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Kapitel 6 Magnetismus 6.1 Einleitung Magnetismus ist eines der grundlegenden Ph¨ anomene der Festk¨ orperphysik. Magnetische Effekte sind u.a. f¨ ur Ferro- und Antiferromagnetismus verantwortlich. Sie spielen eine wichtige Rolle bei den Schweren Fermionen und den Hochtemperatur-Supraleitern. Die allermeisten magnetischen Systeme k¨ onnen nicht durch einfache Modelle schwach wechselwirkender Elektronen beschrieben werden, die Elektron-Elektron Abstoßung spielt im Magnetismus eine wichtige Rolle. 6.1.1 Dipol-Dipol-Wechselwirkung Wir sch¨ atzen zun¨ achst die magnetostatische Energie U = 1 r 3 m 1 · m 2 3(m 1 · n)(m 2 · n) von zwei magnetischen Dipolen m 1 und m 2 ab, wobei rn der Verbindungsvektor ist. Gr¨ ossenordnungs-m¨ assig gilt: U dipoledipole m 1 m 2 r 3 . Mit m 1 m 2 B e¯ h m , und r 2A o , a 0 ¯ h 2 /(me 2 ), erhalten wir U (B ) 2 r 3 e 2 ¯ hc 2 a 0 r 3 e 2 a 0 10 4 eV! , also ungef¨ ahr eine Grad Kelvin! 87

Kapitel 6 Magnetismus - Goethe-Universitätgros/Vorlesungen/FKT/FKT_6.pdf · sches Moment, welches dem ¨ausseren Magnetfeld entgegensteht. Die Suszeptibil ¨at kann dadurch negativ

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Kapitel 6

Magnetismus

6.1 Einleitung

Magnetismus ist eines der grundlegenden Phanomene der Festkorperphysik. MagnetischeEffekte sind u.a. fur Ferro- und Antiferromagnetismus verantwortlich. Sie spielen einewichtige Rolle bei den Schweren Fermionen und den Hochtemperatur-Supraleitern.

Die allermeisten magnetischen Systeme konnen nicht durch einfache Modelle schwachwechselwirkender Elektronen beschrieben werden, die Elektron-Elektron Abstoßung spieltim Magnetismus eine wichtige Rolle.

6.1.1 Dipol-Dipol-Wechselwirkung

Wir schatzen zunachst die magnetostatische Energie

U =1

r3

[

m1 · m2 − 3(m1 · n)(m2 · n)]

von zwei magnetischen Dipolen m1 und m2 ab, wobei rn der Verbindungsvektor ist.Grossenordnungs-massig gilt:

Udipole−dipole ≈ m1m2

r3.

Mit

m1 ∼ m2 ∼ gµB ∼ eh

m,

und r ≈ 2 Ao, a0 ≈ h2/(me2), erhalten wir

U ∼ (gµB)2

r3∼

(

e2

hc

)2 (a0

r

)3 e2

a0∼ 10−4 eV! ,

also ungefahr eine Grad Kelvin!

87

88 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

J

Abbildung 6.1: Sowohl die Bildung lokaler magnetischer Momente wie auch die Austausch-wechselwirkung (J) zwischen ihnen geht auf Coulomb-Korrelations-Effekte zuruck.

6.1.2 Freie magnetische Momente

Zeeeman-AufspaltungWir betrachten nun nicht-wechselwirkende Elektronen mit einem magnetischem Moment

≈ µB(L + 2S) , (6.1)

wie sie typischerweise in ionischen Zustanden auftreten. In einem ausseren magnetischenFeld B andert sich die Energie der Momente um die Zeeman-Energie

∆E ∼ µB(L+ 2S)B ∼ µBB, µB =eh

2m∼ 5.8 × 10−5 eV

T.

Große Magnetische Felder haben eine Feldstarke von ∼ 10T , die Zeeman-Energie betragtalso hochstens

∆E ∼ 10−3 eV oder ∼ kB(10o K) (6.2)

Dieses ist eine sehr kleine Energie, oberhalb von

kBT > µBB (6.3)

verschwindet das magnetische Moment von Bandelektronen aufgrund der thermischenFluktuation.

Curie-Weiss-GesetzDie Suszeptibilitat misst die Variation des induzierten magnetischen Momentes bei einemangelegten außeren magnetischen Feld. Fur freie Spin-1/2 Ionen finden wir mit g ≈ 2

〈m〉 = gµB1

2

(

e−β 1

2gµBB − eβ 1

2gµBB

)

(

e−β 1

2gµBB + eβ 1

2gµBB

) (6.4)

≃ gµB

2tanh(βµBB) ≈ µB

µBB

kBT(g ∼ 2)

χ =∂ 〈m〉∂B

≈ µ2B

kBT(6.5)

das Curie-Weiss-Gesetz ∼ 1/T , welches auch fur alle anderen magnetischen Systemeasymptotisch bei hohen Temperaturen gilt. Die typische Temperaturskala ist wieder 10K!

6.1. EINLEITUNG 89

∼ kT/EF

E

D(E)

Abbildung 6.2: In einem Metall tragen nur die Elektronen in der Nahe der Fermikante zur

Suszeptibilitat bei: χ ∼ kTEF

µ2B

kBT∼ µ2

BD(EF ).

6.1.3 Das freie Fermi Gas

Als Wiederholung berechnen wir nun die T = 0 Suszeptibilitat eines freien Fermi Gasesmit dem Hamiltonian

H =∑

k,σ

ξk,σc†k,σck,σ, ξk,σ =

h2k2

2m− µ+ σ

gµB

2B, σ = ±1

und der Zustandsdichte

D(E) =1

2π2h3

√2m3E

pro Spin (Abschnitt 3.7). Das magnetische Feld entspricht daher effektiv einem Spin-abhangigem chemischen Potential µσ = µ− σgµBB/2 und wir erhalten

〈m〉 =gµB

2D(EF ) (µ+ − µ−) =

g2µ2B

2D(EF )B ,

und somit

χ =∂ 〈m〉∂B

= 2µ2BD(EF )

fur die Suszeptibilitat des freien Elektronengases.

Eisen und NickelNun wissen wir aber, dass es Eisen und Nickel gibt, und andere Ferromagnete, welche beitausend Kelvin magnetisch ordnen. Die Curie-Temperatur von Eisen ist Tc = 1043 K. Wiekommen diese hohen magnetischen Energien zustande? Da Eisen und Nickel Metalle sind,ist diese Frage noch dringender, denn bei Metallen tragen, wie eben berechnet, nur einkleiner Teil aller Elektronen, die an der Fermikante, zum elektronischem Verhalten bei.

DiamagnetismusWeiterhin ist zu bemerken, dass ein ausseres Magnetfeld in Metallen, aufgrund der Lenz’schen

90 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

Max S Max L

ψ(x)

x

e- e-

Abbildung 6.3: Hund’sche-Regel: Maximales S und L, beides um die intra-atomareCoulomb-Energie zu minimieren.

Regel, diamagnetischen Strome induziert. Diese Strome erzeugen ihrerseits ein magneti-sches Moment, welches dem ausseren Magnetfeld entgegensteht. Die Suszeptibilat kanndadurch negativ werden (Band-Diamagnetismug). Daruber hinaus konnen auch Ionen mitgefullten Schalen, durch die induzierten atomaren Strome (Lamor-Diamagnetismuns), dia-magnetisch sein. Wir werden hier nicht weiter auf diese beiden Phanomene eingehen.

