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24 Lebensmittel Zeitung LZ 31 3. August 2018J O U R N A L
Eines der Fotos, die das BüroLenz Moser Medien gernezur Verfügung stellt, zeigtden 62Jährigen in stolzer
Pose. Er steht vor einem riesigen Chateau, das im Hintergrund leicht verschwimmt, sein Blick wirkt fest undin die Ferne gerichtet. Lenz Moser istlässigmodern gekleidet. Doch denunerschütterlichen Schlossherrennimmt man ihm sofort ab. Ein Ma
cher, der dazuim Stande ist, jede, auch noch soschwierige Aufgabe zu meistern.
Die Botschaft, die transportiert wird,
passt zu Mosers Auftrag. Er soll diebesten Weine Chinas erzeugen unddiese in die Weltliga der Allerbestenführen. Seit er vor drei Jahren als Berater mit „langjährigem, erfolgsbasiertem Vertrag“ dazu „den Marschbe
fehl“ erhielt, ist schon eine MengeWein in China gekeltert worden. Mosers Elan ist ungebrochen. In wenigenWochen wird er in Berlin wie zuvor inLondon oder anderen Großstädteneine Masterclass für erlesene Weineabhalten. Seine Produkte stehen dannneben den bekanntesten Spitzengewächsen großer internationaler Weingüter.
Der Markenaufbau erfolge langsam und mit Bedacht. Das Netzwerkwachse stetig, sagt er beim Gesprächmit der LZ in Frankfurt. InternetHäuser gehören zum wachsendenKundenkreis. Wichtig ist ihm dieTopGastronomie und der Aufbau desAbsatzmittlers Fachhandel. Das Prinzip SchneeballSystem soll die Ausbreitung chinesischer Weine fördern.Obwohl auch die 10EuroKlasse bedient wird, gehöre der LebensmittelEinzelhandel noch nicht zur Kundschaft. Doch dass das KaDeWe schonzum dritten Mal einige 100 Flaschennachgeordert habe, wertet Moser als
wichtiges Signal, auf dem richtigenWeg zu sein.
Das Chateau, das im Jahre 2013 für70 Millionen Euro fertiggestellt wurdeund modernen westlichen Weingütern ausstattungstechnisch in nichtsnachstehe, gehört zum Reich desgrößten chinesischen Weinproduzenten Changyu. Das Schloss steht inNingxia, Provinz Yinchuan, etwa1300 Kilometer westlich von Pekingund trägt den Namen ChateauChangyu Moser XV. Der zweite Teildes Namens steht für eine langeWeinbautradition. Laurenz (kurzLenz) Moser verkörpert mittlerweiledie 15. Generation, worauf die römische Zahl im Namen des Chateaushindeutet. Das Erbe der Mosers lebtso in China auf.
Im August wird er wieder in Chinasein, um die Erntevorbereitungen füreine Woche zu begleiten. Die heiße,mehrwöchige Phase beginnt im September, wenn um das Chateau in derRegion Ningxia auf 250 Hektar die
Weinernte beginnt. Auch in dieserwichtigen Zeit wird der Mann, der 20Jahre lang in Köln wohnte und derzeitin Wien lebt, wieder vor Ort sein.
Changyu, das einen Umsatz vonrund 750 Millionen Euro erzielt, istein börsennotiertes Unternehmen, andem internationale Investoren wie dieitalienische lllva (Amarotto de Saronno) und die USamerikanische IFC(International Finance Corporation)beteiligt sind. Changyu sieht sich alsWeinpionier in China. Das ersteWeingut wurde im Jahr 1892 von demin Übersee tätigen einheimischen Diplomaten Zhang Bishi gegründet.Changyus erster Weinmacher war derWeinexperte August Wilhelm Baronvon Babo. Wie Lenz Moser ein Österreicher aus traditionsreichem Hause.
Mit Moser ist in China erneut einÖsterreicher mit außergewöhnlicherRolle am Werk. Die Mixtur ist schonaußergewöhnlich. Moser, der Weinexperte mit den kurzgeschorenenHaaren und dem Drei bis Sechstage
Ein Österreicher will die besten Weine Chinas produzieren und sich mit den TopWeingütern der Welt messen. Lenz Moserberät den Weinproduzenten Changyu und ist Mitgebieter über ein Schloss, das kaum Wünsche offen lässt. | Gerd Hanke
FOTOS:LENZMOSER
Lenz Moser im Einsatz:
In China zeigt er jungen
Oenologen, worauf es
ankommt.
„Es fehlt internationaleErfahrung und die
Bereitschaft, sich zubenchmarken“
Hohe Kunst
LZ 31 3. August 2018 Lebensmittel Zeitung 25J O U R N A L
bart, will in einem nach französischem Vorbild errichteten Schloss,mit österreichischem Fachwissen undGespür chinesische Wein auf ein neues Level hieven. Ein Job, der ihm wieauf den Leib geschneidert zu seinscheint.
