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Metea 1 MAGAZIN TOM UND INGE TRAUEN SICH, ÜBER POLITIK ZU REDEN, UND DU? WORK-LIFE-BALANCE, NUR FRAUENSACHE? JANUAR | FEBRUAR | MÄRZ 2019 DREIMONATLICHE ZEITSCHRIFT | AUFGABEPOSTSTELLE GENT X | P 911413 Jahrgang 10 | Nr. 1 | 2019 ACV‑CSC METEA Pagodenlaan 1‑3, B‑1020 Brussel www.acv‑csc‑metea.be

Jahrgang 10 | Nr. 1 | 2019 ACV‑CSC METEA Pagodenlaan 1‑3

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Page 1: Jahrgang 10 | Nr. 1 | 2019 ACV‑CSC METEA Pagodenlaan 1‑3

Metea 1M A G A Z I N

TOM UND INGE TRAUEN SICH, ÜBER POLITIK ZU REDEN, UND DU?WORK-LIFE-BALANCE, NUR FRAUENSACHE?

JANUAR | FEBRUAR | MÄRZ 2019DREIMONATLICHE ZEITSCHRIFT | AUFGABEPOSTSTELLE GENT X | P 911413

Jahrgang 10 | Nr. 1 | 2019

ACV‑CSC METEAPagodenlaan 1‑3, B‑1020 Brusselwww.acv‑csc‑metea.be

Page 2: Jahrgang 10 | Nr. 1 | 2019 ACV‑CSC METEA Pagodenlaan 1‑3

in dieser Ausgabe

An dieser Ausgabe wirkten mit: Elke De Wolf, Tony Schotte, Isabel Tack, Tom Van Looy, Kathleen Van Walle und die Verwaltungsdienste von ACV-CSC METEA. Anschrift der Redaktion: Pagodenlaan 1-3, 1020 Brussel | [email protected] Herausgeber: William Van Erdeghem | Pagodenlaan 1-3 - 1020 Brussel

Impressum

Terminstress aufgrund des (sozialen, politischen) Klimas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Leitartikel des Vorsitzenden William Van Erdeghem

Sie trauen sich, über Politik zu reden … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4Interview mit Tom Van Looy und Inge Anné

Work-Life-Balance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Nur Frauensache?

Der Generalrat vom 26. November . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Fotoreportage

Re-Member . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Keine Gewerkschaft ohne Mitglieder

Zeitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Eine schwierige Ménage à trois

KMU im Fokus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16Aktionstag für KMU im Industriegebiet von Cuesmes

Kolumne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19RESPECT – Find out what it means to me

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in dieser Ausgabe

An dieser Ausgabe wirkten mit: Elke De Wolf, Tony Schotte, Isabel Tack, Tom Van Looy, Kathleen Van Walle und die Verwaltungsdienste von ACV-CSC METEA. Anschrift der Redaktion: Pagodenlaan 1-3, 1020 Brussel | [email protected] Herausgeber: William Van Erdeghem | Pagodenlaan 1-3 - 1020 Brussel

Impressum

Terminstress aufgrund des (sozialen, politischen) Klimas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Leitartikel des Vorsitzenden William Van Erdeghem

Sie trauen sich, über Politik zu reden … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4Interview mit Tom Van Looy und Inge Anné

Work-Life-Balance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Nur Frauensache?

Algemene Raad vom 26. November . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Fotoreportage

Re-Member . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Keine Gewerkschaft ohne Mitglieder

Zeitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Eine schwierige Ménage à trois

KMU im Fokus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16Aktionstag für KMU im Industriegebiet von Cuesmes

Kolumne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19RESPECT – Find out what it means to me

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Terminstress aufgrund des (sozialen,

politischen) KlimasW I L L I A M V A N E R D E G H E M • A C V - C S C M E T E A V O R S I T Z E N D E R

Ich liefere diesen Leitartikel am Vorabend des 13. Februar ab.

Während ich dies schreibe, leide ich unter Terminstress. Ich hätte gerne noch schnell etwas über das überberufliche Abkommen (ÜBA) geschrieben, das Lohnerhöhungen in Aussicht stellt. Leider ist mir heute klar, dass dieser soziale Dialog, obschon wir vor einigen Wochen tatkräftig in der Zehnergruppe in die Verhandlungen eingestiegen sind, - genau wie die Temperatur draußen - unter dem Gefrierpunkt liegt. Kurzum, die Arbeitgeberverbände wollen von einer Lohnerhöhung nichts wissen. Zum Zeitpunkt der Verfassung dieser Zeilen ist das Führen weiterer Verhandlungen vollkommen zwecklos.

Trotz unseres unmissverständlichen Signals vom 14. Dezember, bei dem viele Zehntausende Menschen eine echte Anhebung der Löhne forderten, lässt man uns im Regen stehen. Wir können die geringe Lohnspanne von 0,8 % nicht akzeptieren und die kalte Haltung der Arbeitgeberverbände erst recht nicht. Wenn man uns kein Gehör schenkt, bleibt nichts anderes übrig, als am 13. Februar im Rahmen eines Streiks Aktionen zu unternehmen. Weil es keinen anderen Weg gibt, weil es so gemacht werden muss.

Die Politiker machen sich in den Medien gegenseitig Konkurrenz mit ihren Aussagen, die Kaufkraft müsse verbessert werden.

Gewerkschaften und Arbeitgeber werden separat zum Kaffee mit dem Premierminister und dem Arbeitsminister eingeladen, um die Verhandlungen zum ÜBA zu beschleunigen. Die N-VA sieht indes keine Zukunft mehr in der automatischen Indexbindung und will diese abschaffen!

Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute ist nun den angekündigten Aktionen vom 13. Februar gewidmet. Sozusagen eine neue Frist, aber eine, die für jeden einzelnen Arbeitnehmer von großem Belang ist.