6.2 Coulomb-Korrelationen

6.2.1 Bildung des magnetischen Momentes

Die Relevanz der intra-atomaren Coulomb-Abstossung nimmt mit abnehmenden Radiusder atomaren Wellenfunktionen der Valenzbander zu. Sie ist fur 3d-und 4f -Elektronen inUbergangsmetallverbindungen sehr wichtig. Eine Konsequenz sind die beiden Hund’schenRegeln.

• Erste Hund’sche RegelDie erste Hund’sche Regel besagt, dass der totale Spin S maximal sein soll, der Spinder Valenz-Elektronen also parallel sein soll. Damit wird die Spin-Wellenfunktionsymmetrisch. Die antisymmetrische Orstwellenfunktion hat dann Knoten und dieElektronen sind im Mittel weiter voneinander entfernt, was die Coulomb-Abstossungminimiert.

• Zweite Hund’sche RegelNach der zweiten Hund’schen Regel ist der Bahndrehimpuls Lmaximal. Anschaulichwerden dann die Elektronen wie bei einer Zentrifuge nach aussen ‘geschleudert’,damit ist ihr Abstand wiederum im Durchschnitt vergrossert. Quantenmechanischentspricht dies dem Term ∼ L(L+ 1)/r2 in der radialen Schrodinger-Gleichung.

Die atomaren Korrelationen implizieren also ein moglichst grosses atomares magnetischesMoment:

≈ µB(L + 2S) .

6.2. COULOMB-KORRELATIONEN 91

Γ

ε

µ

2ε+U

Abbildung 6.4: Ein lokales Moment wird gebildet, wenn die Bandbreite Γ der kinetischenBewegung viel kleiner als die inter-orbitale Coulomb-Abstossung U ist.

Elektronische BanderDie Hund’schen Regeln gelten fur isolierte Atome. In einem Festkorper uberlappen jedochdie atomaren Wellenfunktionen und es werden Bander gebildet. Die kinetische Energiewirkt also der Entstehung von lokalen magnetischen Momenten entgegen.Sei die typische Bandbreite der elektronischen Bander an der Fermikante Γ. In einemeinfachen Modell (Hubbard-Atom) mit einem relevanten Orbital an der Fermikante habendie einfach-besetzten Zustande jeweils die Energie ε, und der doppelt besetzte Zustand2ε+ U .Falls die Energiedifferenz

(2ε+ U) − ε >> Γ

ist, dann wird sich ein lokales Spin-1/2 Moment ausbilden.

6.2.2 Magnetische Korrelationen

KorrelationslangeI.a. werden Ionen mit magnetischen Momenten in einem Festkorper mehr oder wenigerstark wechselwirken. Damit werden wir uns noch ausfuhrlich beschaftigen. Diese Wech-selwirkung wird bei Ferromagneten auch oberhalb der Curie-Temperatur dazu fuhren,dass benachbarte Elektronen tendenziell in die selbe Richtung zeigen. Die dazugehorigecharakteristische Lange nennt man die Korrelationslange ξ. Sie spielt bei der Theorie derPhasenubergange eine entscheidende Rolle.

Magnetische KorrelationenBetrachten wir nochmals die Suszeptibilitat χ und die typische Energie E

χ ≈ (mµB)2

kBTE ≈ (mµBB)2

kBT

eines isolierten magnetischen Momentes mµB in einem ausseren Feld. Wir hatten gesehen,dass E ≈ 10 K fur ein einzelnes Moment ist.Betrachten wir nun die Anzahl Nc = 4πξ3

3a3 korrelierter Momente als eine Einheit, dann

erhoht sich die charakteristische magnetische Energie dramatisch. Sei z.B. ξa

= 3, so dassNc ∼ 102, dann erhoht sich E um einen Faktor ∼ 104!

92 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

a

ξ

Abbildung 6.5: Die Korrelationslange ξ charakterisiert den Durchmesser eines kleinenVolumens innerhalb dessen die magnetischen Momente tendenziell parallel ausgerichtetsind.

Austausch-HamiltonianDie Wechselwirkung zwischen den Elektronen ist also relevant. Fur zwei Spin-1/2 Mo-mente (vgl. die Behandlung vom Helium-Atom und vom H2-Molekul in de QMII) lasstsich der Austausch-Hamiltonian folgendermassen schreiben:

H = J S1 · S2 , (6.6)

wobei J = Et −Es die Austausch-Aufspaltung zwischen der Energie Et des Tripletts undder Energie Es des Singletts ist:

|↑ ↑〉(

|↑ ↑〉 + |↓ ↑〉)

/√

2

|↓ ↓〉

Et =J

4(6.7)

(

|↑ ↓〉 − |↓ ↑〉)

/√

2 Es = −3J

4(6.8)

6.2.3 Das Austauschintegral zwischen lokalisierten Spins

Am Beispiel des Wasserstoffmolekuls wiederholen wir kurz die Berechnung des Austausch-integrals J . Die beiden Kerne seien A und B, die Elektronen 1 und 2.

Der Hamiltonian ist:

H = H1 +H2 +H12 (6.9)

H1 = − h2

2m∇2 − e2

r1A− e2

r1B(6.10)

H12 =e2

r12+

e2

RAB. (6.11)

6.2. COULOMB-KORRELATIONEN 93

1 2

A

r

r rr r

R

ee

eB

AB

2B1B 2A

12

1A

+e+

Abbildung 6.6: Geometrie des Wasserstoffmolekuls, die Elektronen sind 1 und 2, die IonenA und B.

Molekul-WellenfunktionenBezeichnen wir mit φA/B(1/2) die jeweiligen 1s-Wellenfunktionen, dann ist die nicht-wechselwirkende 2-Teilchen Wellenfunktion ψ12 gleich

ψ12 =[

φA(1) + φB(1)] [

φA(2) + φB(2)]

⊗ |Spins〉=

[

φA(1)φA(2) + φB(1)φB(2) + φA(1)φB(2) + φA(2)φB(1)]

⊗ |Spins〉 (6.12)

Da e2/r12 stark ist, werden die Zustande in (6.12) mit zwei Elektronen pro Ion starkunterdruckt und konnen vernachlassigt werden (Heitler-London Naherung):

ψ12 =1

2

[

φA(1)φB(2) ± φB(1)φA(2)]

⊗∣∣∣∣

Singlett

Triplett

. (6.13)

Die respektiven Energien sind durch E = 〈ψ12|H|ψ12〉 / 〈ψ12|ψ12〉 gegeben. Man erhalt:

E =〈ψ12|H|ψ12〉〈ψ12|ψ12〉

= 2EI +e2

RAB+C ± A

1 ± S, (6.14)

wobei

EI =∫

d2r1 φ∗A(1)

− h2

2m∇2

1 −e2

r1A

φA(1) < 0 (6.15)

die Einteilchen-Energie ist,

C = e2∫

d3r1d3r2

1

r12− 1

r2A

− 1

r1B

|φA(1)|2 |φB(2)|2 (6.16)

das Coulomb-Integral (Hartree-Term),

A = e2∫

d3r1d3r2

1

r12− 1

r2A− 1

r1B

φ∗A(1)φA(2)φB(1)φ∗

B(2) (6.17)

94 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

Abbildung 6.7: Antiferromagnetische Anordnung (Neel) von klassischen Spins.

das Austausch-Integral und

S =∫

d3r1d3r2 φ

∗A(1)φA(2)φB(1)φ∗

B(2) (0 < S < 1) (6.18)

das Uberlapp-Matrixelement. Alle diese Integrale sind reel: EI , C, A, S ∈ Re .

