409
Katastrophen- medizin Leitfaden für die ärztliche Versorgung im Katastrophenfall 4. überarbeitete Auflage 2006

Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Kata

stro

phenm

ediz

in

Katastrophen-medizinLeitfaden für die ärztliche Versorgungim Katastrophenfall

4. überarbeitete Auflage 20062 0 0 6

ISBN-10: 3-939347-01-9ISBN-13: 978-3-939347-01-9

Kata_Umschlag_2006 22.05.2006 15:35 Uhr Seite 1

Page 2: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

KatastrophenmedizinLeitfaden für die ärztliche Versorgung im Katastrophenfall

1

Page 3: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 4: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Schutzkommissionbeim

Bundesminister des Innern

Katastrophenmedizin

Leitfaden für die ärztliche Versorgungim Katastrophenfall

4. überarbeitete Auflage 2006

Berlin 2006

3

Page 5: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

KatastrophenmedizinLeitfaden für die ärztliche Versorgung im Katastrophenfall

Herausgeber: Bundesministerium des InnernAlt Moabit 101 D10559 Berlin

Redaktion:Dr. med. Johann Wilhelm WeidringerChirurg, Geschäftsführender ArztBayerische LandesärztekammerMühlbaurstraße 1681677 München

Direktor und Professor Dr. rer. nat. Wolfgang WeissGeschäftsführer der Schutzkommission beim Bundesministerdes Innernc/o Bundesamt für Strahlenschutz – Fachbereich Strahlen-schutz und GesundheitIngolstädter Landstraße 185764 Oberschleißheim / Neuherberg

Mit Beiträgen von:Prof. Dr. I. Beerlage, Prof. Dr. L. Clausen, Prof. Dr. B. D. Domres,Prof. Dr. A. Ekkernkamp, Dr. N. Felgenhauer, Dr. E.-J. Finke,Prof. Dr. R. E. Fock, Dr. H. Haller, Dr. W. Kirchinger, Prof. Dr. J.Knobloch, Dr. G. Matthes, Dipl. Päd. H. F. Peter, Prof. Dr. E.Pfenninger, Prof. Dr. E. Rebentisch, Prof. Dr. J. Schüttler, Prof.Dr. P. Sefrin, Dipl. Chem. Dr. R. Spörri, Dr. H. Strauss, Dr. N.Vogt, Dipl. Theol. F. Waterstraat, Dr. J. W. Weidringer,Prof. Dr. W. Weiss, Prof. Dr. Th. Zilker; Arbeitskreis Notfallmedi-zin und Rettungswesen e.V. München (Basis-Layout des Fluss-diagramms, S. 291)Bildquellennachweis:Alle Abbildungen des Deckumschlages © dpa

Das vorliegende Werk konnte nur Dank des Engagements beiOrganisation und Textverarbeitung von Frau Claudia Eiselt, FrauSybille Ryska und Frau Ursula Seifert in so kurzer Zeit fertiggestellt werden.

ISBN-10: 3-939347-01-9ISBN-13: 978-3-939347-01-901. – 30.000: 200131. – 60.000: 200261. – 90.000: 200391. – 120.000: 2006

4

Page 6: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurchbegründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, desNachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen undTabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Ver-vielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung sowieVerarbeitung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch beinur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Wer-kes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichenBestimmungen des Urheberrechtsgesetzes vom 09.06.1965,BGBl I, S. 1237, zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzesvom 16.07.1998, BGBl. I, S. 1827 zulässig. Sie ist grundsätzlichvergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Straf-bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.Die in den einzelnen Kapiteln ausgeführten Überlegungen stel-len keine Meinungsäußerung des Herausgebers oder derRedaktion dar, sondern entsprechen der des jeweiligen Autors.

© Bundesministerium des Innern, Berlin 2006Printed in Germany

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Waren-bezeichnungen u.s.w. in diesem Werk berechtigt auch ohnebesondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solcheNamen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetz-gebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermannbenutzt werden dürften.Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungenund Applikationsformen kann weder vom Herausgeber nochvon der Redaktion noch von den Autoren eine Gewähr über-nommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligenAnwender, im Einzelfall z. B. anhand anderer Literaturstellensowie anhand des gegebenen Standes von Wissenschaft undTechnik, auf ihre Richtigkeit überprüft werden.

Mit den in diesem Werk verwandten Personen- und Berufsbe-zeichnungen sind, auch wenn sie nur in einer Form auftreten,gleichwertig beide Geschlechter gemeint.

Herstellung, Satz, Druck und Bindearbeiten: media production bonn gmbh

– Gedruckt auf chlorfreiem Papier –

5

Page 7: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Inhaltsverzeichnis

1. Geleitworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2. Vorwort zur 4. überarbeiteten AuflageL. Clausen, W. Weiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3. Ethik und Recht der KatastrophenmedizinE. Rebentisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4. Aspekte zur Katastrophenmedizin und Definitionen ihrer Inhalte und AufgabenJ. W. Weidringer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Allgemeine Aspekte zu Katastrophensituationen

5. Der Mensch in der Katastrophe: AusgewählteAspekte der Psychosozialen Unterstützung (PSU)F. Waterstraat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

6. Management Psychosozialer Notfallversorgung inKatastrophen- und Großschadenslagen I. Beerlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

7. Lebensrettende Sofortmaßnahmen unterKatastrophenbedingungenP. Sefrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Spezielle medizinische Maßnahmen

8. Therapie des VolumenmangelschocksE. Pfenninger, N. Vogt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

9. Schmerzbehandlung und Anästhesie unterKatastrophenbedingungenE. Pfenninger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

10. Chirurgische Maßnahmen im Katastrophenfall beiPatienten mit Kombinationstraumen/Versorgungs-strategien bei polytraumatisierten PatientenA. Ekkernkamp und G. Matthes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

11. Maßnahmen bei thermischen Schädigungen imKatastrophenfallH. Haller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

6

Page 8: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Spezielle Schädigungsmechanismen

12. Ärztliche Maßnahmen bei Strahlenunfällen undStrahlenkatastrophenW. Kirchinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

13. Management von Gefahrgutunfällen undMassenvergiftungenTh. Zilker, N. Felgenhauer, R. Spörri . . . . . . . . . . . . . 164

14. Dekontamination und Behandlung von Verletzten vor Ort und im Krankenhaus bei chemischenGefahrenlagenB. Domres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

15. Seuchenhygiene und -bekämpfungJ. Knobloch, E.-J. Finke, B. Domres . . . . . . . . . . . . . 204

16. Vögel als InfektionsverbreiterJ. Knobloch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

17. Großschadenslagen durch biologische AgenzienR. Fock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

Aspekte zum Management in Katastrophensituationen

18. Katastrophenmanagement im Krankenhaus –Empfehlungen für den Ärztlichen DienstH. Strauss, J. Schüttler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

Anhang

– Einsatzablauf-Flussdiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

– Übersicht Regionaler Strahlenschutzzentren [aus Kapitel 12] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304

– Schwerbrandverletzte: Liste der am Vermittlungs-verfahren der Zentralen Anlaufstelle (ZA) beteiligten Krankenhäuser, ÜbersichtskarteBettennachweis [aus Kapitel 11] . . . . . . . . . . . . . . . . 307

– Übersicht zu Gift-Informationszentrum in derBundesrepublik Deutschland [aus Kapitel 13] . . . . . . 317

– Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen[aus Kapitel 13] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

– Poison Severity Score (PSS) [aus Kapitel 13] . . . . . . 321

– Meldeformulare [vgl. Kapitel 15] zumInfektionsschutzgesetz (IfSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

7

Page 9: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Statistiken/Übersichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

Varia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359

Homepages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

Auszüge aus dem Handbuch für sanitäts-dienstliche Hilfeleistungen der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . 363

Notizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

8

Page 10: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Geleitwort

Im Jahr 2006 liegt der Unfall im Kernkraftwerk von Tschernobyl20 Jahre zurück. Auch andere Katastrophen wie die von Ram-stein, Eschede, Brühl, Kaprun, New York, Madrid, London, NewOrleans, der Tsunami im Indischen Ozean, die Überschwem-mungen an Elbe und Oder machen deutlich, dass es trotz viel-fältiger nationaler und internationaler Maßnahmen keine absolu-te Sicherheit vor Katastrophen gibt. Unser Ziel muss es sein,aus den Erfahrungen die notwendigen Schlüsse zu ziehen unddie Mittel und Wege zur Verhinderung und Bewältigung solcherEreignisse zu verbessern.

Eine besondere Rolle kommt dabei der Katastrophenmedizinzu. Sie muss sich in solchen Lagen unter hohem Zeitdruck, inschwierigen Strukturen und mit oft knappen Ressourcen umdas Wohl vieler Menschen kümmern. Das entsprechende Wis-sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten.

Der Leitfaden wendet sich vor allem an Ärztinnen und Ärztesowie Rettungskräfte. Dabei beantwortet er medizinische eben-so wie Verfahrensfragen, nennt Kontaktstellen, gibt Hinweisezum Katastrophenmanagement und befasst sich mit rechtlichenund ethischen Aspekten.

Die große Nachfrage macht nun bereits die 4. Auflage seit 2001erforderlich. Sie enthält gegenüber der vollständig überarbeite-ten 3. Auflage neue Themen wie die psychosoziale Notversor-gung und die aviäre Influenza.

Dank gebührt den Expertinnen und Experten der Schutzkom-mission beim Bundesminister des Innern sowie den anderenengagierten Autorinnen und Autoren dafür, dass sie dieses Werkehrenamtlich verfassten.

Dr. Wolfgang Schäuble, MdB Ulla Schmidt, MdBBundesminister des Innern Bundesministerin für

Gesundheit

9

Page 11: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 12: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Geleitwort

Katastrophen sind heute keine Seltenheit mehr, sondern Fakten,mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Der Verweis,dass diese in Deutschland unwahrscheinlich seien, hat sichinzwischen als Illusion herausgestellt. Die Vergangenheit zeigtvielmehr, dass ihre Zahl in den letzten Jahren erheblich zuge-nommen hat.

Die täglichen Geschehnisse sind geprägt von einer Zunahmevon Naturkatastrophen und Großschadensfällen, die jedem vorAugen führen, daß trotz hoher Technisierung und Etablierungvon Rettungsdiensten diese nicht ausreichen, um die Folgenderartiger Geschehen zu verringern. Das Jahr 2005 ist mit sei-nen Schäden zu einem einsamen Rekordjahr geworden. Dievolkswirtschaftlichen Schäden schnellten auf eine Rekordhöhevon über 200 Mrd. US $ und liegen damit weit über denen desVorjahres. Die Naturkatastrophen forderten über 100.000 Todes-opfer. So viele Menschen kamen in den letzten Jahren nur 1991und 2004 ums Leben. Mediziner und ihre Helfer haben deshalbeine besondere Verantwortung, wenn es um die Rettung vonBetroffenen geht. Dies ist der Grund, weshalb eine Befassungmit der Prävention von Katastrophen und der Bewältigung ihrerFolgen unbedingt erforderlich scheint. Die Zunahme der Groß-schadensfälle erfordert nicht nur technische Vorbereitungen zurHilfeleistung, sondern auch im medizinischen Bereich sindbesondere Vorgehensweisen, die sich von der üblichen Patien-tenversorgung unterscheiden, notwendig. Eine Katastrophe istein Schadensereignis, das durch eine Überforderung der initialzu seiner Bewältigung verfügbaren Infrastruktur gekennzeichnetist. Gewohnte und bei der Notfallmedizin bewährte Versor-gungsverfahren sind angesichts der Vielzahl Behandlungsbe-dürftiger nicht adäquat. Nur durch gezielt und frühzeitig ergriffe-ne, der Situation und den verfügbaren Möglichkeiten angepaßteRettungs- und Hilfsmaßnahmen besteht die Chance, die Scha-densfolgen im Hinblick auf ein Überleben und eine Minderungder körperlichen Verletzungs- bzw. Erkrankungsfolgen geringerzu halten.

Der Bereich Katastrophenmedizin wird trotz der Aufnahme indie Ausbildung von Ärzten in Deutschland nur randständiggestreift, so dass der einzelne Arzt über seine spezifische Fach-richtung hinaus in diesem Bereich nach Abschluß seines Studi-ums keine ausreichenden Kenntnisse und Erfahrungen hat.Selbst im Rettungsdienst tätige Notärzte haben erheblicheSchwierigkeiten, ihr ärztliches Handeln von einer „Individualme-

11

Page 13: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

dizin“ auf eine „Massenmedizin“ umzustellen. Aus diesemGrunde ist es nicht nur berechtigt, sondern dringend notwen-dig, das Anliegen der Katastrophenmedizin einem breitereninteressierten Leserkreis – auch über die ärztliche Zielgruppehinaus – näherzubringen.

Dem Bundesministerium des Innern, insbesondere der Schutz-kommission, ist zu danken, daß sie die Initiative ergriffen hatund namhafte Referenten zur Darlegung der speziellen Proble-matik der Versorgung differenter Katastrophen gewinnen konn-te. Die Auswahl der Autoren bürgt dafür, dass aktuelle undnachvollziehbare Informationen und Hilfestellungen vermitteltwerden, nachdem viele dieser Autoren auch Mitglieder derDeutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin e.V. sind undmeist praktische Erfahrungen in der Bewältigung von Groß-schadensfällen besitzen.

Katastrophen machen es auch im medizinischen Bereich erfor-derlich, den Anspruch des einzelnen Betroffenen ernst zu neh-men, auch unter den beschränkten Verhältnissen eine möglichstoptimale Hilfe zu erhalten. Andererseits gilt es zu beachten, daßjeder in die Lage kommen kann, bei Eintritt eines derartigenGeschehens Hilfe leisten zu müssen, denn die routinemäßigvorgehaltenen Rettungsmittel mit dem Personal des Rettungs-dienstes werden zur Versorgung der Vielzahl der Betroffenennicht ausreichen. Für die Ersthelfenden – auch Ärzte – bestehteine enorme physische und psychische Belastung, auf diezumindest eine mentale Vorberatung erforderlich ist.

Aus diesem Grund können die einzelnen Kapitel des Leitfadensu.a. dem Arzt eine konkrete Hilfestellung für seine Aufgabeunter den besonderen Bedingungen der Katastrophe offerieren.Dies ist auch der Grund, weshalb die Deutsche Gesellschaft fürKatastrophenmedizin e.V. das Anliegen des Leitfadens uneinge-schränkt unterstützt und wünscht, dass durch eine weite Ver-breitung dieses Buches eine möglichst große Zahl v. a. von Ärz-ten mit dem Inhalt vertraut gemacht wird. Aus diesem Grundewünschen wir dem Leitfaden eine hohe Streuung unter derdeutschen Ärzteschaft und allen weiteren Interessierten, um imkonkreten Falle dem humanitären Anspruch gerecht werden zukönnen.

Prof. Dr. P. SefrinVizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin e.V.

12

Page 14: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Vorwort zur 4. überarbeiteten Auflage

Die Schutzkommission beim Bundesminister des Innern haterstmals im Jahr 1982 mit dem „Leitfaden für die ärztliche Ver-sorgung im Katastrophenfall“ ein „Vademekum für Ärzte“ vorge-legt, das letztlich in Katastrophenfällen dazu beizutragen soll,„das ärztlich Notwendige zu tun oder zu veranlassen“. DieserLeitfaden aus 1982 erfreute sich mit einer Gesamtauflage vonetwa 150.000 Exemplaren hoher Akzeptanz und wurde viermalin überarbeiteter Form aufgelegt.

Die 2001 vorgelegte 2. Neuauflage war erforderlich geworden,weil nach nahezu 20 Jahren seit der Erstveröffentlichung dieEinschätzung der Gefahrenpotentiale einerseits sowie die Inhal-te und die Organisation der ärztlichen Versorgung in Deutsch-land anderseits sich so sehr verändert hatten, dass eine weite-re Überarbeitung dem Anliegen eines „Vademekums“ nichtmehr gerecht geworden wäre. Schon nach kurzer Zeit war derLeitfaden vergriffen und es wurden eine Neuauflage 2002 sowie2003 notwendig.

Die nunmehr aktuelle Neuauflage 2006 des „Leitfadens Kata-strophenmedizin“ berücksichtigt die Forschungsergebnisse derletzten Jahre ebenso wie die praktischen Erfahrungen ausbedauerlicherweise eingetretenen Großschadensereignissenund die korrelierenden wichtigen planerisch-organisatorischenVorkehrungen der Einheiten der Gefahrenabwehr. All dieseFaktoren sind für die erfolgreiche ärztliche Versorgung in Groß-schadensereignissen, in Katastrophensituationen und im Ver-teidigungsfall – also ggf. überlebenswichtig für Belange desBevölkerungsschutzes wesentlich.

Die Schutzkommission hat sich in den letzten Jahren wiederholtmit den Konsequenzen der Veränderungen der sicherheitspoliti-schen Lage in Europa, der mit dem neuen Zivilschutzgesetzveränderten gesetzlichen Lage in der Bundesrepublik, den Risi-ken einer zunehmend technisierten Gesellschaft und den Mög-lichkeiten und Notwendigkeiten zur Gefahrenabwehr und zumSchutz der Bevölkerung befasst. Zu nennen sind hier insbeson-dere die „Gefahrenberichte“1 aus den Jahren 1996 und 2001sowie 2006 und der „Medizinbericht“2 aus dem Jahr 1999.

13

1 Mögliche Gefahren für die Bevölkerung bei Großkatastrophen und im Verteidigungsfall(„Gefahrenbericht“, Schutzkommission beim BMI, Oktober 1996, 47 Seiten sowie 2. Gefah-renbericht, Oktober 2001, 80 Seiten)

2 Untersuchungen der gesetzlichen Regelungen zum Schutz und zur Rettung von Menschen-leben sowie zur Wahrung und Wiederherstellung der Gesundheit bei Großschadensereignis-sen. Schutzkommission beim BMI, Mai 1999, 36 Seiten

Page 15: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Die Ergebnisse dieser Beratungen sind ebenfalls in die Neu-fassung des „Leitfadens“ eingeflossen. Die vorliegende Über-arbeitung greift einige momentan infektiologischen Aspektemit einem neuen Schwerpunkt auf. Auch wurde z. B. die nachTschernobyl erfolgte Fokussierung auf Fragen des Strahlen-schutzes relativiert. Neuerlich aktualisiert sind die Ausführungenzur Stressbewältigung in und nach belastenden Einsätzen, diedie Erkenntnisse aus Großschadensereignissen der letzten Jah-ren berücksichtigen, das Kapitel „Vögel als Infektionsverbreiter“erweitert den Themenkreis.

Für das Jahr 2008 ist eine vollständig neue Auflage des Leit-fadens Katastrophenmedizin geplant.

Terroranschläge und Naturkatastrophen (USA, Südostasien,Afrika, Europa) der letzten Jahre haben die Notwendigkeit derBeschäftigung hinsichtlich Prävention und Umgang mit Kata-strophenereignissen in tragischer Weise deutlich werden lassen.

Die Zielrichtung und die Zielgruppe des „Leitfadens“ sindunverändert geblieben. Der Leitfaden ist auch dazu bestimmt,am Ort des Geschehens zu Rate gezogen zu werden. Insofernhat die bisherige Veröffentlichungsform als „Hand-“ bzw.„Taschenbuch“ auch im Zeitalter des Internets und der PCgestützten Informationsvermittlung nach wie vor ihre Berechti-gung und Bedeutung. Zielgruppen des Leitfadens sind auf dereinen Seite v. a. Ärzte, die nicht über hinreichende Erfahrungenin der Katastrophenmedizin verfügen, auf der anderen Seite inder Katastrophenmedizin erfahrene Ärzte, die sich in Fragenaußerhalb ihres Spezialgebiets vertieft orientieren oder bei-spielsweise konkret Ansprechpartner finden wollen. Hinweisezur Verbesserung des gegenwärtigen „Leitfadens“ nimmt dieSchutzkommission jederzeit gerne entgegen.

Die Schutzkommission hofft, dass dieser neue „Leitfaden“ dazubeiträgt, bei Großschadensereignissen, in Katastrophensituatio-nen und auch im Verteidigungsfall das Leben und die Gesund-heit möglichst vieler Menschen zu retten und zu sichern.

Der Bevölkerungsschutz ist Aufgabe und nachhaltiges Anliegender Schutzkommission.

Hamburg und München, im April 2006

Prof. Dr. L. Clausen Prof. Dr. W. WeissVorsitzender der Schutzkommission Geschäftsführer

der Schutzkommission

14

Page 16: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

3. Ethik und Recht derKatastrophenmedizin

E. Rebentisch

1. Ethik

Eine nur dem Menschen gegebene Tugend ist es, dem in Notgeratenen Nächsten selbstlos und nach besten Kräften helfendzur Seite zu stehen. Im Laufe der Jahrhunderte sind Tausendevon Menschen dem Beispiel des Samariters gefolgt, viele vonihnen haben dabei ihre eigene Gesundheit oder ihr Leben aufsSpiel gesetzt. Humanitäres Gedankengut hat die Bereitschaftzur Hilfeleistung in der Not auch über Zeiten menschlichen Ver-sagens hinweg gefördert und ihr inzwischen weltweite Geltungverschafft. Zeigt sich dies in vielen Staaten der Welt bereits imNotfallgeschehen des Alltages, so findet sie ihren sichtbarstenAusdruck in der Hilfeleistung bei Großschäden aller Art, dieunversehens das Leben und die Gesundheit vieler Menschenbedrohen und darüber hinaus die Existenzgrundlagen derBevölkerung des betroffenen Raumes schädigen oder vernich-ten. Genügen die zur Verfügung stehenden Kräfte und Mittelnicht zur Bewältigung des Unheils, hat die Gemeinschaftumfangreiche und allgemeine Hilfe zu leisten.

Rettung und Hilfe für die betroffenen Menschen stehen beijedem solcher Ereignisse im Vordergrund, gleichgültig, ob essich um ein besonders schweres Unfallgeschehen oder um eineKatastrophe handelt. Deshalb muß es für Ärzte und ihre berufe-nen Helfer mehr noch als für andere Menschen eine Selbstver-ständlichkeit sein, ihr Wissen und Können sowie ihre Erfahrun-gen zur Rettung von Leben und zur Wiederherstellung derGesundheit einzusetzen. Da jedoch dem Handeln medizinischerLaien und auch bestausgebildeter Angehöriger eines Hilfs- odermedizinischen Assistenzberufes gesetzliche Grenzen auferlegtsind, muß der Arzt die ihm vorbehaltenen Maßnahmen ergreifenund unterstützt von Helfern die zur Verfügung stehenden Mitteleinsetzen. Ist zwar in der Bundesrepublik Deutschland Hilfe-leistung eine gesetzliche Pflicht, so erlegt darüber hinaus dieärztliche Berufsordnung von jedem in Deutschland tätigen Arztein Gelöbnis auf, in dem er sich verpflichtet, bei der Ausübungseiner ärztlichen Pflicht keinen Unterschied zu machen wedernach Religion, Nationalität und Rasse noch nach Parteizuge-hörigkeit oder sozialer Stellung.

15

Page 17: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Grundpfeiler ärztlichen Handelns sind Humanitas und Ethik. Indiesem Sinne schrieb Hans Eberhard Bock (1): „Ärztliche Ethikhat eine einzige Richtung, dem Patienten zu nützen, aber nie-mals zu schaden. So grenzenlos die Motivation der Hilfsbereit-schaft in der Medizin auch sein mag, das Helfenkönnen wirdimmer Grenzen haben. Kenntnisse und Bekennermut gehörenzur ärztlichen Ethik. Wenn sie fehlen oder durch Gefälligkeit,Bequemlichkeit oder Ungerechtigkeit gefährdet werden, erzeu-gen sie Vertrauensschwund.“

Bezog sich diese Feststellung zunächst auf das ärztlicheHandeln in Klinik und Praxis, so kommt ihr in der Notfall- undKatastrophenmedizin eine noch weit höhere Bedeutung zu. Inbeiden Fällen geht es um die Bewältigung überraschend ent-standener oder bestehender Gefahren für das Leben oder dieGesundheit von Menschen. Die Notfallmedizin befaßt sichüberwiegend mit einzelnen oder einer begrenzten AnzahlPatienten. Katastrophenmedizinischen Anforderungen genügenzu wollen, ist jedoch der Ausdruck für die ethisch begründeteBereitschaft und Verpflichtung des Arztes, Verletzten, Krankenoder anderweitig gesundheitlich Geschädigten auch dann nachbesten Kräften zu helfen, wenn die Zahl der Opfer es nichterlaubt, jeden Betroffenen so bald und so umfassend zubehandeln, wie dies der Eid des Hippokrates dem Arzt aufer-legt. Der Arzt hat zu jeder Zeit, gegebenenfalls auch gegen Ver-suche von Nicht-Ärzten zur Einflußnahme auf sein Handeln, diePflicht, Leben zu retten, Leiden zu lindern und die Gesundheitwieder herzustellen. Er hat dabei stets die Würde des Patientenzu beachten und muß selbst vertrauenswürdig sein.

Wenn auch das Leitprinzip allen ärztlichen Handelns der Schutzmenschlichen Lebens ist, bleibt dennoch das medizinischMachbare die Grundlage allen ärztlich sinnvollen Tuns. Dies giltganz besonders in der Notfall- und Katastrophenmedizin, wo estrotz aller Zeitnot in jedem Einzelfall abzuwägen gilt, ob dasUnterlassen oder Hinausschieben einer medizinischen Maßnah-me im Interesse des Patienten sinnvoller ist als ein wenig aus-sichtsreiches Handeln. Die härteste Bewährungsprobe für denArzt bildet stets die Konfrontation mit einem Massenanfall ver-letzter, vergifteter oder von anderen Gesundheitsschädigungenbetroffener Menschen, weil die frühzeitige, umfassende medizi-nische Versorgung eines jeden Einzelnen nicht mehr gewährlei-stet ist (2). Die Plötzlichkeit und Unvorhersehbarkeit solcherEreignisse setzt den personellen und materiellen Möglichkeitenzur Hilfeleistung deutliche Grenzen. Dennoch ist medizinischeHilfe im Interesse der betroffenen Menschen unverzichtbar und

16

Page 18: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

dazu bedarf es im Interesse des Grundsatzes „GrößtmöglicherNutzen für möglichst Viele“ des Verzichtes auf das im Alltagübliche individuelle Arzt-Patienten-Verhältnis. Eine große Zahlgleichzeitig hilfebedürftiger und hilfesuchender Menschenzwingt – wenigstens vorübergehend – zur Anwendung desSichtungsverfahrens, das weder durch ein Handeln nach demMotto „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ noch durch die Anwen-dung eines verschiedentlich erwogenen Losverfahrens ersetztwerden. Gründel (3) sieht im Verzicht auf die Sichtung ange-sichts eines Massenanfalles nichts anderes als die Flucht ausder Verantwortung.

Diese Verantwortung für alle der möglichst zügigen undzugleich umfassenden Bewältigung dienenden Maßnahmen amSchadens- und Behandlungsort sowie für den Weg zur weiter-führenden Behandlung kann nur ein Arzt, aber durchaus nichtjeder tragen. Das Idealbild eines Sichtungs- oder LeitendenNotarztes verkörpern eine Ärztin oder ein Arzt, deren Persön-lichkeit über Wissen, Können und Erfahrung in der Notfallmedi-zin aller medizinischen Fachgebiete hinaus geprägt ist durchCharakterstärke, Zuverlässigkeit, Entscheidungskraft, Hand-lungswille und Mut zur Verantwortung. Vorbildliche Menschenbeeindrucken alle Mitarbeiter und spornen sie zu besten Lei-stungen an. Die Patienten fühlen sich geborgen. Darüber hinauswirken sie mit ihrer Durchsetzungskraft regulierend und ordnendauf den Gesamtablauf der Hilfeleistung ein.

Ausschlaggebend für das ärztliche Handeln ist allein das Stre-ben nach bestmöglicher Hilfe für möglichst viele Schadensopferunter gewissenhafter Abwägung der medizinischen Heilungs-chancen. Nicht die Forderung nach bevorzugter Behandlungoder lautstarkes Klagen geben den Ausschlag für eine sofortigeBehandlung, sondern allein die Aussicht auf Sicherung desÜberlebens.

Nichts zeigt besser die Schwere der Verantwortung des Arztesfür Leben und Tod als der Entschluß zur Anwendung des Sich-tungsverfahrens. Doch wenn er die Entscheidung zur Auswahlim Sinne des Motivs der Rettung und Wiederherstellung derGesundheit möglichst vieler Menschen treffen muß, ist dies keinVerstoß gegen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit oder dieMenschenwürde.(3)

17

Page 19: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

2. Allgemeine Rechtsfragen der Katastrophenmedizin

Der im letzten Satz des vorstehenden Kapitels herausgestellteBegriff „Menschenwürde“ bildet die Brücke zur Betrachtung dergesetzlichen und rechtlichen Gegebenheiten in der Bundesre-publik Deutschland.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG)bekennt sich in Artikel 1 zum Schutz der Menschenwürde undzur Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, diese zu achten undzu schützen. Artikel 2 Abs.2 gewährt das Grundrecht auf Leben und körperli-che Unversehrtheit und verpflichtet damit indirekt die staatlicheGewalt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, entsprechende Vorkeh-rungen zu treffen, damit der einzelne dieses Recht tatsächlich inAnspruch nehmen kann.Artikel 11 Abs. 2 und Artikel 13 Abs. 3 beschreiben gesetzlichmögliche Einschränkungen der Freizügigkeit und der Unverletz-lichkeit der Wohnung, wenn dies die Abwehr einer drohendenAllgemeingefahr, u.a. die Bekämpfung von Seuchengefahr,Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen,erfordert. Artikel 19 Abs. 2 garantiert, daß auch durch den Gesetzgeber inkeinem Fall ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastetwerden darf.Überträgt der Artikel 30 den Ländern die Erfüllung der staatli-chen Aufgaben – also auch des Katastrophenschutzes –,soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft, so sindgemäß Artikel 73 die auswärtigen Angelegenheiten und die Ver-teidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung Auf-gaben des Bundes.Schließlich bestimmt der Artikel 35 über die gegenseitige Amts-hilfe der Behörden des Bundes und der Länder und befaßt sichim Einzelnen mit der Zusammenarbeit bei der Bewältigung einerNaturkatastrophe oder eines besonders schweren Unglücks-falles.

Über die ethisch begründete Pflicht jedes Menschen zur Hilfe-leistung hinausgehend hat der Gesetzgeber im § 323 c desStrafgesetzbuches bestimmt:„Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nichtHilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständennach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahrund ohne Verletzungen anderer wichtiger Pflichten möglich ist,wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafebestraft.“

18

Page 20: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Dieser § 323 c StGB hat für den Arzt insofern größere Bedeu-tung als für andere Bürger, weil von ihm auf Grund seinerKenntnisse und Erfahrungen eine weitergehendere Hilfe füreinen physisch oder psychisch zu Schaden gekommenen Men-schen erwartet wird, als dies einem Laien gemeinhin möglichist.

Haben sich die Bundesländer im Rahmen der ihnen gemäß Art.35 GG übertragenen Zuständigkeit für die Gesetzgebung imKatastrophenschutz zunächst darauf beschränkt, den Einsatzfreiwilliger Hilfskräfte, vorwiegend abgestützt auf die staatlichanerkannten Hilfsorganisationen, vorzusehen, haben sie imweiteren in ihren von Land zu Land unterschiedlich formuliertenGesetzen die Möglichkeit zur zwangs- und zeitweisen Heranzie-hung von Angehörigen bestimmter Altersgruppen zum Katastro-phenschutz geschaffen. Darüber hinaus haben die meistenBundesländer die Heranziehbarkeit bestimmter Fachkräfte,darunter Ärzte und Angehörige der medizinischen Hilfs- undAssistenzberufe, in den Katastrophenschutzgesetzen undDurchführungsbestimmungen verankert. Den Angehörigen derGesundheitsberufe sind Melde-, Aus- und Fortbildungspflichtensowie die Pflicht zur Teilnahme an Übungen auferlegt, denenallerdings die derzeit geltenden Berufsgesetze der Heilberufenicht ausreichend folgen. So beschränkt sich die Fortbildungs-pflicht (§ 7 der ärztlichen MuBO) auf die jeweils ausgeübteBerufstätigkeit und die Heilberufs- und Kammergesetze derBundesländer verpflichten lediglich die niedergelassenen Ärzte,soweit sie am Ärztlichen Notfalldienst teilnehmen, sich hierfürfortzubilden. Ähnliches gilt für Angehörige der Heilhilfs- undAssistenzberufe.

Da zu schweren Schäden und großen Zahlen an Opfern führen-de Großschadensereignisse und Katastrophen in der Regelüberraschend eintreten und demgemäß dringendst des Einsat-zes von Rettungs- und Hilfskräften bedürfen, ist offenbargeworden, daß die Kräfte der freiwilligen Hilfsorganisationenaus strukturellen Gründen nicht innerhalb kürzester Zeit zur Ver-fügung stehen können. Um den in dieser kritischen Phasehöchsten Gefahren ausgesetzten schwer- oder lebensbedroh-lich Verletzten dennoch frühzeitig helfen zu können, habeninzwischen die meisten Bundesländer eine gesetzliche Brückezwischen ihren Rettungsdienst- und Katastrophenschutzgeset-zen geschlagen. Damit ist der in kürzester Zeit notwendige Ein-satz von Leitenden Notärzten, Notärzten und Rettungsdienst-personal am Großschadensort gesichert. Dies ist umsologischer, als viele Großschadensereignisse zunächst nicht in

19

Page 21: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

ihrem wahren Ausmaß erkannt werden und der Rettungsdienstzugleich mit Feuerwehr und Polizei alarmiert wird, so daß stetsinnerhalb von Minuten fachlich qualifizierte Helfer am Schadens-ort verfügbar sind.

3. Die Rechtsstellung des Arztes im Katastrophenfall

Das heute weitgehend flächendeckende Netz des Notarzt- undRettungsdienstes ist zwar eine gute Grundlage für die medizini-sche Hilfeleistung bei Katastrophen, doch muß sich auch jederandere Arzt bewußt sein, daß er bei möglicher Nähe zum Scha-densgeschehen zu Hilfe eilen oder in seiner Praxis Verletztenhelfen muß oder von der Katastrophenschutzbehörde zur Hilfe-leistung herangezogen werden kann. In der Notsituation giltdabei keine Rücksicht auf ein Fachgebiet, eine spezielle Qualifi-kation oder Erfahrung.

Im allgemeinen muß der Arzt, der eine Behandlung übernimmt,der er nach seinen Kenntnissen und Erfahrungen nicht gewach-sen ist, bei einem Behandlungsfehler mit dem Vorwurf rechnen,er hätte diese Aufgabe nicht übernehmen dürfen. Ein solchesÜbernahmeverschulden scheidet aber für denjenigen aus, der ineinem Katastrophenfall auf Grund einer allgemeinen Hilfeleis-tungspflicht an der medizinischen Versorgung teilnimmt, ohnespezifische notfallmedizinische Kenntnisse und Erfahrungen zubesitzen, oder der zu einem solchen Einsatz durch Anordnungder dafür zuständigen Behörde herangezogen wird. (4)

Im Not- und Katastrophenfall ist es dem Arzt im Gegensatz zuseiner Regeltätigkeit nicht erlaubt, die Behandlung eines Hilfe-bedürftigen abzulehnen.

Der Arzt und ebenso seine Mitarbeiter haben sich stets bewußtzu sein, daß alle Bundes- und Landes-Gesetze auch im Kata-strophenfall unverändert Bestand haben, sofern dies nichtgesetzlich anders bestimmt ist. So hat z.B. kein Nicht-Arzt dasRecht, einem Arzt bei der Ausführung der von ihm im weitestenSinne als notwendig empfundenen medizinischen Handlungenund Entscheidungen dreinzureden oder ihm Weisungen erteilenzu wollen.

Das Recht der freien Arztwahl ist im Rahmen der Katastrophen-hilfe angesichts der herrschenden Situation praktisch nicht zuwahren, da dem die Dringlichkeit der Hilfeleistung, die Zahl derHilfebedürftigen und vor allem die Ungewißheit im Wege stehen,

20

Page 22: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

welcher Arzt zuerst dem Hilfebedürftigen zu Hilfe kommt undwelcher ihm möglicherweise vor dem Abtransport weitere Hilfezuteil werden läßt.

Eine beabsichtigte Behandlung setzt jedoch auch in einer Notsi-tuation eine entsprechende Befähigung des Arztes sowie dieAufklärung und Einwilligung des Patienten voraus. Das Selbst-bestimmungsrecht des Patienten, eine Behandlungsmaßnahmeabzulehnen, bleibt unangetastet, so daß dem Patienten keinesolche aufgenötigt werden darf. In einem solchen Fall ist selbstbei Vorliegen eines bedrohlichen Gesundheitsschadens der Tat-bestand der unterlassenen Hilfeleistung nicht erfüllt. Ist anderer-seits die Einwilligung zu einer unaufschiebbar notwendigenBehandlung nicht zu erlangen, weil z. B. der Patient bewußtlosist, so kann nach dem Prinzip der mutmaßlichen Einwilligungdavon ausgegangen werden, daß die Einwilligung vorliegt (§§223 ff StGB und § 823 BGB). Problematisch kann es bei einemKind werden, dessen Eltern nicht erreichbar sind, weil der Arztim lebensbedrohlichen Extremfall ebenfalls vom Prinzip dermutmaßlichen Einwilligung ausgehen wird.

