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B. Moerbitz Universität GH Essen, Fachbereich 9 - Architektur, Bio- und Geowissenschaften, Semester H3, WS 1972/73 Völkerkundliche Studie JIVARO-INDIANER - Ekuador Untersuchung der typischen Behausung einer naturvölkischen Kultur heutiger Zeit Inhaltsverzeichnis 1. Gegebenheiten des Umsystems 1.1 topographische G. 1.2 geologische G. 1.3 klimatische G. 1.4 soziologische G. 1.5 wirtschaftliche G 1.6 geschichtliche G. 1.7 politische G. 2. Beschreibung des Objektsystems 2.1 Bauaufgabe 2.1.1 physische Kontrolle 2.1.2 funktioneller Rahmen 2.1.3 gesellschaftliches Milieu 2.2 Form 2.3 Technik Literaturnachweis

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B. Moerbitz Universität GH Essen, Fachbereich 9 - Architektur, Bio- und Geowissenschaften, Semester H3, WS 1972/73 Völkerkundliche Studie JIVARO-INDIANER - Ekuador Untersuchung der typischen Behausung einer naturvölkischen Kultur heutiger Zeit

Inhaltsverzeichnis 1. Gegebenheiten des Umsystems 1.1 topographische G. 1.2 geologische G. 1.3 klimatische G. 1.4 soziologische G. 1.5 wirtschaftliche G 1.6 geschichtliche G. 1.7 politische G. 2. Beschreibung des Objektsystems 2.1 Bauaufgabe 2.1.1 physische Kontrolle 2.1.2 funktioneller Rahmen 2.1.3 gesellschaftliches Milieu 2.2 Form 2.3 Technik Literaturnachweis

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Siehe: earth.google.de 1. Gegebenheiten des Umsystems

1.1 topographische Gegebenheiten Das von den Jivaros bewohnte Gebiet erstreckt sich von der “Sierra” Ekuadors ausgehend über einen großen Teil des Amazonasbeckens, welches mit geschlossenen Regenwald bedeckt ist. Etwa vom 75° - 78° westl. L. und vom Äquator bis zum 5° südl. Br.

Karte 1: Südamerika Im südlichen Teil der “Sierra” setzt sich das verhältnismäßig niedrige Gebirge mit Erhebungen bis zu 6000 m, meist vulkanischen Ursprungs ‚ der “nordperuanischen Lücke” fort. Dieses wird in seiner ganzen Breite von den linken Nebenflüssen des Maranon tief zerschnitten. Weiter nach Norden bilden die Kordillerenzüge Ekuadors die Grenze des von den Jivaros bewohnten Gebietes. Auch dieses Gebirge wird von zahlreichen Zuflüssen des Amazonas zerteilt. (1) 1.1.2 geologische Gegebenheiten 1.1.2.1 Anden “Die Anden gehören zu den junggefalteten Kordilleren. Die Masse der Andengesteine, ist aus der Tiefe der Erdkruste aufgedrungen und nicht als Zerstörungsprodukt der festen Erdrinde in Sedimentationströgen abgesetzt. Die Gebirgsbildung folgte bei nur relativ schwacher Verfaltung der Gesteinsschichten in erster Linie durch vertikale Bewegungen blockartig zerbrochener Krustenteile, so zeichnet sich das äußere Erscheinungsbild der Kordilleren durch die Vielzahl vulkanischer Formen aus.” (1)

