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Foto: Ivonne Rammoser MARKETING I KOSTEN I LOGISTIK 42 HCM 5. Jg. Ausgabe 12/2014 INTERVIEW MIT JOSEPH M. DUDAS „Wir sind ein Vermittler“ Joseph M. Dudas, Vice Chair of Category Management, Mayo Clinic Health System, erklärt im Gespräch mit Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff und Wilhelm Schleibach, wie die Mayo Clinic (Rochester, MN) in den letzten Jahren große Einsparungen im Einkauf erzielen konnte und dabei gleichzeitig den Patientennutzen in den Mittelpunkt stellte. HCM: Welche Rolle spielt eine Einkaufs- und Logistikabteilung bei den strategi- schen und operativen Entscheidungspro- zessen der Mayo Clinic? Dudas: Für die Mayo Clinic ist die Versor- gungskette ein Ablauf, der sich vom Her- steller über die Pflegekräfte bis hin zum Patienten fortsetzt. Einfach gesagt, in Be- zug auf die Produkte und Dienstleistun- gen, die unsere Versorgungskette durch- laufen, sind wir keine Entscheidungsträger, sondern ein Vermittler. Als gemeinsame Dienstleistungsor- ganisation möchten wir für unsere Klini- ken und Lieferanten (und letztendlich auch für unsere Patienten) ein unverzichtbarer Partner sein. Unsere Strategien basieren auf den Bedürfnissen unserer Patienten. Wir sind in erster Linie bestrebt, die best- möglichen Ergebnisse zu erzielen. Wir sind uns auch bewusst, dass wir innerhalb ei- ner bezahlbaren Kostenstruktur arbeiten müssen. Folglich sind wir hochqualifiziert, wenn zu gewährleisten ist, dass wir auf unseren Einkaufsmärkten das bestmögli- che Preis-Leistungsverhältnis erhalten. HCM: Die Mayo Clinic hat alle Manage- mentfunktionen der Versorgungskette vollständig konsolidiert. Was sind die be- sonderen Merkmale des Ansatzes beim Versorgungskettenmanagement? Dudas: Bei der Mayo Clinic wurden alle tra- ditionellen Funktionen der Versorgungs- kette konsolidiert. Das sind die organisato- rischen Funktionen und ihre Rollen: Produktgruppenmanagement: Beschaffung und Vertragsab- schluss, Lieferantenmanagement, Produktbewertung und Entwick- lung von Arzneimittellisten, Vertragsverwaltung, Preisma- nagement und Informatik. Operatives Geschäft: Einkauf, Kreditorenbuchhaltung, Logistik, Bestandsverwaltung, Vertrieb und Kundendienst. Durchführungsberatung: Verein- fachen, Kommunizieren und Koor- dinieren bei allen Abläufen des Versorgungskettenmanagements, um den Kunden eine konsolidierte Lösung anzubieten. Risikomanagement: Beaufsichti- gung und Prüfung aller kritischen betrieblichen und finanziellen Kontrollpunkte. Geschäftsentwicklung: Kommer- zialisierung von Versorgungsket- tenaktivitäten und geistigem Eigentum. HCM: Wie messen und kontrollieren Sie die Aktivitäten des Versorgungsketten- managements? Gibt es bestimmte Kenn- ziffern und Zahlen, die Ihnen beim Fest- stellen zu verbessernder Bereiche helfen? Dudas: Innerhalb der Versorgungskette verfolgen wir einige Schlüsselkennzahlen, die direkt an unsere strategischen Ziele rund um Menschen, Prozesse und Ergeb- nisse gebunden sind. Unsere Wertungslis- te wird regelmäßig aktualisiert und allen Partnern und Kunden zur Verfügung ge- stellt. Die Wertungsliste reflektiert fol- gende Punkte: Menschen: Mitarbeiterzufrieden- heit, Beförderungen, Fluktuation. Prozesse: Gefährdete Tage (Rück- rufe), Kontrollspanne (Vertragsab- deckung), Lieferantenkonsolidie- rung (Aufwendungen pro Lieferant). Ergebnisse: Preisführerschaft, Bestandslücken, Kosteneinsparun- gen, Nettobeitragende (Versor- gungskettenmanagement, Anla- genrendite) sowie Bestands- und Dienstleistungskennziffern (ge- genüber Nettoeinnahmen, Brutto- erlösen und Gesamtkosten). HCM: Ist Benchmarking ein geeignetes Instrument, um neue Ideen für das Ver- bessern klinischer und administrativer Abläufe zu generieren? Und verwenden Sie zudem Informationen über erprobte Praktiken aus anderen Branchen, um ei- ne höhere Qualität zu erreichen? Können Sie uns hier ein Beispiel nennen? Dudas: Die Mayo Clinic erwartet Qualität und stetige Verbesserung und das ist bei der Versorgungskette nicht anders. Die Mayo-Brüder schufen eine Kultur der Zu- sammenarbeit und des Informationsaus- tausches und das Benchmarking wird fast immer eingesetzt. In der Versorgungskette benchmark- en wir fortlaufend, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Bereichs Gesundheits- pflege. In der Regel laufen bei uns jeder- PORTRÄT Joseph M. Dudas Joseph M. Dudas ist Vice Chair of Category Management, Mayo Clinic Health System (Rochester, Minnesota). Kontakt zu Dudas über: von [email protected]