Heisenberg-ModellDas Austausch-Integral J berechnet sich somit zu

J = Et − Es =

2EI +e2

RAB+C −A

1 − S

2EI +e2

RAB+C + A

1 + S

=C − A

1 − S− C + A

1 + S

= 2SC − A

1 − S2> 0 , (6.19)

da S ≪ 1 und A < 0 ist. Der effektive Spin-Spin Hamiltonian fur zwei Ionen

H = 2J S1 · S2, (J > 0) (6.20)

favorisiert antiparallele Spins (Antiferromagnetismus), siehe die Fig. (6.7) fur eine Illustra-tion. In der Tat sind die allermeisten magnetischen Isolatoren auch antiferromagnetisch.Sie konnen dann in direkter Verallgemeinerung von (6.20) mit dem antiferromagnetischenHeisenberg-Modell

H = 2J∑

〈ij〉

Si · Sj , (J > 0) (6.21)

beschrieben werden.

6.2.4 Austausch-Wechselwirkung fur delokalisierte Spins

Der Austauschmechanismus favorisiert Antiferromagnetismus. Der z.B. in Eisen und Nickelbeobachtete metallische Ferromagnetismus muss daher andere physikalische Grunde ha-ben. Es sind dies das Austauschloch aufgrund des Fermi-Prinzips und wieder die Coulomb-Abstossung.

6.2. COULOMB-KORRELATIONEN 95

Zwei ElektronenWir betrachten zunachst die Paar-Wellenfunktion von zwei Elektronen mit zwei verschie-denen Wellenzahlen k1 und k2 in einem Volumen V,

ψij =1√2V

eiki·ri eikj ·rj ± eiki·rj eikj ·ri

=1√2V

eiki·rieikj ·rj

1 ± ei(ki−kj)·(ri−rj)

(6.22)

wobei wir den Spin-Anteil der Wellenfunktion (Singlett/Triplett) unterdruckt haben. DieWahrscheinlichkeit die Elektronen in den jeweiligen Volumina d3ri und d3rj zu finden ist

|ψij|2 d3rid3rj =

1

V 2

1 ± cos [(ki − kj) · (ri − rj)]

d3rid3rj . (6.23)

Gemaß dem Pauli-Prinzip verschwindet die Paaramplitude fur ri = rj im Triplett-Zustand.Fur ri ≈ rj ist die Paaramplitude reduziert, man spricht vom Austausch-Loch. Wie bei derersten Hund’schen-Regel favorisiert die Elektron-Elektron-Abstossung daher den TriplettZustand, bei welchem die Spins parallel (ferromagnetisch) ausgerichtet sind.

Austausch-Loch im Fermi-SeeUm den Durchmesser des Austausch-Loches in einem Metall zu bestimmen, mussen wir(6.23) uber den Fermi-See mitteln:

P↑↑(r) d3r = n↑ d

3r(

1 − cos [(ki − kj) · r])

︸ ︷︷ ︸

Fermi-See Mittelung

, (6.24)

mit der Elektron-Dichte

n↑ =1

2n =

1

2

# Elektronen

Volumen. (6.25)

Dabei ist nun r die relative Distanz. Die Berechung ergibt:

ρex(r) =en

2

(

1 − cos [(ki − kj) · r])

=en

2

1 − 1(

4π3k3

F

)2

∫ kF

0d3kid

3kj1

2

(

eı(ki−kj)·r + e−ı(ki−kj)·r)

=en

2

1 −(

3k3

F

)−2 ∫ kF

0d3ki e

ıki·r∫ kF

0d3kj e

−ıkj ·r

=en

2

1 − 9(sin kF r − kF r cos kF r)

2

(kF r)6

. (6.26)

Dieses Resultat gilt fur parallele Spins. Fur antiparallele Spins gibt es keine Austausch-Korrelationen im Ortsraum. Die effektive Gesamt-Dichte-Dichte-Korrelationsfunktion istalso

ρeff (r) = e n

1 − 9

2

(sin kF r − kF r cos kF r)2

(kF r)6

. (6.27)

Das Austausch-Loch hat also einen kleinen Radius von ≈ 1/kF ∼ a.

96 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

1/2

2

1

4

ρ en eff

k rF

Abbildung 6.8: Die Elektron-Dichte-Dichte-Korrelationsfunktion als Funktion des Abstan-des in einem Metall.

6.3 Stoner-Model fur Ferromagneten

Die Fourier-Transformierte des kurz-reichweitigen Austausch-Potentials (6.27) ist im we-sentlichen strukturlos, kann also gut durch eine Konstante genahert werden (Stoner-Nahe-rung). Die Up/Down-Teilchendichten fuhren also zu einer Erniedrigung der EinteilchenEnergien fur die Up/Down-Teilchen, mit

E↑(k) = E(k) − IN↑

N; I ∼ 1 eV (6.28)

und

E↓(k) = E(k) − IN↓

N, (6.29)

wobei I > 0 der Stoner-Parameter ist. Er quantiziert die Energie des Austausch-Loches.Ohne Austausch ware die Energie grosser, durch den Austausch findet also eine Energieab-senkung statt. Die relative Spin-Besetzungszahl R und Dichte des magnetischen MomentsM sind

R =(N↑ −N↓)

N, M = µB

(N

V

)

R . (6.30)

R 6= 0 impliziert Ferromagnetismuns. Wir konnen die Einteilchen-Energien also auch als

Eσ(k) = E(k) − I(N↑ +N↓)

2N− σIR

2, (σ = ±) (6.31)

≡ E(k) − σIR

2(6.32)

schreiben, mit der effektiven Einteilchen-Energie E(k) = E(k) − I/2.

Selbstkonsistente LosungDas Fermi-Niveau EF ist unabhangig von der Richtung der Spins der Elektronen, damit

6.3. STONER-MODEL FUR FERROMAGNETEN 97

EF

f

EF

f’

EF

f’’

EF

f’’’

0

Abbildung 6.9: Die Fermi-Dirac-Funktion f =(

eβ(E−EF ) + 1)−1

und ihre Ableitungen.

ist

R =1

N

k

1

exp

(E(k) − IR/2 − EF )/kBT

+ 1

− 1

exp

(E(k) + IR/2 −EF )/kBT

+ 1

(6.33)

Fur kleine R konnen wir die Fermi-Dirac-Verteilung f um das Femi-Niveau E(k) − EF

entwickeln,

f(x− a) − f(x+ a) = −2af ′ − 2

3!a3f ′′′ , (6.34)

mit x = β(E(k)−EF ) und a = βIR/2. Bei tiefen Temperaturen konnen wir den Wert derAbleitungen am Fermi-Niveau E(k) = EF nehmen, mit f ′ < 0 und f ′′′ > 0. Wir erhaltenmit

R = −2IR

2

1

N

k

∂f

∂E(k)

∣∣∣∣∣EF

− 2

6

(IR

2

)3 1

N

k

∂3f

∂E3(k)

∣∣∣∣∣EF

(6.35)

eine quadratische Gleichung in R:

−1 − I

N

k

∂f

∂E(k)

∣∣∣∣∣EF

=1

24I3R2 1

N

k

∂3f

∂E3(k)

∣∣∣∣∣EF

, (6.36)

welche ein reele Losung hat, falls

− I

N

k

∂f

∂E(k)

∣∣∣∣∣EF

> 1 . (6.37)

98 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

1.0

50Z

I (eV)

Fe

Co

Ni

NaLi

Z

1.0

D(E ) (eV )-1F

Abbildung 6.10: Zum Stoner-Kriterium: Das Austausch-Integral I und die Zustandsdichtean der Fermi Kante D(EF ).

Fur sehr hohe Temperaturen hat (6.37) keine Losung, da fur T → ∞ die Ableitungder Fermifunktion gegen Null geht. Fur sehr hohe Temperaturen sind alle SubstanzenParamagnete.

