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Yolanda Cavalli-Flepp 1 Presseschau Januar – August 2009 Wirtschaftsdaten Schwerste Wirtschaftskrise seit den 30-er Jahren. Globale Rezession L Ab Februar befinden sich die fortgeschrittenen Volkswirtschaften in den USA sowie in Europa und Japan „in einer Depression“. Ab ~Mai: Erste Zeichen einer leichten Aufhellung. Talsohle durchschritten??? Zumindest verringert sich das Tempo des Abschwungs…Trotzdem belasten immer neue Hiobsbotschaften die Staatshaushalte. Sektoren, die von der Wirtschaftskrise noch relativ wenig betroffen sind: Energiesektor, IT-Branche, Umwelttechnologie (Solartechnik; Windräder, etc. erneuerbare Energien, etc.) Die WTO schätzt die Verluste im Welthandel auf 9%. Weltweit keynesianische Stimulierungspakete: Investitionen in Infrastruktur (Renovierung von Schu- len, Spitälern, Straßen, Transportmitteln), Bildung und Umwelttechnik; einige Staaten gewähren Steuererleichterungen. Zwist zwischen den USA und der EU, bzw. zwischen den EU-Mitgliedern selbst, über die Höhe der schuldenfinanzierten Konjunkturprogramme L Überall explodieren die Staatsschulden. Nach Einstellungsstopp, Abschied von Leihkräften, Abbau von Arbeitszeitkonten, Produktionspausen, Kurzarbeit, etc. gehen Unternehmen weltweit zu Entlassungen über: der deutsche Handelskonzern Metro will weltweit rund 15 000 Stellen streichen, Philipps entlässt 6 000 Angestellte, SAP streicht 3 000 Jobs, Intel, Ebay, Yahoo, Google, HP, Logitech, etc. kündigen einen massiven Stellenabbau an (im Januar sind in der IT-Branche mehr als 30 000 Jobs gestrichen worden)… L Weltweit steigen die Arbeitslosenquoten. Weltweiter Absatzeinbruch in der Autoindustrie trotz Verkaufspreissenkungen L VW, Daimler, Peu- geot, Honda, Renault, Toyota, GM, Chrysler, etc. verzeichnen Verluste in Milliardenhöhe und schrei- ben rote Zahlen. Viele Investmentbanken machen erneut Gewinne und zahlen ihren Managern wieder Boni in Millio- nenhöhe… Inzwischen leiden auch die Entwicklungs- und Schwellenländer unter der globalen Rezession: weni- ger Exporte, weniger Investitionen von Industrieländern + Kapitalabzug verschlechtern rasant ihre Wirtschaftslage. Allgemeines: Die WHO ruft wegen der Schweinegrippe den Pandemie-Alarm aus. Bevorstehende Nahrungsmittelkrise (die Zahl der Hungernden ist bereits 2008 zum 1. Mal auf über 1 Milliarde Menschen gestiegen) Einerseits: Bis 2050 dürfte die Weltbevölkerung auf 9,1 Mrd. Menschen gestiegen sein (gut 2 Mrd. mehr als heute). Andererseits: Tausende von Hektaren Ackerland gehen durch den Klimawandel, Verödung, Urbanisierung und Wassermangel verloren. L Investmentfonds, Banken und Regierungen liefern sich einen Wettlauf um den Zugang zu den noch existierenden Anbauflächen in Afrika, Asien und Südamerika, wo sie Agrarland kaufen oder pachten, um ihre Abhängigkeit vom Weltmarkt und dem Import zu verringern. Deutschland Experten zufolge befindet sich Deutschland in der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte. Erste Anzeichen einer leichten Besserung gegen den Sommer hin. Fakten: Für 2009 wird mit einem Rückgang des BIP bis zu 4% gerechnet Nachdem die Arbeitslosenquote 2008 auf unter 3 Mio. gesunken war, ist sie im März 2009 auf über 3,5 Mio. gestiegen = 8,3%, Tendenz steigend L Bei der Bundesagentur für Arbeit erwartet man für 2009 ein Defizit von knapp 11 Mrd. € (2008 waren die Kassen noch voll…)

jan august 2009 - Cité Scolaire Maurice Ravel, Paris · 2014. 1. 8. · 20 Jahre hatte der Osten Europas gebraucht, um die alten ineffizienten Strukturen der staatlichen Plan-wirtschaft