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Der tiefere geologische Untergrund, besteht in der Ost-Kordillere aus Gneisen und kristallinen Schiefern, die von Dionit und Granitblöcken durchsetzt sind. (2) 1.1.2.2. Andenvorland Das Nordwest-Amazonische Andenvorland, zwischen 200 und 600 m über NN, besteht überwiegend aus bunten, tertiären Sandsteinschichten, die in Andennähe noch leicht gefaltet sind und niedrige andenparallele Hügelketten formen. Aus den Andentälern greift eine die Tertiärtafeln überziehende, pleistozäne Gerölldecke weit ins Andenvorland hinaus und bildet hier die ebenen Mesas zwischen den zahlreichen von der regenreichen Ost-Kordillere herabkommenden Flüssen. (1) 1.1.3 klimatische Gegebenheiten Vegetation: Feuchtes Hochgebirgsland der Tropen, feuchte Gebüsche der Anden. Niederschlagsmenge: Im Jahr durchschnittlich 2500 - 5000 mm. Temperatur: Nachmittags rund 30° C, Nächte kühl. Hohe relative Luftfeuchtigkeit. (2) “Das Gebiet liegt in jenen Breitenzonen, in der die passatischen Luftströmungen beider Halbkugeln konvergieren und das ganze Jahr über zu aufsteigender Bewegung, der stark wasserdampfhaltigen Tropikluftmassen und damit zu permanenter Wolken- und Niederschlagsbildung Anlaß geben. So zeichnet sich die Witterung durch ganzjährig bewölkten Himmel aus, und es regnet im Mittel jeden zweiten Tag, wobei die Monate Mai - Juni sowie Oktober - November besonders feucht sind. Der unter diesen Klima dicht geschlossene tropische Regenwald hat im kolumbianischen-ekuadorischen-Andenvorland bislang ebenso die wissenschaftlichen Erforschungen wie eine planvolle wirtschaftliche Erschließung verhindert.” (1) 1.1.4 soziologische Gegebenheiten “Der amazonische Urwald hat sich Dank seiner Undurchdringlichkeit als wohl einzigartiger Konservator ursprünglicher, von der Zivilisation kaum berührter menschlicher Lebensformen erwiesen. Im Gegensatz zu seiner organischen Lebensfülle erlaubt er den Menschen aber nur eine bescheidene Lebensentfaltung, die zu dem noch durch eine starke Isolierung und Zersplitterung gekennzeichnet ist. Der sprachlich-kulturellen Vielfalt steht eine, durch den gleichen Naturzwang des Lebensraumes bedingte, weitgehende Gleichartigkeit der Lebens- und Wirtschaftsformen aller amazonischen Waldbewohner gegenüber. So sind sie wegen der schnellen Bodenerschöpfung alle paar Jahre gezwungen, ihren primitiven Brandrodungsfeldbau sowie ihre großen Sippenhäuser zu verlegen.” (1) Nach Schätzungen leben heute im oberen Amazonasgebiet nur noch etwa 25 000 Jivaros. Das sind allerdings recht unbestimmte Schätzungen, bei denen man die durchschnittliche Anzahl der Bewohner einer Héa (Sippenhaus) für das ganze von Jivaros besiedelte Gebiet zugrunde legte. (3) In der Sprache und auch in der Kultur unterscheiden sich die Jivaros eindeutig von den umwohnenden Völkern. Wir dürfen sie also nicht als einen Teil einer größeren Gruppe ansehen. Der Stamm teilt sich in viele regionale Gruppen auf, die nur locker zusammenhängen und durch natürliche Grenzen, hauptsächlich Flüssen getrennt sind. (4)