Stoner-KriteriumIm Limes T → 0 gilt ∂f

∂E(k)

∣∣∣EF

→ −δ(E − EF ) und die linke Seite von (6.37) wird zu

− 1

N

k

∂f

∂Ek

=∫

dEV

ND(E)δ(E − EF ) =

V

ND(EF ) = D(EF ) , (6.38)

wobei D(E) die Zustandichte pro Spin ist (Achtung, haufig wir auch die Spin-integrierteZustandichte verwendet). Die Bedingung fur T = 0 Ferromagnetismus ist also

ID(EF ) > 1

das Stoner-Kriterium.Experimentell zeigt sich, dass I fur 3d-Ubergangsmetalle nicht stark von der Kernladungs-zahl abhangt. Daher sind nur Metalle wie Fe, Co, & Ni mit sehr grossen Zustandsdichtenan der Fermikante D(EF ) Ferromagnete.

6.3.1 Erhohung der Suszeptibilitat χ

Auch im paramagnetischen Zustand, egal ob das System bei tiefen Temperaturen ordnet,fuhrt der Stoner-Mechanismus zu einer Erhohung der Suszeptibilitat.In einem ausseren magnetischen Feld sind die effektiven Einteilchen-Energien mit gS = 1

Eσ(k) = E(k) − INσ

N− µBσB . (6.39)

Im paramagnetischen Zustand konnen wir den kubischen Term in R auf der rechten Seitevon (6.35) vernachlassigen und erhalten somit

R = − 1

N

k

∂f

∂Ek

(IR+ 2µBB)

= D(EF )(IR+ 2µBB) (6.40)

6.4. MOLEKULARFELD-THEORIE 99

i δ = 1

δ = 2

δ = 3

δ = 4

Abbildung 6.11: Terme des Heisenberg Hamiltonians H = −∑iδ JiδSi ·Siδ − gµBB0∑

i Si.Dabei ist i der Gitterindex und δ die Z = 4 Nachbarn des Gitterplatzes i.

oder, mit M = µBNVR,

M = 2µ2B

N

V

D(EF )

1 − ID(EF )B (6.41)

beziehungsweise

χ =∂M

∂B=

χ0

1 − ID(EF ), (6.42)

mit der freien Suszeptibilitat

χ0 = 2µ2B

N

VD(EF ) = 2µ2

BD(EF ) . (6.43)

Die Coulomb-Wechselwirkung kann also via I zu einer dramatischen Erhohung der Sus-zeptibilitat fuhren. Es ist kein Zufall, dass in (6.42) die Suszeptibilitat fur ID(EF ) → 1divergiert. Dies ist genau die Definition eines ferromagnetischen Phasenuberganges zweiterOrdnung.

6.4 Molekularfeld-Theorie

Die Stoner-Theorie ist ein Beispiel fur eine Molekularfeld-Theorie. Die Wechselwirkungzwischen den konstituierenden Elementen wird durch eine effektive Dichte-Dichte-Wechsel-wirkung beschrieben. Den Stoner-Parameter I nennt man in diesem Zusammenhang denKopplungsparameter. Hier betrachten wir die Molekularfeldtheorie von Gittermodellen.

6.4.1 Ferromagnetismus lokalisierter Elektronen

Auch wenn Ferromagnete mit lokalisierten Momenten eher eine Ausnahme sind, ein Bei-spiel ist CeSi2−x, with x > 0.2, betrachten wir zunachst Ferromagnete auf einem Gitter

100 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

mitH =

JiδSi · Siδ − gµBB0

i

Si . (6.44)

Der Heisenberg-Hamiltoian (6.44) kann nur fur eindimensionale Gitter mit Hilfe des Bethe-Ansatzes exakt gelost werden.

Molekularfeld-NaherungWir nahern den Heisenberg-Hamiltonian als

H =∑

i

(∑

δ

JiδSiδ − gµBB0

)

Si ≈ gµB

i

BeffSi (6.45)

und bezeichnen mit

Beff =1

gµB

⟨∑

δ

JiδSiδ

− B0

das effektive Feld, welches der Spin Si am Gitterplatz i fuhlt.

Fall: Nachste-Nachbar-WechselwirkungMit 〈∑δ JiδSiδ〉 bezeichnet man das interne (Molekular-) Feld, generiert durch die Nach-barplatze von i und die Naherung

δ

JiδSiδ →⟨∑

δ

JiδSiδ

als die Molekularfeld-Naherung.Wir betrachten nun Jiδ ≡ J und bezeichnen mit Z die Anzahl nachster Nachbarn proGitterplatz:

Beff =J∑

iδ 〈Siδ〉 − gµBB0

gµB=

JZ

gµB〈S〉 − B0 (6.46)

=V

Ng2µ2B

ZJM − B0 = BMF −B0 , (6.47)

mit

M = gµBN

V〈S〉 ; Z = #nn . (6.48)

Der Heisenberg-Hamiltonian (6.45) ist in dieser Naherung aquivalent zu einem Systemvon unabhangigen Spins in einem effektiven Magnetfeld Beff .

Selbstkonsistente LosungDie Wahrscheinlichkeit fur einen Spin i nach oben/unten (σ = ±1) zu zeigen ist

Pσ =e−β(σgµBBeff /2)

e−β(gµBBeff /2) + e−β(−gµBBeff /2), σ = ±1 . (6.49)

Damit erhalten wir eine Selbstkonsistenz-Gleichung fur die Magnetisierung:

M =1

2gµB

N↑ −N↓

V= −1

2gµB

N

Vtanh

(

β

2gµBBeff

)

= Ms tanh

(

−β ZJV

2gµBNM + β

B0

2gµB

)

,

6.4. MOLEKULARFELD-THEORIE 101

a = tanh (ba)y = a

y = tanh (ba)

initial slope = b

Abbildung 6.12: Die Gleichung der Form a = tanh(ba) hat eine nicht-triviale Losung (d.h.a 6= 0) fur b > 1.

d.h.

M = Ms tanh

(

−βZJ4

M

Ms+βgµBB0

2

)

, (6.50)

wobei wir die Sattigungs-Magnetisierung

Ms =N

V

gµB

2(6.51)

eingefuhrt haben.

Fall: Kein ausseres magnetisches FeldFur B0 = 0 finden wir schließlich

M

Ms

= tanh(Tc

T

M

Ms

)

Tc =Z|J |4kB

. (6.52)

Dabei hat Tc die Bedeutung der Ubergangstemperatur (Curie-Temperatur) denn nur furT < Tc und J < 0 (Ferromagnetismus) hat (6.52) eine Losung M > 0.Fur T → 0 geht die rechte Seite von (6.52) gegen eins M(T = 0) = Ms.

Skalen-VerhaltenWir betrachten (6.52) fur kleine Werte des Ordnungsparameters M und benutzen dieTaylor-Entwicklung tanh(x) = x− x3/3 + . . .. Damit wird (6.52) zu

1 =TC

T− 1

3

(TC

T

)3 (M

Ms

)2

,

M(T )

Ms≃

√3(T

TC

)3/2√

1 − T/TC ∼(

1 − T

Tc

) 1

2

(6.53)

Wir stellen fest:

102 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

"up" sublattice

"down" sublattice

J < 0

Abbildung 6.13: Antiferromagnetischer Zustand (der Neel Zustand) auf einem bcc-Gitter,zusammengesetzt aus zwei inter-penetrierenden einfach-kubischen Gittern.

• Es handelt sich um einen Phasenubergang zweiter Ordnung, da M(T ) kontinuierlichgegen null geht, fur T → TC .