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Page 1: jan august 2009 - Cité Scolaire Maurice Ravel, Paris · 2014. 1. 8. · 20 Jahre hatte der Osten Europas gebraucht, um die alten ineffizienten Strukturen der staatlichen Plan-wirtschaft

Yolanda Cavalli-Flepp

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Presseschau Januar – August 2009

Wirtschaftsdaten Schwerste Wirtschaftskrise seit den 30-er Jahren. Globale Rezession è Ab Februar befinden sich die fortgeschrittenen Volkswirtschaften in den USA sowie in Europa und Japan „in einer Depression“. Ab ~Mai: Erste Zeichen einer leichten Aufhellung. Talsohle durchschritten??? Zumindest verringert sich das Tempo des Abschwungs…Trotzdem belasten immer neue Hiobsbotschaften die Staatshaushalte. Sektoren, die von der Wirtschaftskrise noch relativ wenig betroffen sind: Energiesektor, IT-Branche, Umwelttechnologie (Solartechnik; Windräder, etc. erneuerbare Energien, etc.)

Die WTO schätzt die Verluste im Welthandel auf 9%. Weltweit keynesianische Stimulierungspakete: Investitionen in Infrastruktur (Renovierung von Schu-

len, Spitälern, Straßen, Transportmitteln), Bildung und Umwelttechnik; einige Staaten gewähren Steuererleichterungen. Zwist zwischen den USA und der EU, bzw. zwischen den EU-Mitgliedern selbst, über die Höhe der schuldenfinanzierten Konjunkturprogramme è Überall explodieren die Staatsschulden.

Nach Einstellungsstopp, Abschied von Leihkräften, Abbau von Arbeitszeitkonten, Produktionspausen, Kurzarbeit, etc. gehen Unternehmen weltweit zu Entlassungen über: der deutsche Handelskonzern Metro will weltweit rund 15 000 Stellen streichen, Philipps entlässt 6 000 Angestellte, SAP streicht 3 000 Jobs, Intel, Ebay, Yahoo, Google, HP, Logitech, etc. kündigen e inen massiven Stellenabbau an (im Januar sind in der IT-Branche mehr als 30 000 Jobs gestrichen worden)… è Weltweit steigen die Arbeitslosenquoten.

Weltweiter Absatzeinbruch in der Autoindustr ie trotz Verkaufspreissenkungen è VW, Daimler, Peu-geot, Honda, Renault, Toyota, GM, Chrysler, etc. verzeichnen Verluste in Milliardenhöhe und schrei-ben rote Zahlen.

Viele Investmentbanken machen erneut Gewinne und zahlen ihren Managern wieder Boni in Millio-nenhöhe…

Inzwischen leiden auch die Entwicklungs- und Schwellenländer unter der globalen Rezession: weni-ger Exporte, weniger Investitionen von Industrieländern + Kapitalabzug verschlechtern rasant ihre Wirtschaftslage.

Allgemeines:

Die WHO ruft wegen der Schweinegrippe den Pandemie-Alarm aus.

Bevorstehende Nahrungsmittelkrise (die Zahl der Hungernden ist bereits 2008 zum 1. Mal auf über 1 Milliarde Menschen gestiegen) Einerseits: Bis 2050 dürfte die Weltbevölkerung auf 9,1 Mrd. Menschen gestiegen sein (gut 2 Mrd. mehr als heute). Andererseits: Tausende von Hektaren Ackerland gehen durch den Klimawandel, Verödung, Urbanisierung und Wassermangel verloren. è Investmentfonds, Banken und Regierungen liefern sich einen Wettlauf um den Zugang zu den noch existierenden Anbauflächen in Afrika, Asien und Südamerika, wo sie Agrarland kaufen oder pachten, um ihre Abhängigkeit vom Weltmarkt und dem Import zu verringern.

