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Was kann schulische Prävention leisten? Jugendliche im Fokus salafistischer Propaganda

Jugendliche im Fokus salafistischer Propaganda · Titel & Datum Aufbau des Vortrags 1. Genese und Konzept der Handreichungsreihe 2. Grundsätzliche Überlegungen 3. Themenschwerpunkte

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Was kann schulische Prävention leisten?

Jugendliche im Fokus salafistischer

Propaganda

Titel & Datum

Aufbau des Vortrags

1. Genese und Konzept der Handreichungsreihe

2. Grundsätzliche Überlegungen

3. Themenschwerpunkte Teilband 1

4. Themenschwerpunkte Teilbände 2.1 und 2.2

Titel & Datum

„Diversity works“

Redakteur_innen

Expert_innen

Autor_innen

Muslimische und

nichtmuslimische

Perspektiven

Titel & Datum

Grundansatz: Akzeptanz

Titel & Datum

Grundansatz: Schule als staatliche Institution

Titel & Datum

Grundansatz: „The kids are alright“ (J. Müller, Ufuq)

Pädagogische Grundhaltung

Einstellungen sind veränderbar und unterliegen

Suchbewegungen

Identitätsbildung ist prozesshaft, fluide und

experimentell

Kein Blick auf Jugendliche durch die

„Radikalisierungsbrille“!

Titel & Datum

Was ist Gegenstand schulischer Prävention?

Titel & Datum

Schulgesetz BW: Vorbereitung auf Rechte und Pflichten im

Staat

Leitperspektive Medienbildung (BP 2016)

Leitperspektive für die Bildung von Toleranz und

Akzeptanz von Vielfalt (BP 2016)

Leitperspektive Prävention und Gesundheitsförderung (BP

2016)

Empfehlungen der KMK für interkulturelle Bildung (2013)

Beutelsbacher Konsens: „Überwältigungsverbot“

„Kontroversität“ „Schülerorientierung“

Bezugsnormen

Titel & Datum

Zielgruppen und Grenzen schulischer Prävention

Titel & Datum

Wer kann Präventionsarbeit an der Schule leisten?

Titel & Datum

Durchführung einer

Fremdevaluation

Teilband 1:

Thematische Schwerpunkte

Titel & Datum

Leitgedanken

„Wer vom Islamismus sprechen will, darf von

der Islamfeindlichkeit nicht schweigen.“

(Ufuq, frei nach Max Horkheimer)

Titel & Datum

Individuelle Einstellungen: „Muslimfeindlichkeit“

Abwertung von Menschen, weil sie(vermutlich) Muslime sind

Pauschalisierte Abwertung des Islam

Unterstellung von Bedrohungen

Verweis auf fehlende Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern

als Legitimation für eine pauschalisierte Abwertung

doppelter Standard, der existierende Ungleichwertigkeitsvorstellungen

in der eigenen Kultur und Religion ausblendet und der eigenen Kultur

und Religion Veränderungspotenzial zubilligt, der von Muslimen jedoch

nicht. (aus: Andreas Zick · Beate Küpper · Daniela Krause, Herausgegeben für die Friedrich-Ebert-Stiftung von Ralf Melzer GESPALTENE MITTE, FEINDSELIGE ZUSTÄNDE (2016))

Titel & Datum

Die strukturelle Ebene: Mediale Diskurse über den Islam

• Konstruktion von Differenz und Abwertung in der medialen

Berichterstattung über den Islam in Deutschland

• Herstellung von Dichotomien über Topoi

Unterdrückte muslimische Frau vs. emanzipierte westliche Frau

Patriarchaler, triebgesteuerter muslimischer Mann vs.

gleichberechtigt denkender, rationaler weißer Mann

Aufgeklärtes Europa vs. Rückständiger Islam

• Verdichten sich zu Narrativen vom Islam als einer gefährlichen,

rückständigen Religion, die nicht nach Europa passt

• „antimuslimischer Rassismus“

(Aus: Yasemin Shooman: „weil ihre Kultur so ist. Narrative des antimuslimischen Rassismus. Bielefeld:

2014)

Titel & Datum

Studie (2017) Humboldt Universität

und Forschungsbereich beim

Sachverständigenrat dt. Stiftungen

für Integration und Migration

Bedeutung von Einstellungen und

Erwartungen von Lehrkräften für

migrationsbezogene Ungleichheiten

im Bildungssystem

Haltungen und Einstellungen von Lehrkräften

Titel & Datum

Zentrale Ergebnisse der Studie

Lehrkräfte sind zu bestimmten Aspekten von Vielfalt positiver

eingestellt sind als die übrige Gesamtbevölkerung.