Du liest diesen Leitartikel vielleicht erst nach dem 13. Februar.

Die Frist ist dann abgelaufen. Hoffentlich ist der damit verbundene Stress nun beseitigt, so dass wir ein solides ÜBA abschließen können, in dem die Kaufkraft im Mittelpunkt steht.

Oder etwa nicht? Friert es nach wie vor am Verhandlungstisch? An unserem Input und unserer Bereitschaft kann es sicherlich keinen Zweifel geben, wir möchten euch in unseren Gremien nämlich einen vernünftigen Kompromiss präsentieren können.

Mit weniger werden wir uns auch nicht zufrieden geben, denn ihr habt Respekt verdient. M

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Sie trauen sich, über Politik zu reden,

W ir stellen vor: Inge und Tom Inge und Tom trauen sich zu sagen, dass die belgische Politik sie nachts wach hält. Folgende Themen machen

ihnen große Sorgen: die Kaufkraft, machbare Arbeit und der Respekt für die Arbeitnehmer.

Warum hält euch die belgische Politik nachts vom Schlafen ab? TOM: „Weil wir es uns nicht erlauben können, deswegen nicht wach zu liegen. Die Regierung Michel I war eine Regierung, die dem einfachen Arbeitnehmer enormen Schaden zugefügt hat. Zur gleichen Zeit ist es ihr gelungen, anhand einer ganzen Reihe von Nebenkriegsschauplätzen, die Aufmerksamkeit der Arbeitenehmer vom Wesentlichen abzulenken. Mit Tweets und Zitaten über Weihnachtsmärkte und „Hansmuffe“ hat man hitzige Diskussionen über Nebensächlichkeiten vom Zaun gebrochen und somit ungesehen und ungestraft in unsere Taschen gegriffen. Oder sie haben Jubelberichte über die eigene Politik herausposaunt, ohne Erklärung und Beweis dafür, ob ihre Politik überhaupt funktionierte. Die gesamte Diskussion rund um das Thema Kaufkraft ist ein schönes Beispiel dafür.“

Was ist denn mit der Kaufkraft?INGE: „Sie haben sich stolz auf die Brust geklopft und geprahlt, unsere Kaufkraft sei dank der Regierungsmaßnahmen um mehr als 5% gestiegen. Schaut man nur auf den Lohnzettel, dann stellt man tatsächlich fest, dass dort ein höherer Betrag vermerkt ist. Aber alles, was man uns gegeben hat, ist uns auf anderem Wege wieder weggenommen worden. Denkt zum Beispiel an den Indexsprung, durch den unsere Einkommen unverändert bleiben, während die Lebenshaltungskosten sich verteuern. Und somit werden wir mit einem Mal um 2% ärmer. Hinzu kommt noch, dass in dieser Legislaturperiode bei sehr vielen anderen Produkten und Dienstleistungen die Preise auf spektakuläre Weise angestiegen sind. Beispiele dafür gibt es genug: Strom, Wasser, die Anmeldungsgebühren für das

Hochschulwesen. Ganz zu schweigen vom Kraftstoff, Alkohol, Tabak und Zucker! Demnach hat sich unsere Kaufkraft gar nicht verbessert. Und wenn es um das Thema machbare Arbeit geht, redet die Regierung ebenfalls mit gespaltener Zunge.“

Kannst du das vielleicht näher erklären?INGE: „Der Begriff machbare Arbeit ist seitens unserer Regierung „gekapert“ und mit einer Bedeutung gefüllt worden, die genau das Gegenteil dessen ist, was wir darunter verstehen. Wir wünschen uns eine Berufslaufbahn, die lebenswürdig, machbar und auf den Arbeitnehmer maßgeschneidert ist. Für die heutige Politik hingegen ist es immer Aufgabe des Arbeitnehmers, sich im Rahmen seiner Arbeit flexibler zu zeigen. Die Definition, die Kris Peeters für machbare Arbeit hat, entspricht nicht der unsrigen. Dabei ist das Thema machbare Arbeit eigentlich das Thema par excellence, bei dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf einander zugehen könnten. Auch die Arbeitgeber ziehen einen Vorteil daraus, dass ihr Personal bei guter Gesundheit und hoch motiviert zur Arbeit kommt. Es ist unbegreiflich, dass wir hier auf eine Mauer des Unverständnisses stoßen. Ein gutes Beispiel ist die Diskussion über die schweren Berufe. Man sollte sich doch erst Gedanken darüber machen, wie dafür gesorgt werden kann, dass jeder Arbeitnehmer seinen Job bis zur Pension ausüben kann, bevor man eine Liste mit schweren Berufen erstellt. Tut man das nicht, ist jeder Beruf, den man bis zum 67. Lebensjahr ausüben muss, per se ein schwerer Beruf. Schlimmer noch, es kommt zu Diskussionen unter Kollegen, welcher Beruf nun der schwerere sei. Aber vielleicht ist genau dies das von der Politik angestrebte Ziel.“

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Sie trauen sich, über Politik zu reden,

Politische Parteien, die sich über die Arbeitnehmer hinwegsetzen, ist das für dich ein Albtraum?TOM: „Ich befürchte, dass wir in den vergangenen vier Jahren den Albtraum bereits erlebt haben. Doch der Vorteil eines bösen Traums ist, dass man irgendwann daraus erwacht. Im Mai dieses Jahres bekommen wir die Chance, eine asoziale Politik abzustrafen und Parteien zu wählen, die sehr wohl ein Herz für Arbeitnehmer haben.“