Deutschland Experten zufolge befindet sich Deutschland in der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte. Erste Anzeichen einer leichten Besserung gegen den Sommer hin. Fakten:

• Für 2009 wird mit einem Rückgang des BIP bis zu 4% gerechnet • Nachdem die Arbeitslosenquote 2008 auf unter 3 Mio. gesunken war, ist sie im März 2009 auf über

3,5 Mio. gestiegen = 8,3%, Tendenz steigend è Bei der Bundesagentur für Arbeit erwartet man für 2009 ein Defizit von knapp 11 Mrd. € (2008 waren die Kassen noch voll…)

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Yolanda Cavalli-Flepp

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• Porsche wird Mehrheitsaktionär bei VW (= VW ist von Porsche übernommen worden). Das kleine Familienun-ternehmen hat sich damit jedoch übernommen (9 Mrd. € Schulden) è VW gewinnt schließlich den Machtkampf gegen den Stuttgarter Sportwagenbauer è Porsche wird ab 2011 als 10. Marke in den VW-Konzern eingegliedert (mit 42% des Aktienkapitals für VW, knapp weniger als 50% für die Familien Porsche & Piëch, knapp über 20% für das Bundesland Niedersachsen + Einstieg des Golfemirates Katar mit 19% [+ Mitarbeiterbeteiligung?]) è VW wird der 2. größte Autohersteller der Welt.

• Opel vor der Insolvenz: Rettung durch den Staat? Privater Investor? è Die Regierung entschließt sich

schließlich zu einem Mischmodell è Fortsetzung folgt… Gründe:

• Die wichtigsten deutschen Exportschlager wie Autos, Maschinen und Chemieprodukte sind gegen-wärtig kaum gefragt è drastischer Exportrückgang, besonders im Maschinenbau. Hier ist die Pro-duktion z.T. um 23% gesunken. Fast jeder zehnte Maschinenbauer in Deutschland arbeitet kurz.

• Kurzarbeit (Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit zufolge gibt es im Juli rund 1,4 Mio. Kurz-arbeiter), Angst um den Job è lahmende Binnennachfrage

Folgen: • Von November bis März 2009 meldeten rund 62 000 Betriebe Kurzarbeit an, was für die Betroffe-

nen hohe Einkommensverluste bedeutet è (Angst)Sparen (infolge niedrigerer Einkommen / aus Angst um den Arbeitsplatz) è So viele Geschäftsschießungen gab es noch nie: Warenhäuser [Kar-stadt-Mutter Arcandor muss Insolvenz anmelden] oder Modeketten straffen ihre Filialnetze oder müssen ganz aufgeben.

Reaktionen / Maßnahmen: • Demonstrationen gegen den geplanten Stellenabbau • Lohnverzicht, etc. gegen Mitarbeiterbeteiligung? è Die IG Metall ist inzwischen grundsätzlich dazu

bereit, in spezifischen Fällen auch Kapitalanteile im Gegenzug gegen Lohnverzicht, etc. zu akzep-tieren (bisher eher gegen Versprechen von mehr Investitionen oder garantierten Arbeitsplätzen). Hauptargument: Lohnverzicht und Verzicht auf andere Leistungen verschaffen dem Unternehmen Liquidität in der Krise und die Arbeitnehmer können so „am späteren Aufschwung Anteil haben“. (Das Mitarbeiteraktienprogramm existiert bei Siemens z.B. seit 1969)

• Verlängerung des Kurzarbeitgeldes von 18 auf 24 Monate? • Merkel startet das 2. Konjunkturpaket = Infrastrukturprogramm, Entwicklung der Breitband-

technologie, Steuerentlastungen, mehr Geld für die Bundesagentur für Arbeit, um Kurzarbeit at t-raktiver zu machen) + 100-Milliarden-Euro-Hilfsprogramm für Firmen, etc.

• Abwrackprämie stimuliert den Absatz von deutschen Automarken. Mit dem Ende der Prämie (vor-aussichtlich ab 2010), wird mit einem massiven Einbruch der Neuzulassungen gerechnet è Die Überkapazitäten werden sich noch erhöhen.

