13
Zeitung der Fakultätsvertretung Jus Dezember 2012 www.fvjus.at [email protected] Pbb. Verlagspostamt 1090 Wien | Nummer 09/12 | ZNr. 11Z038964M SEITE 7 Das Institut für Unternehmensrecht im Visier SEITE 8 – 9 „Ehre und Ansehen des Standes“ Der Disziplinarrat der RAK SEITE 16 – 18 Prof. Perthold im Gespräch © iKiSurf | photocase.com Reformbestrebungen im Bereich der österreichischen Schiedsgerichtsbarkeit SEITE 12 – 13 Mit freundlicher Unterstützung der

Juristl 12/12

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Zeitung der FVJUS

Citation preview

Zeitung der Fakultätsvertretung JusDezember 2012

[email protected]

Pbb. Verlagspostamt 1090 Wien | Nummer 09/12 | ZNr. 11Z038964M

Seite 7

Das Institut für Unternehmensrecht im VisierSeite 8 – 9

„Ehre und Ansehen des Standes“Der Disziplinarrat der RAK

Seite 16 – 18

Prof. Perthold im Gespräch

© iK

iSur

f | p

hoto

case

.com

Reformbestrebungen im Bereich der österreichischen SchiedsgerichtsbarkeitSeite 12 – 13

Mit freundlicher Unterstützung der

2 3Juristl | Dezember 2012Juristl | Dezember 2012

Seite 3Leitartikel

Seite 4Faculty

Seite 5Soziales | Wohnbeihilfe der Stadt Wien

Seite 6Fachbibliothek | Alternative Lernorte

Seite 7Das Unternehmensrechtsinstitut im Visier

Seite 8|9AbsolventInnenecke | Disziplinarrat der RAK

Seite 10Juridicum Journal | Rechte von Flugpassagieren

Seite 11Juridicum Journal | Glückspiel im Netz

Seite 12|13Schiedsgerichtsbarkeit – Aktuelle Reformbestrebungen

Seit 14Gesetzes-Apps für Smartphones

Seite 15Herrschaftslegitimation im alten Ägypten

Seite 16|17 ELSA Law School in Vienna

Seite 17|18|19Gespräch mit Studienprogrammleiterin Dr. Perthold

Seite 20|21Das Leben danach

Seite 21Rezensionen

Seite 14 Seite 17Seite 11

Dezember 2012Inhal

t

IMPRESSUM

Juristl – Zeitung der Fakultätsvertretung Jus | Nr. 09/12 | ÖH Uni Wien, Spitalgasse 2, Hof 1, 1090 Wien | Chef redakteur

Andreas Pacher | Anzeigen Claire-Sophie Mörsen | Graphische Gestaltung Cornelia Zelinka | Layout Andrea Krahofer |

Fotos Redaktion, Andrea Krahofer | MitarbeiterInnen Sandra Egger, Georg Gutfleisch, Gudrun Hagen, Johanna Hetzmannseder,

Veronika Hoppichler, Adrian Korbiel, Claire-Sophie Mörsen, Iris Ploc, Teresa Schön, Peter Stark, Marina Wong | Herstellung

Druckerei Berger & Söhne GmbH | Offenlegung gem. §25 MedienG: Grundlegende Richtung: Information der Studierenden

der rechtswissenschaftlichen Fakultät über aktuelle politische, gesellschaftliche und studienspezifische Themen.

Wenn Prof. Aicher (S. 7) in etwa äußert, dass sich

jede Theorie an die Praxis wenden müsse, dann

klingt dies fast wie eine bodenständige Um -

schreibung der „weihnachtlichen Besinn lichkeit“.

Denn was anderes fordert diese Verinnerlichung

am Jahresende, als dass zum Schluss Zukunftspläne

hervorkommen sollen, die es umzusetzen gilt? An

diese Aufgabe ermahnt uns auch der Titel eines

Artikels (S. 20) – „das Leben danach“ –, ein Text,

der von ungewöhnlicher Subjektivität, ja fast von

Argwohn gegenüber dem Jusstudium zeugt. Er

appelliert an Elementares, ohne sich in eine bare

Versunkenheit einer weltfremden Kontemplation

zu verlieren. Im Gegenteil, die Autorin sucht das

Gespräch – etwa mit Dekan Mayer – und ergrün-

det Statistiken über die Motivation der Jus-

studierenden. „Die Wahrheit ist konkret“ – so hat

es Augustinus einst ausgedrückt.

Das Absterben dieses Jahres lässt auch die Frage

auftauchen, was von ihm in der Erinnerung übrig

bleiben wird. Eine sommerliche Reminiszenz – die

ELSA Law School (S. 14) – gehört jedenfalls dazu.

Die FV wünscht schöne Winterferien –

Euer Andreas (Chefredakteur)

[email protected]

EdItorIal

Gendern - eine vernünftige Gesellschaftsprägungsmaßnahme?lE

Itar

tIkE

l

www.fvjus.at

facebook.com/FVJus

Claire-Sophie Mörsen

Vorsitzende

[email protected]

Es ist ein Phänomen unserer Generation – jahrzehn­telang dachten wir uns kaum etwas, wenn wir von „Mannschaften“ sprachen oder von „Kranken­schwestern“. Mittlerweile wissen wir, dass jede Bezeichnung, jeder Titel, jedes Wort im Deutschen die Suggestion eines männlichen oder weiblichen, veralteten Klischeebildes enthält. Seit wir darauf gekommen sind, ist es an der Zeit, diesem unge­wollten, aber unglücklicherweise historisch gewach­senen Umstand entgegen zu wirken. Wie? Durch Gendering.

Gendering (abgeleitet von engl. „Gender“ – soziales Geschlecht) bezeichnet laut Wikipedia eine Bestrebung, die Gleichstellung aller Geschlechter in Sprache und Gesellschaft zu etablieren und dem Sexismus in der Sprache entgegenzuwirken. Dazu werden beispielswei-se Texte „gegendert“.Selbst User und Userinnen unserer Lieblings-Selbst-darstellungsplattform – Facebook – echauffieren sich öffentlich über die ihrer Meinung nach wahnwitzigen Dimensionen, die diese, ursprünglich von lobens-wertem Streben nach geschlechtsneutraler Sprache gekennzeichneten Regelungen erreicht haben: „Gott sei Dank mache ich meine Diss nicht an der Rewi Graz. Da müsste ich anstelle von ‚Mannschaft‘ das englische ‚Team‘ verwenden und der Otto Normal-verbraucher wäre auch tabu. Soll man dann Otto/Anna Normalverbraucher/-in schreiben, oder was? Und selbst eine Frau darf ‚ihren Mann nicht stehen‘... irgendwie wird das immer verkrampfter und ist die weibliche Form von Doktor nicht Doctrix und nicht Doktorin? Man leset und staunet...“Magistra ist die lateinische weibliche Form von Magister. Mag.a zu schreiben also aus meiner Perspektive vollkommen in Ordnung und angemessen. Der weibliche Titel – das passt schon. Doch die dop-pelte und dreifache Verweiblichung ursprünglich männlicher Subjekte ist schlichtweg seltsam. Schließlich werden Femina auch nicht versächlicht. Besonders seltsam erscheint die Genderei, wenn am Schluss nur noch die weibliche Form bleibt (siehe bei-spielsweise die Satzung der ÖH Uni Wien, was zwecks Gleichberechtigungsbestrebungen wiederum nicht als diskriminierend gesehen wird). An diesem Punkt sehe ich das Ziel irgendwo verfehlt. Das Lästige aus meiner Perspektive? Die unglaubliche Omnipräsenz des Genderns in den Druckwerken der ÖH, die dieses Thema einnimmt – und diese ist nicht einmal positiv besetzt. Dies geht aus den Feedbacks

zum „Juristl“ hervor. Denkt die Gesellschaft positiver über Frauen in Führungspositionen, weil sie sich nun beim Neuaufsetzen des Computers das „Firefox-Tool“ herunterladen, welches die Gendergap aus allen auf-gerufenen Texten „schon voll automatisch“ löscht?

Unsere Juristl-Redaktion findet mehrheitlich das Gendern sachgerecht. Eine ausdrückliche Befürwortung vonseiten der FV Jus ist jedenfalls gegeben. Dennoch – ganz freiwillig geschieht dies im Juristl nicht. Wenn eine Rechtsanwaltskammer zur RechtsanwältInnen-kammer wird, oder Rechtsanwaltsanwärter zu Rechts-anwältInnenanwärterInnen werden, dann wider spricht dies im ersten Fall dem eingetragenen und rechtlich geschützten Namen; im zweiten Fall hingegen nimmt das Gendern so viel Raum ein, dass es sehr zulasten des Inhalts geht. Denn wo viel Platz für den Gender-formalismus eingeräumt werden muss, da gibt es weniger Platz für Inhalte.Das Schlimme ist, dass dadurch jeder Text unlesbar und flüssiges, grammatikalisch korrektes Schreiben und Sprechen unmöglich gemacht wird. Das stellt schon irgendwo eine Vergewaltigung der deutschen Sprache dar – oder vielleicht passender: eine „Geschlechts-umwandlung“ der Sprache.Um an dieser Stelle zuletzt mit meiner persönlichen Meinung eine Aussage in den Raum zu stellen (exem-plarisch, einfach weil auch ich eine Frau bin):Ob Binnen-I oder IN oder A – es beleidigt mich weder, noch verhöhnt es oder greift es mich an wenn es dasteht – ebenso wenig aber auch, wenn es nicht da steht. Ich fühle mich öfters nicht ernst genommen, belächelt und gern über den Kamm „liebes Mädchen“ geschert – weil ich klein bin, weil ich jung bin, weil ich eine Frau bin. Aber ich fühle mich nicht besser gestellt oder gerechter behandelt, wenn Deutsch als Sprache nur mehr holprig zu sprechen und flüssig lesbare Texte nicht mehr präsent sind.Warum das Juristl trotzdem gendert? Die Zeitschrift ist ein Publikationsorgan der FV Jus, und die FV Jus ist Teil der ÖH - die ÖH verpflichtet uns, gemäß ihrer Satzung durchgehend geschlechtergerechte Formulierungen zu verwenden. Die diesbezügliche Überprüfung wird eben besonders streng gehandhabt...

Ich wünsche allen Studenten und Studerpeln erhol-same Winterferien,

4 5Juristl | Dezember 2012Juristl | Dezember 2012

DER NEUE FV JUS-PRüFERchEcKAb Dezember 2012 startet unser neues Projekt „Prüfercheck“! Wir haben für die mündlichen Prüferinnen und Prüfer einen Fragebogen erstellt, bei dem sie typische Fragen, ihre Prüfung betreffend, beantworten sollen.

Die Fragebögen sollen dir helfen, dich besser auf die Prüfungssituation einstellen zu können. Du kannst den Prüfercheck deines/-r Prüfers/-in auf unserer Homepage www.fvjus.at einsehen.

Ich möchte mich bei allen Prüfern/-innen des Instituts für Rechts- und Verfassungsgeschichte herzlich bedanken, die bereit waren, unser Projekt zu unterstützen.

VoRMERKUNGSbEStätIGUNG Ab DEM PRüFUNGStERMIN JäNNER 2013Seit der Umstellung von Justa-Online auf UNIVIS hat es bei der Prüfungsanmeldung immer wieder Probleme mit „verschwundenen“ Prüfungsanmeldungen gege-ben. Wir konnten nun für dich erreichen, dass man ein E-Mail nicht nur zur Bestätigung der Anmeldung bekommt, sondern auch bei erfolgreicher Vormerkung für eine Prüfung.

Wenn du dich nun für eine mündliche Prüfung anmel-dest, bekommst du direkt nach der Vormerkung ein Bestätigungsmail. Solltest du kein E-Mail bekommen, hast du sofort die Möglichkeit, dich an das Studienservicecenter zu wenden.

FRAGENSAMMlUNG EURoPAREcht FüR DIE FüM IWie du weißt, sind wir immer sehr bemüht, die Fragensammlung im Forum auf dem neuesten Stand zu halten. Lange Zeit hat sich das Institut für Europarecht dagegen gesträubt, uns alte Prüfungsfragen für unsere Fragensammlung zur Verfügung zu stellen. Nun konn-ten wir für dich erreichen, dass das Institut alte Fragen herausgibt. Wir werden diese für dich sofort in unser

Forum stellen!

StEoP – WIR SIND FüR DIch DA!Nun hast du schon die ersten Klausuren in den Übungen und Pflichtübungen geschrieben und lang-sam aber doch solltest du dich mit der Vorbereitung auf die Modulprüfung Einführung vorbereiten. Wir sind dir hierbei sehr gerne behilflich. Komm zu uns in die Beratung und besuche eine von uns organisierte Lerngruppe, um die erste große Hürde im Studium gut hinter dich zu bringen.

Mitte Dezember werden wir auch für dich einen Informationsabend gestalten, zu dem wir auch die Prüfer/-innen der Einführungsprüfung einladen und nochmals erklären, wie die Prüfung aufgebaut ist und worauf man beim Lernen achten soll. Den genauen Termin werden wir über unsere Homepage und über Facebook bekanntgeben.

Ich wünsche allen frohe Weihnachten und ein erfolg-reiches neues Jahr 2013!

Deine Teresa

Facu

lty

Eine E­Mail­Bestätigung gibt es nunmehr auch bei erfolgreicher Vormerkung für eine Prüfung.

Im Forum ist nun eine Europarechts­Fragensammlung für die FÜM I enthalten.

Viele kleine Weihnachtsgeschenke für dich!

Teresa Schön

Kuriensprecherin

[email protected]

Willst du wissen, was dein/-e Prüfer/-in sich bei einer

Prüfung erwartet? Schau vorbei auf www.fvjus.at!

