1 -26Kreber, Carolin: Kollegiale Unterrichtskonsultation, in:Handbuch Hochschullehre 1999, I 2.3, S. 1 – 14Lycke, Kirsten: Faculty Development Activities inNorwegian Universities, in: UNIPED, Nr. 3, 1998, S. 4 – 20Lycke, Kirsten: Faculty Development: Experiences andIssues in an Norwegian Perspective; in: The InternationalJournal for Academic Development, 199, S. 124 – 133Nelissen, Carla/Stes, Ann/Van den Bogaert, Cis/Daniels,Jan: New Approaches in Educational Development at theFlemish Institutions of Higher Education; Vortrag auf derICED Konferenz 2000 in Bielefeld, per EMail mit aktuellenErgänzungen und flämischen Projektpapieren durch A.Stes am 06.06.2001The Open University; Centre for Higher EducationPractice, Großbritannien: Courses in Higher Education:Teaching in Higher education; Course Design in HigherEducation;http://www3.open.ac.uk/courses/bin/p12.dll?C02H850; Version 10.08.2003Universität Aalborg, Dänemark: University Teacher Educa-tion Program for Assistant Professorshttp://www.puc.auc.dk/kurser/adjengelsk.htm, Version10.08.2003Universität Basel, Schweiz: DozierendenprogrammHochschuldidaktik, Version: Sommersemester 2003;http://www.unibas.ch/lehre/didaktik.html; 10.08.2003Universität Katalonien, Spanien: ProFi: Initial TrainingProgramme, Stand Sommersemester 2001, unveröffent-lichtes Projektpapier, per EMail von Miguel Valero, Institutde Ciències de l'Educació, UPC, 11.05.2001Universität von Jyväskylä, Finnland: OPLAA!Development Project for the quality of teaching,Projektpapier veröffentlicht im Universitätsmagazin derUniversität von Jyväskylä im Frühjahr 2001, per EMail von

J. Rantamäki, Universität von Jyväskylä am 29.06.2001Webler, Wolff Dietrich: Vorbereitung auf die akademischeLehre: Einige Rahmenbedingungen ihrer Entwicklung inDeutschland; Das Hochschulwesen Nr. 1 1997, 45. Jg., S.13 – 17