Wie können wir denn jetzt daraus einen schönen Traum machen?TOM: „In meinen Augen sind zwei Dinge wichtig. Zunächst müssen wir als Gewerkschaft dafür sorgen, dass die gesellschaftliche Debatte wieder Themen betrifft, die dazu beitragen: Kaufkraft, machbare Arbeit, Jobsicherheit... und nicht über Frivolitäten, die nur darauf bedacht sind, uns gegeneinander aufzuwiegeln. Inhalte müssen wieder wichtiger werden als der „Tweet des Tages“. Zweitens wollen wir jeden Militanten und jedes Personalmitglied von ACV-CSC METEA ermutigen und dahingehend unterstützen, sich mit den Familienangehörigen, den Freunden und Kollegen über Politik zu unterhalten. Und zwar nicht auf belehrende Art und Weise, sondern ein echtes Gespräch, bei dem das Zuhören wichtiger als das Reden ist. Wenn die Menschen einsehen, dass ihre Stimme durchaus zählt, dann ist eine andere Politik bestimmt möglich.“ M

#traudichUnd du? Traust du dich, mit deinen Kollegen, Freunde und

der Familie über Politik zu reden? Oder brauchst du noch mehr Anregung und Argumente,

die dir dabei behilflich wären? In diesem Fall haben wir eine gute Nachricht! Über deinen Sekretär kannst du mehr Informationen und Material erhalten, die ausreichend Stoff für eine politische Debatte bieten.

Tom Van Looy und Inge Anné sind Schulungsleiter bei ACV-CSC METEA, die, wenn es um Politk geht, kein Blatt vor den Mund nehmen.

und du?

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Marc Piens, Militant bei Mireille nv, arbeitet in Teilzeit und bricht damit mit der „männlichen“ Arbeitstradition.

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Work-Life-Balance,

A ufstehen - Frühstücken - Kinder vorbereiten und zur Schule bringen - zur

Arbeit gehen - Kinder abholen und einkaufen - Essen zubereiten - Küche aufräumen und dazwischen Hausaufgaben überprüfen - denken, dass man diese Woche eigentlich noch zum Fitness muss - in den Sessel plumpsen - schlafen gehen. Hoffen, dass nichts Unerwartetes passiert, damit der Rhythmus nicht gestört wird. Und dies fünfmal hintereinander. Das Wochenende wird noch stressiger: die Hobbys der Kinder, die eigenen, der Haushalt...

nur Frauensache?

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in bestimmten Abteilungen. Männer müssen manchmal bleischwere Matten aus den Maschinen ziehen, ein sich immer wiederholender Vorgang, an dem sich auch nach Jahren nichts ändert.“

Wird dem Thema „machbare Arbeit“ genügend Aufmerksamkeit geschenkt?MARC: „Was die Möglichkeit der Teilzeitarbeit betrifft, haben wir keinen Grund zur Klage. Aber die Arbeit selbst bleibt schwer und sollte nicht unterschätzt werden. Ich stimme zu, dass wir hier mit einem Durchschnitt von 17 Jahren eine hohe Betriebszugehörigkeit haben, aber der Arbeitgeber könnte uns etwas mehr entgegenkommen. Wenn wir diese Arbeitsschritte bis hin ins Rentenalter leisten sollen, müssen noch mehr Maßnahmen ergriffen werden. In den letzten Monaten hat sich unser Arbeitgeber auf die Ergonomie konzentriert; die Tische sind nun höhenverstellbar und es wurden Ergonomie-Trainer hinzugezogen, um dies alles zu bewerten. Aber machbare Arbeit bleibt ein Schwerpunktthema, wir müssen noch mehr Schritte in die richtige Richtung unternehmen.“

„Besonders in den letzten Jahren habe ich festgestellt, dass mehr Männer in Teilzeit arbeiten wollen“.

Marc, warum hast du dich entschieden, Teilzeit zu arbeiten?MARC: „Nach 14 Jahren Herumfahren mit dem Lieferwagen habe ich wissen lassen, dass es höchste Zeit war für einen Wechsel. Ich habe mir zuliebe entschieden, weniger zu arbeiten; ein zusätzlicher freier Tag lässt einen mehr zur Ruhe kommen. Glücklicherweise stieß ich bei meinem Arbeitgeber damit auf Verständnis und wurde als Lagerleiter eingesetzt, seitdem arbeite ich zu 4/5.

Wie gut ist die Vereinbarkeit von Job und Privatleben jetzt? MARC: „Wenn ich mir selbst eine Note dafür geben müsste, wäre es mindestens eine acht auf zehn. Die Teilzeitarbeit hat den Vorteil, dass ich mehr Raum für die Betreuung der Kinder geschaffen habe. Nach meiner Scheidung konnte ich das geteilte Sorgerecht wegen des zusätzlichen freien Tages besser organisieren. Natürlich weiß ich, dass nicht jeder das Glück hat, in Teilzeit arbeiten zu können. Ein Freund von mir, der beispielsweise im Bausektor tätig ist, würde auch gerne das geteilte Sorgerecht haben, aber leider ist dies wegen seines Jobs nicht möglich.

Gibt es viele Mitarbeiter bei Mireille, die Teilzeitarbeit nutzen?MARC: „Absolut, zwischen 30 und 35% arbeiten hier in Teilzeit. Besonders in den letzten Jahren merkt man, dass mehr Männer das System nutzen. Die Ursache dafür ist die eher schwere Arbeit

S elbst wenn du keine Kinder hast oder im Schichtdienst arbeitest, kannst du diese Liste wahrscheinlich für dich passend umformulieren, und wirst garantiert müde, wenn

du daran denkst, was du außerhalb der Arbeit noch alles tun willst oder musst. Verlangen wir zu viel? Oder gibt es doch noch Möglichkeiten, Beruf und Privatleben zu vereinbaren? Und sind das nur schöne Theorien aus dicken Büchern über das Thema „machbare Arbeit“ oder gibt es sie auch in der Realität? Wir fragen Marc Piens. Er arbeitet bei Mireille nv, einem Textilpflegeunternehmen aus Heusden-Zolder, in dem 250 Mitarbeiter beschäftigt sind.

