Karl Korsch: Jus belli ac pacis im Arbeitsrecht/J. Seifert: Anmerkung zu Korschs Rechtstheorie

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  • 8/3/2019 Karl Korsch: Jus belli ac pacis im Arbeitsrecht/J. Seifert: Anmerkung zu Korschs Rechtstheorie

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    Rechts, die das altere und neuerc Naturrechr bereits besessen harten, gerieren indieser Verfallspcriode der biirgerlichcn Rechtswissenschaft in vollige Vergessen-heir. Sie wurden von dcrn modernen jurisrischen Hisrorisrnus und Positivism usversdndnislos und bcdenkenlos wcggeworfen. Zu den grolhen Verlusren, die aufdiese Weise enrstandcn sind, gehort der Verlust der Einsicht des Crorius, daBa ll es R e ch t, seinem wahren Begriff nach betrachrer, ein Recht des K rieges und desFriedens ist, Diese Einsicht des Crotius, die wahrcnd der ganzen narurrechtlichenEpoche in der einen oder anderen Form fesrgehalren worden ist, bedeutet etwasganz anderes als die moderne Einreilung des sogenannten Volkerrechrs in zweiTeile, das Kriegsrcchr und das Friedcnsrcchr. Krieg und Frieden bilden nachGrorius ein gesellschaftlichcs Ganzes, das als solches Gauzes auch vern Redus-gelehrten begriffen und weiter enrwickelt werden muB. Die Epigonen zerteiltenund zerstorren dieses Iebendige Ganze des Rechts. Sie losten das -Rechr desKrieges ais einen besoridcren, iibrigens niche einmal ganz legirirnen, in sei-nern Rechtscharak ter nicht ganz unanfechtbaren, Teil des Rechtssysterns von demlebendigen Cesamtkorpcr ab und serzten es selbstandig fur sich. So wurde derKrieg fur sie ein Gebler, fur welches das sonst so genannte Recht, das nor-male, ganz und gar positive Recht des Friedens, keine Geltung mehr harte undan seine Stelle ein besonderes, niche mehr ganz normales und nur noch sehr not-diirftig positives Kriegsrecht trat, welches iiberdies, wie die modern en Kriegezeigren, die wirklichen Zwecke dcr kriegfuhrenden Menschen groBtenteils mehrstone und behinderre als wahrhaft forderte, wahrerid doch das eigentliche, nor-male, fur die Friedensverhalrnisse geltende Recht den friedlichen Handels-verkehr und aIle sonstigen Geschafte des Friedens tragt und fordert.Zwei ungeheure Erscheinungen der gegenwarrigen Weltgeschichte sind geeignet,den falschen Schleier zu zerreifien, den diese absrrakte und oberflachlicae Rechts-auffassung der mcdernen biirgerlichen Juristen iiber das wahre Wesen des Rechtsausgebreicet hat. Die eine dieser Erscheinungen wird gebildet durch die furcht-bare Tatsache des Wcltkrieges 1914-1918 und seine bis in die Gegenwart undZukunft fortwirkenden Folgcn. Die andere bestehr in den seit Beginn des Jahr-huriderts an Breite, Tiefe und Scharfe standig zunehmenden wirtschaftlichenKampfen zwischen den sogenannten Arbeitgebern und Arbeimehmern.Der groBe Weltkrieg hat jedem, der Augen hat zu sehen und Ohren zu horen,deutlich und offenbar gezeigr, daB in der modernen biirgerlichen Gesellschaft derKrieg, als aktuelles oder porentielles Moment, allgegenwartig ist, und das dieserallgegenwarrige Krieg in der modernen biirgerlichen Gesellschaft, im grofsenbetrachter, die Geschafle der Burger dieser Gesellschaft auch durchaus nicht scdrtund behindert, sondern vielrnehr als die unerla{sliche Vorbedingung, als derrnachcigsre Hebel und Ferderer aller wirklich lohnenden Geschafte innerhalbdieser Gesellschaft zu gelten hat. So ergibt sich fur eine Rechtswissenschaft, diedas Leben begreift, der SchluB, das auch noch heure, im vollen Lichte unsererkultivierren und humanisierten modernen biirgerlichen Gesellschaft das Rechtdieser Gesellschaft, das heiBt das gesamte private und offentliche biirgerlicbeRecht nur als Recht des Krieges und des Friedens begriffen werden kann, ganzebenso, wie es von Hugo Grotius und seinen revolutionaren biirgerlichen Zeit-genossen vot: 400 Jahren und von ihren Nachfolgern, den groilen Naturredits-lehrern bis zu Kant, Fichte und Hegel begriffen worden ist. Wir haben auch inden letzren Jahren sehen konnen, daB ein Teil der jiingeren Generation derjurisren ein gewisses Bewuiltsein davon erlangt hat, da!) eine Jurisprudenz, diealles Recht, von einem bestirnmren abgesonderten Teil des Volkerrechts abge-sehen, wesentlich als -Friedensordnung begreifen will, fur die gegenwarrigen