interview Mit Joseph M. DuDas „Wir sind ein Vermittler“ · schluss, Lieferantenmanagement, Produktbewertung und Entwick-lung von Arzneimittellisten, Vertragsverwaltung, Preisma-nagement

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HCM 5. Jg. Ausgabe 12/2014

interview Mit Joseph M. DuDas

„Wir sind ein Vermittler“Joseph M. Dudas, Vice Chair of Category Management, Mayo Clinic Health System, erklärt im Gespräch mit Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff und Wilhelm Schleibach, wie die Mayo Clinic (Rochester, MN) in den letzten Jahren große Einsparungen im Einkauf erzielen konnte und dabei gleichzeitig den Patientennutzen in den Mittelpunkt stellte.

hCM: welche rolle spielt eine einkaufs- und Logistikabteilung bei den strategi-schen und operativen entscheidungspro-zessen der Mayo Clinic?Dudas: Für die Mayo Clinic ist die Versor-gungskette ein Ablauf, der sich vom Her-steller über die Pflegekräfte bis hin zum Patienten fortsetzt. Einfach gesagt, in Be-zug auf die Produkte und Dienstleistun-gen, die unsere Versorgungskette durch-laufen, sind wir keine Entscheidungsträger, sondern ein Vermittler.

Als gemeinsame Dienstleistungsor-ganisation möchten wir für unsere Klini-ken und Lieferanten (und letztendlich auch für unsere Patienten) ein unverzichtbarer Partner sein. Unsere Strategien basieren auf den Bedürfnissen unserer Patienten. Wir sind in erster Linie bestrebt, die best-möglichen Ergebnisse zu erzielen. Wir sind uns auch bewusst, dass wir innerhalb ei-ner bezahlbaren Kostenstruktur arbeiten müssen. Folglich sind wir hochqualifiziert, wenn zu gewährleisten ist, dass wir auf unseren Einkaufsmärkten das bestmögli-che Preis-Leistungsverhältnis erhalten.

hCM: Die Mayo Clinic hat alle Manage-mentfunktionen der versorgungskette vollständig konsolidiert. was sind die be-sonderen Merkmale des ansatzes beim versorgungskettenmanagement?Dudas: Bei der Mayo Clinic wurden alle tra-ditionellen Funktionen der Versorgungs-kette konsolidiert. Das sind die organisato-rischen Funktionen und ihre Rollen:

• produktgruppenmanagement: Beschaffung und Vertragsab-schluss, Lieferantenmanagement, Produktbewertung und Entwick-lung von Arzneimittellisten, Vertragsverwaltung, Preisma-nagement und Informatik.

• operatives geschäft: Einkauf, Kreditorenbuchhaltung, Logistik,

Bestandsverwaltung, Vertrieb und Kundendienst.

• Durchführungsberatung: Verein-fachen, Kommunizieren und Koor-dinieren bei allen Abläufen des Versorgungskettenmanagements, um den Kunden eine konsolidierte Lösung anzubieten.

• risikomanagement: Beaufsichti-gung und Prüfung aller kritischen betrieblichen und finanziellen Kontrollpunkte.

• geschäftsentwicklung: Kommer-zialisierung von Versorgungsket-tenaktivitäten und geistigem Eigentum.

hCM: wie messen und kontrollieren sie die aktivitäten des versorgungsketten-managements? gibt es bestimmte kenn-

ziffern und Zahlen, die ihnen beim Fest-stellen zu verbessernder Bereiche helfen?Dudas: Innerhalb der Versorgungskette verfolgen wir einige Schlüsselkennzahlen, die direkt an unsere strategischen Ziele rund um Menschen, Prozesse und Ergeb-nisse gebunden sind. Unsere Wertungslis-te wird regelmäßig aktualisiert und allen Partnern und Kunden zur Verfügung ge-stellt. Die Wertungsliste reflektiert fol-gende Punkte:

• Menschen: Mitarbeiterzufrieden-heit, Beförderungen, Fluktuation.