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Work-Life-Balance

Gibt es noch andere Maßnahmen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu erleichtern?MARC: „Seit zwei Jahren arbeiten wir auch mit einem zusätzlichen Arbeitszeitfenster. Früher starteten alle um acht Uhr, aber das Ende der Arbeitszeit wurde oft nicht eingehalten. Es kam regelmäßig vor, dass Überstunden geleistet werden mussten, um die Arbeit abzuschließen, was uns

„Dieser zusätzliche Tag erlaubte es mir, das geteilte Sorgerecht besser zu organisieren“.

Wir glauben, dass jeder Arbeitnehmer das Recht hat, neben seiner Arbeit auch sein eigenes Leben zu leben und sich weiter zu entfalten. Wer solch einen Arbeitsplatz hat, der macht in unseren Augen machbare Arbeit. Möchtest du das Thema machbare Arbeit in deinem Betrieb anpacken? Dann wirf einen Blick in die Broschüre zum Thema machbare Arbeit; du findest sie bei deinem Sekretär. Diese Broschüren enthalten eine Reihe von Analysetools rund um Work-Life-Balance, an denen du dich auch für die Arbeit in deinem Unternehmen orientieren kannst.

erst am Tag selbst mitgeteilt wurde.... Die Kollegen mussten dann unerwartet nach einer kurzfristigen Betreuung ihrer Kinder suchen, was natürlich einige Probleme verursachte. Wir haben dies immer wieder aufs Tapet gebracht, schließlich mit Erfolg. Es wurde ein zusätzlicher Dienst eingeführt, der um neun Uhr beginnen kann und daher eine Stunde länger bleibt, um diese zusätzlichen Arbeiten aufzufangen. Beide Arbeitszeiten sind in Bezug auf die Arbeitszeit noch immer perfekt mit der Schulzeit kombinierbar.“

Überstunden machen gehört also jetzt der Vergangenheit an?MARC: „Nein, natürlich nicht. Wir arbeiten hier mit „Plus- und Minusstunden“, wobei Plusstunden eigentlich mit Überstunden gleichzusetzen sind. Der einzige Unterschied ist: Plus-Arbeitsstunden können angefragt werden, und wir können dann entscheiden, wann wir diese Stunden als Arbeitszeitverkürzung abfeiern. Deshalb habe ich noch drei bis vier Tage zusätzlichen Urlaub pro Jahr, was „gut mitgenommen“ ist.“

Abschließend die Frage, warum sollte ein Unternehmen sich mit dem Thema Work-Life-Balance befassen?MARC: „Da heute jeder von uns viel länger arbeiten gehen muss, ist es zwingend notwendig, dass die Arbeit machbar bleibt. Die Art und Weise wie die Betriebe Formeln zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben anwenden, sorgt für zufriedene Mitarbeiter am Arbeitsplatz.“ M

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B eim letzten Generalrat vom 26. November 2018 ging es hoch her! Es gab ausdrucksstarke Beiträge seitens unserer Militanten und nachmittags dynamische Workshops.

Gemeinsam mit den Militanten und den Personalmitgliedern von ACV-CSC METEA haben wir einen energiegeladenen Tag erlebt, bei dem uns das Kongressthema “Industrie 4.0” auf äußerst ausgefallene Art und Weise vorgestellt wurde…

Der Generalratvom 26. November 2018

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E ine oft seitens der Mitgliedsorganisationen vorgebrachte Beschwerde ist, dass die Menschen heutzutage keine Lust mehr haben, sich einer Vereinigung anzuschließen. Sie

meinen damit die immer individualistischer werdende Gesellschaft, den zunehmenden Egoismus und die Tatsache, dass der Mensch sich mehr und mehr aus dem echten Leben in die digitale Welt zurückzieht. Wenn es denn mal Gesellschaftskritik gibt, dann am liebsten so unnuanciert wie nur möglich über Facebook oder Twitter, aber ganz bestimmt nicht durch die Mitgliedschaft in einer Organisation, die sich diesem Thema annimmt.

Wenn das zutrifft, dann liest du hier offensichtlich hier gerade das falsche Magazin! In den letzen Jahren ist der Belgier noch nie so spendabel gewesen, wenn es darum ging, gute Zwecke zu unterstützen, Initiativen wie „De Warmste Week“ und „Red Nose Day“ haben einen Rekord an den anderen gereiht, und allein eine einzelne Ausgabe von Make Belgium Great Again hat für Organspenden mehr Geld eingebracht, als 20 Werbespots. Ist der Belgier tatsächlich ein Egoist? Offensichtlich ist es halb so wild.

Der Belgier, ein Individualist?Angesichts des Erfolgs von Jugendbewegungen,

Sportvereinen, Stadtviertelkomités, ...müssen wir einräumen, dass die Behauptung, der Mensch sei ein Egoist, doch ein wenig übertrieben zu sein scheint. Im Gegenteil, irgendwo tief in unserer menschlichen DNA schlummert das Bedürfnis, mit anderen zusammen zu sein und Dinge gemeinsam in der Gruppe zu erleben. Und dass der Belgier nach wie vor auch für die gute Sache auf die Straße geht, das hat der große Klimamarsch mit seinen 70.000 Teilnehmern bewiesen.

Was ist nun dran an dieser verdammten Digitalisierung, die uns angeblich alle in gehirnlose und bildschirmsüchtige Zombies verwandelt? Auch

Re-MemberOhne Mitglieder keine Gewerkschaft!

hier geht die moderne Entwicklung durchaus mit Herzlichkeit Hand in Hand. Abgesehen von süßen Katzenbabyfotos werden auf Facebook nämlich auch haufenweise Fahndungsmeldungen oder Aufforderungen zur Unterstützung guter Zwecke geteilt, und Twitter scheint ein Kommunikationsmittel zu sein, auf dem Besorgtheit und Frust auch schon zu spontanen Initiativen geführt hat.