Vorbehalte gegenüber Personen mit muslimischem Hintergrund

Lehrkräfte erwarten von türkischstämmigen Schülerinnen und

Schülern geringere Leistungen (Übergang aufs Gymnasium)

Negative Stereotype werden verinnerlicht („stereotype threat“)

Stressfaktor negativer Effekt auf Kompetenzentwicklung,

Motivation und Haltung bzgl. Schule

Titel & Datum

Durchführung einer

Fremdevaluation Mögliche Folgen für muslimische Jugendliche

Titel & Datum

Wer sind eigentlich die „muslimischen Jugendlichen“?

Jugendliche, die den Islam praktizieren

Jugendliche, die von der Umwelt als muslimisch

klassifiziert werden, die sich aber selbst nicht als

Muslime sehen

Jugendliche, die aus einer muslimischen Familie

kommen und sich als Muslime bezeichnen, denen

ihr Glaube persönlich aber nicht wichtig ist

Ähnliche Erfahrungen!

Titel & Datum

Eigene Religion als Gegenstand von Debatten um Sicherheit

und Integration

Gefühl, nicht selbstverständlich dazuzugehören

Gefühl, sich entscheiden zu müssen

Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen

Gefühl, Islamexperte sein zu müssen

Gefühl, sich erklären zu müssen

….

Mögliche Folgen

Titel & Datum

Beispiele

Elif, was sagt

du zum

islamistischen

Terroranschlag

in Berlin?

Wie ist das

denn so in

Eurer Kultur?

Zier dich nicht so. In

Deutschland arbeiten

Frauen und Männer

zusammen.

Bei uns in Mitteleuropa

klopft man an die Türe.

Wir sind hier doch nicht

auf dem Balkan.

Wer von den

Muslimen

möchte ein

Referat über

Islamismus

halten?

Fühlst du dich

als Deutscher

oder als

Muslim?

Titel & Datum

Von der Schwierigkeit über Rassismus zu sprechen

„ So schlimm wird das nicht sein.“

„Sei nicht so empfindlich. Du leidest

an Verfolgungswahn.“

„Du hast das falsch verstanden.“

Ich bin jetzt von dir enttäuscht.

Das ist ungeheuerlich. Wir haben

hier Meinungsfreiheit!

„Ich erlebe auch oft Rassismus.“

„Du musst selbstbewusster

werden.“

Bagatellisierung

Pathologisierung

Verneinung

Umkehrung („victim blaming“)

Skandalisierung

Relativierung

Individualisierung

Nach Andreas Foitzik: „Von der Schwierigkeit in der Schule über Rassismus zu sprechen“, in: Jugendliche im Fokus salafistischer Propaganda. Teilband 1,

2016)

Titel & Datum

... bietet Jugendlichen das Gefühl von Gemeinschaft, geht

bei einigen Jugendlichen aber auch mit dem Wunsch

nach Normierung und Dominanz einher.

... stiftet Identität, kann aber auch Abgrenzung

begünstigen.

... vermittelt Orientierung, kann aber auch in einen

Anspruch auf absolute Wahrheit umschlagen.

(aus dem Vortrag von Götz Nordbruch, Stuttgarter Präventionsgespräche, April 2016.)

DER BEZUG ZUM ISLAM

Titel & Datum

Durchführung einer

Fremdevaluation Salafistische Angebote

Titel & Datum

„Fremde“ auf dem scheinbar richtigen Weg

(aus: Dabiq, 11. Ausgabe)

Instrumentalisierung von

Rassismuserfahrungen

Umdeutung von

Fremdheitserfahrungen als „richtiger

Weg“

Zugehörigkeit unabhängig von

Nationalität und Hautfarbe

Gemeinschaft von „Gläubigen“ und

Abgrenzung gegenüber

„Ungläubigen“

Aufwertung über Abwertung Anderer

Konstruktiver Umgang mit

Diskriminierung wird verhindert

Titel & Datum

Vereinfachung politischer und theologischer

Fragestellungen

Denken und Urteilen in zwei Kategorien: Halal/Haram,

gut/böse, Opfer/Täter etc.