Trotz der außergewöhnlichen Situation eines MassenanfallesHilfebedürftiger gelten folgende Pflichten des Arztes unverän-dert fort: a) Im Sinne der Sorgfaltspflicht hat der Arzt die anerkannten

Regeln der ärztlichen Kunst zu beachten und jede Schädi-gung des Patienten zu vermeiden. Er darf keine Behand-lungsanweisung erteilen, ohne den Patienten gesehen undihn der Situation entsprechend über Art und Risiko derbeabsichtigten Maßnahmen aufgeklärt zu haben.

b) Der Arzt trägt die Verantwortung für den Patienten, bis er – einen Leichtverletzten mit weiteren Anweisungen aus der

Behandlung oder zum Hausarzt entläßt,– einen krankenhauspflichtigen Patienten nach Herstellung

der Transportfähigkeit und Entscheidung über Transport-art, -fahrweise und Begleitung zu einem für die Weiter-behandlung geeigneten Krankenhaus bringen läßt.

c) Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses.Die Berufsordnung verpflichtet den Arzt, den nächstbehan-delnden Arzt alsbald so eingehend wie möglich über die vonihm erhobenen Befunde und seine Maßnahmen zu informie-ren und dabei das Berufsgeheimnis zu wahren.Die äußeren Umstände der Hilfeleistung bei Katastrophenkönnen – müssen aber nicht – den Arzt zwingen, die durchden § 203 StGB mit Strafe bedrohte Nichtbefolgung derPflicht zur Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses zu

21

Page 23: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

durchbrechen. Dieser Fall kann im Sinne des rechtfertigen-den Notstandes (§ 34 StGB) im Interesse der Patientengegeben sein, wenn z.B. nach einem Massenanfall VerletzterBefund und Behandlungsmaßnahmen auf einer „Anhänge-karte für Verletzte“ offen weitergegeben werden müssen.Ebenso kann es notwendig sein, Angehörige eines Patien-ten, insbesondere eines Kindes oder Jugendlichen, überden Gesundheitsschaden und die getroffenen Maßnahmenzu informieren. In beiden Fällen ist anzunehmen, daß dies imInteresse des Schadensopfers liegt. Feststellungen, die sichjedoch nicht auf die akute Gesundheitsschädigung bezie-hen, darf der Arzt nicht oder nur nach Einwilligung desPatienten weitergeben. Beim Bewußtlosen kann allerdingsdie Weitergabe therapeutisch bedeutsamer Befunde imSinne des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StBG) ange-zeigt sein, um wiederum im Interesse des Patienten mögli-chen zusätzlichen Schäden vorzubeugen. Die berufsmäßigen Hilfskräfte des Arztes sind wie er gemäߧ 203 StGB der Wahrung des Berufsgeheimnisses unter-worfen. Ob und inwieweit der Arzt sie gemäß der ärztlichenBerufsordnung vor dem Einsatz belehren kann, wird von derSituation abhängen. Nichtberufliche, freiwillige Helfer sind dem § 203 StGB nichtunterworfen. Bei Angehörigen einer Hilfsorganisation istjedoch davon auszugehen, daß sie über die Grundsätze derSchweigepflicht belehrt sind.

Strafrechtlich sieht sich der Arzt in der Katastrophenhilfe Hand-lungspflichten gegenüber, denen er häufig nur teilweise wirdnachkommen können. Sein Verhalten hat sich dann nach denGrundsätzen des rechtfertigenden Notstandes bzw. der recht-fertigenden Pflichtenkollision (§ 34 StBG) zu richten. Hat eineHandlungspflicht eine höhere Bedeutung als eine andere, istzunächst die Höherrangige, z.B. eine Notamputation zur Verhin-derung des Verblutungstodes vor der Behandlung einer offenenSchädelwunde, zu erfüllen. Der Rang der Pflichten richtet sichnach der Dringlichkeit des Behandlung, gemessen am Grad derGefahr und an den Erfolgsaussichten für den Patienten. Maßge-bend sind die medizinischen Kriterien. So hat der in Lebensge-fahr Schwebende Vorrang vor einem Verletzten, der zwar auchdringend der Behandlung bedarf, dessen Leben aber nicht akutgefährdet ist. Leichtverletzte müssen erforderlichenfalls wartenoder können von nichtärztlichen Mitwirkenden versorgt werden.

Das Recht kann nichts Unmögliches verlangen, sondern nur dieWahrung möglichst vieler Aussichten auf Rettung von Leben

22

Page 24: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

und Gesundheit. Sieht sich der Arzt mehreren gleichgelagertenHandlungspflichten gegenüber, so ist er gerechtfertigt, wenn erdas ihm Mögliche leistet. Er muß aber sein Bemühen stets dar-auf richten, möglichst vielen zu helfen und diejenigen vorziehen,deren Behandlung nach medizinischen Kriterien am ehestenErfolg verspricht.

Die beim Massenfall unverzichtbare Anwendung der Sichtungaller Schadensopfer ist eine spezifisch ärztliche Aufgabe, da sieeine besondere Form der Ausübung der Heilkunde ist, um inkürzest möglicher Zeit eine Diagnose zu stellen und therapeuti-sche Entscheidungen zu treffen. Der verantwortliche Arzt wirdsich je nach Zahl der Schadensopfer und der Art und Schwereder Gesundheitsschäden auf Mithelfende abstützen müssen.Delegieren auf nichtärztliche Mitarbeiter kann er nur die Durch-führung ärztlich angeordneter Maßnahmen.

Schätzt der Arzt in der bedrängten Situation eines Massenanfal-les und infolge des Zwanges zu schnellen Entscheidungen dieDringlichkeit der Behandlung eines Verletzten falsch ein, kommtein den Vorsatz bzw. die Schuld ausschließender Irrtum inBetracht. Das Maß der Sorgfalt bestimmt sich nach den konkre-ten Umständen, unter denen der Arzt zu handeln hat. Dies ist inder Katastrophensituation wesentlich anders als im Regelfall. Zuberücksichtigen ist auch ein Mangel an technischen Gerätensowie ein Nachlassen der Leistungsfähigkeit durch Übermü-dung und Überanstrengung infolge langdauernden Einsatzes.

Gleiches gilt auch für nichtärztliche Helfer. Daher ist bei einerFehlhandlung zunächst davon auszugehen, daß gemäß Art. 34GG und § 839 BGB zunächst die öffentliche Hand haftet. EinRückgriff auf den Verursacher des Schadens ist allerdings beigrob fahrlässigem und vorsätzlichem Handeln möglich.

Ist ein Arzt bei der Hilfe für Schadensopfer anwesend, sokommt ihm die Verantwortung für die Maßnahmen zu, die die inseinem Einflußbereich tätigen nichtärztlichen Helfer ergreifen. ImInteresse der Erhaltung des Lebens und der Wiederherstellungder Gesundheit muss er fehlerhaftes Handeln verhindern underforderliche Anweisungen geben.

Wirken mehrere Ärzte bei der Hilfeleistung zusammen, habensie ihrer Berufspflicht (§ 3 Abs. 1 der Musterberufsordnung) fol-gend kollegial zusammenzuarbeiten. Wird jedoch bei einemgrößeren Schadensereignis, insbesondere einem Massenanfall,ein „Leitender Notarzt/Arzt“ oder „Ärztlicher Einsatzleiter“ tätig,

23

Page 25: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

so hat jeder mitwirkende Arzt im Interesse des zügigen Ablaufesder Hilfemaßnahmen und insbesondere aller Patienten dessenWeisungen zu folgen. Ist kein verantwortlicher Arzt im Vorausbestimmt, soll der organisatorisch und fachlich erfahrenste Arztdie Leitung der medizinischen Hilfeleistung und die Einsatzver-antwortung übernehmen. Die Anweisungen des verantwortli-chen Arztes sind verbindlich, eigenmächtiges Abweichengefährdet den Ablauf der Hilfsmaßnahmen.

Besondere Bedeutung kommt der ärztlichen Verantwortung ineiner Verletztensammelstelle und einem Verbandplatz zu. DieBewältigung eines Massenanfalles Hilfebedürftiger ist ohneumfassende ärztliche Verantwortung nicht denkbar. Sieerstreckt sich über den gesamten Schadensraum und reicht biszur Entscheidung über die weitere Behandlung und denAbtransport der Patienten. Nicht selten muß das mit der ärztli-chen Verantwortung verbundene Weisungsrecht auch bei Ret-tungs- und Erstmaßnahmen an der Schadensstelle ausgeübtwerden, um im Interesse der Hilfebedürftigen Störungen desHilfeablaufes zu verhindern.

Eine von dem verantwortlichen Arzt erteilte Weisung entbindetdie davon betroffenen Ärzte nicht von ihrer eigenen ärztlichenVerantwortung (§ 10 Abs. 1 Satz 3 MuBO). Wesentlich ist, dassder Arzt bei seiner Tätigkeit keinen Weisungen von Nichtärztenunterworfen werden darf (§ 10 Abs. 1 Satz 2 MuBO). DieserBegriff „Ärztliche Tätigkeit“ umfaßt – die zuvor erläuterte Verantwortung für das Handeln nicht-

ärztlicher Helfer am Hilfebedürftigen,– die Regelung der Zuführung aller Hilfebedürftigen und Hilfe-

suchenden zum Arzt,– die ärztliche Befragung, Untersuchung und Behandlung

sowie – die Entscheidung über das weitere medizinische Verfahren

im Einzelfall bis hin zur Bestimmung über den Abtransporthinsichtlich Zeitpunkt, Fahrtziel, Transportmittel, Art derBeladung und Transportbegleitung.

4. Rechtsstellung der nichtärztlichen Kräfte in derKatastrophenhilfe

Bei einer Katastrophe mit einem Massenanfall hilfebedürftigerMenschen kann wegen der stets begrenzten Zahl verfügbarerÄrzte nicht jeder Betroffene alsbald durch einen Arzt behandeltwerden. Die Erste Hilfe und auch die Behandlung leicht geschä-digter Menschen muß daher häufig erfahrenen Angehörigen des

24

Page 26: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Rettungsdienstes, eines Heilhilfsberufes, einer Hilfsorganisationoder auch nicht organisierten freiwilligen Helfern überlassenwerden.

Eine gesetzlich geregelte Sonderstellung unter den nichtärztli-chen Helfern nehmen die berufsmäßigen oder freiwilligen Mit-glieder des Rettungsdienstes ein, soweit sie auf Grund ihrerAusbildung, Einsatzerfahrung und Prüfung die zum Führen derBezeichnung „Rettungsassistent“ oder „Rettungssanitäter“qualifiziert sind. Dies gilt auch, unter der Voraussetzung konti-nuierlicher Erhaltung erworbener Fähigkeit, für ehemalige, aner-kannte Angehörige des Rettungsdienstes, die freiwillig zurHilfeleistung in Notfällen oder dem Katastrophenschutz zurVerfügung stehen. Häufig wirken diese innerhalb der vielerortsfrühzeitig verfügbaren und bewährten „Schnelleinsatzgruppen“(SEG) mit.

Da im rettungsdienstlichen Einsatz nicht selten der Fall eintritt,dass innerhalb der gebotenen Frist für ärztliches Handeln keinNotarzt zur Verfügung steht, ist den aktiven Rettungsassisten-ten eine „Notkompetenz“ zugestanden, die sie ermächtigt,bestimmte, grundsätzlich dem Arzt vorbehaltene Maßnahmenzu ergreifen. Sie übernehmen damit gegenüber dem Hilfebe-dürftigen eine Garantenstellung. Diese „Notkompetenz“ erhälteine zusätzliche Bedeutung, da ihre Inanspruchnahme beieinem Massenanfall Hilfebedürftiger häufig unvermeidbar ist,weil die Zahl der anwesenden Notärzte und Ärzte zu gering ist.Bestrebungen, diese Notkompetenz bei bestimmten medizini-schen Gegebenheiten in eine „Regelkompetenz“ umzuwandeln,sind aus arztrechtlichen Gründen sehr kritisch zu betrachten. Anden Grundsätzen für die katastrophenmedizinische Hilfe würdedamit allerdings nicht gerüttelt.

Die Gesamtverantwortung für alle ärztlichen Maßnahmen unddie Steuerung des Hilfeablaufes trägt stets der erfahrenste Arzt,meistens der Notarzt bzw. Leitende Notarzt. Diese Rechtslageentspricht der gesetzlichen Verantwortung des niedergelasse-nen und des Krankenhaus-Arztes von einer ersten Konsultationund Untersuchung bis zur Entlassung aus der Behandlung undInformation des nächstbehandelnden Arztes.

Ist am Ort eines Schadensereignisses ein Notarzt oder grund-sätzlich auch ein anderer Arzt anwesend, trägt dieser die recht-liche Verantwortung für alle ärztlichen Maßnahmen. Erteilt aller-dings während der Hilfeleistung ein erfahrener Rettungs-assistent oder -sanitäter einem weniger erfahrenen Arzt/Notarzt

25

Page 27: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

einen Rat, so wird dieser ihn im Interesse des Patienten nachsorgfältiger Abwägung ebenso annehmen, wie im klinischenBereich seit eh und je junge Ärzte gern dem Rat einer erfahre-nen Krankenschwester und insbesondere einer Hebamme fol-gen. Ein solcher Rat begründet allerdings niemals ein Wei-sungsrecht des Assistenten gegenüber dem Arzt und entlastetden Arzt nicht von seiner gesetzlichen Verantwortung, wenn esdurch die Befolgung desselben zu einem Schaden für denPatienten kommt.

Die in der gesetzlichen Regelung über die Erlaubnis zur Aus-übung der Heilkunde enthaltenen Einschränkungen für alleNichtärzte verlieren ihre Geltung, sobald die für Hilfebedürftigeerforderliche ärztliche Hilfe nicht zur Verfügung steht. In diesemFalle ist jeder Helfer zur Hilfeleistung im notwendigen Umfangund entsprechend seiner persönlichen Fähigkeiten berechtigtund verpflichtet. Zu einer solchen Situation kann der plötzlicheAusbruch einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder Verletzungoder auch das Auffinden eines Unfall- oder Katastrophenopfersführen, wobei der Helfer keine Möglichkeit hat, sein Handeln miteinem Arzt oder einem erfahreneren Helfer abzustimmen. Da einUnterlassen der Hilfe unzulässig ist, muß er in eigener Verant-wortung handeln. Eine Haftbarkeit für Fehler ist in diesem Fallauf die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie auf dieunter den konkreten Umständen mögliche Sorgfalt beschränkt.

Katastrophenhelfer sollen nur diejenigen Maßnahmen durchfüh-ren, deren Anwendung dem Gesundheitsinteresse der Hilfebe-dürftigen dient und die unter Beachtung der begrenzten medizi-nischen Befähigung des Helfers vertretbar sind. Sie dürfen einergeeigneten Wahrung der ärztlichen Gesamtverantwortung fürHilfebedürftige und einer nachfolgenden ärztlichen Behandlungnicht im Wege stehen. Richtet ein Helfer zusätzlichen Schadenan einem Betroffenen an, kann ihm vorsätzliches oder grobfahrlässiges Handeln zum Vorwurf gemacht werden.

Handelt der Helfer im Auftrage anderer, so haftet z. B. eine Hilfs-organisation im Sinne des § 831 BGB mit Entlastungsmöglich-keit, bei Vorliegen eines eigenen Organisationsverschuldensjedoch nach § 823 BGB ohne Entlastungsmöglichkeit. Beauf-tragt ein Arzt einen ihm zugeteilten Helfer mit der Durchführungeiner ärztlichen Maßnahme, so haftet er bei falschen Anweisun-gen nach § 823 BGB, bei fehlsamem Verhalten des Mitarbeitersnach § 831 BGB mit Entlastungsmöglichkeit.

26

Page 28: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Literatur:

(1) H. E. Bock „Ärztliche Ethik am Krankenbett“ Dtsch. Ärzte-blatt 79 (1982), 49-55

(2) F. Böckle „Ethik ärztlichen Handelns in der Katastrophe“Bay. Ärzteblatt. 38 (1983), 690-694

(3) J. Gründel: „Ethik ärztlichen Handelns bei Katastrophen –Moraltheologische Überlegungen“ In: G. Heberer, K. Peter,E. Ungeheuer (Hrsg.) „Katastrophenmedizin“, Verlag J. F.Bergmann, München, 1984

(4) W. Weissauer: „Juristische Aspekte der Katastrophenmedi-zin“ In: G. Heberer, K. Peter, E. Ungeheuer (Hrsg.) „Katastro-phenmedizin“, Verlag J. F. Bergmann, München, 1984

27

Page 29: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

4. Aspekte zur Katastrophenmedizinund Definitionen ihrer Inhalte undAufgaben

J. W. Weidringer

Die Katastrophenmedizin widmet sich einer Teilaufgabe imGesamtkonzept des Schutzes der Bevölkerung vor unverse-hens eintretenden Großschäden und Katastrophen, die örtlichoder räumlich derart nachhaltige Schäden verursachen, dassdie Lebensgrundlagen zahlreicher Menschen gefährdet oderzerstört sind. Katastrophenschutz umfasst Hilfe für die Men-schen und Tiere sowie Verhinderung und Bekämpfung infra-struktureller Schäden. Ziel dieses Katastrophenschutzes ist es,so bald und umfassend wie möglich die vor einer Katastrophebestehenden Lebens- und Umweltgegebenheiten wieder herzu-stellen.Katastrophenmedizin zu betreiben ist der Ausdruck für dieethisch begründete Bereitschaft und Verpflichtung des Arztes,Verletzten, Kranken oder anderweitig gesundheitlich Geschä-digten auch dann nach besten Kräften zu helfen, wenn die Zahlder Opfer es nicht erlaubt, jeden Betroffenen so bald und soumfassend zu behandeln, wie dies der Eid des Hippokratesdem Arzt auferlegt. Der Arzt hat zu jeder Zeit, gegebenenfallsauch im Widerstreit gegen Versuche von Nicht-Ärzten zurEinflussnahme auf sein Handeln, die Pflicht, Leben zu retten,Leiden zu lindern und die Gesundheit wieder herzustellen.

Die Grundlagen des katastrophenmedizinischen Handelns sindunabänderlich– umfassende allgemeine oder spezielle Kenntnisse der Dia-

gnostik und der Therapie entsprechend dem aktuellenStand der medizinischen Wissenschaften,

– Beherrschung der Grundsätze und Verfahren der dem ein-zelnen Schadensopfer gewidmeten Notfallmedizin sowiedes Handelns bei einem Massenanfall verletzter oder ander-weitig geschädigter Menschen,

– Kenntnis der dem Schutz vor Katastrophen und Großscha-densereignissen dienenden Gesetze und Vorschriften sowie

– Kenntnis der für den Erfolg jeder Hilfeleistung unabdingbarerforderlichen organisatorischen Grundsätze des Hilfeansat-zes sowie der allgemeinen und speziell medizinischen Ver-fahrensweise.

28

Page 30: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Die Approbation verpflichtet den Arzt zum vollen Einsatz seinerKenntnisse und Erfahrungen sowie der ihm zur Verfügung ste-henden Hilfsmittel. Sie fordert von ihm Einordnung in organisier-tes Handeln, entlässt ihn aber zu keiner Zeit aus seiner Eigen-verantwortung.

Eine Katastrophe ist ein Schadensereignis,

– das mit den örtlich oder überörtlich verfügbaren Kräften undMitteln einer Region in einem überschaubaren Zeitraumnicht bewältigt werden kann,

– bei dem unterschiedliche, definierte Hilfeleistungen vonaußerhalb erforderlich werden, so dass

– besondere behördliche Verfahrensregelungen in Kraft tretenmüssen.

Sofern ein Katastrophenereignis bereits primär Leib und Lebenvon Menschen gefährdet hat, ist für eine Katastrophe im medi-zinischen Sinne das typische Charakteristikum das Missver-hältnis von Behandlungsnotwendigkeiten gegenüber Behand-lungsmöglichkeiten und der daraus resultierenden Erfordernis,Versorgungs-Prioritäten zu setzen, also zu sichten.

Ziel für die Hilfeleistenden ist in einer Katastrophe immer, einer-seits möglichst vielen Angehörigen der sozialen Gemeinschaftdas Überleben zu ermöglichen, andererseits für die Überleben-den individualmedizinische Versorgungsmöglichkeiten – wennschon nicht aufrecht zu erhalten, so doch möglichst zügig wie-der herzustellen.

Häufig kann ein Schadensereignis zum Beispiel wegen unzurei-chender Informationen nicht primär als Katastrophe klassifiziertwerden oder es liegt eine Dynamik zugrunde, die einenzunächst räumlich, organisatorisch, funktionell überschaubarenMassenanfall von Verletzten zu einem Großschadensereignisund eventuell sogar zur Katastrophe werden lässt.

Typischerweise kann in einer derartigen Situation die Gefähr-dung der Gesundheit von Betroffenen, besser: Überlebenden,mit den Möglichkeiten der Einsatzkräfte einer Region, einesGroßraumes, auch in einer Anfangsphase des Großschadenser-eignisses nur scheinbar beherrscht werden.

Lediglich als Orientierungshilfe sollen hier die Definitionen derDIN 13050 „Begriffe im Rettungswesen“ dienen:

29

Page 31: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Großschadensereignis: ein Ereignis mit einer so großen Anzahl von Verletzten oderErkrankten sowie anderen Geschädigten oder Betroffenen,dass es mit der vorhandenen und einsetzbaren Vorhaltung desRettungsdienstes aus dem Rettungsdienstbereich nicht bewäl-tigt werden kann (zit. nach DIN 13050, 3.10, aus 09/2002,Beuth-Verlag, Berlin)

Katastrophe:ein über das Großschadensereignis hinausgehendes Ereignismit einer wesentlichen Zerstörung oder Schädigung der örtli-chen Infrastruktur, speziell der medizinischen Versorgungsein-richtungen. Es kann im Rahmen der medizinischen Versorgungmit den Mitteln und Einsatzstrukturen des Rettungsdienstesalleine nicht bewältigt werden (zit. nach DIN 13050, 3.15, aus09/2002, Beuth-Verlag, Berlin)

In einer von der Schutzkommission bei Bundesminister einberu-fenen Konsensuskonferenz an der Akademie für Notfallplanungund Zivilschutz am 15. März 2002 wurden von (Leitenden) Not-ärzten, Repräsentanten verschiedener Organisationen und Insti-tutionen (auch aus einigen Ländern Europas) folgende gemein-same Grundlagen für die Anwendung von Sichtungskategorienbei Großschadensereignissen und Katastrophen erarbeitet:

Meist findet hierbei das sog. „Ampel-Schema“ für die vier Sich-tungsgruppen Verwendung:

rot = Sichtungsgruppe Igelb = Sichtungsgruppe IIgrün = Sichtungsgruppe IIIgrau oder blau oder schwarz = Sichtungsgruppe IV

(je nach verwendeter Grundfarbe des Dokumentations-systems)

Sichtungskategorie Beschreibung KonsequenzI akute, vitale Bedrohung Sofortbehandlung

II schwerverletzt/erkrankt aufgeschobene Behandlungsdringlichkeit

III leicht verletzt/erkrankt spätere (ambulante)Behandlung

IV ohne Überlebenschance

betreuende (abwartende)Behandlung

Tote Kennzeichnung

30

Page 32: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Zur Dokumentation des Sichtungsergebnisses von Verletztenund Kranken sowie zur Registrierung von Personen in einemSchadensgebiet gibt es bekanntlich in Deutschland viele ver-schiedene Verletzten-Anhänge-Karten bzw. Registrierungs-systeme.

Grundsäzliche Anforderungen an eine sog. Verletzten-Anhänge-Karte sind:

– höchstmögliche Materialstabilität, auch bei extremen Tem-peraturen und Wettereinflüssen

– optimale Beschreibbarkeit mit handelsüblichen Stiften

– gute Erkennbarkeit des Sichtungsergebnisses – bei Bedarfauch aus größerer Entfernung –

– gute „Befestigungs“- bzw. Umhängemöglichkeit an den zusichtenden Personen

tSofern beim Sichtungsvorgang prinzipiell ein erstes, nur orien-tierendes Sichtungsverfahren („sweaping sorting“) vom verant-wortlichen Arzt eingeplant wird, kann auch eine erste Dokumen-tation eines Sichtungsergebnisses mittels eines – entsprechenddem „Ampel-Schema“ – farbigen Armbandes erfolgen mit Ver-wendung einer Verletzten-Anhänge-Karte im zweiten Durch-gang.

Wenn auch das Eintreten eines Spannungs- oder Verteidigungs-falles im Sinne des Grundgesetzes entsprechend den derzeiti-gen politischen Rahmenbedingungen als extrem unwahrschein-lich gelten kann, ist im Interesse der Bevölkerung zu bedenken,dass in diesem Fall die im Rahmen des Leitfadens näher ausge-führten Handlungsempfehlungen für Katastrophenfälle sicher-lich analog Gültigkeit haben.

Für Redaktion und Autoren dieses Leitfadens ist es ein tiefesAnliegen, primär Ärztinnen und Ärzten, aber auch all denen, diebei Katastrophenereignissen Mitbürgern zu Hilfe kommen –seien es interessierte Laienhelfer oder Einsatzkräfte – gleichwelcher Profession und Arbeitsebene, Informationen an dieHand zu geben zum Nutzen (möglicher) Schadensopfer. Dabeisoll auch eine erste Antwort gegeben werden auf die zu seltengestellte Frage: „Who helps the helper? – Wer hilft dem Helfer?“…

31

Page 33: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 34: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

33

Allgemeine Aspekte zuKatastrophensituationen

Page 35: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 36: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

5. Der Mensch in der Katastrophe:Ausgewählte Aspekte derPsychosozialen Unterstützung (PSU)

F. Waterstraat

1. Terminologische Vorbemerkung

Unter sehr enger Orientierung an den im Auftrag des Bundesmi-nisteriums des Innern erarbeiteten Vorschlägen zur sprachlichenVereinheitlichung wird im Folgenden zwischen PsychosozialerNotfallversorgung (PSNV) und Psychosozialer Unterstützung(PSU) unterschieden:

PSU-Angebote sind die nach Beauftragung in einem konkre-ten Einsatz kurz-, mittel- und langfristig durchgeführten metho-disch-strukturierten und jeweils in sich geschlossenen Maßnah-men mit definiertem Methodenspektrum. Sie umfassen zumeinen ein breites Spektrum professioneller und nicht professio-neller, ehrenamtlich oder entgeltlich angebotener methodisch-strukturierter, aber auch alltagsnaher Hilfen unterschiedlicherHilfesysteme mit sekundärpräventiver Zielsetzung. Hierunterfallen die Angebote der Notfallseelsorge, Notfallpsychologie,Kriseninterventionsteams, Einsatznachsorgeteams, aber auchsozialarbeiterische und administrative Hilfen. Zum anderen wer-den aber auch – insbesondere in der langfristigen Versorgung –ärztlich- und psychologisch-psychotherapeutische sowiepsychiatrische heilkundliche Maßnahmen dazu gezählt. Richtensie sich an Einsatzkräfte, ist von Einsatznachsorge die Rede.Die Maßnahmen für Opfer, Angehörige und Hinterbliebene wer-den unter dem Begriff der Notfallnachsorge zusammenfassendbetrachtet.

Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) umfasst darüberhinaus die Breite der Angebotssysteme, Versorgungsstrukturen,Organisationsformen und Regelungen von psychosozialen Maß-nahmen im Rahmen des Bevölkerungsschutzes, aber auch inder ambulanten und stationären psychologischen, psychosozia-len, psychotherapeutischen und (sozial-)psychiatrischen Regel-versorgung (vgl. Beerlage, Hering, Nörenberg, 2006)

Dieser Beitrag konzentriert sich auf die in einem Katastrophen-einsatz vorzuhaltende Psychosoziale Unterstützung (PSU).

35

Page 37: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

2. Interdisziplinarität als Leitbild ganzheitlicherEinsatzbewältigung

Der Begriff „Katastrophe“ ist unterschiedlich gefüllt, je nach-dem, ob er politisch oder auf der Basis eines individuellen Ver-ständnisses definiert wird. Für Organisationen und Behördenmit Sicherheitsaufgaben beginnt sie z. B. bei einem Massenan-fall von Verletzten, für den Einzelnen kann der Verlust bereitseines vertrauten Menschen oder seines Arbeitsplatzes eine per-sönliche Katastrophe sein. Die Terroranschläge des 11. Sep-tember 2001 in den USA, die von Madrid und London und nichtzuletzt die gewaltige Naturkatastrophe des Tsunamis am Jah-resende 2004 haben diese Begrenztheit menschlichen Lebensund seine mögliche Gefährdung drastisch vor Augen geführt.

Im hier zur Debatte stehenden Sinn meint Katastrophe also einGeschehen, das auf verschiedenen Ebenen (z. B. intellektuell,emotional, körperlich, operativ, technisch) die gängigen Krisen-bewältigungsmuster extrem fordert oder überfordert.

Zu einer umfassenden Anthropologie im Kontext der Katastro-phe gehört auch eine Analyse der nicht-technischen, nicht reinphysiologischen, also der z. B. psychologisch oder theologischzu betrachtenden Komponenten dieses Geschehens. Und esgehört dazu, genauso, wie dieses z. B. für logistische Fragengeplant wird, taktische und strategische Handlungslogiken fürden Sektor der Psychosozialen Unterstützung zu entwickeln(siehe auch Beerlage im selben Band). Dabei müssen sowohlBetroffene, als auch Helfer im Blick sein.

Entscheidend für die Akzeptanz psychologischer und theologi-scher Beiträge in Vorsorgeplanungen wird sein, ob es diesenWissenschaften gelingt, den Wert ihrer Einsichten in das Seindes Menschen für den Prozess der Bewältigung von Katastro-phen nachvollziehbar zu vermitteln. Positive Erfahrungen, wiesie reflektiertes theologisch-kirchliches Handeln der Notfall-seelsorge – z. B. in der Gestaltung bestimmter Rituale oderGesprächsangebote – genauso wie notfallpsychologisch be-gleitendes Handeln ermöglichen, sind eminent wichtig fürBetroffene und Helfende. Wäre es nicht Aufgabe derjenigen, diedie Gesamtverantwortung der Planungsprozesse z. B. für einBundesland oder regional begrenzt auf der Ebene eines Land-kreises tragen, die Sicht auf den Menschen in Not auch indiesen Perspektiven der „soft skills“ offen zu halten?

36

Page 38: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Eine ganzheitlich denkende und arbeitende Einsatzbewältigungerscheint nur interdisziplinär sinnvoll. Bei der präventiven Analy-se möglicher Szenarien, bei der Entwicklung effektiver Struktu-ren des On-Scene-Support und in der Nachsorge gibt es Syn-ergien, wenn verschiedene Perspektiven wie z. B. die theo-logische, die psychologische und die pädagogische einge-bracht werden können. Die wünschenswerte Interdisziplinaritätals Antwort auf ein hochdynamisches und „komplexes“Geschehen führt aber zu gelegentlichen Begriffsunschärfen: Derfür dieses Geschehen sensible Seelsorger muss über psycholo-gisches Wissen und angemessene Handlungsmuster verfügen,um an einer Großschadensstelle den Menschen helfen zu kön-nen, genauso, wie der auch dort tätige Psychologe ein Gespürfür in diesem Ereignis virulente religiöse Bedürfnisse haben soll-te. Hier nur Trennendes zu betonen, forciert ungute, der Zusam-menarbeit und damit auch der Versorgungsqualität der Betroffe-nen abträgliche Konkurrenzen.

Die Problemfelder interdisziplinärer Zusammenarbeit sind gutdokumentiert; verstärkt geht es nun um deren Lösung. Bei allenKontroversen und empirischen Lücken zu Wirksamkeit undNebenwirkungen von frühen psychosozialen Angeboten nachNotfallereignissen (BVA 2002; Bengel 2004) gibt es deutlicheHinweise auf deren Bewährung bei der Vorbeugung und Abfe-derung massiver psychischer Traumafolgestörungen wie z. B.PTSD (Post Traumatic Stress Disorder = PosttraumatischeBelastungsstörung). Bei allen Kontroversen um Mindeststan-dards hinsichtlich der Voraussetzungen gibt es zunehmendeVerständigung darüber, was qualifizierte Unterstützung undNachsorge für Betroffene und Einsatzkräfte – und für diese auchhoch wirksame primäre Präventionsmaßnahmen – kennzeich-net. Dazu gehört auch die Frage, wie man das Einsatzende de-finiert: Ist der Einsatz beendet, wenn die Technik sich „frei“meldet, oder dann, wenn die in der Gesellschaft Verantwortli-chen ihr Möglichstes für Helfer und Betroffene getan haben, umauch die seelischen (Spät-)Folgen zu lindern? In diesem Sinnwäre Psychosoziale Unterstützung Teil der staatlichen Daseins-vorsorge.

Die folgende Darstellung von psychosozialen Aspekten desKatastrophengeschehens verzichtet auf konkrete Bezugnahmenzu einzelnen Katastrophen, da es um eine grundsätzliche Ver-deutlichung geht.

37

Page 39: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

3. Inhaltliche Konkretisierungen

3.1 Stressoren im Großschadensfall und in derKatastrophe

Vorbemerkung:Die Kenntnis von psychisch relevanten Stressoren im (Katastro-phen-)Einsatz ermöglicht eine gezielte primäre Prävention fürEinsatzkräfte durch gezielte Ausbildungsmaßnahmen. SowohlFachkräfte der PSU, als auch Einsatzkräfte müssen im Vorfeldmöglicher Szenarien dafür sensibilisiert werden, was auf sieselbst und die Betroffenen zukommen kann. Natürlich wirkendiese Stress-Faktoren unterschiedlich auf Helfer und Betroffene,aber sie sind für alle Teil des Gesamtgeschehens und in mehrer-lei Hinsicht relevant: z. B. für den Helfer im Rettungsdienst alsauf ihn einwirkend, aber auch auf die Betroffenen. Für die Fach-kräfte PSU sind sie wichtig als das Geschehen, auf das auchsie mit ihren besonderen Maßnahmen reagieren (müssen).

Leitfragen für die Vorbereitung auf eine Bewältigung der hiergenannten Stressoren:– Welche Vorbereitungsmöglichkeiten z. B. für Einsatzkräfte

und für potentielle Betroffene gibt es?

– Wie kann man in der Einsatzsituation zum Nutzen von Hel-fern und Betroffenen selbst kompetent reagieren?

– Welche möglichen Nach- und/oder Langzeitwirkungenkönnten aus diesen Stressfaktoren resultieren und welcheBewältigungsangebote für Helfer und Betroffene sind hilf-reich?

Mögliche Stressoren: Konfrontation mit wenigstens anfänglichnahezu hilflos machenden Schadensdimensionen; schlechteSichtverhältnisse durch Nebel, Rauch, Dunkelheit; Orientie-rungsprobleme in unbekannten Objekten oder Gegenden; Kom-munikationsprobleme im Funkverkehr bei noch nicht erfolgterAbschnittsbildung und Zuweisung bestimmter Funkkanäle,Sprachgrenzen-überschreitende Einsätze, Aufregung, Lärm;nächtliche Einsätze; extreme Temperaturen; lange dauerndeEinsätze; Verkehrsberuhigung auf Zufahrtswegen; durch Witte-rungseinflüsse beeinträchtigte Wege; Versagen oder Ungenü-gen der eingesetzten Technik; Umgang mit Gefahrgut;

Anblick von Verletzten, Verstümmelten, Toten, insbesondere vonKindern oder bekannten Personen; Konfrontation mit einer bis-her unbekannten Zahl von Betroffenen („MANV“ großer Dimen-

38

Page 40: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

sion); Personen in Zwangslagen, deren Befreiung lange dauertoder misslingt; schwerwiegende Handlungsfehler; Gerüche,Schreie; Verletzung oder Tod von Helfern; Behinderung durchGaffer oder Sensationsjournalismus; Zwang, Verletzte zu verlas-sen (Sichtung); Konfrontation mit entsetzlichen Einzelschick-salen;

Kompetenzgerangel der beteiligten Organisationen oder inner-halb einer Organisation; akute oder chronische eigene Proble-me, die den Kopf für das aktuelle Ereignis blockieren; Eskalati-on der Lage; unangemessene Kritik und Vorwürfe von direkt amEinsatz Beteiligten; Auslandseinsätze mit längerer Vorlaufzeit biszum Eintreffen am Schadensort und daraus resultierendenfrustrierenden Erfahrungen (nur noch Bergung von Toten,schlechte hygienische Bedingungen, anderes Verständnis vonindividuellem Leid u. a.)

3.2 Mögliche Folgen extremer Belastungen: Von der Stressreaktion bis zur PosttraumatischenBelastungsstörung

Vorbemerkung:Menschen reagieren unterschiedlich, abhängig von ihremLebensalter, ihrer bisherigen Lebenseinstellung – besonders zumenschlichen Grundfragen, wie denen nach Sterben, Tod undeiner möglichen Überwindung des Todes, wie sie von vielenReligionen geglaubt wird. Niemand, der auf ein seine bisherigenLebens- und Krisenbewältigungsmechanismen völlig überfor-derndes Ereignis “stresshaft” reagiert, ist dann bereits psy-chisch oder physisch krank. Die im folgenden benannten Reak-tionsweisen sind normale Reaktionen auf ein abnormalesEreignis. Entscheidend erscheint, dass keine vorschnelle Patho-logisierung einzelner Reaktionsweisen wie z. B. der Trauererfolgt – Trauer ist nicht per se eine Krankheit, sondern eineangemessene Reaktion auf einen erlittenen Verlust. Genau soist eine Stress-Reaktion im Sinn des Allgemeinen Adaptations-syndroms und des Fight-Flight-Reflexes als Antwort auf eine(lebens-)bedrohliche Situation nichts Pathologisches, sondernprotektiv und ggf. lebensrettend – erst dann, wenn diese Reak-tionen nicht mehr situationsangemessen sind und ihreursprüngliche Funktion verloren, sich „selbständig“ gemachthaben und selber Leiden und Alltagsbeeinträchtigungen her-vorrufen, beginnt der Krankheitswert. Ein misslingender Trauer-prozess oder ein prolongierter „Fight-Reflex“ können krank-machende Formen annehmen, und erfordern heilkundlicheBemühungen. In diesem Zusammenhang gewinnen die

39

Page 41: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

bewusste Förderung und Einbeziehung gegebener menschli-cher und struktureller Ressourcen, die Möglichkeit des Ausagie-rens und ein vor Ort stärkendes und stützendes HandelnBedeutung.