• prozesse: Gefährdete Tage (Rück-rufe), Kontrollspanne (Vertragsab-deckung), Lieferantenkonsolidie-rung (Aufwendungen pro Lieferant).

• ergebnisse: Preisführerschaft, Bestandslücken, Kosteneinsparun-gen, Nettobeitragende (Versor-gungskettenmanagement, Anla-genrendite) sowie Bestands- und Dienstleistungskennziffern (ge-genüber Nettoeinnahmen, Brutto-erlösen und Gesamtkosten).

hCM: ist Benchmarking ein geeignetes instrument, um neue ideen für das ver-bessern klinischer und administrativer abläufe zu generieren? und verwenden sie zudem informationen über erprobte praktiken aus anderen Branchen, um ei-ne höhere Qualität zu erreichen? können sie uns hier ein Beispiel nennen?Dudas: Die Mayo Clinic erwartet Qualität und stetige Verbesserung und das ist bei der Versorgungskette nicht anders. Die Mayo-Brüder schufen eine Kultur der Zu-sammenarbeit und des Informationsaus-tausches und das Benchmarking wird fast immer eingesetzt.

In der Versorgungskette benchmark-en wir fortlaufend, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Bereichs Gesundheits-pflege. In der Regel laufen bei uns jeder-

porträt

Joseph M. Dudas

• Joseph M. Dudas ist Vice Chair of Category Management, Mayo Clinic Health System (Rochester, Minnesota).

• kontakt zu Dudas über: von [email protected]

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zeit 10 bis 15 Verbesserungsaktivitäten. Obwohl wir mit vielen guten Erfolgsbei-spielen aufwarten können, kam eine Idee nicht aus der Gesundheitspflege, nämlich unser Frachtmanagementprogramm.

Als wir im Bereich Produktion bench-markten, wurde uns die Arbeitsweise von Frachtprogrammen und ihre Verwendung zum Generieren von Einnahmen bzw. vom Profit klar. Wir setzten dieses Wissen bei der Entwicklung unseres eigenen Pro-gramms ein und haben aus unserer Ver-sorgungskette seitdem ein Ergebnis von fünf Millionen Dollar pro Jahr erzielt. Als wir erkannten, dass es in der Gesundheits-pflegebranche eine Lücke gab, wandelten wir unser Programm in ein kommerzielles Produkt mit dem Namen „Supply Chain So-lutions“ (Versorgungskettenlösungen) um.

Wir schauen uns nicht nur in ande-ren Industriezweigen nach Ideen um, wir engagieren auch viele hervorragende Ta-lente aus anderen Branchen, z.B. Bankwe-sen, Transport, Einzelhandel, IT, Biowis-senschaften, Herstellung, Verlagswesen und Telekommunikation, um nur ein paar zu nennen. Die verschiedenen Perspekti-ven in Bezug auf Problemlösungen ande-rer Branchen sind unbezahlbar.

hCM: welche rolle spielen elektronische Beschaffungssysteme bei der prozess-optimierung?Dudas: Unsere Back-Office-Versorgungs-kette arbeitet zu mehr als 97 Prozent au-

tomatisiert und elektronisch. Das System ist effizienter (Reduzierung der Betriebs-kosten um 20 Prozent), zuverlässiger (Ver-tragserfüllung) und informativer (Analy-tik). Wenn wir einen Vertrag unterzeich-nen, programmieren wir die Systeme und arbeiten nicht mit manuellen Abläufen. Daher ist der Grad der Konformität ext-rem hoch und wir erhalten dadurch von unseren Lieferanten Werte.