INFo

Mit der Wohnbeihilfe unterstützt die Stadt Wien Personen mit geringem Einkommen. Du wohnst in einer Mietwohnung und hast ein wenig finanzielle Unterstützung notwendig? Dann kann es sich loh­nen, einen Antrag auf Wohn beihilfe zu stellen!

ANtRAGStelle bis zum 15. eines Monats bei der Abteilung Wohnbauförderung und Schlichtungsstelle für wohn-rechtliche Angelegenheiten (MA 50) einen Antrag (persönlich per Post oder per Telefax), und du erhältst die Wohnbeihilfe rückwirkend, ab dem 1. des Monats, monatlich auf dein Konto!

ANtRAGSbEREchtIGtE SIND:• ÖsterreichischeStaatsbürgerinnenundStaatsbürger

sowie diesen gleichgestellte Personen (Beispielsweise Bürgerinnen und Bürger eines EU-Staates)

• Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft mitNach weis eines mindestens fünfjährigen legalen Auf enthaltes in Österreich.

WohNGEMEINSchAFtENBei Wohngemeinschaften ist der Antrag von der im Mietvertrag aufscheinenden Person zu stellen. Bei Haushalten mit vier oder mehreren Erwachsenen ist es unwahrscheinlich, eine Wohnbeihilfe zu bekommen, da das erforderliche Mindesteinkommen in der Regel die höchstzulässigen Einkommensgrenzen übersteigt. Das Mindesteinkommen beträgt für eine Person 773,26 Euro, für zwei Personen 1.159,37 Euro. Es erhöht sich für jede erwachsene Person um 386,11 Euro und für jedes Kind um 119,31 Euro. (Richtsätze für den Empfang von Ausgleichszulagen – Monatliches Netto-einkommen 2012)

FAKtoREN, DIE bEI DER bEREchNUNG DER WohNbEIhIlFE EINE RollE SPIElEN:1. Haushaltsgröße: Es werden jene Personen bei der Berechnung der Wohnbeihilfe berücksichtigt, die mit der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller im gemein-samen Haushalt leben. Als Nachweis für den gemein-samen Haushalt gilt der Meldenachweis (Hauptwohnsitz notwendig).2. Haushaltseinkommen: Das Haushaltseinkommen ergibt sich aus dem Nettoeinkommen aller im gemein-samen Haushalt lebenden Personen. Das monatliche Einkommen ist ein Zwölftel des Gesamtjahres-einkommens (inklusive des Weihnachts- und Urlaubs-geldes). Sämtliche Einkommen müssen mittels Ein-

kommens nachweises nachgewiesen werden. Setzt sich dein Einkommen ausschließlich aus Unterstützungen deiner Eltern, Großeltern, uÄ zusammen, musst du die Geldflüsse der letzten drei Monate nachweisen (durch Kontoauszüge der letzten drei Monate oder auch durch Zahlschein möglich). Die Wohnbeihilfenstelle berück-sichtigt auch die Unter haltsansprüche der Kinder an die Eltern. Es wird ein Einkommensnachweis der Eltern verlangt, bei Bedarf auch Studienbeihilfenbescheide (z.B. wenn Eltern ihre Einkommensverhältnisse nicht bekanntgeben wollen).3. Wohnungsgröße: Die angemessene Nutzfläche beträgt für eine Person 50 m², für zwei Personen 70 m² und für jede weitere Person 15 m². Bei Überschreitung wird der anrechenbare Wohnungsaufwand (dazu gleich unten) der angemessenen Nutzfläche entsprechend gekürzt.4. Wohnungsaufwand: Es wird nicht der gesamte zu entrichtende Mietzins als Wohnungsaufwand berück-sichtigt. Nicht dazu zählen: Betriebskosten, Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge, Umsatzsteuer, Ausgaben für Strom-, Heizungs- und Telefonkosten und Rück zahl-ungen von Privatkrediten, sonstige Kosten der Lebens -führung.Zumutbarer Wohnungsaufwand: Von deinem Wohnungsaufwand ist der dir zumutbare Wohnungs-aufwand abzuziehen. Das ist jener Betrag, der sich nach einem bestimmten Prozentsatz aus der Haus-haltsgröße und dem Haushaltseinkommen errechnet. Wie viel abzuziehen ist, findest du in den Tabellen zur Errechnung der Wohnbeihilfe.

Die Wohnbeihilfe wird nicht nur für ungeförderte (private) Mietwohnungen, sondern auch für gefördert errichtete bzw. sanierte Wohnungen ausbezahlt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist Wohnbeihilfe für Eigentumswohnungen möglich. Nähere Informationen dazu, sowie Antrag und Tabellen zur Errechnung der Wohnbeihilfe findest du auf: http://www.wien.gv.at/wohnen/wohnbaufoerderung/wohnbeihilfe/

http://www.wien.gv.at/wohnen/wohnbaufoerderung/wohnbei­hilfe/

SozIal

ES

Wohnbeihilfe der Stadt Wien

Veronika Hoppichler

Sozialsprecherin

[email protected]

Ein-Personenhaushalt (ungeförderte Mietwohnung, 43 m²)

Anrechenbares Haushaltseinkommen: 947, 71 Euro

Der Wohnungsaufwand beträgt 154, 56 Euro,

abzüglich der zumutbaren Wohnungsaufwandbelastung

von 100,10 Euro

ergibt sich eine Wohnbeihilfe von 54, 46 Euro

bEISPIEl

7Juristl | dezember 20126 Juristl | Dezember 2012

Liebe Studierende an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät!

PlAtZPRoblEMEWenn diese Ausgabe des „Juristl“ erscheint, werden die Pausenscheine, die ich in der letzten Nummer ange-kündigt habe, bereits eine Erprobungsphase hinter sich haben und hoffentlich dazu beitragen, mehr Studierenden als bisher – wenigstens für eine begrenzte Zeit – einen Platz zum Lernen und Forschen zu ver-schaffen.

Trotzdem wird die Platzsituation am Juridicum nicht grundsätzlich besser werden. Es ist und bleibt eine Tatsache, dass 570 verfügbare Plätze etwa 12500 Studierenden gegenüber stehen. Ich möchte Ihnen daher heute zwei Alternativen in unmittelbarer Umgebung anbieten, an denen öfter Plätze den über längere Zeit ungenutzt bleiben.

Gleich ums Eck, kaum eine Minute vom Ausgang der Stiege 2 (OPEC-Gebäude) entfernt, in der Hohenstaufen-gasse ist die Fachbereichsbibliothek für Wirtschafts-wissenschaften (Volkswirtschaft). Der Lesesaal verfügt über cirka 25 Plätze und ist von Montag bis Donnerstag von 10:00 bis 18:00 Uhr und am Freitag von 10:00 bis 15:00 geöffnet.

In etwas größerer Entfernung – etwa drei Minuten zu Fuß – befindet sich die Außenstelle der Hauptbibliothek in der Teinfaltstraße 8. Dieser Raum bietet Platz für etwa 70 Personen und ist von Montag bis Freitag von 9:00 bis 18:30 Uhr geöffnet. In den Aushangbereichen der Bibliothek im Juridicum finden Sie in Hinweisschild, das auch eine kleine Planskizze enthält, die den Weg zu diesem Lesesaal beschreibt.Bitte nutzen Sie diese Alternativangebote!

IEl – INtERNAtIoNAl ENcycloPAEDIA oF lAWSWie im letzten „Juristl“ angekündigt, möchte ich Ihnen heute auch eine an der Universität Wien neu verfüg-bare Datenbank vorstellen, nämlich die IEL – International Encyclopaedia of Laws“. Zwar hatten wir bereits bisher mehrere Module der IEL als Loseblatt-sammlungen aufgestellt, jetzt aber steht die gesamte IEL online und damit vielen Benutzerinnen und Benutzern gleichzeitig zur Verfügung.

Der leichteste Zugang zu dieser Datenbank ist über

folgenden URL: http://bibliothek.univie.ac.at/eressourcen.html

Dort klicken Sie im Abschnitt Datenbanken auf „Datenbankservice / Metalib“. Im darauf erschei-nenden Suchfenster reicht es völlig aus, in das Feld „Titel“ „IEL“ einzutragen. Darauf erhalten Sie zwei Treffer. Bitte aktivieren Sie nun die Datenbank – wie immer nur innerhalb des IP-Ranges der Universität – durch einen Klick auf den zweiten Treffer.

Nach einem Zwischenfenster werden Sie automatisch mit der Datenbank von Kluwer Law verbunden. Sie sehen nun auf dem Frame links auf dieser Website das gesamte Angebot an Law Manuals des Kluwer Verlags. An dieser Stelle muss ich Sie darauf hinweisen, dass wir nicht alle diese Inhalte lizenziert haben. Sie erhalten hier nur auf all jene Bereiche Zugriff, die mit den Buchstaben „IEL“ gekennzeichnet sind. Wie Sie sehen können, sind die verschiedenen IELs nach Rechts-gebieten organisiert. Wenn Sie nun eines davon, bei-spielsweise „Sports Law“, anwählen, erscheint ein Fenster, wo Sie neben allgemeinen Informationen zu diesem Bereich eine Übersicht finden, für welche Staaten ein Beitrag zum jeweiligen Rechtsgebiet ent-halten ist.

Wählen Sie ein Land, beispielsweise die USA aus, und Sie erhalten eine Aufgliederung des Beitrags über US-Sportrecht nach Kapiteln im PDF-Format. Öffnen Sie einen beliebigen Abschnitt und schon können Sie den Text lesen, aber auch abspeichern, was mit Sicherheit sehr nützlich sein kann.

Abschließend darf ich Ihnen im Namen des gesamten Bibliotheksteams fröhliche Weihnachten und alles Gute, vor allem viel Erfolg beim Studium, für das Jahr 2013 wünschen.

Ihr Thomas Luzer

http://bibliothek.univie.ac.at/fb­rewi

fb­[email protected]

Dr. Thomas Luzer

Leiter der FB Rechtswissenschaften

[email protected]

Alternative lernortebIbl

Ioth

Ek

Das institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht im Visier

Vielen Studierenden ist es nicht bewusst, dass die Institute am Juridicum nicht bloß Klausuren korrigieren, sondern vielmehr ein reiches Innenleben entfalten können. Ausdruck davon sind die Forschungen und Tagungen, die von Institutsmitgliedern betreut werden. Der Vorsitzende des Instituts für Unternehmens­ und Wirtschaftsrecht, Prof. Aicher, gewährte der Redaktion einen Einblick in die Tätigkeiten seines Instituts.

Die Aufarbeitung des neuen UGB stellt einen zentralen Forschungsschwerpunkt des Instituts dar. Institutsmitglieder sind daher maßgebend an mehreren Kommentaren beteiligt – etwa an den von Prof. (i. R.) Straube herausgegebenen UGB-Kommentar, ebenso an den im Entstehen begriffenen Kommentar von Prof. Zib und Prof. Dellinger. Spezialisten wie Prof. Rüffler und Prof. Torggler betreuen darüber hinaus große Teile der GmbH-Kommentare von wiederum Prof. (i. R.) Straube. Weitere Forschungsanliegen sind das Lauterkeits-, E-Commerce- und das Firmen-buchrecht, letzteres etwa im Hinblick auf Über-legungen zu einem Europäischen Firmen buch.

Signifikante Rechtsentwicklungen erwartet Prof. Aicher im europäischen Kartellrecht. „Für den führenden Kommentar zum Recht der Euro-päischen Union, den Grabitz/Hilf, betreuen wir den Kartelltatbestand.“ Besonders das Private Enforcement verspricht in seiner Ver flochten heit mit dem Europäischen Beihilfe- und Vergaberecht hochinteressante Entwicklungen. Überhaupt umfasst ein wesentlicher Teil der Vorlesungen des Instituts zunehmend europäische Dim en-sionen. Hervorzuheben ist auch das künftige Spannungs-verhältnis zwischen dem Kapital marktrecht und dem Gesellschaftsrecht. Das Unionsrecht durch-dringt den Kapitalmarkt mit einer völlig neuen

Ordnung in Bezug auf Transparenzpflicht, Infor-mationspflicht, oder Marktmanipulationsverbote – all diese Normen schlagen sich aber insofern auf das Gesell schaftsrecht nieder, als dass sie börsennotierte Aktiengesellschaften betreffen. Prof. Aicher stellt in der wissenschaftlichen Diskussion Tendenzen fest, die eine künftige Zweiteilung von AGs prognostizieren (die bör-sennotierten AGs unter Anwendung der Kapital-markt regelungen auf der einen Seite, und die sonstigen AGs auf der anderen Seite).

bESoNDERE VERANStAltUNGEN Die Forschungen sind nicht allein deskriptiv; das Institut versucht auch, Lösungen anzubieten, und es ist nicht selten, dass Institutsmitglieder in Gesetzgebungsprozessen eingebunden werden. „Es ist ein Bestreben von uns, dass wir unsere wissenschaftlichen Forschungen an die Praxis weitergeben“, teilt uns Prof. Aicher mit. Daher organisierte dieses Jahr Prof. Torggler gemein-sam mit Frau Prof. Kalss (WU Wien) den „Ersten Wiener Unternehmensrechtstag“ mit gewal-tigem Publikumsinteresse. Eine weitere außen-wirksame Veranstaltung ist ein jährlich stattfin-dendes Symposion zu aktuellen Problemen des Gesellschaftsrechts unter Beiziehung von Referenten/-innen aus der Praxis, um über fol-gende Fragen zu informieren: „Was sind eigent-lich die Probleme? Ist der Weg der Judikatur richtig? Wie kann die Wissenschaft lenkend eingreifen?“ Das Symposion wird von der „Gesell schaftsrechtlichen Vereinigung Österreichs“ getragen, die von den Professoren Rüffler und Torggler und von Frau Prof. Artmann (Universität Linz) gegründet wurden.

Das außenwirksamste Projekt der postgradualen Ausbildung unter Institutsbetreuung ist das von Prof. Fina betreute LL.M.-Programm „Euro pä-isches und Internationales Wirtschafts recht“.