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    144 Bcdiirfnisse niche mehr ausrcidit. Weit enrferne sind abcr auch noch diese, inden lcrzren jahren an ihrem friihcrcn Gbuben und Denken irregewordenenburger lichen Juristen von eincrn wirklichen Bcgreifen der Tatsache, da~ allemund jed em rcchrlichcn Geschehen innerhalb der heurigcn bUrgerlichen Gesell-schaf], dem privatestcn Rechrsverkehr ganz ebenso wie den imperialisrisdienWelthandeln, ein kriegerischcs Moment innewohnt, und noch weniger verrnogensie zu begreifcn und cinzusehen, worin dcnn dieses allern rechrlichen Gescheheneinverleibce kriegerische Moment konkrct und wirklich besrehr. Dicse Unfahig-keir, ctwas wirklich Vorharidcncs zu sehen und zu begreifen, hat ihre letz te Ur-sache darin, da~ die bilrgerliche Rcchtswisscnschafl verrnoge ihres bcsoridcrcngeschichrlichcn und gesellschaftlichen Charakters gewisse Wirklichkciten und\Virklichkeirszusammenhange nicht sehen und begreifcn darf und karin, durchdercn l3egreifen und Erkcnncn sie aufhoren wiirde, das zu sein, was sic allenihren Bekennrnissen zu dem Geist Freier voraussetzungsloscr wissenschaftlicherForschung zum Trotz, oder viclrnehr auch gerade mit diesen ihrcn Bekennmissen,in ihrer gesdiichclichen WirkIic.1keit tatsachlich ist, narnlich cine biir gerllcbeKlassemaissenscbojl, ein Teil der \Vissenschafi der biirgerlichen Klasse,Urn dies zu zeigen und zu beweisen, wenden wir uns sogleich zu demjenigen Ge-biers des Rechts, dem der Charakter cines K riegs- und Friedensrcchts am aller-unrnittelbarsten und deshalb auch am allersichtbarsren aufgepragt isr, dessenwirkliche Erscheinungen durch cine von dem Gedanken des Krieges abstrahie-rende Betrachrung am allerwenigsren begriffen werden konnen, und welchesmerkwiirdigerweise doch zugieich dasjenige Gebiet ist, fUr welches dieser Ge-sichtspunkt yon der gesarnten bUrgerlichen Rechtswissenschafl unserer Zeit undvon ihren gctreuen Trabantcn, der Rechrswissensdiafi des rnodernen sozialdemo-kratischen Reformismus a la Sinzheirner und Flatow, am allerscharfsren zuruck-gewiesen wird. Wir meinen das Reditsgebier, welches von dem beriihmten Ar-tikel 157 der Weimarer Verfassung und von der heurigen Rechtswissenschafl aisdas Arbeitsrechr bezeichner wird. Gerade an diesem Arbeitsrecht laBt sich derzwingendsre Beweis dafilr erbringen, daG die heutige bUrgerliche Rechrswissen-schaft ganz ebenso wie die heurige biirger liche Philosophie und die heurige biir-gerliche Okonomie den wirklichen Erscheinungen der gegenwarrigen Enrwick-lung nicht mehr unbefangen, kririsch und ohne unbewuiite Voraussetzungen, dasheiGt gcnauer gesprochen, niche mehr ohne Klassenvorurreile gegenUbersteht unddarum das wahre Wesen dieser Erscheinungen nicht mehr richrig und vo llstan-dig zu begreifen verrnag. Ganz ebenso wie auf dem Cebier der Philosophie undder Okonomie, so sind auch auf dem Gebiere der Rechrswissensdiaft die in ihrergesellschaftlichen Praxis gegcnrevolutionar gewordenen Gelehrren der burger-lichen Verfallsperiode auch in ihrer wissenschaftlichen T hcorle nicht mehr dazubehhigt, jene wahrhafl wissenschafelidien Merhcden der Erkennmis anzuwen-den und wciter zu enrwickeln, die ihre wissenschafllichen Vorfahren, die alrenund rieuen Narurrechtslehrer der bUrgerlichen Revolucionsperiode, in die Rechts-wissensdiafl eingefuhrr haben. Auch in der Rechrswissenschafi, wie in der Philo-sophie und Okonomie, erweist sich als die wirkliche Erbin der klassischen deut-schen Geistcsbewegung nichr die offizie!le bUrgerliche Wissenschaft die dem riick-sichtslosen kririschen Geisre der Klassiker verstandnislos gegeniiberstehr, sondernvielrnehr die deutsche und die internationale Arbeiterbewegung, die an die philo-sophischen und wissenschafllichen Traditionen der bUrgerlichen revolutionarenNarurrechrsepoche ankniipfi und aus dieser AnknUpfung heraus ihre neue pro-lerarisdie revolutionare Methode der Rechtserkenntnis und Rechtsgestaltungenrwickelt,