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Die Jivaros leben in großen Familiengruppen, mit vielen Verwandten zusammen. Sie haben keine eigentlichen Dörfer, sondern wohnen nach Stämmen von ca. 30 Menschen aufgeteilt, in Gemeinschaftshäusern. Die Entfernung bis zur nächsten Héa ist oft sehr groß. Sie beträgt nicht selten l0 bis 20 km. Eine eigentliche Stammesorganisation besteht nicht, aber gelegentlich schließen sich einzelne Gruppen unter einem Anführer zusammen, wenn sie einen größeren Angriff unternehmen wollen. (5) Haß und Furcht, die aus den Verpflichtungen der Blutrache erwachsen, beherrschen den Jivaro. Wie in vielen primitiven Gemeinschaften gilt auch für ihn die Forderung: “Auge um Auge, Zahn um Zahn.” Der Medizinmann tritt besonders bei wichtigen Gemeinschaftszeremonien hervor. Er kann, muß aber nicht unbedingt zugleich das Oberhaupt der Jivaro - Familie sein. (4) Männer- und Frauenarbeit ist aus religiös bedingten Gründen streng getrennt. Das heißt, daß die Jivaros glauben, das bestimmte Pflanzen und Tiere männliche, andere wieder weibliche Seelen haben. Ansonsten nehmen die Frauen eine außerordentlich niedrige Stellung ein. (6) 1.1.5 wirtschaftliche Gegebenheiten Die Produktion des menschlichen Bedarfes zielt hier nur auf die Selbstversorgung, in der Hauptsache auf die Gewinnung tropischer Waldprodukte. Von planvoller Erschließung kann keine Rede sein. (1) Obwohl sie mehr von Feldfrüchten als von Wild leben, sind die Jivaros ausgezeichnete Jäger und bringen viele Tierarten z.B. Wild und Nabelschweine, Vögel, Krokodile, Schildkröten, Eidechsen und Frösche als Beute heim. Haltbar machen sie Fleisch durch Räuchern. Die wichtigste Kulturpflanze der amazonischen Indianer ist die einheimische Manjok, ein Wolfsmilchgewächs, dessen Stärke, aber auch blausäurereiche Wurzelknollen, sie schon früh zu entgiften gelernt haben. Das daraus gewonnene Mehl, ist heute neben braunen Bohnen eines der wichtigsten Volksnahrungsmittel. Das am besten aufzubewahrende Nahrungsmittel ist jedoch eindeutig eine Manjokbiersubstanz, welche gut mit Speichel gemischt in Steintöpfen in der Erde vergraben, bis zu einem halben Jahr lang schmackhaft bleibt . Die Jivaros verstehen es, ihre Nahrungsmittel durch Kochen und Rösten gar zu machen. Feldfrüchte sind: Mais, Süßkartoffeln, Kürbisse, Erdnüsse, Pisang, Bohnen, Bananen und Papaja, Außerdem bereichern - nach Karsten - verschiedene Fischarten die Speisekarte. Mangel hat der Jivaro an Salz. Als Haustiere werden Hunde genannt. Die Jivaros betreiben außerdem Hühnerzucht. Kleidung besorgen sie sich durch das Weben von Baumwollstoffen. Die Vielehe ist bei den Jivaros wirtschaftlich bedingt. Ihren Grund hat sie in der Notwendigkeit der Arbeitsteilung. Eine Frau kann unmöglich alle häuslichen Arbeiten verrichten, auf dem Feld sein, sich um die Kinder, und auch noch um den Mann kümmern, Sie begrüßt es deshalb, wenn der Mann eine zweite oder dritte Frau heiratet. (3) Ein Handel findet nicht statt. 1.1.6 geschichtliche Gegebenheiten Man vermutet, daß die Jivaros von den Inkas um l200 aus den Anden vertrieben wurden. (1) 1599 Aufstand gegen Spanier. “Unter dem Regime der Spanier vor ca. 300 Jahren, fühlten sich die Jivaro - Indianer bedroht 1599 kam es deshalb zu einem Existenzkampf ‚ bei welchem die Spanier aus dieser Gegend vertrieben wurden.” (5)

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Die Jivaros hatten reichlich Gelegenheit zum Christentum überzutreten, seit die Jesuiten um 1638 Missionsniederlassungen errichteten. 1656 gründete man am Maranon die Stadt Santiago de Santander, aber auch hier überfielen die Jivaros die Spanier. 1692 machte man noch mal einen ergebnislosen Versuch, die Jivaros zu bekehren. 1767 reiste Pater Andres Camacho in weiten Gebieten des Landes umher und es gelang ihm tatsächlich 200 Kinder zu taufen. 1790 wurde die Missionsarbeit unterbrochen und erst 1803 wieder aufgenommen. Der Versuch Militärposten in der Region einzurichten, ist wiederholt fehlgeschlagen. (7) So seltsam es auch anmutet, die Jivaros verwenden ihre berühmteste Waffe, das Blasrohr erst seit 1700 an. Es ist möglich, daß Eingeborene aus Südostasien, die auf spanischen Gallionen nach Südamerika kamen, das Blasrohr mitbrachten. Doktor Stirling glaubt mit dieser Vermutung auch die Erklärung, für die so häufig beiderseits des Pazifiks beobachteten Parallelen in der Herstellung des Blasrohres gefunden zu haben. (4) 1.1.7 politische Gegebenheiten Durch das isolierte Leben der Jivaros, ist ein politisches Handeln ausgeschlossen.