hCM: gibt es für ihre einkaufs- und Lo-gistikfachleute basierend auf den hand-habungsvorteilen für die Mediziner oder orientiert an der Fähigkeit zum vermei-den körperlicher schäden am patienten ethische verhaltensvorgaben beim ein-kauf medizinischer produkte (z.B. trokars, ablationskatheter)? Mit anderen worten: welche rolle spielt der preis eines medi-zinischen produkts im vergleich zu stabi-lität und Qualität?Dudas: Die Bedürfnisse des Patienten ste-hen immer an erster Stelle. Wir haben den Stellenwert geändert, wenn das Produkt nicht richtig war. Natürlich ist auch die Erschwinglichkeit der Pflege ein Anspruch unserer Patienten. Aus diesem Grund verwenden wir in unserem Beschaffungs-prozess eine Unmenge an Fachwissen über interne Angelegenheiten, Forschungen dritter Parteien, Lieferantenangebote, strukturierte Produktprüfungen und ande-re Anbieter (Referenzen). Der Beschaf-fungsprozess des Versorgungskettenma-

nagements folgt Branchenstandards und Verordnungen, die von der American Bar Association (ABA) und dem Uniform Com-mercial Code (UCC) aufgestellt wurden.

Wir glauben, dass Wettbewerb im besten Interesse aller Beteiligten ist. Und wir sind bestrebt, zusätzlich zu den tradi-tionellen Branchenführern kleine und his-torisch benachteiligte Geschäfte in unse-re Ausschreibungen einzuschließen.

Die MAYO Clinic arbeitet nach dem höchsten Ethikstandard und hat strenge wettbewerbsbezogene Richtlinien für Aus-schreibungen, Interessenskonflikte und Managementprotokolle zum Gewährleis-ten der Einhaltung.

hCM: in den usa wird der Markt von ei-nigen mächtigen einkaufsorganisationen beeinflusst. welche rolle spielen diese, welche Dienstleistungen bieten sie typi-scherweise an und welche vorteile haben die krankenhäuser?Dudas: In den USA hatten Einkaufsorga-nisationen traditionell die Rolle von Groß-einkäufern inne. Das hat sich in den letz-ten drei bis fünf Jahren aber in Richtung Dienstleistungsanbieter geändert. Wir ha-ben mit unserer Einkaufsorganisation eine Partnerschaft, in der wir gemeinsam Ver-träge abschließen, Technologien entwi-ckeln und Dienstleistungen anbieten. Ein gutes Beispiel ist unsere regionale Ein-kaufsgruppe (Regional Purchasing Group, RPG), in der sich die Mayo Clinic mit 40

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anderen Krankenhaussystemen zusam-mengeschlossen hat, um Produktent-scheidungen und Verträge basierend auf festgelegten Einkäufen zu standardisieren. Die Mayo Clinic bietet Beschaffungs- und Vertragsabschlussdienstleistungen an, un-sere Einkaufsorganisation Analytik, Kun-dendienst und Rechtsdienstleistungen.

hCM: werden in ihrer organisation zur verbesserung des entscheidungsprozes-ses bei einkauf und Logistik systematisch wissensmanagementtools eingesetzt?Dudas: Zur Förderung der klinischen Stan-dardisierung und der Pflegebereiche wer-den Wissensmanagementtools in großem Umfang verwendet, im Bereich Versor-gungskette sind sie jedoch relativ neu. Im Jahr 2014 ist das Erfassen und Verbreiten von Kenntnissen der Versorgungskette ei-ne unserer entscheidenden Maßnahmen.

hCM: welche arbeitsaufgaben übt eine typische entscheidungsinstitution (Deci-sion Making unit, DMu) beim wiederein-kauf, abgewandelten wiedereinkauf und neueinkauf aus? was sind die entspre-chenden entscheidungsbildenden Fakto-ren für jede dieser art von einkäufen?Dudas: Bei taktischen Einkäufen mit ge-ringen Beträgen werden die Entscheidun-

gen basierend auf zugrundeliegenden Richtlinien von verschiedenen Abteilungen gefällt. Bei strategischen Einkäufen mit hohen Beträgen setzen wir eine fünfstufi-ge Methodologie ein, die wir als unseren Produktgruppenmanagementprozess be-zeichnen. Die fünf Stufen sind wie folgt:

• einleitung: Hier legen wir den Um-fang fest und planen das Vorhaben.

• erkenntnisse: Hier erfassen wir Geschäftsinformationen.

• innovation: Hier entwickeln wir die Beschaffungsstrategie.

• implementierung: Hier verhandeln wir und schließen Verträge ab.

• verbesserung: Hier verwalten wir Wandel und Konformität.