Reaktionsweisen von Helfern und Betroffenen werden divergie-ren, weil ihr Betroffensein aus unterschiedlicher Konfrontationmit der Situation resultiert. Aber es wird auch Vergleichbares inden Erscheinungsformen der Erschütterungen und Reaktionengeben; um beiden gerecht zu werden, sollten die aus Gründender Knappheit der Darstellung hier zusammengefassten Reakti-onsweisen und möglichen Symptomatiken mit Blick auf beideGruppen von Beteiligten gelesen werden. Es geht im folgendensowohl um Hilfen zur Zielgruppenorientierung, als auch um eineinhaltliche Orientierung über Stress-Reaktionen und PTSD.

Der Übergang von unterschiedlich intensiven Reaktionen aufdas Erlebte zur PTSD-Symptomatik kann fließend sein. Ein Risi-ko, das möglicherweise direkt Betroffene von Einsatzkräftenunterscheidet, ist die unterschiedliche Ausgangsbedingung beider Konfrontation mit dem Ereignis. Wer mit einem entsetzli-chen Geschehen unter dem Gefühl des eigenen Ausgeliefert-seins konfrontiert worden ist, hat ein deutlich höheres Risiko,psychische Traumafolgestörungen zu entwickeln, als der Helfer,der zwar hohen Belastungen ausgesetzt war, jedoch in derMehrzahl der Einsätze im weitesten Sinn Herr seiner selbst undmöglichst auch der Lage geblieben ist.

In der Situation selbst ist es unabdingbar, das Geschehen fürsich und andere entsprechend definieren und damit möglicheHandlungsmuster für sich und andere in der akuten und sub-akuten Phase einer Großschadenslage anzuwenden zu können.Dieses gilt für Helfende verschiedener Bereiche: für Einsatzkräf-te z. B. des Rettungsdienstes oder der Feuerwehr, und auch fürPSU-Mitarbeitende, die mit sehr belastenden Eindrücken kon-frontiert werden, und die möglichst wissen und anwenden kön-nen sollten, was sowohl ihnen, als auch den Betroffenen jetzthilft, das Erlebte in seiner schädigenden Wirkung zu begrenzen.Die Frage, wann ein abschließendes psychodiagnostischesScreening möglich ist, wird z. Zt. sehr kontrovers diskutiert.Nach Erfahrungen des Autors scheint dieses unmittelbar an derEinsatzstelle nur eingeschränkt möglich – weshalb es ratsamscheint, bei der Verwendung diagnostischer Kategorien und beider Beurteilung des Erlebens von Menschen eine gewisse Vor-sicht walten zu lassen. Die erforderlichen Maßnahmen psychi-scher Erster Hilfe könnten sich salutogenetisch orientieren an

40

Page 42: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

den vorhandenen individuellen und kollektiven und sozialenRessourcen einerseits und pathogenetisch am Schweregraddes jeweiligen individuellen oder kollektiven Belastungserlebensund an dem, was der einzelne als Helfer oder Unfallopfer jetztbraucht (siehe auch den Abschnitt „Möglichkeiten gelingenderEinsatzbewältigung“). Eine so formulierte „Bedürfnisorientie-rung“ verhindert, dass PSU-Anbieter ihre eigene Sicht desGeschehens verabsolutieren und die der direkt Betroffenen ver-nachlässigen. Konkret: Wem das Gebet hilft, der bete, ohne,dass es ihm verwehrt sei, und wem es nicht hilft, dem werde esnicht aufgezwungen.

Die dargestellten Erscheinungsformen von Erschütterung undSchreck gehen bei reichen persönlichen Bewältigungsmöglich-keiten und sozialen Ressourcen in aller Regel von selbst wiederzurück – wenn es keine PTSD-Anzeichen sind und wenn esnicht zu einer (Fehl-)Belastungskumulation kommt, die im Ideal-fall durch eine selbsttätige und möglichst auch extern gestützteErholung verhindert wird.

Leitfragen im Umgang mit der folgenden Darstellung könnenz. B. die gleichen wie die unter 2.1. genannten sein.

3.2.1 Stress-Reaktionen:

körperlich: hohe Alarmbereitschaft mit (ggf. extremer) Zunahme von Pulsund Atmung, Bluthochdruck, Muskelzittern bis zu Shrug-Be-wegungen, starkes Schwitzen, Übelkeit, Magenschmerzen,generell psychosomatische Beschwerden, Veränderung vonGesichtsfarbe und Tonfall, Verschlechterung der Artikulation,Gefühl totaler Erschöpfung bis zum physischen Kollaps;

emotional:Trauer, Mitleid, Schuldgefühle bei – warum auch immer – unzu-reichenden Hilfsmaßnahmen, Aggression gegen die Situationals solche, gegen Führungskräfte, das Schicksal, Gott oder „dieGesellschaft“; generelle Überforderung und Hilflosigkeit, seitensder Betroffenen Aggressionen gegen Helfer, Furcht, Angst;

kognitiv:abrupt aufbrechende Sinn-Frage mit quälender Suche nachErklärungen, Frage nach der eigenen Verwundbarkeit und End-lichkeit; „Abschalten“ der intellektuell-rational steuerndenSysteme bis hin zur Vernachlässigung von Selbstrettung und -schutz; Sorge um Kollegen, Freunde oder Angehörige;

41

Page 43: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

verhaltensbezogen:große, ggf. übertriebene Härte sich und anderen gegenüber,unruhige Überaktivität oder Rückzug in die Passivität, ggf.Regression auf kindliche Verhaltensmuster, völliger Verlust derKontrolle, plötzlicher Rückgriff auf religiöse Rituale (Beten,Rezitieren biblischer oder Gesangbuchtexte, Verlangen nacheinem Pfarrer);

3.2.2 PTSD

Die unter 2.2 dargestellten Stress-Reaktionen können sich zuPTSD weiterentwickeln. Bei einem zeitlichen Verlauf von 2 Tagebis 1 Monat nach dem Ereignis spricht man von einer akuten,bei einem Verlauf von länger als 1 Monat von der PTSD, voneinem verzögerten Beginn bei Auftreten der Symptome nachmindestens 6 Monaten, von einer chronischen PTSD bei längerals 2 Jahre auftretenden Symptomen. Einzelne Symptome einerStress-Reaktion, auch einer chronischen, können auf denBeginn von PTSD verweisen – aber sie müssen es nicht. Einesichere diagnostische Klärung ist psychotherapeutisch und psy-chotraumatologisch qualifizierten Fachleuten vorbehalten, auchum bestimmte (Fehl-)Beanspruchungsfolgen wie Burnout vonPTSD abzugrenzen.

Das Wissen um die Erscheinungsformen/Symptome der PTSDbereits vor dem möglichen Ereignis und dessen Vermittlungz. B. an Einsatzkräfte der Rettungs- und Hilfsorganisationen undder PSU gibt den beteiligten Akteuren ein höheres Maß anSicherheit nach innen und außen: Wer weiß, wann sowohl beiBetroffenen, als auch bei Helfern mit der Entwicklung einerposttraumatischen Symptomatik zu rechnen ist, kann präventiv,einsatzbegleitend und -nachsorgend gezielter tätig werden.

Diagnostische Kriterien Laut DSM IV (Saß, Wittchen, Zaudig, 1996) gilt als Vorausset-zung, um von einer posttraumatischen Störung zu sprechen, dieKonfrontation mit einem Ereignis, bei dem folgende Faktorenwirksam waren: die betroffene Person beobachtete oder erleb-te den tatsächlichen oder drohenden Tod oder schwere Verlet-zung oder Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit vonanderen oder sich selbst und damit waren intensive Gefühlevon Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen verbunden. Im ICD-10(WHO, 1991) wird das Ereigniskriterium beschrieben als belas-tendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedro-hung oder katastrophalen Ausmaßes..., die bei fast jedem einetiefe Verzweiflung hervorrufen würde.

42

Page 44: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Symptome:Wiederkehrendes Neu-Erleben des traumatischen Ereignissesauf mindestens eine der folgenden Weisen: wiederholte, hochbelastende Erinnerungen an das Ereignis, die Bilder, Gedankenoder Wahrnehmungen beinhalten können (von kleinen Kindernu. U. spielerisch reinszeniert), sich wiederholende Alpträume,das Gefühl, dem gewesenen traumatischen Ereignis aktuellausgesetzt, wieder „drin“ zu sein, verbunden mit Illusionen,Halluzinationen und dissoziativen Flashbacks; intensives seeli-sches Leid (u. U. mit körperlichen Begleiterscheinungen) beiinternalen oder externalen Hinweisreizen, die das traumatisie-rende Ereignis oder einen Aspekt davon symbolisieren;kontinuierliche Vermeidung von an das Trauma erinnernden Rei-zen ( z. B. Gedanken, Gesprächen, Aktivitäten, Orten, Personen)mit einer insgesamt eingeschränkten Reagibilität, Erinnerungs-lücken bezüglich wichtiger Aspekte des Traumas, Entfremdungvon der eigenen Umgebung, Affektreduktion, das Gefühl, keineoder nur eine sehr beschränkte Zukunft vor sich zu haben,kontinuierlich gesteigertes Arousal; erhöhtes Aggressionspoten-tial, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen.

Zur Diagnose von PTSD genügt das Vorliegen einzelner Sym-ptome bereits dann, wenn sie das Leben des Betroffenen kli-nisch bedeutsam beeinträchtigen. Die Zahl der vorliegendenSymptome scheint dabei weniger ausschlaggebend zu sein, alsdie jeweils von ihnen ausgehenden Beeinträchtigungen persön-licher und sozialer Lebensvollzüge.

4. Ausgewählte Methoden der PSU im Katastrophenfall

Primäre Prävention:Zur Ausbildung sollte auch eine Anleitung zur Reflexion der indi-viduell-psychischen Aspekte von Betroffenen und Helfern gehö-ren, und nicht nur die Reflexion der technisch-taktischenAspekte. Die Einbindung der Thematik „Psychischer Stress“ inAus- und Fortbildungscurricula ist qualifizierte Stress-Prophy-laxe. Wer sich selbst richtig einsetzen und einschätzen kann,verringert Belastungsfaktoren und kann mit entsprechenderZusatzqualifikation gerade als Fachkraft-PSU Helfern undBetroffenen wirksame Hilfe leisten. Übungen sollten realistischauf alle Aspekte des Geschehens vorbereiten – es ist jedochnach dem Realitätsgehalt von Übungslagen, der Einbindung derPSU und nach der Ernsthaftigkeit der anschließenden Kritik zufragen. Nicht wenige Helfer stufen Großschadenslagen alsbelastend oder extrem belastend ein – so dass eigentlich nie-

43

Page 45: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

mand mit seinen offenen Fragen alleine bleiben müsste. Nichtunwichtig ist auch der bewusste Erhalt der körperlichen Fitness,um in anforderungsreichen Situationen nicht so schnell ein fürdie Herausbildung einer PTSD hoch riskantes Erregungsniveauzu erreichen.

Wer weiß, worauf er sich einlässt, kann dieses bewusst tun,wird möglichen Belastungen gezielter begegnen können und somit geringerer Wahrscheinlichkeit ein Opfer seiner Hilfsbereit-schaft oder der Gleichgültigkeit der Umgebung. Dazu gehörtauch das Informieren der Helfer und der Betroffenen überbestehende Hilfs- und Begleitangebote in ihrem beruflichen,organisationsbezogenen und auch gesellschaftlich-lebenswelt-lichen Kontext: Notfall-, Feuerwehr-, Polizei-, Militär- undGemeindeseelsorge, Einsatznachsorgeteams, Notfallpsycholo-gie, ambulante und stationäre ärztliche und psychologischePsychotherapeuten, kirchliche und staatliche Beratungsstellen,psychosoziale Dienste der jeweiligen Arbeitgeber, Angebote dergesetzlichen Unfallversicherung wie der Unfallkassen der Feuer-wehr, der Länder und des Bundes, der Gemeindeunfallversiche-rungsverbände, der gewerblichen Berufsgenossenschaften, desBundesverbandes der Unfallkassen.

Von einem plötzlichen Schadensereignis Betroffene haben diesepräventive Chance kaum – um so härter trifft sie in aller Regeldas Ereignis, um so mehr brauchen sie vor Ort und möglicher-weise hinterher strukturierte und qualifizierte Unterstützung undBeratung der verschiedenen Fachdisziplinen.

Struktur und Inhalte der PSU müssen operativ und taktisch vor-geplant sein. Im Idealfall sind die beteiligten Akteure (s. o.) engmiteinander vernetzt. Organisatorisch und strukturell sollten vor-geklärt sein: Alarmierungswege und -folge, Alarmstichworte,Aufgabenbeschreibung, Ausstattung der Einsatzkräfte (z. B. Ein-satzkleidung, Einsatzkoffer oder -rucksack [Inhalt!], Kommuni-kationsmittel, Mobilität, Versorgung), Beauftragungen, Bereit-schaftssystem, Ausbildung(-sstandards), Supervision, Versiche-rungsfragen.

Möglichkeiten gelingender Einsatzbewältigung: Hilfreiche Verhaltensweisen und Maßnahmen können im Blickauf Helfende und Betroffene in Katastrophen/Großschadens-lagen (aber nicht nur dort) sein:

44

Page 46: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

1. Für Helfende direkt vor und während des Einsatzes:Vor Eintreffen an der Schadensstelle als persönliche, gewisser-maßen „akute Einsatzvorbereitung“ sich auf dem Weg zurEinsatzstelle des eigenen Lebensfundaments und seiner Res-sourcen vergewissern, z. B. bestehender religiöser oder philo-sophischer Bindungen und eigener Kompetenzen; nach demEintreffen sich nicht kopfüber ins Geschehen stürzen oder hin-einzerren lassen; cave: Mitleid ja – Identifikation mit den Opfernnein.

Während des Einsatzes: auch, wenn es banal klingt: bewusstein- und ausatmen; eigene Grenzen bewusst akzeptieren, inPausen so weit wie möglich emotional und räumlich aus derSituation aussteigen, um dann zurückzukehren; sich – wennirgend möglich – bei definitiver Überforderung ablösen lassen;auf Flüssigkeits-, Kohlehydrat- und Mineralstoffzufuhr achten;die Kollegen bewusst wahrnehmen: ein anerkennender Blick,ein zustimmendes Kopfnicken, ein gutes Wort, ein Händedruckoder dosierte Berührungen helfen zur grundsätzlichen Stabili-sierung; als Führungskraft der eigenen Mannschaft das Gefühlgeben, jetzt und nach dem Ereignis für sie da zu sein.

2. Für Betroffene und HelfendeDie Komplexität der Katastrophe erfordert vor allem: Überblickgewinnen und – je nach Auftrag, eigener (Führungs-)Funktionund (Führungs-)Qualifikation (s. Beerlage in diesem Band), z. B.als Fachberater PSU, Leiter PSU oder Führungsassistent PSU –Strukturen für die PSU aufbauen: PSU-Abschnitte und Unterab-schnitte bilden, einteilen, delegieren, Prioritäten setzen, nach-alarmieren; in der Akutphase die Betreuung Schwerverletzterund Sterbender als oberste Priorität der PSU ansehen; für Per-sonal und Räume sorgen („Raum“ kann ein abgeschirmter Platzdraußen oder am Rand der Schadensstelle sein); erwünschte,z. B. kirchliche Rituale durchführen; körperliche und emotionaleSicherheit vermittelnde Rückzugsgelegenheiten (z. B. Betreu-ungsplatz) schaffen für unverletzte Betroffene und Angehörige(konsequente Abschirmung vor den Medien); körperliche undemotionale Grundbedürfnisse befriedigen; Trauerreaktionenzulassen und aushalten, behutsam emotional und ggf. körper-lich Schutz und Halt anbieten; auf vermeintlich tröstende Allge-meinplätze verzichten; Betroffenen möglichst präzise Informa-tionen über das Unfallgeschehen und über Angehörige oderden Stand der Rettungsarbeiten beschaffen und weitergeben;mögliche Perspektiven der Begleitung (z. B. durch Psychologenoder Seelsorger) akut und über den Tag hinaus aufzeigen;besonders vulnerable Gruppen Betroffener wie z. B. Kinder, alte

45

Page 47: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Menschen, ausländische Mitbürger, Touristen (Sprachbarriere?),behinderte Menschen im Blick haben; von PSU-Mitarbeiternbegleitete Rückzugs- und Erholungsräume für erschöpfte Helfereinrichten; mit Angehörigen rechnen, die möglicherweise in gro-ßer Zahl und sehr fordernd auftreten; Auskunftsstelle (Hotline?)einrichten; psychosoziale Unterstützung der in KrankenhäuserEingelieferten sicherstellen.

Einsatznachsorge und Notfallnachsorge Der Einsatz ist für Helfer und Betroffene solange nicht abge-schlossen, wie die Begleitung derjenigen, die sie sich wün-schen, nicht abgeschlossen ist.

Aus dem breiten Spektrum von Methoden, die Helfer undBetroffene unterstützen können, wird hier nur eine Auswahldargestellt (zu Anbietern und Institutionen siehe auch denAbschnitt „Primäre Prävention“, zur genaueren Darstellung vonStrukturen auch den Beitrag von Beerlage in diesem Band).

Ausgewählte Methoden der Einsatz- und Notfallnachsorge

Ein waches Interesse am anderen Menschen, das versucht, ihnin seiner akuten Verfassung während des Einsatzes und danachwahrzunehmen; eine offene Gesprächsatmosphäre, die vongegenseitigem Respekt, aktivem Zuhören und gegenseitigerOffenheit geprägt ist, so dass man das Gefühl hat, sagen zudürfen, wie es einem wirklich geht; dazu gehört die Schaffungund Pflege einer Gesprächskultur und eines Klimas, in demBefindlichkeitsäußerungen nicht sanktioniert, sondern akzeptiertwerden; Autarkie ist sicherlich wünschenswert, aber in diesemGrenzbereich menschlichen Lebens ist kaum alles alleine zubewältigen – und das muss es auch nicht sein; diese Grundein-sicht kann bei Helfern und Betroffenen einer Katastrophe dazuführen, ressourcenfördernden Austausch, Gespräch, stützendeRituale, Begleitung oder Behandlung zu suchen. Vor allem Füh-rungskräfte sollten sich hier generell in enger Abstimmung mitbereits im Alltag vorhandenen Strukturen psychosozialer Unter-stützung – extensiv verstanden – über regionale Angebotsstruk-turen und mögliche Kooperationspartner informieren.

Ein mögliches Angebot hat z. B. als Defusing nach CISM eherinformellen Charakter, wenn es in direkter zeitlicher Nähe zumEinsatz stattfindet und dann der Klärung der aktuellen Befind-lichkeit und der Information über weitergehende Gesprächs-und Bearbeitungsangebote dient und damit eine überschauba-re Gruppe von Helfern anspricht. Stärker strukturiert ist dage-

46

Page 48: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

gen das geregelte Einsatznachgespräch, das an verschiedenenFormen der Gesprächsführung (z. B. dem Debriefing nachCISM) orientiert werden kann. Auf eine weitergehende Differen-zierung der Arten der Gesprächsführung wird hier verzichtet;grob orientierend seien für den Erfolg exemplarische Basis-Regeln genannt, die nach den Erfahrungen des Autors gültigsind, auch wenn es z. Zt. eine lebhafte Debatte über die Bedin-gungen der Wirksamkeit solcher Einsatznachgespräche gibt:

Nur freiwillige Teilnahme (zur Verhinderung möglicher Sekundär-traumatisierungen); Teilnahme von Disziplinarvorgesetzten nur beivorbehaltloser Zustimmung der Untergebenen (ggf. eigene Grup-pe der Vorgesetzten bilden); absolute Vertraulichkeit des gesam-ten Gespräches; feld- und methodenkompetente Leitung struktu-riert das Gespräch in Verlaufsphasen und moderiert; Teil-nehmende sind nur an dem zu besprechenden Einsatz Beteiligte;ideal sind 8 – 10 Personen; Termin 24 – 72 Stunden nach Einsatz-ende (diese zeitliche Ansetzung wird gegenwärtig sehr kontroversdiskutiert; der Autor vertritt sie aufgrund eigener Erfahrungen alsLeiter und Teilnehmer solcher Gespräche); die anberaumte Zeitsollte einschließlich einer dienstfreien Übergangszeit in den Alltagbei 3 – 4 Stunden liegen; weitere Gespräche für die Gruppe oderfür Einzelne optional; Störungsfreiheit (kein Handy, kein Funkmel-deempfänger, kein Funkgerät, keine Außenkontakte etc.) sicher-stellen; Schaffung einer freundlichen, offenen Atmosphäre, dieindividuelle Befindlichkeitsäußerungen zulässt; es wird nicht überallgemeine Probleme oder allgemeine technisch-taktische Fragengesprochen, sondern über die im weitesten Sinn psychologischoder seelsorgerlich zu behandelnde Seite des Gesamtgeschehensunter Einschluss der damit verknüpften z. B. technischen Fakten;Redebeiträge sollten schwerpunktartig daher auch „per ich/du/Sie“ und nicht per „man“ erfolgen; Störungen haben Vorrang –vor einem glatten, diskursiven Gesprächsverlauf; es gibt keinenRedezwang; sinnvoll ist, einen ebenfalls geschützten Nebenraumeinschließlich verfügbarer Fachkraft-PSU zur Verfügung zu haben,falls einen Teilnehmenden die Gesprächssituation überwältigt;sollte nur ein Einzelner ein Nachgespräch wünschen, ist es ihmselbstverständlich zu ermöglichen.

Das Gespräch ist keine Therapie; Resultat kann Einsicht in dieNotwendigkeit von Therapie für Einzelne oder die Gruppe sein.Auch die näheren Bezugspersonen der am EinsatzgeschehenBeteiligten müssen in den Blick der Nachsorge kommen, dennviele nehmen ihre Eindrücke oder Belastungen und extremenErfahrungen mit nach Hause.

47

Page 49: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

NotfallnachsorgeBetroffene müssen in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Scha-denereignis über individuell und kollektiv ausgerichtete Inhalteund Arbeitsformen der Notfallnachsorge z. B. durch persönli-chen Kontakt und Handouts informiert werden. Notfallseelsor-ge, Kriseninterventionsteams und Notfallpsychologen solltensich den Betroffenen zeitnah bekannt machen, ohne „missionie-ren“ zu wollen oder sich aufzudrängen. Diese Information solltedurch kurz- und mittelfristig z. B. in den Medien öffentlich prä-sente – und nach Möglichkeit anhand noch festzulegenderStandards und Qualitätskriterien zertifizierte – Angebote derBeratung, Begleitung und ggf. Therapie ergänzt werden. Dabeisind diejenigen der unter „Primäre Prävention“ (s. o.) genanntenAnbieter aus der Perspektive der Betroffenen zu berücksichti-gen, die auch für Opfer- und Angehörigen-Hilfen qualifiziertsind. Von dort angebotene Nachsorgemethoden und -maßnah-men sind z. B. die Kontaktherstellung zu Strukturen der kirchli-chen Regelorganisation in Kirchengemeinden und -kreisen bzw.Dekanaten und ihren begleitenden Angeboten wie seelsorger-lich beratenden Gesprächen; die Kontaktherstellung zu denStrukturen der psychologischen und psychotherapeutischenAkut- und Regelversorgung; Gründung und Förderung vonSelbsthilfegruppen Betroffener, Gestaltung stützender und dieVerarbeitung des Erlebten fördernder Rituale wie Gedenkgot-tesdienste, bewusste Gestaltung des Jahrestages, Ermutigungzu einem gestalteten und ggf. begleiteten Umgang mit individu-ell bedeutsamen Tagen (wie z. B. dem Geburtstag von Verstor-benen) oder Orten (z. B. gemeinsamer wichtiger Erlebnisse)oder Errichtung einer Gedenkstätte; PSU-Fachkräfte solltenBetroffene über gesunde, aber auch über auf Dauer krank-machende, nur vermeintliche Bewältigungsmuster informieren;Möglichkeiten der Hilfe durch Rechtsberatung, Kontaktauf-nahme zu Versicherungen und ggf. Berufsberatungen solltendargestellt werden.

5. Fazit

Die in diesem Leitfaden angestrebte schnelle Informationsge-winnung für bestimmte Bereiche notfallmedizinischen Handelnsist auch hier intendiert. Wer im Einsatz diesen Leitfaden in dieHand bekommt und am Thema Psychosoziale Unterstützung„hängen bleibt“, sollte diesen Beitrag und den von Beerlage(s. S. 51) lesen. Mögliche Unsicherheiten im Zusammenhang mitMaßnahmen der Psychosozialen Unterstützung werden durchInformationen über Ziele, Inhalte und Arbeitsformen behoben.

48

Page 50: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Damit wäre ein Beitrag dazu geleistet, diese Angebote anzuneh-men und möglichen negativen Folgen bei Einsatzkräften undBetroffenen vorzubeugen.

Dieses Thema berührt existentielle menschliche Fragen undGrenzen. Deshalb ist interdisziplinäres Arbeiten mit geklärtenBegrifflichkeiten unerlässlich – denn nur so kann auch einerklärter Atheist sinnvoll mit einem Pfarrer der Notfallseelsorgezusammenarbeiten und umgekehrt.

Wünschenswert ist eine bundesweite, mit Qualitätsstandardsverbundene Vernetzung der zahlreichen guten Initiativen zurpsychosozialen Unterstützung von Menschen in Katastrophen-situationen, um regionalen konkurrenzbasierten Zerfaserungenund drohender Kommerzialisierung zu begegnen.

Literaturverzeichnis

1. Beerlage, I., Hering, T., Nörenberg, L.: Entwicklung vonStandards und Empfehlungen für ein Netzwerk zur bundes-weiten Strukturierung und Organisation psychosozialer Not-fallversorgung. Schriftenreihe Zivilschutzforschung – NeueFolge Band 57. Bundesamt für Bevölkerungsschutz undKatastrophenhilfe, Bonn 2006

2. Bengel, J. (Hrsg.): Psychologie in Notfallmedizin und Ret-tungsdienst (2. Aufl.). Springer, Berlin 2004

3. Bundesverwaltungsamt (BVA), Zentralstelle für Zivilschutz –Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivil-schutz (AKNZ) (Hrsg.), 2002, Workshop: Stress im Katastro-phenschutz. Zwischenbilanz und Forschungsbedarf (Schrif-tenreihe Wissenschaftsforum, Band 2), Bonn: Eigenverlag.

4. Hüls, E.; Oestern, H.-J. (Hrsg.): Die ICE-Katastrophe vonEschede. Erfahrungen und Lehren. Eine interdisziplinäreAnalyse. Springer, Berlin, Heidelberg, New York, Barcelona,London 1999

5. Jatzko, H., Jatzko, S., Seidlitz, H.: Das durchstoßene Herz –Ramstein 1988. Beispiel einer Katastrophen-Nachsorge.Stumpf & Kossendey, Edewecht 1995

6. Mitchell, J. T. Everly, G. S.: Stressbearbeitung nach belas-tenden Ereignissen. Zur Prävention Psychischer Traumati-sierung. Stumpf & Kossendey, Edewecht, Wien 1998 (über-arbeitete Fassung 2005)

49

Page 51: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

7. Müller-Lange, J. (Hrsg.): Handbuch Notfallseelsorge. Stumpf& Kossendey, Edewecht, Wien 2001 (Neuauflage in Vorbe-reitung)

8. Saß, H., Wittchen, H.-U. & Zaudig, M.: (1996) DSM IV. Beltz,Weinheim

9. Waterstraat, F.: Einsatz: Notfallseelsorge. Lutherisches Ver-lagshaus, Hannover 2004

10. WHO (1991): Internationale Klassifikation psychischerStörungen ICD-10, Kapitel V (F). Klinisch-diagnostischeLeitlinien. Huber, Bern

50

Page 52: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

6. Management PsychosozialerNotfallversorgung in Katastrophen- undGroßschadenslagen

I. Beerlage

1. Hintergrund

Die hier vorgeschlagene Management-Struktur der Psychoso-zialen Notfallversorgung ist das Ergebnis der Auswertungzurückliegender Erfahrungen in der Koordination von Maß-nahmen der Psychosozialen Unterstützung in Katastrophen-bzw. Großschadenslagen (Beerlage, Hering, Nörenberg, 20061).Berücksichtigt wurden auch auf europäischer Ebene erarbeiteteVorschläge (Seynaeve, 2001). Die daraus abgeleiteten Empfeh-lungen zur strukturellen Einbindung der Psychosozialen Notfall-versorgung in einer Großschadenslage bilden die Basis, auf der– in modifizierter Übertragung auf Großveranstaltungen (s. Hel-merichs, 2005) – bereits seit 2005 im Auftrag der neun Bundes-länder mit FIFA-WM 2006 Spielstätten Führungskräfte (Beauf-tragte der Einsatzorganisationen und Psychosoziale Fachkräfte(z. B. Notfallseelsorger, Diplom-Psychologen, Psychotherapeu-ten) für Aufgaben der Leitung und Organisation der Notfall- undEinsatznachsorge an der Akademie für Krisenmanagement,Notfallvorsorge und Zivilschutz (AKNZ) ausgebildet werden.

Die Führungsstruktur der Psychosozialen Notfallversorgung fügtsich in die Führungsstrukturen im Katastrophenschutz ein(Ferch & Melioumis, 2005; Ständige Konferenz für Kata-strophenvorsorge und Katastrophenschutz, 2006). Leitungs-und Koordinierungsfunktionen sind analog zum System dermedizinischen Maßnahmen konzipiert. Die im Folgenden ver-wendeten PSNV-Funktionsbeschreibungen und -bezeichnun-gen sind auch im Wörterbuch für Bevölkerungsschutz undKatastrophenhilfe festgehalten (Ständige Konferenz für Kata-strophenvorsorge und Katastrophenhilfe, 2006) und decken sichmit den Beschreibungen und Bezeichnungen für die an derAKNZ qualifizierten Führungsfunktionen.2

51

1 Im Auftrag des Bundeministerium des Innern, BVA, Zentrum für Zivilschutz, Projekt-Nr.: B1.11-101/02, Laufzeit 12/02 – 7/04

2 Im Rahmen der Umsetzung in Ausbildungsmaßnahmen aber auch der Auswertung nachfol-gender PSNV-Einsätze in Katastrophenlagen (z.B. Einsturzkatastrophe in Bad Reichenhall,Januar 2006) erfahren einzelne Elemente kontinuierliche Konkretisierungen und Optimierun-gen. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen.

Page 53: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

2. Notwendigkeit der strukturellen Einbindung derPsychosozialen Notfallversorgung

In Katastrophen werden verletzte und unverletzte Opfer, Ange-hörige und Hinterbliebene, aber auch Einsatzkräfte in unter-schiedlicher Weise und in unterschiedlichem Ausmaß psychischherausgefordert, überfordert oder traumatisiert. Die sich darausergebenden unterschiedlichen Bedürfnisse nach sozialer Unter-stützung und psychosozialer Hilfe bzw. psychotherapeutischerIntervention verändern sich zudem ereignis- und belas-tungsbezogen mit zunehmendem zeitlichem Abstand vomEreignis (Seynaeve, 2001). Zur Prävention psychischer Folge-störungen nach Notfallereignissen, insbesondere katastropha-len Ausmaßes, sollte grundsätzlich, aber zugleich bedarfs-abhängig ein nach Zielgruppen und zeitlichem Verlaufdifferenziertes Spektrum psychosozialer Hilfen in das Katastro-phenmanagement einbezogen werden. Dieses differenzierteSystem der Psychosozialen Notfallversorgung umfasst gegen-wärtig Angebote der Krisenintervention, Einsatznachsorge, Not-fallseelsorge und Seelsorge in Feuerwehr, Rettungsdienst,Polizei und Militärseelsorge, Notfallpsychologie, Psychotrauma-therapie sowie der psychosozialen Versorgung. Es steht bun-desweit – mit deutlichen regionalen Unterschieden – mehr oderweniger flächendeckend zur Verfügung. Die Vielfalt der zielgrup-penspezifischen Bedürfnisse aber auch der psychosozialenAnbietersysteme erfordert im Großschadensfall den Aufbaueiner koordinierenden Struktur, um Über-, Unter – oder Fehl-versorgung zu vermeiden und die regional verfügbaren oderüberregional alarmierten Anbieter psychosozialer Unterstützungökonomisch einzusetzen.

Psychosoziale Unterstützung (PSU) im engeren Sinne umfasstdie Durchführung aller in und nach einem definierten Katastro-phenfall, MANV oder Individualereignis angebotenen konkretenHandlungsstrategien und Interventionsmethoden der Psychoso-zialen Unterstützung (PSU). PSU gliedert sich in Notfallnachsor-ge für Notfallopfer, Angehörige, Hinterbliebene, Ersthelfer undanderen Betroffenengruppen und Einsatznachsorge für Einsatz-kräfte. Psychosoziale Unterstützung im Einsatz bedarf im Vor-feld der Organisation und strukturellen Regelungen einer res-sortübergreifend abgestimmten, geregelten und interdisziplinärund behördenübergreifend vernetzten Psychosozialen Notfall-versorgung (PSNV) im Rahmen des Bevölkerungsschutzes undder ambulanten und stationären psychologischen, psychosozia-len, psychotherapeutischen und (sozial-)psychiatrischen Regel-versorgung.

52

Page 54: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Unter Bedingungen des MANV/Katastrophenfalls sollte die Inte-gration der PSU in die Führungsorganisation der Gefahrenabwehrgrundsätzlich gewährleistet sein. Aus zurückliegenden Einsätzenbekannt gewordene Reibungsverluste sollen so vermieden oderverringert werden. Diese betrafen vor allem die schlecht odernicht abgestimmte Alarmierung von PSU-Kräften, die unkoordi-nierte sowie qualitativ und organisatorisch uneinheitliche Durch-führung der psychosozialen Maßnahmen sowie Defizite im Infor-mationsmanagement (zwischen Koordinatoren einzelner Anbieter-systeme, zwischen Anbietern und Einsatzleitung). Der Bedarfnach Weiterbetreuung über die Akutphase hinaus sollte mit demZiel der Vermeidung von Betreuungsbrüchen oder -lücken durcheine direkt anschließende und somit frühzeitig zu planende koor-dinierte mittel- und langfristige Nachsorge gedeckt werden.

3. PSU-Führungsstruktur und Führungsfunktionen

3.1 Einsatzabschnitt PSU:Ein eigener Einsatzabschnitt für alle Maßnahmen der PSU soll-te ergänzend zur präklinischen medizinischen Versorgung mitFeststellung eines Massenanfalles an Verletzten, einer Groß-schadens- oder Katastrophenlage eingerichtet werden. In ihmwerden alle Maßnahmen in den Untereinsatzabschnitten derNotfallnachsorge und Einsatznachsorge organisatorisch zusam-mengeführt. Weitere Untereinsatzabschnitte (z. B. Totenablage,Hotline etc., s. Helmerichs, 2005) können bei Bedarf gebildetwerden. Der Einsatzabschnitt PSU wird vom Leiter PSU geführt.Er hat – analog zum Leitenden Notarzt mit der Gesamtverant-wortung für alle medizinischen Maßnahmen (s. Rebentischi.d.Band, ) – die Gesamtverantwortung für alle Maßnahmen undoperativen Kräfte der Psychosozialen Unterstützung.

3.2 Fachberater PSU (FB PSU):In der Großschadenslage/Katastrophenfall oder anderen großenLagen sollte ein Fachberater PSU als Mitglied der Einsatzlei-tung, insbesondere des operativ-taktischen Führungsstabes,bzw. des Krisenstabes eingesetzt werden. Er berät den Füh-rungsstab hinsichtlich aller Fragen und Aufgaben der Psycho-sozialen Notfallversorgung und bereitet Entscheidungen vor.

Der Fachberater PSU ist ein in Einsatznachsorge oder Notfall-nachsorge geschultes Mitglied einer Einsatzorganisation oderBeauftragter einer Katastrophenschutzbehörde. Im Regelfallhandelt es sich dabei um eine Psychosoziale Fachkraft (Notfall-seelsorger, Diplom-Psychologe, (Klinischer) Sozialarbeiter, ärzt-

53

Page 55: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

licher und psychologischer Psychotherapeut) mit umfassenderFeldkompetenz. Er verfügt über eine anerkannte Zusatzqualifi-kation zum Fachberater PSU und umfassendes Wissen über dieGesamtstruktur der PSNV. Er ist über die Leitstelle zu alarmie-ren.

Seine Aufgaben bestehen in der Vorbereitung der PSU-Bedarfs-ermittlung, des Aufbaus eines Einsatzabschnittes PSU mitggf. PSU-Unterabschnitten sowie der Einsetzung des Leitersdes Einsatzabschnittes PSU. Er bezieht externe regionale undüberregionale Dienste und Experten der Psychosozialen Notfall-versorgung in die Planung und Kommunikation mit ein undkommuniziert über die Einsatzleitung mit dem Leiter des Ein-satzabschnittes PSU und dem Führungsassistenten PSU. Ererstellt solange, wie eine bundesweite PSNV-Ressourcen-Datenbank noch fehlt, eine regionale und überregioanle Res-sourcenübersicht unter Verwendung von Teil-Datenbanken dereinzelnen Anbietersysteme und Behörden. Seine Aufgabe istdarüber hinaus die Vorbereitung und Planung der langfristigenNachsorgestruktur unter Berücksichtigung regionaler Ressour-cen der psychosozialen, psychiatrischen und psychotherapeuti-schen Regelversorgung.

3.3 Leiter PSU (LPSU)Der Leiter PSU ist fachlicher Leiter des gesamten PSU-Einsat-zes im Einsatzabschnitt PSU mit den Untereinsatzabschnittender Notfallnachsorge und Einsatznachsorge und ggf. weiterenUntereinsatzabschnitten. Er ist dem Einsatzleiter bzw. Leiter desStabes unterstellt und kommuniziert mit dem Fachberater PSUüber die Einsatzleitung. Seine Weisungsbefugnis erstreckt sichüber alle eingesetzten PSU-Kräfte.