USA • Obamas Politik wird zunehmend kritisiert, weil sein gigantisches Konjunkturprogramm

von 787 Mrd. $ ihrer Meinung nach nicht schnell genug greift. Seine geplante Reform des Gesundheitswesens (47 Mio. Amerikaner leben ohne Versicherungsschutz) stoßen auch bei vielen Demokraten auf Kritik.

• Stetig steigende Zahlen von Arbeitslosen, Zwangsversteigerungen, Unternehmens-verlusten und –bankrotten è Die Wirtschaftskrise hat die soziale Lage in den USA ver-schärft. Seit Ausbruch der Krise Mitte 2007 sind mehr als 5,1 Mio. Menschen zusätzlich arbeitslos. Die Quote liegt im August bei 9,6% (= höchster Stand seit 25 Jahren). Anders als in Europa, hilft der Staat den Entlassenen kaum. Deshalb bedeutet Arbeitslosigkeit in den USA oft Obdachlosigkeit, Armut und Hunger. Über 32 Mio. Amerikaner – einer von 10 Bürgern – beziehen derzeit ihr Essen über Lebensmittelkarten. Im Januar 2007 wurden in New York City 1,3 Mio. Menschen mit kostenlosem Essen versorgt. Allein zwischen Okto-ber und November 2008 ist die Zahl der Bedürftigen auf 3 Mio. gestiegen. Neuerdings werden Suppenküchen von den Hungernden regelrecht gestürmt: 1250 Mahlzeiten teilt die Chruch of the Holy Apostles in Manhatten derzeit pro Tag aus. Die soziale Krise wird nicht allein durch die wachsende Arbeitslosigkeit verursacht, son-dern auch durch die Banken, die nur zögernd Kredite vergeben. Wer seine Zahlungsver-pflichtungen nicht erfüllt, dessen Haus wird zwangsversteigert. Die Zahl dieser Verkäufe stieg im Januar etwa im Bundesstaat Illinois um 85% - die Mittelklasse stürzt ab, die Kriminalität steigt.

• Für 2009 wird mit einem Haushaltsdefizit von mehr als 10% des BIP gerechnet…

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• Kalifornien vor dem Bankrott: 9,3% Arbeitslose, 20 000 blaue Briefe an Lehrer, Sozialbeamte, Krankenschwestern… Entlassungen bei Microsoft. Zum 1. Mal seit 2003 sinkt auch das Pro-Kopf-Einkommen.

• GM und Chrysler erhalten den dringend nötigen staatlichen Überbrückungskredit. - GM Motors meldet schließlich Insolvenz an und geht Bankrott è Massenentlassungen è Die US-Regierung übernimmt 60% des Kapitals. GM produziert nun unter gewissen Regierungsvorgaben weiter; der Stundenlohn der GM-Arbeiter wurde von 28 auf 15 $/Std. gesenkt. - Der Einstieg von Fiat bei Chrysler wird vom Obersten US-Gerichtshof vorerst gestoppt è ? - Dank Abwrackprämie verzeichnen die „3 Großen“ hohe Umsätze, fahren aber global Verluste ein.

• Ab sofort in Kraft getreten: Konzerne, die eine „außergewöhnliche“ Staatshilfe zum Überleben erhal-ten, müssen die Saläre für die Chefetage massiv reduzieren (maximal 500 000 $ / Jahr)

Osteuropa 20 Jahre hatte der Osten Europas gebraucht, um die alten ineffizienten Strukturen der staatlichen Plan-wirtschaft zu überwinden. Jahrelang hatte der Westen den östlichen Aspiranten einen harten Privatisi e-rungskurs auferlegt. Das war die Voraussetzung, um dem exklusiven Brüsseler Club 2004 beitreten zu dürfen. Um so mehr irritiert im Osten nun, dass jetzt der Westen, einst Lehrmeister in Sachen Kapita-lismus, die Krise mit Verstaatlichungen und Staatskrediten niederkämpfen will… Inzwischen hat die Krise aber auch die osteuropäischen Staaten erreicht: Die Arbeitslosenzahlen explodieren (16,3% in Lettland [2007 waren es noch 5%], 15,6% in Estland, etc.) Gründe:

• Banken und Investoren ziehen sich aus Osteuropa zurück bzw. bleiben fern. • Exporteinbruch è Drastischer Produktionsrückgang è Lohnkürzungen bis zu 30%, Massenpleiten

(drastischer Produktionsrückgang) è Massenkündigungen: Zehntausende von Arbeitsplätzen ge-hen verloren, vor allem in der Metallindustrie, im Bergbau und im Textilsektor.