Die Entscheidungsinstitution (nach Ihrer Definition) wird in der Einleitungsphase zusammengestellt, das nennen wir „Betei-ligtenanalyse“. Hier legen wir fest, wer die Beteiligten sind und welche Rolle sie im Entscheidungsprozess sowie bei laufen-den Einkaufsentscheidungen spielen wer-den. Die Auswahl und das strategische Management der Beteiligten sind in nach-folgenden Projektphasen sowie für den Erfolg entscheidend. Für die tatsächliche Beschaffung und den Vertragsabschluss wird ein „Kernteam“ eingerichtet, das be-vollmächtigt ist, im Namen der Institution

zu handeln (gewöhnlich von beiden Sei-ten der Vorsitzende der klinischen Abtei-lung und der Verwalter).

hCM: welche Mitglieder der entschei-dungsinstitution kontaktieren die ver-käufer normalerweise?Dudas: Auch das variiert je nach Größe und Komplexität des Vorhabens. Im Allge-meinen ziehen wir es jedoch vor, Produkt- und Preisbesprechungen zu trennen. Preis-besprechungen und -verhandlungen sind gewöhnlich auf Mitarbeiter des Versor-gungsketten- bzw. Produktgruppenmana-gements beschränkt. Die Entscheidungen werden von der Institution „Kernteam“ gefällt und basieren auf vordefinierten, kritischen Erfolgskriterien.

Verkäufer argumentieren und kon-tern gerne. Aus diesem Grund rufen wir standardmäßig eine „Ruhephase“ aus, in der alle Gespräche in Bezug auf das Vor-haben auf das „Initiativenteam“ beschränkt sind. Alle Nichteinhaltungen der Ruhepha-se durch die Lieferanten verringern ihre Chance, die Ausschreibung zu gewinnen, sie können sogar komplett vom Ausschrei-bungsverfahren ausgeschlossen werden.

hCM: welche weiteren offenen Metho-den zum kontaktieren anderer Mitglie-der der entscheidungsinstitution werden von den Lieferanten verwendet, ohne dass widerstreite geschaffen werden? Dudas: Den Lieferanten steht es frei, sich bei Bedarf zur Unterstützung ihrer Ge-schäfte mit den Endanwendern in Verbin-dung zu setzen, jedoch müssen alle Ge-spräche in Bezug auf das Vorhaben ent-sprechend den Anordnungen des „Initiati-venteams“ erfolgen. In unseren Richtlini-en für die „Ruhephase“ und das Lieferan-tenmanagement sind Argumente und Ge-genargumente streng untersagt. Wir wol-len unsere Lieferanten nicht zu sehr ein-schränken, sondern ein Spielfeld auf einer Ebene erschaffen, auf der die beste Lö-sung gewinnt. Das ist im besten Interesse

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HCM 5. Jg. Ausgabe 4/2014

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Group purchasing organisation

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GPO

• Kommissionierung

• Zusammenbau

• Set-Herstellung

• Mengenkonsolidierung

• Preisverhandlung

• Produktauswahl

• Warengruppenmanage-ment

• Efficient Health Consu-mer Response

• Set Konfigurationen

• Standardisierung

• Lieferantenauswahl

• Vertragsgestaltung

Hersteller

Belieferung

Abrechnung

Ausschreibungs­plattform

Verhandlung

Verhandlung

Zuschlag

Hersteller

Hersteller

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Anlieferung direkt an den Verbrauchsort

Mengenabruf

Produkttyp und Anforde­rungen an Produktfunkti­onalität und Qualität

Abnahmemenge

Rechnung

Bezahlung

Quelle: von Eiff/CKM, Grafik: HCM

Die GPO-Kompetenz geht weit über die Aufgaben einer Einkaufsgemeinschaft hinaus.

onLine exkLusiv

Downloads:• Das Originalinterview

finden Sie online exklusiv rechts neben dem Inhaltsver-zeichnis der Ausgabe 12/2014.

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unserer Patienten und wir erinnern so-wohl unsere Mitarbeiter als auch die Lie-feranten permanent an unsere Grundwer-te und unsere Mission.

hCM: an welchem punkt des einkaufs-kontinuums sind alle Mitglieder der ent-scheidungsinstitution beteiligt? Dudas: Das hängt, wie gesagt, von der Rol-le des einzelnen Beteiligten im Team ab.

hCM: welche Faktoren berücksichtigen die einzelnen Mitglieder der entschei-dungsinstitution an jedem punkt der Be-teiligung am einkaufsprozess? Dudas: Wir haben in jede Phase des Pro-zesses Kontrollpunkte eingebaut. Es kann verlockend sein, direkt zu den Verhand-lungen fortzuschreiten, aber das geht im Allgemeinen zugunsten des Lieferanten aus. Es ist entscheidend, vorher ein soli-des Team, den Umfang, die Maßgaben, eine Strategie und einen Verhandlungs-plan festgelegt zu haben. Manchmal neh-men die Ärzte an den Verhandlungen teil, aber das erfolgt generell zum Konditionie-ren der Lieferanten und um zu gewährleis-ten, dass sie die Verpflichtung des Teams, Entscheidungen zu fällen, die im besten Interesse der Patienten sind, verstehen.