Wenn wir all dies global betrachten, drängt sich eine wichtige Frage auf. Wenn der durchschnittliche Belgier ein so starkes Bedürfnis hat, sich gemeinsam mit anderen, selbstlos für eine bessere Welt einzusetzen, warum tun wir uns dann als Gewerkschaft so schwer, die Menschen zu erreichen? Wir haben alles, um für Menschen, die auf der Suche nach einer Organisation sind, die sich 100%-ig für eine besserer Gesellschaft einsetzt, eine willkommensfreudige Anlaufstelle zu sein.

Re-Member: Die 4 ZielvorgabenGenau aus diesem Grund wollen wir ab heute

und bis 2014 uns voll und ganz auf ein Projekt konzentrieren, das die Mitgliedschaft bei ACV-CSC METEA ins Zentrum rückt. Das Motto lautet „Re-Member“ und eigentlich sagt dieser (wenn auch

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englische) Begriff alles. Wir wollen die Menschen (erneut) als Mitglieder unserer Organisation anwerben, wollen dabei jedoch nicht die heutigen Mitglieder vergessen und diese sogar etwas stärker berücksichtigen.

Konkret wollen wir uns auf vier Zielvorgaben konzentrieren, die sowohl auf das Organisieren neuer als auch die Bindung und Versorgung der uns treuen Mitglieder ausgerichtet sind.

Das erste Ziel hängt mit der Tragfläche des Projekts zusammen. Eine Aktion zur Werbung von Mitgliedern kann nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn jedes Personalmitglied und jeder Militant der ACV-CSC METEA von der Wichtigkeit der Mitgliedschaft überzeugt ist. Man kann nur dann mit Enthusiasmus für eine Gewerkschaft arbeiten und sich als Aktivist engagieren, wenn man stolz ist auf das was die Gewerkschaft erreicht hat; vielleicht haben wir das in der Vergangenheit nicht ausreichend gezeigt.

Zweitens möchten wir uns auf eine Anzahl Zielgruppen konzentrieren, die heute noch zu sehr außen vor bleiben. Konkret denken wir da an Frauen, jüngere Arbeitnehmer, Angestellte und die in KMU beschäftigten Arbeitnehmer. Wir erreichen diese heutzutage noch zu wenig mit unseren Gewerkschaftsparolen, und das ist ein deutliches Manko.

Drittens wollen wir dafür sorgen, dass wenn in unserer Branche die Rede von der Gewerkschaft ist, die Menschen zuallererst an die ACV/CSC denken. Wir wollen der bekannteste „Markenname“ sein und bleiben. Ein wichtiger Schritt dabei besteht darin, mehr davon zu berichten, was wir im und für den Sektor verwirklicht haben. Man muss auch mal angeben dürfen!

Schließlich müssen wir unser Angebot noch stärker verbessern und attraktiver machen. Mitglied bei der ACV-CSC METEA werden, muss mit einer Reihe von Vorteilen verbunden sein, die man anderswo nicht findet. Die Antwort auf die Frage „Und was hab ich davon?“ muss deutlich und unmissverständlich sein.

Das Thema Mitgliedschaft ist ohnehin eine Herausforderung für „traditionelle“ Organisationen wie eine Gewerkschaft, doch wir sind davon überzeugt, dass eine starke und attraktive Message, die mit Stolz von Seiten der ACV-CSC METEA-Beschäftigten und Militanten verkündet wird, sowohl neue Interessenten anziehen als treue Gefolgsleute binden kann. Bist du dabei? M

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Die ACV Egal, ob wir sie Interimarbeiter,

Zeitarbeiter oder Leiharbeiter nennen, die CSC will, dass für alle diese Arbeitskräfte dieselben Rechte gelten wie für die übrigen Beschäftigten des Unternehmens. Und das fängt oft schon bei der korrekten Information an. Die ACV setzt sich stark dafür ein. Mit dem „Handbuch für Zeitarbeitskräfte“ plant die ACV bereits ein wichtiges Tool, das die Rechte der Leiharbeiter einem größeren Publikum bekannter machen sollten.

Die zusätzliche Botschaft lautet, dass ein „gewerkschaftlich organisierter Leiharbeiter“ noch stärker aufgestellt ist. Je mehr Leiharbeiter sich der ACV anschließen, umso größer die Tragfläche und umso besser können ihre Rechte verteidigt werden.

Zeitarbeit Eine schwierige Menage à trois

F ür viele Unternehmen sind Zeitarbeitskräfte lebenswichtig. Leider werden diese Beschäftigten nicht immer wertgeschätzt. Viele kennen ihre Rechte nicht oder nicht ausreichend. Die drei

betroffenen Parteien sind: die Zeitarbeitskraft - das Leihunternehmen - die Zeitarbeitsfirma, und sie stehen weit auseinander.

Eva Van LaereDie ACV hat Eva Van Laere im Dienst

„Unternehmen“ als Koordinatorin für Zeitarbeit eingestellt. Sie koordiniert die nationalen Aktionen, Kampagnen, Informationen und Beschwerden rund um das Thema Leiharbeit. In dieser Funktion ist Eva auch in der „Commissie van Goede Diensten“ der Paritätischen Kommission für Leiharbeit (PK 322) vertreten. Diese Kommission trifft sich monatlich und ist ein Verhandlungsgremium der Zeitarbeitsfirmen mit den Gewerkschaften. „Die Kommission prüft unter anderem die korrekte Anwendung der Gesetz- und Regelgebung auf dem Gebiet der Zeitarbeit“, sagt Eva. „Individuelle Fälle werden in dieser Kommission oft erläutert und geregelt. Man kann ruhig davon ausgehen, dass diese Kommission auf die Zeitarbeitsfirmen zusätzlichen Druck ausüben kann. Leider dringen nicht alle Missstände oder Fälle zu uns durch. Wir fordern die Aktivisten deshalb dazu auf, Probleme in Verbindung mit Leiharbeitern an uns weiter zu verweisen.“ Bei Fragen, Bemerkungen oder Problemen in Verbindung mit Leiharbeit, wende dich an Eva unter der Mailadresse [email protected].