Karte 2: Ausschnitt von Südamerika

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“Die Regierungen Ekuadors und der benachbarten Staaten, müssen ihre Politik auf die Lebensfragen der Urbewohner dieser Länder einstellen. Denn es ist Tatsache, daß diese Stämme, mit jedem Tag weniger werden und daß einmal der Augenblick kommen wird, daß sie, wie dutzende andere Indianerstämme, ausgestorben sein werden.” (3) 2. Beschreibung des Objektsystems

2.1 Bauaufgabe 2.1.1 physische Kontrolle a) Regenwasser: Vor den häufigen Regenfällen schützt ein vorn First zur Traufe leicht abfalllendes‚ mit Palmblättern gedecktes Dach. Das Regenwasser wird in einem um das Haus laufenden Graben abgeführt. b) Sonneneinstrahlung: Wird ebenfalls durch das Palmenblätterdach kontrolliert. c) Temperaturen: Die Wände sind so locker geflochten, daß eine ständige Luftzirkulation gewährleistet ist. Dadurch ist es tagsüber im inneren der Hütte nicht zu heiß. Gegen die nächtliche Kühle hilft sich der Jivaro mit einem brennenden Feuer. “Der Jivuro deckt sich nachts gewöhnlich nicht zu, aber dadurch, daß das Bett ein wenig geneigt ist und der Kopf höher liegt, erreicht die Wärme des Feuers den Oberkörper genau so gut wie die Füße. Das Feuer entzünden sie durch Quirlen eines Holzstückes.” (8) d) Feinde, bzw. Tiere: Kein Jivaro weiß, wann und woher ihn der feindliche Speer treffen kann oder wann und wo er in eine ihm gestellte Falle gerät. Sein ganzes Leben wird von Furcht bestimmt. In jedem Augenblick muß er zum Kampf bereit sein, und das prägt sich in jedem seiner Schritte, in jeder seiner Handlungen aus. Das merkt man an ihren Gebräuchen, an der Art ihrer Gespräche, der Erziehung der Kinder‚ an ihrem Aberglauben, an der Bauform ihrer Behausungen. d) Behausung: In der Héa herrscht ein Halbdunkel wie im dichtesten Urwald. Dieses Halbdunkel und der sinnreich gebaute Eingang sind der Hauptschutz der Jivaros gegen überraschende Angriffe. Der Raum zwischen den beiden Türpfählen ist so schmal, daß niemals zwei Personen auf einmal eintreten können. Die Tür wird von einigen senkrechten Pflöcken gebildet, deren oberen Enden von zwei Querbalken zusammengehalten werden, während die unteren Enden auseinanderschiebbar sind. Dadurch entsteht eine schmale dreieckige Öffnung, durch die man nur einzeln und noch dazu gebückt eintreten kann.

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Abb. 2: Héa mit Eingang (Modellaufnahme) Jede Héa hatte einst hohe Beobachtungstürme, eine Art Nest auf Bambusstäben im erhöhten Teil der Héa. Der Wächter war auf einem solchen Beobachtungstand unverwundbar. Pfeil und Bogen kannten die Jivaros nicht, mit dem Blasrohr schossen sie nicht auf Menschen, und mit dem Speer erreichten sie den Beobachtungsstand nicht. Doch als bei den Jivarros die ersten Vorderlader auftauchten, verloren die Beobachtungsstände ihre Bedeutung, und in den Randgebieten verschwanden sie ganz. Im übrigen behielten die Héas ihren Verteidigungscharakter. Die Jivaro bauen sie auf Hügeln in übersichtlichem Gelände, in der Nähe von Bächen, an steilen Flußufern oder auf Inseln, die von Flußarmen umgeben sind, kurz überall, wo sie der Feind nicht überraschen kann. Auch die Bauform, schmale Eingänge und Bambuswände, durch die man jeden Ankommenden erspähen kann, ist der Verteidigungsbereitschaft untergeordnet. Die Sicherheit erhöhen sie noch durch verborgene Fallen. Die Jivaro kennen zwei Arten, die beide gleich gefährlich und einfach sind. Zu Zeiten erhöhter Gefahr bringen sie diese an allen Zugangswegen in der Umgebung der Héa an. (3) 2.1.2 funktioneller Rahmen Die Héa besteht aus einem Raum für Männer, Tangamascha, und dem für Frauen, Ekinturu. Das Frauenabteil ist meist größer, weil sich dort auch die Kinder aufhalten und weil der Jivaro sich selten mit einer Frau begnügt. (3) Zugleich befindet sich dort auch eine Menge Hühner und Enten, Papageien und Hunde, Truthähne und rattenartige Meerschweinchen in einem unglaublichen Kunterbunt zwischen 3 und 4 Betten, die jeweils für 4 bis 5 Personen berechnet sind. Im Privatraum stehen auch einige geflochtene Körbe mit Maniok, da gibt es Steine zur Maismehlzubereitung, die Feuerstelle und eine größere Anzahl Lehmkrüge und Kalebassen, die man alle zum Maniok brauen benutzt. Die Ekinturu (Frauenabteil) ist durch eine Sprossenwand abgeteilt und darf ohne Erlaubnis des Familienoberhauptes nicht einmal der beste Freund betreten. Die Männer und die Gäste bewohnen das andere Ende des Hauses. (5)