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    Das Arbeirsrechr ist das Recht des Friedens und des Krieges fur die beiden inder gegenwartigen biirgeriichen Gcsellschart mircinander karnpfenden gro~enKlassen, die herrschende Bourgeoisie und das sich gcgen diese Herrschafl ernpo-rende Proletariat. \ver an dieser Erkcnntnis vorbeizugehen, sie zu umgehen oderIU bestrciren versucht, vermag uberhaupt nicht zu erklaren, warum es denn not-wendig sci, das iibliche und langst eingebiirgerre System der Rechrwissenschaftgcrade an dieser Stelle so unlogisch IU durchbrechen, und die verschiedenartig-sren Bcstimrnungcn des biirgerlichen Privarredirs und des burger lichen offenc-lichen Redus, das Handels-, Gewerbe-, Verwaltungsredir, des marericllen undproz essualcn Redits aus ihrem nanir iichen sysrernarischen Zusammenhanghcrauszurcifien und zu einem besonderen Block, dem des sogenann-ten Arbcitsrechts zusarnmenzufiigen. Die langarmigen und gekiinstelren Be-griindungen, mit den en die biirgerlichen juristen dieses durch den Begriff undden Namen des Arbeirsrechts aufgegebene Problem zu losen versucht habenund noch versuchen, konnen nicht die Tatsachen hinwegraumen, da~ es keinemRechrsgelchrren jernals eingefallen ware, dem Arbeitsrechc eine begrifflicheSelbstandigkeir zu viridizieren, wenn nicht'die Realirat der proletarischen Klas-senkampfe, vor allem der grofsen wirrschafHichen Arbeirskarnpfe (Streiks undAussperrungen) in allen Landern, dazu immer und imrner wieder einen trifligenRealgrund dargeboten harte. Es laBt sich weiterhin sehr leicht zeigen, daB eingrofler, so gar der groBte und wesenclidisre Teil dessen, was man heute selbstals streng biirgerlicher Jurist unter dem sogenannren Arbeirsrecht verstehr,iiberhaupr gar kein biirgerliches Recht mehr ist und weder unrer das sogen. Pri-vatrecht noch unter das so gen. offendiche Recht der heurigen biirger lichen Ge-sellschaft ohne Zwang subsumiert werden kann. Manche haben es darum "So-zialrecht genannt, ohne tiber die Grtinde dieser rieuen Terminologie sich selbstund uns genugend klare Rechenschaft zu geben. Sie haben nur ein neues Wortgepragt, nach dern Goetheschen Spruch, daf eben wo Begriffe fehlen, da srelltein Wort zur rechten Zeit sich ein. DaB sie den zu dem Wort gehdrigen neuen Be-griff der neuen Sache tatsachlich nicht haben, beweisen sie dadurch, daB sie diesihr soziales Recht ganz ebenso frisch und rnunter als eine, mutatis mutandis gleich-artige, dritte Gruppe von biirgerlichen Rechrsnorrnen neben dem biirgeriichenPrivatrecht und dem biirgerlichen 6ffe~ltlichen Recht in das biirgerliche Redus-system hineinscellen wollen. Tatsadilidi aber handelt es sich bei dem sozialenArbeitsrecht in keinem Sinne mehr urn etwas, was dem normal en privaten oderoffentliG.~em Recht der biirgerlichen Gesellschaft wesensgleich ware. Die rneistenArbeirskarnpfe, denken Sie z. B. an einen groBen Streik, der ausgefiihrt wir d vonArbeirerri, die nach ihrem privaten Arbeitsverrrag auf jederzeitige frisdose Kiin-digung eingesrellr sind, ein solcher Arbeitskarnpf, der z. B. die gewaltsame Her-beifiihrung einer Arbeitsverkiirzung oder einer Lohnerhohung bezweckr, wirdiiberhaupt nicht gefiihrt urn irgendweIche, sei es private, sei es offentliche existie-rende Redire von Einzelpersonen (und das biirgeriiche Recht kennt doch nursolche Rechte von Einzelpersonen, natiirlichen und jurisrischen Personen!). Erwird vielmehr gefiihrr als eine so gen. Gesamtstreitigkeit, aIs ein kollekriverStreit urn Redire, die fur eine privatrechrlich unbestirnrnre und mit privarredir-lichen Mirreln nicht besrimrnbare Personenrnehrheit durch den erfolgreichenKampf des Streiks erst gesdiafien werden sollen. Er ahnelt also, schon rein au~er-Iich berrachrer, weir mehr einem Krieg zwischen selbscandigen Staaten, der ineinern FriedensschIuB endigt als einern biirgerlichen Streit von Privarpersonenoder auch von innerstaadichen Behorden urn besrimrnre, rechtlich geregelte Ver-haltnisse, Und wo steht es geschrieben, daB ein Krieg nur zwischen souvera-

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    ncn Staatcn rnoglich sei und niche auch zwischen ganz andersarcigen kollckrivcnGebilden? Auch hier, bei dcr Definicion des Krieges zwischen Sraarcn und Vol-kern, haben wir es durchaus nicht mit ciner nariir lichen und selbstversrandlichen,immer so gewesenen Begriffsbescimmung zu tun, sondern mit ciner eigcns furden Gebrauch der modernen, von der bUrgerlichen Klasse beherrschcen Gesell-schaft, geschaffenen wisscnschafllichen Begriffsbescimmung des Krieges.Hugo Crorius wuGte von dieser kiinsdichen Einschrankung noch nichrs, undmit iiberlegener Miene haben ihn die Epigonen des 19. Jahrhundercs darobgeradelr, daf er -mehrere Artcn des Krieges unterschieden hac, ncbcndem offcnrlichcn Krieg noch den privaren Krieg, und inncrhalb der ersrercnArt wieder verschiedene Arrcn, von denen nur eine die Krieg zwischenden Staaten ist, Der Krieg bezeichnec, nach des Grorius Definicion, den Zusraridvon Person en, die rnireinandcr gewaltsam karnpfen (Buch I.Kap. I). Und eben-so lehrt noch der gro13te Kriegsphilosoph, den die biirgerliche Klasse am Ausgangihrer revolutionaren Epoche hervorgebracht hat, der beruhrnre General Karlvon Clausewirz in seinen achr Biichern Yom Kriege, der Krieg sei, ein Kon-flikt grofler Interessen, der sich blurig lost, und nur darin sei er von den andern(Konflikten) verschieden ; und auch dieses Ierzrere Krirer ium, die Norwendig-keie der blutigen Losung, halt er nicht als unentbehrliches Merkrnal des Krie-ges fest, sondern Ei13t in der Folge auch solche -Kriege noch begrifflich zu, die"in blofler Bedrohung des Gegners und in einem Subsidium des Unterharidelnsbestehen (III, 138). Nidus srehr also im Wege, da13 wir diese nachtrjiglidieBegriffsverengung der Epigonen wieder aufheben, und auch die wirrschafl-lichen, sozialen und poliris chen Klassenkampfs der prclerarischen Kbsse gege!ldie okonornisdi, soz ial und polirisch herrs6.ende bourgeoise Klasse niche nurals -Karnpfe bezeichnen, sondern in ihnen die direkren Kriege erkennen,die sie ihrem Begriffe nach selbst in ihren urienrwickelrsren und unscheinbarsteaFormen bereits sind, und zu denen sie sich, wie wir gIeich noch sehen werden,lerzren Endes auch in ihrer wirklichen geschichtlichen Erscheinung entwickelnund sreigern,Mit dieser Einfiihrung des Kriegsbegriffes in die neue WiSSenSc.1aft des heurigenArbeirsrechr ist wissenschaftlich weir mehr gewonnen als blof ein neues WOrt.Wir gewinnen mit einem Schlage das geisrige Band, das die ganze, scheinbar sodisparate und heterogene, Masse der heutigen arbeirsreditiichen Normen zu ei-ner fesren Einheit zusammenschlie!k Aile unseren, Vorsrellungen iiber arbeits-rechtliche Verhalrnisse bekommen schon hierdurch einen sdiarferen Sinn, einefesrere Richtung und eine nahere Anwendung. Dariiber hinaus wird es uns durchdieses neue Prinzip mcglich, nicht nur das gegenwarrige Arbeirsrechr in allenseinen Erscheinungen, sondern auch seine geschichdiche Enrwicklung, in der Ver-gangenheic und ebenso auch in der Zukunft, in einer gro13en Gesamtvorstellungzu vereinigen, wie einst der groBe bUrgerliche Naturrechtslehrer Crorius in sei-nen drei Biidiern ..de jure belli et pacis und wie in noch vollkommener Weise200 Jahre sparer der letz te biir gerliche Philosoph Hegel seinem "GrundriG desN arurrechrs und der Staatswissenschaft (der sogenannten -Rechrsphilosophie)die Toralirac des Werdens und Seins der biirgerlichen Gesellschaft in einem gro-13en Gesamtbegriff eritwickelt hat.Das Arbeitsrecht trirt dem alren, positiven, erstarrren und von ihr selbst nurnoch als historisch und posiriv betrachteren Recht der zerfallenen biirgerlidienGesellschaft und des zerfallenden biirgerlichen Sraares schon innerhalb dieser Ge-sellschafl: und dieses Sraares selbst aIs das neue prcletarische Recht der Arbeiter-klasse gegeniiber, ganz ebenso wie einst im klassischen Narurrecht von Grotius