Zeitarbeit

Interimagentur Unternehmen

die drei Parteien

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Eine schwierige Menage à trois

VF Europe – Der AußenseiterTagesverträge gibt es (glücklicherweise)

nur sehr selten in den durch ACV-CSC METEA organisierten Sektoren, aber VF Europe ist eine Ausnahme.

„Die Anzahl der Leiharbeiter variiert sehr stark. Manchmal sind es 100, manchmal sogar 200 Leiharbeiter, die bei uns arbeiten. Diese Arbeitnehmer werden bis zu 2 Jahre lang mit Tagesverträgen beschäftigt!

Es gibt Zeiten, wo das Verhältnis zwischen Kernbelegschaft/Leiharbeitern bei 1 (Stammarbeitnehmer) zu 4 (Leiharbeitern) lag. Solche Situationen wirken sich negativ aus auf die Arbeitsmoral...

Wir setzen uns für unsere Leiharbeiter ein, aber das ist nicht einfach. Abgesehen von der großen Fluktuation bei den Betroffenen gibt es häufig auch eine Sprachenbarriere. Dennoch drehen wir jeden Monat unsere Runde im Betrieb und sprechen jeden an. Wir überzeugen die Leiharbeiter, sich der ACV als Mitglied anzuschließen. Wir geben ihnen unsere Broschüren. Wir versuchen, unsere Leiharbeiter so gut wie möglich zu verteidigen.“ M

Jordy Van den Bossche von der Firma Tarkett nv

„Bei uns arbeiten ungefähr 300 Personen, darunter 17 Leiharbeiter.

Jeder im Unternehmen fängt auf Zeitarbeitsbasis an, mit einem Wochen- oder einem Monatsvertrag. Nach maximal 6 Monaten bekommt der Beschäftigte einen zeitlich befristeten Vertrag (6 Monate). Nach maximal 4 Verträgen mit zeitlicher Befristung folgt ein zeitlich unbefristeter Vertrag.

Wir planen momentan keinen effektiven „Empfang“ für neue Kollegen, aber in Kürze wollen wir ein System der Patenschaft für alle Neuzugänge einführen.

Momentan sind meine Kenntnisse zur Gesetzgebung rund um die Leiharbeit noch begrenzt, aber das möchte ich ändern. Wenn jemand mit einer Frage zu den Mahlzeitschecks für Zeitarbeitskräfte kommt, kann ich Auskunft geben, ohne jemanden fragen zu müssen.“

Läuft es in deinem Betrieb in punkto Leiharbeit nicht so wie es sollte? Nimm Kontakt auf mit [email protected]

Mehr Infos unter www.acv-interim.be

2 BEISPIELE AUS DER PRAXIS

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Die KMU im FokusAm 22. November 2018 haben wir

gemeinsam mit der ACV Mons-La Louvière und der CNE einen

Aktionstag für KMU im Industriegebiet von Cuesmes organisiert. Am Aktionstag waren regionale Propaganda-Verantwortliche, Gewerkschaftssekretäre sowie Militante und betriebliche Delegierte aus beiden Zentralen anwesend. ACV-CSC METEA Sekretärin Isabelle Hoslet berichtet darüber.

Welche Aktionen habt ihr bereits geführt? ISABELLE: „Wir haben einen Foodtruck in die Industriezone Cuesmes kommen lassen. So können Arbeitnehmer, Delegierte und Sekretäre in Ruhe diskutieren und gleichzeitig ihren Hunger mit einem herzhaften Burger stillen. Gestern haben wir eine Reihe von KMU besucht. Wir haben ersten Kontakt zu den Arbeitnehmern hergestellt, ihnen einen Rabattcoupon ausgehändigt und sie über die Aktion am darauffolgenden Tag informiert.“

Warum dieser Aktionstag? ISABELLE: „Während des Aktionstages haben wir die Kalender, die sektorspezifischen Publikationen und Informationen zum Thema Berufsausbildung verteilt. Wir haben mit den Leuten vor Ort geredet. Wir haben ihnen gesagt, dass sie als Arbeitnehmer auch Rechte haben und dass wir als Gewerkschaft ihnen dabei helfen können. Wir haben ihnen auch erklärt, dass sie sich uns anschließen können und welche Vorteile ihnen eine Mitgliedschaft bringt. Es ist nicht so, dass, weil sie in einem KMU arbeiten, in dem es keinen Gewerkschaftsvertreter gibt, sie keinerlei Rechte haben und die Gewerkschaft nichts für sie tun kann. Wir haben den Beschäftigten gesagt, dass auch sie das Recht haben, vertreten zu sein, und dass wir bereit sind, ihnen zuzuhören und ihnen,

wenn sie dies wünschen, dabei helfen können, diese gewerkschaftliche Vertretung aufzubauen. Außerdem wollten wir den Menschen die Augen öffnen, indem wir ihnen andere Formen der Weiterbildung vorgestellt haben.“

Haben die Beschäftigten von KMU etwa andere Bedürfnisse und Anforderungen als in Großunternehmen? ISABELLE: „In großen Unternehmen ist es einfacher, die Delegierten für Weiterbildungen frei zu stellen. Sie sind auch zahlreicher, so dass sie sich leicht gegenseitig beraten können, Informationen austauschen oder sich die Arbeit aufteilen können. In KMU ist es auch schwieriger, den Mitgliedern bestimmte Leistungen zur Verfügung zu stellen. Die Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, betreffen oft auch sehr spezifische, betriebsbezogene Fragen. Sie brauchen daher mehr Unterstützung bei der Gesetzgebung oder bei Informationen über ihre Rechte oder über Maßnahmen in diesem Sektor. Diese Beschäftigten brauchen viel Unterstützung, weil sie sich nicht viel Zeit für die Gewerkschaftsarbeit nehmen können. Wir informieren sie daher sehr spezifisch.“

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Das Metea Magazine hat auch mit Santè Bravin, Delegierter bei Omnia-Cars Renault, gesprochen. Das Unternehmen mit rund dreißig Mitarbeitern in acht Werkstätten hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt.