• Es gibt ein Skalenverhalten M(T ) ∼ (1 − T/TC)β mit einem kritischen Exponentenβ = 1/2. Der exakte kritische Exponent ist jedoch verschieden vom Molekularfeld-Wert β = 1/2.

• Man kann zeigen, dass die Molekularfeld-Naherung um so besser ist, je grosser dieAnzahl nachster Nachbarn ist. Z = 2, 4, 6 in einer, zwei und drei Dimensionen.

Curie-Weiss-GesetzWir linearisieren (6.50) fur T > Tc in β = 1/(kBT ) und betrachten die MagnetisierungM welches das aussere Magnetfeld B0 induziert. Wir erhalten mit

M

Ms

(

1 − TC

T

)

=1

2βgµB0

das Curie-Weiss-Gesetz

χ =gµ

2kB

Ms

T − TC

Ms =N

V

gµB

2(6.54)

fur die Suszeptibilitat χ = ∂M/∂B0. Experimentell misst man χ(T ) und tragt 1/χ(T )auf. Ein positiver Interzept deutet dann auf ferromagnetische Korrelationen hin.

6.4.2 Molekularfeld-Theorie fur Antiferromagnete

Antiferromagnetische Kopplungen J > 0 sind in Ubergangsmetalloxiden, z.B. bei Oxidenvon Fe, Co, Ni und Cu, sehr haufig. Zur Illustration betrachten wir ein raumzentrierteskubisches Gitter mit zwei inter-penetrierenden einfach-kubischen Gittern und Z = 8.

6.4. MOLEKULARFELD-THEORIE 103

-T T

χ

N N

Abbildung 6.14: Sketch von χ = Const/(T + TN ), gultig nur fur T > TN . Die Suszeptibi-litat divergiert am Ubergang nicht, im Gegensatz zum Ferromagneten, das ein homogenesausseres Magnetfeld nicht an den Ordnungsparameter M+ −M− koppelt.

Die Molekularfeldtheorie funktioniert wie beim Ferromagneten, nur dass man jetzt zweiMagnetisierungen unterscheiden muss, M+ und M− fur die beiden separaten Untergitter:

M+ =1

2gµB

N+

Vtanh

gµB

2kT

(−V )

N−g2µ2B

ZJM−

(6.55)

M− = (+ ↔ −) . . . . (6.56)

Die Anzahl der Gitterplatze ist gleich, N+ = N−, es gilt somit M+ = −M−, aus Symme-triegrunden:

M+ =1

2gµB

N+

Vtanh

V ZJM+

2kTN+gµB

,

welche nur fur J > 0 (und genugend kleinen Temperaturen) eine nicht-triviale Losunghat. Mit

M+s = −M−

s =1

2gµB

N+

V(6.57)

erhalten wir wiederM+

M+s

= tanh

TN

T

M+

M+s

, (6.58)

mit der Neel-Temperatur TN = ZJ/(4kB)

Magnetische Suszeptibilitat fur T > TN

Ein kleines Magnetfeld B0 beeinflusst die Untergitter-Magnetisierungen:

M+ + ∆M+ ≃ 1

2gµB

N+

Vtanh

gµB

2kT

[

B0 −V ZJ

N−g2µ2B

(

M− + ∆M−)]

M− + ∆M− ≃ (+ ↔ −) . . . . (6.59)

Wir verwenden nun ddx

tanh(x) = 1/ cosh2(x) und finden

∆M = ∆M+ + ∆M− =1

2gµB

N+

V

gµB

2kT

2

cosh2(x)

[

B0 −V ZJ

2N−g2µ2B

∆M

]

,

104 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

B0

Abbildung 6.15: Ein schwaches Feld parallel zur Untergitter-Magnetisierung andert furT ≪ TN die Ausrichtung der magnetischen Momente nur geringfugig.

also

∆M =g2µ2

B

2kT

N+/V

cosh2(x)

[

B0 −2kBV TN

N−g2µ2B

∆M

]

, TN =ZJ

4kB, (6.60)

mit x = TN

TM+

M+s

. In der paramagnetischen Phase T > TN uberhalb des Neel-Uberganges

existiert keine langreichweitige Ordnung: M+ = 0, N− = N/2 = N+, x = 0 und cosh(0) =1. Daher finden wir

∆M =g2µ2

BN

4V kBT

[

B0 −4kBTNV

Ng2µ2B

∆M

]

=g2µ2

BN

4V kBTB0 − TN

T∆M , (6.61)

bzw.

T∆M =g2µ2

BN

4V kB

B0 − ∆MTN , ∆M =g2µ2

BN

4V kB(T + TN )B0

und wir erhalten

χ(T ) =g2µ2

BN

4V kB(T + TN). (6.62)

Misst man χ(T ) fur einen Antiferromagneten, dann deutet ein negativer Interzept von1/χ(T ) auf antiferromagnetische Korrelationen hin.

Longitudinale Suszeptibilitat fur T < TN

Unterhalb des Phasenuberganges hangt es davon ab, ob B0 parallel oder senkrecht (lon-gitudinal oder transversal) zur Ausrichtung der spontanen Magnetisierung angelegt wird.Fur ein longitudinales Feld konnen wir naherungsweise M+(T ) ≈ M+

s und damit x =TN

TM+

M+

S

≈ TN

Tin Eq. 6.60 setzen:

χ‖ ≃ g2µ2BN

4V kB

1

T cosh2(

TN

T

)

+ TN

. (6.63)

6.4. MOLEKULARFELD-THEORIE 105

Abbildung 6.16: Eine lokale Spin-Anregung (Spin-Flip) in einem antiferromagnetischenSystem hat die Energie ZJ/2.

Fur T ≪ TN erhalten wir einen exponentiellen Abfall

χ‖(T ) ≃ g2µ2BN

16V kBTe−2

TNT , (6.64)

mit der Energielucke von

2kBTN =Z

2J = Z

(1

4− −1

4

)

J

des Ising-Modells.

Transversale Suszeptibilitat fur T < TN

Wir betrachten nun fur T = 0 den Fall, wenn B0 senkrecht zur Magnetisierungs-Achse an-gelegt wird. Das Feld wird eine Rotation aller Spins um einen kleinen Winkel α bewirken.Der Rotationswinkel bestimmt sich aus der Minimierung der Gesamt-Energie (J > 0)

E(α) = −1

2gµBB0 sinα − 1

8ZJ cos(2α)

∼ −1

2gµBB0α − 1

8ZJ

(

1 − 1

2(2α)2

)

.

Im Gleichgewicht ist

∂E

∂α= 0 =

1

2gµBB0 − 1

2ZJα =⇒ α =

gµBB0

ZJ. (6.65)

Die induzierte Magnetisierung parallel zum angelegten Feld ist

∆M ≃ gµB

2

N

Vα =

g2µ2BNB0

2ZJV(6.66)

αα

B

Abbildung 6.17: Fur T ≪ TN wird ein schwaches transverales Magnetfeld in einem Anti-ferromagneten eine partielle Rotation der Untergitter-Magnetisierungen bewirken.

106 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

T

χ

TN

χ

χ

χ⊥

T

χ Pulver-Probe

Abbildung 6.18: Unterhalb der Neel-Temperatur zeigen die transversale Suszeptibilitatχ⊥(T ) und die longitudinale Suszeptibilitat χ‖(T ) deutlich verschiedene Temperatur-Ver-halten. In einer Pulverprobe misst man dementsprechend eine gemittelte Suszeptiblitat.