Möglichkeit, sich einzubringen und Teil einer

Gemeinschaft zu sein, die für Gerechtigkeit kämpft

Jugendgerechte Sprache (landestypische sprachliche

Anpassung: Deutschland, Türkei, Ungarn, Bosnien…)

Orientierung und Gerechtigkeit

Titel & Datum

Salafismus als jugendkulturelle Provokation

Provokation durch Verzicht

Rebellion durch Entsagung

Sichtbares Anderssein und Darstellung der „richtigen“

Ideologie

Ablehnung der Werte der Erwachsenenwelt

Selbstwirksamkeitserfahrungen durch Entsagung

Selbsterhöhung

(Vgl. Aladin El-Mafaalani: Salafismus als jugendkulturelle Provokation. In: Jugendliche im Fokus salafistischer

Propaganda. Teilband 1)

Titel & Datum

Durchführung einer

Fremdevaluation Welche Angebote kann Schule

dem entgegensetzen?

Titel & Datum

Universelle Präventionsarbeit an der Schule

„Umso wichtiger ist es in der pädagogischen Arbeit …die

Sorgen und Ängste…der Jugendlichen anzuerkennen und

ins Gespräch zu bringen. Der Umgang mit

Diskriminierungserfahrungen…Unbehagen, aber auch Wut

sollte dabei behutsam erfolgen. Gerade weil …antimuslimischer

Rassismus keine Fantasien sind, gilt es zu Beginn, vor allem

eines zu tun: Zuzuhören und aufrichtiges Interesse zu

zeigen… . Nur wenn Jugendliche sich in ihrem Unwohlsein,

ihrer Angst oder eben Wut anerkannt fühlen, kann von

ihnen erwartet werden, in einem zweiten Schritt eigenes

Schwarz-Weiß-Denken und eigene Feindbilder zu

hinterfragen.“

Aus. Sindyan Qasem: „Neue Haltungen gegen Unmut: Forderungen an eine gesamtgesellschaftliche Präventionsarbeit“ in:

http://library.fes.de/pdf-files/dialog/12034-20151201.pdf)

Titel & Datum

Erfahrungen aus der Rechtsextremismusprävention

Kontrolle über das eigene Leben

Integration

Sinnliches Erleben

Sinn erfahren und zuschreiben

Erfahrungsstrukturierende Repräsentationen

Selbst- und Sozialkompetenzen

Mangelnde Sozial- und Selbstkompetenzen aufgrund negativer Erfahrungen

(Ohnmacht, Ausschluss, Kontrollverlust....)

Aufwertung über Abwertung Anderer

Umkehrung dieser Erfahrungen in Positive: KISSeS (Kurt Möller)

Titel & Datum

Was machen wir bereits, was können wir ergänzen?

Leitbild der Schule

Interkulturelle und interreligiöse Bildung

Vorurteilsbewusste Bildung

Individuelle Förderung

Demokratieerziehung

Medienbildung

Politische Bildung

Fachunterricht

Schulcurriculum

Schulordnung

Fortbildungen

Kooperationen

Projekttage

….

Titel & Datum

Durchführung einer

Fremdevaluation Teilband 2

Titel & Datum

Teilband 2

Ebene Fachunterricht/Fachdidaktik

Ebene Interaktion/allgemeine Pädagogik

Ebene Schulentwicklung

Titel & Datum

Fachunterricht

Direkte thematische Behandlung im

Fachunterricht: „IS“, „Terror“ „Salafismus in

Deutschland“ etc.

Themen mit Präventionsbezug : Kreuzzüge,

Antisemitismus, Sexismus, Kolonialismus,

Rassismus, Nahostkonflikt, Menschenrechte

etc.

Sichten der Bildungspläne nach Bezügen

Titel & Datum

Kann Schlechtes Gutes bewirken?-Propaganda im Unterricht

• Gefahren: Traumatisierung, Reproduktion

menschenverachtender Ideen, Indoktrination,

Überbewältigung, Fehlen von Kommentaren etc.