Für den Erfolg des Programms spricht, dass es zweisprachig geführt wird und sich beide Kurse (deutsch und englisch) durch eine hohe TeilnehmerInnenzahl (auch aus dem Ausland) auszeichnen.

FUNKtIoNEN DER INStItUtSMItGlIEDER„Wer in den Kernbereichen des Wirtschaftsrechts tätig ist, sollte sein Fachwissen auch außeruni-versitären Entscheidungsgremien zur Verfügung stellen“, sagt Prof. Aicher. So ist Prof. Rüffler Mitglied des Präsidiums des Internationalen Schiedsgerichts des WKÖ; Prof. Aicher ist stv Vorsitzender der Übernahmekommission und Vorsitzender der Schiedsinstanz für Natural-restitution beim Allgemeinen Entschädigungs-fonds für Opfer des Nationalsozialismus.

FINANZIERUNGDie Kernthemenforschungen und die Personal-kosten werden durch universitäre Mittel gedeckt. Einzig das Forschungsvorhaben zum E-Comm-erce-Recht von Prof. Zib wird nahezu ausschließ-lich drittmittelfinanziert. Die Tagungen werden durch Mitgliedsbeiträge ermöglicht, so dass sie das Universitätsbudget nicht belasten. Beim LL.M.-Programm hingegen handelt es sich um eine wahre Cash-Cow.

Diese Vielfalt an Aktivitäten wird letztlich nur durch die tatkräftige Unterstützung der Mit-arbeiter/-innen ermöglicht, die als (Studien-)assistenten/-innen nicht nur ihre eigenen Forschungs projekte vorantreiben, sondern auch in Lehre und Forschung des Instituts eingesetzt sind. Vier Sekretärinnen verwirklichen zahlreiche sonstige Anliegen des Instituts.

(Herzlichen Dank an Prof. Aicher für das Gespräch!)

bErIch

t

SANDRA EGGER | beratung | [email protected]

9Juristl | dezember 20128 Juristl | Dezember 2012

RechtsanwältInnen und KonzipientInnen unterliegen einem speziellen Standesrecht. Sie können bei Verletzung von Berufsvorschriften, aber auch bei ungebührlichem Verhalten im privaten Bereich, zu einer Disziplinarstrafe verurteilt werden. Zuständige Behörde ist der Disziplinarrat der Rechtsan walts­kammer. Seit 2010 gehören ihm erstmals auch KonzipientInnen als stimmberechtigte Mitglieder an.

Maxi N. ist stolz, nach Beendigung des Gerichtsjahres eine Stelle in einer Rechtsanwaltskanzlei angetreten zu haben. Da sein Ausbildungsanwalt stark ausgelastet und viel unterwegs ist, darf der frischgebackene Konzipient kleinere Causen bereits relativ eigenständig bearbeiten. Eines Tages ruft überraschend eine Partei, Herr X, gegen die Maxis Kanzlei für eine Mandantin gerade einen Prozess führt, bei ihm an. Herr X erkundi-gt sich, ob man die leidige Angelegenheit nicht „auf kurzem Weg“ aus der Welt schaffen könnte. Maxi gelingt es, einen für seine Mandantin günstigen Vergleich mit Herrn X auszuverhandeln. So wie er es gelernt hat, hält Maxi die Ergebnisse der erzielten Einigung in einem Schreiben fest und übermittelt die-ses an alle Beteiligten. Einige Tage später erhält Maxi einen eingeschriebenen Brief von der Rechtsanwältin des Herrn X „zur persönlichen Öffnung“. Die Rechts-anwältin kündigt an, dass er eine Disziplinar anzeige gegen Maxi wegen Verletzung des Umgehungs verbotes erstatten wird: Maxi hätte nicht direkt mit dem anwalt-lich vertretenen Herrn X verhandeln dürfen, sondern nur über dessen Rechtsvertreter.

StANDES- UND bERUFSREcht – EIN UNbEKANNtES REchtSGEbIEtFür viele Studierende des Juridicums ist der Einstieg in die Anwaltei gewünscht. Ein Rechtsgebiet, das in der Praxis von großer Bedeutung, bei BerufsanfängerInnen aber weitgehend unbekannt ist und nicht auf dem rechtswissenschaftlichen Studienplan steht, ist das anwaltliche Standes- und Berufsrecht: Detaillierte Vorschriften regeln die Tätigkeit der RechtsanwältInnen und KonzipientInnen. Die einschlägigen Vorschriften finden sich insbesondere in der Rechtsanwaltsordnung (RAO), den Richtlinien für die Berufsausübung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (RL-BA) und zahlreichen weiteren Richtlinien. Das Disziplinar-verfahren ist im Disziplinarstatut (DSt) geregelt.

Was bedeutet das Standesrecht für den Berufsalltag in einer Kanzlei? Beispielsweise gilt für AnwältInnen und KonzipientInnen eine strenge Verschwiegenheitspflicht – nicht nur eine von MandantInnen anvertraute Information, sondern bereits die Tatsache, dass eine bestimmte Person vertreten wird, unterliegt der Geheimhaltung. Bedeutend ist auch das Verbot der sogenannten Doppelvertretung, dessen Beachtung gerade in großen Kanzleien umfangreiche Kollisions-prüfungen erfordert. Die standesrechtlichen Pflichten reichen auch in das Privatleben hinein – so sind AnwältInnen und auch KonzipientInnen verpflichtet, übernommene Verbindlichkeiten einzuhalten. Zahlt beispielsweise ein Konzipient, oder eine Konzipientin eine private Rechnung nicht, so kann dies ein Standes-vergehen darstellen. Sogar bereits verjährte Forder-ungen müssen bezahlt werden.

„[…] Die standesrechtlichen Pflichten reichen auch in das Privatleben hinein. […]“

Sowohl in beruflichen Angelegenheiten als auch im Privatbereich haben RechtsanwältInnen und Konzi-pient Innen „Ehre und Ansehen des Standes“ zu wah-ren. Dies bedeutet, dass sie durch ihr Verhalten das Bild der AnwältInnenschaft in der Öffentlichkeit nicht beeinträchtigen dürfen: Wenn sie sich ungebührlich verhalten und es für einen größeren Personenkreis erkennbar ist, dass sie den genannten Berufen angehö-ren, handeln sie disziplinär. Hierunter kann beispiels-weise eine Beschimpfung von PolizistInnen bei einer Verkehrskontrolle oder jedes sonstige unangemessene Verhalten in der Öffentlichkeit fallen.

Die Auffassung, was als Verstoß gegen Ehre und Ansehen des Standes anzusehen ist, unterliegt im Wandel der Zeit natürlich Veränderungen. Eine in AnwältInnenkreisen weit verbreitete Legende besagt, dass vor Jahrzehnten ein Rechtsanwalt eine Disziplinar-strafe ausgefasst haben soll, bloß weil er am Graben (in kurzen Hosen) ein Eis geschleckt hat. Ob es ein solches Disziplinarerkenntnis tatsächlich jemals gege-ben hat, darf allerdings bezweifelt werden.

Von AnwältInnen gefürchtet – ein DisziplinarverfahrenWenn eine Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer

(RAK) einlangt, versucht diese in vielen Fällen zunächst, zwischen den Beteiligten zu vermit-teln. Stellt sich heraus, dass ein disziplinäres Verhalten – also ein Verstoß gegen berufsrecht-liche Vorschriften oder eine Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes – vorliegt, so kommt der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer (RAK) ins Spiel.

Bei jeder der neun österreichischen RAK besteht ein eigener Disziplinarrat, der für die im jewei-ligen Bundesland eingetragenen Rechtsan-wältInnen und KonzipientInnen zuständig ist. Dem Diszipinarrat gehören gewählte Mitglieder aus dem Stand der RechtsanwältInnen und – seit 2010 auch der RechtsanwältInnen-anwärterInnen – an. Diese üben ihre Tätigkeit nebenberuflich und ehrenamtlich aus.

Als Ankläger/-in im Disziplinarverfahren fungiert der/die Kammeranwalt/anwältin (KA). Zunächst finden Erhebungen statt, welche von einem/einer Unter suchungs kommissärIn (UK) geleitet werden. Im Fall der Einleitung eines Verfahrens findet in weiterer Folge eine mündliche Ver-handlung statt, welche Ähnlichkeit mit einer Verhandlung in einem gerichtlichen Straf-verfahren hat, jedoch nicht öffentlich ist. Der Disziplinarrat, welcher in Fünfersenaten ent-scheidet, fällt in weiterer Folge ein Disziplinar-erkenntnis. Wird das Verfahren gegen eine/n Konzipienten/in geführt, gehört ein Mitglied des Disziplinarrates aus dem Stand der Rechts-anwältInnenanwärterInnen dem Senat als sechstes Mitglied an.

Im Fall eines Schuldspruches droht dem/der Betroffenen eine Disziplinarstrafe. Rechtsan-wält Innen können mit einem Verweis, einer Geld strafe oder, in schwerwiegenden Fällen, mit einem vorläufigen Verbot, bei bestimmten Gerichten als RechtsvertreterIn zu agieren, ja sogar mit einer Streichung von der Liste der RechtsanwältInnen bestraft werden. Konzi-pientInnen droht ebenfalls ein Verweis bzw eine Geldstrafe, oder aber eine Verlängerung der KonzipientInnenenzeit.

KoNZIPIENtINNEN AlS DISZIPlINARbESchUlDIGtEDa RechtsanwältInnenanwärterInnen weniger nach außen hin in Erscheinung treten als AnwältInnen, fallen in der Praxis viele mögliche Anlässe für ein disziplinäres Verhalten weg. So ist es KonzipientInnen grundsätzlich untersagt,

Schriftstücke zu unterfertigen. In diesen enthal-tene Aussagen werden daher dem/der unterfer-tigenden Rechtsanwalt/Rechtsanwältin und nicht dem/der Konzipienten/Konzipientin, aus dessen Feder sie allenfalls stammen, zugerech-net. Den Mitgliedern des Disziplinarrates ist auch durchaus bewusst, dass KonzipientInnen nicht über eine vergleichbare Erfahrung wie AnwältInnen verfügen, was bei der Ent-scheidungs findung entsprechend berücksichtigt wird.

Standesrechtlich bedenklich handeln Konzi-pientInnen beispielsweise, wenn sie in eigenem Namen wie AnwältInnen auftreten. Auch das Erscheinen von BerufsanfängerInnen zu einer Verhandlung, welche nur mit großer Legitimationsurkunde („LU“ – diese wird nach 1,5 Jahren Berufserfahrung ausgestellt) verrich-tet werden darf, gilt als schweres Disziplinar-vergehen, sowohl des/der Ausbildungsanwaltes/anwältin als auch des/der Konzipienten/Konzipientin (häufig bei Haftverhandlungen). Auch kommt es vereinzelt vor, dass Konzi-pientInnen ein ungebührliches Verhalten gegen-über Behörden an den Tag legen und daher von dieser beim Disziplinarrat angezeigt werden. Vor einiger Zeit hatte der Disziplinarrat einen Fall zu behandeln, in dem ein Konzipient bei einer poli-zeilichen Vernehmung den Beschuldigten in einer fremden Sprache Tipps gab, was die jeweils anderen Beschuldigten zugegeben hatten und was nicht.

„[…] Bei einem Verstoß droht Konzipientinnen eine Verlängerung der Konzipientinnenzeit […]“

KoNZIPIENtINNEN AlS MItGlIEDER DES DISZIPlINARRAtESSeit 2010 sind nicht mehr nur die Rechtsan-wältInnen, sondern auch RechtsanwältInnen-anwärterInnen Mitglieder „ihrer“ RAK. Sie erfül-len somit Funktionen innerhalb des Kammer-ausschusses und des Disziplinar rates. So gehö-ren beispielsweise dem Disziplinarrat der RAK Wien zwei KonzipientInnen als Disziplinar-rätInnen an. Sie stehen ca. 30 Rechts anwält-Innen gegenüber. Der/die Präsident/-in des Disziplinarrates und dessen/deren Stellvertreter/-in sind jedenfalls Rechts anwält Innen.

Die KonzipientenvertreterInnen im Disziplinarrat haben nur dann ein Stimmrecht, wenn ein Ver-

fahren gegen eine/n Rechtsanwält Innen an-wärterIn als Disziplinar beschuldigte/n geführt wird. Dies ist vergleichsweise selten der Fall: Tatsächlich finden gegen diese nur einige weni-ge Verfahren jährlich statt. Die Tätigkeit der KonzipientInnen ist auch insofern eingeschränkt, als sie nicht als SchriftführerInnen oder Unter-suchungs kommissärInnen (UK) herangezogen werden.

Ein Problem bei den KonzipientInnen ist die Fluktuation. Absolute BerufseinsteigerInnen müssen sich erst einarbeiten und werden sich selten um eine Funktion in der Rechtsan-waltskammer bemühen. So vergehen schnell ein bis zwei Jahre, bevor sie ein entsprechendes Amt übernehmen. Dann steht oft bereits die Rechtsan wältInnenprüfung an und kurz darauf ist man bereits eingetragen oder wechselt in die Privatwirtschaft. Für den Fall des Ausscheidens eines/r Konzipienten/Konzipientin (beispielswei-se im Fall der Eintragung als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin) werden daher vorsorglich Ersatzmitglieder gewählt.

Wie wird man als KonzipientIn Mitglied des Disziplinar rates? Man wird auf der jährlich statt-findenden Plenarversammlung (Vollver-sammlung) der jeweiligen RAK gewählt. Eine Kandidatur ergibt sich in der Regel über den Club der KonzipientInnen. Dieser ist eine Teilorganisation des Juristenverbandes. Die Funktions periode dauert zwei Jahre (bei Rechts-anwält Innen vier Jahre). Derzeit sind für die KonzipientInnen schaft Clemens Berlakovits (Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte) und Friederike Renz (Brandl & Talos Rechtsanwälte) Mitglieder des Disziplinarrates.