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    bis Hegel dcrn positiv ersrarrren Rechre der verfallenden feudal en Gesellschaftdas neue burgcr lidie Recht des drittcn Standes gegenuber getreren ist, das sparerdurch sicgrcidie rcvolutionare Gewalt an die Stelle des zcrbrochenen mitrclal-terlichcn Rechts gcsetzt werden so llte, Wenn also im Mittelpunkt aller unsere rsozialen und sogar auch unserer pclitischen, innerpolirisdien und au~enpoliti-schen Kampfe hcute tarsachlich der Kampf um die Arbeitsbedingungen der furihre Ernanz iparion karnpfenden proierarischen Lohnarbeiterklasse besteht, somu~ unvermeidlich auch die Theorie des modernen Arbeirsredirs in die Qual die-ses Kampfes mit hineingezogen werden. In dem praktischen und theorerisdienKampf urn die Schaffung und Weiterentwicklung des Arbcirsrechts karnpfr dieproletarische Klasse urn die Etablierung ibres Narurrechts, und dicses Arbeits-redir entfalrer deshalb scinen vollen Sinn audi erst fUr denjenigen, der es nichtals ein fertiges Norrnensysrem ansieht, das von einer uber den karnpfendenParreien stehenden Macht iiber sie gcsetzt ware, sondern es vielrnehr narurrecht-lich begrcift als ein mitten im Prozef seines Werdens befindliches, fortwahrendsich anderndes und entwidcelndes Recht des Krieges und Friedens fur die ein-ander in der heurigen biirgerlichen Gesellschaft gegensarzlidi gegeniiberstehen-den Klassen. Ein Recht des Kriegs und des Friedens fur die einander in der biir-gerlichen Gesellschaft gegeniibersrehenden Klassen! Dieser Satz rnuf in seinernvollstandigen Sinn begriffen werden. Dazu gehorr vor allem, daB man mit denklassisdien Narurrechtslehrern, mit Grotius, Hegel und Clausewitz und mit denpolirischen Okonomen der proletarisdien Klasse, mit Marx und Lenin, das wirk-liche Wesen des Krieges und dessen wahres Verhaltnis zum Frieden begreift.Fast ebenso falsch wie die Abstraktion, welche das moderne Arbeitsrechc we-sendich als Friedensnorm ansiehr, fast ebenso fehlerhaft ware auch nom die an-dere Abstraktion, welche zwischen Krieg und Frieden einen uniiberbruckbarenAbgrund aufreiih und dadurch zu der Annahme gelangt, daB zwischen dernjeni-gen Arbeirsrechr, welches die Arbeirsverhaltnisse im Zustand des wirtschafllichenFriedens beherrscht und dem Rechte der Arbeirskarnpfe ein grundsatz licaer Ge-gensatz bestande. 'Krieg und Frieden bilden ein Ganzes des gesellsch.afllichen Le-bens, so lehren uns Grotius, Kant, Fichre, Hegel und Clausewitz, Der Krieg srehtdem Frieden niche als etwas ganz und gar von ihm Verschiedenes, ihm absolutGegensatzliches gegeniiber. Sondern im Krieg ist noch der Frieden enthalren,wie im Frieden schon der Krieg enrhalten war und umgekehrt: im Krieg istschon der Friede, wie im Frieden, z. B. irn Versailler Frieden, noch der Krieg ent-halren ist. Man rnuf sich, wie Clausewitz sagt, von der gewohnlichen Vorstel-lung vollig loslosen, welche rneint, daB der Krieg zwar durch den politischenVerkehr der Staaten hervorgerufen wiirde, daB aber nun mit dem Einrritr desKriegszustandes jener Verkehr aufhore und ein ganz anderer Zustand eintrete,welcher nUT seinen eigenen Gesetzen unterurorjen sei. Der Krieg ist vielrnehr,nach dem bekannresten Ausspruch von Clausewitz, nidits als die fortgeserzreStaatspolitik mit andern Mitreln. Und ebenso ist auch der Arbeitskampf derstreikenden Proierarier weiter nichts als die Fortsetzung der Bewegung, die siezuvor mit anderen Mitteln fur die gleichen wimchafllichen und politisdien Zielegefiihrt haben und die sie fur die gleichen, fur gesceigerre oder auch fur herab-gesetzre Ziele, auch nach der Streikbeendigung, nach der Wiederherstellung dessogenannten ,.Wirrschaftsfriedens, mit friedlichen und kriegerischen Mittelnweirerfiihren werden, bis sie ihr wirkliches Klassenziel erreicht haben, bis dieArbeirerklasse gleich ihrem Vorganger, dem dritten Stand" der biirgerlidienRevolution, aus dem g es el ls dJ aj liid Je n N ic hts das gese ll schaj ll iche A l le s gewordenisr, Bis dahin bleibt das Arbeitsredit ein Recht des Krieges und des Friedens der