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Die Hütten der Jivaros sind ziemlich reinlich und ordentlich. Die Einrichtung besteht aus mehreren Kurunga, Hockern us einem ausgehöhlten Bambusklotz, den Piaka, den niedrigen Betten, welche aus Bambusstäben bestehen und vor denen die Patstschi, die Fußstütze, ein Stab, der auf zwei Holzgabeln ruht, angeordnet ist. Über dem Bett befindet sich ein Gestell wie eine Art Hängeboden, darauf liegen Maiskolben, Töpfe, Körbe und allerlei Hausrat. (3)

Abb. 3: Blick ins Innere einer Héa (Modellaufnahme)

Abb. 4: Grundriß und Aufriß der Héa

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Legende zur Abb. 4: Grundriß und Aufriß der Héa A und B: schmale durchhängende Pfähle geschützte Eingänge in die Héa A: Eingang für Männer und Gäste B: Eingang für Frauen C: Piáka, Schlafstelle aus Bambus D: die einzige hochgelegene Schlafstelle (210 cm über dem Boden) E: Patátschi, die Fußstütze F: drei Stützpfeiler der Héa aus Bambusstäben G: Pika, Hängeboden über der Schlafstätte; dient zum Trocknen von Mais und zur Aufbewahrung von Geschirr und Geräten H: Chi, Feuerstelle vor der Schlafstätte K: feste Wand aus Bambus und Palmenblättern L: Muitsa, großes Tongefäß in dem Nyhámántschi vergoren wird M: Kutunga, ausgehöhlte Holzklötze; dienen als Sitzgelegenheit N: provisorischen Schlafstätten aus Bananenblättern 2.1.3 gesellschaftliches Milieu Die Bauform entspricht der strukturellen Zusammensetzung des Stammes, d.h. in Folge der Zersplitterung des gesamten Stammes und der daraus resultierenden, engen familiären Zusammengehörigkeit hat man hier keine einzelnen Häuser, sondern ein geschlossenes Ganzes, die Héa. (4,5,6) Innerhalb dieser Wohneinheit lebt man eng beieinander. Und doch teilt sich die Sippe in das Lager der Frauen und Kinder und das der Männer und Gäste. Diese Trennung ist aber hauptsächlich von optischer Art. In Problemsituationen beschließt und handelt die Sippe als Ganzes. Eine innerliche Verbundenheit zu Angehörigen der anderen Gruppe zeigen die Mitglieder ohne Scheu. Es wird nicht als unter der Würde eines Mannes angesehen, wenn er Zärtlichkeit einer Frau oder einem Kind gegenüber erkennen läßt.. Das Leben der Frau ist wesentlich schwerer, als das des Mannes.. Jedoch tut sie das Mehr an Arbeit, nicht als Sklave des Mannes sondern eher in freiwilliger Unterordnung. Dies äußert sich auch in der Bereitwilligkeit, mit der sie “ihren Mann” mit einer oder mehreren Frauen teilt. Die Eheschließung findet meist nach einem Werbungsbesuch in einer benachbarten Héa und entsprechenden Geschenken an den eventuellen Schwiegervater statt. Bleibt ein solcher Werbezug ohne Erfolg, so ist die Entführung der gewünschten Frau häufiger Anlaß zu langanhaltenden Streitigkeiten. Die Führerrolle innerhalb einer Sippe, übernimmt in der Regel einer der fähigsten Männer. Dieses Fähigsein muß aber nicht auf allen Gebieten überragend sein, sondern ausschlaggebend ist die Gabe, die die speziellen Probleme der Sippe meistern hilft. So hat man unter Umständen mehrere Führer, welche jeweils auf ihrem speziellen Gebiet tonangebend sind.