Wie bist du Delegierter in einem KMU geworden? SANTÈ: „Als ich anfing zu arbeiten, hatte ich regelmäßig mit einem etwas älteren Mann zu tun, der in die Werkstätten kam. Nach ein paar Gesprächen fragte er mich, ob ich mich der Gewerkschaft anschließen wolle. So bin ich bei der Gewerkschaft gelandet. Die Jahre vergingen. Im Betrieb herrschte noch immer eine sehr familiäre Atmosphäre. Wir haben die Probleme stets im Miteinander gelöst. Die Fusionen haben die Situation jedoch grundlegend verändert. Da wir nun mehr Arbeitnehmer beschäftigten, wurde eine offizielle Gewerkschaftsdelegation notwendig. Wir haben zum ersten Mal Sozialwahlen abgehalten. Da ich bereits einige Dienstjahre angesammelt hatte und viele Mitarbeiter kannte, wurde ich zum Delegierten gewählt.“

Wurde dies von den anderen Kollegen und der Betriebsleitung gut aufgenommen? SANTÈ: „Anfangs war mein Chef nicht so gewerkschaftsfreundlich gesinnt. Aber die Beziehung ist lange Zeit gut geblieben. In den Versammlungen konnten wir unsere

Sorgen äußern und mit dem Management besprechen. Diese Diskussionen fanden immer in einer konstruktiven, offenen Atmosphäre statt. Diese Gewerkschaftsarbeit ist auch für jene Kollegen von Vorteil, die es sonst nicht wagen würden, bestimmte Probleme oder Besorgnisse anzusprechen.“

Welches sind die wichtigsten Herausforderungen für Aktivisten in KMU? SANTÈ: „In den letzten Jahren stellen wir fest, dass sich die Dinge verändern. Das Management übt immer mehr Druck aus. Die Arbeitsleistung muss stets hochgeschraubt werden. Die Regeln müssen strenger eingehalten werden. Es bedarf viel größerer Anstrengungen, um die positive Stimmung zu erhalten und dicht am Puls der Mitarbeiter zu bleiben. Wir müssen sie immer wieder motivieren, sich trotz des erhöhten Drucks weiterzubilden und weiter zu entwickeln.

Es ist jedoch notwendig, den Beschäftigten in den KMU zu erklären, was die Gewerkschaft ist und was sie tut. Für sie ist der Begriff Gewerkschaft gleichbedeutend mit Schutz. Wir müssen ihnen klar machen, dass die Gewerkschaft nicht nur dann da ist, wenn es Probleme gibt. Anders, und in der Sprache der Kfz-Welt ausgedrückt: Sie sollten mit dem Besuch einer Kfz-Werkstatt nicht warten, bis sie eine Autopanne haben.“ M

Isabelle: „In einem KMU ohne Gewerk-schafts- delegation zu arbeiten, bedeutet nicht, dass man keine Rechte hat.“

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Was war da los?In derselben Woche hatten wir noch ein Abkommen über eine

lineäre Lohnerhöhung von 1% für alle Arbeiter ab dem 1. Januar 2019 verhandelt. Das war schon ziemlich überraschend angesichts der tumultreichen Gespräche über Lohnnorm und Branchenvereinbarung. Aber... es gab auch weniger gute Neuigkeiten. Der Bonusplan (KAA 90) war eine Enttäuschung. Der Betrag fiel niedriger aus als im vergangenen Jahr, da auch das Betriebsergebnis niedriger ausfiel.

Die Arbeitnehmer sind der Meinung, dass nicht sie den Kopf für ein Problem hinhalten sollen, für das sie nicht verantwortlich sind. Sie haben im vergangenen Jahr härter und flexibler gearbeitet als je zuvor. Und dann blieb die verdiente Belohnung dafür aus.

StreiktagDie Reaktion der Arbeitnehmer wurde seitens unserer

Delegierten auf fachkundige Weise kanalisiert. Alles wurde sorgfältig und respektvoll vorbereitet. Am Freitagmorgen wurden die Gewerkschaftssekretäre aus dem Bett getrommelt... Es gab einen warmen Empfang am fast vollzähligen Streikposten. Sogar die Nachtschicht blieb vor Ort und besorgte den Kaffee.

Schnell zum lösungsorientierten DialogDie Betriebsleitung war natürlich erschrocken, gleichzeitig aber

auch entrüstet über diese spontane Aktion. Nach einem Gespräch mit den Gewerkschaftssekretären konnte dann doch recht rasch eine konstruktive Linie gefunden werden. Die Problematik war eindeutig und man suchte sowohl nach kurzfristigen Lösungen (zur Beendigung der Streikaktion) als auch nach langfristigen. Im Nachmittag konnte der Streik dank einiger konkreter Vereinbarungen und der Verpflichtung zu weiteren Gesprächen beendet werden.

Das ErgebnisKurzfristig und als direktes Signal in Richtung mehr Kaufkraft

wird der Bonus auf 850 Euro angehoben, und für den Streiktag wird der Lohn ausgezahlt. Gleichzeitig hat man sich auch bereit erklärt, die weiteren Fragen im Rahmen der gewerkschaftlichen Interessenvertretung im Monat März zu besprechen: ▶ Eine ausgewogenere Berücksichtigung der betrieblichen Zielvorgaben im Bonusplan, so dass es nicht „alles oder nichts“ gibt.