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    im unversohnlidicrn, auf die Dauer unausgleichbarem Gegensatz sich gegeniibcr-srehendcn Klassen der bi.irgerlichen Gesellschaft.Es gibe in der allgcrneincn philosophischen Begriffswelt der Philosophie des deut-sdien Idealismus, besonders bei dem Philoscphen Fichre, und ebenso auch in derspeziellen Kriegsphilosophie des Fichteaners Clausewitz einen flir den heurigenLeser zunachst etwas seltsamcn Begriff: den Begriff des absoluren oder heiligenKrieges, an dessen Wesen zwar audi jedcr gewohnlidie Krieg der wirklichen Ge-schichre in geringerem oder groGerem MaGe teilhat, der aber voll entwickelt erstin der darnaligen Gegenwart in die Erscheinung getreten sein solI: in den Krie-gen der q franzosisdien Revolurionsarrrieen, in den Schlachten des gro Sen Na-poleon, der von den deueschen Philosophen als der Kriegsgort selber bez eich-net wird, und vielleicht auch noch in den durch diese napoleonischen Kriege aus-gelosten und an ihrem Muster entwickelten Gegenkriegen, z. B. dem deutschenBefreiungskrieg 1813. Dieser -absolute ist vor den gewohnlidien Kriegen aus-gczeichnet vor a1lem dadurch, daG sein Zweck niche in der Erringung eines blo-Gen Vorteils iiber den Gegner besteht, sondern in seiner uolligen N iederurerj ung;sei es, daG man ihn po Iitisch vernichten oder blof wehrlos machen und also zujedem beliebigen Frieden zwingen will, Ob ein solcher absoluter Krieg geflihrtwird, das hangt nicht allein von dem Willen der Kriegsflihrenden ab sondernhauptsachlich von den Energien derjenigen Politile, die in einern sol chen Kriegeihre Ziele verfolgt und die ihrerseirs wiederum nicht die Sache des freien Wil-Iensencschlusses yon einzelnen Staatsrniinnern ist sondern ihre eigentlichen Wur-zeln in der gesarnten und besonders der uiirtsdiajilichen Entwiddung der be-treffenden Gesellschafi hat.Auf den Krieg der Sraaten bezogen scheint dieser Fichre-Clausewirzsche Be-griff des -heiligen oder absoluren Krieges eine gewissc Myscik an sich zu ha-ben. Wir haben in den Tagen yon 1914 die schauderhafteste Karrikatur einessolchen ~heiligen Krieges erlebe und stehen dem ganzen Begriff des heiligenKrieges mit theor eriscaern und prakrischem Milhrauen gegenuber. Aber geradewenn wir diese Unters6eidung der gewohnlichen Kriege und des absolurenKrieges jetzr aucn auf unser Gebier, auf das Gebiet der Arbeitskarnpfe der prole-rarischen Klasse iiberrragen, verliert der Begriif des absoluten Krieges in dieserAnwendung jegliche Mystik, - und er vermag uns dann sogar auch noch ruck-wirkend jenes dunkle Ratsel rationell aufldsen, das die klassischen biirgerli-chen Philosophen in rnystischer Form mit ihrem Begriff eines iiber alle gewohn-lichen Kriege weit hinausragenden -heiligen Krieges zu los en versucht haben,\Vir haben schon vorhin beronr, daG wir das wirkliche Wesen eines nom sokleinen und unbedeurenden Lohnkarnpfes oder sonsrigen Arbeitskarnpfes erstdann voll begreifen, wenn wir diesen einzelnen Arbeirskarnpf nicht als isolier-res Phanornen flir sich betraditen sondern als einen blo Sen Teilvorgang in denungeheuren, letzren Endes auf die Eroberung der policischen Macht fiir die Ar-beirerklasse abzielenden Gesarntprozef der proletarischen Revolution. In all die-sen mannigfadien kleinen und groGen, vereinzelten und massenhaften, wirr-schaftlichen, sozialen, politisdien und militarischen Karnpfen und in den fried-Iichen Aktionen, welche zwischen diesen eigentlichen Karnpfen liegen, arbeitetund karnpfl sic:h also die Arbeiterklasse endlich heran zu jenem lerzten und ent-scheidenden Endkampfe, der urn die Eroberung der politischen Macht selber ge-flihrt wird. Dieser Kampf ist dann der absolure Krieg, den das Proletariat inseiner geschichrlichen Stun de zu flihren berufen ist, ein Krieg, der nicht mehr mitder Erringung eines Einzelvorreils iiber den Gegner sondern nur noch mit dervollsrandigen Niederwerfung des Gegeners sein politisches Zie! erreichen kann.