Für eine/n Konzipienten/Konzipientin bietet die Tätigkeit im Disziplinarrat die Möglichkeit, inte-ressante Einblicke in die Praxis des Disziplinar-rechts zu erhalten und sich so ein profundes Wissen aus erster Hand aufzubauen. Es wird jedoch auch eine regelmäßige Teilnahme an den Sitzungen und ein verlässliches Erscheinen zu sonstigen Terminen erwartet.

Sich bereits in der Konzipientenzeit im Club der Konzipienten und in der Rechtsanwaltskammer zu engagieren, zahlt sich jedenfalls sowohl in fachlicher, als auch in persönlicher Hinsicht aus. Interessierte KollegInnen können sich jederzeit gerne beim Club der Konzipienten oder bei mir melden.

AbsolventInneneckeSErIE

Ehre und Ansehen des Standes

Michael Bodmann

Rechtsanwalt bei Willheim Müller

Rechtsanwälte

Mag. Michael Bodmann ist heute

spezialisiert auf Immobilienrecht.

Nach seinem Studium der

Rechtswissenschaften am Juridicum

Wien war er während seiner

Konzipientenzeit von 2010 bis Anfang

2012 Mitglied des Disziplinarrates

der Rechtsanwaltskammer Wien und

Mitglied des Vorstandes des Clubs der

Konzipienten.

10 11Juristl | dezember 2012Juristl | dezember 2012

Juridicum Journal

Flugpassagierrechte

EUGh StäRKt REchtE VoN FlUGPASSAGIERENDer Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigt seine Rechtssprechung, nach der Fluggäste bei erheblich verspäteten Flügen eine pauschale Ausgleichszahlung von bis zu 600 Euro verlan-gen können, wenn die Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist.

Nach geltendem Unionsrecht haben Fluggäste im Falle einer Annullierung ihres Fluges Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung, die zwi-schen 250 und 600 Euro liegt. Im sogenannten Urteil Sturgeon (C-402/07 und C-432/07) hatte der Gerichtshof bereits einmal entschieden, dass Fluggäste verspäteter Flüge den Fluggästen annullierter Flüge gleichzustellen sind und auch sie Ausgleichszahlungen verlangen können, wenn sie ihr Endziel mindestens drei Stunden nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist.

Das nun vorliegende Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-581/10 und C-629/10 geht auf Ersuchen des Amtsgerichts Köln und des Hight Court of Justice im Vereinigten Königreich zurück, welche den EuGH um nähere Erläuter-ungen zur Reichweite des Urteils Sturgeon ersuchten. In der Rechtssache C-581/10 klagten Fluggäste das Luftfahrtunternehmen Lufthansa, weil ihr Flug um über 24 Stunden verspätet war. Im anderen Rechtsstreit (C-629/10) haben sich TUI Travel, British Airways, easyJet Airline und die International Air Transport Association (IATA) an die Gerichte des Vereinigten Königreichs gewandt, da sich die britische Civil Aviation Authority, welche die Einhaltung der Flug-verkehrsregelung im Vereinigten Königreich überwacht, weigerte, sie von Ausgleichszahlungen an Fluggäste verspäteter Flüge zu freizustellen. Die Civil Aviation Authority steht dabei auf dem

Standpunkt, dass sie an das Urteil Sturgeon gebunden sei.

„ähNlIchE UNANNEhMlIchKEItEN“Der Gerichtshof bestätigte nun seine Auslegung des Unionsrechts im Urteil Sturgeon und wies darauf hin, dass der Grundsatz der Gleich-behandlung in diesen Fällen unbedingt zu beachten sei. Demzufolge müsse im Hinblick auf den Anspruch auf Ausgleichszahlungen die Situation der Fluggäste verspäteter Flüge mit der Situation von Fluggästen annullierter Flüge als vergleichbar angesehen werden. Grund dafür sei die Ähnlichkeit der durch den Fluggast hinzunehmenden Unannehmlichkeiten, nämlich in beiden Fällen eines erheblichen Zeitverlustes.

Der Gerichtshof betonte, dass das Ziel des Unionsgesetzgebers beim Erlass dieser Rechtsvorschriften ein Interessensausgleich zwi-schen Fluggästen und Luftfahrtunternehmen gewesen sei. Daraus resultiere, dass eine Verspätung keinen Ausgleichsanspruch der Fluggäste begründet, wenn dem Luftfahrt-unternehmen der Beweis gelingt, dass die erhebliche Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen sei, die auch bei Ergreifung aller zumutbarer Maßnahmen nicht verhindert hätte werden können. Es müsse sich also um solche Umstände handeln, welche vom Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind. Auch mit dem Grundsatz der

Rechtssicherheit, welcher verlange, dass die Fluggäste und die Luftfahrtunternehmen genau über den jeweiligen Umfang ihrer Rechte und Pflichten Bescheid wissen, stehe die Zahl-ungspflicht in Einklang, so der Gerichtshof.

GRUNDSAtZ DER VERhältNISMäSSIGKEIt Der EuGH argumentierte weiter, die Ausgleichs-pflicht könne auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbart werden. Dieser ordnet erstens an, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen über-schreiten dürfen, was zur Erreichung der zulässi-gerweise verfolgten Ziele geeignet und erforder-lich ist. Zweitens ist zu beachten, dass die verur-sachten Nachteile verhältnismäßig zu den ange-strebten Zielen sein müssen. Dazu hält der EuGH fest, dass die Ausgleichspflicht nur große Verspätungen betrifft und die Luftfahrt unter-nehmen von der Zahlungspflicht befreit werden, wenn sie den Nachweis erbringen, dass die Annullierung bzw. große Verspätung auf außer-gewöhnliche Umstände zurückgeht.

Im Hinblick auf die zeitlichen Wirkungen des vorliegenden Urteils sprach der Gerichtshof keine zeitliche Begrenzung aus. Die Luftfahrt-unternehmen hatten im Verfahren argumentiert, dass die Berufung auf das Unionsrecht als Rechtsgrundlage für Klagen auf Ausgleichs-zahlung nur jenen Fluggästen zustehen sollte, welche vor dem Tag der Verkündung des Urteils des EuGH Klage erhoben hatten.

© j.

cliss

| flick

r.com

bErIch

tJuridicum Journal

Online-Glückspiel

KoMMISSIoN lEGt AKtIoNSPlAN ZUM oNlINE-GlücKSSPIEl VoR Die Kommission schlägt vor, Mindeststandards in VerbraucherInnenangelegenheiten, im Bereich Werbung und Sportwetten einzuführen und prüft die Einleitung oder Wiederauf nahme von Ver-trags verletzungsverfahren.

Der Glücksspielmarkt boomt. Mit jährlichen Wachstumsraten von knapp 15 Prozent und jährlichen Einnahmen von schätzungsweise 13 Mrd. Euro im Jahr 2015 gehört das Online-Glücksspiel zu den am schnellsten wachsenden Dienstleistungstätigkeiten in der Europäischen Union.

ERNEUtE StäRKUNG DES VERbRAUchERINNENSchUtZES Der Betrieb von Glücksspielen wurde bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gemeinschafts-rechtlich geregelt. Die Kommission schlägt nun im Aktionsplan zum Online-Glücksspiel die Vereinbarung von Mindeststandards in Sachen VerbraucherInnenschutz vor. Schutzbedürftig seien insbesondere Minderjährige und Personen mit erhöhtem Suchtrisiko: 75 Prozent der EU-BürgerInnen unter 17 Jahren nutzen das Internet und 0,5 bis 3 Prozent der Bevölkerung leiden bereits an den Folgen der Spielsucht oder anderer Störungen im Zusammenhang mit Glücksspielen, stellte die Kommission fest.

Zudem appelliert Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier für Mindeststandards im Bereich Werbung und die Bekämpfung von Spiel ab-sprachen im Zusammenhang mit Sportwetten. Noch im Herbst soll die vierte Geldwäsche-Richtlinie verabschiedet werden, die auch Online-Glücksspiele erfassen wird. Eine umfas-sende Abdeckung des Glücksspielsektors kann nur durch die Ausweitung der bestehenden Vorschriften gewährleistet werden. So bedarf es etwa der Klarstellung, wie die Aufsichtsbefugnisse zur Bekämpfung von Geldwäsche in grenzüber-

schreitenden Situationen auszuüben sind. Die administrative Zusammenarbeit soll eine Ver-ringerung unnötiger administrativer Hürden her-beiführen, insbesondere im Zulassungs verfahren und in der Kontrolle jener Anbieter, die in mehr als einem Mitgliedstaat zugelassen sind.

VERtRAGSVERlEtZUNGSVERFAhREN KöNNtEN DRohENDie Kommission prüft zudem, ob sie gegen ein-zelne Mitgliedstaaten Vertragsverletzungs ver-fahren einleiten oder wiederaufnehmen sollte. In Österreich ist das Recht zur Durch führung von Glücksspielen grundsätzlich dem Bund vorbe-halten. Nach dem § 14 Glücksspielgesetz kann der/die Bundesminister/-in für Finanzen jedoch das Recht zur Durchführung der Ausspielungen durch Erteilung einer Konzession übertragen. Die sogenannte Lotteriekonzession wurde vor kurzem wieder der Casinos-Austria-Tochter Österreichische Lotterien GmbH erteilt. Derzeit sind Beschwerden der MitbewerberInnen, die nicht zum Zug gekommen sind, beim Ver-fassungsgerichtshof anhängig. Sie führen an, dass die Festlegung im Glücksspielgesetz, dass es nur eine Lotteriekonzession gibt, unverhält-nismäßig sei. Auch das Erfordernis, dass Bewerber ein Grundkapital von 109 Millionen Euro vorweisen müssten, um an der Vergabe überhaupt teilnehmen zu können, sei unsach-lich. Zudem wird die sogenannte „Verfahren-sunterlage“ für die Erteilung der Lotterie-konzession, die den Ablauf des Ver gabeprozesses sowie die erforderlichen Qualifikationen für die Konzessionsverleihung betrifft, kritisiert.

Gleichzeitig wurden Beschwerden bei der Kommission eingebracht. Da Glücksspiele eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen, fallen sie in den Geltungsbereich der Verkehrsfreiheiten. AlleinanbieterInnen können jedoch aus zwin-genden Gründen des Allgemeininteresses, etwa wenn sie der Kriminalitäts- bzw. Suchtprävention dienen, gerechtfertigt sein. Die grundsätzliche

Zulässigkeit eines nationalen Konzessionssystems hat der EuGH in der Rechtssache Engelmann C-64/08 vom 09. 09. 2010 bestätigt. Am 15. 09. 2011 legte der EuGH zudem in der Rechtssache C-347/09 dar, dass keine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch die österrei-chische Regelung vorliegt. Ein Monopol für Internet-Glücksspiele sei gerechtfertigt, wenn mit ihm das Ziel der Bekämpfung der mit diesen Spielen verbundenen Gefahren in systematischer und kohärenter Weise verfolgt wird. Die Beschwerdeführer gehen hingegen von einem „nicht ausschließlich dem Spielerschutz dienen-den“, europarechtswidrigen Glücksspielmonopol aus.

lEGAlISIERUNG AUch IN DEN USAZudem überlegen derzeit mehrere US-Bundes-staaten, ob sie das Online-Glücksspiel legalisie-ren sollen. Die privaten AnbieterInnen rechnen damit, dass bereits in den nächsten Jahren amerikanische AnbieterInnen nach Europa drän-gen werden. Der Wettbewerb für die derzeit weltweit dominierenden europäischen Anbieter-Innen würde sich dann deutlich verschärfen, betont der Branchenverband European Gaming and Betting Association.

© A

lan

Clea

ver |

flick

r.com

EVA-MARIA SchäFFNER | Juridicum Journal | [email protected] bErIch

t

MARIEttA MAyRhoFER-DEAK | Juridicum Journal | [email protected]

12 13Juristl | dezember 2012Juristl | dezember 2012

allen voran London, als wohl bedeutendster europäischer Standort für internationale Schiedsgerichte mit einem ebenfalls dreiin-stanzlichen Aufhebungsverfahren. Ein bedeu-tender Wettbewerbsvorteil der wenigen Nationen mit einem nur eininstanzlichen Aufhebungsverfahren könne daher nicht erkannt werden.

2. Der OGH würde entgegen der bereits mehr

als 100 Jahre bestehenden Tradition und entgegen seiner bisherigen Funktion auch als Tatsacheninstanz tätig sein. Dies könne weder durch wirtschaftliche Eigeninteressen noch durch das angeblich besonders starke Interesse an einer raschen Entscheidung in diesen Fällen gerechtfertigt werden, zumal ein vergleichbares Interesse an einer schnel-len Erledigung auch in zahlreichen anderen Fällen vorliegen würde. In einem großen Teil der Fälle wäre der Oberste Gerichtshof tat-sächlich erste und einzige Instanz, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung für diese Sonderregelung im System des Zivilverfahrens erkennbar wäre.

3. Es bestehen hinsichtlich der Umsetzung der

Instanzenkürzung auch verfassungsrechtliche Bedenken. Der Oberste Gerichtshof, der sonst immer als Rechtsmittelgericht fungiert, würde für einen bestimmten kleinen Kreis von Angelegenheiten in erster und einziger Instanz tätig. Damit würde den Parteien der Handelsschiedsgerichtsbarkeit Bevorzugung zuteil, die allen anderen Parteien nicht offen steht, womit eine verfassungsrechtlich bedenkliche Gleichheitswidrigkeit verwirklicht wäre. Selbst wenn man durch die gesonderte Stellung des internationalen Schiedsverfahrens eine sachliche Rechtfertigung erblicken könnte, vermag dies nicht zu erklären, warum nur Unternehmern/-innen, nicht aber Konsumenten/-innen ein schutzwürdiges Interesse an einer raschen Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof in erster und einziger Instanz zugebilligt wird.