▶ Ein Stufenplan in Richtung Gleichschaltung der Gruppenversicherung für Arbeiter und Angestellte.

▶ Weitere Etappen in der Lohnentwicklung.Der Ausschuss befasst sich aber auch unmittelbar mit den

bezüglich der Arbeitsqualität gemachten Bemerkungen. Diese betreffen den Arbeitsdruck, Schichtwechsel, usw. M

O der besser gesagt: Eine echter (und berechtigter) Ausdruck der Entrüstung. Ein nicht zu missverstehendes Signal in Richtung Kaufkraftverbesserung. Am 25.Januar haben die Arbeitnehmer des Betriebs Bekintex (Wetteren,

Ostflandern) völlig unerwartet die Arbeit niedergelegt. Die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz konnte nicht mehr gezügelt werden.

Ein starkes Signalfür mehr Kaufkraft

Myriam Vervaet, Mieke Rasschaert, Ann-Marie Dewaele

UNSERE VERTRETER KOMMEN ZU WORT:MIEKE: „Ich habe selten eine so starke und spontan ausgedrückte Entrüstung verspürt wie bei diesem verringerten Bonus. Die Kollegen haben uns vorgeschickt, und wir sind in die Verantwortung gegangen. Wir haben dann energische Schritte in die Wege geleitet.“ANN-MARIE (ANGESTELLTE) : „Zwar beteiligt sich nur eine Minderheit der Angestellten an dieser Aktion. Aber ich bin Teamleaderin, und ich stehe hier im Namen meiner Leute, die jeden Tag ihr Bestes geben.“MYRIAM: „Sowas war mal nötig, um denen die Augen zu öffnen. Wir sind gespannt auf die weiteren Gespräche und Schritte, die wir unternehmen werden.“

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Es gibt eine gute Chance, dass du diese Zeile eher mitgesungen, als -gelesen hast. „Respect“ ist wohl der bekannteste Song von Aretha Franklin, der im letzten Jahr verstorbenen Queen of Soul. Was ist nicht wusste, ist dass das Lied 1965 ursprünglich von Otis Redding herausgebracht wurde. Franklin hat 1967 die Bedeutung des Textes drastisch abgeändert, zu einer Zeit, wo die Bürgerrechtsbewegung in Amerika sich auf ihrem Höhepunkt befand. Ursprünglich ging es in dem von Redding komponierten Song noch über „Mann arbeitet den ganzen Tag - bringt das Geld nach Hause - fordert „Respekt“ (sprich: Sex) als Gegenleistung“. In der Version von Franklin hören wir eine Frau, die Respekt fordert für das, was sie ist. Das Lied ist zu einem Schlachtruf für all jene geworden, insbesondere für Frauen, die es satt sind, nach wie vor und viel zu häufig als halber Mensch betrachtet zu werden, und er ist ein Aufruf nach Gleichberechtigung.

Warum erzähle ich das hier? Am kommenden 8. März ist - so wie jedes Jahr - der Internationale Frauentag. Ein Tag, der im Zeichen der Frauensolidarität steht. Die Lenkungsgruppe Gender der ACV-CSC METEA hat diesen Tag unter das Motto „Respekt - Es funktioniert“ gestellt. An diesem Tag werden wir, genau wie im vergangenen Jahr, in einer Reihe von Unternehmen Maßnahmen ergreifen, um allen Frauen Mut zu zusprechen und um ihnen ein wenig mehr Respekt zu zollen, insbesondere an diesem Tag.

Was bedeutet Respekt für uns? Respekt bedeutet ursprünglich „sich kümmern“ und will sagen,

dass jemand eine andere Person berücksichtigt, dass man nicht auf jemand anderen herabblickt.

Aber haben alle das Glück, mit Respekt behandelt zu werden? Erhalten Frauen... ▶ Respekt für die Entscheidungen, die sie in ihrer Karriere treffen? ▶ Respekt für die Pflege, die sie Eltern, Kinder, Partner schenken....?

▶ Respekt für die Arbeit, die sie im Unternehmen und zu Hause leisten?

▶ Respekt für das, was sie sind?

Mit anderen Worten, ist Aretha Franklins Botschaft angekommen? Leider nein. Ich könnte euch mit Zahlen über häusliche Gewalt, die gläserne Decke, über Frauen, die bei der Arbeit sexuell belästigt werden, totschlagen.... Ich könnte euch auch sagen, dass die derzeitige Politik berufliche Entscheidungen nicht respektiert, was zu einer Rentenlücke zwischen Männern und Frauen führt. Aber nein, das werde ich nicht tun. Ich möchte lieber an alle appellieren: Beginne bei dir selbst, zeige Respekt vor den Menschen um dich herum, höre zu, warum Entscheidungen getroffen werden, betrachte die Menschen als gleichwertig und schätze sie als das, was sie sind.

Und irgendwo hoffe ich, dass du beim Lesen dieses Artikels gedacht hast: Aber ich habe Respekt vor allen und mit Sicherheit auch vor Frauen. Nun, damit fängt es an. Achte auf unsere Aktion am 8. März. Unterstütze sie. Teile sie. Und wie Aretha Franklin sagte:

“I think it would be a far greater world if people were kinder and more respectful to each other” ARETHA FRANKLIN (1942 - 2018). M

R-E-S-P-E-C-TFind out what it means to me

In dieser festen Kolumne des METEA Magazins lassen wir jeweils einen/eine Mitarbeiter/in von ACV-CSC METEA zu Wort kommen.

KolumneKolumnistin ist diesmal Kathleen Van Walle, Mitarbeiterin des Studien- und Bildungsdienstes.

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