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    Diejenige Rolle aber, die dieser voilbewuf re Endkampf - -bluriger Tod odcrdas Nidus, so ist die Frage unerbittlidi gesrcllt! - fur das revolurionare Prole-tariat zu spielen hat, dieselbc Rolle habcn in Fruhercn jahrhuridertcn jcne Kriegegespielt, durch die ein Napoleon ~jenseits der franzosischen Grenzen uberall diefeudalen Gesraltungen wegfegte, soweit es norig war, urn der bUrgerlichen Ge-scllschaft in Frankreich eine entsprechende zeirgencssisdic Umgebung auf demeurcpaischen Kontinent zu verschaffcn, - und ebenso in hcherern und niedrige-rem Grade auch aile sogenanntcn ~Volkerkriege der bUrgerlichen revolutiona-ren Epodie, die auf die Konstituierung der burger lichen Nationalstaaren abziel-ten, sie war en objekti noturendige Teil jenes Endkarnpfes, durch den der dritreStand, die bUrgerliche Klasse, allenrhalbcn in Europa die ganze Macht iiber Staatund Gesellschaft fur sich erobert und die Welt nach seinern Bilde urngestalterhat. Aus dieser Quelle entsprang ihnen jene unerhorte Energie und RUcksichts-losigkeit der Kriegfuhrung, die den Schrecken und die staunende Begeisterungihrer Mitwelt so h:iufig erregt hat. Aber eines unrerscheider doch diese vergange-nen Machrkarnpfe der bUrgerlichen Klasse v.on dem gegenwarrigen und zukiinfli-gen Machtkarnpf der proletarischen Klasse, - das gleiche, was auch den Narur-rechtsbegriff der bUrgerlichen Klassiker von jener neuen naturrechrlichen Auf-fassung unrerscheidet, die heute das revolutionare Proletariat dem begriffslosenPosirivisrnus der bUrgerlichen Jurisprudenz entgegenstellt. Die Helden und Ak-teurs jener blurigen Karnpfe der bUrger lichen Heroenzeit kampften reils miteinem einfachen mystischen Glauben an die Heiligkeit ihrer Aufgabe, wie Crom-well, teils mit dem Bewufltsein, die ewigen Menschenrechre zu verwirklichen,wie Robespierre und St. Just. Sie wuGten wenig von der wirklichengeschicht-lichen Bedeutung der Karnpfe, die sie auszufiihren hatten. So wenig wie die klas-sischen Narurrechrslehrer davon wu{l,ten, da{l, die von ihnen theorerisdi erober-ten heiligen und ewigen Geburtsrechte der Menschheit nur den .Per Produkrions-weise einer besrimmten geschichdichen Epoche angepa Sten Rechtszustarid derbUrgerlichen Klassengesellschafl zum Ausdruck brachten. Das Proletariat ist dieerste Klasse, die mit einern vollstandigen und klaren Bewuiitsein ihre welrge-schichtliche Aufgabe zu erfiillen unrernimmt. Es will das Narurrecht seiner Klas-se, urn dessen Verwirklichung es seine heutigen Karnpfe fUhrt, nach seinem Siegenicht verewigen, sondern mit den Klassen und Klassengegensatzen zugleich auchdas Recht der Arbeirerklasse aufhebcn. In der proletarischen Revolution des I9.und 20. JahrhundertS ist die Revolution endlich bei ihrern eigenen Inhalt ange-kommen.

    Anmerkung zu Korschs RechtstheorieKarl Korsch ist ein Jurist, dessen Beitrag zur Reditsrheorie von der Rechtswis-senschaft bisher nicht zur Kenntnis genommen worden ist. Durch die Publikarionder bisher unveroffenrlichren Antrittsvorlesung, die Karl Korsch am 9. MaiI9231 als ordentlicher Professor an der Universitat Jena hielt, will die Kritisdie[ustiz beitragen zur Rezeption der fur eine marerialisrische Rechtsrheorie wich-I In dcr von Hedda Kersch 196~ ersrelleen Bibliographie wird als Datum der Vorlesung der9. Mo.i 1924 genannt.

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    Epoche, wo in allen Sdiichrcn des gesellschafllichen Lebens sich zwei Klassenfeindlich gcgenuberstehcn, ohne d:d~ vorlaufig eine der anderen vollig Herr zuwerden, oder zu bleiben verrnag, karin auch irn Recht weder der alte, rein bur-gerliche Srandpunkr des Privarrcchrs unveriinderr aufrechrerhalren werden (derdas Arbeitsverhalrnis als eine auf freien Vertragen beruhende Privarangelegen-he it der Beteiiigten ansah), noch der neue rein prolerarische Sraridpunkt des So-zialrechts (der das A rb eir sv erh al tn is als ein lediglich auf die gesellschafilicheZusammenarbeit gegriindetes Cemeinschafisverhalmis ansieht). Vielmehr liegensich diese beiden Rechtsauffassungen forrwahrend in den Haaren, - wie in denHomerischen Gedichren an den irdischen K arnpfen der Griechen und Trojanerurn Ilions srolze Fesre auch die olympischen Gorter in ihrer Weise herzhaftenAnteil nehmcn.e- Korsch hat verhindern wollen, daG solche Satze erneut einejuristische Weltanschauung begriinden. So sdireibr er zurn Betriebsracegeserz r-Die grolhe Gefahr, die das Betriebsraregesetz der Arbeiterklasse gebracht hat,ist die, daG auch die gesetzlichen Berriebsrare sich mit -arbeirsgemeinschafllidiem-Geiste erfiillen und sich selbst als Glieder einer auf Verbruderung von Kapitalund Arbeir beruhenden sogenannten .Gerneinwirtschaft. zu betrachten anfan-fangen.! Nom deutlicher wird seine Auffassung durch die Festsrellung: Auchfur theoretische Satze der sozialistischen Rechrslehre gilt der Satz des Kommuni-stischen Manifestes, wonadi die -rheorerischen Satze der Kommunisten- keine aussich selbsr heraus gultigen ewigen Wahrheiten sein wollen, sondern nur als .all-gemeine Ausdriicke ratsachlicher Verhaltnisse eines existier enden Klassenkarnp-fes. zu berrachten sind.? Diese Auffassung entspricht der im Marxismus undPbilosopbies dargelegten Auffassung: So wenig durch die okonornische Aktionder revolurioriaren Klasse die politische Aktion iiberfliissig gemacht wird, so we-n ig wird auch durch die okonomische und po li ri sc he Ak ti on zusammen die gei-scige Aktion iiberflussig gemacht [ ... ] 9 Fur den Kampf urn Rechrsposirionengilt, was Korsch iiber die philosophische Aktion sagte: -Der philosophischeKampf der Ideen ist vern proletarischen Standpunkt aus niche die Basis sondernnur eine vergangliche Form des revolutionaren Klassenkampfes, der die ge-schichtliche Entwicklung unserer Zeit bestimmr.e-?Fur Kersch vermag nur Dialektik diese Anerkennung der juristischen Akrionmit ihrer Aufhebung in der polirisch gefiihrren sozialen Revolution zusarnmen-zubringen. In diese Richrung weisen einzelne Passagen der Vorlesung "Jus belliac pacis irn Arbeirsrecht ebenso wie die SchluGsatze d~s Arbeitsrecbts fu r Be-triebsrdte (die in der Neuveroffenrlichung I963 nicht mit abgedruckt wordensind):. C . . . ) bier wie in allen wirklichen Konilikten, die aufgrund des Betriebsrdte-gesetzes entsteben, (helfen) die gesetzlicben Mittel des slatenten Klassenleam pj esnicht mebr, und im ,Streikt bricbt der offene Klassenkrieg aus, So lautet auchhier, in einer rechdichen Untersuchung, das lerzre WOrt der sozialen Wissen-smaft, daG bei ciner Ordnung der Dinge, wo es noch Klassen und Klassengegen-sarze gibe, auch die kleinscen unci unscheinbarsren Teilaufgaben der unrerdruck-