Es muss diesbezüglich auch angemerkt werden, dass der Vorschlag für die Kürzung der Instanzenzüge im Aufhebungsverfahren kein unbekannter ist, sondern bereits im Zuge des SchiedsRÄG 2006 diskutiert wurde. Damals wurde vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Rechtsvorsorge und Urkundenwesen eine

„Sprung revision“ vom Landesgericht zum OGH vorgesehen, der Ministerialentwurf hatte diesen Vorschlag allerdings aus Gründen der Rechtssicherheit (vor allem wegen des Wegfalls einer Tatsacheninstanz bei strittigen Sachver-halten) nicht übernommen.

Insofern kann die nunmehrige Begründung des SchiedsRÄG 2012 auch im Lichte der Argumentation aus dem Jahr 2006 nicht nach-vollzogen werden, da die wirtschaftlichen Begebenheiten und Entwicklungen binnen 6 Jahren keinen solchen Sinneswandel rechtferti-gen können. Demnach muss die damalige Ablehnung der Kürzung von Tatsacheninstanzen auch heute Gültigkeit haben.

AltERNAtIVVoRSchläGE DES oGhDer OGH führt eine Reihe von alternativen Vorschlägen zur bestmöglichen Erreichung des im Ministerialentwurf angeführten Ziels der Stärkung der österreichischen Wettbewerbs-fähigkeit als eine der führenden Schiedsnationen der Welt an und stützt sich damit unter anderem auch auf die damaligen Reformvorschläge zum SchiedsRÄG 2006:

Anfechtungsverfahren bei einem einzigen Gericht zu bündeln, um dort eine entspre-chende Spezialisierung zu erreichen, wäre gemäß OGH ein durchwegs begrüßenswerter Vorschlag, welcher einerseits zur Entlastung der Gerichte und andererseits zur raschen, effizienten und damit auch konkurrenzfähigen Durchführung von Aufhebungs- und Feststell-ungs klagen beiträgt. Bei diesem Gericht wäre eine einzige Gerichtsabteilung mit diesen Aufgaben zu betrauen.

Diesbezüglich plädiert der OGH auch für eine Verkürzung des Instanzenzugs und damit die Beschränkung des Aufhebungsverfahrens auf ein zweiinstanzliches Verfahren. Die Anrufung des OGH wäre dann nur mit Revision möglich,

und zwar für Unternehmer/-innen und Ver-braucher/-innen in gleicher Weise. Als erste Instanz käme etwa das Handelsgericht Wien (für ganz Österreich) oder aber ein OLG in Betracht. Den OGH als erste und einzige Tat-sacheninstanz einzusetzen wäre jedenfalls strikt abzulehnen.

Die Einsetzung eines zweiinstanzlichen Aufheb-ungs- und Feststellungsverfahrens, wobei als Tatsacheninstanz entweder das Landesgericht oder das Oberlandesgericht vorgeschlagen wer-den, wäre laut OGH nicht nur systemkonformer, sondern auch praktisch zweckmäßiger, würde aber gleichzeitig die im Ministerialentwurf ange-führten Reformziele begünstigen.

„[…] Auch der OGH plädiert für eine Verkürzung des instanzenzuges […]“

coNclUSIoAngesichts der vielen Kritikpunkte, welche der OGH in seiner kritischen Stellungnahme zum SchiedsRÄG 2012 aufgeworfen hat, bleibt abzu-warten, inwieweit die angestrebte Reform in der vorgeschlagenen Form durchgesetzt werden kann, da neben dem OGH auch zahlreiche Stimmen aus der Lehre (vgl. z.B. die Stellung-nahmen zum SchiedsRÄG 2012 der Universität Wien von Frau Prof. Dr. Bea Verschraegen LL.M.) ähnliche aber auch weiterführende Kritikpunkte an den geplanten Änderungen aufwerfen.

Eines ist jedenfalls sicher: Eine Reform zur Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für österreichische Schiedsverfahren aufgrund der fortschreitenden wirtschaftlichen und gesell-schaftlichen Entwicklungen und zur Stärkung der Österreichischen Wettbewerbsfähigkeit wird kommen, in welcher Form ist derzeit aber noch nicht abzusehen.

Österreich gilt seit jeher als eine der bedeu­tendsten Schiedsnationen der Welt. Die Gründe dafür liegen – wie in der letzten Ausgabe des Juristl im November 2012 beschrieben – unter anderem an den stetigen Bemühungen Österreichs, die führende Rolle als international anerkannter Schiedsort mit seinen rechtlichen Rahmenbedingungen zu fördern. Dabei darf nie vergessen werden, dass die Disziplin der internationalen Schieds­gerichtsbarkeit wie kaum eine andere Disziplin von den aktuellen wirtschaftlichen Rahmen­bedingungen abhängig ist und die rechtlichen Aspekte laufend an die ökonomischen Ent­wicklungen angepasst werden müssen.

REFoRMbEStREbUNGENDies ist in der Vergangenheit in beachtenswerter Weise, unter anderem mit dem Schiedsrechts-änderungsgesetz 2006 und der damit einherge-henden Anpassung an das UNCITRAL Modell-gesetz, gelungen. Aktuell sind in Österreich erneut Diskussionen zu einer Schiedsrechtsreform im Zuge des Schiedsrechtsänderungsgesetzes 2012 (SchiedsRÄG 2012) im Gange:

Nach dem SchiedsRÄG 2012 soll für die Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruches nach § 611 ZPO sowie für die Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nicht-bestehens eines Schiedsspruchs nach § 612 ZPO nach § 612 ZPO ein eininstanzliches Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof in erster und einziger Instanz vorgesehen. Bei Schieds verfahren, in welchen mindestens eine Partei als Verbraucher/-in zu qualifizieren ist, bleibt es beim bisherigen dreiinstanzlichen Aufheb ungsverfahren.

Zusätzlich wird für die Aufhebungs- und Feststellungs klage eine Pauschalgebühr in Höhe von 5 % des Streitwerts, mindestens jedoch EUR 5.000,00 im Gerichtsgebühren-gesetz vorgesehen.

Das Hauptargument für die geplante Änderung liegt in der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs, welche gerade aufgrund des sehr langwierigen Aufhebungsverfahrens über drei Instanzen im Vergleich zu anderen Schieds-nationen deutlich leidet.

Die Schweiz beispielsweise hat als einer der größten Konkurrenten auf dem Gebiet der inter-nationalen Schiedsgerichtsbarkeit seit jeher ein eininstanzliches Aufhebungsverfahren vorgese-hen. Auch in Bulgarien ist das Aufhebungs-verfahren in nur einer Instanz geregelt. Weiters hätte die Neuregelung des Aufhebungsverfahrens durch die steigende Attraktivität Österreichs als internationaler Schiedsort auch positiven Einfluss auf den Arbeitsmarkt sowie auf andere Wirtschaftsbereiche, wie etwa Beherbergungs-betriebe, Restaurants, Kultureinrichtungen, usw.

Laut Ministerialentwurf soll die neue Pauschal-gebühr nach GGG (Gerichtsgebührengesetz) in Höhe von 5 % des Streitwerts, mindestens jedoch EUR 5.000,00 in der Folge niedriger als bei bisheriger Ausnützung des gesamten Instanzenzugs gestaltet werden, da der durch die Novelle eintretende Gebührenausfall durch die oben genannten positiven Auswirkungen auf Österreichs Wettbewerbsfähigkeit und die dadurch zu erwartende Erhöhung der Anzahl von in Österreich abzuhandelnden Schieds-verfahren, wettgemacht werden soll, sodass in weiterer Folge sogar mit Gebührenmehr ein-nahmen zu rechnen sei.

„[…] ein eininstanzliches Verfahren gibt es derzeit lediglich in der Schweiz und in Bulgarien […]“

MASSIVE KRItIK DES oGhDer OGH hat sich in seiner Stellungnahme zu GZ 1 Präs. 1628-491/12k zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schiedsverfahren in der Zivilprozessordnung und das Gerichts-gebührengesetz geändert werden soll (Schieds-rechts-Änderungsgesetz 2012 – SchiedsRÄG 2012), sehr kritisch zu den geplanten Änder-ungen geäußert und dies unter anderem wie folgt argumentiert: 1. Da Aufhebungsverfahren in Österreich nur

sehr selten vorkommen, stellt ein langwie-riger Instanzenzug für die Parteien eines österreichischen Schiedsverfahrens wohl nur einen vergleichsweise unbedeutenden Aspekt dar. Auch im internationalen Rechtsvergleich kann festgestellt werden, dass die überwie-gende Mehrheit der Nationen ein mehrin-stanzliches Aufhebungsverfahren vorsehen,

de lege ferenda

Schiedsgerichtsbarkeit in Österreich – Aktuelle Reformbestrebungen

Ein dreiinstanzliches Aufhebungsverfahren ist

derzeit in Österreich, Belgien, England, Finnland,

Holland, Polen und Tschechien vorgesehen.

Ein zweiinstanzliches Aufhebungsverfahren

gibt es derzeit in Deutschland, Frankreich,

Griechenland, Italien, Litauen, Rumänien,

Schweden, Spanien und Ungarn. Lediglich

die Schweiz und Bulgarien haben bereits ein

Aufhebungsverfahren über nur eine Instanz

vorgesehen.

Seltene Aufhebungsverfahren

Verfahren zur Aufhebung eines Schiedsspruchs

sind in Österreich extrem selten. Statistiken füh-

ren für das 2009 9, für das Jahr 2010 gar nur 4

und für das Jahr 2011 6 derartige Verfahren an.

REchtSVERGlEIchUNG

INFo

bErIch

t

GEoRG GUtFlEISch | beratung | [email protected]

14 15Juristl | dezember 2012Juristl | dezember 2012

technologie

Gesetzesapps für Smartphones

Smartphones zählen zu unserer ständigen Begleitung. Sie lassen sich sehr vielfältig ein­setzen: von E­Mails schreiben über das Lesen von Tageszeitungen bis zum Hören von Musik. Daher stellt sich die berechtigte Frage, ob man das Smartphone im Jus­Studium auch sinnvoll verwenden kann. Bei meiner Suche wurde ich fündig. Von den über siebenhunderttausend iphone­Apps gibt es einige Anwendungen, die das Leben der Jusstudierenden erleichtern. Dabei sind grundsätzlich drei Gruppen von Apps zu unterscheiden: Gesetzessammlungen, News­Apps und Tools. In dieser Ausgabe möchte ich einige ausgewählte Apps mit Gesetze s sammlungen vorstellen, nämlich: RIS APP, Dejure GG, Gesetze im Internet, Jurion und Gesetze Österreich.

RIS-APPZu Beginn möchte ich die RIS APP vorstellen. Mit der von der im Rah-men einer Koop er ation von Bundes kanzler amt, Right2Innovation und der Universität Salzburg geschaffenen kosten-losen App kann man in

Echtzeit auf das Rechts informationssystem des Bundes zugreifen. Mit dieser App kann man sich sowohl Gesetzesstellen aus dem Bundesrecht als auch solche aus dem Landesrecht anzeigen lassen. Eine Volltextsuche ist implementiert. Einzelne Paragraphen kann man auf das Smartphone abspeichern, das Abspeichern eines gesamten Gesetzes mit einem Klick ist leider nicht möglich. Somit ist bei der Verwendung der App eine aufrechte Internetverbindung notwen-dig. Die Bedienung gestaltet sich soweit intuitiv, dass eine weitere Erklärung dieser App, welche für iPhone und Android verfügbar ist, nicht not-wendig ist.

DEJURE GGEine für die österreichischen Studierende inte-ressante App aus Deutschland ist Dejure GG. In der Gratisversion beinhaltet sie unter anderem die AEUV und EUV. Ein großer Vorteil dieser App ist, dass sie ohne aufrechte Internetverbindung funktioniert. Volltextsuche und das Anlegen von Notizen und Lesezeichen sind implementiert.

„GESEtZE IM INtERNEt“Mit der App „Gesetze im Internet“ von Mathias Gisch kann man auch einen schnellen Blick nach Deutschland machen. Mit dieser Anwendung kann man in Echtzeit auf die Gesetzessammlung des deutschen Bundesministeriums für Justiz zugreifen. Die App ist sehr schlicht und nur mit einer Volltextsuche ausgestattet.

JURIoNEine weitere APP aus Deutschland ist Jurion von Wolters Kluwer, sie bietet neben dem Zugang zu deutschen Gesetzen auch den Zugang zur deut-schen Judikatur. Für österreichische Juristen und Juristinnen ist vor allem im Bereich des Unter-nehmensrechts der Blick nach Deutschland sehr wichtig. Zusätzlich bietet die Anwendung ein Rechtswörterbuch und den Zugriff auf das Landes-recht der einzelnen deutschen Bundes länder.

„GESEtZE öStERREIch“„Gesetze Österreich“ ist eine Anwendung, wel-che keinen dauerhaften Internetzugang braucht. Sie ist somit ideal, wenn man im Flugzeug arbei-ten will. In der App sind einige Gesetze, wie UGB, StGB, B-VG gratis

enthalten, für das ABGB muss man zum Beispiel EUR 1,79 bezahlen. Bei diesem moderaten Preis ist diese App vor allem für jene Kolleg/-innen empfehlenswert, die oft im Ausland unterwegs sind.