0 100T [K]

χ

Abbildung 6.19: Gemessene Suszeptibilitat des antiferromagnetischen Edelsteins Dioptase(“Der Stein der Venus”), Cu6Si6O18 · 6H2O.

und die transversale Suszeptibilitat damit

χ⊥ =g2µ2

BN

2Z |J |V≡ χ(T = TN) , (6.67)

was genau mit der paramagnetischen Suszeptibilitat χ(T = TN) ubereinstimmt, siehe(6.62). Die transversale Suszeptibilitat ist also fur T < TN konstant.

6.5 Spinwellen

Die bisher besprochene Molekularfeld-Naherung ist nicht in der Lage, niederenergetischeProzesse korrekt zu beschreiben. Die elementaren Spin-Flips Sα → −Sα sind aufgrundder transveralen Spin-Spin-Wechselwirkung keine elementaren Anregungen.

6.5. SPINWELLEN 107

6.5.1 Ferromagnetische Spinwellen

Wir werden die Beschreibung der elementaren Anregungen, der Spinwellen (Magnonen)am Beispiel des ferromagnetischen Heisenberg-Modells,

H = J∑

~Si · ~Si+δ (6.68)

einfuhren (J < 0). Wir unterscheiden jetzt explizit zwischen dem Spin-Vektor-Operator~Si = xSx

i + ySyi + zSz

i und den einzelnen kartesischen Komponenten.

Spin-Operatoren

Wir betrachten die Spin-1/2 Zustande |α〉 = |↑〉 =(

10

)

und |β〉 = |↓〉 =(

01

)

, so dass

Sz(

01

)

= −1

2

(01

)

(6.69)

und

Sx =1

2

(0 11 0

)

Sy =1

2

(0 −ii 0

)

Sz =1

2

(1 00 −1

)

(6.70)

[

Sα, Sβ]

= iǫαβγSγ . (6.71)

Auf- und Absteige-OperatorenSehr nutzlich sind die Aufsteige-Operatoren S+ und die Absteige-Operatoren S−,

S+ = Sx + iSy =(

0 10 0

) [

Sz, S±]

= ±S+/− (6.72)

S− = Sx − iSy =(

0 01 0

) [

S2, S±]

= 0 (6.73)

S+(

01

)

=(

10

)

, S−(

01

)

= 0 . (6.74)

Wir konnen den Heisenberg-Hamiltonian dann auch als

H = J∑

Szi S

zi+δ +

1

2

(

S+i S

−i+δ + S−S

+i+δ

)

(6.75)

schreiben.

GrundzustandIm Grundzustand sind wegen J < 0 alle Spins parallel ausgerichtet, o.B.d.A.

|0〉 = Πi |α〉i = Πi |↑〉i . (6.76)

|0〉 ist ein Eigenzustand von H , da

S+i S

−i+δ |0〉 = 0, Sz

i Szi+δ |0〉 =

1

4|0〉 , (6.77)

108 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

j

Abbildung 6.20: Eine lokale Spin-Anregung (Spin-Flip) in einem ferromagnetischen Sys-tem ist kein Eigenzustand des Heisenberg-Hamiltonians.

und somit

H |0〉 = −1

4|J |ZN |0〉 ≡ E0 |0〉 , (6.78)

wobei N die Anzahl der Spins ist und Z die Anzahl nachster Nachbarn.

Ein-Magnon-ZustandWir betrachten zunachst die lokale Spin-Anregung

|↓j〉 = S−j Πn |α〉n . (6.79)

Dieser Zustand ist kein Eigenzustand aufgrund der Terme S+j S

−j+δ im Hamilton-Operator.

Waren diese Terme nicht vorhanden, dann wurde man vom Ising-Modell sprechen. DieseTerme propagieren den Spin-Flip zu nachste-Nachbarn-Platze.Ein Ein-Magnon-Eigenzustand des ferromagnetischen Heisenberg-Modells ist dagegen derebenen-Wellen-Zustand

|k〉 =1√N

j

eik·rj |↓j〉 . (6.80)

aus geflippten Spins:

H |k〉 =1√N

j

eik·rj

−1

4Z|J |N |↓j〉 +

2

2Z|J | |↓j〉 − 1

2|J |

δ

(|↓j+δ〉 + |↓j−δ〉)

.

Wir schreiben die letzten beiden Terme als1√N

j

eik·rj |↓j+δ〉 =1√N

m

eik·(rm−rδ) |↓m〉 , (6.81)

mitrj+δ = rj + rδ = rm . (6.82)

Wir erhalten

H |k〉 =

−1

4Z|J |N + Z|J | − 1

2|J |

δ

(

eik·rδ + e−ik·rδ

)

1√N

j

eik·rj |↓j〉 . (6.83)

Also ist |k〉 ein Eigenzustand von H mit der Anregungsenergie

Ek = E0 + |J |Z

1 − 1

Z

δ

cosk · rδ

. (6.84)

Das Ein-Magnonen-Spektrum Ek hat keine Energielucke, Ek→ = 0. Dieses ist ein Spezial-fall des Goldstone-Theorems, nach welchem alle Systeme mit einer gebrochenen kontinu-ierlichen Symmetrie luckenlose Anregungen haben, die Goldstone-Moden.

6.5. SPINWELLEN 109

j

Abbildung 6.21: Eine Spinwelle wird durch die Ausbreitung eines Spin-Flips uber einegrossere Region erzeugt.

Sz 3/2 1/2 -1/2 -3/2n 0 1 2 3

Tabelle 6.1: Korrespondenz zwischen Sz und der Anzahl von Spinwellen-Anregungen proGitterplatz fur S = 3/2.

6.5.2 Quantisierung ferromagnetischer Spinwellen

Betrachten wir nun ein ferromagnetisches Spin-S Heisenberg-Modell. Im Grundzustandzeigen alle Spin in eine Richtung, z.B. |+ S〉. Analog zu (6.79) konnen wir eine Spinwelle|k〉 definieren, mit

Sz |k〉 = (SN − 1) |k〉 , Sz |0〉 = SN |0〉 . (6.85)

Ein Zustand mit zwei Spinwellen hat Sz = (SN − 2), etc. Da Spin-Operatoren auf ver-schiedenen Gitterplatzen vertauschen, werden wir nun Bose-Operatoren a† und a fur dieSpinwellen einfuhren.

Holstein-Primakoff-TransformationWir betrachten die folgende unitare Transformation:

Szi = S − a†iai ≡ S − ni

S+i ∝

2S − ni ai

S−i ∝ a†i

2S − ni

, (6.86)

die sog. Holstein-Primakoff-Transformation. Dabei erfullen die a†i und ai die Vertauschungs-Relationen fur Bosonen:

[

ai, a†j

]

= δi,j (6.87)

ai |n〉 =√ni |n− 1〉 (6.88)

a†i |n〉 =√ni + 1 |n+ 1〉 (6.89)

Die Transformation (6.86) ist kanonisch, falls die Spin-Vertauschungs-Relationen[

S+i , S

−i

]

= 2Szi ,

[

S−i , S

zi

]

= 2S−i ,

[

S+i , S

zi

]

= −2S+i (6.90)

erhalten bleiben. Wir betrachten z.B.

[S+, S−] |n〉 = S+S− |n〉 − S−S+ |n〉

110 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

a

ξ

Abbildung 6.22: Spin-Fluktuationen reduzieren die Korrelationslange ξ in der parama-gnetischen Phase und das mittlere Moment M(T ) in der geordneten Phase.

=√

2S − a†a(

aa†)√

2S − a†a |n〉 − a†(

2S − a†a)

a |n〉= (2S − n)(n + 1) |n〉 − n (2S − (n− 1)) |n〉=

(

2Sn+ 2S − n2 − n− 2Sn+ n2 − n)

|n〉= 2(S − n) |n〉 ≡ 2Sz

i |n〉 . (6.91)

Analog lasst sich nachweisen, dass auch die anderen Vertauschungs-Relationen (6.90)durch die Holstein-Primakoff-Transformation erhalten bleiben, insbesonders ist immern ≤ 2S .