    5Ebd. S. 115; Ausgabe 1968, S. 149 f.a Ebd., S. 184.7 Ebd., S. II 5; Ausgabe 1968, S. 149.8 Karl Korsch, MarxISm us und Pbiloso pbie, [zuerst 1913J, Neudruck der 1. Auflage, hrsgg. vonEri6 Gerlach, Frankfurt am Main/Wien, 1966. Ebd., S.'H.10Karl Kersch, -Lenins Philcsophie, in: Lioing Marxism, November 1938, S. 135-144; deutsch:-Zur Philo sophie Lenins, in: Anton Pannekcek, Lenin als Philosoph, Frankfurt am Main/Wien, 1969, S. '30.

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    152 ten und zu ihrer Befr eiung aufstcigendcn Klasse eridgiilrig und bis auf denGrund irnmer nur auf reuolution.ircm \V cg e gclost worden konnen, Denn der.Streile. der Arbeiter in der ka p u listiscben Gcsellscbafl ist nicht nur die Vor-iibung zu einer irgendwann einrnal zu vollbr ingcnden Umwalzung dieser Ge-scllscliat], Er ist vielmehr, wenn audi in seiner Wirkung nom raurnlich und zeit-lim beschrankr, innerhalb diescr Cesellschafl schon die formlichc Aufhebung dcrGrundlagen dieser Gesellschaft. Das heiBt: er ist selbsc schon ein Teil der sozia-len Revolution. ,,11Karl Korsch hat diesen von ihm am Anfang der zwanziger Jahre enrwickelrenAnsatz , die Einr c il ung a rbe it sr cch rl ich cr Normen in biirgerlichrechtliche und so-zialrechtliche und die Notwendigkeit diesen ganzen Unrerschied lerzren Endcsaufzuheben,I ! sparer weder konkrerisiert noch weirerentwickelt. Die Voraus-setzung fur eine ",Revolucionierung( des herrschcnden burgerlichen Arbeirsrechrs,soweir eine solche Revolurionierung mit theoretischen Mitteln uberhaupt moglichist13, waren fur Korsch schon kurz e Zeit sparer - das zeigt die Schrifl: von KarlKersch, Urn die Tariffahigkeit. fine Untersuchung iiber die heutigen Entzaicle-lungstendenzen der Ge-werkschaf isbewegung, Berlin 1928 - entfallen. Korsch hatden am Anfang der zwanziger Jahre enrwickelten Ansatz nicht preisgegeben -sonst harte er im Jahre 1930 in seinem Beitrag zu Renner und Paiukanis nichtden Aufsatz JuristensozialismusIS aus der Neuen Zeit, 1837, als das "Testa-ment von Friedrich Engels fur die Beuneilung eines sozialisrischen Rechtspro-gramrns und also auch einer soz ialisrischen Rechtsrheorie nennen konnen.15Doch diese Schriit weist keine Perspektive, sie zeigr keinen konkreten Ansarz,Rec hr sp os iri on en d ia le kti sc h aufzuheben, sic bleibr eine Abwehrschrifl: gegen dieWiederanerkennung und Wiederherstellung der Rechtsideologie und der darinverkleideren Wirklic.~keitYFur eine marerialisrische Verfassungstheorie sind auch die Analysen von Bedeu-tung, die Korsch vorlegr in Auseinandersetzung einerseits mit einem verselbsran-digren und zum Veriassungsmodell en rwickel ten Ratesystern und andcrerseirsmit der Doppelfunktion des Staates, der zum einen als enrsdiiedenes Instrumentder sozialen Revolution dienen zum anderen auch als Mittel der Konterrevolu-tion gehandhabt werden karin. Korsch fragt gegen Ende der leer Jahre:"Wie sind Marx unci Engels, die gliihenden Bewunderer des vern Konvent dergroflen franzosischen Revolution verwirklichten zentralistischen Systems der re-volurionaren Diktarur dazu gekommen, als politis me Form der revolutio-naren Diktatur des Proletariats gerade die jenern System scaeinbar erit-gegengesetz:e -Kommune- anzusehen?lS Kersch zeigt bei der Entfalrung dieserFragesteilung niche nur exernplarisch, was Anwendung des Marxisrnus auf denMarxismus und was historische Spezifizierung hei~t, er stellt damit zugleichauch die Voraussetzung derjenigen in Frage, die glauben, daB es irgendwelche-komrnunale. oder >ratemai3ige< Verfassungsforrnen gabe, durch deren Einiuh-rung der yon der revolutionaren prolerarischen Parrei regierte Staat den jedemStaat anhafrende Charakter eines Instruments der Klassenunterdriickung am En-