In der nächsten Ausgabe folgt dann ein Über-blick über News-Apps aus dem juristischen Bereich. Wer von euch Apps gefunden hat, die für Jusstudierende wertvoll sein könnten, kann mir an [email protected] schreiben, dann werde ich sie in einer der nächsten Juristl-Ausgaben präsentieren.

bErIch

t

ADRIAN KoRbIEl | 1 Stv. vorSitzender der FakultätSvertretung JuS | [email protected]

Einige Aspekte der herrschaftsideologie im ptolemäischen ägypten

Mythos und Gesetz

Im nachalexandrinischen Ägypten erfuhr die Kultur des Hellenismus ihre Vollendung (323 – 30 v. Chr.). Unter der „Fremdherrschaft“ der makedonischen PtolemäerInnen wurden altä-gyptische Überlieferung und orientalische Mythologie mit griechischer Kultur überformt und behutsam neu formuliert. Die einmalige Verschmelzung eines hellenistisch ausgeprägten Rechts- und Staatswesens mit altägyptischen Kulturformen schuf neue Interpretations-möglichkeiten von Herrschaft, ihrer Legitimation und des königlichen Selbstverständnisses. Der kulturelle Synkretismus des späten Ägypten hinterließ der östlichen Mittelmeerwelt ein rei-ches und dauerhaft nachwirkendes Erbe. Die Kraft des ptolemäischen Staates – ausgehend von der in kurzer Zeit von griechischen Ingenieuren entworfenen Residenzstadt Alexandreía – seiner Kultur, Kunst, Architektur und Technologie erstrahlte über die Ruinen sei-nes Verfalls hinaus. Die erste Übertragung der hebräischen Bibel ins Standardgriechische der damaligen Zeit wurde am ptolemäischen Hof angefertigt. Die zentralistische Herrschaftsform der oströmisch-byzantinischen KaiserInnen birgt ohne Zweifel hellenistische Signaturen in sich. Hellenisierte, spätägyptische Mysterienkulte hin-terließen nicht nur in der Religion der Kaiser-Innenzeit sowie im frühen Christentum und sei-ner Vorstellung eines allumfassenden Gott-königtums ihre Spuren, sie wurden auch in der abendländischen Mystik der Neuzeit rezipiert und beeinflussten den Naturmystizismus der Aufklärer und Romantiker.

„IMPERIUM SINE FINIbUS“ – hERRSchAFt UND WEIShEItFür die Griechen war Ägypten das Mutterland der menschlichen Kultur. In ihrer mythologischen Vorstellung wurden die ersten Menschen der Welt aus dem Schlamm des Nils erschaffen. Die altehrwürdige Kultur am Nil wirkte auf die Menschen des alten Griechenland mit einer überaus starken Anziehungskraft. Schon Herodot

schrieb ehrfurchtsvoll: „Ich will nun ausführlich von Ägypten erzählen, weil es mehr wunderbare Dinge und erstaunliche Werke enthält, als alle anderen Länder“. Der Einzug Alexanders in Ägypten und sein Herrschaftsantritt bedeuteten für die griechischen Eroberer und späteren Zuzügler eine ideelle Rückkehr in ein sagen-haftes Land der Mythen und Geheimnisse, der Kulte sowie der Kultur schlechthin.

Die Könige Ptolemaios I und sein Nachfolger Ptolemaios II riefen Gelehrte aus allen Teilen Griechenlands an den Königshof. Letzterer ließ die Bibliothek im Königspalast von Alexandreía erweitern und trug den Schriftgelehrten auf, fremde Länder zu bereisen, Wissen zu sammeln, alte Texte zu redigieren und nicht weniger als die größte Bibliothek der Welt aufzubauen. Die hehre Idee, alles Wissen der Welt, sämtliche Bücher und Gesetzestexte aller Völker des Erdkreises um sich versammelt zu wissen, war Programm für sämtliche Nachfolger und ein Aspekt der Legitimation ihres universalistischen Herrschaftsanspruches.

„[…] Das hehre Bestreben, sämtliche Gesetzestexte der Welt um sich ver-sammelt zu wissen, war ein Aspekt der Legitimation ihres universalistischen Herrschaftsanspruches […]“

DIE oRDNUNG DER WEltIn seinem Werk „De natura deorum“ beschreibt Cicero einen Vorgang der Schriftoffenbarung durch göttliche Sendung. Hermes habe den Ägyptern die Schrift und die Gesetze nahege-bracht. Früher noch als Römer und Griechen hätten die Ägypter das Schreiben gelernt und somit über Gesetzestexte verfügt.

Die Idee einer mystischen Offenbarung der Gesetze findet sich vielgestaltig in antiken

Quellen, wie in den fragmentarisch überlieferten Geschichtswerken von Manetho und Hekataios von Abdera – beide Gelehrte am ptolemäischen Hof. Diodor, Plutarch und Apuleius berichten davon. Offenbarung – Schrift – Gesetz – Herstellung einer irdischen Ordnung stehen hier stets in einem Begriffsgeviert. Der bedeutende Althistoriker und Ägyptologe Jan Assmann schlägt einen synkretistischen Interpretations-ansatz vor: Die Offenbarer („Boten“) von Schrift und Gesetz entstammen diesem Konzept zufol-ge ein und demselben mythologischen Urtypus, der sich durch sämtliche orientalische Kulturen zieht. Der Hermes der Griechen entspricht also dem Thot der Ägypter, der dieser Vorstellung gemäß als Erster Gesetze in die irdische Welt einführte. Im hellenisierten Ägypten verschmel-zen die beiden Götter zur mystischen Gestalt des Hermes Trismegistos, dem Stifter des Corpus Hermeticum. Auch die Figur des Moses, des Anführers der HebräerInnen im Exodus, der sei-nem Volk die von Gott offenbarten Gesetze in Form von zehn Geboten überbringt, wird von Assmann mit diesem Archetypus identifiziert.

„[…] Die idee einer mystischen Offenbarung der Gesetze findet sich vielgestaltig in antiken Quellen […]“

Thot, Gott der Schrift, der Gesetze und der Bibliotheken bringt mit den Gesetzen eine uni-verselle Ordnung in die Welt. Verwalter dieser Ordnung und Hüter der Gesetze und Bücher der Menschen und Völker sind in der hellenistischen Vorstellung die ptolemäischen Könige von Ägypten als Stellvertreter der Götter und Göttinnen auf Erden und Inkarnation der gött-lichen Macht zugleich. Sie sind es, die, entrückt in eine gottgleiche Sphäre, in Kontakt treten zu den Göttern und Göttinnen, um Fürsprache für ihre Untertanen zu erbitten und gleichzeitig ihre Herrschaft durch sakrale Legitimation abzusi-chern.

bErIch

t

RENé cZEItSchNER | [email protected]

dejureGG

Gesetze im Internet

Gesetze Österreich

jurion

RIS App

16 17Juristl | dezember 2012Juristl | dezember 2012

Ao. Univ.-Prof. Dr. Bettina Perthold übernahm dieses Semester die Studienprogrammleitung am Juridicum. Im Gespräch mit uns erzählt sie über die STEOP, über Voraussetzungsketten und über sonstige organisatorische Belange unserer Fakultät.

Was sind Ihre Aufgaben als Studienprogramm­leiterin?Die organisationsrechtlichen, universitären und studienrechtlichen Vorgaben umzusetzen – sowohl beim Diplomstudium, als auch beim Erweiterungscurriculum: Organisation der Lehre, Prüfungszulassung, Anmeldungen, Prüfungs-kontrolle, die Verleihung von akademischen Graden, Prüfungsanrechnung und weitere ver-

schiedene studienrechtliche Akte. Diese Auf-gaben habe ich nicht alleine zu bewältigen. Die Aufgaben werden zum Teil primär von den drei VizestudienprogrammleiterInnen durchgeführt und wir werden bei der Erfüllung tatkräftig vom Team des SSC (am Juridicum umgangssprach-lich: dem Dekanat) unterstützt.Welche Vorteile hat Ihrer Meinung nach der Studienplan unserer Fakultät im Vergleich zu anderen rechtswissenschaftlichen Fakultäten in Österreich?Unser Studienplan ist der einzige, der die drei Studienabschnitte fachspezifisch aufgeteilt hat. Die anderen Fakultäten haben den dritten Studienabschnitt immer als Spezialisierung. Beim Wiener Studienplan wurde darauf geach-

tet, dass man die zusammengehörenden Fächer zusammengehörend lernt und möglichst fachü-bergreifend absolviert.

Wie stehen Sie zur Einführung der STEOP bei uns an der Fakultät? Die Studieneingangsphase gibt es nun schon seit dem WS 2010/11. Kann man sagen, dass sie den Erfolg gebracht hat, den sie versprochen hat?Die STEOP ist uns mehr oder wenig sehr kurzfri-stig durch den Gesetzgeber aufgezwungen wor-den und wir mussten sie relativ rasch umsetzen. Wir haben ja in gewisser Weise eine Art STEOP Prüfung schon immer gehabt: die Einführung. Nach gesetzlichen Vorgaben mussten wir eine zweite Prüfung anhängen und wir haben uns

Ao. Univ.-Prof. Dr. bettina Perthold

Die neue Studienprogrammleiterin im Gespräch

JohANNA hEthMANNSEDER | beratung | [email protected]

tERESA SchöN | kurienSprecherin | [email protected]

IntE

rvIEw

Summer School 2012 in Vienn

eLSA Summer Law School in Vienna

After announcing the project at ELSA’s Inter­national Council Meetings in Palermo and Algarve and in the April issue of the Juristl, I have now the honour to present an exclusive report to the Juristl.

The ELSA Network offers around 12 different law schools all over Europe; and the number is increasing! For the first time in its 30 year history ELSA has hosted an (hopefully) annual internati-onal Summer Law School in the beautiful and vibrant capital of the historical Habsburg monarchy.

hoW coME …?It all began in last fall. Inspired by the excellent 7th ELSA Summer Law School on M&A in Istanbul, I formed the ELSA Vienna Law School Team without having any experience in event management. However, the goal was clear from the very beginning: to spread the ELSA Spirit. And incredibly, it turned out to become the big-gest international ELSA project in Austria since the Anniversary ICM in 2001.

Why DISPUtE RESolUtIoN?Our analyses showed that law schools are dea-ling mostly with substantive law topics. In order to provide something new to the highly develo-ped Network, we established an ELSA Law School in the heart of Europe focusing on proce-dural issues. Furthermore, most European uni-versities still do not pay as much attention to

this very topic as they should. Therefore, we decided to provide an opportunity for students and young lawyers to learn more about different dispute resolution mechanisms: litigation, arbi-tration, mediation and negotiation.

„[…] We received almost 200 applications from over 30 countries (from europe, Asia and even Africa) […]“

Who PARtIcIPAtED?It took ten full days to analyse the almost 200 applications from over 30 countries (from Europe, Asia and even Africa) which we received until the application deadline, 15th May, 2012. Faced with more highly qualified applications than we had room to admit, the ELSA Vienna Law School Team took great care to choose 40 students and young lawyers with unusual aca-demic and extracurricular strengths. Furthermore, we established the rule that from one nation no more than 3 persons can participate.

„[…] the participants started the day with lectures and workshops held by leading experts spent the rest of the day visiting world-famous Viennese attractions and enjoying the nightlife of Vienna […]“

WhAt AttRActED thE PARtIcIPANtS?The outstanding academic program was the most important and prestigious part of the ELSA Law School. The participants got an overview of different dispute resolution techniques and their characteristics. This knowledge was conveyed by leading experts like Johannes Willheim (Willheim Müller Ra), Bettina Knötzl (Wolf Theiss), Helmut Ortner (WilmerHale), Martin Risak (University of Vienna), and Stefan Kröll (Queen Mary School of Law), to name just a few of our outstanding speakers. However, the ELSA Vienna Law School Team did not forget to organise a correspondent social programme. Further, ELSA Vienna orga-nized a panel discussion on “Student Organi-zations as a Career Asset?” at the imperial palace with the heads of human resource departments of the largest Austrian law firm, the Austrian Post, the world's largest professional services firm and two Viennese attorneys.In other words, the participants started the day with lectures and workshops held by leading experts known throughout Europe and spent the rest of the day visiting world-famous Viennese attractions and enjoying the great nightlife of Vienna.

„[…] We were concerned to enrich the event with students from different cultural and legal backgrounds […]“

hoW WAS It PoSSIblE to oFFER SUch A SocIAl AND AcADEMIc PRoGRAMME FoR APPRox. EUR 30,– PER DAy (INcl. boARD AND loDGING)?We were concerned to enrich the event with students from different cultural and legal back-grounds. Therefore we had to pave the way for those who are from economically weaker regi-ons. At the same time we wanted to offer a high quality academic and social program. Without the support of Willheim Müller RA - the main sponsor, and the personal commitment of Dr. Johannes P. Willheim we would not be able to bridge this gap. Further, my thanks go to Wolf Theiss and Kunz Schima Wallentin who have been of great help and supported us wherever they could. And lastly, the University of Vienna,

the Queen Mary School of Law from London and the Vienna International Arbitral Centre who also recognized the importance of this event and have sent highly qualified speakers.Although I have initiated and worked on the realization of the project for almost one year, it is absolutely clear that this event would not have been possible without the help of the magnificent Organizing Committee comprised by Clemens Hartig, Theresa Bernhart, Alice Stocker, Lisa Winkelbauer, Sebastian Karas, Victoria Abplanalp and its head Tobias Birsak.

2ND ElSA lAW School oN DISPUtE RESolUtIoNYou do not believe me? You think I am exagge-rating? If so, take part at the 2nd ELSA Law

School on Dispute Resolution (Summer 2013) an check it out by yourself. I guarantee: You will be impressed!

bErIch

t

ADI bIKIc | preSident elSa vienna | [email protected]

If you are interested in career, social and

academic Events or Traineeships all over

Europe Join ELSA!

For more information about the membership

(which is absolutely free), the events we orga-

nize or the traineeships we offer, write an e-mail

to: [email protected]

JoIN ElSA

18 19Juristl | dezember 2012Juristl | dezember 2012

Wie stehen Sie zu e­learning­basierten Lehr ­ver an staltungen und Streamen von Vor les­ungen? E-learning finde ich sehr gut und zeitgemäß. Es hilft auch mit den Massen besser umzugehen, da man die Studierenden durch e-Tests zum zusätzlichen Üben bewegen kann und ihnen über diesen Weg noch weiteres Wissen vermit-teln kann. Das Livestreamen finde ich dort zweckmäßig, wo man am Anfang diese Massen hat, die wir nicht in einem Hörsaal unterbringen (z.B. bei der Einführungsvorlesung).