• Hunderttausende von polnischen, ungarischen und rumänischen Gastarbeitern bzw. Arbeitsmigranten, die im Westen gut bezahlte Jobs gefunden hatten, werden in ihre Heimat zurückgeschickt (mehrere westeuropäische Länder starten „Programme zur freiwilligen Rückkehr“, zumal bei ihnen selbst die Arbeitslosenquoten explodieren (18,7% Ar-beitslose in Spanien, 37% Jugendarbeitslosigkeit).

Maßnahmen: • Staatliche Bauprojekte sollen die arbeitslosen Heimkehrer auffangen. • Ungarn, Polen, die Tschechische Republik, Rumänien, etc. bitten EU, Weltbank und IWF um

Milliardenhilfe. Probleme:

• Hohe Staatsschulden, da viele Beitrittsländer in den letzten Jahren mehr importierten als sie exportierten.

• Hohe Kursverluste in Ländern, deren Währungen nicht fest an den Euro gebunden waren. • Hohe private Verschuldung: der Inlandskonsum war größtenteils auf Pump finanziert (in Estland

gab es Kredite sogar per SMS) / Hausbesitzer hatten wegen dem niedrigen Zinssatz Kredite in Schweizer Franken aufgenommen è Weil ihre Währungen jetzt gegenüber dem Schweizer Franken stark an Wert verlieren, können sie ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen…

Schweiz Die UBS „lockert“ das Bankgeheimnis und gibt auf Druck der USA den Namen von hunderten des Steuer-betrugs verdächtigen US-Kunden preis. Irland Irland steht vor dem Bankrott: Für 2009 wird mit einer Arbeitslosenquote von 11% (gegenüber 4% im Jahr 2008) und einem Wachstumsrückgang von 5% gerechnet. Viele Investoren ziehen sich aus Irland zurück, Unternehmen wie Dell verlagern nach Polen. Haushaltsdefizit: 12% des BIP; Verluste irischer Banken: ~35 Mrd. €; in Betracht gezogene Sparmaß-nahmen: Schließung von Schulen und Krankenhäusern, Verdreifachung der Schulbuspreise, Verringerung der Kindergeldzahlung, Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst, drastische Erhöhung der Rentenbeiträge, Schließung der Hälfte der Polizeiwachen, etc. Erwartete Arbeitslosigkeit 2009: 12% China Wirtschaftswachstum 2007: 11,9% / 2008: 9,3% / 2009: zwischen 8,5 und 9,8% erwartet 4-Billionen-Yuan-Paket zur Ankurbelung der chinesischen Wirtschaft. Im 1. Halbjahr: • Starker Rückgang von ausländischen Investitionen; starker Exportrückgang • Zahlreiche Fabrikschließungen è 20 Mio. Wanderarbeiter haben bereits ihren Job verloren.

Chinas Exporte schrumpfen wegen sinkender Nachfrage in Europa und in den USA. Hinzu kommt eine wachsende Konkurrenz aus Südostasien è viele Produkte aus Indien, Vietnam und Pakistan sind inzwischen günstiger als chinesische Waren!