China ist in Sachen Wein alles anderes als unterbelichtet, sondern –wie auf so vielen Feldern – ein Wachstumsmarkt der besonderen Art. Voretwa 30 Jahren begann der Aufschwung. Die Staatsführung sprachsich dafür aus, mehr Weingüter zu errichten. Die Menschen sollten lieberWein als Schnaps konsumieren. Daswertvolle Getreide sollte vornehmlichder Ernährung der Menschen dienen,so seinerzeit Staatspräsident Deng Xiaoping.
Die aktuellen Marktverhältnisselassen sich nicht leicht ermitteln. Moser stützt sich bei seiner Analyse aufMarktforscher und renommierteBlogger, deren Einschätzungen erweitgehend teilt. Für den Berater aus
Österreich steht fest, dass China mittlerweile der sechstgrößte Weinproduzent der Erde ist. Beim Konsum rangiere das mit 1,4 Milliarden Menschenbevölkerungsreichste Volk bereits aufRang 5. Bei Rotwein hat China alsProduzent Länder wie USA, Italienoder Frankreich hinter sich gelassenund sei weltweit die Nummer 1.
Die hohen zweistelligen Wachstumsraten haben bis vor fünf Jahrenauch die rund 1200 einheimischenWeingüter erfreut. Die Zuwächse waren exponentiell. Doch die Hochzeiten sind vorbei. Seit einiger Zeit istdas Geschäft für die einheimischenProduzenten kein Selbstläufer mehr.Bei Qualität und Preis hinken die Chinesen trotz gut ausgebildeter Fachkräfte und erworbenen Wissens denausländischen Anbietern hinterher.
Moser verweist darauf, dass derImportanteil ausländischen Weins vorfünf Jahren erst bei 10 Prozent gelegenhabe. Heute betrage dieser Wert 50
Prozent. Damitstammt dieHälfte des verkauften Weinesin China nichtaus einheimischen Weinbergen. Eine tektonische Ver
schiebung, wie Moser meint. Mit 80Millionen Hektoliter erreiche Chinabereits das Volumen Deutschlands,sagt der Weinexperte. Die chinesischen Hersteller beklagen eine wahre„ImportSchwemme“, denn nicht nurbei Milchpulver für Babynahrunggreife eine wachsende Mittelschichtin China lieber auf die hochwertigenausländischen Produkte zurück. Sosei in den Chefetagen Changyus schonvor einiger Zeit die Erkenntnis gereift, neue Wege beschreiten zu müssen, um in Zukunft erfolgreich sein zukönnen.
Moser stand als Sales und Marketingberater schon zehn Jahre in Diensten des Unternehmens, als deren damaliger CEO und heutiger ChairmanHongjiang Zhou die Qualitätsoffensive einleitete. Moser hatte sich öftersüber die nicht optimalen Qualitätenausgelassen, was sich negativ aufNachfolgeaufträge niedergeschlagenhabe. „Lenz, es reicht, entweder hörstdu auf, über unsere Qualität zu meckern, oder du machst es selber“, soklingt die Botschaft des Unterneh
menschefs nach drei Jahres immernoch im Ohr des Österreichers.
Mit dem Chateau Changyu MoserXV erhielt Moser ziemlich freie Handund kann seither in einem der insgesamt acht Weingüter des Unternehmens zeigen, was er draufhat. Seinenersten Jahrgang hat er 2015 gemacht.„Seitdem funktioniert das“, sagt Moser. Das Weingut wurde nach internationalen Standards ausgerichtet – vonder Weinernte bis zum Marketing. Essieht so aus, als könnte Moser erfolgreich seinen Mann stehen. Im nächsten Jahr könnte er neben Europa dieVermarktung auch für den chinesischen Markt und die restliche Weltübernehmen. Wenn das so käme, wäre das eine weitere Erfolgsgeschichte.
Die Lage des Weingutes hält Moserfür ideal: „Das ist ein Dorado, das chinesische Napa Valley.“ Auf 1100 Metergelegen seien die Tage heiß und dieNächte kühl. 3000 Sonnenstunden lieferten ideale Voraussetzungen.500000 Flaschen Wein werden derzeiterzeugt. Wie viel es werden könnte,lässt Moser offen. Ihm sei es wichtig,großen Vorbildern zu folgen. StetigeQualitätsverbesserung ohne Preiserhöhungen, um das Vertrauen der Kundenzu gewinnen, laute die Devise. Wasfehlt den Chinesen noch, um ganz vorne mitzumischen? Der Weinexperte,der mittlerweile viel über China undseinen Wein zu erzählen weiß, sagt:„Es fehlt internationale Erfahrung unddie Bereitschaft, sich zu benchmarken“. Den Begriff Benchmarken verwendet Moser im Gespräch noch öfters. Dieses Messen mit den Besten derBesten scheint eine Grundvoraussetzung dafür zu sein, um ganz oben inder ersten Liga der Weinproduzentenmitspielen zu können.