Sie sind ja als Lehrende dem Institut für Staats­ und Verwaltungsrecht zugehörig. Wie stehen sie zur Einführung des „neuen“ Modells APÜ ­ PÜ einerseits als Lehrveranstaltungsleiterin und andererseits als SPL?Sinn der Studienplanänderung war es, die Studierenden besser auf die FÜM III vorzuberei-ten. Statt zwei Pflichtübungen Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht, gibt es nun zwei, in denen man beide Fächer macht. In der APÜ werden die Grundlagen gelernt und in der PÜ die Verknüpfungen von Verfassungsrecht mit Verwaltungsrecht zur Vorbereitung auf die FÜM III. Insofern finde ich die Idee gut. Die Studierenden sagen jedoch in der Übung, dass ihnen eine Stunde bei der APÜ zu wenig ist und dass sie lieber mehr Zeit zum Üben hätten. Das hat jetzt auch dazu geführt, dass einige Lehrende die volle Stunde unterrichten und nicht, wie vorgesehen, die akademische Drei-viertelstunde.

Als Lehrende habe ich das Problem, dass die Studierenden die APÜ zu einem Zeitpunkt

machen, wo das Verfassungsrecht noch weit weg ist, weil sie sich noch im zweiten Studien-abschnitt befinden. Im „Idealfall“ bereiten sie sich für die FÜM II vor, manche besuchen die APÜ aber auch schon viel früher.Das hat zu der skurrilen Situation im meiner ersten APÜ geführt, in der ich ganz euphorisch in die Stunde gegangen bin, weil ich einen poli-tisch aktuellen Fall durchmachen wollte: die Studienbeiträge. Ich wollte mit den Studierenden diskutieren, wo das verfassungsrechtliche Problem liegt und welche Konsequenzen sich für die Universität ergeben und habe mir eine span-nende Stunde erhofft. Die Studierenden sind jedoch völlig uninteressiert gesessen und auf meine Frage, ob sie denn nichts lernen wollen, kam der mittlerweile klassische Ausspruch: „Nein, wir wollen nichts lernen, wir wollen nur den Schein haben!“. Das war total frustrierend. Das ist aber mittlerweile besser geworden, aber dennoch nutzt die APÜ den Studierenden nichts, wenn sie sie nur besuchen, um sie hinter sich zu haben. Der Effekt, dass sie besser auf die FÜM III vorbereitet sein sollen, tritt auf diese Weise natürlich nicht ein.

Die Fakultät ReWi ist die größte Fakultät an der Universität Wien. Die Mediziner/­innen haben sich vor einigen Jahren selbständig gemacht und eine eigene Universität gegrün­det. Sehen Sie es als Vorteil oder als Nachteil, „nur“ eine Fakultät zu sein?Der Humboldt’sche Gedanke, dass man eine Universität hat, wo alle Fächer in den vier ursprünglichen Fakultäten Theologie, Medizin, Rechtswissenschaften und der Philosophie zusammen gefasst sind, hat schon etwas für sich. Man kann auf der einen Seite besser und direkter fächerübergreifend und interdisziplinär tätig sein und auf der andern Seite gibt es die Einheit von Studierenden und Lehrenden. Das ist – neben der Einheit von Studierenden und Lehrenden - meiner Meinung nach ein sehr schöne Idee. Das Problem, das wir zum Teil haben, ist, dass unser Studium ganz anders aufgebaut ist als die anderen der Universität Wien. Wir haben viele große Fachprüfungen, wohingegen die anderen vermehrt Lehrver-anstaltungsprüfungen und kleinere Prüfungen haben. Das Kunststück ist es nun, dieser Gesamtheit anzugehören und auf der anderen Seite die Sonderstellung, die wir zum Teil brau-chen, zu wahren. Aber ich glaube, dass das in den letzten Jahren schon ganz gut gelungen ist.

Wenn die Situation so ist und bleibt, finde ich es in der Gemeinschaft am besten.

Welche Ziele haben Sie sich als Studienpro­gamm leiterin gesteckt? Zunächst einmal möchte ich gerne den Spagat schaffen, einerseits zwischen diesem riesigen Betrieb, mit 10.000 prüfungsaktiven Studier-enden und ungefähr 5.000 Anmeldungen pro Prüfungstermin und andererseits dem einzelnen Studenten und der einzelnen Studentin. Mir ist es wichtig den/die einzelnen/-e Studenten/-in zu sehen, damit er oder sie nicht in der Masse untergeht. Das ist einmal eine Herausforderung.Was ich auch anstrebe, ist die Kommunikation zwischen den verschiedenen Stellen zu verbes-sern. Damit diejenigen, die Entscheidungen treffen oder Studierende beraten, noch besser miteinander zusammenarbeiten. Da gibt es schon ganz gute Ansätze: Wir haben jetzt regel-mäßig SSC-Besprechungen und SPL-Besprech-ungen, und auch die Fakultätsvertretung führt Besprechungen mit dem SSC. Mir ist es sehr wichtig, dass die Informationen allen gut und so schnell wie möglich kommuniziert werden. Es sieht so aus, dass auf die Universität finanzi-elle Probleme zukommen werden. Daher ist es natürlich auch ein Ziel, trotz des Massenbetriebs die Qualität der Lehre zu erhalten und wo not-wendig kleine Verbesserungen durchführen zu können.

„[…] Mir ist es wichtig, den/die einzelnen/-e Studenten/-in zu sehen, damit er oder sie nicht in der Masse untergeht […]“ Ao. Univ.-Prof. Dr. Bettina Perthold

Die Idee der Voraussetzungskette war es, dass die Studierenden besser auf die Prüfungen vor-bereitet sind und dadurch die Durchfallsquote sinkt.Positiv ist, dass die Durchfallsquoten bei der Einführungsprüfung deutlich gesunken sind: die Einführungsprüfung haben im Jänner 77 % bestanden.

dann für den Weg der STEOP-Übung entschie-den. Dieser hat Vorteile, aber auch gewisse Nachteile, da wir jetzt eine Übung haben, die als Prüfung fungiert. Das fällt ein bisschen aus dem übrigen System.

Positiv ist, dass die Durchfallsquoten bei der Einführungsprüfung deutlich gesunken sind: die Einführungsprüfung haben im Jänner 77 % bestanden (sonst waren es immer knapp über 50 %). Jedoch gab es auch weniger Antritte, nichtsdestotrotz haben wir universitätsweit bei der STEOP die zweithöchste Antrittsrate.Ausgeschlossen wurden aufgrund der STEOP bisher nur sehr wenige Fälle. Die Erleichterung des dritten Antritts hat hier bestimmt eine gewisse Rolle gespielt, wenn diese auch admini-

strativ sehr schwer zu vollziehen ist, da alle Studenten händisch verwaltet werden müssen. Ein Problem, auf das wir als Studienrichtungs­vertretung immer wieder hinweisen, ist, dass die Schaffung der Voraussetzungsketten mit dem Studienplan 2006 die Studierenden eher blockiert, als dass sie ihnen einen Vorteil beim Lernen bringen. Was meinen Sie dazu?Die Idee der Voraussetzungskette war es, dass die Studierenden besser auf die Prüfungen vor-bereitet sind und dadurch die Durchfallsquote sinkt: zuerst absolvieren die Studierenden die Übungen, danach treten sie zu der mündlichen Prüfung und dann zur fachübergreifenden Prüfung an. Weiters wollte man eine Bindung der Übungen an die Abschnitte vermeiden, damit die Studierenden nicht blockiert sind, falls sie eine Übung nicht schaffen sollten.Jedoch hat die Voraussetzungskettenpanik zu einem negativen Effekt geführt, nämlich dass die Studierenden den Studienplan nicht so stu-dieren, wie er eigentlich gedacht war. Dieses Problem ist zunächst bei Strafrecht aufgefallen: die Studenten und Studentinnen machen die APÜ Strafrecht (früher: Strafrecht I), dann etwas anderes, danach die PÜ Strafrecht und erst nach einer weiteren Unterbrechung die Prüfung und haben dann dementsprechend nicht den posi-tiven Effekt, den sie hätten, wenn sie alles hin-tereinander absolviert hätten. Hier gibt es sicher noch Arbeits- und Diskussions-bedarf; die Bindung der Übungen an die Ab -schnitte wäre zwar eine Lösung, würde aber zu einer Verschulung führen und genau das wollte man eigentlich verhindern. Es ist daher umso wichtiger, dass man die Studenten und Student-

innen besser berät, damit sie den ‚positiven Effekt‘ ausnützen können.

Wir sind nun immer wieder mit der Situation konfrontiert, dass Lehrveranstaltungen, die von uns Studierenden sehr geschätzt und angenommen werden, wie z.B. Repetitorien und Wahlfächer, gestrichen werden. Was unternehmen Sie gegen dieses Problem?Hierfür gibt es zwei Ursachen: Das eine Problem ist, dass wir die externe Lehre zugunsten der internen Lehre verschieben müssen, da der Rechnungshof die Universitäten geprüft und festgestellt hat, dass wir das Kontingent der internen Lehre nicht ausschöpfen, aber dennoch externe Lehre „einkaufen“. Der zweite Punkt ist, dass wir zum Teil die Lehrenden nicht haben, weil die Prae-Dok-Stellen im ersten Jahr nicht unterrichten dürfen, nach 4 Jahren auf Grund der Kettenvertrags-problematik nicht weiterbestellt werden kön-nen. So fallen manche sehr gute Lehrende aus.Man muss daher überlegen: Welche externen Lehrenden brauche ich, welche kann ich durch Interne ersetzen? Wo sind Spezialisten insbe-sondere für Wahlfächer gefragt; wie kann ich die Lehre dennoch kostengünstig gestalten? Wie verschiebe ich innerhalb der Institute, damit manche Lehrveranstaltungen, die von den Studierenden nachgefragt werden und die gut sind, wie die Repetitorien, abgehalten werden können?

Ao. Univ.­Prof. Dr. Bettina Perthold wurde

1961 in Wien geboren und promovierte 1983

an der rechtswissenschaftlichen Fakultät

der Universität Wien. Neben Tätigkeiten

als Universitätsassistentin war sie auch im

Bundeskanzleramt (Verfassungsdienst) be -

schäftigt. 2004 bis Juni 2012 war sie Vize-

studien programmleiterin der Studien programm-

leitung Rechtswissenschaften und sie habili-

tierte sich 2011. Seit dem WS 2012 ist ao. Univ.-

Prof. Dr. Perthold Studienprogrammleiterin.

PErS

on

20 21Juristl | dezember 2012Juristl | dezember 2012

Das leben danach

eine Liebeserklärung an Justitia

Gibt es ein Leben nach dem Jus­Studium und wie sieht dieses Leben genauer aus?

Am Anfang meines Studiums habe ich den Studien plan der Fakultätsvertretung gelesen. In dieser Broschüre wurden 4 Berufsbilder kurz vorgestellt – und zwar die des/der Richters/In, Staatsanwalts/In, Rechtsanwalts/In und des/der Notars/In. In diesem Zusammenhang habe ich mich gefragt: „Ist das alles? Sind es alle Möglichkeiten, die mir dieses Studium eröffnet, und kann ich mich mit einem dieser Berufe identifizieren?

Nun, ich kann es nicht. Aus diesem Grund habe ich im Laufe der Jahre mit einigen meiner Studien kollegen/-innen über ihre Berufsvor-stellung gesprochen und dabei ist mir etwas Verblüffendes aufgefallen. Es haben sich aus diesen Gesprächen zwei Pole herauskristallisiert. Der erste Pol entspricht den traditionellen juris-tischen Berufen, wie Richter/-in, Staatsan walt-schaft, Rechtsanwaltschaft, Notariat und Diplo-matie und die Antipoden dazu sind Berufe in NGOs. Ich habe mich dann gefragt, wie viele von den Studienkollegen/-innen das genauso sehen und habe dann eine gezielte Befragung in unserer Fakultät durchgeführt. Nach der Be -fragung hat sich herausgestellt, dass es sich nicht mehrheitlich feststellen lässt, warum wir dieses Studium gewählt haben, aber aus der Statistik ist klar herauszulesen, dass wir uns vom Studium höhere Verdienstmöglichkeiten und bessere Aufstiegschancen erwarten. Wir glauben auch größtenteils, diese in den traditionellen juristischen Berufen zu finden.Doch welche Garantie haben wir, dass diese Erwartungen tatsächlich erfüllt werden? Und warum wollen wir anscheinend tendenziell das-selbe? Ist es so, weil diese Berufe uns im Laufe unseres Studiums so dermaßen schmackhaft ge -macht werden, dass wir am Ende denken, dass sich all diese Bedürfnisse nach beruflicher und finanzieller Sicherheit nur dort finden lassen?

Denn ständig bin ich umgeben von „Kanzlei hier, Kanzlei da“, „UNO hier ,Diplomatie da“, „Politik hier, Prestige da“. Ach ja, nicht zu ver-gessen ist „Ich will für die Rechte der Menschen kämpfen“. Heutzutage wird von uns mehr denn je verlangt und erwartet, sich individuell darzu-stellen – ob wir uns dann tatsächlich so sehen, ist die andere Frage. Unsere gesamte Erziehung, sei es die elterliche, schulische, oder die eigene persönliche Erziehung, basiert darauf, individuell und unverwechselbar zu sein.Die Folge: jede und jeder von uns nimmt es sich zur Aufgabe, zumindest für eine bestimmte Zeit, sich auf die Suche nach diesem Individuum in sich zu machen. Für uns Studierende bedeutet das: Wir haben spätestens bis zum Endstation unseres Studiums Zeit, um dieses „Wer bin ich?-Was will ich?-Soul Searching“ zu betreiben.Der Statistik meiner Befragung nach wollen wir am Anfang des Studiums etwas komplett anderes als am Ende. Die anfängliche Begeister-ung für und das Streben nach höheren Idealen weicht nach mehrjähriger Studiendauer einer gewissen Ernüchterung. Berufe, mit denen wir uns eher identifizieren können, gehen auf dem Weg zum Studienabschluss irgendwo verloren.