Der Leiter PSU ist ein in Methoden der Einsatznachsorge oderNotfallnachsorge geschultes Mitglied einer Einsatzorganisationoder Beauftragter einer Katastrophenschutzbehörde. Im Regel-fall handelt es sich dabei um eine Psychosoziale Fachkraft (Not-fallseelsorger, Diplom-Psychologe, (Klinischer) Sozialarbeiter,ärztlicher und psychologischer Psychotherapeut) mit umfassen-den psychotraumatologischen Kenntnissen und PSU-Einsatz-erfahrungen. Wünschenswert sind PSU-Koordinierungserfah-rungen in größeren Lagen. Er verfügt über eine anerkannteZusatzqualifikation zum Leiter PSU.

Er trägt (analog zum Leitenden Notarzt) die Gesamtverantwor-tung für alle PSU-Maßnahmen sowie alle beauftragten PSU-Leis-tungserbringer bis Einsatzende. Er leitet die operativen Kräfte

54

Page 56: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

PSU von der Ermittlung des PSU-Bedarfes bis zur Überleitung indie mittelfristige bzw. langfristige Nachsorge. Er koordiniert auchden Kräfte-Mittel-Einsatz zwischen den Unterabschnitten, insbe-sondere in Lagen mit mehreren auseinander liegenden Schaden-sorten. Im Mehrbedarfsfall an PSU-Angeboten (operativen PSU-Kräften) kann er über die Einsatzleitung über das Innen-ministerium/den Innensenat überregionale PSU-Kräfte anfordern,sofern diese nicht bereits überregional-organisationsintern in denEinsatzorganisationen alarmiert wurden und als PSU-Kräfteangemeldet sind. Im Bedarfsfall an ergänzender koordinierenderKompetenz ruft er über den Stab bzw. das Innenministerium/denInnensenat zusätzliche Unterstützungskräfte ab.

3.4 Führungsassistent PSU (FüAss PSU):Der Leiter PSU wird durch den gleichzeitig alarmiertenFührungsassistenten PSU (analog Organisatorischer LeiterRettungsdienst) unterstützt. Der Führungsassistent PSU ist einin Methoden der Einsatznachsorge oder Notfallnachsorgegeschultes und in PSU-Einsätzen erfahrenes Mitglied einer Ein-satzorganisation (Einsatzkraft oder Psychosoziale Fachkraft). Erverfügt über eine anerkannte Zusatzqualifikation zum Führungs-assistenten PSU.

Er unterstützt den LPSU bei der organisatorischen Umsetzungder angeordneten PSU-Maßnahmen sowie der Dokumentationdes PSU-Einsatzes. Der Führungsassistent PSU ist zuständigfür eine angemessene Informationsweiterleitung zwischen demLeiter PSU, Fachberater PSU, den eingesetzten operativen PSUKräften und der Einsatzleitung. Er koordiniert die eingesetztenoperativen Kräfte PSU in einzelnen PSU-Untereinsatzabschnit-ten. Er übernimmt die logistischen Aufgaben der Nachalarmie-rung von operativen PSU-Kräften im Mehrbedarfsfall.

3.5 Weite Unterstützung und Beratung durch Experten imBedarfsfall

Aufgrund der Seltenheit von wiederholten Katastrophen inner-halb eines Regierungsbezirkes oder Landes ist nicht automa-tisch damit zu rechnen, dass umfassende Erfahrung in der Lei-tung eines PSU-Einsatzes regional zur Verfügung steht. Fürdiese Fälle wird die Einbeziehung überregionaler Expertenempfohlen, die aus vorangegangenen Schadenslagen überumfangreiche koordinationsrelevante Expertise verfügen. Diesewären über die Einsatzleitung über die oberste Katastrophen-schutzbehörde des Landes abzurufen und zu beauftragen. IhreAufgabe besteht in der Beratung des Fachberaters PSU imFührungs- oder Krisenstab sowie des Leiters PSU.

55

Page 57: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

4. Langfristige Nachsorge

Zur Deckung eines mittel- und langfristig fortbestehendenBedarfs an psychosozialer und administrativer Unterstützungaber auch ärztlicher und psychologischer Psychotherapie ist fürdie Dauer von bis zu einem Jahr eine Koordinierungsstelle ein-zurichten. Sie wird geleitet von einer erfahrenen Psychosozia-len Fachkraft. Differenzierte Aufgabenbeschreibungen findensich in Helmerichs (2002).

Literatur

1. Beerlage, I., Hering, T., Nörenberg, L.: Entwicklung vonStandards und Empfehlungen für ein Netzwerk zur bundes-weiten Strukturierung und Organisation psychosozialer Not-fallversorgung. Schriftenreihe Zivilschutzforschung – NeueFolge Band 57. Bundesamt für Bevölkerungsschutz undKatastrophenhilfe, Bonn: Bundesverwaltungsamt, 2006

2. Ferch, H., Melioumis, M.: Führungsstrategie. Stuttgart: Kohl-hammer, 2005

3. Helmerichs, J.: Erfahrungen und Lehren aus der Einsatz-nachsorge Eschede (Schriftenreihe WissenschaftsforumBand 2). In Bundesverwaltungsamt (BVA), Zentralstelle fürZivilschutz, Akademie für Krisenmanagement, Notfall-planung und Zivilschutz (Hrsg.), Workshop: Stress im Kata-strophenschutz. Zwischenbilanz und Forschungsbedarf(S. 51–66). Bonn: BVA, 2002

4. Helmerichs, J.: Psychosoziale Notfallversorgung bei Groß-veranstaltungen. In: H. Peter & K. Maurer (Hrsg.), Gefahren-abwehr bei Großveranstaltungen (S. 165–185). Edewecht:Stumpf & Kossendey, 2005

5. Seynaeve, G. J. R.: Psycho-social support in situations ofmass emergency. A European Policy Paper concerning dif-ferent aspects of psychological support and social accom-paniment for people involved in major accidents and di-sasters. Brussels: Belgium Ministry of Public Health, 2001

6. Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastro-phenschutz. Wörterbuch für Katastrophenschutz und Bevöl-kerungshilfe. Köln: Eigendruck, 2006

56

Page 58: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

7. Lebensrettende Sofortmaßnahmenunter Katastrophenbedingungen

P. Sefrin

Auch unter den Bedingungen eines Großschadensereignisses,besonders, wenn keine umfängliche Individualmedizin realisiertwerden kann, muss eine Therapie, in deren Mittelpunkt dieSicherung der Vitalfunktionen steht, versucht werden. Sie wirdsich auf wenige lebensrettende Sofortmaßnahmen beschränkenund mit einfachen Mitteln in unmittelbarer Nähe zum Schadens-ort von jedem Arzt und auch qualifizierten Helfer durchgeführtwerden können und müssen. Ohne weitreichende differenzial-diagnostische Überlegungen sind diese Maßnahmen im Sinneeiner rein symptomatischen Therapie zeitkritisch durchzuführen.Ziel der Maßnahmen ist es, die bedrohten, gestörten oder aus-gefallenen Vitalfunktionen Atmung und Kreislauf solange zuersetzen oder zu überbrücken, bis eine professionelle Hilfeunter Einsatz weitergehender Therapiemöglichkeiten die Be-handlung übernimmt. In der Folge werden hierfür nur einfacheHilfsmittel für die Versorgung vorgestellt, nachdem unter dengenannten Bedingungen nicht damit gerechnet werden kann,dass dem Helfer hierzu eine wie auch immer geartete Ausstat-tung zur Verfügung steht.

1. Diagnostik der vitalen Funktionsstörungen

Bevor therapeutische Maßnahmen ergriffen werden, muss inder Kürze der Zeit eine Überprüfung von Bewußtsein, Atmungund Kreislauf erfolgen:

Prüfung der BewußtseinslageDer Patient wird zunächst laut angesprochen. Reagiert er hier-auf nicht, wird durch vorsichtiges Schütteln an den Schulternein taktiler Reiz gesetzt. Bei Fehlen einer adäquaten Reaktionmuss von einer Bewußtlosigkeit ausgegangen werden.

Prüfung der AtmungBei einem bewußtlosen Patienten, der auf dem Rücken liegt,kommt es durch das Zurückfallen des Zungengrundes zu einerVerlegung der Atemwege. Zur Prüfung der Atmung muss des-halb zunächst der Kopf vorsichtig nackenwärts überstreckt wer-den. Dazu wird eine Hand auf die Stirn und die andere unterdas Kinn gelegt und das Kinn nach vorne oben geschoben.

57

Page 59: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Diese Bewegung sollte insbesondere bei Traumapatienten nichtruckartig erfolgen. Die Prüfung der Atembewegungen wirddurch eine visuelle Kontrolle der Thoraxbewegungen (Hebenund Senken des Brustkorbes) erfolgen. Unter den Bedingungeneines Großschadensereignisses wird es schwierig sein, durchHören ein Atemgeräusch oder durch Fühlen einen Luftstrom zuidentifizieren.

Bei einem plötzlichen Versagen des Herzens kann über einekurze Zeit noch eine „Restatmung“ vorhanden sein, die aller-dings nicht zu einem Gasaustausch in der Lunge führt und Zei-chen eines sterbenden Organismus ist. Die „Schnappatmung“(= wie ein Fisch auf dem Trockenen) ist vielmehr Zeichen einesKreislaufstillstandes und sollte unmittelbar zum Beginn derHerz-Lungen-Wiederlebung führen.

Prüfung des KreislaufsDie Möglichkeit der Beurteilung des Kreislaufs beschränkt sichunter den Bedingungen der Katastrophenmedizin auf dasBetasten des Pulses. Dies bereitet allerdings gerade nicht medi-zinisch geschultem Personal erhebliche Schwierigkeiten undwird deshalb zu einer deutlichen Zeitverzögerung führen kön-nen. Es bleibt damit als Maßnahme dem professionellen Perso-nal vorbehalten.

Bei Verdacht auf Kreislaufstillstand wird die vorsichtige Palpa-tion der Arteria carotis genutzt. Zur Prüfung des Carotispulseswerden Zeige- und Mittelfinger auf den Schildknorpel gelegt,um dann anschließend seitlich in die Halsgrube abzugleiten.Hierfür dürfen nicht mehr als 10 Sekunden verwandt werden.

2. Konsequenzen aus der Prüfung der Vitalfunktionen

2.1 Bewußtlosigkeit bei erhaltener Atmung und KreislaufZum Freihalten der Atemwege wird ohne Verwendung vonHilfsmitteln die stabile Seitenlage angewandt. Das Wesen dieserspeziellen Lagerung besteht darin, den Kopf des Patienten zuüberstrecken und ihn in dieser Position zu stabilisieren.

Durchführung:Der Helfer kniet neben dem Patienten und schiebt den ihmzugewandten Arm ausgestreckt unter den Rücken. Das auf dergleichen Seite (zum Helfer) befindliche Bein wird aufgestellt unddamit angewinkelt. Der andere Arm des Patienten wird sodannvor dem Brustkorb abgewinkelt. Der Helfer fasst den Patienten

58

Page 60: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

an der gegenseitigen Schulter und an der Hüfte und dreht ihnzu sich herüber. Nach der Drehung wird der untenliegende Armherausgezogen und im Ellenbogengelenk abgewinkelt. Dieandere Hand des Patienten wird zur Aufrechterhaltung derÜberstreckung des Kopfes flach unter die Wange geschoben.Die Überstreckung des Kopfes erfolgt dazu mit beiden Händen:eine Hand auf der Stirn an der Haaransatzgrenze, die andeream Unterkiefer.

Wenn eine notfallmedizinische Grundausstattung vorhanden ist,können zum Freihalten der Atemwege Luftbrücken wie Guedel-und Wendl-Tuben zum Einsatz kommen. Eine Intubation erfor-dert nachfolgend eine Beatmung und bindet damit in der RegelPersonal, so dass die sicherste Form des Freihaltens der Atem-wege unter den Bedingungen der Notfallmedizin bei einer Kata-strophe unter dem Blickwinkel der personellen Verfügbarkeit inseinem Stellenwert anders beurteilt werden muss. Aus diesemGrunde haben die einfachen Luftbrücken eine größere Bedeu-tung als in der Individual-Notfallmedizin.

Guedel-Tubus (Oropharyngeal-Tubus)Der Tubus verhindert – nach Auswahl der richtigen Größe – dasZurückfallen des Zungengrundes bei tiefer Bewußtlosigkeit.Damit wird personelle Kapazität freigesetzt, die bei der Verwen-dung des Esmarch‘schen Handgriffes als Alternative zum Frei-halten der Atemwege gebunden würde. Der Tubus schützt nichtvor Aspiration.

Durchführung – Esmarch’scher Handgriff: 4 Finger jeder Handumfassen den Unterkieferwinkel, die beiden Daumen kommenauf die Spitze des Unterkiefers zum Liegen. Beide Hände dre-hen den Kopf nackenwärts im Sinne einer Dorsalflexion. Sowird die Zunge passiv nach vorne gezogen, was noch durchdas Anheben des Unterkiefers verstärkt wird.

Durchführung: Abmessen der richtigen Größe durch Orientie-rung an der Entfernung zwischen Ohr und Mundwinkel. DenMund des Patienten mit dem Esmarch’schen Handgriff öffnen,Guedel-Tubus mit der Wölbung zur Zunge und Öffnung gau-menwärts durch den Mund einführen bis er am harten Gaumenanstößt. Danach Tubus um 180° drehen, so dass er mit derSpitze hinter den Zungengrund zum Liegen kommt.

Wendl-Tubus (Nasopharyngeal-Tubus)Nach Einführung durch die Nase kommt die Tubusspitze imHypopharynx zum Liegen und hat keinen Kontakt zum Zungen-

59

Page 61: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

grund. Der Vorteil im Gegensatz zum Guedel-Tubus bestehtdarin, dass er auch bei nicht tief bewußtlosen, reflexlosenPatienten ohne Auslösung eines Erbrechensreizes verwendetwerden kann.

Durchführung: Auswahl der richtigen Größe durch Abmessendes Abstandes Naseneingang – Ohrläppchen. Den Wendl-Tubus durch den unteren Nasengang einführen und in RichtungRachenwand vorschieben. Unterkiefer leicht anheben, bis dieringförmige Scheibe des Tubus am Naseneingang zum Liegenkommt.

Die richtige Lage der Tuben (Luftbrücken) kann an einer hör-und fühlbaren Atemluftströmung am Tubusende erkannt wer-den. Ist der Tubus zu groß gewählt, kann bei einer notwendigenBeatmung eine gastrale Insufflation (Magen-Aufblähung) dieFolge sein und eine ausreichende Spontanatmung ist nichtgesichert.

Zum Freimachen der Atemwege als Voraussetzung für eineausreichende Spontanatmung kann ohne Verwendung vonHilfsmitteln eine digitale Ausräumung des Mund- und Rachen-raumes notwendig werden (Abb. 1 a – b).

Durchführung: Mit dem Esmarch’schen Handgriff wird derMund geöffnet und mit der Hand offen gehalten und der Kopfvorsichtig zur Seite gedreht. Mit der anderen Hand wird nachUmwickeln von Zeige- und Mittelfinger z.B. mit einem Taschen-tuch der Mundraum ausgetastet und evtl. vorhandene Fremd-körper mit einer wischenden Bewegung entfernt. Bei der Reini-gung des Mund- und Rachenraumes hält eine Hand den Mundin der beschriebenen Weise geöffnet auch als „Beiß-Schutz“,während mit den Fingern der anderen Hand die Säuberungdurchgeführt wird.

Als Alternative kommt insbesondere bei Flüssigkeiten im Mund-raum bei Vorhandensein eines Absauggerätes natürlich dieAbsaugung in Frage. Die Geräte sind entweder manuell odermaschinell betrieben. Das Absaugen ist effektiver als die digita-le Reinigung.

Durchführung: Es reicht normalerweise, den Katheter in derLänge, die dem Abstand zwischen Ohrläppchen und Nasenspit-ze entspricht, einzuführen. Grundsätzlich wird über den Mundabgesaugt; muss über die Nase abgesaugt werden, so darf derSog erst einsetzen, wenn die Katheterspitze im Rachenraum

60

Page 62: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

angelangt ist, sonst wird sich die Spitze an der Nasenschleim-haut festsaugen und kann bei einer gewaltsamen Bewegung zueiner Blutung führen. Während des Absaugvorganges soll dieSpitze ständig hin und her bewegt werden, da sie sonst entwe-der verstopft oder sich festsaugt.

2.2 Bewußtlosigkeit mit erhaltenem Kreislauf ohne Atmung

Bei einem Atemstillstand muss eine Beatmung durchgeführtwerden. Das Optimum wäre, wenn die Beatmung mit Sauerstofferfolgen könnte, der in Katastrophensituationen allerdings nur inwenigen Fällen primär zur Verfügung stehen wird. Wenn ausden Beständen des Sanitäts- oder Rettungsdienstes Sauerstoffverfügbar ist, sollte als dringliche Forderung dieser mit den ver-fügbaren Hilfsmitteln zum Einsatz kommen.

Die einfachste Form der Beatmung ohne Hilfsmittel ist dieAtemspende, die als Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung erfolgen kann. Es gibt keine ausschließliche Bevor-zugung einer der beiden Methoden. Trotzdem scheint dieMund-zu-Nase-Beatmung einfacher in der Anwendung zu sein,da die Nase mit dem Mund besser abzudichten ist und beiInsufflation der Spitzendruck reduziert wird. Bei einer Beatmungmit einem zu hohen Druck und/oder Volumen kommt es zueiner gastralen Insufflation mit der Gefahr der Regurgitation.Wichtig für die Effektivität der Beatmung ist eine ausreichendeÜberstreckung des Kopfes und ein sichtbares Heben und Sen-ken des Thorax. Auf Selbstschutz z. B. durch sog. „Atemhilfen“ist zu achten (s.u.).

Durchführung – Mund-zu-Nase-Beatmung (Abb. 2 a – b):Der Helfer kniet seitlich am Kopf des Patienten. Die eine Handliegt flach auf der Stirn an der Haaransatzgrenze, die andereunter dem Kinn. Beide drehen den Kopf vorsichtig nackenwärts.Der Mund kann zusätzlich durch den Daumen, der zwischenUnterlippe und Kinn liegt, verschlossen werden, wenn das Vor-schieben des Unterkiefers nicht ausreichen sollte. Der Munddes Helfers verschliesst beide Nasenöffnungen durch seine Lip-pen und bläst die Ausatemluft in den Patienten hinein, bis es zueiner deutlichen Exkursion des Thorax kommt. Die Insufflationerfolgt über einen Zeitraum von 1 Sekunde, um zu hohe Drückezu vermeiden. Anschließend wird der Kontakt zum Patientenaufgegeben und der Kopf des Helfers zur Thoraxseite gedreht,um den Erfolg der Insufflation (= Senkung des Brustkorbs) zukontrollieren.

61

Page 63: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Durchführung – Mund-zu-Mund-Beatmung:Bei der Mund-zu-Mund-Beatmung verschließen Daumen undZeigefinger der auf der Stirn liegenden Hand die Nase unterandauernder Überstreckung des Halses. Der Helfer bläst überden leicht geöffneten Mund des Patienten ein. Die Insufflationund die Kontrolle sind identisch wie bei der Mund-zu-Nase-Beatmung.

Nachdem häufig der Durchführung der Atemspende hygieni-sche und ästhetische Gründe entgegenstehen, ist zumindesteine Alternative zu erwägen, wobei wieder zwischen dem Vor-handensein von Hilfsmitteln und deren Fehlen unterschiedenwerden muss.

Um den direkten Kontakt des Helfers mit dem Patienten zu ver-meiden und damit die Bereitschaft zur Beatmung zu steigern,existieren Kunststofffolien mit einem einseitig durchlässigenVlies oder einer ventilartigen Öffnung (Beatmungstuch), die eineInsufflation zum Patienten ermöglichen. Durch die Abdeckungkann der Widerwillen gegen den Kontakt gemindert werden. DerNachteil dieser Tücher besteht darin, dass sie leicht verrutschenund deshalb ständig neu ausgerichtet werden müssen.

Sofern vorhanden, kann auch eine Beutel-Masken-Beatmungdurchgeführt werden. In diesem Falle wird dem Patientenzumindest 21 % Sauerstoff im Gegensatz zur Atemspende mit17 % O2 zugeleitet. Der Anteil kann allerdings gesteigert wer-den, wenn an dem Beutel Sauerstoff angeschlossen wird,sofern eine entsprechende Quelle am Notfallort verfügbar ist.Das Optimum stellt natürlich die Verwendung eines Sauerstoff-reservoirs am Beutel dar.

Durchführung – Beutel-Masken-Beatmung (Abb. 3 a – b): Zunächst muss die für den Patienten richtige Maskengrößegewählt werden. Zur Beatmung kniet der Helfer am Kopfendedes Patienten, wobei dessen Kopf sich zwischen den beidenOberschenkeln des Helfers befindet. Nach Überstrecken desKopfes halten Daumen und Zeigefinger die Maske der richtigenGröße fest auf das Gesicht des zu Beatmenden gedrückt (C-Griff), während Mittel- und Ringfinger den Unterkiefer umfassenund diesen nach vorne oben ziehen und gleichzeitig den Kopfnach hinten strecken (modifizierter Eschmarch’scher Handgriff).Dabei ist wichtig, die Maske dicht auf Mund und Nase aufzuset-zen, wobei die Basis der Maske unterhalb der Unterlippe zu lie-gen kommt und die Spitze mit der Nasenwurzel abschließt.10 % des Drucks bei der Masken-Beatmung erfolgen mit Dau-

62

Page 64: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

men und Zeigefinger von oben, während 90 % auf das Anhebendes Unterkiefers und des Überstrecken des Kopfes gerichtetsind. Die linke Hand übernimmt die Maske, die rechte beatmet(bei Rechtshändern) durch Zusammendrücken des jeweiligenBeutels, wobei dieser auf dem Oberschenkel des Helfers liegenkann (Erleichterung der Kompression).

Die größte Schwierigkeit liegt bekanntlich im Abdichten derMaske und der Kontrolle des Insufflationsvolumens (Beobach-tung der Thoraxexkursion). Sollte eine Maskenbeatmung nichtgelingen, ist die Atemspende durchzuführen.

Sollte Ursache des Atemstillstandes ein Kreislaufstillstand seinund der Helfer ist nicht willens oder in der Lage, eine Beatmungdurchzuführen, ist in jedem Falle sofort mit der Herzdruckmas-sage (s.u.) zu beginnen.

2.3 Bewußtlosigkeit ohne Atmung und ohne Kreislauf

Bei einem Patienten mit Atem- und Kreislaufstillstand erhebtsich die Grundsatzfrage, ob eine kardiopulmonale Reanimationaufgrund der personellen Bindung unter den besonderen Bedin-gungen des Großschadensereignisses mit den personellenDiskrepanzen überhaupt durchgeführt werden kann. Für eineeffektive Wiederbelebung werden für die Basismaßnahmenmindestens 2 Helfer benötigt. Sollten die Basismaßnahmen ummedikamentöse und elektrische Maßnahmen erweitert werden,so sind insgesamt 3 Helfer erforderlich.

Die Basisreanimation setzt sich aus der äußeren Herzdruckmas-sage (HDM) und der Beatmung zusammen. Mit der Herzdruck-massage wird eine minimale künstliche Kreislaufzirkulationerzeugt, wobei es für die Praxis unerheblich ist, welcher patho-physiologische Mechanismus hierfür verantwortlich ist.

Durchführung – kardiopulmonale Reanimation (Abb. 4): Der Helfer kniet seitlich möglichst nahe am Brustkorb des Ver-letzten. Der Patient muss flach auf einer harten, unnachgiebigenUnterlagen liegen. Am effektivsten ist die Durchführung derHDM auf dem Boden. Zur Auffindung des Druckpunktes mussder Oberkörper frei gemacht werden. Der Druckpunkt findetsich in der Mitte des Brustbeines. Die 1. Hand wird mit demHandballen auf dem Brustbein aufgesetzt und die 2. Hand wirdgekreuzt auf dem Ballen der ersten Hand gesetzt. Eine Alterna-tive ist das Eingreifen der 2. Hand in die Fingergrundgelenke der1. Hand, wobei die Finger nach oben gezogen werden. Es soll-

63

Page 65: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

te der Kontakt zum Thorax nur durch den Handballen und nichtdurch die gesamte Hand hergestellt werden. Die Körperhaltungdes Helfers senkrecht über dem Druckpunkt garantiert, dassdas Gewicht des Oberkörpers über die im Ellenbogen gestreck-ten Arme direkt auf den Thorax übertragen wird. Die Drucktiefebeträgt 4 – 5 cm beim Erwachsenen. Der Druck muss senkrechtauf das Brustbein auftreffen. Nach der Kompression muss dasSternum vollständig entlastet werden, ohne dabei den Handbal-len abzuheben. Die Frequenz der HDM beträgt 100/min.

Das Zusammenwirken der Beatmung und der Herzdruckmassa-ge ist je nach Anzahl der verfügbaren Helfer different. Sofernnur 1 Helfer eine Reanimation durchführen kann, beginnt erdiese mit 30 Kompressionen und wird anschließend 2 x beat-men (Einhelfermethode). Auch die Zwei-Helfer-Methode beginntmit 30 Kompressionen, gefolgt von 2 Insufflationen mit einemanschließenden kontinuierlichem Wechsel von 30:2, gleichgül-tig, ob es sich um einen Erwachsenen oder ein Kind handelt.

2.4 Bewußtsein erhalten, Kreislauf insuffizient

Bei Störung des Kreislaufs unter den Bedingungen des Groß-schadensereignisses liegt als Ursache meist ein Volumenverlustvor. Als nächstes denkbar ist ausnahmsweise auch eine akuteDekompensation einer bestehenden Herzinsuffizienz. Obwohldie adäquate Therapie eines Volumenmangels in dem intraven-ösen Ersatz der Flüssigkeit besteht, bedeutet eine derartigeInfusionstherapie eine erhebliche zeitliche und personelleBelastung, weshalb vordergründig lediglich die Lagerungsthera-pie infrage kommt. Durch eine Kopf-Tief-Lage in einem Winkelvon ca. 15° kann evtl. mit dem verbliebenen Volumen eine zere-brale Perfusion verbessert werden. Das zusätzliche Anhebender Beine (nicht bei Vorliegen von Frakturen der unteren Extre-mitäten) kann eine körpereigene Volumenauffüllung bewirken(Autotransfusion).

Bei einer Infusionstherapie spielt unter Katastrophenbedingun-gen die Auswahl der Infusionslösung (kristalloide oder kolloide)keine entscheidende Rolle.

2.5 Bewußtsein erhalten, Atmung insuffizient

Bei einer isolierten Atemstörung wird sich die Hilfe im Bereichder Katastrophenmedizin auf eine adäquate Lagerungbeschränken. Der Einsatz von Hilfsmitteln beschränkt sich,wenn überhaupt, auf die Gabe von Sauerstoff per inhalationem.

64

Page 66: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Das in der Notfallmedizin verwendete Verfahren der manuellenoder automatischen Beatmung (nach Intubation) ist ein zeit-und personalaufwendiges Verfahren, das auf Ausnahmefällebeschränkt bleibt. Die Applikation von Medikamenten bleibtSonderfällen vorbehalten.Sollten sowohl ausreichende Personal- wie Materialreservenverfügbar sein, ist eine der wesentlichen lebensrettenden Maß-nahmen die manuelle Beutel-Beatmung. Es gelingt damit nichtnur eine suffiziente Beatmung mit Umgebungsluft mit einemSauerstoffanteil von 21% (FiO2 0,21), sondern bei Verfügbarkeitvon O2 dem Patienten das in dieser Situation wesentliche Not-fallmedikament zu applizieren. Bei einer Beutel-Masken-Beat-mung mit einem O2-Flow von 6 – 10 l/min. läßt sich die FiO2 auf0,45 steigern. Dies setzt allerdings eine gewisse Routine bei derVerwendung einer Beatmungsmaske (s.o.) voraus.Sofern es vom Kreislauf her tolerabel ist, wird der Patient mitAtemstörung Oberkörper hochgelagert, um die Atmung zu er-leichtern. Die Beine sollen nur bei Hypertonie tiefer gelagertsein. Die Form der O2-Applikation hängt von den verfügbaren Appli-kationssystemen ab.

2.6 Erweiterte Reanimation bei Kreislaufstillstand

Bei Verfügbarkeit einer elektrischen und medikamentösen Aus-stattung und einer ausreichenden Personalkapazität (neben Arztggf. Rettungsassistent und 2 Helfer) und dem Fehlen konkur-rierender anderer Versorgungsmaßnahmen können die Basis-maßnahmen durch weitere ergänzt werden (advanced life sup-port/ALS).

Nach der Diagnose eines Kammerflimmerns oder einer puls-losen ventrikulären Tachykardie mit einem Notfall-EKG ist dieTherapie der Wahl die Defibrillation. Voraussetzung für eineerfolgreiche Defibrillation ist eine ausreichende Versorgung desMyokards mit Sauerstoff, weshalb bei einem nicht beobach-teten Stillstand zunächst mit der Basisreanimation begonnenwerden soll.

Durchführung – Defibrillation (Abb. 5): Die beiden Elektroden (Paddels) werden so plaziert, dass einegrößtmögliche Myokardmasse vom Strom durchflossen wird:ein Paddel rechts parasternal unterhalb der Clavicula, dasandere Paddel links im 5. Interkostalraum in der mittleren Axil-larlinie (Herzspitze). Vorher die Paddels mit Elektrodengel

65

Page 67: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

bestreichen, um den Übergangswiderstand zu reduzieren.Wichtig ist, dass die gesamte Fläche der Paddels der Thorax-wand aufliegt und bei Abgabe der Strommenge die Paddels festaufgepresst werden.

Beginn der Defibrillation mit einer Energiemenge monophasischvon 360 Joule. Bei der Verwendung eines Defibrillators mitbiphasischer Stromabgabe, die heute zu bevorzugen ist, solltedie geräteseitig vorgegebene Energie verwendet werden, Fallshierzu keine Informationen vorliegen, kann pragmatisch 200 Jverwendet werden. Unmittelbar nach der Defibrillation sofort

66

Page 68: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

wieder mit der Basisreanimation beginnen und diese über 2Minuten (= 5 Zyklen 30 : 2) fortführen. Erst danach wird eineRhythmuskontrolle durchgeführt.

Als Alternative kommt bei beobachtetem oder unter Monitor-kontrolle aufgetretenem Kreislaufstillstand der präkordialeFaustschlag in Frage. Dabei wird versucht, mechanische Ener-gie in eine geordnete Erregung umzuwandeln.

Durchführung: Aus ca. 30 cm Höhe wird mit der Handkante einkräftiger Schlag auf das Brustbein ausgeübt, anschließendsofort Puls fühlen.

Bei anderen Formen des Kreislaufstillstandes beschränken sichdie erweiterten Maßnahmen neben den Basismaßnahmen aufdie Gabe von Adrenalin (z. B. Suprarenin®).

Schwierigkeiten bereitet unter den Bedingungen des Kreislauf-stillstandes die Art der Medikamentenapplikation. Der Weg derersten Wahl ist die i.v.-Gabe. Meist ist bei Patienten mit Still-stand eine Stauung vor dem rechten Herzen vorhanden, dieeine Punktion an den oberen Extremitäten erleichtert. DieDosierung ist repetierend – sofern erforderlich – 1 mg, d.h. eswird 1 Amp. Adrenalin auf 10 ml mit Aqua dest. expandiert undals Bolus verabreicht.

Als Alternative kommt bei einer sofortigen Intubation (ohne Zeit-verlust) die endobronchiale (e.b.) Applikation in Frage. Adrenalinwird nach Verdünnung mit 9 ml Aqua dest. über den Endobron-chialtubus verabreicht. Die Wirkung setzt nach Resorptionebenso schnell ein wie bei der intravenösen Gabe.

Durchführung – endobronchiale Medikamentenapplikation: Die dreifache Menge (3 mg) Adrenalin wird auf 10 ml Aqua dest.expandiert (= verdünnt) und in einer 20 ml-Spritze mit 10 ml Luftaufgezogen. Das Gemisch wird über ein als Applikationshilfeabgeschnittenen Absaugkatheter (z.B. CH 9) tief endobronchialverabreicht. Nach der Instillation wird zweimal beatmet, um eineausreichende Verteilung und Resorption zu erreichen.

Voraussetzung hierfür ist die endobronchiale Intubation, wasnicht nur einer gewissen Routine, sondern besonders im Kata-strophenfall eines unbedingt notwendigen Instrumentariumsbedarf. Allerdings ist eine Intubation unter den Bedingungendes Kreislaufstillstandes wesentlich einfacher als bei sonstigenNotfallsituationen, da „optimalere“ Bedingungen durch vollkom-

67

Page 69: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

mene Erschlaffung der Muskulatur und der Stimmbänder(„Kadaverstellung“) vorliegen. Nach erfolgreicher Plazierungdes Tubus ist nicht nur die e.b.-Medikation möglich, sondernauch eine sichere Oxygenierung ohne die Gefahr einer Regurgi-tation und Aspiration durch eine gastrale Insufflation.

Durchführung – Intubation (Abb. 6 a – e):Wichtig für die Intubation ist die richtige Lagerung des Kopfes.Der Patient liegt flach auf dem Rücken. Nachdem die Verbin-dung zwischen Mund und Larynxeingang keine gerade Linie ist,muß der Nacken leicht gebeugt und der Kopf im Atlanto-Okzipi-talgelenk überstreckt werden (Reklination). Anschießend wirdder Oberkiefer mit einem Finger der rechten Hand herangezo-gen und mit den anderen Fingern und dem Daumen die beidenZahnreihen gespreizt. Das Laryngoskop wird mit der linkenHand gehalten. Der Spatel des Laryngoskops wird seitlich überden rechten Mundwinkel zwischen die beiden Zahnleisten ein-geführt. Dabei ist unbedingt die Traumatisierung des Ober- undUnterkiefers zu vermeiden. Der Spatel wird auf die Zungeaufgelegt und in der Tangentialebene vorgeschoben. Die Zun-genmasse wird durch leichten Zug nach oben, jedoch ohneHebelbewegungen abgedrückt. Die Spatelspitze kommt dannzwischen Zungengrund und Epiglottis zum Liegen. Nach Er-scheinen des Kehldeckels im Gesichtsfeld leichtes Anhebendes Spatels ohne Kippbewegungen sowie weiteres vorsichtigesVerschieben. Die Kehldeckelspitze verschwindet am oberenGesichtsfeldrand. Durch Anheben des gesamten Spatels (nichtKippen) wird die Stimmbandebene gut sichtbar. Der Tubus wirdsodann unter Sicht zwischen den beiden Stimmbändern vorge-schoben. Nach Kontrolle der seitengleichen Belüftung derLunge und Einlegen eines Guedel-Tubus als Beißschutz wirdder Tubus (z. B. mit einer Binde) befestigt.

Unstrittig ist der intravenöse Applikationsweg das Verfahren derersten Wahl. Da die periphere Zirkulation bei Kreislaufstillstandaufgehoben ist, muss durch eine Infusion die Einspülung desMedikamentes gesichert werden.

Durchführung – intravenöse Adrenalin-Applikation:1 mg Adrenalin wird mit 9 ml Aqua dest. verdünnt und in eine10 ml-Spritze aufgezogen. Nach Injektion Einschwemmendurch Infusion evtl. unter Druck. Wiederholung alle 2 – 3 Minu-ten bei entsprechendem Algorithmus.

Andere Medikationen kommen unter den besonderen Bedin-gungen eines Großschadensereignisses nicht in Frage, da

68

Page 70: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

deren Wirksamkeit in entsprechenden Studien nicht eindeutigunter Beweis gestellt werden konnte.

Sofern ein EKG und auch ausreichende materielle und perso-nelle Ressourcen zur Verfügung stehen, kann von den einfachenzu den erweiterten lebensrettenden Sofortmaßnahmen über-gangen werden. Mit dem Notfall-EKG ist es möglich, drei ver-schiedene elektrische Formen eines Kreislaufstillstandes zudifferenzieren, die dann zu verschiedenen therapeutischen Kon-sequenzen führen– Kammerflimern und -flattern– Asystolie– Elektromechanische Entkoppelung (EMD) – Pulslose Elektrische Aktivität (PEA)

Zu warnen ist allerdings vor einer ausschließlichen EKG-Bewer-tung, da das EKG-Bild leicht verzerrt werden kann (Bewegungs-artefakte, Interferenzen, Diskonnektionen) und deshalb immermit den klinischen Symptomatik korreliert werden muß (Puls),Für die Praxis wird ein Algorithmus für zwei Situationen unter-schieden: – Kammerflimmern/Kammertachykardie und – Nicht-Kammerflimmern/-tachykardie.

2.6.1 Kammerflimmern/pulslose ventrikuläre Tachykardie:

Die Defibrillation muss so früh wie möglich einsetzen. NachApplikation eines Defibrillationsschocks muss unmittelbar mitder Basisreanimation für 2 Minuten (= 5 Zyklen) begonnen wer-den. Erst danach folgt eine Rhythmuskontrolle. Bei persistieren-dem Kammerflimmern wird mit der gleichen Energie wiederdefibrilliert. Neben der richtigen Plazierung der Elektroden istzur Minderung des Hautwiderstandes die Verwendung einesElektrodengels erforderlich. Eine Elektrode wird rechts paraster-nal unterhalb der Clavicula, die andere über die Herzspitze im 5.Intercostalraum in der mittleren Axillarlinie aufgesetzt. Währendder Defibrillation darf kein Kontakt zum Patienten oder seinerAuflage zum Schutz des Personals bestehen. Während derDefibrillation muss dementsprechend darauf geachtet werden,dass alle Maßnahmen (auch Basismaßnahmen) am Patientenunterbrochen werden. Nach erfolgreicher Defibrillation undeinem entsprechenden EKG-Bild wird die Funktion des Herzensdurch die Betastung des Pulses kontrolliert. Sofern kein Pulstastbar, muss die Reanimation fortgeführt werden.