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2.1.2 Form Als dominierende Elemente sind Bambuswände und das mit Palmblättern gedeckte Dach zu nennen. Die Bambuswand erscheint in variabler und in festverankerter Form. Erstere findet ausschließlich im Inneren als Trennwand für einzelne Bereiche Verwendung. Bei dieser Art besteht die Wand aus einer engmaschigen Verflechtung von schmalem Bambus mit Bast und Lianen. Die im Boden festverankerten Wände sind dagegen aufgelockert und bestehen aus kräftigeren, breiteren Bambusstäben. Sie bilden den äußeren Schild der Héa. Gleichzeitig sorgen sie, durch ihre weiten Spalten, für eine gute Durchlüftung, für die Innenbeleuchtung und gestatten auch dem im Inneren Stehenden nach außen zu schauen. Diese Außenwand ist in halber Höhe und im oberen Bereich an mehrere, insgesamt ein irreguläres Oval bildende, Pfähle gebunden. Dieses Oval hat die Achsengrößen von etwa 14 - 18 m in der Längsrichtung und 5 - 8 m in der Querrichtung. Das Dach, welches die Form eines Satteldaches mit zwei halbkreisförmigen Apsiden hat, stützt sich auf zwei Mittelpfosten und eine Firstpfette und kragt etwa 1 m über die Außenwand hinaus.

Abb: 5: Héa mit halbkreisförmiger Apside (Modellaufnahme) Die Hütte steht inmitten einer ca. 100 x 100 m großen, gerodeten Fläche, welchen den Jivaros zum Anbau von Maniok und anderen Pflanzen dient. 2.1.3 Technik Die Wände sind nicht aus vollen Bambusstäben. Der Bambus wird der Länge nach aufgeschnitten, und in derselben Richtung mehrmals gespalten. Dann wird er aufgeschlagen, so daß ein einziges Rohr ein Viertelmeter breit wird. Durch die Spalten einer solchen Wand, kann der Ankommende von außen nicht sehen, was innen vor sich geht, während die Bewohner alles überblicken können. Deshalb kann auf den Einbau von Fenstern verzichtet werden. Die Bambuswand wird in die Erde gerammt und unten und oben mit dünnen Lianen

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zusammengebunden. Knapp einen Meter über der Erde, sind die Wände mit einem Gürtel aus elastischen Bambusstäben zusammengeflochten. Das Dach ruht auf zwei ungefähr 5 Metern hohen Tragpfeilern, um die knapp 3 Meter hohe Pfähle eingerammt sind. Oben sind sie mit einem zusammenhängenden Gürtel von Stäben verbunden, an denen die schon erwähnten Wände aus gespaltenen Bambusstäben befestigt werden. Auf den beiden Tragpfeilern liegt ein schlanker Palmenstamm, von dem dünnere Bambusstäbe fächerförmig zu dem geflochtenen Kranz am oberen Rand der Héa laufen. Und auf diesem Gerippe liegt die Dachdeckung aus Palmenblättern. Das Baumaterial ist immer das gleiche: Palmen und Bambus.

Abb. 5: Konstruktion einer Héa (Modellaufnahme) Der Rauch des offenen Feuers steigt empor und zieht schnell durch die unzähligen Spalten zwischen den Balken und dem vorspringenden Dach ab, welches die Héa vor seitlich einfallendem Regen schützt. (3) Der Fußboden besteht aus gut festgestampfter Erde. Literaturnachweis (1) Die Große Illustrierte Länderkunde Bertelsmann Verlag Gütersloh 1961 (2) Herders Handatlas (3) Hanzelka, J.: Südamerika Berlin 1958 (4) Weyer jr., Edward: Primitive Völker heute Stuttgart 1967

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(5) Bitsch, Jürgen Jivaro - Geheimnisse des Amazonas Stuttgart 1959 (6) Cotlow, Lewis: Wilde Paradiese Darmstadt 1968 (7) Trimborn, Hermann: Die Kulturen Alt Amerikas Stuttgart 1969 (8) Bierhänke, W: So lobt man anderswo München 1959 (9) Schwarz, Gabriel: Allgemeine Siedlungsgeografie Berlin 1966 (10) Bernatzik, Hugo A.: Neue große Völkerkunde Köln 1968