„[…] Berufe, mit denen wir uns wirklich identifizieren können, gehen auf dem Weg zum Studienabschluss irgendwo verloren […]“

Da werfen sich mir Fragen auf: Wir behaupten doch eine fundierte Ausbildung zu bekommen und somit auch einen Grundstein dafür, ein gesundes Quantum an Ignoranz an den Tag zu legen, aber gleichzeitig das kritische Hinterfragen nicht vollkommen außer Acht zu lassen. Nach der jahrelangen – nun, bei manchen dauert es nur einige Stunden oder Minuten – Suche nach unserem „existentiellen Individu ums dasein“ – frage ich mich: Warum verleugnen bzw. ignorie-ren wir diese Bedürfnisse nach der Entfaltung

des Individuums insbesondere in Bezug auf das Berufsleben? Und warum geben wir Stück für Stück unsere beruflichen Träume zu Gunsten von Geld und Macht auf?

IM GESPRäch MIt DEKAN MAyERUm die Antworten auf einige meiner Fragen nicht ganz allein herauszufinden, habe ich ein Gespräch mit unserem Dekan Heinz Mayer geführt. Er wusste zum Beispiel schon mit sechs Jahren, dass er Jus studieren und letztendlich Anwalt werden möchte. Während des Studiums war er ein Jahr lang bei einem Anwalt tätig. Er lernte die Tätigkeit des Anwalts von einer ande-ren Seite kennen, denn damals in den 60er Jahren hatten die Jusstudierende nur zwei Möglich keiten.

„[…] Ständig bin ich umgeben von „Kanzlei hier, Kanzlei da“, „UNO hier, Diplomatie da“, „Politik hier, Prestige da“ […]“

Entweder man ist in einer Kanzlei ohne Spezial-isierung tätig – dies bedeutet wiederum, „man macht alles“; oder man spezialisiert sich auf ein bestimmtes Gebiet und hat keine Chance, damit zu überleben. Nun, Dekan Mayer entschied sich trotzdem für die Spezialisierung auf das Öffentliche Recht. Er arbeitete erst einmal als Assistent an der Universität, wo er seine Leiden-schaft für das wissenschaftliche Arbeiten und die Lehrtätigkeit entdeckte und blieb dort bis zu seiner Habilitation. Danach arbeitete er in der Verwaltungsakademie des Bundes in der juristi-

schen Beamtenaus- und -weiterbildung. Und letztendlich kehrte er zurück an die Uni versität Wien.Aus dem Gespräch konnte ich vieles mitnehmen, doch dieses Zitat kann ich einfach nicht vergessen.

„[...] Man sollte kein Studium wählen, bloß weil man glaubt, damit reich zu werden. Das gute einkommen kommt von selber, wenn man in seinem Fach gut ist [...]“ o. Univ-Prof. DDr. Heinz Mayer

Diesen Worten steht die Aussage eines jungen Mannes gegenüber, mit dem ich kürzlich ein Gespräch hatte, das meiner Ansicht nach den allgemeinen Gemütszustand unserer Generation widerspiegelt: „It's all about the money.“

Ich bin davon überzeugt, dass sich beide Extreme vereinbaren lassen und sich gleichzeitig exemplarische Beispiele finden lassen.Aus diesem Grund begebe ich mich auf die Suche nach juristischen Exoten/-innen und ihren Lebensgeschichten.Ihr dürft gespannt sein, das bin ich auch...

(Herzlichen Dank an Dekan Mayer, Prof. Olechowski und Mag. Hautzenberg für die Unterstützung.)

bErIch

t

MARIE-tAtIANA NGoDA | beratung | [email protected]

Befragt wurden jeweils 100 Erstsemestrige und

Studienabgänger/-innen.

1. Den Beweggrund für die Wahl des

Studiums

Antworten der Erstsemstrigen:

40% wegen der beruflichen Aussichten,

41% aus Interesse,

19% andere Gründe.

Antworten der Studienabgänger/­innen:

30% wegen der beruflichen Aussichten,

40% aus Interesse,

30% andere Gründe.

2. Was wünschst du dir vom Studium

(Auswahl)?

Erstsemstrige:

höhere Verdienst- und Karriere -

möglichkeiten 60%,

andere Wünsche bzw. Erwartungen 30%

Studienabsolventen/­innen:

Am Anfang ihres Studiums:

höhere Verdienst- und Karriere -

möglichkeiten 55%

fundierte Ausbildung 30%

Am Ende ihres Studiums:

höhere Verdienst- und Karriere-

möglichkeiten 30%

fundierte Ausbildung 60%

bEFRAGUNG

3. Welche Berufsmöglichkeiten ziehst du nach

dem Studium in Erwägung?

Erstsemstrige:

Staats- bzw. RechtsanwältInnenschaft,

Notariat, Richter/-in 60%

Diplomatie, Politik 15%

Bereich der Menschenrechte (NGO´s) 25%

Andere 10%

Studienabsolventen:

Am Anfang ihres Studiums:

Staats- bzw. RechtsanwältInnenschaft,

Notariat, Richter/-in 50%

Diplomatie, Politik 20%

Bereich der Menschenrechte (NGO´s) 15%

Andere 15%

Am Ende ihres Studiums:

Staats- bzw. RechtsanwältInnenschaft,

Notariat, Richter/-in 60%

Diplomatie, Politik 10%

Bereich der Menschenrechte (NGO´s) 20%

Andere 10%

bEFRAGUNG

22 23Juristl | dezember 2012Juristl | dezember 2012

Das Land Niederösterreich bietet im Sommer 2013 im Rahmen der Aktion Top Ten ausge­zeichneten Studentinnen und Studenten der Rechtswissenschaften neuerlich die Chance, in einem vierwöchigen Praktikum die juristi­schen Tätigkeiten in der Landesverwaltung näher kennen zu lernen. Das Land möchte damit den Studierenden nicht nur das breite und interessante Tätigkeitsfeld näher bringen, sondern auch die hohen Anforderungen an künftige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für eine bürgernahe Verwaltung kommunizieren.

Die Praktikumsplätze sind auf mehrere Bezirks-hauptmannschaften aufgeteilt, sodass die geo-

grafische Erreichbarkeit aus allen Teilen des Bundeslandes gegeben ist. Durch ein klar vorde-finiertes Programm und einen persönlichen Betreuer soll ein größtmöglicher Gewinn für beide Seiten gewährleistet werden. Der anspruchsvolle Charakter von Top Ten wird auch durch einen streng limitierten Zugang zu dieser Aktion betont: In die nähere Wahl kom-men nur Jus-Studierende, die auf einen guten Studienfortschritt verweisen können und sich zumindest im 2. Studienabschnitt befinden. Daraus werden in einem Assessment die zehn Besten herausgefiltert.

Der Nutzen für die Teilnehmerinnen und Teil-nehmer ist nicht unbeträchtlich: sie können Erfahrungen über Bewerbungssituationen in einem Assessment sammeln, sie können einen profunden Einblick in ein wesentliches juristi-sches Berufsfeld gewinnen und letztlich gibt es für das Engagement auch Geld.

Inserate

Juristisches Verwaltungs praktikumbeim Land Niederösterreich

Teste jetzt A.Lex 3 Tage gratis und gewinne eines von 10 A.Lex-Jahresabos.

Jetzt testen und gewinnen: www.machsmitalex.at/jus

WEKA-Verlag GmbH 1200 Wien | Dresdner Straße 45 | +43.1.97000-100 | www.weka.at

Besuche uns auf Facebook www.facebook.com/machsmitalex

GRATIS TESTEN

Dir ist das „Blättern und Suchen“ in Büchern zu mühsam? Mit A.Lex steht Dir eine innovative Gesetzes- und Vorschriftensammlung online zur Verfügung. Du kannst überall, einfach und schnell auf thematisch strukturierte und aktuelle Gesetze aus den 15 wichtigsten Rechtsgebieten zugreifen.

A.Lex—

——

—Das Österreichische Gesetzes-Serviceonline

Weitere Informationen und den Zugang zur An -

meldung gibt es bis 31. 1. 2013 unter

www.noe.gv.at/topten.

INFo

Dieses Werk basiert auf einer Tagung der Sektion Konsumentenpolitik des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (11. Wilhelminenberg-Gespräche) und beschäftigt sich mit unerwünschten Werbemaßnahmen und Betrügereien, von denen man möglicherweise bereits im Bereich des Wettbewerbsrecht gehört hat oder auch durch allgemeine Medienbericht-erstattung gehört hat. Genauer beleuchtet werden insbe-sondere die „Internetabzocke“, Werbe- bzw. Kaffeefahrten sowie die so genannten "cold calls" (Werbeanrufe). Zunächst werden die unseriösen und rechtlich bedenk-lichen Maßnahmen beschrieben bzw es werden anschau-liche Beispiele genannt. Sehr detailliert und verständlich wird dargelegt, welche strafrechtliche, zivilrechtliche sowie verwaltungsrechtliche Relevanz die genannten „Maschen“ der „Abzocker“und Werbenden haben kön-nen. Die Verstöße betreffen in der Praxis vorallem das Telekommunikationsgesetz, das E-Commerce-Gesetz und das UWG. Die Autoren und erläutern die in Betracht kom-menden Tatbestände im Detail mit Verweis auf einschlä-gige Fachliteratur sowie Judikatur und gehen auf allfällige

Abgrenzungs schwierigkeiten ein. Das Buch bietet nicht nur eine rechtliche Beurteilung, sondern nennt auch Maßnahmen zur Bekämpfung der unerbetenen Geschäfts-praktiken. Da an der anfangs erwähnten Tagung nicht nur Praktiker/-innen und Wissenschafter/-innen aus Österreich teilgenommen haben und die gegenständlichen Er scheinungs formen ohnehin nicht nur national ein Problem für den Konsumenten und die Konsumentin darstellen, wurde sinnvollerweise auch die Rechtslage und Rechtsverfolgung in Deutschland und der Schweiz behandelt. Insgesamt halte ich „Catch me if you can“ für ein Buch, welches allgemein den Blick für Ver braucher/-innenfallen schärft und insbesondere für Interessierte auf dem Gebiet des Verbraucherrechts und Unternehmensrecht empfehlenswert ist. Fort ge schrittene Studenten Studierende werden möglicherweise die eine oder andere behandelte Rechtsvorschrift bereits kennen und an ihr bereits erworbenes Wissen anknüpfen können; Studienanfänger/-innen haben es eventuell etwas schwie-riger, zumal das Thema auch rechtsgebietsübergreifend aufbereitet wurde.

cAtch ME IF yoU cAN!ENthoFER-StoISSER/hAbERSbERGER

Verlag Österreich,

170 Seiten, EUR 34,–

Autorin der Rezension:

Marina Wong

RezensionenrE

zEnS

IonE

n

Internationales Privatrecht gehört zwar bei der Diplomprüfung aus Zivilrecht irgendwie dazu, bei der Prüfungsvorbereitung wird dieser Bereich aber dennoch gerne und oft vernachlässigt. Das mag vielleicht daran liegen, dass das Buchangebot in diesem Fachbereich bis-lang nicht besonders attraktiv war. Tatsache ist jedoch, dass in der praktischen Tätigkeit eines/einer Juristen/-in internationales Privatrecht einen hohen Stellenwert hat. Das neue Buch zum internationalen Privatrecht ist in der Reihe "Studienbuch" erschienen und macht damit klar, dass es sich selbst primär in den Bereich der Studienliteratur einordnet. Das ist auch nicht falsch, denn das Buch deckt das gesamte Spektrum dessen ab, das man als Student/-in für die Diplomprüfung wissen sollte. Allerdings zeigt die Aufteilung der Kapitel, vor allem aber der Umstand, dass der Besondere Teil vor dem Allgemeinen Teil abgedruckt ist, dass das Buch auch für den/die Praktiker/-in geschrie-ben wurde. Und auch das ist gut so. Gerade wer nur ab

und an mit internationalem Privatrecht zu tun hat, braucht ein Nachschlagewerk, das ihm wieder auf die Sprünge hilft. Dazu ist das Buch bestens geeignet. Es vermittelt strukturiert einerseits die einzelnen Fallgruppen und Anknüpfungspunkte, andererseits im Allgemeinen Teil die methodischen Grundlagen, die für die Falllösung erforderlich sind. Inhaltlich berücksichtigt das Buch selbstverständlich die Rom I und Rom II Verordnungen. Anhand zahlreicher Fallbeispiele wird das theoretisch vermittelte Wissen praktisch angewendet. Besonders erwähnenswert, weil sinnvoll, sind das eigens vorhan-dene Rechtsquellenverzeichnis sowie das Glossar, in dem Fachbegriffe des Internationalen Privatrechts erklärt wer-den. Das Buch ist die derzeit wohl beste und aktuellste Zusammenstellung des österreichischen IPR.

in Zusammenarbeit mit www.librate.com

INtERNAtIoNAlES PRIVAtREcht, 2012VERSchRAEGEN

Manz, EUR 46,–

Genießen Sie jeden einzelnen Tag.

Bis zur Sponsion ist es noch ein weiter Weg.

Studieren ist schön. Studieren mit dem kostenlosen StudentenKonto noch schöner. Denn es bietet Ihnen nicht nur alles, was ein Konto können muss, sondern auch viele Extras wie das Bank Austria Ticketing, mit dem Sie für über 4.000 Events im Jahr vergünstigte Karten erhalten.studenten.bankaustria.at

UC_studentenK_A4_COE.indd 1 25.08.11 12:56