69

Page 71: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

2.6.2 Nichtkammerflimmern/-tachykardie:

Bei einem nicht durch Kammerflimmern verursachten Kreislauf-stillstand ist eine Defibrillation als Erstmaßnahme nicht indiziert.Zunächst werden bis zur Verfügbarkeit des Notfallmedikamen-tes der Wahl – Adrenalin – Basismaßnahmen durchgeführt inVerbindung mit einem optimierten Atemwegsmanagement mitder Gabe von Sauerstoff. Adrenalin wird i.v. in einer Dosierungvon 1 mg ca. alle 3 Minuten appliziert. Während der Reanimati-on sollte auch eine Suche nach möglichen Ursachen der Still-standes erfolgen, um sie im Einzelfall kausal angehen zu kön-nen.

3. Grenzen der Reanimation

Das Unterlassen einer Reanimation ist dem ärztlichen undmedizinischen Hilfeverständnis wesensfremd, muß allerdingsbei Großschadensfällen mit einer Diskrepanz zwischen Hilfs-möglichkeiten und -bedürfnissen akzeptiert werden. Hierkommt auch der ärztliche Helfer an die Grenze der Behand-lungsmöglichkeiten. Unabhängig von der geringen Überlebens-chance bei traumatisch bedingten Kreislaufstillständen (nachnationalen und internationalen Studienergebnissen unter 1 %),wird die Durchführung einer kardiopulmonalen Reanimation aufabsehbare Zeit die Helfer binden, die an anderer Stelle durchkurzfristige Einzelmaßnahmen in der Lage wären, mehrerenGeschädigten evtl. sogar lebensrettende Hilfe zu leisten. Abge-sehen davon, dass z. B. die Einhelfer-Reanimation nur einenüberbrückenden Kompromiß darstellt, wird bei einem späterenHinzukommen von möglicherweise weiteren Helfern die Zeit füreine mögliche Erhöhung des Kreislaufs verstrichen sein.

In der Situation des Großschadensereignis gilt das Alles-oder-Nichts-Gesetz: entweder es wird eine (optimale) Reanimationmit dem damit verbundenen Material- und Personalbedarfbegonnen oder aber sie muß unterlassen werden. Eine unzurei-chende Reanimation bringt keinen Erfolg und bindet nur ander-weitig „besser“ einsetzbare Kräfte. Wie auch unter den Bedin-gungen der Notfallmedizin ist der Versuch einer Reanimationder Verletzungen, die mit dem Leben nicht vereinbar sind, sinn-los. Bei Erkennbarkeit von sicheren Todeszeichen ist der Beginneiner Reanimation kontraindiziert.

70

Page 72: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Abbildungen aus:Sefrin, P.: Praxis der Notfälle – Grundsätzlich und speziell, ReiheNotfallmedizin Aktuelles Wissen Hoechst 1993 (Abdruck mitfreundlicher Genehmigung der Fa. Aventis – Nachfolge Fa.Hoechst, Frankfurt) sowie

Bundesärztekammer (Hrsg.): Reanimation – Empfehlungen fürdie Wiederbelebung, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2000(Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Ärzte-verlages, Köln)

71

Page 73: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

72

Abb. 1a Abb. 1b

Abb. 2a Abb. 2b

Abb. 3a Abb. 3b

Abb. 4 Abb. 5

Page 74: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

73

Abb. 6a

Abb. 6b

Abb. 6c

Abb. 6d

Abb. 6e

Page 75: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

74

Page 76: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Spezielle medizinische Maßnahmen

Page 77: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 78: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

8. Therapie des Volumenmangelschocks

E. Pfenninger, N. Vogt

Ein effizienter Katastrophenschutz, adaptiert an die Erkenntnis-se eines modernen Rettungswesens, bietet durch die frühzeitigeinsetzende, vorverlegte Intensivtherapie heute auch für Patien-ten mit schwersten Kombinationstraumen noch durchaus einereale Überlebenschance, wenn nur die entsprechenden Voraus-setzungen und Möglichkeiten adäquat genutzt werden.

Polytraumatisierte Patienten sind vor allem durch einen hämor-rhagischen Schock gefährdet, der bei protrahiertem Verlauf zuirreversiblen Störungen der Mikrozirkulation und damit zumMultiorganversagen führt. Als Voraussetzung für die Versorgungeines Patienten im Volumenmangelschock erachten wir dasWissen um die pathophysiologischen Aspekte bei und nachdem Eintritt eines Schocks sowie ein hinreichend qualifiziertesProzedere bei den therapeutischen Maßnahmen.

1. Pathophysiologie des hämorrhagischen Schocks

Unter einem Schock verstehen wir eine akut oder subakut ein-setzende Störung, die zu einer lebensbedrohenden Minderper-fusion der Gewebe und Organe führt. Dabei beeinflussen sichhämodynamische und metabolische Störungen von einembestimmten, klinisch nicht exakt definierbaren Zeitpunkt angegenseitig und verstärken die jeweiligen Auswirkungen auf denOrganismus. Der hypovolämische Schock ist die in der Kata-strophenmedizin sicher am häufigsten vorkommende Schock-form.

Ein ausgeprägter Verlust intravasalen Volumens durch Blutungnach innen oder außen würde ohne Kompensationsmechanis-men des Organismus über einen Blutdruckabfall und eine Ver-minderung des Herzzeitvolumens, bedingt durch eine Reduk-tion des venösen Rückflusses, sehr rasch letal enden. Im Laufeder Evolution gelang es der Natur jedoch, durch adäquate Kom-pensationsmechanismen die Irreversibilität dieses Geschehensum ein Beträchtliches zeitlich hinauszuschieben und damit einbesseres Überleben des Organismus zu gewährleisten:

77

Page 79: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

– Mobilisierung der Kontraktiliätsreserve und der chronotro-pen Reserven des Herzens mit Steigerung der Myokardkon-traktilität und Zunahme der Herzfrequenz.

– Konstriktion der Arteriolen durch Stimulierung der Alpha-Rezeptoren mit Anstieg des peripheren Gefäßwiderstandesund Drosselung der Splanchnikus-, Nieren-, Muskel- undHautdurchblutung sowie einer Umverteilung der Durchblu-tung zugunsten lebenswichtiger Organe wie Herz undGehirn.

– Konstriktion der Venen, ebenfalls durch adrenerge Stimula-tion.

2. Symptome des Volumenmangelschocks

– Blässe von Haut und Schleimhäuten, verminderte Venenfül-lung, kalte, feuchte Haut, verzögerte Mikrozirkulation, Frier-reaktion, Unruhe.

– Tachykardie, flacher Puls, systolischer Druck um oder unter100 mmHg.

– Als Verlaufskriterium kann sehr eingeschränkt der Quotientaus Pulsfrequenz und systolischem Blutdruck (Schockindex)herangezogen werden. Bei Zunahme des Wertes auf 1,0 istein drohender, bei Werten über 1,3 ist beim Erwachsenenein manifester Schockzustand aufgrund des Volumenman-gels anzunehmen.

– Besser ist jedoch die Abschätzung des Volumenverlustesanhand des Verletzungsmusters.

– Die meist flache, frequente Atmung weist auf eine einge-schränkte pulmonale Funktion hin, die häufig mit einer aus-geprägten Hypoxämie verbunden ist.

Beim hypovolämischen Schock können durch die beschriebe-nen Mechanismen akute Volumenverluste bis zu etwa 20% deszirkulierenden Blutvolumens kompensiert werden, ohne daß derSchock in das Stadium der Dekompensation übertritt. DieDekompensation des Schocks beginnt, wenn die Volumenver-luste so groß sind, daß auch durch maximale Aktivierung derKompensationsreaktionen kein ausreichender Perfusionsdruckfür die Durchblutung der Vitalorgane mehr aufrecht erhaltenwerden kann.

Klinisch manifestiert sich die Dekompensation als zunehmenderAbfall von arteriellem Blutdruck und Herzzeitvolumen zusam-men mit den biochemischen Veränderungen der Ischämie undHypoxie der Vitalorgane. Damit tritt ein Circulus vitiosus ein, in

78

Page 80: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

dessen Verlauf der Schock sich im Sinne eines positiven Feed-backs zunehmend selbst verstärkt mit zunehmend lebensbe-drohlichem Verlauf.

3. Therapie des Volumenmangelschocks

3.1 Allgemeine Therapie des Volumenmangelschocks

– Allgemeine Maßnahmen: Überprüfung der VitalfunktionenAtmung und Herz-Kreislauf.

– Bei massiver Blutung nach außen Anlegen eines Druckver-bandes und Hochlagern der Extremität so weit wie möglich,bei spritzenden arteriellen Blutungen sofort, vor und wäh-rend des Verbindens Kompression der zuführenden Arterie.

– Großlumige venöse Zugänge so früh wie möglich. Cave: Später eventuell keine Venen mehr auffindbar !

– Schocklagerung.– Anheben der Beine über die Herzebene um etwa 20–30

Grad, nach Lagerung auf eine Trage Kopftieflagerung ca.10–15 Grad. Bei bewußtlosen Patienten mit ausreichenderSpontanatmung stabile Seitenlagerung, anschließend Kopf-tieflagerung.Cave: Steilere Lagerung führt zu einem Druck der Eingewei-de auf das Zwerchfell mit der Folge einer möglichen Ein-schränkung der Spontanatmung.

3.2 Spezifische Therapie des Volumenmangelschocks

– VolumenersatzWichtig ! Möglichst frühzeitig Anlegen eines venösen Zugangs.Rasche Infusion einer Ringer-Laktatlösung (1 000 – 1 500ml) oder eines kolloidalen Volumenersatzmittels (1 000 ml).

– Sauerstoffzufuhr: ≤ 4 l O2/min– Sedierung und Analgesie Diazepam 5 – 10 mg i. v., oder

Midazolam 1 – 5 mg i.v.Morphin 5 mg oder Fentanyl 0,05 mg langsam i. v.alternativ Ketamin 0,25 – 0,5 mg/kg KG i.v. oderS(+)Ketamin® ( 0,125 – 0,5 mg/kg KG i.v.)Die Analgesie ist bereits am Unfallort wichtig zur Reduzie-rung der starken Stimulation der sympathikoadrenergenReaktionen durch den Schmerz.Cave: Atemdepression bei rascher Injektion (Beatmungs-möglichkeit muß vorhanden sein!), reduzierte Dosis wegender Kreislaufzentralisation. Wegen der verzögerten Resorpti-

79

Page 81: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

on bei i.m.–Injektion intravenöse Injektion bevorzugen;Nota bene: Medikamentengabe nach Wirkung titrieren!

– Intubation und kontrollierte Beatmung bei schwerstemSchock.

Der Volumenersatz selbst kann grundsätzlich mit körpereigenenoder körperfremden Volumenersatzmitteln durchgeführt werden.Als körpereigen gelten Blut und dessen Bestandteile, wie z. B.Humanalbumin, das jedoch in Katastrophensituationen keineRolle spielt.

Als körperfremde Volumenersatzmittel kennen wir drei großeGruppen, nämlich Präparate, die auf Dextran-Basis, auf Gelati-ne-Basis oder Hydroxyethylstärke-Basis beruhen.

An kolloidale Volumenersatzmittel werden dabei folgende For-derungen gestellt:– Physiologische Eigenschaften, die dem kolloidosmotischen

Druck und der Viskosität des Plasmas möglichst nahe kom-men.

– Freiheit, zumindest vernachlässigbarer Grad von spezifi-schen, z. B. toxischen oder allergischen Nebenwirkungen

– Keine über Dilutionsphänomene hinausgehende Beeinflus-sung der Blutgerinnung

– Fehlende Infektiösität

– Auch bei wiederholter Anwendung vollständiger Abbau undAusscheidung

– Das kolloidale Volumensersatzmittel sollte billig, haltbar undeinfach auch in großen Mengen verfügbar sein

4. Volumenersatzmittel

Der ideale kolloidale Volumenersatz ist bis heute nicht verfüg-bar, alle Präparate können allergische Reaktionen auslösen, siesind jedoch in Häufigkeit und Schwere unterschiedlich ausge-prägt. Bei weitem am häufigsten finden sich anaphylaktoideReaktionen bei Gelatine-Präparaten, jedoch ist der Schwere-grad der Reaktion häufig weniger stark ausgeprägt als z. B. beiDextranen. Für Gelatine-Präparate muß in 0,12% mit Nebenwir-kungen gerechnet werden. Außerdem ist als gravierender Nach-teil die kurze Verweildauer im Körper sowie die geringe volu-mensubstituierende Wirkung anzusehen. Vorzuziehen sinddeshalb sicher die beiden anderen Gruppen, nämlich Dextranund Stärkepräparate. Wenn zwar auch selten, nämlich nur in0,03%, sind die allergischen Reaktionen auf Dextran jedoch von

80

Page 82: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

schwerwiegendstem Charakter bis hin zum anaphylaktischenSchock mit Herzkreislaufstillstand. Dextran-induzierte allergi-sche Reaktionen können grundsätzlich durch Haptengabe (Pro-mit®) weitgehend vermieden werden, was jedoch in der Kata-strophenmedizin auf verfahrenstechnische und logistischeProbleme stößt. Die Anwenderprävalenz verschob sich deshalbin der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren mehrund mehr zu Hydroxyethylstärkepräparaten, die je nach Mole-kulargewicht in ihrer Volumenwirkung dem Dextran ebenbürtigoder gar überlegen sind. Viele frühere grundlegende Untersu-chungen über Hydroxyethylstärke wurden mit einer zunächstverfügbaren hochmolekularen Lösung durchgeführt, die sichdurch ein Molekulargewicht von 450.000 und einem hohen Sub-stitutionsgrad von 0,7 auszeichnete. Dabei konnte gezeigt wer-den, daß diese frühen Präparate zwar eine effektive, nebenwir-kungsarme und kostengünstige Alternative zu Humanalbuminals Volumenersatzmittel darstellen, aber als klinisch bedeutsa-me, unerwünschte Eigenschaft dieser Infusionslösung wurdeneben einer langdauernden Speicherung in unterschiedlichenGeweben von verschiedenen Untersuchern eine Beeinflussungdes endogenen Gerinnungssystems bei Gabe von hohen Dosenfestgestellt. Aus diesen Untersuchungen wurden für Hydroxy-ethylstärke-Applikationen empfohlene Obergrenzen von 1,5g/kg und Tag abgeleitet, die allerdings mehr einer Analogie zurDextrananwendung entsprachen als fundierten wissenschaftli-chen Untersuchungen standhalten zu können.

In der Folgezeit wurden Modifikationen der Hydroxyethylstärkesynthetisiert und verschiedene Untersuchungen fanden einegeringere Beeinflussung des Gerinnungssystems als mit Dex-tranpräparaten. Die geringere Beeinflussung des Gerinnungs-systems ist insbesondere in katastrophenmedizinischer Hinsichtvon besonderer Bedeutung, da bei der Erstversorgung vonKatastrophenopfern Gerinnungsanalysen keinesfalls zur Verfü-gung stehen.

Heute ist die bisher in der Literatur angegebene Grenze von 1,5g/kg und Tag Hydroxyethylstärke (HES) nicht mehr gerechtfer-tigt, sondern eine Dosierung von 2,5 – 3 g/kg und Tag durchauszulässig und bei der Dosisempfehlung von mittelmolekularenHES-Lösungen bereits berücksichtigt. Für Katastrophenmedi-zinische Belange bedeutet dies, daß bei gleichzeitiger Substitu-tion von Sauerstoffträgern auf die Gabe von Humanalbuminvöllig verzichtet werden kann, und daß – im Gegensatz zuDextran-Präparaten – auch durch diese relativ große Menge an

81

Page 83: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Hydroxyethylstärke keine schwerwiegenden Veränderungen desGerinnungssystems zu befürchten sind.

Insbesondere bei Kombinationsschäden, wie bei Verbrennun-gen und Verletzungen, ist der benötigte Volumenersatz beson-ders hoch. Im Falle von Kombinationsschäden bedeutet dies,daß in Katastrophensituationen Blutverluste von zwei und mehrLitern innerhalb kürzester Zeit ersetzt werden müssen. Auch beiVerwendung kolloidaler Lösungen, die zum Blutverlust im Ver-hältnis 1:1 angewendet werden, ist die Infusion ausreichenderMengen und damit die Stabilisierung der Kreislaufverhältnissemitunter nicht in genügend kurzer Zeit möglich.

Als Alternative zur üblichen Volumensubstitution wurde 1980 dieInfusion hypertoner Kochsalzlösungen wieder entdeckt, nach-dem diese nach ersten Versuchen im Jahr 1919 weitgehend inVergessenheit geraten waren.

Ausmaß und Dauer der Wirkung der hypertonen Lösung konntedurch Konzentration sowie durch Kombination mit einem kolloi-dalen Volumenersatzmittel erhöht werden. Es sei jedoch betont,daß eine Volumenersatztherapie mit hypertonen Lösungen nurals Überbrückungsmöglichkeit eines akuten Volumenmangelsangesehen werden darf, da die Wirkung von hyperton-hyperon-kotischen Lösungen nur eine sehr kurze Zeit (10 – 30 Minuten)anhält. Der definitive Volumenersatz muß unverzüglich mit kol-loidalen Volumenersatzmitteln eingeleitet werden.

4.1 Kolloidale Volumenersatzmittel

Stoffgruppe Volumenwirkung Wirkdauer Allergierate

Dextrane(z. B.: Macrodex® 4,5 oder 6 %;Thomaedex®60 6 %)

100 – 180 % ca. 3-6 h +++

Gelatine (z. B. Gelafundin 4%) 70 % ca. 1-3 h ++

HydroxyethylstärkeMolekulargewicht 465.000(z. B. Plasmasteril)Molekulargewicht 200.000(HAES-steril 6%)Molekulargewicht 40.000(z. B. Expafusin®)

120 %

100 %

70 %

ca. 8 h

ca. 3-6 h

ca. 1-2 h

(+)

(+)

(+)

82

Page 84: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

4.2 Nichtkolloidale Volumenersatzmittel

4.3 Hyperton-hyperonkotische Lösung

Weiterführende Literatur:

1. Kilian, J.; Pfenninger, E.: Polytraumatisierte Patienten, in:Doenicke, A.; Kettler, D.; W. List , W. F.; Radke, J.; Tarnow, J.(Hrsg.): Anästhesiologie, Springer, Berlin, Heidelberg, New-York, London, Paris, Tokyo, Hongkong, Barcelona, Buda-pest 1995, S. 831-852

2. Rebentisch E.: Handbuch der medizinischen Katastrophen-hilfe, Reed Elsevier, Gräfelfing 1991

Stoffgruppe Volumenwirkung Wirkdauer Bemerkungen

NaCl 7,5% /Hydroxyethylstärke200.000/0,5In der BRD nochnicht zugelassen

300 – 600 % 20 – 30 min.

Dosierung:4 ml/kg KGCave:Nur einmaliganwendbar,Gefahr der Hyper-osmolarität

Stoffgruppe Volumenwirkung Wirkdauer Bemerkungen

Ringerlaktat 30 % 0,5-1 hDreifache Mengedes Blutverlustesnotwendig!

Humanalbumin 5 % 100 % mehrere TageIn der Katastrophen-medizin nicht ange-bracht !

Gerinnungsfaktoren – Nicht sinnvoll

83

Page 85: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

9. Schmerzbehandlung und Anästhesieunter Katastrophenbedingungen

E. Pfenninger

1. Vorbemerkungen

Die gelegentlich extrem erschwerten und begrenzten diagnosti-schen und therapeutischen Möglichkeiten unter Katastrophen-bedingungen stellen besondere Anforderungen an Schmerzbe-handlung und Anästhesie. Während in den intakten Kranken-häusern auch in Katastrophensituationen die routinemäßigenVerfahren zur Anwendung gelangen, müssen in improvisiertenVersorgungseinheiten „vor Ort“ an eine suffiziente Anästhesieund Analgesie folgende Forderungen gestellt werden:

– einfache Handhabung der Methodik,– rasche Wirksamkeit der eingesetzten Substanzen und aus-

reichende Wirkungsintensität,– geringe respiratorische und kardiozirkulatorische Neben-

wirkungen,– Einsatzmöglichkeit auch bei Rettung von Verletzten.

2. Analgesie

Die Verfahren der Schmerzbehandlung müssen rasch verfügbar,sofort einsetzbar und schnell wirksam sein. Der Forderung nachrascher Wirksamkeit wird zwar nur die intravenöse Applikationgerecht, unter Katastrophenbedingungen und den einge-schränkten medizinischen Kapazitäten haben aber die oraleVerabreichung – soweit möglich – und die intramuskuläreInjektion ebenso einen gewissen Stellenwert.

Rein schematisch lassen sich die Substanzen zur Schmerz-behandlung folgendermaßen einteilen:

– Analgetika ohne hypnotische und sedative Effekte (“peri-phere“ Analgetika),

– Analgetika mit hypnotischem und/oder sedativem Effekt,– Inhalations Analgetika,– Lokalanästhetika.

84

Page 86: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Inhalationsanalgetika (vor allem ein Gemisch aus Sauerstoff undLachgas) scheiden wegen des notwendigen apparativen Auf-wandes unter Katastrophenbedingungen a priori aus, bei intak-ten Krankenhausstrukturen sind sie ebenfalls zur Analgesiekeine gebräuchliche Alternative. Dagegen sind Lokalanästhetikaund Analgetika ohne sedativen Effekt gut brauchbar.

2.1 Analgetika ohne hypnotische und sedative Effekte(nicht-steroidale, „periphere“ Analgetika)

Periphere Analgetika haben zwar den Vorzug einer großen the-rapeutischen Breite und weisen kaum Nebenwirkungen auf,ihnen fehlt aber die gerade unter Katastrophenbedingungen sowichtige, sedierende Komponente. Im Einzelnen sind geeignet(Dosierung für Erwachsene):

– Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin®) 0,5 – 1 g, max. 6 g/die– Novaminsulfon (z. B. Novalgin®) 0,5 – 1 g, max. 4 g/die– Paracetamol (z. B. ben-u-ron®) 1 g, max. 4 g/die– Diclofenac (z. B. Voltaren®) 100 mg, max. 200 mg/die.

Bei abdominellen Koliken hat sich die Gabe von Novaminsulfonund einem Spasmolytikum (Butylscopolaminin: z. B. Busco-pan®) besonders bewährt.

2.2 Analgetika mit hypnotischem und/oder sedativem Effekt

Opiate sind zwar stärkste Analgetika, jedoch auch mit ausge-prägten Nebenwirkungen verbunden. Deshalb bedarf ihreAnwendung immer einer ärztlichen Indikation. Zu den Neben-wirkungen gehören Atemdepression, Übelkeit und Erbrechensowie Steigerung des Tonus der glatten Muskulatur (Überfüllungder Harnblase durch Sphinktertonuserhöhung!).

Die gebräuchlichsten Opiate sind:

– Pethidin (Dolantin®) 10 – 25 mg i.v., 25 – 50 mg i.m.– Morphin (Morphin®) 5 – 10 mg i.v., 10 – 20 mg i.m.– Buprenorphin (Temgesic®) 0,15 – 0,3 mg i.v., 0,3 – 0,6 mg

i.m., 0,2 – 0,4 mg oral– Piritramid (Dipidolor®) 7,5 – 15 mg i.v., 10 – 20 mg i.m– Fentanyl (Fentanyl®) 0,05 – 0,1 mg i.v.

In zunehmender Weise fand auch Ketamin (z. B. Ketanest®) alskurz wirkendes Analgetikum Verwendung. Dosierung: 0,5 – 1

85

Page 87: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

mg/kg i.m. Als Nachteil muß die relativ kurze Wirkzeit von ca. 30min angesehen werden. Seit kurzem steht das Ketamin IsomerS(+)Ketamin (Ketamin S®) zur Verfügung, das in einer Dosis von0,125 – 0,5 mg/kg i.v. oder ggf. i.m. appliziert wird.

2.3 Lokalanästhetika

Lokalanästhetika verhindern die Depolarisation von Nervenzell-membranen, indem sie die Permeabilität für Natriumionen ver-mindern, und zwar an jeder erregbaren Zelle (ZNS-Exzitation,ZNS-Depression, Herzrhythmusstörungen, Kardiodepression).Ihre Wirkung bleibt lokal begrenzt, solange nicht toxische Plas-maspiegel erreicht werden. Die Wirkung der Lokalanästhetikaam Natriumkanal der Axonmembran ist an das Vorliegen derionisierten Form gebunden, die Diffusion zur Axonmembrandurch die Myelin- bzw. Schwannsche Scheide an das Vorliegender nicht ionisierten, freien Base. In entzündetem oder hypoxi-schem Gewebe (Gewebsazidose) sind übliche Lokalanästhetikaionisiert und darum schlecht wirksam.

PharmakokinetikDie Absorption am Applikationsort kann durch Zusatz einesVasokonstriktors wie Adrenalin (1:200.000) oder Ornipressin(maximal 2 Einheiten) wesentlich verlangsamt werden.

Pharmakologische Eigenschaften gebräuchlicher Lokalanästhe-tika

86

Handelsname RelativeToxizitätbezogenaufProcain

RelativeWir-kungs-stärke

Maximal-dosis (mg)ohne Vaso-konstriktor

Maximal-dosis (mg)mit Vaso-konstriktor

Wir-kungs-eintritt

Lidocain z.B.Xylocain® 2 4 200 500 schnell

Mepivacain z.B. Meaverin®

z.B. Scandicain®

2 4 300(5 mg/kg)

500 schnell

Prilocain z.B. Xylonest®

1,5 4 400 600 schnell

Bupivacain z.B.Carbostesin®

8 16 150(2 mg/kg)

langsam

Ropivacain z.B. Naropin®

4 12 300(4 mg/kg)

langsam

Page 88: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

In Abhängigkeit vom Applikationsort werden unterschiedlicheBlutspiegel erreicht– Blutspiegel bei interkostaler Applikation > periduraler Appli-

kation > Plexusanästhesie > Infiltrationsanästhesie– Bei interkostaler Applikation ist der Blutspiegel um das

2,5fache höher als bei Infiltrationsanästhesie.– Die Geschwindigkeit der Elimination wird für Lokalanästheti-

ka vom Estertyp durch die Metabolisierung durch Plasmae-sterasen bestimmt. Lokalanästhetika vom Amidtyp werdenin der Leber metabolisiert.

Nebenwirkungen:– Bei Erreichen toxischer Plasmaspiegel zunächst kardiale

(Tachykardie/Hypertonie/Arrhythmie) und zerebrale (Taubheitder Zunge, Ohrsausen, Schwindel, Übelkeit, Sehstörungen,Tremor, Krampfanfall) Exzitation

– bei noch höherem Plasmaspiegel Depression (Druckabfalldurch Kardiodepression und Vasodilation, Herz-Kreislauf-Stillstand, Apnoe, Bewußtlosigkeit).

Indikationen:– Analgesie: Infiltrationsanästhesie, Plexusanästhesie– Operative Eingriffe: Infiltrationsanästhesie, periphere Ner-

venblockaden, Plexusanästhesie, Peridural- und Spinalan-ästhesie (nach Ausschluß eines Volumenmangels).

Mittellang wirkende Lokalanästhetika:– Lidocain (z. B. Xylocain®) 0,5/1/2 % max. 3 mg/kg KG– mit Vasokonstriktorzusatz max. 7 mg/kg KG– Mepivacain (z. B. Scandicain®) 0,5/1/2 % max. 4 mg/kg KG

mit Vasokonstriktorzusatz max. 7 mg/kg KG– Prilocain (z. B. Xylonest®) 0,5/1 % max. 5,7 mg/kg KG mit

Vasokontriktorzusatz max. 8,5 mg/kg KG

Langwirkende Lokalanästhestika:– Bupivacain (z. B. Carbostesin®) 0,25/0,5 % max. 2 mg/kg

KG– Ropivacain (z. B. Naropin®) 0,5/1,0% max. 4 mg/kg KG

Bei Überdosierung eines Lokalanästhetikums kommt es zu: AV-Block, Krämpfen, Atemlähmung, Kreislaufzusammenbruch.

Ein AV-Block wird mit Adrenalin 0,05 – 0,1 mg, Krämpfe mit Dia-zepam oder Midazolam, eine Atemlähmung mit Beatmung undein Kreislaufzusammenbruch nach den Regeln der kardiopul-monalen Wiederbelebung behandelt.

87

Page 89: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

3. Anästhesieverfahren

In Katastrophensituationen muß davon ausgegangen werden,daß nur ein minimales Monitoring in Form von Puls-, Blutdruck-und Atmungskontrolle möglich ist, daß Patienten auch dannanästhesiert werden müssen, wenn sie noch im manifestenSchock sind, und daß diffizile pharmakokinetische Aspekteaußer Betracht bleiben müssen. Alle Narkosen müssen unterRaumluft oder mit Raumluftbeatmung durchführbar sein, jedochist eine Sauerstoff-Flasche für eventuelle Zwischenfälle zwin-gend vorzusehen.

3.1. Intravenöse NarkoseIntravenöse Narkotika werden zur Narkoseeinleitung und alsKomponenten der Totalen Intravenösen Anästhesie (TIVA) oderals Komponenten der Neuroleptanästhesie und ihrer Variantenverwendet. Dem Vorteil der schnellen und angenehmen Narko-seeinleitung steht als Nachteil der Verlust der Steuerbarkeit ent-gegen. Die Eliminationskinetik des Medikamentes ist nicht mehrzu beeinflussen.

Der Wirkungseintritt wird bei einer Bolusinjektion in der Regeldurch die Kreislaufzeit bestimmt. Bei reduziertem Herz-Zeit-Volumen soll die Injektionszeit angepaßt werden, da sich bei zurascher Injektion nur ein geringerer Teil des injizierten Pharma-kons während der initialen Kreislaufzeit mit dem zerebralenZielkompartiment äquilibrieren kann, während sich der Restim „zentralen Kompartiment“ verteilt (z.B. auch Myokard). ImVerhältnis zur (langsamer einsetzenden) Sedierung kann dieNebenwirkung der kardiozirkulatorischen Depression ausge-prägt sein. Insbesondere ist zu berücksichtigen, daß bei Kata-strophenopfern mit protrahiertem Schock ein ausgeprägterVolumenmangel besteht und somit bei Narkoseeinleitung einKreislaufzusammenbruch droht.

Bei allen Narkosen muß für eventuelle Zwischenfälle folgendesZubehör griffbereit vorhanden sein:– Handbeatmungsbeutel mit Beatmungsmasken– Absaugpumpe mit Absaugkatheter– Laryngoskop– Oro- und Nasopharyngealtuben (Guedel-Tuben, Wendl-

Tuben)– Endotrachealtuben– Notfallmedikamente (Adrenalin 1:1.000, Diazepam oder

Midazolam, Succinylcholin, Glukokortikoide: z. B. Solu-Decortin H® 250 mg).

88

Page 90: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Vor einer geplanten Narkose sollte der Patient mit einemAnxiolytikum (z. B. Tranxilium® 10 – 20 mg p.o., Atosil® 0,5mg/kg i.m., Dormicum® 1-3 mg i.v.) medikamentös prämediziertwerden, immer muss ein venöser Zugang sichergestellt sein.Atropin (Vagolyse) 0,01 mg/kg wurde früher vor Narkoseeinlei-tung obligat appliziert, heute wird es nur noch bei entsprechen-der Indikation (Bradykardie, Kleinkinder, unerwünschte Saliva-tion) verwendet.

3.1.1 Narkose bei intakter medizinischer Struktur

Hier kommen alle gebräuchlichen Narkoseverfahren und derenadäquates Monitoring zum Einsatz. Im Wesentlichen ist dies dietotale intravenöse Anästhesie (TIVA) sowie die bilanzierte Anäs-thesie unter Verwendung von intravenösen und inhalativenAnästhetika. Als Beispiel für eine TIVA sei angeführt:

– Disoprivan (z. B. Propofol®) 1 – 2 mg/kg i.v. zur Narkoseein-leitung

– Fentanyl (z. B. Fentanyl®) 0,1 mg i.v. bzw. Alfentanil (z. B.Rapifen®) 1 mg i.v.

– Beatmung über Larynxmaske (bei nüchternen Patienten!)oder Beatmung nach Relaxation und Intubation

– Aufrechterhaltung der Narkose mit Disoprivan 1 – 3 mg/kg/hund repetitiven Opiatdosen

3.1.2 Narkose bei reduzierter Ausstattung

Kurznarkose mit erhaltener Spontanatmung– Midazolam (z. B. Dormicum®) 2 – 5 mg langsam i.v.

bzw. Disoprivan (z.B. Propofol®) 10 – 50 mg i.v. – S(+)-Ketamin (Ketanest S®) 0,5–1,0 mg/kg langsam (60 sec)

i.v.– bei Bedarf Nachinjektion von 0,5 mg/kg Ketamin S®.

Kurznarkose mit IntubationVorgehen wie bei erhaltener Spontanatmung, dann nach siche-rer Maskenbeatmung Präkurarisierung mit z. B. 1 mg Vecuroni-umbromid (z. B. Norcuron®) und Muskelrelaxierung mit Succi-nylcholin (z. B. Lysthenon® 1–2 mg/kg langsam (15 sec) i.v.).Nach der endotrachealen Intubation wird mit dem Beatmungs-beutel mit Luft oder Luft/Sauerstoff beatmet. Bei Bedarf wirdKetamin S® 0,5 mg/kg und bei absoluter Notwendigkeit dererneuten Relaxation Succinylcholin 20–40 mg (sehr langsam!)nachinjiziert (Höchstdosis Succinylcholin: 400 mg; Cave: Schwere Bradykardien, stark verlängerte Wirkung.

89

Page 91: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Alternativ kann bei sicher nüchternen Patienten primär miteinem nicht depolarisierenden Muskelrelaxanz (z. B. Vecuroni-umbromid 0,1 mg/kg) relaxiert werden.Eine Relaxierung ohne Intubation ist wegen der Gefahr derAspiration (nicht nüchterner Patient, fehlende Magenentleerung)unzulässig.

3.2 InhalationsanästhesieUnter Katastrophenbedingungen ist sicherlich der intravenösenNarkose der Vorzug zu geben. Trotzdem sollen hier die volatilenInhalationsanästhetika erwähnt werden, da sie in manchen Län-dern einen anderen Stellenwert als in Deutschland einnehmen.Inhalationsanästhetika (Lachgas, N2O und die Dämpfe der halo-genierten Kohlenwasserstoffe Halothan, Enfluran und Isofluran)wirken am Zielorgan, dem ZNS, aber auch an peripherenOrganen (Herz, neuromuskuläre Endplatte) depressorisch. Dergenaue Mechanismus ist nicht bekannt. Ziel der Inhalationsan-ästhesie ist, einen ausreichenden Partialdruck des Narkosega-ses im Gehirn zu erreichen. Da dieser klinisch nicht bestimmbarist, bezieht man die Wirkstärke auf die minimale alveoläre Kon-zentration (MAC). MAC ist die alveoläre Gleichgewichtskonzen-tration, bei der 50% der Patienten auf eine Hautinzision nichtmit einer Abwehrbewegung reagieren.Der MAC-Wert der Inhalationsanästhetika wird vermindert durch– Kombination mit anderen Inhalationsanästhetika (N2O)– Prämedikation mit Sedativa und Opiaten– Alter, Hypothermie, Schwangerschaft– Hypoxie, Anämie, Hypotension

Der MAC-Wert der Inhalationsanästhetika wird erhöht durch – Alkoholabusus, Hyperthermie

Tabelle: Bewertung der Inhalationsanästhetika

90

Eigenschaft Halothan® Enfluran® Isofluran® Sevofluran® Desfluran®

Kardiodepression ++ + + + +

periphere Vasodilation + ++ + +

Steuerbarkeit + ++ ++ +++ ++++

Muskelrelaxation (+) + + + +

Atemdepression + ++ + + +

proarrhythmogene Wirkung ++ (+) (+) (+) (+)

Krampfpotentiale + ?

klinische Erfahrung ++ + + + +

Kosten + ++ +++ ++++ ++++

Metabolisierungsrate 20 % 2 % 0,2 % 3 % 0,02 %

Page 92: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Veränderungen des Partialdruckes des Anästhetikum im Narko-segasgemisch führen zu schnellen gleichgerichteten Verände-rungen des Partialdruckes in den Alveolen, dem arteriellen Blutund dem Gehirngewebe; mit den meisten anderen Gewebenwird während der Dauer klinischer Anästhesien kein Gleichge-wicht erreicht. Die alveoläre Konzentration hängt von der Anäs-thetikumkonzentration, der Ventilation sowie der Resorption ab.

3.2.1 Langdauernde Narkose mit Intubation unter KatastrophenbedingungenZunächst Vorgehen wie 3.1.2. Nach der Intubation und aufge-nommenen Beatmung wird Vecuroniumbromid (z. B. Norcuron®)0,1 mg/kg KG i.v. injiziert. Wenn nach ca. 20 min die Muskelre-laxierung nachläßt, kann 2 mg Vecuroniumbromid nachinjiziertwerden. Die Aufrechterhaltung der Narkosetiefe wird durch dieInhalation eines Lachgas/Sauerstoffgemisches (70:30 Vol%)sowie die Zugabe eines der aufgeführten Inhalationsanästhetikain einer Konzentration von ca. 1 MAC erreicht. Bei Operations-ende sollte die Muskelrelaxierung aus Sicherheitsgründen (ver-minderte Überwachungsmöglichkeiten!) mit 0,1 mg/kg KG Pyri-dostigmin (z. B. Mestinon®) zusammen mit 0,5 mg Atropinaufgehoben werden.