Fourier-TransformationDie Fourier-Transformation der neuen Bose-Operatoren,

a†i =1√N

k

eik·ria†k; ai =1√N

k

e−ik·riak , (6.92)

erfullen auch die Bose-Vertauschungs-Relationen[

ak, a†k′

]

= δkk′;[

a†k, a†k′

]

= [ak, ak′] = 0 , (6.93)

da die Fourier-Transformation unitar ist.

1/S-EntwicklungDie Wurzel-Ausdrucke in der Holstein-Primakoff-Darstellung (6.86) sind schwierig zuhandhaben. Wir betrachten daher den Fall grosser Spin S und entwickeln

S+i =

2S − ni ai ≃√

2S(

1 − ni

4S

)

ai (6.94)

=

2S

N

k

eik·riak −1√

8SN3

kpq

ei(p+q−k)·ria†kapaq

Diese Entwicklung ist fur ni ≪ 2S gultig, also bei tiefen Temperaturen, wenn die Anzahlder thermisch aktivierten Spin-Anregungen klein ist, oder wenn S sehr gross ist, also imklassischem Limes.

6.5. SPINWELLEN 111

k k′

k-qk′+q k k′

Abbildung 6.23: Der Term quartisch in den Bose-Operatoren, die nachste 1/S Korrekturzu (6.99), fuhrt zu einer Streuung zwischen den Spinwellen und einer endlichen Lebenszeit.

Mit (6.94) wird die Holstein-Primakoff Darstellung (6.86) zu

S+i ≃

2S

N

k

eik·riak (6.95)

S−i ≃

2S

N

k

e−ik·ria†k (6.96)

Szi = S − 1

N

kk′

ei(k−k′)·ria†kak′ , (6.97)

und der Heisenberg-Hamiltonian

H = J∑

Szi S

zi+δ +

1

2(S+

i S−i+δ + S−

i S+i+δ)

(6.98)

wird naherungsweise zu

H ≃ −N |J |ZS2 + 2|J |ZS∑

k

a†kak

− 2|J |ZS∑

k

(

1

Z

δ

eik·Rδ

)

a†kak + O(a4k)

= E0 + 2|J |ZS∑

k

(1 − γk) a†kak + O(a4

k) , (6.99)

mit γk = 1Z

δ eik·rδ . Physikalisch ist (6.99) eine Summe von harmonischen Oszillatoren

mit einer Restwechselwirkung O(a4k). Man spricht daher auch von Magnonen mit der

Dispersionrelation

hωk = 2|J |ZS(1 − γk)

6.5.3 Tief-Temperatur-Verhalten von Ferromagenten

Fur kleine Temperaturen sollte im Limes S → ∞ die Spinwellen-Naherung (6.99) domi-nieren. Wir berechnen die innere Energie

〈E〉 =∑

k

hωk

eβhωk − 1≈

k

2|J |ZSk2

eβ2|J |νSk2 − 1. (6.100)

112 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

M/M(0)

T

1 - T 3/2

Abbildung 6.24: Die fuhrende Reduktion des ferromagnetischen Momentes bei niedrigenTemperaturen wird mit der Spinwellen-Theorie korrekt zu ∼ T 3/2 berechnet.

Fur niedrige Temperaturen wird die innere Energie durch den Beitrag kleiner k dominiert,da hωk = 2|J |ZS(1 − γk) ≈ 2|J |Sk2 luckenlos ist, wegen

γk =2

Z

(

cos kx + cos ky + · · ·)

= 1 − k2

Z. (6.101)

Mit d3k ∼ k2dk und α = 2|J |S ist die innere Energie

〈E〉 ∼∫ ∞

0

k4dk

eβαk2 − 1. (6.102)

Zusammen mit der Variablentransformation

x = βαk2 k =

(

x

βα

) 1

2

dk =1

2

(

1

βα

) 1

2

x−1

2dx , (6.103)

erhalten wir die Tieftemperatur-Enwicklung

〈E〉 ∼ β−2β−1/2∫ ∞

0dx

x3/2

ex − 1∼ T 5/2, CV ∼ T 3/2 , (6.104)

wobei wir Cv = ∂E/∂T verwendet haben. Das gefundene Potenzgesetz ∼ T 3/2 der spezi-fische Warme cV ist im Einklang mit dem Experiment.

Tieftemperatur-Verhalten der MagnetisierungJede einzelne Spinwelle entspricht einem Spin-Flip, die Anzahl thermisch aktivierter Mag-nonen ist damit aquivalent zur Reduktion

M(0) −M(T ) =

⟨∑

k

nk

gµB

V(6.105)

des ferromagnetischen Momentes. Eine zur Berechnung der inneren Energie analoge Rech-nung ergibt

M(T ) −M(0) ∼ −∫

k2dk

eβαk2 − 1∼ T

3

2 , (6.106)

also eine wesentlich starkere Abnahme des geordneten Momentes als nach der Vorhersage1 − 2e

2TcT der Molekularfeld-Theorie, im Einklang mit dem Experiment.

6.5. SPINWELLEN 113

hoch-Untergitter

runter-Untergitter

Abbildung 6.25: Darstellung einer antiferromagnetischen Anordnung von Spins durch zweisich gegenseitig durchdringender Untergitter.

6.5.4 Antiferromagnetische Spinwellen

Im Gegensatz zum Ferromagneten ist der Grundzustand des antiferromagnetischen Heisenberg-Zustandes nicht explizit bekannt (Ausnahme: Eine Dimension, Bethe-Ansatz-Losung).Wir mussen also zunachst mit Hilfe der Spinwellen-Theorie einen genaherten Grundzu-stand berechnen.Wir unterteilen das Gitter in ein “hoch”- und ein “runter”-Untergitter und fuhren aufjedem Untergitter separat eine Holstein-Primakoff-Transformation durch:

“hoch”-Untergitter “runter”-Untergitter

Szi = S − ni Sz

i = −S + ni (6.107)

S+i =

(

S−i

)+=

√2S fi(S) ai S+

i =(

S−i

)+=

√2S a†i fi(S) ,

mit der Abkurzung

fi(S) =

1 − ni

2S; ni = a†iai . (6.108)

Die Transformation (6.107) ist innerhalb des erlaubten Bereichs

0 ≤ ni ≤ 2S ⇐⇒ −S ≤ Sz ≤ S . (6.109)

kanonisch (exakt).

Spinwellen-NaherungDer Heisenberg-Hamiltonian

H = J∑

Szi S

zi+δ +

1

2

(

S+i S

−i+δ + S−

i S+i+δ

)

, (6.110)

mit J > 0, wird mittels (6.107) zu

H = −JS2NZ − J∑

a†iaia†i+δai+δ (6.111)

+ JS∑

a†iai + a†i+δai+δ + fi(S)aifi+δ(S)ai+δ + a†ifi(S)a†i+δfi(S)

.