    11Karl Kors6, Arbeitsre6t iiir Betrrebsrate, 192:, S. '90.I: Ebd., S. "7, Ausgabe 1905, S. '50.13 Ebd., Ausgabe 1905, S. '51.14 Die Schrin ise als Naeadruck

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    de g:inlolich abstrcifcn kOnnte.19 Zur gleichen Zeit stclir Korsch die Frage, ob der.Sta::tt ~>nur die organisicrre und zentralisierte Gewalt der Gesellschafb (ist),die ebenso gut von dem revolurionarcn Proletariat gegen das Kapiral, wie vonder Bourgeoisie gegen das Proletariat gehandhabc werden kann.,,:o Korsch hatspater immer wieder die in ein Bild gepretlre Anrworr wiederholr, dal3 die pro-[ctar ische Revolutionstheorie "in jeder Beziehung, im Inhale unci in der Methodebehaflcr ist mit den Murtermalen des J akobinismus, der bUrgerlichen Revolu-rionsthcorie.x-t Das habe zu einer Uberberonung des St aates als des entschei-den den Instruments der sozialen Revolurion-= gefiihrt. Die Ausarbeitung des-sen, was das korikrer fUr die politische Praxis bcdeuter, hat Korsch nicht verge-legt. Es blcibt zu priifen, in welchem Urnfang diese These besrimmt wird durchdie Erfahrungen der spanischen Revolurion.P der Enrwicklung der UdSSR:~ unddes Faschisrischen Staats. In dies em Zusammenhang sind die im Jahre I932 indcr von Harro Schulze-Boysen herausgegebenen Zeicschrifl Der Gegner erschie-nenen Thescn lour Kririk des faschistischen Sraatsbegriffs zu beachten, in denenes hei~t:.1. I. Der faschisrische Staat ist ein mode~ner Staat. Er bedeutet keine RUck-kehr zu vorbiirgerlichen Staatsstrukruren. Der Korporativstaar hat nichts zutun mit dem .Srandesraar-. - Der Faschisrnus als Gegenreform. [ ... ] III. I.Diefasdiistische Umgesraltung bedeutet keine okonornische Revolution, keine radi-kale Sprengung alter Produktionsverhalmisse und Enrfessclung neuer Prcdukriv-kraf!:e. Hierin besrehe - auBer gegebenen Unterschieden der mareriellen Moglich-keiten unci der GroBenordnung - der Hauptunterschied zwischen Faschisrnusunci Boischewismus. 2. Der fasdiisrische Staat bedeutet die Vereinigung der oko-nomischen unci politischen Macht der Bourgeoisie gegen das Proletariat, alsoniche Dberwindung des Klassensraares, sondern Herstellung des Klassensraatesin der Form des Klassenstaares. 3. Die neue Form der Verbindung der okorio-mischen unci politisdien Klassenmacht der Bourgeoisie im faschistischen -toralenStaat, erforclert neue Forrnen der Verbinclung der okonornisdien und policischenAktion des Proletariats.e=

    [iirgen Seifert

    19 Ebd., S. IC7; vgl, in diesern Zusarnmenhang audi sRevclueionare Kornrnune e (zuerst in:Die Aktion, 1929J, ebd., S. 91 if.:0Karl Korsch, Das Problem Staatseinheit-Fdderalismus in der Franzosischen Revolucion,in: Archru f"r die Gescbidite d'S Sozialismus und J" Arbeuerbeuregung , Jg. 15, 1930, S. 140;Nachdruc:k in: Karl Korsch, Reuolutsondrer Klassrnkamp], Berlin (Kollekriv-Verlag, Roll-

    bergsrr. 67), 1971, S. 55.11Karl Korsch, -Thesen iiber Hegel und die Revolurion, in: Der Gegner, 1932, H. 3, S. II f.;Ncudruc:k: alt ernatrue, H. 41 (April 1965), S.67: ahnliche Forrnuiierungen finden wir in:Karl Korsch, Karl Marx, hrsgg. von Glitz Langkau, Frankfurt am Main, Wien, 1967 [zuersr;London 1938J, S. 104; ferner ; Karl Kersch, .State and Ccunrer-Revolueioo e, in: The modernQuarterly, Js - II, 1939, H. 1,S. 66.!% K...rl Korsch, '10 Thesen tiber Marxismus heute e [gesdirieben 1950J, in: alternatiue, H. 4I(April 1965), 89; als -besonders krir ische Punkte irn Marxismus e kririsiert Korsch u ..... das.bedingungslose Festhalten an den politischen Formen der burger l ichen Revolution .% 3 Vgl. dazu Korschs Beitrage tiber die spanische Revolution und die Kollekrivierung in Spanienin: SdJrijien zur Sozialisierung ; a. a. O. (Anm. 17).%( Vgl. dazu Karl Kersch, -Scace an Ccunrer-Revclucicn e, a. a. O. (Anm. 10), S. 65' - Hcw didit happen that the workers' state emerging from the 1917 revolution in Russia was slowlyand without any -Thcrrnidcrx or -Brumaire. transformed from an instrument of the prole-tarian Revolutron mro an instrument of the present-day European counter-revolution?t$ Ka r1 Korsch, - Thesen zur Kritik des Faschistischen Sraatsbegriffes , in: Der Gegner, 1932.H . . .,1 5, S . 10 f.

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