Moser weiß, wie das Spiel funktioniert. Und er geht die Sache unübersehbar mit viel Selbstbewusstsein an.Als er relativ kurzfristig vor drei Jahren die Chance erhielt, das Weingutneu auszurichten, war er zum Startdrei Monate am Stück in China, mitFreundin, wie er offen einräumt. Imersten Monat hat Moser den Wettbewerb unter die Lupe genommen undsich 35 Weingüter angeschaut. DieBetreiber hätten nicht schlecht gestaunt über den Guru aus dem Westen, der so offen von seinen Absichten sprach und die Kollegialität derWeinerzeuger herausstellte. Mosermacht die Dinge auf seine Art. Im
merhin bringe er „das ganze Wissen“seines Lebens ein. Das ist nicht wenig. Bislang scheint das gut zu funktionieren.
Die Sorge, er könnte den Chinesendas letzte Wissen einer über Jahrtausende gewachsenen Weinkultur inden Schoß legen, bekümmert ihn offensichtlich nicht. Er, dessen Vaterdas eigene Weingut in Rohrendorf beiKrems vor 30 Jahren verkaufte,brennt für die Aufgabe. Vielleichtaber ist es auch gar nicht so leicht, dasKönnen des Meisters auf seine chinesischen Schüler zu übertragen. Moserredet zwar davon, dass er – wenn er inChina ist – mit einem kleinen Stab engagierter und exzellent ausgebildeterWeinmacher zusammenarbeite. Dieseseien heute schon in der Lage, guteWein zu produzieren. Doch „feinenWein zu machen – das ist Kunst“, sagtMoser. Kann man Kunst lernen? DenWeinexperten umweht der Hauch desMeisterhaften. Es ihm gleichzutun,bleibt normal Sterblichen womöglichversagt. Er liefere anders als anderekeine Rezepte. Als „intuitiver Winemaker“ spalte er das Erntegut. ZumBeispiel mit den Händen, die am Ende des Tages oft pechschwarz seien.Er beiße in Trauben und zerkaue Kerne und entscheide spontan, womöglich einer göttlichen Eingebung folgend, welche Hefe verwendet undwas dem Wein für ein Schicksal beschieden sein wird. Das klingt in derTat wie hohe Kunst.
So entstehen Mythen. Womöglichist es auch nur gutes Branding undStoryTelling. Aber das gehört auf alleFälle für jemanden dazu, der auf internationalem Weinparkett mit denWölfen heulen will. Moser ist schondas eine oder andere Kunststück geglückt. So machte er aus der Rotweinsorte Cabernet Sauvignon einen weißen Cabernet. Eine wahre Innovation,weil zu einem marktorientierten Auftritt „ein Weißwein dazugehört“. Positiver Nebeneffekt aus dem Produktionsprozess: Dadurch seien die Rotweine noch einmal 10 Prozent bessergeworden, sagt Moser. Was wünschter sich? „Auf meinen Grabstein solleinmal stehen, das war sein Meisterstück“. Das könnte klappen. LorenzMoser III, sein Großvater, gilt als Pionier der Hochkultur des österreichischen Weinbaus. Der aktuelle LenzMoser arbeitet daran, ebenfalls zurLegende zu werden. lz 3118
Lenz Moser (62) sagt, er kauft auch
Weine bei Aldi und Lidl ein. Die
Chinesen schätzt er wegen ihrer
strategischen Weitsicht. Von seinem
alten Lehrmeister Robert Mondavi
aus den USA habe er gelernt:
„Wenn du die richtige Strategie
hast, musst du weniger arbeiten“:
Das versucht der Mann, dessen
Name Teil eines chinesischen Wein
gutes ist, in die Tat umzusetzen.
Moser, der die 15. Generation einer
österreichischen Weindynastie
repräsentiert, kann auf eine weitge
fächerte Ausbildung verweisen. Seit
vielen Jahren ist er im Weinge
schäft. Der Vater hat das eigene
Weingut schon vor drei Jahrzehnten
verkauft. Lenz Moser ist dem Ge
schäft treu geblieben, beschäftigt
DER MACHER VOM CHATEAU
FOTO:CHANYU
„Das ist ein Dorado,das chinesischeNapa Valley“
starkem Maße als „Winemaker“.
Ziel: Kosten runter und Qualitäten
hoch. Einzige Achillesferse: chine
sisch. Wer nicht täglich übt, hat
kaum eine Chance, die Sprache zu
erlernen, sagt Moser. gh/lz 3118
sich mit Merger & Akquisitions und
Markenaufbau. Der Auftrag in
China beanspruche etwa 50 Pro
zent seiner Zeit. Fünf Mal im Jahr
ist er im Land. Er sieht sich als
MarketingMann und Stratege, in
Frankreich,
Disneyland?
Lenz Moser (62)
vor dem Cha
teau Changyu
Moser XV in
Ningxia, China.