Wir pflegen hervorragende Bezie-hungen zu unseren Lieferanten. Sie respek-tieren uns und wir respektieren sie. Wir haben in den Prozess ein für alle Parteien hohes Maß an Integrität eingebaut und aus diesem Grund kommen wir unseren Ver-pflichtungen nach und verfügen über ein hohes Niveau bei der Vertragserfüllung.

Zu BesuCh in Der ...

MaYo Clinic

Der Kostendruck im amerikanischen Gesundheitssystem nimmt insbesondere für die Krankenhäuser zu. Ursache ist einerseits der intensive Wettbewerb zwischen den medi- zinischen Leistungserbringern, der durch die Anspruchshaltung der Patienten bzgl. Outcome- und Servicequalität („Consumerism drives health care“) getrieben wird. Ande-rerseits drückt das sinkende Vergütungsniveau bei Medicare-Patienten Umsatz und Gewinnmargen: In den letzten fünf Jahren hat sich das Verhältnis von Zahlenden zu Emp-fangenden von 4,0 auf 2,3 verschlechtert. Gleichzeitig ist die Zahl von Privatpatienten von 74 auf 66 Prozent zurückgegangen.

In zunehmendem Maß wird der Gesundheitsmarkt von kommerziellen Versicherern bestimmt. Geschäftsmodelle mit finanzieller Risikobeteiligung der Krankenhäuser (z.B. Affordable Care Organisations) sind ebenso zu beobachten wie Concierge-Medizin und Boutique-Angebote als Ersatz oder Ergänzung der individuellen Versicherung.

Die MAYO Clinic, einer der renommiertesten Medizinanbieter weltweit, reagiert auf diese Entwicklung mit strategischen Kooperationen, Zentrenbildung (z.B. Individualized Medicine Center, Proton Therapy Center, Children Cancer Care, Regenerative Medicine Center) und Kostensenkung in Einkauf und Logistik durch konsequentes Supply Chain Management.• Ein Process Improvement Center sorgt für die Steigerung von Effizienz und Effektivität

von klinischen Prozessen mit Margen-Relevanz.• Das Enterprise Clinical Practice Committee bewertet Investitionen im Hinblick auf

Beiträge zu Prozesseffizienz, Patientensicherheit, Umsatz und Marge sowie Standardi- sierungseffekte.

• Aus TOP-10-Listen für Verschwendung in Zusammenhang mit Medikalprodukten werden Verbesserungsprojekte abgeleitet.

• Für häufige und teure Prozeduren (z.B. Total Knee Replacement, Atrial Fibrillation Ablation) werden Standard-Kostenkalkulationen mit Darstellung der Kostenanteile, die auf Medikalprodukte entfallen, erstellt.

MAYO betrachtet Supply Chain Management als zentralen strategischen Ansatz, um medizinische Qualität zu steigern, Patientenrisiken zu reduzieren und Kosten (auch im Sinne der Ressourcenschonung) nachhaltig zu senken. MAYO ist auf dem Weg, selbst die Rolle einer GPO (Group Purchasing Organisation) zu übernehmen.

Unter Leitung des CKM hatte die MBA-Study Group der HHL Leipzig Graduate School of Management die Möglichkeit, die integrierte Supply Chain Strategy von MAYO vor Ort in Phoenix mit dem Supply Chain Management zu diskutieren.

Unter Leitung des Centrums für Krankenhausmanagement (CKM) hatte die MBA-Study Group der HHL Leipzig Graduate School of Management die Möglichkeit, die integrierte Supply Chain Strategy von MAYO vor Ort in Phoenix mit dem Supply Chain Management zu diskutieren.

univ-proF. Dr. Dr. wiLFrieD von eiFFCenter for Health Care Management and Regula tion HHL Leipzig – Graduate School of Management und Leiter des Centrums für Krankenhaus- Management (CKM, Münster), kontakt: [email protected]

wiLheLM sChLeiBaCh

Diplom-Kaufmann, International Business Development, CKM- Niederlassung in London, kontakt: [email protected]