• Chancen: Texte ohne pädagogische Absichten und

Belehrungen, eigenständige kritische Überprüfung,

angeleitete Dekonstruktion suggestiver Texte,

Versachlichung der Aussagen von emotional wirkender

Propaganda

Titel & Datum

Empfehlungen des Georg-Eckert-Instituts

Schulbuchstudie: Keine Chance auf Zugehörigkeit? Schulbücher europäischer Länder halten Islam und

Modernes Europa getrennt. (2011)

Darstellung des Islam in seiner historischen Entwicklung und

seinen Strömungen

Fokus auf kulturellen Austausch statt ausschließlich auf

kriegerische Konflikte

Beschreibung der Kreuzzüge unter Verweis auf die

unterschiedlichen muslimischen und christlichen Parteien in

ihren jeweiligen Koalitionen anstelle einer Konstruktion zweier

einheitlicher Blöcke

Titel & Datum

Unterrichtsbeispiel: Die Kreuzzüge (Geschichte)

Aus: Dabiq, vierte Ausgabe

Titel & Datum

Dekonstruktion von dichotomen Sichtweisen

Titel & Datum

Dekonstruktion von Opfernarrativen

Titel & Datum

UE Geschichte: Die „Protokolle“ der Weisen von Zion

• Entstehungsgeschichte der „Protokolle“

• Analyse der „Protokolle“ auf antisemitische Topoi

• Vergleich mit anderen Verschwörungstheorien

• Merkmale und Funktion von Verschwörungstheorien

• Jüdische Perspektive

Titel & Datum

Kommunikation mit muslimisch sozialisierten Lernenden

„Wenn sie türkische Jungs in der Klasse haben, dann

müssen Sie als Frau durchaus damit rechnen, nicht

respektiert zu werden.“

Titel & Datum

Empfehlungen

Machen Sie sich bewusst, dass kulturalistisches Denken

„Unheilserwartungen“ fördert und pädagogisch höchst

problematisch sind.

Werten Sie Respektlosigkeit nicht als Ausdruck von

kollektiver „Kulturdifferenz“, sondern von einer

individuellen Entwicklungsstruktur:

„Auch türkische Jungs haben eine Pubertät“

Sprechen Sie Respektlosigkeit nicht an, weil das „hier bei

uns“ nicht geht, sondern, weil es „generell nicht geht“

Hakan Turan: „Vorschläge für eine identitätssensible Kommunikation mit muslimischen Schülerinnen und Schülern im Unterricht.“ in:

Jugendliche im Fokus salafistischer Propaganda, Teilband 2.1.

Titel & Datum

Diskriminierung besprechbar machen: T.A.L.K. Projekt

künstlerische Ausdrucksformen um Ausgrenzungs-

und Diskriminierungserfahrungen zur Sprache zu

bringen

Geschützter Raum

Gegenseitige Ermutigung

Längerfristige Kooperation schafft Nachhaltigkeit

Titel & Datum

Gedenkstunden nach Terroranschlägen

• Fast täglich findet irgendwo auf der Welt ein Anschlag

statt.

• Die emotionale Betroffenheit ist subjektiv (räumliche

Nähe, familiäre Bezüge).

• Trauer und Solidarität kann nicht verordnet werden.

• Weigerung, an Gedenken teilzunehmen, ist zunächst kein

Anzeichen von „Radikalisierung“. Sollte als

Gesprächsangebot genutzt werden

Titel & Datum

Reflexionshilfen für gemeinsames Gedenken

• Fokus auf Opfer statt Täter

• Trennen von Fakten vom Ausdruck von Gefühlen

• keine Betroffenheitspädagogik, Freiwilligkeit

• Lehrkraft als Moderatorin

• fester Rahmen bei thematischer Offenheit

• kein „vicitim blaming“, keine Relativierungen, kein

„whataboutism“

Sybille Hoffmann/Stephanie Beck: „Anregungen zur Gestaltung von Schulstunden nach Terroranschlägen“ in:

Jugendliche im Fokus salafistischer Propaganda. Teilband 2.1..

Titel & Datum

Prävention ist ein Querschnitts- und Lenkungsthema

Prävention ist nicht Deradikalisierung.

Prävention braucht Kooperation mit ausgewiesenen

Expertinnen und Experten.

Und dennoch:

Prävention ist auch professionelle Lehrer-Schüler-

Beziehung.

Prävention ist auch individuelle Förderung.

Prävention ist nicht zuletzt auch Bildung.

Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Handelns

Titel & Datum

Kontaktperson

Sybille Hoffmann

Landesinstitut für Schulentwicklung

[email protected]