3.3 Narkose beim Schädel-Hirn-TraumaBeim schweren Schädel-Hirn-Trauma darf keine Narkose inSpontanatmung durchgeführt werden, da alle Narkotika beiHirntraumen zu einem Anstieg des arteriellen Kohlensäureparti-aldruckes und damit zur Hirndrucksteigerung führen können.Ketamin kann zwar in ungünstigen Fällen auch unter kontrollier-ter Beatmung zu einer Hirndrucksteigerung führen, dies läßtsich aber durch Zugabe eines Benzodiazepins oder von Dis-oprivan (z. B. Propofol® 1 – 2 mg/kg) verhindern. Die Narkoseläßt sich somit wie unter 3.1.3 durchführen. Am Ende der Nar-kose muß unbedingt ein ausreichender Wachheitsgrad sowieeine ausreichende Spontanatmung vorhanden sein. Anderen-falls muss der Patient unter kontrollierter Beatmung einer Inten-sivtherapie zugeführt werden.

Alternativ empfiehlt sich eine Total Intravenöse Anästhesie:– Disoprivan (z.B. Propofol®) 1 – 2 mg/kg KG i.v.,– Fentanyl (z. B. Fentanyl®) 0,1 – 0,3 mg i.v.,

bzw. Alfentanil (z.B. Rapifen®) 1 – 3 mg i.v.– dann Vorgehen wie unter Narkose mit Intubation beschrie-

ben.

91

Page 93: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

3.4 Narkose in AusnahmesituationenIn besonderen Situationen (eingeklemmte Patienten, Narkoseauf dem „freien Felde“, völliger Zusammenbruch der Versor-gung) empfiehlt sich eine Ketamin-S® – Mononarkose durchzu-führen. Die Spontanatmung bleibt dabei erhalten, Blutdruck undPuls können palpatorisch beurteilt werden:

– Ketamin-S® 0,25 – 1,0 mg i.v. titriert!– Repetitionsdosis: 0,25 – 0,5 mg/kg– Evtl. Supplementierung mit Midazolam 1 – 5 mg i.v.

Achtung! Erhöhte Rachenreflexe, deshalb kein Guedel-Tubus

Weiterführende Literatur:

1. Georgieff, M.; Schirmer, U.: Klinische Anästhesiologie, Sprin-ger, Berlin Heidelberg New York, 1995

2. Kilian, J.; Pfenninger, E.: Polytraumatisierte Patienten, In:Doenicke, A.; Kettler, D.; List, W. F.; Radke, J.; Tarnow, J.(Hrsg.): Anästhesiologie, Springer, Berlin, Heidelberg, NewYork, London, Paris, Tokyo, Hongkong, Barcelona, Buda-pest 1995, S. 831-852

3. Rebentisch E.: Handbuch der medizinischen Katastrophen-hilfe, Reed Elsevier, Gräfelfing 1991

92

Page 94: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

10. Chirurgische Maßnahmen imKatastrophenfall bei Patienten mitKombinationstraumen/Versorgungs-strategien bei polytraumatisiertenPatienten.

A. Ekkernkamp und G. Matthes

1. Einleitung

Im Rahmen schwerer traumatologischer Großschadensereignis-se kommt es bei den Opfern meistens zu einer Mehrfachverlet-zung, seltener zu einer Monoverletzung. Liegen Verletzungenmehrer Körperregionen vor, von denen eine oder die Kombinati-on akut lebensbedrohlich sind, spricht man von einem Polytrau-ma. Solche Verletzten sind bei der Sichtung meist der Dringlich-keitskategorie I oder II zuzuordnen (s.u.). Prinzipiell gelten fürdie präklinische Versorgung Mehrfachverletzter oder polytrau-matisierter Patienten im Katastrophenfall die üblichen Versor-gungsschritte:– Rettung aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich– Stabilisierung der Vitalfunktionen– Stillung lebensbedrohlicher äußerer Blutungen– Schmerzbekämpfung– Verbände und Lagerung, auch Immobilisation

2. Sichtung

Im Katastrophenfall stehen zu Anfang die katastrophenmedizini-sche Festlegung von Behandlungsprioritäten und die Organisa-tion der Rettungsmaßnahmen. Erst dann folgt die eigentliche(chirurgische) Behandlung.Mit Beginn der Rettungsmaßnahmen werden die Verletztengerettet, ggf. zu einer Verletztenablage oder an einen festge-legten Behandlungsplatz verbracht. Beim Massenanfall vonVerletzten muss dabei jeweils wiederkehrend eine Sichtungstattfinden. Ziel der Sichtung ist die Beurteilung der Versor-gungsdringlichkeit der einzelnen Verletzten. Festgelegt werdenhierbei u. a.:– Reihenfolge der Behandlung– Reihenfolge des Abtransportes– Transportart (Boden/Luft)– Zielklinik

93

Page 95: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Dazu werden die Verletzten im Katastrophenfall den Dringlich-keitskategorien I bis IV zugeordnet. Die Verantwortung für dieSichtung gehört grundsätzlich in die Hand des katastrophenme-dizinisch erfahrendsten Arztes. Er ist gegenüber den anderenÄrzten und dem medizinischen Assistenzpersonal in gewissemRahmen – in Abhängigkeit landesrechtlicher Regelungen – wei-sungsbefugt. Der Sichtungs-Arzt legt die Art und den Behand-lungsumfang bei den einzelnen Verletzten fest. Er selbst behan-delt (zunächst) nicht. Untersuchung und Dokumentation solltennicht mehr als 2 min pro liegendem Patient dauern. Abhängigvon der Zahl der Verletzten sind unter einer (!) Leitung ggf. meh-rere Sichtungs-Ärzte einzusetzen, um die Behandlung der Ver-letzten nicht zu verzögern.

2.1 Dringlichkeitskategorien

Tabelle 1 zeigt die Dringlichkeitskategorien mit typischen Verlet-zungsmustern.

Das Ergebnis der Sichtung wird vom Sichtungs-Arzt oder sei-nem Assistenzpersonal auf einem Dokumentationssystem, z. B.einer Verletztenanhängekarte festgehalten, die gut sichtbar amVerletzten befestigt wird. Auf dieser Karte werden neben denerhebbaren persönlichen Daten die Dringlichkeitskategorie, ori-entierende Diagnosen und erste durchgeführte Maßnahmendokumentiert.

3. Untersuchung und Erstversorgung

Jeder Verletzte muss eine orientierende Untersuchung erhalten.Ziel der Erststuntersuchung, gerade bei polytraumatisiertenPatienten, ist es, die Leitverletzung zu erkennen. Bei den ärztli-chen Erstmaßnahmen an Schwerstverletzten sind aufwendigeVersorgungen von Extremitätenverletzungen oder geringerenVerletzungen aufgrund des hier relativ zu hohen Zeitverlusteslebensgefährdend für viele weitere Verletzte und daher zu unter-lassen.

Es gilt der Leitsatz „life before limb“. Im Folgenden werden ein-zelne Untersuchungsschritte, Besonderheiten und Erstmaßnah-men dargestellt.

94

Page 96: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Tabelle 1: Dringlichkeitskategorien/typische Verletzungsmuster

3.1 Neurologischer Status, Kopf und WirbelsäuleDie Bewusstseinslage wird auch bei traumatologischen Notfäl-len am besten anhand der Glasgow-Coma-Scale (GCS) einge-schätzt (Tabelle 2).

95

Kate-gorie

Dringlichkeit derBehandlung

Verletzungen (Beispiele) Transportpriorität

I ErsteBehandlungspriorität:LebensrettendeSofortmaßnahmen

Störung der AtmungSchwere BlutungSchock Schwere Verbrennungen

Zunächst nichttransportfähig,nach Stabilisierungjedoch Transportpriorität I

II ZweiteBehandlungspriorität:Versorgung ausvitaler Indikation oderzur Vermeidungbleibender Schädeninnerhalb einer 6-8Stunden-Grenze

AufgeschobeneBehandlungspriorität:Operative Versorgunginnerhalb der ersten6-24h nach demSchadensereignis

Offene Schädel-Hirn-VerletzungenRückenmarksverletzungen mitLähmungVerletzungen desGastrointestinal-TraktesVerletzungen großerExtremitäten/Arterien – ohneschwere BlutungOffene Extremitätenfrakturen

Frakturen/LuxationenSHT ohne Zeichen einerHirndrucksteigerungGrößere WeichteilverletzungenGrößere, jedoch nicht akutlebensbedrohlicheVerbrennungen AmputationspflichtigeExtremitätenverletzungen

Transportpriorität Inach ärztlichenSofortmaßnahmen

Transportpriorität IInach ärztlichenSofortmaßnahmen

III Leichtverletzte unkomplizierte Wundenkleinflächige Verbrennungen I–II Grades

Spättransport

IV aktuell nichtbehandelbareSchwerstverletzte

aktuell nicht überlebbareVerletzungen, z. B.reanimationspflichtigesPolytrauma

Page 97: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Tabelle 2: Glasgow-Coma-Scale

Die Zustandsbewertung des Verletzten kann bekanntlich zwi-schen 3 und 15 Punkten erreichen. Es erfolgt ergänzend eineBeurteilung der Pupillen, wobei auf Pupillenweite, Isocorie undLichtreaktion geachtet wird.

Schließlich werden äußere Verletzungen beurteilt. SchwereKopfverletzungen, gerade bei Hochrasanztraumen, gehen oft-mals mit Verletzungen der Halswirbelsäule einher. Bei ansprech-baren Verletzten ist die periphere Motorik und Sensibilität zumAusschluss einer Wirbelsäulenverletzung mit Rückenmarksbe-teiligung orientierend zu überprüfen.

Weiterhin sind Schmerzäußerungen im Wirbelsäulenbereich zuerfragen. Prädilektionsstellen für Wirbelsäulenverletzungen sindneben der Halswirbelsäule der thorakolumbale Übergang unddie untere Lendenwirbelsäule.

3.1.1 BesonderheitenBei ausgeprägten Gesichtsverletzungen ist, soweit in Katastro-phensituationen möglich, auf orale Blutungen oder ausgeschla-gene Gebißanteile zu achten, die eine Aspirationsgefahr darstel-len. Bei schweren Gesichtsverbrennungen ist ein Inhalations-trauma diagnostisch zu bedenken. Im Rahmen von Explosions-unfällen können Blutungen aus dem äußeren Gehörgang aufeine Trommelfellverletzung hinweisen.

96

Augenöffnen SpontanAuf AnsprechenAuf SchmerzreizNicht

4 Punkte3 Punkte2 Punkte1 Punkt

Verbale Reaktion Orientiert, beantwortet FragenDesorientiert, beantwortet FragenInadäquate verbale AntwortUnverständliche LauteKeine verbale Reaktion

5 Punkte 4 Punkte3 Punkte2 Punkte 1 Punkt

Körpermotorik Bewegung auf BefehlGezielte SchmerzabwehrMassenbewegung auf SchmerzBeugesynergien auf SchmerzStrecksynergien auf SchmerzKeine

6 Punkte5 Punkte4 Punkte3 Punkte2 Punkte1 Punkt

Page 98: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

3.1.2 Erstversorgung bei Patienten mit Bewusstlosigkeit,Kopf- und WirbelsäulenverletzungenDie Atemwege müssen sicher frei gehalten werden. Bei GCS-Werten von ≤ 8 muss eine Intubation durchgeführt werden.Hierbei ist der einfachsten Intubationsart, in den meisten Fällender orotrachealen Intubation, der Vorzug zu gegeben. EineLarynxmaske verbietet sich wegen mangelnder Sicherheit undfortbestehender Aspirationsgefahr. Sollten schwerste Gesichts-verletzungen eine orotracheale Intubation unmöglich machen,ist eine Notfalltracheotomie indiziert.

Defektwunden am Kopf, auch mit freiliegendem Gehirn, werdenlediglich mit sterilen Kompressen abgedeckt. Beim geringstenVerdacht auf eine Halswirbelsäulenverletzung sollte eine, dieHWS stabilisierende, Fixation angelegt werden. Bei allen Wirbel-säulenverletzungen ist eine achsenstabile Lagerung notwendig.

Zur Rettung werden unter individual-notfallmedizinischen Gege-benheiten 6 Helfer (!) benötigt. Es sollten, soweit möglich, spe-zielle Hilfsmittel, wie Schaufeltrage und Vakuummatratze, einge-setzt werden.

3.2 Thoraxtrauma

Prellmarken und eine Instabilität des Thorax sind Zeichen einerRippen(serien)fraktur. Ein weiterer Hinweis auf eine schwereThoraxverletzung ist das Auftreten von paradoxer Atmung. Kli-nische Zeichen eines Pneumothorax sind Atemnot, fehlendeAtemgeräusche und hypersonorer Klopfschall auf der betroffe-nen Seite, Kreislaufdepression und Halsvenenstauung.

3.2.1 BesonderheitenBei Kindern können aufgrund des elastischen Skeletts schwereintrathorakale Verletzungen auch ohne begleitende Rippenfrak-tur auftreten. Zusätzliche klinische Zeichen sind (auch) hiergedämpfte Herzgeräusche und Kreislaufdepression. Bei Hoch-rasanztraumen (u.a. spezielle Schussverletzungen, Sturz ausgroßer Höhe) kann es zu Verletzungen der thorakalen Aortakommen.

3.2.2 Erstversorgung von ThoraxverletzungenDa Thoraxverletzungen sehr häufig mit einer ausgeprägten Lun-genkontusion vergesellschaftet sind, sollte – ressourcenabhän-gig – die Indikation zur Intubation großzügig gestellt werden.Hierbei ist eine Beatmung mit PEEP durchzuführen. Bei Beat-mung besteht die Gefahr, dass sich ein zuvor übersehener

97

Page 99: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Pneumothorax in einen kreislaufwirksamen Spannungspneu-mothorax mit Mediastinalverschiebung umwandelt. Daher istauch nach Intubation eine regelmäßige klinische Kontrolle nötig.Beim Vorliegen eines Pneumothorax muss umgehend eine Ent-lastung vorgenommen und eine Thoraxdrainage gelegt werden.Eintrittspunkt ist der 4. oder 5. ICR in der vorderen Axillarlinie,niemals jedoch unterhalb der Mamille. Die auf Dauer effektiveDrainage sollte einen Durchmesser von mindestens 24 Ch auf-weisen, da kleinere Drainagen durch Blutkoagel verlegt werdenkönnen. Sollte in Ausnahmesituationen keine entsprechendeDrainage vorhanden sein, so kann z. B. ein Absaugschlauchoder ein Tubus behelfsmäßig benutzt werden. Bei offenen Tho-raxverletzungen ist das alleinige sterile Abkleben obsolet!Es muss in jedem Falle eine Drainage gelegt werden, um dieEntwicklung eines Spannungspneumothoraxes, z. B. nach steri-lem Abdecken während eines Transports, zu vermeiden.

Beim Spannungspneumothorax kann initial auch eine großlumi-ge Plastik-Kanüle eingebracht werden, an der gegebenenfallsein abgeschnittener Fingerling als Auslaßventil dient. Im weite-ren Verlauf sollte die Plastik-Kanüle jedoch durch eine Drainageersetzt werden.

3.3 Blutung, Gefäßverletzung, Schock

Bei Mehrfachverletzungen kommt es oft zu Verletzungen großerGefäße, stark durchbluteter Organe oder großer Röhrenkno-chen. Dies kann zu massiven Blutungen in Körperhöhlen hineinoder zu äußeren Blutungen führen. Orientierende Zeichen einesVolumenmangelschocks sind (mit Einschränkungen) ein systoli-scher Blutdruck unter 100 mmHg bei einer Herzfrequenz ≥ 120beim Erwachsenen.

3.3.1 Behandlung von Blutung, Gefäßverletzungen und SchockPeriphere arterielle Blutungen werden durch Druckverbändeversorgt. Der Einsatz von Gefäßklemmen kann in Katastrophen-situationen nicht immer vermieden werden. Bei einer peripherenBlutung ist das Abbinden einer ganzen Extremität abzulehnen.(Es kann zu einer Ischämie noch durchbluteter Abschnitte kom-men, weiterhin können Nerven geschädigt werden). Ist eine Blu-tung durch einen Druckverband nicht zu beherrschen, mussmöglichst eine Hilfskraft die Blutung manuell abdrücken. JederPatient mit starkem Blutverlust und Gefahr der Entstehungeines Volumenmangelschocks oder einem schon manifestenSchock muss umgehend mit mehreren großlumigen peripheren

98

Page 100: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Venenzugängen versorgt werden. Ausführungen zur Volumen-substitution finden sich im Kapitel 6 (Pfenninger/Vogt: Therapiedes Volumenmangelschocks).

3.4 Abdomenverletzungen und BeckentraumaEin gespanntes Abdomen mit äußeren Verletzungszeichen, ins-besondere bei zusätzlicher Schocksymptomatik, gibt Hinweiseauf das Vorliegen einer intraabdominellen Verletzung.Instabile Beckenfrakturen sind bedingt durch die begleitendeZerreißung des pelvinen Venenplexus häufig mit hohem Blutver-lust vergesellschaftet. Die Stabilität des Beckens wird durchbeidhändige Kompression überprüft.

3.4.1 BesonderheitenInsbesondere Prellmarken in der Flankenregion oder im Ober-bauchbereich sind Hinweise auf ein stumpfes Trauma, das zuschweren inneren Verletzungen (Milzruptur, Pankreasverletzung)führen kann. Instabile Beckenverletzungen gehen häufig mitVerletzungen der ableitenden Harnwege einher.

3.4.2 Erstversorgung von Abdomen- und BeckenverletzungenBei Verdacht auf eine innere Blutung steht die Schockbehand-lung im Vordergrund. Wunden werden steril abgedeckt. BeiPfählungsverletzungen werden Fremdkörper in situ belassen.Bei instabilen Beckenverletzungen muss ein schonender Trans-port mit der Vakuummatratze angestrebt werden.

3.5 ExtremitätenverletzungenExtremitätenfrakturen und Luxationen gehören zu den häufigs-ten Unfallverletzungen. Dislozierte Frakturen großer Röhrenkno-chen (Femur) können zu erheblichem Blutverlust führen. PralleSchwellungen der umgebenden Weichteile weisen auf ein mög-liches Kompartment-Syndrom hin.

3.5.1 Erstversorgung von ExtremitätenverletzungenDie Extremitätendurchblutung ist anhand der tastbaren periphe-ren Pulse zu kontrollieren. Jede Fraktur oder Luxation mussbereits am Unfallort so gut wie möglich reponiert werden. Diesgelingt meistens durch dosierten Zug an der Extremität. NachReposition ist eine Lagerungsschiene anzulegen bzw. eineVakuummatratze zu verwenden. Bei der Verwendung von Luft-kammer- oder Vakuumschienen muss beachtet werden, dassein zu festes Anlegen der Schiene eine Ischämie der Extremitätbedingen kann. Daher ist nach jeder Reposition und Schienungerneut die Durchblutung zu kontrollieren. Im Fall eines einge-

99

Page 101: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

klemmten Verletzten, bei dem eine langwierige Rettung auf-grund des Gesamtzustandes nicht möglich ist, muss ggf. eineNotamputation in Erwägung gezogen werden. Bei Amputations-verletzungen sollten replantationsfähige Amputate in dafür vor-gesehenen Beuteln transportiert werden. Eine Reinigung desAmputates oder das Einlegen in eine Lösung sind kontraindi-ziert. Insbesondere beim Massenanfall verbietet sich zeitauf-wendiges Suchen nach amputierten Gliedmaßen. Amputations-stümpfe und Wunden werden steril abgedeckt und Gefäß-verletzungen nach dem o.g. Prinzip versorgt.Bei jeder Extremitätenverletzung müssen im Verlauf wiederholtKontrollen auf das Vorliegen eines Kompartmentsyndroms erfol-gen. Obwohl prinzipiell alle Extremitätenverletzungen zur Ent-wicklung eines Kompartmentsyndroms führen können, sind ins-besondere Verletzungen der Tibia und komplexe Fußtraumenprädestinierend. Es wird allgemein das Monitoring des Kom-partmentdrucks mit einer entsprechenden percutanen Mess-Sonde empfohlen.Als kritischer Grenzwert und somit Indikation zur Kompartment-spaltung gilt: RRdiast – Kompartmentdruck < 30mmHg.Es ist zu beachten, dass bei der Extremitätenischämie – imGegensatz zum stumpfen Weichteiltrauma – ein Kompartment-syndrom erst nach einer zeitlichen Latenz auftreten kann. Auchnach Reperfusion einer zuvor ischämischen Extremität kannes zur Entwicklung eines Kompartmentsyndroms, dem sog.Reboundkompartmentsyndrom, kommen. Bei dringendem Ver-dacht auf ein Kompartmentsyndrom muss, um bleibende Schä-den durch Muskelnekrosen und Gefäß-/Nerven-Schäden zuvermeiden, eine operative Kompartmentspaltung mit großzügi-ger Fasciotomie aller Muskellogen erfolgen. Der entstandeneDefekt wird zunächst mit einem synthetischen Hautersatzgedeckt und später sekundär verschlossen, bzw. mit Spalthautgedeckt.

3.6 VerschüttungstraumenBei Verschüttungen kommt es häufig zur druckbedingten Isch-ämie von Extremitäten oder Rumpfteilen. Dies führt zu einemMuskelzerfall mit konsekutiver Myoglobinurie. Kennzeichen sindein dunkler oder rötlicher Urin. Es droht ein akutes Nierenversa-gen (Crushsyndrom). Zusätzlich kommt es häufig zu schwerenThoraxverletzungen sowie zum Kompartmentsyndrom ischämi-scher Extremitäten.

3.6.1 Behandlung von VerschüttungstraumenGroßzügige Intubation, Schocktherapie und Erzielen einer for-cierten Ausscheidung sind wesentliche Voraussetzungen für

100

Page 102: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

eine effektive Primärtherapie – auch beim Massenanfall Verletz-ter; die frühzeitige Extremitätenamputation ist beim Massen-anfall von Verletzten in Betracht zu ziehen. Zu Monitoring und Therapie des Kompartmentsyndroms s.Absch. 3.5.1.Die Abbildung zeigt die Algorithmen zu Pathophysiologie undTherapie des Crushsyndroms.

3.7 Schuss- und SplitterverletzungenSchuss- und Splitterverletzungen sind grundsätzlich als konta-minierte Wunden anzusehen. Es kommt oft zum Verbleib vonmetallischen Fremdkörpern in der Wunde. Wird z.B. vor Eintrittdes Geschosses in den Körper Bekleidung zerschlagen, so wer-den meist Textilfasern in die Wunde verschleppt. Primär ist beisolchen Verletzungen auf eine Ein- und Austrittsstelle desGeschosses zu achten, um den möglichen Verbleib des Fremd-körpers in der Wunde zu identifizieren („Steckschuss“). Insbe-sondere bei Schussverletzungen sind zur weiteren Beurteilungder resultierenden Wunde einige physikalische Grundkenntnissenotwendig. So kann man bei Waffen mit niedriger Mündungsge-schwindigkeit (< 350 m/s) davon ausgehen, dass in der Umge-bung des Schusskanals keine wesentlichen Gewebeverlet-zungen auftreten. Hochgeschwindigkeitsgeschosse hingegen

101

Page 103: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

erzeugen häufig zwar nur ein relativ kleines Einschussloch,jedoch übertragen sie im Körper ihre hohe kinetische Energieauf das den Schusskanal umgebende Gewebe. Es kommt zuexplosionsartigen Höhlenbildungen (Kavitationen) mit entspre-chenden Organdestruktionen. Dichtere Gewebe wie Knöpfe ander Kleidung, aber auch Knochen, können zu sog. Sekundärge-schossen werden und weitere Verletzungen bedingen.

Neben Hochgeschwindigkeitsgeschossen führen auch Schrot-schüsse aus nächster Nähe, sog. „Explosionsgeschosse“,„Dum-Dum-Geschosse“ oder Sprengsätze zu besondersschwerwiegenden Gewebeschäden. Zur klinischen Klassifikati-on von Schussverletzungen hat sich die Red Cross War WoundClassification nach Coupland bewährt (s. u.).

3.7.1 Behandlung von Schuss- und SplitterverletzungenDie Erstversorgung von Schuss- und Splitterverletzungen ent-spricht den oben dargestellten Prinzipien zur Versorgung vonVerletzungen der betroffenen Körperregion. Es ist primär immervon Wundkontamination und verbliebenen Fremdkörpern aus-zugehen. Auch bei Schuss- und Splitterverletzungen solltenFremdkörper präklinisch in situ belassen werden.

Tabelle 3: „Red Cross War Wound Classification“ nach Coupland

E = Einschusswunde Maximaler Durchmesser in cm

X = Ausschusswunde Maximaler Durchmesser in cm

C = Kavitation C0 = Höhle fasst weniger als zwei FingerC1 = Höhle fasst mindestens als zwei Finger

F = FrakturF0 = keine Fraktur F1 = einfache FrakturF2 = komplizierte Fraktur mit Trümmerzone

V = Vitale StrukturenV0 = nicht betroffenV1 = Dura, Pleura, Peritoneum eröffnet, Verletzung

großer Gefäße

M = Metallische FremdkörperM0 = keineM1 = ein FremdkörperM2 = multiple Fremdkörper

KlassifikationGrad 1 E + X < 10 mit C0/F0 oder F1Grad 2 E + X < 10 mit C1 oder F2Grad 3 E + X > 10 mit C1 oder F2

102

Page 104: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

4. Zielklinik und Transportmittel

4.1 Wahl der ZielklinikPrinzipiell sollten schwerstverletzte und polytraumatisiertePatienten in ein Traumazentrum oder eine Klinik der Maximal-versorgung (mit unfallchirurgischer und neurochirurgischerAbteilung) verbracht werden. Ist der Verletzte jedoch sehr insta-bil, so muss er primär in die nächstgelegene (chirurgische) Klinikverbracht werden. Die Zielklinik muss rechtzeitig über das vor-aussichtliche Eintreffen, das Verletzungsmuster und die Leitver-letzung informiert werden. Beim Massenanfall von Verletzten istim Vorfeld durch die Rettungsleitstelle zu klären, welche Klinikenfür die Aufnahme der Verletzten in Betracht kommen und wieviele Patienten jeweils aufgenommen werden können. Die ent-sprechenden Krankenhäuser sollten frühestmöglich informiertwerden, damit noch vor Eintreffen der ersten Verletzten durchUmsetzung interner Alarmierungs- und Einsatzpläne die Auf-nahme ggf. mehrerer schwerstverletzter Patienten vorbereitetwerden kann.

4.2 TransportmittelFür einen schnellen und erschütterungsfreien Transport überweite Distanzen – je nach auch witterungsbedingter Verfügbar-keit – ist der Hubschrauber das geeignetste Transportmittel.Dies gilt insbesondere für Patienten mit schweren Schädelhirn-traumata, Wirbelsäulen- und Beckenverletzungen sowie großflä-chigen Verbrennungen. Beim Transport mit dem Hubschraubermuss vor Abtransport die Stabilisierung des Verletzten (Intuba-tion, Thorax-Drainage etc.) vollständig erfolgt sein.

Bei kurzen Entfernungen zur Zielklinik ist ein Transport mit demNotarztwagen, Rettungswagen, bei Großschadensereignissenauch Krankentransportwagen, indiziert. Über die Notwendigkeiteiner ärztlichen Begleitung des Patiententransportes ist inAbhängigkeit von der Verletzungsschwere und den personellenRessourcen zu entscheiden.

Die Organisation der entsprechenden Transportmittel obliegtbeim Massenanfall von Verletzten der Integrierten oder Ret-tungs-Leitstelle. Bei der Nachforderung von Rettungsmitteln istgrundsätzlich, neben dem tatsächlichen Bedarf, der notwendigeZeitaufwand zur Bereitstellung der Transportmittel zu beachten.

103

Page 105: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Weiterführende LiteraturTscherne, H.; Regel, G. (Hrsg.) Trauma-Management, Springer,Berlin, Heidelberg, 2000

InternetThe Trauma Organisationwww.trauma.orgThe Internet Journal of Rescue and Disaster Medicinewww.anes.saga-med.ac.jp/ispub/journals/ijrdm.htm

104

Page 106: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

11. Maßnahmen bei thermischenSchädigungen im Katastrophenfall

H. Haller

1. Allgemeines – Thermische und kombinierteVerletzungen unter Katastrophenbedingungen

Die folgenden Tabellen sollen einen Eindruck über stattgehabteund typischerweise zu erwartende Einsatzbedingungen geben.Die folgenden Angaben können nur als Beispiele gelten, dawegen der Vielfalt der Möglichkeiten eine exaktere Abschätzungder Opferzahlen sowie des Schweregrades der Verletzungennicht möglich ist. Die Kasuistiken sollen die besondere Situati-on einer Katastrophe beispielhaft darstellen und die Möglichkeitgeben, sich auf derartige Situationen etwas einzustellen. Unabhängig von dem vorliegenden Szenario verschlechtert einPolytrauma die Prognose entscheidend.Die nachfolgenden Darstellungen zeigen die Unkalkulierbarkeitvon Brandkatastrophen unter den verschiedensten Bedingun-gen.

2. Spezielles – Verbrennungen und Verbrühungen

2.1 Prinzipielles Procedere2.1.1 Erste Hilfe:Hier gelten grundsätzlich dieselben Überlegungen wie auch beiallen anderen Vorgehensweisen der Ersten Hilfe. Die Unterbrechung der thermischen Einwirkung steht im Vorder-grund. Das Ersticken der Flammen kann am wirkungsvollstendurch Auf-dem-Boden-Rollen des brennenden Opfers gesche-hen, die Suche nach Löschwasser verzögert oft unnötig. Flam-men können wirkungsvoll durch Decken erstickt werden, wobeidarauf zu achten ist, daß es sich dabei um keine Syntheticshandelt, die unter thermischer Einwirkung auf dem Körper fest-kleben oder gar selbst brennen. Damit kann auch vermiedenwerden, dass Opfer eines Brandunfalles oft minutenlang alsbrennende Fackeln auf der Suche nach einer Löschmöglichkeitherumirren, während die thermische Schädigung weiterhinerfolgt. Zu diesen ersten Maßnahmen gehört auch das Entfernen vonglimmender oder mit heißer Flüssigkeit getränkter Kleidung vonder Haut. Bereits fest klebende Kleidungsteile sollten gekühlt

105

Page 107: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

106

Katastrophe

GesamtanwesendamSchadensort

Verletzt Hospita-lisiert Gesamt Vor Ort

verstorbenKrankenhaus

1958 Schule „Lady ofAngels“,Chicago, USA

87 93

1961 ZirkusfeuerNiteroy, Brasilien

2500 1000 160 453 340 213

1978 GasexplosionCampingplatz,Barcelona,Spanien

? 250 130 120

1984 Gas ExplosionMexico City,Mexico

? 7000 2000 550 250

1985 Stadion,Bradford U.K.

? 256 56 ? ?

1987 Kings CrossUnderground,London, U.K.

? 150 28 58 28 30

1988 Ramstein,Deutschland

300000 443 146 70 34 36

1988 Alpha PiperBohrinsel,Norwegen

? 63 15 167 167

1989 Gasexplosion(Zug) Ural, USSR

3000 800 460 2200 ? ?

1994 KrankenhausPetersburg,Virginia, USA

468 Betten 5 5

1996 DüsseldorfFlughafenfeuer,Deutschland

2500 62 8 17 16 1

1998 PflegeheimArlington, U.K.

32 8 8

Tabelle 1: Katastrophen mit Brandverletzungen (nach Literatur-angaben)

Page 108: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

und auf der Haut belassen, ggf. umschnitten werden. Bei einerorientierenden Untersuchung stehen die Vitalfunktionen undderen Stabilisierung im Vordergrund. Dies geschieht ressour-cenabhängig mit Ersthelfermethoden oder mit Mitteln deserweiterten Wiederbelebung, wobei eine Trommelfellperforationdurch Explosionsunfälle eine mangelnde Ansprechbarkeit derVerunfallten vortäuschen kann.

2.1.2 KühlungVor allem bei kleineren Verbrennungen ist eine Kühlung durchWasser (~ 15°C) sinnvoll, sie darf aber – bei individual-not-fallmedizinischer Versorgung – niemals zu Unterkühlung führen !(15). Wasser zwischen 1 und 8 °C kann die Gewebsschädenverstärken. Kühlung durch Wasser trägt wesentlich zurSchmerzreduktion bei, da die Austrocknung von Schmerzkör-perchen in oberflächlichen Verbrennungswunden verhindertwird. Spätestens bei Frösteln des ansprechbaren Patienten istdie Kühlung abzubrechen, da eine schwere Unterkühlung durchdie Verdunstungskälte des Wundsekretes vor allem von ober-flächlichen Verbrennungen begünstigt wird und für den Patien-ten sehr nachteilige Folgen haben kann (6). Zur Kühlung genügt„sauberes Wasser“. Sterilität ist wünschenswert, im Notfall, v.a. im Katastrophenfall aber nicht unbedingt erforderlich, feuch-te Auflagen sind für den gewünschten Effekt ausreichend (8).

Die Kühlung mittels Leitungswasser soll nur bei „kleineren Ver-brennungen“ durchgeführt werden (15), das sind solche miteinem Gesamtausmaß unter 15% verbrannter Körperoberfläche(KOF) bei Erwachsenen unter 40 Jahren, 10% KOF bei Erwach-senen über 40 Jahren und bei Kindern unter 10 Jahren (14) (1).

Tabelle 2: Wasseranwendung

Löschen des Verletzten Ja

Unterbrechen der Hitzeeinwirkung = tastbar warmeOberfläche der Verbrennung (5) Ja

Kaltwasserdusche bei kleinen Verbrennungen über10 Minuten oder mehr

Ja, solange Patient nichtfröstelt; Wasser mit ~ 15°C

Kaltwasserdusche bei großen Verbrennungen überdie Unterbrechung der Hitzeeinwirkung hinaus Nein, Gefahr der Hypothermie

Auflage von wassergetränkten Tüchern

Sicher bei allen ambulantenPatienten, bei größerenVerbrennungen unter Kontrolleder Kerntemperatur (6)

107

Page 109: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

2.1.3 Schutz vor Unterkühlung Der nächste Schritt ist derSchutz vor Unterkühlung. Diesgeschieht am besten durch einaluminiumbedampftes Wattevlies(z. B. Metalline®), ein zusätzlicherSchutz mit Wolldecken o.ä. kannje nach Umgebungstemperaturvor allem bei nachfolgendemTransport sinnvoll sein. Fallsmöglich, sollte der Patient imggf. adäquat temperierten Trans-portmittel befördet werden.

2.1.4 Einschätzung desVerbrennungsausmaßesAnschließend erfolgt das Ein-schätzen des Verbrennungsaus-maßes entsprechend der Neu-ner-Regel nach Wallace.

Dies ist erforderlich, um Sichtungsmaßnahmen treffen zu kön-nen und die Flüssigkeitstherapie zu steuern.

Eine Handfläche entspricht ca. 1 % der verbrannten Körper-oberfläche des Betroffenen.

Gesamtausmaß und evtl. drittgradiger Anteil bestimmengemeinsam mit dem Alter des Patienten sowie weiteren Schädi-gungen am wesentlichsten die Prognose.

2.1.5 Bestimmung der Verbrennungstiefe:Eine Tiefenbestimmung der Verbrennungsverletzung ist wegender Dynamik der Verbrennung und dem damit verbundenen Tie-ferschreiten unzuverlässig und kann bestenfalls orientierenderfolgen; sie ist umso ungenauer, je näher sie zeitlich zumVerbrennungsunfall liegt.

2.1.6 Berücksichtigung von Begleitverletzungen:Begleitverletzungen sind zu berücksichtigen, sie können denFlüssigkeitsbedarf wesentlich verändern und sind auch für diespätere Zuordnung der Versorgung zu einem speziellen Zentrumwesentlich.

108

Kind etwa 4 Jahre alt Erwachsener

Abbildung 1: ProzentualeKörperoberflächenzuordnungbei Erwachsenem und Kind

Page 110: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

2.1.7 Schockbekämpfung: 2.1.7.1 Flüssigkeitsgabe: Eine suffiziente Flüssigkeitsgabe ist auf Grund des, mit der Ver-brennung verbundenen, hypovolämischen Schocks ab einemVerbrennungsausmaß von mehr als 15% verbrannter Körper-oberfläche (KOF) beim Erwachsenen, 10 % KOF bei Kindernund 5 % KOF bei Kleinkindern erforderlich. Inhalationstraumen erhöhen in der Regel den Flüssigkeitsbe-darf.

Die Infusionstherapie sollte so bald wie möglich begonnen wer-den. Beim Erwachsenen gilt als Faustregel für die erste Stundedie Infusion von 1000 ml kristalloider Lösung i.v.. Mengen von1,5 – 2,5 l sind vertretbar (4). Ringerlactat wird als ausreichendbetrachtet.Die Flüssigkeitstherapie soll nach der Baxter-Formel:4 x kg KGW x % verbrannte KOF = ml Ringerlactat in 24 Std.erfolgen.

In den ersten 8 Stunden (4) sollen keine Kolloide verabreichtwerden. Nach 18 Stunden wird zusätzlich zur Flüssigkeitsthera-pie auf der Basis des Erhaltungsbedarfes eine Kolloidsubstituti-on oder Gabe von Plasmapräparationen (4) zur Aufrechterhal-tung der Organperfusion unter klinischen Bedingungen alssinnvoll angesehen.

Da die Formeln zur Flüssigkeitssubstitution eine große Fehler-breite aufweisen, ist die Kontrolle anhand der Vitalparametererforderlich, bei verzögertem Abtransport ist die Überwachungder Urinausscheidung sinnvoll, wobei beim Erwachsenen etwa0,5 –1 ml / kg KGW Urinproduktion pro Stunde angestrebt wird,beim Kind etwa 1 ml / kg KGW.

Die Flüssigkeitsgabe soll über einen großlumigen peripherenZugang erfolgen, die Punktion von Venen kann auch durch ver-branntes Gebiet erfolgen, die Fixation des Zuganges ist aller-dings gegenüber unverbranntem Gewebe erschwert.

2.1.7.2 Analgetikagabe:Diese soll – wie bereits im Kapitel 9 erwähnt – immer intravenösoder intramuskulär, niemals subcutan verabreicht werden, daeine mangelnde Resorption bei Zentralisation und unerwarteteEffekte nach Beheben der Zentralisation zu erwarten sind. Präparate und Dosierungen siehe Kapitel 9 „Schmerzbehand-lung und Anästhesie unter Katastrophenbedingungen“.