• Die in Dollar angelegten Währungsreserven „schmelzen“ mit dem bröckelnden Dollar (trotzdem im-mer noch 2,13 Billionen $ Währungsreserven)

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Yolanda Cavalli-Flepp

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Indien 500 Mio. Inder, d.h. die Hälfte der indischen Bevölkerung, lebt mit weniger als 2 $/Tag. Besonders Menschen auf dem Land profitieren wenig vom Wirtschaftswachstum. Ebenfalls von der globalen Rezession betroffen è Im März registrierte man bereits 1 Million Entlassun-gen. 2. Konjunkturprogramm zur Ankurbelung der Wirtschaft gestartet. 2009 wird noch 5% Wachstum erwartet (gegenüber durchschnittlich 8,8% in den Vorjahren). 3 Standortvorteile: junge Bevölkerung, gut ausgebildet, gute Englischkenntnisse. Japan Die 2. größte Volkswirtschaft der Welt leidet ebenfalls unter starken Exportrückgängen (-14%) è Japani-sche Unternehmen erwarten hohe Verluste und bauen Stellen ab: 5,2% Arbeitslose im Mai. OECD und IWF rechnen mit einem starken Rückgang der japanischen Wirtschaftsleistung im Jahr 2009. Russland Russland wertet den Rubel um 10% ab. EZB Die europäische Zentralbank senkt erneut die Leitzinsen. G-20-Treffen in London „Internationales Krisenforum“. Die Vertreter der wichtigsten Industriestaaten diskutieren über die globale Rezession, die taumelnde Finanzindustrie und den Einbruch des Welthandels. G-8-Treffen Diskussionen über die globale Krise + Beschluss, die Klimaerwärmung zu begrenzen – einmal mehr ohne sich auf konkrete Maßnahmen festzulegen… Bemerkung: G-8 wird weitgehend von G-20 abgelöst, da aufstrebende Schwellenländer wie China, In-dien, Brasilien und Südafrika in den internationalen Institutionen mehr Gewicht erhalten, zumal sie in der Weltwirtschaft längst eine wichtigerere Rolle spielen als manches traditionelle G-8-Mitglied (wie Italien, z.B.) WTO Die WTO sowie die G-7-Staaten warnen vor zunehmendem Protektionismus infolge der zahlreichen Konjunkturankurbelungsprogramme. In der Abschlusserklärung wird festgehalten, dass „für den globalen Wohlstand (…) ein offenes Handelssystem unverzichtbar“ ist è Die G-7-Länder versprechen, keine neuen Handelsbarrieren aufzubauen. Die Debatte wurde ausgelöst durch die amerikanischen Pläne einer so genannten „Buy American“-Klausel und auch der Ankündigung Frankreichs, die heimische Autoindustrie im Gegenzug für Standortgarantien zu unterstützen è Auch die EU zieht die Alarm-Glocke und warnt vor protektionistischen Maßnahmen und Wettbewerbsnachteilen für ausländische Hersteller. Nur 3 Beispiele: Russland etwa erhöht die Zölle für Gebrauchtwagen, China verschärft die Einfuhrvorschriften von Nah-rungsmitteln, Indien sperrt chinesisches Spielzeug aus, etc. Handelsstreit USA vs. EU: Hormonrindfleisch gegen Roquefort: Die USA erhöhen die Einfuhrzölle auf Roquefort um 300%, weil die EU-Staaten (mit Ausnahme Großbritanniens) sich weigern, amerikanisches Hormonrindfleisch zu importieren. Am 1. September tritt das am 19. Februar 2009 zwischen der Schweiz und Japan unterzeichnete Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft in Kraft. IWF Der IWF erlässt den ärmsten Ländern der Welt bis Ende 2011 die Zahlung der Zinsen auf ihre Schulden und verspricht eine deutliche Aufstockung seiner Finanzhilfe für bis 2014. EWF Diesmal geht es in Davos um die globale Finanzkrise, den Klimaschutz und die zunehmende Gefahr von Nahrungs- und Wassermangel sowie Deflation und Protektionismus. Fusionen BASF kauf die schweizerische CIBA è Tausende von Arbeitsplätzen fallen weg. Informatik Google drängt mit dem Handy-Betriebssystem Androïd auf den Markt und entwickelt Chrome OS, ein neues Betriebssystem für Computer (vorerst besonders für Netbooks), bei dem Textverarbeitung, Tabel-lenkalkulation, Kalender, etc. kostenlos direkt übers Internet genutzt werden können. Microsoft bläst zum Gegenangriff und lanciert Windows 7 + in Zusammenarbeit im Yahoo eine neue Suchmaschine namens Bing.