114 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

Mit der 1/S-Entwicklung

fi(S) =

1 − ni

2S= 1 − ni

4S− n2

i

32S2− · · · (6.112)

erhalten wird bis auf O(a2)

H ≃ −JS2NZ + JS∑

a†iai + a†i+δai+δ + aiai+δ + a†ia†i+δ

(6.113)

Bogoliubov-Transformation(6.113) ist quadratisch in den Bose-Operatoren und kann daher im Fourier-Raum

ai =1√N

k

e−ik·riak (6.114)

mit Hilfe der Bogoliubov-Transformation

ak = αk cosh uk − α†−k sinh uk

a†k = α†k cosh uk − α−k sinh uk

(6.115)

diagonalisiert werden. Diese Transformation ist unitar, die αk also Bose-Operatoren mit

1 = [ak, a†k′] = [αkCk − α†

−kSk, α†k′Ck′ − α−k′Sk′]

=

C2k [αk, α

†k] + S2

k [α†−k, α−k]

δkk′ (6.116)

=

C2k − S2

k

δkk′ = δkk′

wobei wir mit Ck und Sk Abkurzungen fur cosh uk und sinh uk benutzt haben.Die Parameter uk sind im Prinzip noch zu bestimmen, im Vorausgriff auf das Ergebnissetzen wir

tanh 2uk = γk; γk =1

Z

δ

eik· Rδ . (6.117)

Setzen wir (6.115) in (6.113) ein, dann fallen wegen (6.117) die nicht-diagonalen Termeweg und man erhalt

H = −JNZS(S + 1) +∑

k

hωk

(

α†kαk +

1

2

)

+ O(a4) , (6.118)

mit der Dispersionsrelation hωk = 2JSZ√

1 − γ2k .

6.5. SPINWELLEN 115

E = JNZSN2

−1 −0.5 0 0.5 1k/π

ω(F)(k)

ω(AF)(k)

Abbildung 6.26:Links: Der Neel ist nicht der Grundzustand des antiferromagnetischen Heisenberg-Modells, aufgrund der Nullpunkt-Fluktuationen.Rechts: Vergleich der Magnonen-Dispersionsrelationen fur Ferro- und Antiferromagnete.

HerleitungEin typischer Term von (6.113), proportional zu ∼ JSZ, ist im Fourier-Raum, mit Ck =C−k und Sk = S−k,

a†kak + a†−ka−k + γk

(

aka−k + a†−ka†k

)

=

=(

α†kCk − α−kSk

) (

αkCk − α†−kSk

)

+(

α†−kCk − αkSk

) (

α−kCk − α†kSk

)

+ γk

(

αkCk − α†−kSk

) (

α−kCk − α†kSk

)

+ γk

(

α†−kCk − αkSk

) (

α†kCk − α−kSk

)

=(

α†kαk + α†

−kα−k

) (

C2k + S2

k − 2γkSkCk

)

+ 2(

S2k − γkSkCk

)

+(

α†kα

†−k + α−kαk

) (

−2CkSk + γk(C2k + S2

k))

=(

α†kαk + α†

−kα−k + 1) (

C2k + S2

k − 2γkSkCk

)

−[

C2k − S2

k

]

︸ ︷︷ ︸

≡ 1

,

denn wegen cosh(2x) = cosh2(x)+sinh2(x) und sinh(2x) = 2 cosh(x) sinh(x) ist zusammenmit (6.117) (−2CkSk + γk(C

2k + S2

k)) = 0. Fur die Dispersionsrelation finden wir

(

C2k + S2

k − 2γkSkCk

)

= cosh(2uk) − γk sinh(2uk)

=1

1 − tanh2(2uk)− γk

tanh(2uk)√

1 − tanh2(2uk)=

1 − γ2k ,

q.e.d.

Spinwellen-GeschwindigkeitNach (6.101) ist γ2

k ≈ 1 − 2k2/Z und somit

hωk ≈(

23/2JS√Z)

k ≡ C k ,

mit der Spinwellen-Geschwindigkeit C = 23/2JS√Z.

116 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

Ef

θn E i

thermale,Spin-polarisierteNeutronen

dθdΩdω

∝ S(k, ω) ∝ I F(-i⟨[a(t),a (0)]⟩)†n∼

2θ ∝ k = k − ki j

h ω = E − Ei f

Probe

Abbildung 6.27: Polarisierte Neutronen sind sehr gut geeignet, um das magnetische An-regungsspektrum auszumessen.

Wegen der linearen Dispersionsrelation haben antiferromagnetische Magnonen auch dasgleiche Potenzverhalten in der spezifischen Warme wie die Phononen:

CV =∂ 〈E〉∂T

∼ T 3 , (6.119)

wie man leicht nachrechnen kann, analog zu (6.104).

Der Grundzustand in Spinwellen-NaherungIm Grundzustand |0〉 gibt es keine Magnonen (αk|0〉 = 0, ∀k) da ωk ≥ 0. Die Grundzu-standsenergie ist damit

E0 = −JNZS(S + 1) + JSZ∑

k

1 − γ2k . (6.120)

Ein Wegfall der Terme ∼ S+i S

−j im Hamiltonian wurde γk → 0 entsprechen, die Grund-

zustandsenergie E0 = −JNZS2 (J > 0) ware dann die des Neel-Zustandes.

Reduktion des magnetischen MomentesWie beim Ferromageneten ist der Erwartungswert

M(0) −M =1

V

k

〈0|a†kak|0〉 =1

V

k

〈0|(

α†kCk − α−kSk

) (

αkCk − α†−kSk

)

|0〉

=1

V

k

S2k =

1

2V

k

(

C2k + S2

k + S2k − C2

k

)

=1

V

k

1√

1 − tanh2(2uk)− 1

=

1

V

k

1√

1 − γ2k

− 1

gleich der Reduktion des magnetischen Momentes bei T = 0 im geordneten Zustand,relativ zum Neel-Zustand.

Mermin-Wagner-TheoremWir betrachten nun das letzte Integral fur d-Dimensionen, d = 1, 2, 3. Mit

γ2k ≈ 1 − 2k2/Z,

1 − γ2k ∼ k

6.5. SPINWELLEN 117

γk

ωk

ω

S(k,ω)

Hintergrundabgezogen

magnon

n↑

n↓

⟨ω ⟩k

Abbildung 6.28: Sketch des magnetischen Strukturfaktors wie er mittels eines Neutronen-Streuexperiments gemessen werden kann.

erhalten wir

M(0) −M ∼∫kd−1dk

k.

Dieses Integral divergiert in einer Dimension, d = 1. Die Spinwellentheorie sagt also vor-her, dass Quanten-Fluktuationen den antiferromagnetisch geordnenten Zustand in einerDimension zerstort. Diese Vorhersage ist richtig. Dehnt man diese Uberlegungen auch aufT > 0 aus, so findet man, dass fur alle T > 0 der antiferromagnetische Zustand in d = 2zerstort wird (Mermin-Wagner-Theorem).

Neutronen-StreuungDie beste experimentelle Methode, um magnetische Anregungen auszumessen ist die in-elastische Neutronenstreuung. Wenn ein Spin-polarisierter Strahl verwendet wird, dannkonnen direkt die magnetische Anregungen von etwaigen Phononen etc. getrennt werden.

Spinwellen-LebenszeitIm allgemeinen wird der dynamische Strukturfaktor S(k, ω), welcher mit der Neutronen-streuung gemessen wird, eine endliche Breite Γ haben, zum Einen wegen der endlichenexperimentellen Auflosung, zum anderen wegen der endlichen Lebenszeit δt der Magno-nen:

γkδt ∼ h; δt ∼ 1

γk. (6.121)

In der quadratischen Approximation (6.113) ist jedoch die Lebensdauer einer Mode hωk

unendlich groß. Die hoheren Terme in H , von O(a4) und hoher, fuhren jedoch zu Streu-prozessen zwischen den Magnonen und einer endlichen Lebensdauer.

118 KAPITEL 6. MAGNETISMUS

a a a a ⇒i i i+δ i+δ† †

Abbildung 6.29: Ein vier-Magnonen-Vertex.