109

Page 111: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

2.1.8 Intubations- und Beatmungsindikationen:Intubations- und Beatmungsindikationen sollen ressourcenab-hängig großzügig gehandhabt werden. Zu bedenken ist, dassspäter eine Umintubation wegen des bestehenden Ödems oftnicht möglich ist; daher sollte der Tubus, falls möglich, bereitsprimär einen Innendurchmesser von mehr als 7mm (Ch. 28) auf-weisen, um eine spätere Bronchoskopie zu ermöglichen. Vorallem bei verzögertem Intubationsversuch besteht die Gefahreiner schwierigen Intubation mit eventuell erforderlicher Tra-cheotomie. Falls unter entsprechenden Bedingungen eine Intubation ohneBeatmungsmöglichkeit erforderlich ist, um die Atemwege offenzu halten, kann die Spontanatmung durch Gabe von Ketaminenaufrecht erhalten bleiben.

Tabelle 3: Intubationsindikationen

2.1.9 Sondersituationen:

2.1.9.1 Bedeutung der Kohlenmonoxid(CO) und Cyanid (HCN)-Intoxikation: Vor allem bei einem Brand in geschlossenen Räumen ist an dieMöglichkeit einer CO- und CN-Intoxikation zu denken. Es istdaher erforderlich, alle betroffenen Personen zu erfassen, vorallem dann, wenn bei Schadensopfern Aggressivität oder Des-orientiertheit besteht. Wenn der Verdacht auf eine CO-Intoxikation Ursache für Intuba-tion und Beatmung ist, so ist die Beatmung mit 100% Sauer-stoff durchzuführen und darf erst nach Ausschluß einer CO-Intoxikation beendet werden. Symptome der CO-Intoxikation siehe „Management vonGefahrstoffunfällen und Massenvergiftungen“, Kap. 13.

Als Indikationen für Intubation undBeatmung gelten

Thermische und andere Verletzung deroberen Luftwege, Glottisödem,Mundbodenödem

(Schluckbeschwerden, Speichelfluss)

Zirkuläre oder annähernd zirkuläreVerbrennungen des HalsesVerdacht auf Inhalationstrauma:Brand in geschlossenen Räumen

Sekundäres ÖdemRuß, Stridor, RasselgeräuscheVerdacht auf Kohlenmonoxid (CO)-oder Cyanid (CN)-Intoxikation

Acute Respiratory Distress Syndrome(ARDS) – Frühtherapie Schock

110

Page 112: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Abbildung 2: Escharotomie Thorax Abbildung 3: Escharotomie am Arm

2.1.9.2 Escharotomie (Narbenspaltung), FaszienspaltungEine Escharotomie kann bei zirkulären oder annähernd zirkulä-ren tiefen Verbrennungen im Thoraxbereich aus vitaler Indikati-on erforderlich werden, um eine suffiziente Beatmung über-haupt erst zu ermöglichen oder aufrechterhalten zu können.Diese Problematik ist bedingt durch die Starre des Verbren-nungsschorfes, kann aber auch durch ein späteres Ödem mitentsprechend erhöhtem Gewebsdruck sekundär erforderlichwerden.Procedere: mittseitliche Schnittführungen am Thorax mit Fort-führen in die Medioclavicularlinie, falls erforderlich; ein quererSchnitt am Rippenbogen ermöglicht eine Verbesserung derBauchatmung.

Bei zirkulären oder annähernd zirkulären tiefen Verbrennungenim Extremitätenbereich kann sowohl eine Narbenspaltung alsauch eine Faszienspaltung aus nicht akut vitaler Indikationerforderlich werden, um eine suffiziente Durchblutung der Extre-mitäten sicherzustellen. Hier ist das Risiko der möglichen Komplikationen bei Gewebs-drucksteigerung und Durchblutungsstörung gegen das Risikoder Sofortoperation mit Blutungs- und Infektionsgefahr abzu-wägen. Auch die voraussichtliche Dauer bis zur Durchführungder Escharotomie ist in diese Überlegungen einzubeziehen.Dasselbe ist auch bei Faszienspaltungen zu berücksichtigen.

Prinzipielles Procedere: Spalten der Verbrennungsnekrosen, Schnittführung bei nichtsicher drittgradigen Bereichen mittseitlich, queres Kreuzen derGelenke.Bei eventuell erforderlichen Faszienspaltungen ist die Schnitt-führung so anzulegen, daß dabei auch alle erforderlichen Fas-cienräume eröffnet werden können. An der Hand kann dasSpalten des Lig. carpi transversum erforderlich werden.

111

Page 113: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Als Komplikationen können Blutungen, vor allem nach Aufhe-ben der Zentralisation und bei Thrombopenie im Rahmen desSchocks auftreten.Bei tiefen Verbrennungen können Faszienspaltungen mit Mus-kelbeteiligung erforderlich werden. Dies ist auch im Rahmenvon Elektroverbrennungen bei Stromdurchgang möglich. Auchhier sind die bei den Narbenspaltungen genannten Komplikatio-nen sowie die Verletzung tieferer Strukturen bei Operationenunter suboptimalen Bedingungen möglich.

2.1.9.3 Durchführung von Narbenspaltungen oder Faszienspaltungen vor Ort: Narben- oder Faszienspaltungen sind dann erforderlich, wenndie Ischämiedauer durch Verzögerung der Versorgung von mehrals 1,5 Stunden voraussehbar ist.

2.1.10 Versorgung der Verbrennungswunden vor Abtransport: Hier steht das Verhindern der Austrocknung oberflächlicher Ver-brennungen v.a. im Gesicht und an den Händen im Vorder-grund. Ein aluminiumbedampftes Vlies ist dafür regulär ausrei-chend.

2.1.11 Dokumentation:Die möglichst exakte Dokumentation mit den jeweils zur Verfü-gung stehenden Mitteln ist unerlässlich. Sie kann wesentlicheGrundlagen für die Weiterbehandlung liefern, verlorengegange-ne Informationen über therapeutische Maßnahmen können denPatienten auch später vital gefährden.

2.2 Sichtung bei Verbrennungen:Die Sichtung ist ein dynamischer Prozeß, regelmäßige Nacheva-luierung sowie Ressourcenprüfungen sind erforderlich!Zwei grundsätzlich verschiedene Sichtungsszenarien lassensich darstellen:

2.2.1 Sichtung bei vorhandenen Transportressourcen:Hier ist das Ziel der Sichtung die sinnvolle Verteilung der Patien-ten in Schwerbrandverletzten (SBV)-Zentren und Krankenhäuser(s. S. 123 ff.), um nicht vorzeitig SBV-Zentren zu überlasten unddamit erforderliche Ressourcen unnötig zu blockieren.

112

Page 114: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Tabelle 4 : Sichtung bei vorhandenen Transportressourcen

Sichtung unter eingeschränkten Behandlungs- und Trans-portressourcen:

Hier ist die sinnvolle Mittelverwaltung unter dem Aspekt derLebenserhaltung für möglichst viele Verletzte das Ziel.

Minimalbehandlung(III):

Verbrennungen unter 10% KOF mit Ausnahme Gesicht,Hände, Füße, Gelenke, Perineum und tiefenVerbrennungen, die späteres chirurgisches Vorgehenerfordern.Erstversorgung mit Fettgazeverband, spätere Kontrollemuss gesichert sein!

Sofortbehandlung mitTransportpriorität inKrankenhäuser ohneSBV-Zentren

Sofortige Behandlungmit Transportpriorität inSBV-Zentren:

Verbrennungen 10 – 30 % KOF nach Erster Hilfe; Ziel istes, die SBV-Zentren nicht primär zu überfüllen. NachKlärung der Situation Verlegung in SBV-Zentren beigeeigneter Indikation.Ausnahme: Kinder, Schwangere

Verbrennungen > 30 % KOF, Kinder, Schwangere.Verlegung in SBV-Zentren, hier ist sofortiges undenergisches Vorgehen angezeigt, um das Überleben unddas bestmögliche Behandlungsergebnis zu sichern.Intubation bei Verbrennungen mit schwerer Beteiligung derAtemwege, des Gesichts oder Halses, InhalationstraumaVerbrennungen an Extremitäten mit Amputations-wahrscheinlichkeit

Maßnahmen: Escharotomie, Versorgung vonBegleitverletzungen aus vitaler Indikation

113

Page 115: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Tabelle 5: Sichtung unter eingeschränkten Transport- und Behandlungsressourcen

Minimalbehandlung(III):

Verbrennungen unter 15 % KOF mit AusnahmeGesicht, Hände, Füße, Gelenke, Perineum und tiefenVerbrennungen, die späteres chirurgisches Vorgehenerfordern. Erstversorgung mit Fettgazeverband, spätereKontrolle muss gesichert sein!Vorsicht bei: Patienten mit Verwirrtheitszustand wegenfraglicher CO-Intoxikation

Sofortige Behandlung(I): (immediate surgeryand resuscitation) mitTransportpriorität I fallsmöglich in SBV-Zentren:

Verbrennungen > 30 % KOF, tief dermal,Inhalationstrauma, Kombinationstrauma, Kinder,Schwangere.Intubation bei Verbrennungen mit schwerer Beteiligungder Atemwege, des Gesichts oder Halses,Verbrennungen mit fraglicher Amputations-wahrscheinlichkeit von Extremitäten Maßnahmen: Escharotomie möglichst in der Klinik,Versorgung von Begleitverletzungen aus vitalerIndikation

AufgeschobeneBehandlung (II): (delayed surgery)Transportpriorität II inKrankenhäuser notfallsauch nach der 6Stundengrenze:

15 – 30 % KOF tief dermaler Verbrennungen ohneLokalisation an Gesicht, Händen, Füßen, Gelenken,Perineum können primär in periphere Krankenhäuserverlegt werden, um die SBV-Zentren anfangs nicht zuüberfüllen. Verletzungen mit größter Amputations-wahrscheinlichkeit von ExtremitätenSchockbekämpfung, Analgesierung Probleme: Nicht erkannte sekundäre Gewebsdruck-steigerung bei mangelnden Transportressourcen

AbwartendeBehandlung (IV):

Die Einordnung zu dieser Gruppe darf nur danngeschehen, wenn dies durch den konzentrierten Einsatzvon Behandlungsressourcen das Überleben vonanderen, prognostisch günstigeren Verunfallten sichert.Sie umfasst komplexe Verletzungen, die zeit- undressourcenaufwendig sind und in der gegebenenSituation die aussichtsreichere Versorgung andererPatienten gefährdet. Die Einstufung in diese Gruppe istdaher besonders stark ressourcenabhängig undreevaluierunsbedürftig.

Verbrennungen > 50 %, > 60 %, > 70 % KOF etc. –ressourcenabhängig, evtl. mit zusätzlichemKombinationstrauma oder Inhalationsverletzung,anderen behandlungsbedürftigen Grundleiden, ggf.hohem Alter.Diese Gruppe ist primär von den therapeutischenBemühungen mit Ausnahme der Analgesierungausgeschlossen, die Zuordnung sollte daher, falls es dieUmstände erlauben, nur bei klinischer Sicherheit derungünstigen Prognose erfolgen.

114

Page 116: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Exkurs: HypothermieDie Diagnose wird am genauesten durch die Messung derKerntemperatur rektal, eventuell auch durch Messung derTemperatur durch Sonde im äußeren Gehörgang erstellt.

Einteilung der Hypothermie:

Tabelle 6: Einteilung der Hypothermie

Tabelle 7: Einteilung der Hypothermie nach REGA(KT = Körpertemperatur)

Einteilung nach REGA(Schweizer Rettungsflugwacht)

Stadium 1 : KT 35 – 32 °C

Patient ansprechbar mit Muskelzittern

Stadium 2 : KT 32 – 28°C

Patient somnolent mit Muskelzittern

Stadium 3 : KT 28 – 24°C

Patient nicht ansprechbar

Stadium 4: KT 24 – 15°C

Herzkreislaufstillstand

Stadien Stadium 1 : 36° – 33°C

Hier kommt es als Gegenregulation zu Muskelzittern und Metabolismussteigerung;

Symptome dieses Stadiums sind Blutdruck und Pulsanstieg, Hyperventilation,Kältediurese;

Stadium 2 : 33°– 30°CHier kommt es zu einem Versagen der Gegenregulation..

Dies drückt sich aus durch eine Reduktion von Atemfrequenz und Verringerung derAtemexkursionen. Als Komplikationen können Herzrhythmusstörungen wie AV-Dissoziation und Vorhofflimmern, auftreten

Stadium 3 : 30° – 24°C

Hier kommt es zur zunehmenden Bewusstseinstrübung. Dies äußert sich durcheinen leereren Gesichtsausdruck, Erlöschen der Reflexe unter 30°C und fehlendemMuskeltonus. Es kommt zu einer Vita Minima entsprechend dem Bild desScheintodes.

Bewusstseinsverlust tritt ein. Die Muskulatur entwickelt einen Rigor. Unter ca. 23°Ckommt es zur Asystolie und Apnoe, unter ~20° C ist ein isoelektrisches EEGfestzustellen.

115

Page 117: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Die Unterkühlungen im Katastrophenfall beziehen sich meist aufzwei „Spezialszenarien“:Das erste ist der Lawinenunfall, das zweite die Unterkühlungdurch Unfälle in kaltem Wasser (z. B. Schiffsuntergang).

Lawinenunfälle:Für die Prognose ist das Vorhandensein einer „Atemhöhle“ beiVerschütteten bei gleichzeitig freien Atemwegen entscheidend.Als Atemhöhle gilt jeder noch so kleine Hohlraum vor Mund undNase bei gleichzeitig freien Atemwegen. Das Vorliegen einerAtemhöhle gibt immer Grund zur Hoffnung auf ein Überlebendes Verschütteten. Daher muß während der Rettung von Lawi-nenopfern größte Sorgfalt auf die Klärung und Erhaltung einerAtemhöhle gelegt werden.

Richtzeiten für die Bergrettung: Eine Rettung des Lawinenopfers innerhalb von 90 Minuten nachder Verschüttung ist anzustreben. Nach mehr als 90 Minutensinkt die Überlebensrate drastisch, wenn nicht eine „offene“Atemhöhle besteht. Als „offene Atemhöhle“ wird eine Verbin-dung zur Außenwelt definiert. In Gebäuden und größeren Hohl-räumen ist naturgemäß ein längeres Überleben möglich.

Allgemeines zu den notärztlichen Maßnahmen:Die Pulsoxymetrie ergibt wegen der Zentralisation bei Hypothe-ramie keine suffizienten Meßergebnisse. Die früher geseheneGefahr des afterdrops bei aktiver externer Erwärmung undsomit auch die unbedingte Notwendigkeit der extrakorporalenErwärmung (10) hat sich durch die positiven Erfahrungen mitder konvektiven Erwärmung auch bei Körpertemperaturen unter30°C relativiert.

Überlebenswahrscheinlichkeit:

Tabelle 8: Überlebenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Verschüttungsdauer

Verschüttungsdauer Tod

= 15 Min keine Todesfälle, außer Tod durch Begleitverletzung

15 – 35 Min Tod bei Verschütteten ohne Atemhöhlen

90 – 130 Min. Tod bei Verschütteten mit Atemhöhlen

> 130 Min. Überleben nur mit sehr großen Atemhöhlen oder „offenenAtemhöhlen“

116

Page 118: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Sichtungskriterien für den Notarzt:Die wesentlichen Kriterien stellen Verschüttungsdauer, Vorliegeneiner Atemhöhle und Kerntemperatur dar.

Verschüttungsdauer von unter 45 Minuten und/oder Kerntemperatur von > 32 °C:Eine Hypothermie Stadium IV (REGA) kann mit Sicherheit aus-geschlossen werden. Da ein etwaiger Herzkreislaufstillstand aufakute Asphyxie zurückzuführen ist, ist die Prognose nichtinfaust und ein Reanimationsversuch durch den Notarzt kannressourcenabhängig angezeigt sein. Bei erfolgreicher Reani-mation sollte ressourcenabhängig die Transferierung in dasnächste Krankenhaus mit Intensivstation erfolgen.

Verschüttungsdauer länger als 45 Minuten und/oder Kerntemperatur < 32°C:Mit Atemhöhle und freien Atemwegen:Hier besteht der Verdacht auf Hypothermie Stadium IV( REGA)mit einer Verschlechterung der Prognose. Ressourcenabhängigmuß die Reanimation lückenlos bis in die Klinik und Wiederer-wärmung unter Umständen mit extrakorporalem Kreislauf fort-gesetzt werden.Ohne Atemhöhle und / oder mit verlegten Atemwegen: Hier ist die Prognose infaust, da der Tod durch Asphyxie mitanschließender Auskühlung erfolgt. Keine sicheren Angaben zur Atemhöhle:Ressourcenabhängig ist ebenfalls die Reanimation und derKliniktransport zur eventuellen Reanimation unter extrakorpo-ralen Kreislaufbedingungen. Falls das nicht möglich, alternativerTransport in das nächste Krankenhaus zur Bestimmung desSerumkalium. Serumkaliumkonzentrationen von 10mmol/l stel-len ein Kriterium für Irreversibilität der obstruktiven Asphyxiedar. Wenn dieser Wert nicht überschritten wird, muß wie beiVorhandensein einer Atemhöhle vorgegangen werden.

Unterkühlung im kalten Wasser:Als „kaltes Wasser“ wird Wasser mit einer Temperatur von weni-ger als 21°C definiert!Hier ist ein Reanimationsversuch bei einer Verweildauer vonweniger als 60 Minuten unter Wasser sinnvoll. Die Reanimati-onsdauer bis zum Abbruch der Reanimation verlängert sich aufzumindest 60 Minuten unter gleichzeitiger Durchführung vonerwärmenden Techniken bei Vermeidung weiteren Wärmever-lustes, Schutz vor Wind, Entfernen nasser Kleidung, Isolierungdurch z. B. Plastikmaterialien und, wenn möglich, Transport inwarme Ungebung und Verabreichung warmer Flüssigkeiten

117

Page 119: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

intravenös. Es besteht letztlich kein Unterschied in der Behand-lung zwischen Süß- und Salzwasserunfällen. Bei einer Verweil-dauer von mehr als 60 Minuten unter kaltem Wasser ist eineWiederbelebung sehr selten erfolgreich. Ist die Verweildauerunter Wasser nicht bekannt, ist von einer Verweildauer vonweniger als 60 Minuten auszugehen.

Grundsätzliche Therapie der Hypothermie:Die Therapie basiert auf einer Verhinderung weiteren Wärme-verlustes, bei Bedarf auch einer Beatmungstherapie, der Unter-stützung der Herz-Kreislauffunktionen, auch kardiopulmonalerWiederbelebung

Hauptsäulen der Behandlung sind:– Bewegungsarme Rettung und Lagerung – Herstellen windstiller Verhältnisse – Erwärmung von zentral nach peripher (oder konvektiv)

Therapie der Stadien 1 und 2 nach Danzl:Die Therapie der Stadien 1 und 2 beruht auf äußerer Erwärmungdurch Decken, Raumtemperatur, Strahler, Bad.

Therapie des Stadiums 3 nach Danzl:Die Therapie des Stadiums 3 beruht auf einer inneren Erwär-mung durch evtl. Spülungen von Magen und Blase oder Mast-darm, auch Peritonealdialyse, üblicherweise Erwärmung durchHämofiltration oder Herz-Lungen-Maschine – in letzter Zeitauch Anwendung von Warmluftsystemen und äußerer Erwär-mung ohne Rebound.Bei Asystolie und/oder Kammerflimmern ist die Anwendung derHerz-Lungen-Maschine obligat.Die Defibrillation ist auf eine Serie zu beschränken; eine Wieder-holung ist üblicherweise erst nach Wiedererwärmung über 33°Cindiziert. Der Transport muß möglichst erschütterungsfrei erfol-gen, ggf. unter Reanimationsbedingungen.Die Beatmung sollte mit vorgewärmtem, angefeuchteten Sauer-stoff realisiert werden.

Leitsatz:„Niemand ist tot, solange er nicht wiedererwärmt und totist“

118

Page 120: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Erfrierungen: Pathophysiologie:

Der Erfrierungsschaden entsteht durch:Extra- und intrazelluläre Eisbildung, Zell-Dehydratation und -Schrumpfung, abnormale intrazelluläre Elektrolytkonzentratio-nen, Eiweißdenaturierung und thermalen Schock.

Erfrierungsfolgen werden verschlimmert durch :Alkohol, mentale Alterationen (Drogen etc.), einen erhöhtenFeuchtigkeitsgehalt der Haut (Waschen), Wind, wobei der ther-mische Effekt einer Windgeschwindigkeit von 72,4 km/h bei –6°C einer solchen von 3,2 km/h bei -40° C entspricht.

Der Erfrierungsschaden wird durch wiederholte Auftau–Frier-phänomene potenziert.

Grade der Erfrierung und Prognose :Grad 1: Anfangs Blässe und Gefühllosigkeit der Haut, spätergerötet und geschwollen, spontane Regeneration ist zu erwar-ten. Grad 2: Nach dem Auftauen Austritt seröser Flüssigkeit undeventuell von Blut. Die Erfrierung zweiten Grades ist nach demWiederauftauen sehr schmerzhaft, eine Spontanheilung istlediglich durch Regeneration aus den Hautanhangsgebildenverzögert und eventuell unvollständig zu erwarten. Grad 3: Sie führt zur Gangränbildung durch irreversible Gefäß-schäden,eine sekundäre Demarkation ist die Folge, Spontan-heilung ist nicht möglich .

Behandlung von Erfrierungen:Allgemein: Auftauphasen zwischen zwei Gefrierphasen müssen vermiedenwerden (7), das heißt, daß Auftauversuche nur dann durchge-führt werden dürfen, wenn anschließend gewährleistet ist, daßes nicht kurzfristig abermals zu Erfrierungen kommt, da sichu.a. der Gewebeschaden bei Wiedergefrieren exponentiell ver-größert. Heftiges Reiben ist auf Grund der damit verbundenen mechani-schen Irritation zu vermeiden, ebenso die lokale Anwendungvon Schnee, da er Temperaturen weit unter dem Gefrierpunktaufweisen kann.Eine Lokalbehandlung von Erfrierungen soll erst nach Erwär-mung der Kerntemperatur auf über 34 °C durchgeführt werden.

N. B.: Kein Rauchen, kein Alkohol !

119

Page 121: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Spezielle Versorgung : Individuell- notfallmedizinische VersorgungWährend des Transportes sollte die Extremität vor gezielter oderzufälliger Wärmeeinwirkung geschützt werden. Der Transportsollte innerhalb von 2 Stunden durchgeführt werden, da einZusammenhang zwischen der Dauer der Erfrierung und derDauer des erforderlichen Auftauvorganges besteht. Nicht durch-blutete Haut kühlt mit etwa 0,5 °C pro Minute weiter ab.Bei zu lange dauerndem Auftauvorgang muß mit Zellschädengerechnet werden. Das Auftauen unter innerklinischen Bedin-gungen ist anzustreben.

Erwärmen mit Wasser von 40° – 42°C bis zur Verschieblichkeitder Haut und Erythembildung innerhalb von 30 Minuten wirdderzeit unter klinischen Bedingungen favorisiert (6).Weiße Blasen sollen unter aseptischen Bedingungen punktiertwerden, Blutblasen sollten belassen werden. Die Wunden sollenmit einem sterilen, falls vorhanden, hydroaktiven Verband ver-sorgt werden.Die Mikrozirkulation soll durch Dextrane und gefäßerweiterndeMedikamente verbessert werden. Gabe von Ibuprofen 400 mg p. os 2 x täglich. Gabe von Anti-biotika (Penicillin G) soll zumindest über 48 bis 72 Stundendurchgeführt werden. Eine Amputation soll erst nach genauer Demarkierung desnekrotischen Gewebes durchgeführt werden oder bei einer dro-henden Sepsis, an die Durchführung einer Tetanusprophylaxemuß gedacht werden. Die geschädigten Extremitäten sollen vorweiteren mechanischen Belastungen geschützt werden.

Katastrophenmedizinische Versorgung:Der Schutz vor weiteren Erfrierungen ist anzustreben. Fallskeine Therapie eingeleitet werden kann, ist körperliche Bewe-gung zur Verbesserung der Durchblutung angezeigt. Kein Alko-hol, Schutz vor Wind und weiterer Kälteexposition.

Ist aufgrund mangelnder Transportressourcen der Transport inder genannten Zeitspanne nicht möglich, muß, falls es die Mög-lichkeiten erlauben, an ein Auftauen vor Ort mit anschließendemSchutz vor Wiedergefrierphänomenen gedacht werden.

120

Page 122: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Literaturverzeichnis:

1 ABA Severity Classification: Guidelines for service standardsand severity classification in the treatment of burn injury,Am. Coll. Surg. Bull. 69(10): 2-28, 1984 zit. bei Gretchen, J.;Carrougher, M.N., R.N.: Quick reference for Burn Care andTherapy, Mosby 1998

2 Brugger, H., Durrer, B., Adler-Kastner L.: On-site triage ofavalanche victims with asystole by the emergency doctor.Resuscitation 1996 Feb;31(1):11-6

3 Demling, R. H.; La Londe, C.: Improved survival after massi-ve burns. J. Trauma 23 ,1983

4 Germann, G., Hartmann, B.: Verletzungen durch physikali-sche Einwirkungen, in: Mutschler, W. und Haas, N. (Hrsg.):Praxis der Unfallchirurgie, Georg Thieme, Stuttgart, NewYork 1999

5 Gretchen, J., Carrougher, M. N., R. N. (Hrsg.): Quick refe-rence for Burn Care and Therapy, Mosby 1998

6 Hartford, C. E.: Care of outpatient burns, in: Herndon, D. N.(Hrsg.): Total Burn Care, W. B. Sounders Comp. Ltd., Lon-don, Philadelphia, Toronto, Sidney 1996

7 Heggers, J. P.; Mc Cauley, R. L.; Phillips, L. G.; Robson, M.:Cold-Induced Injury, in: Herndon, D.(Hrsg.): Frostbyte inTotal Burn Care, W. B. Saunders Company Ltd., London,Philadelphia, Toronto, Sidney 1996

8 Jandera, V.; Hudson, D. A.; de Wet, P. M.; Innes, P. M.;Rode, H.: Cooling the burn wound: evaluation of differentmodalities. Burns 26 (2000)

9 Kulling, P. E. J.; Lorin, H.: Kamedo – a Swedish DisasterMedicine Study Organisation Report No 14; Prehospital andDisaster Medicine, Vol. 14, No 1

10 Mair, P.: Umstrittene Maßnahmen bei Hypothermie: in InvitedAbstracts of International Congress on Cold Injuries Brun-eck 2000 der Österr. Gesellschaft für Alpin und Höhen-medizin ÖGAHM; Societa‘Italiana di Medicina di MontagneSIMeM; UIAA-MEDCOM, Arbeitsgemeinschaft SüdtirolerNotärzte AGSN/ Associatione medici d‘urgenza Alto AdigeAMUAA 2000 S 18-19

11 Masellis, M.; Gunn, S. W. A. (Hrsg.): Mass Burn Casualitisand Fire Disasters 2000, Kluwers Academic PublishersDordrecht, Boston, London 1992

121

Page 123: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

12 Masellis, M., Gunn, S. W. A. (Hrsg.): The Management ofBurns and Fire Disasters Perspectives 2000, Kluwers Aca-demic Publishers Dordrecht, Boston, London 1995

13 Millner, S. M.; Nguyen, T. T.; Herndon, D.; Rylah, L. T. A.:Radiation Injuries and Mass Casualities, in: Herndon, B.(Hrsg.): Total Burn Care, W. D. Saunders Company Ltd.,London, Philadelphia, Toronto, Sidney, Tokyo 1996

14 Purdue, G. F.; Layton, T. R.; Copeland, C. E.: Cold Injurycomplicating burn therapy. J. Trauma 1985, S. 25

15 Steen, M.: Leitlinie für thermische und chemische Verletzun-gen, in: AWMF (Arbeitsgemeinschaft der WissenschaftlichenMedizinischen Fachgesellschaften) Leitlinienregister Nr.044/001, verabschiedet von einem Arbeitskreis der Deut-schen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin 6.1.1999

16 Zellner, P. R.; Lorenz, S.: Die Versorgung des Brandverletz-ten im Katastrophenfall, Band 1 und 2, Steinkopf, Darmstadt1991

Internet:

Zentrale Vermittlungsstelle für Schwerbrandverletztenbetten inHamburg:http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbetten/

Sichtung:http://www.vnh.org/FleetMedPocketRef/Triage.html

Brandkatastrophen:http://www.writer-tech.com/pages/summaries/

Lawinenrettung:http://www.provincia.bz.it/avalanche/

Kaltwasser und Lawinenrettung: http://hypothermia.org/protocol.htm

122

Page 124: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Freie und Hansestadt HamburgBehörde für Inneres

Feuerwehr

Bereitstellung von Betten für Schwerbrandverletzte in derBundesrepublik Deutschland 2005

123

Telefon: +49 404 28 51-39 98 oder -39 99Telefax: +49 404 28 51-42 69e-Mail: [email protected]

http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbettenStand: April 2005

Page 125: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

124

Freie und Hansestadt HamburgBehörde für Inneres

Feuerwehr

Bereitstellung von Betten für Schwerbrandverletzte in derBundesrepublik Deutschland 2005

Telefon: +49 40-4 28 5 -39 98 oder -39 99

Telefax: +49 40-4 28 5 -42 69 e-Mail: [email protected] http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbetten Stand: April 2005

Hinweise zur Zentralen Anlaufstelle für die Vermittlung vonBetten für Schwerbrandverletzte

Die Aufgaben der Zentralen Anlaufstelle für die Vermittlung vonBetten für Schwerbrandverletzte (ZA-Schwerbrandverletzte)werden seit Dezember 1999 von der Einsatzzentrale und Ret-tungsleitstelle der Feuerwehr Hamburg durchgeführt.

Aufgabe der ZA-Schwerbrandverletzte ist es, auf telefonischeAnfrage die dem Schadensort am nächsten gelegene, geeig-nete Einrichtung mit freien Kapazitäten und den dortigenAnsprechpartnern zu benennen. Die Einzelheiten des Transportsund der Aufnahme sind dann zwischen den beteiligtenÄrzten/Krankenhäusern eigenverantwortlich zu regeln.

Die Krankenhäuser, die am Vermittlungsverfahren beteiligt sind,melden der ZA-Schwerbrandverletzte umgehend alle Verände-rungen der Belegungssituation. Hervorzuheben ist, dass sichalle Kliniken freiwillig diesem zentralen Verfahren angeschlossenhaben.

Hinweis:Die Liste der beteiligten Krankenhäuser wird jedes Jahr aktuali-siert und bundesweit verteilt. In diesem Zusammenhang möch-ten wir darauf hinweisen, dass die aktuelle Liste auch von derunten angegebenen Internetseite abrufbar ist.

Die Zentrale Anlaufstelle steht für die Vermittlung von Betten fürSchwerbrandverletzte:

unter den Telefonnummern: 040/ 4 28 51-39 98040/ 4 28 51-39 99

sowie der Telefaxnummer: 040/ 4 28 51-42 69

24 Stunden am Tag und an allen sieben Tagen der Woche zurVerfügung.E-Mail: [email protected]: http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbetten

Page 126: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Liste der am Vermittlungsverfahren der ZA-Schwerbrand-verletzte beteiligten Krankenhäuser

(Stand April 2005)Baden-Würtemberg NiedersachsenBayern Nordrhein-WestfalenBerlin Rheinland-PfalzBrandenburg SaarlandBremen SachsenHamburg Sachsen-AnhaltHessen Schleswig-HolsteinMecklenburg-Vorpommern Thüringen

125

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Baden-Württemberg

MarienhospitalStuttgarteine Einrichtung derVinzenz von PaulKliniken gGmbHBöheimstr. 3770199 StuttgartTel. 0711/ 64 89-0

ChefarztDr. W. Junginger Anästhesie,Op. IntensivstationTel. 0711/ 64 89-24 01,Chefarzt Prof. Dr. Dittel,Oberarzt Dr. UhligUnfallchirurgieTel. 0711/ 64 89-22 11

2 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: DRKStuttgart

Baden-Württemberg

OlgahospitalPädiatrisches Zentrumder LandeshauptstadtStuttgartBismarckstr. 870176 StuttgartTel. 0711/ 9 92-0

Tel. 0711/ 9 92-0mit diensth. Anästhesistenverbinden lassen (Dienstpieper-34 22)PD Dr. LochbühlerKinderchirurgische Klinik Tel.0711/ 9 92-30 21

1Kinderbett

KeinHubschrauberlandeplatzRettungsleitstelle: DRKStuttgart

Baden-Württemberg

Berufsgenossenschaftliche UnfallklinikTübingen Schnarrenbergstr. 9572076 TübingenTel. 07071/ 6 06-0

Prof. Dr. H.-E. SchallerIntensivstationTel. 07071/6 06-14 126 06-14 13

4 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzauf dem Dach desKlinikums Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Tübingen

Baden-Württemberg

KinderchirurgischeKlinik im KlinikumMannheim gGmbH Universitätsklinikum,Fakultät f. KlinischeMedizin Mannheim derUniversität HeidelbergTheodor-Kutzer-Ufer68167 MannheimTel. 0621/ 3 83-0

Prof. Dr. WaagIntensivstation K 6:Tel. 0621/ 3 83- 23 20ohne Beatmung KCH 30.2Tel. 0621/ 3 83- 23 16

2Intensivbetten2ohne

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle: RotesKreuz, Stadt Mannheim

Bayern Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Prof.-Küntscher-Str. 882418Murnau/StaffelseeTel. 08841/ 48-0

Prof. Dr. v.Bühren Tel. 08841/48-22 01Dr. van Bommel Tel. 08841/48-27 10Direktdurchwahl Zentrum fürBrandverletzteTel. 08841/ 48-26 30

6 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Rettungsleitstelle:Weilheim,Johann-Dammrich-Str. 582362 WeilheimTel.: 0881/1 92 22

Page 127: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

126

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Bayern Klinikum SüdKlinik f. Plastische,Wiederherstellende u.Handchirurgie.Zentrum für Schwer-brandverletzteBreslauer Str. 20190471 NürnbergTel. 0911/ 3 98-0

PD Dr v.Rauffer oderOA Dr. SawczukZentrum fürSchwerbrandverletzteTel. 0911/ 3 98-56 04 0911/ 3 98-56 03

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle:Nürnberg

Bayern Städt. KrankenhausMünchen-SchwabingKölner Platz 180804 München089/ 3068-1

Prof. Dr. F.-U. HöpnerTel. 089/ 3068-25 10Kinderchirurg. Nothilfe Tel.089/ 30 68-24 59 Wachstation -23 96

6Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:München

Bayern Städt. KrankenhausMünchen-Bogenhausen Englschalkringer Str.7781925 MünchenTel. 089/ 92 70-0

Prof. Dr. Mühlbauer Tel. 089/92 70-20 31Oberarzt Dr. Henckel vonDonnersmarck Tel. 089/ 9270-21 60BV - Station 08 Tel. 089/ 9270-21 60

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Integrierte Leitstelle beider LandeshauptstadtMünchen,Branddirektion,Heimeranstr. 1080339 MünchenTel.: 089/ 23 53-83 00

Bayern Ludwig-Maximilians-Universität Klinikum InnenstadtDr. von HaunerschesKinderspitalLindwurmstr. 480337 München089/ 51 60-0

PD. Dr. NicolaiTel. 089/ 51 60-28 41 oder -28 74Interne Intensivstation

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzRettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle:München

Berlin UnfallkrankenhausBerlin Krankenhaus Berlin-Marzahn mit BGUnfallklinik e.V.Zentrum fürBrandverletzte Warener Str. 712683 BerlinTel. 030/ 56 81-0

Chefarzt Dr. Bernd Hartmann Brandverletztenzentrum Tel. 030/ 56 81-27 27 Station 030/ 56 81-27 20Fax: 030/ 56 81-27 24

12Erwachseneund Kinder

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: Berlin

Brandenburg – – keine Betten –Bremen – – keine Betten –Hamburg Berufsgenossenschaftli

ches UnfallkrankenhausHamburg Bergedorfer Str. 1021033 HamburgTel. 040/ 73 06-0

Oberarzt Dr. Lönnecker, ltd.Arzt oder diensth. Anästhesistder Intensivstation fürBrandverletzteTel. 040/ 73 06-39 16

6 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationhausintern notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Hamburg

Page 128: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

127

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Hamburg KinderkrankenhausWilhelmstift Liliencronstr. 13022149 HamburgTel. 040/ 6 73 77-0

Dr. A. Henneberger oderdiensth. ArztTel. 040/ 6 73 77-2 60-2 61

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Hamburg

Hessen Klinik für Unfall- undWiederherstellungschirurgie Zentrum fürSchwerbrandverletzte Städtische KlinikenOffenbach/MainStarkenburgring 6663069 Offenbach/MainTel. 069/ 8 40 50

Prof. Dr. med. R. MenkeChefarzt der Klinik fürPlastische Ästhetische und Handschirugie Zentrum fürSchwerbrandverletzte Tel. 069/ 84 05-41 64-39 64

9Erwachseneund Kinder

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationwird hausinternzugeordnet.Rettungsleitstelle:OffenbachTel.: 069/80 65-30 84

Hessen KinderkrankenhausPark-Schönfeld KinderchirurgieZentrum f. brandverl.KinderFrankfurter Str. 16734121 KasselTel. 0561/ 92 85-0

Dr. P. Illing Kinderchirurg.AbteilungTel. 0561/ 92 85-1 24oder 0561/ 92 85-2 40

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig Rettungsleitstelle:Feuerwehr Kassel

Mecklenburg-Vorpommern

– – keine Betten –

Niedersachsen Klinik für Plastische,Hand- undWiederherstellungschirurgie,Zentrum fürSchwerbrandverletzteder Med. HochschuleHannover imKrankenhaus Oststadt Podbielskistr. 38030659 HannoverTel. 0511/ 9 06-0

Prof. Dr. VogtTel. 0511/ 9 06-37 69oder -37 68

5 Hubschrauberlandeplatz Beleuchtung nachAnfrage möglich.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: Stadtund Land Hannover

Niedersachsen KinderkrankenhausAuf der BultKinderchirurgischeAbteilung Janusz-Korczak-Allee1230173 HannoverTel.: 0511/ 81 15-0

Dr. U. HofmannTel. 0511/ 81 15 4 21Intensivstation:Tel.0511/ 81 15 2 11

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: StadtHannover

Nordrhein-Westfalen

UniversitätsklinikumAachenKlinik für PlastischeChirurgie,Hand- undVerbrennungschirurgiePauwelsstr. 3052057 AachenTel. 0241/ 8 00

Prof. Dr. Dr. N. PalluaTel. 0241/ 80 89-7 00 Intensivstation:Tel. 0241/ 80 89-7 77

6 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzRettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Aachen

Page 129: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

128

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Nordrhein-Westfalen

Städt. KlinikenDortmundKlinikzentrum Nord- Unfallklinik -Münsterstr. 24044145 DortmundTel. 0231/ 9 53-0

Oberarzt Dr. LemkeSt. UN 8Tel. 0231/ 9 53-1 84 81

10 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Dortmund

Nordrhein-Westfalen

Berufsgenossenschaftliche UnfallklinikDuisburg-BuchholzGroßenbaumer Allee25047249 DuisburgTel. 0203/ 76 88-1

Dr. Jostkleigreve Tel. 0203/ 7688-32 37oder Intensivabteilung fürSchwerbrandverletzteTel. 0203/ 76 88-32 57

6 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Duisburg

Nordrhein-Westfalen

Knappschafts-KrankenhausBergmannsheil BuerKlinik f. PlastischeChirurgie/HandchirurgieScherner Weg 445894 Gelsenkirchen -BuerTel. 0209/ 59 02-0Fax 0209/ 59 02-2 70

Chefarzt Dr. DietrichTel. 0209/ 5902-2 72oder Intensivstation f.SchwerbrandverletzteTel. 0209/ 59 02-5 48-547

4 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.RettungsleitstelleFeuerwehrGelsenkirchen

Nordrhein-Westfalen

Klinikum Köln /MerheimKlinik für PlastischeChirurgie, Hand- undWiederherstellungschirurgieSchwerstverbranntenzentrumOstmerheimer Str. 20051109 KölnTel. 0221/ 89 07-0(Zentrale)

Prof.Dr. G. SpilkerTel. 0221/ 89 07-38 81oderTel. 0221/ 89 07-0 (Zentrale)

10 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Köln

Nordrhein-Westfalen

KinderchirurgischeKlinik des Städt.KinderkrankenhausesKöln,AkademischesLehrkrankenhaus derUniversität KölnAmsterdamer Str. 5950735 KölnTel. 0221/ 89 07-0

Chefarzt Prof. Dr. A.M.HolschneiderTel. 0221/ 89 07-52 77operative IntensivstationLt. Prof. Dr. Holschneider:13.01.05grundsätzlich aufnahmebereit,wird von Fall zu Fallentschieden

4Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzkein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Köln

Page 130: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

129

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Nordrhein-Westfalen

Berufsgenossenschaftliche KlinikenBergmannsheilBochum Universitäts-Klinik Klinik f. PlastischeChirurgie u.SchwerbrandverletztenzentrumBürkle-de-la-Camp-Platz 144789 BochumTel. 0234/ 3 02-0

Prof. Dr. H.U. SteinauStation C 14Tel. 0234/ 3 02-68 593 02-68 58Fax: 0234/ 3 02-63 79

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Bochum

Nordrhein-Westfalen

St. Josef HospitalUniversitätskinderklinikAlexandrinenstr. 544791 BochumTel. 0234/ 5 09-26 30

Oberarzt Dr. KurunciTel. 0234/ 5 09-20 33oder -30 33

3Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzam RuhrstadionBochum.Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Bochum

Nordrhein-Westfalen

Kinderchirugische KlinikderKlinik für Kinder- undJugendmedizin am ev.Krankenhaus in HammWerler Straße 13059063 HammTel.: 02381/ 5 89-3210 (Pforte) oderTel.: 02381/ 5 89-3060 (Intensiv)

Herr Dr. G. TewesTel. 02381/ 5 89-3100Intensivstation:Tel. 02381/ 5 89-30 60

2Kinderbetten

Hubschrauberlandeplatz.Rettungsleitstelle:Feuerwehr der StadtHamm

Rheinland-Pfalz

Bundeswehrzentralkrankenhaus Unfallchirurgieu.VerbrennungsmedizinRübenacher Str. 17056072 KoblenzTel. 0261/2 81-1

Dr. Friese Abt. XIV Unfall- u.VerbrennungsmedizinTel. 0261/ 2 81-34 00und 2 81-34 24

4 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzvorhanden(Aktivierung Anflugfeuer:Frequenz 122.60, 3*Sendetaste)Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle: DRKKoblenz

Rheinland-Pfalz

Berufsgen. UnfallklinikLudwigshafenLudwig-Guttmann-Str.1367071 LudwigshafenTel. 0621/68 10-0

Prof. Dr. GermannAbteilung fürSchwerbrandverletzteTel. 0621/ 68 10-23 68

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.RettungsleitstelleLudwigshafen,August-Heller-Str.1267065 Ludwigshafen

Page 131: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

130

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Rheinland-Pfalz

Klinikum derJohannes-Gutenberg-UniversitätKinderklinik undKinder-PoliklinikLangenbeckstr. 155131 MainzTel. 06131/ 17-1

Dr. HuthTel. 06131/ 17-27 86

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzRettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle: Mainz

Saarland – – keine Betten –Sachsen Städt. Klinik St.Georg -

LeipzigKlinik f. Plastische undHandchirurgieBrandverletztenstationDelitzscher Str. 14104129 LeipzigTel.: 0341/ 9 09-0

Diensth. Arzt derBrandverletztenstationTel. 0341/ 9 09-25 91

6(zusätzlich 6BettenIntermediatecare)

HubschrauberlandeplatzTag- und NachtnutzungKoordinaten:51° 23' 03' N12° 22' 29' ERettungsleitstelle:Brandschutzamt StadtLeipzigTel. 0341/ 9 87-32 12

Sachsen Universität Leipzig Klinik f. KinderchirurgieOststr. 21 - 2504317 LeipzigTel. 0341/ 97 26-4 00

Prof. Dr. TöbsTel. 0341/ 97 26-4 21IntensivtherapiestationTel. 0341/ 97 26-4 24

4Kinderbetten

Landemöglichkeitrechtzeitig erfragen!Rettungsleitstelle:Brandschutzamt StadtLeipzigTel. 0341/ 9 87-32 12

Sachsen UniversitätsklinikumCarl Gustav CarusKlinik u. Poliklinik f.KinderchirugieFetscherstr. 7401307 DresdenTel. 0351/ 4 58-0Fax 0351/ 4 58-43 40

Prof. Dr. RoesnerTel. 0351/ 4 58-38 00Tel. 0351/ 4 58-27 80Fax 0351/ 4 58-43 60oderFax 0351/ 4 58-53 43

2Kinderbetten

Landemöglichkeitrechtzeitig erfragen!Leitstelle:BerufsfeuerwehrDresden,Tel.: 0351/ 8 15 51 12

Sachsen-Anhalt

Berufsgenossenschaftliche KlinikenBergmannstrostKlinik für Plastische-und Handchirurgie/BrandverletztenzentrumMerseburger Str. 16506112 Halle/SaaleKlinikumzentraleTel. 0345/ 1 32-60

PD Dr. M. StehenPlastische ChirurgieTel. 0345/ 1 32-63 12oder -6306Fax: 0345/ 1 32-64 70

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: StadtHalle

Page 132: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

131

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Sachsen-Anhalt

Medizinische Fakultätder Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergKlinik und Poliklinik fürKinderchirurgieErnst-Grube-Str. 4006097 HalleTel. 0345/ 5 57-0

Herr PD Dr. habil. Rainer FinkeTel. 0345/ 5 57-25 33Kinderintensivstation

Frau Dr. Lieser oderdiensth. ArztTel. 0345/ 5 57-24 940345/ 5 57-24 840345/ 5 57-24 85

4Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation erforderlich.Rettungsleitstelle:EinsatzleitzentrumHalle/Saale-SaalkreisTel.: 0345/80 70 100

Sachsen-Anhalt

St. Barbara-Krankenhaus Halle/SaaleBarbarastr. 2a - 506110 Halle/SaaleTel.: 0345/ 4 82 50

Prof. Dr. Hofmann Chefarzt fürKinderchirurgieTel.: 0345/ 48 25-51 62-5012Fax: -54 44

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation erforderlich.Rettungsleitstelle: Halle-SaalkreisTel.: 0345/22 15 000

Schleswig-Holstein

UniversitätsklinikumSchleswig-Holstein,Campus LübeckPlastische undHandchirurgieIntensiveinheit fürSchwerbrandverl.Ratzeburger Allee 16023538 LübeckTel. 0451/ 5 00-0

Prof. Dr. P. MailänderAnsprechpartnerProf. Dr. med H.-G. MachensIntensivbereichTel. 0451/ 5 00-30 38Fax 0451/ 5 00-35 55

4 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationvorhanden.Rettungsleitstelle:Hauptwache Lübeck-Stadt

Schleswig-Holstein

Klinik fürKinderchirurgie derMedizinischenUniversität LübeckKlinik 9Ratzeburger Allee 16023538 LübeckTel. 0451/ 5 00-0

Prof.Dr. H. Bruchoder diensth. ArztTel. 0451/ 5 00-21 47

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzist vorhanden.Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationvorhanden.Rettungsleitstelle:Hauptwache Lübeck-Stadt

Thüringen HELIOS - KlinikumErfurt GmbHKinderchirurgischeKlinikNordhäuser Str. 7499089 ErfurtTel. 0361/ 7 81-0Fax: 0361/ 7 81-2303

Prof. Dr. Friedrich Chefarzt derKlinik für KinderchirurgieTel. 0361/ 7 81-62 21Tel. Mitteilung von Prof. Dr.Friedrich:Anfragen auch bei "0"-Betten

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzRettungsfahrzeug zumTransport zur StationnotwendigRettungsleitstelle: Erfurt,An der B 4 (Erfurt)

Page 133: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Ergänzende Hinweise:Rat und Unterstützung für Familien mit brandverletzten Kindern bei:Elterninitiative brandverletzter Kinder e.V.Gabriela Scheler und Adelheid GottwaldLaufer Str. 30a90571 SchwaigTel./Fax: 0911/5 07 57 18 oder 040/6 79 93 72

Anmerkung zur Verteilung Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Senatsder Freien und Hansestadt Hamburg herausgegeben Sie darf weder vonParteien noch von Wahlbewerbern oder Wahlhelfern während einesWahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Diesgilt für Bürgerschafts-, Bundestags- und Europawahlen sowie die Wah-len zur Bezirksversammlung. Missbräuchlich ist insbesondere die Ver-teilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteiensowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Wer-bemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zweckder Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehendenWahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, dieals Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischerGruppen verstanden werden könnte. Die genannten Beschränkungengelten unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcherAnzahl diese Druckschrift dem Empfänger zugegangen ist. Den Partei-en ist es jedoch gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eige-nen Mitglieder zu verwenden.

Herausgeber Freie und Hansestadt HamburgBehörde für InneresFeuerwehr Einsatzabteilung Wendenstr. 251 20537 Hamburg

Stand: April 2005

Bezug Das Verzeichnis ist als „download“ von der unten angeführten Homepa-ge abrufbar. Bis dieses gängige Verfahren von allen Interessentengenutzt werden kann, haben Sie jedoch auch noch die Möglichkeit dasVerzeichnis per Post gegen Einsenden eines adressierten und mit DM3,00 frankierten Briefumschlags (Format B 5) unter Angabe des Stich-wortes „Verzeichnis Schwerbrandverletzte“ zu erhalten.

Feuerwehr Hamburg Einsatzabteilung Wendenstraße 251 20537 Hamburg

Telefon: 040/ 4 28 51 - 42 05 (Durchwahl) Telefax: 040/ 4 28 51 - 42 09 http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbetten

132

Page 134: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

133

Spezielle Schädigungsmechanismen

Page 135: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 136: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

12. Ärztliche Maßnahmen beiStrahlenunfällen und Strahlenkatastrophen

W. Kirchinger

1. Einleitung

Unfallereignisse mit ionisierender Strahlung führen bei denEinsatzkräften oftmals zu apokalyptischen Schreckensvorstel-lungen bezüglich ihrer Eigengefährdung. Somit kann es zuHandlungsweisen der beteiligten Ärzte und Rettungskräfte amEinsatzort kommen, die das Leben und die Gesundheit derverunfallten Person in drastischer Weise, aus Unkenntnis überdie Bewertung der tatsächlichen Gefahrensituation und ausFurcht vor eigener Bestrahlung, gefährden.Als mögliche Unfallszenarien kommen in Frage, dass erstensder Verunfallte durch externe Bestrahlung exponiert wurde (bzw.sich in einem Feld erhöhter radioaktiver Strahlung aufhält),zweitens die Möglichkeit der radioaktiven Kontaminationbesteht und/oder drittens eine Inkorporation durch entspre-chende Nuklide stattgefunden hat. Sofern sich eine verunfalltePerson aus dem Bereich alleinig erhöhter externer Bestrahlungretten lässt oder die Strahlenquelle entfernt werden kann, isteine Weiterversorgung außerhalb dieses Gebietes unkritisch.Hat eine Kontamination und/oder Inkorporation stattgefunden,kommen zusätzliche, das Geschehen beeinflussende Faktorenmit ins Spiel.

Zu unterscheiden ist der so genannte „Kleine Strahlenunfall“ miteiner bis wenigen betroffenen Personen und die Strahlenkata-strophe (in Friedenszeiten) mit einer großen Anzahl betroffeneroder vermeintlich betroffener Personen, die ein anderes Vorge-hen, auch im Hinblick auf die medizinischen Möglichkeiten,erfordert (Beispiel MANV: Massenanfall von Verletzten). ImZusammenhang mit einer solchen Katastrophe wird die sogenannte Notfallstation und die mögliche Ausgabe von Jod-Tabletten an die Bevölkerung (im Falle eines größeren kerntech-nischen Unfalles) im Text erläutert werden.

2. Gefährdung der EinsatzkräfteIonisierende Strahlung, die, obwohl sie seit Urzeiten Bestandteilunserer Biosphäre ist, potentiell für den Menschen gefährlichwerden kann, ist eine, sofern nicht sehr hohe Dosisleistungenauftreten, für unsere Sinnesorgane nicht wahrnehmbare Noxe,

135

Page 137: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

die aber wie keine Andere gut mit entsprechenden Messgerätendetektiert werden kann.

Das heißt, der Arzt im Einsatzgeschehen ist bezüglich derAbschätzung seines eigenen Gefährdungspotentials und somitseiner Handlungsmöglichkeiten und auch Handlungsbereit-schaft auf die Hilfe von Personen angewiesen, die mit Strahlen-nachweisgeräten umzugehen gelernt haben. Die Einschätzungder aus den abgelesenen Werten resultierenden „Gefährlichkeit“und die eventuelle persönliche Akzeptanz eines Risikos, dasauch von gesellschaftlichen Zeitvorstellungen geprägt wird,bleibt immer ein Problem jedes einzelnen, selbst wenn Expertenauf diesem Gebiet vor Ort anwesend sind.Es stellt sich also für den behandelnden Arzt und seine Einsatz-kräfte die Frage, ob die Versorgung und Behandlung strahlen-verunfallter Personen eine Gefährdung der eigenen Gesundheitbeinhaltet, die sich eventuell auch erst in späteren Jahren oderJahrzehnten als Schadensereignis manifestiert (z. B. Leukämie,solide Tumoren).Zur Bewertung der Gefährdung durch ionisierende Strahlungdient die Dosis (bzw. Dosisleistung = Dosis/Zeiteinheit), die inSievert (Sv) oder in Bruchteilen eines Sievert (z. B. 1/1.000tel Sv= 1 mSv) angegeben wird.

An welchen Dosiswerten kann sich der Arzt bei seinem Handelnam Unfallort orientieren?

Ein Hinweis darauf kann in Analogie zur Feuerwehrdienstvor-schrift FwDV 500 gefunden werden.

Dosisrichtwerte für das Einsatzpersonal der Feuerwehr:

Einsätze zum Schutz von Sachwerten 15 mSv/EinsatzEinsätze zur Abwehr einer Gefahr für Personen 100 mSv/Einsatz/JahrEinsätze zur Rettung von Menschenleben 250 mSv/Einsatz/Leben

Die Einsatzkräfte der Feuerwehren in Deutschland, die norma-lerweise keine beruflich strahlenexponierten Personen sind, dür-fen, was im Falle des Strahlenunfalls mit Personenbeteiligungentscheidend ist, einmalig im Laufe des Arbeitslebens, deutlichmehr an Dosis (effektive Dosis) erhalten, als eine beruflich strah-lenexponierte Person in einem Jahr (Grenzwert der effektivenDosis für beruflich strahlenexponierte Personen: 20 mSv/a,Lebensarbeitszeitdosis maximal 400 mSv). Akute beeinträchti-gende deterministische Schäden treten bei dieser Dosis nichtauf, wobei im Rahmen einer eventuell durchgeführten Chromo-somenanalyse durchaus Abweichungen von der Norm festge-

136

Page 138: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

stellt werden können. Aus strahlenbiologischer Sicht werden fürden Notarzt und das weitere Rettungsdienstpersonal Werte dereffektiven Dosis in diesem Bereich als vertretbar angesehen,unter der Vorgabe, dass bei Ausschöpfung des Maximalwertesauch diese Personen nur einmalig im Berufsleben für ein sol-ches Szenario zum Einsatz kommen dürfen.In diesem Zusammenhang muss unterschieden werden zwi-schen den vorgeschriebenen Grenzwerten bei beruflichemUmgang mit der Noxe ionisierende Strahlung und den Dosis-richtwerten, die im Katastrophenschutz angewendet werden.Aber auch die Strahlenschutzverordnung sieht in § 59 „Strah-lenexposition bei Personengefährdung und Hilfeleistung“ einemax. effektive Dosis von 250 mSv für Rettungsmaßnahmendurch Freiwillige vor.

Die nachfolgende Tabelle (s. S. 138): „Klinische Frühsympto-matik beim Menschen nach akuter kurzzeitiger Ganzkörperex-position“ zeigt, dass am Unfallort eine suffiziente Einschätzungdes Schweregrades der Einwirkung ionisierender Strahlungbzw. der weiteren Prognose des Verunfallten nur sehr einge-schränkt möglich ist, sieht man vom rasch einsetzenden Symp-tom des Erbrechens (und gegebenenfalls der Bewusstseins-trübung) nach sehr hoher Exposition einmal ab. Dies bedeutet,dass das Strahlenunfallopfer, sofern es sein Zustand zulässtund eine nicht von vorneherein klare „Bagatelleinwirkung“ vor-lag, immer in ein im Strahlenunfallmanagement versiertes Zen-trum zu bringen ist. Dies kann ein so genanntes RegionalesStrahlenschutzzentrum (RSZ) (siehe auch Anhang) sein odereine Klinik, die Erfahrung mit der Behandlung kontaminierterPersonen hat (eine nuklearmedizinische Abteilung sollte vorhan-den sein) und/oder in der Lage ist, hämatologische Krisensitua-tionen bis hin zur Stammzelltransplantation zu meistern.

Die bisherigen in Deutschland stattgefundenen Strahlenunfällehaben die Einsatzkräfte mit maximal wenigen Millisievert beauf-schlagt.

3. Vorstellbare UnfallszenarienEs lassen sich folgende relevante Unfallszenarien vorstellen:

1. Betriebsunfälle (Klinik, Forschungseinrichtung, Großbestrah-lungsanlage)

2. Transportunfälle (Straße, Schiene, Luft- und Seewege)3. Abstürzende Satelliten4. Kernkraftwerksunfälle unterschiedlicher Relevanz für die

Umwelt

137

Page 139: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

138 Kriterium BereicheGanzkörperdosis 0,1–0,3 Gy 0,3–1 Gy 1–3 Gy 3–6 Gy 6–15 Gy über 15 GySymptomatik keine vereinzelt leicht leicht - mittel mittel - schwer äußerst schwer lebensbedrohlichPrognose– ohne Behandlung

sehr gut sehr gut gut schlecht geringe Überle-benschance

keine Überlebens-chance

mit optimaler Behandlung sehr gut sehr gut sehr gut gut unsicher unsicher bzw. infaustFrühsymptome:Abgeschlagenheit

keine vereinzelt leicht mäßig ausgeprägt stark ausgeprägt sehr schnell starkausgeprägt

Übelkeit, Erbrechen(Zeit nach Exposition)

keine vereinzelt(2–6 Std.)

mehrmals(2–6 Std.)

mehrmals stark(1/2–2 Std.)

häufig stark(ab 10 Min.)

unstillbar(ab 5 Min.)

Kopfschmerz keiner keiner kurzzeitig ständig ständig bohrend quälendBewusstsein klar klar klar klar getrübt verlorenKörpertemperatur normal normal normal normal/subfebril subfebril subfebril/febrilFrüherythem(Zeit nach Exposition)

keines keines leicht(12–24 Std.)

deutlich(> 6 Std.)

ausgeprägt(> 6 Std.)

stark ausgeprägt(> 6 Std.)

Konjunktivale Injektion(Zeit nach Exposition)

keine keine leicht(48 Std.)

deutlich(> 6 Std.)

ausgeprägt(> 6 Std.)

stark ausgeprägt(> 6 Std.)

Hämatologische DiagnostikBlutwerte:

Lymphozyten/�l > 1500 < 1500 < 800 < 500 < 200 ~ 0

(Zeit nach Exposition) (2–72 Std.) (2–72 Std.) (2–72 Std.) (2–72 Std.) (2–72 Std.) (24 Std.)

Zusätzlich ist zu beachten, dass eine Schädigung des Embryos oder Feten möglich ist, deren Schwere von dem Entwicklungsstadium abhängt. Berei-che unter 100 mSv werden hier nicht definiert, da bei ihnen deterministische Schäden auch beim Embryo bzw. Feten höchst unwahrscheinlich sind.Alle Werte der Tabelle wurden aus der international bekannten Literatur zusammengestellt.

Klinische Frühsymptomatik beim Menschen nach akuter kurzzeitiger Ganzkörperexposition *)Entwurf: Neufassung SKK Band 4, Stand April 2006

Page 140: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

5. Einsatz spezieller militärischer Waffensysteme6. Kriminelle/terroristische Aktivitäten7. Kriegerischer Einsatz von Kernwaffen

4. Praktisches Vorgehen bei Strahlenunfällen

4.1 Maßnahmen vor dem Eintreffen am UnfallortIst dem Arzt und den Rettungsdienstkräften noch vor dem Ein-treffen am Unfallort bekannt, dass es sich um einen Strahlenun-fall handelt, sollte nachgefragt werden, ob die verunfallte Per-son sich voraussichtlich weiterhin in einem Strahlenfeld befindetoder durch die vorhandenen Einsatzkräfte aus der unmittelba-ren Gefahrenzone gerettet werden kann. Wichtig ist, ob es sichum Bestrahlung durch eine technische Strahlenquelle (z. B.Röntgenröhre, Linearbeschleuniger etc.) handelt, bei der dieStromzufuhr abgeschaltet werden kann und somit keine Ge-fährdung für die Einsatzkräfte mehr besteht (keine weiterenSchutzmaßnahmen nötig, keine Kontaminationsgefahr, CAVE:Beschleuniger > 20 MeV) oder um einen Vorgang, bei demumschlossene oder offene radioaktive Stoffe (z. B. umschlosse-ne Iridium-192-Strahlenquelle, Technetium-99m als flüssigeroffener radioaktiver Stoff usw.) ein Gefährdungspotential dar-stellen (Kontaminations- und Inkorporationsgefahr sowohl fürden Verunfallten als auch die Helfer). Der Arzt hat, sofern vor-handen, ein amtliches Dosimeter (z. B. Filmkassette) sowieStabdosimeter oder ein elektronisches, sofort ablesbares Dosi-meter zu tragen. Muss befürchtet werden, dass eine Kontami-nation auftreten kann (es besteht dann auch immer die Möglich-keit der Inkorporation), so ist, sofern es die Zeit zulässt, nebenden obligaten Einmalhandschuhen, mindestens chirurgischerMundschutz, besser noch eine partikelfiltriende Staubschutz-maske FFP3, Schutzbrille, Einmaloverall mit Kapuze (Spritz-schutzanzug) und Füßlinge zum Überstreifen als zusätzlichepersönliche Schutzausrüstung für die medizinischen Einsatz-kräfte zu tragen. Der Arzt und die Rettungsassistenten/Sanitätersollten analog wie bei einem Einsatz mit erhöhter Infektionsge-fahr vorgehen. Schmuck jeglicher Art ist abzulegen. Ein weitrei-chenderer Atemschutz und das Tragen von Filtermasken (dieFeuerwehreinsatzkräfte tragen gemäß FwDV 500 evtl. umluftun-abhängigen Atemschutz sowie Chemievollschutzanzüge) ist fürden Notarzt normalerweise nicht durchführbar (fehlende Atem-schutztauglichkeitsuntersuchung nach dem berufsgenossen-schaftlichen Grundsatz G26 sowie nicht vorhandene praktischeErfahrung mit dieser persönlichen Schutzausrüstung).

139

Page 141: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Sofern nicht außergewöhnliche Umstände dazu zwingen, habensich weder der Arzt, noch die externen Rettungsassistenten/Sanitäter in den Gefahrenbereich zu begeben. Der Verunfalltewird durch die Feuerwehr gerettet und an der Absperrgrenze anden Rettungsdienst übergeben.

Eine Kontamination von Ausrüstungsgegenständen (z. B. Intu-bationsbesteck etc.) muss bei solchen Szenarien prinzipiell inKauf genommen werden.Die Rettung von Menschenleben hat bei akzeptabler Gefähr-dung für die Einsatzkräfte Vorrang vor den Möglichkeiten desKontaminationsschutzes der Helfer und deren Gerätschaften.

Zustand an der Einsatzstelle Gefährdung der Einsatzkräfte

Mit Strom betriebene technische Strahlenquelle:angeschaltet jaausgeschaltet nein

(CAVE: Beschleuniger > 20 MeV)

Umschlossene radioaktive Stoffe (dicht):Unfallopfer im Nahbereich ja, eventuell massiv!Unfallopfer nach Rettung nein

Offene radioaktive Stoffe:Unfallopfer im Nahbereich oder bei Kontakt ja, möglichUnfallopfer nach Rettung:

– nicht kontaminiert nein– kontaminiert nein bis gering

4.2 LagebeurteilungDer Arzt kann sich bezüglich des Gefährdungspotentials für sichselbst, seine Helfer und den Patienten an den Aussagen folgen-der Personen, sofern vor Ort, orientieren:

– Fachkundiger Strahlenschutzverantwortlicher– Strahlenschutzbevollmächtigter– Strahlenschutzbeauftragter– Laborleiter (in Labors, die mit radioaktiven Stoffen umgehen,

wichtiger Ansprechpartner)– Verantwortlicher Einsatzleiter der Feuerwehr (sofern selbst

fachkundig)– Verantwortlicher Einsatzleiter anderer Hilfsorganisationen

(sofern selbst fachkundig)

140

Page 142: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

– Andere fachkundige Personen (wie z. B. Sachverständige,Mitarbeiter)

– Einsatzkräfte Regionaler Strahlenschutzzentren (RSZ)

Strahlenmessung:Eine Gefährdungsbeurteilung ist letztlich nur durch Messungder Dosisleistung und/oder der Quantität einer eventuellen Kon-tamination (in der Regel ist nur ein Kontaminationsnachweismöglich) zu erhalten. Nach FwDV 500 ist die Absperrgrenzedurch Dosisleistungsmessung festzulegen. Außerhalb desGefahrenbereiches darf die Gamma-Dosisleistung nicht mehr25 µSv/h betragen. Kontaminationsverdächtige Bereiche sindin den Absperrbereich miteinzubeziehen. Bis zur Festlegung derAbsperrgrenze halten nicht direkt am Einsatz beteiligte Kräftezunächst einen Mindestabstand von 50 m zum Schadensobjektunter Beachtung der Windrichtung. Dies gilt nicht für das unmit-telbar am Einsatz beteiligte Rettungsdienstpersonal.

Dosisrichtwerte für den Arzt und die Rettungsdienstkräfte:Der Arzt und die im Strahlenschutzeinsatz tätigen Rettungs-dienstkräfte gelten nicht als beruflich strahlenexponierte Perso-nen gemäß der Röntgenverordnung (RöV) oder der Strahlen-schutzverordnung (StrlSchV). Sinngemäß wird hier die Vorgabedes § 59 StrlSchV “Strahlenexposition bei Personengefährdungund Hilfeleistung“ angewendet. Eine effektive Dosis von 250mSv darf nur in Ausnahmefällen überschritten werden und istnur bei lebensrettenden Maßnahmen überhaupt vertretbar. DieDeutsche Strahlenschutzkommission (SSK) geht in diesen Fäl-len bis zu Dosiswerten von 1 Sv, wobei dann deterministischeEffekte auftreten werden. Voraussetzung dafür ist jedoch dieFreiwilligkeit der Einsatzkräfte bei vorheriger spezifischer Auf-klärung. Zusammenfassend kann die Schlussfolgerung gezogenwerden, dass für Strahlenschutzeinsätze die RettungskräfteWerte der effektiven Dosis von 100 mSv im Jahr und 250 mSvim Laufe des gesamten Arbeitslebens nicht überschreiten soll-ten.

4.2.1 Unfälle in Betrieben (außer Kernkraftwerken)Die größten Aktivitäten (außerhalb von Kernkraftwerken) teilwei-se bis zu 100 Peta-Becquerel = 100 x 1015 Becquerel findensich in Deutschland in Großbestrahlungsanlagen (zur Zeit sie-ben reine Gammabestrahlungseinrichtungen) zu Zwecken derSterilisation, von z. B. medizinischen Einmal-Produkten wie: OP-Handschuhen, Spritzen, Nadeln etc. (Beispiel: Firma BeiersdorfHamburg, Firma Isotron Deutschland GmbH in Allershausen beiMünchen) und zur Veredelung von Werkstoffen, wie der „Vernet-

141

Page 143: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

zung“ von Kunststoffen. In vielen Ländern werden auch Lebens-mittel zum Zwecke der Verlängerung der Haltbarkeit und Keim-reduktion bestrahlt (Deutschland: bisher nur aromatische Kräu-ter und Gewürze!). Solche Anlagen können bei ausgefahrenenStrahlenquellen (sie befinden sich zu Abschirmungszweckennormalerweise in einem Wasserbecken) nicht betreten werden,ohne eine für den Menschen lebensbedrohliche bis tödlicheStrahlendosis zu erhalten. Hier kommt dem Eigenschutz derHilfskräfte besondere Bedeutung zu und ein Vorgehen wird inder Regel nur mit Personen, die mit der Anlage vertraut sind,möglich sein.

Generell lässt sich bei Unfällen in ortsfesten Anlagen ein Hin-weis auf die mögliche auftretende Gefährdung anhand derMetallprägeschilder für den Feuerwehreinsatz finden.

Strahlenwarnzeichen zur Begrenzung des Kontrollbereichesbzw. die Aufschrift „Kein Zutritt – Röntgen“ geben weitere Hin-weise, ab welcher räumlichen Begrenzung mit einer zusätzli-chen Gefährdung gerechnet werden muss.

4.2.2 TransportunfälleIn Deutschland finden jährlich ca. 445.000 Transporte mitradioaktiven Stoffen statt, wobei der überwiegende Teil fürMess- und Forschungszwecke sowie für medizinische Anwen-dungen bestimmt ist. Von 1998 bis 2000 bestand in Deutsch-land ein Stopp für den Transport abgebrannter Brennelementeund verglaster hochaktiver radioaktiver Abfälle (HAW-Kokillen).Transporte dieser Art finden seit geraumer Zeit wieder statt.Diese Güter machten in der Vergangenheit etwas unter 100

Gefahren-gruppe

Gesamt-Aktivitäts-bereich(x-fache derFreigrenze)

Hinweise und Einsatz

I A ≤ 104 ohne besonderen Schutz

II A >104 – ≤107 nur mit Strahlenschutzsonderaus-rüstung (mindestens KörperschutzForm 1 und Isoliergerät) und unterStrahlenschutzüberwachung

III A > 107 Körperschutz Form 2 oder 3 undIsoliergerät und zusätzlich Hinzu-ziehung eines Sachverständigen

142

Page 144: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Transporte pro Jahr aus. Allerdings entfielen ca. 99,5 % der ins-gesamt beförderten Aktivität auf abgebrannte Brennelemente.Der Arzt und das Rettungsdienstpersonal müssen davon ausge-hen, dass es nach den einschlägigen Transportvorschriften(GGVSE/ADR) außer mit Strahlenwarnzeichen gekennzeichne-ten Transporten eine gewisse Zahl von genehmigungsfreien,äußerlich nicht gekennzeichneten Transporten gibt, deren jewei-lige beförderte Aktivität durchaus (im Einklang mit der gültigenStrahlenschutzgesetzgebung) im Giga-Becquerel-Bereich liegenkann. In einem solchen Fall wird zunächst ohne Einsatz einesMessgerätes und ohne Information durch die Behörde keinBeteiligter an die Noxe radioaktive Strahlung denken.Neben der Befragung der Betroffenen lassen sich bei Unfällenmit vorschriftsmäßiger Kennzeichnung des radioaktiven Stoffesbzw. des Transportbehälters Kenntnisse über die Intensität derStrahlung bzw. die Aktivität des radioaktiven Materials ausWarntafeln, Gefahrzetteln und Unfallmerkblättern in den Fracht-begleitpapieren herleiten.Man unterscheidet nach den Richtlinien der InternationalenAtomenergiebehörde (IAEO-Regulations) zwischen folgendenArten von Versandstücken und Verpackungen:

a) Freigestellte Versandstücke (z. B. Verpackungen für Feu-ermelder, klinische Reagenzien).

b) Industrieverpackungen (IP) (z. B. für Stoffe geringer spezi-fischer Aktivität oder für oberflächenkontaminierte Gegen-stände)Man unterscheidet hier in IP-1, IP-2 und IP-3.

c) Typ A-Versandstücke (z. B. für Radiopharmazeutika).Sie sollen im Falle eines „normalen“ Zwischenfalles währendder Beförderung unversehrt bleiben.

d) Typ B-Versandstücke (z. B. Transportbehälter für bestrahl-te Brennelemente, z. B. „Castor“).Diese Versandstücke müssen den Auswirkungen auchschwerster Unfälle während der Beförderung widerstehen.

e) Typ C-Versandstücke für die Beförderung von radioaktivenStoffen in besonderer Form (z. B. Pu-Pellets).Die Anforderungen an diese Versandstücke sind in einigenPunkten noch höher als an Typ B-Versandstücke.

Aus der Farbe des aufgebrachten Gefahrzettels und der Kate-gorie lässt sich ein Überblick über die Dosisleistung an derOberfläche eines intakten Versandstückes gewinnen. Des Wei-

143

Page 145: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

teren lassen sich Aussagen über das Nuklid und dessen Mengeablesen.

Gefahrzettel zur Kennzeichnung von Versandstücken, die radio-aktive Stoffe enthalten (nach GGVSE/ADR)

Kennzeichnung:

Im Falle der Beförderung unter „ausschließlicher Verwendung“liegt der Grenzwert für Kategorie III-Transporte bei 10 mSv/h ander Oberfläche des Versandstückes.

Kennzeichnung von Versandstücken und Transportfahrzeugenmit radioaktiven Stoffen:

Aus der aufgedruckten Transportkennzahl (TK) lässt sich dieDosisleistung in µSv/h in einem Meter Entfernung folgender-maßen berechnen:

Dosisleistung µSv/h (1m Abstand) = TK : 10

Kategorie max. zulässige Dosisleistung an Transportkennzahlder Oberfläche des Versandstücks

I weiss bis 5 µSv/h 0

II gelb bis 500 µSv/h ≤ 1

III gelb bis 2.000 µSv/h ≤ 10

144

Page 146: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Die Einsatzkräfte der Feuerwehren haben bei Transportunfällengemäß FwDV 500 mindestens mit Strahlenschutzsonderaus-rüstung und unter Strahlenschutzüberwachung wie bei Ein-sätzen in ortsfesten Anlagen nach Gefahrengruppe IIA, vorzu-gehen. Sind vorhandene Behälter nicht beschädigt, ist vonkeiner akuten Gefahr für die Helfer auszugehen. Typ-B-Behälterwiderstehen den im Straßenverkehr üblichen Unfallgeschehen.Typ-A-Behälter können bei Verkehrsunfällen durch die auf-tretenden Kräfte beschädigt oder zerstört werden.

4.2.3 Abstürzende SatellitenDie Strahlenschutzkommission beschäftigt sich in Band 26auch mit diesem Thema. Zum Zweck der Energieerzeugung aufkleinstem Raum sind verschiedene Weltraumfahrzeuge mitRadionuklidbatterien (z. B. Plutonium) ausgerüstet. Im Falle desWiedereintritts in die Erdatmosphäre kann radioaktives Materialüber weite Teile der Erdoberfläche verteilt werden. Ebenso kön-nen Reaktorteile beim missglückten Start solcher Satelliten ver-loren gehen und eventuell zu einer Kontamination der Umweltbeitragen. Am 18.05.1968 zum Beispiel ist in der Nähe vonSanta Barbara der amerikanische Satellit „Nimbus“ mit Pu-239im Meer versunken. Ähnliches ereignete sich im Osten Brasi-liens am 07.02.1983, wo der Satellit „Cosmos“ (UdSSR) mit sei-ner radioaktiven Fracht verloren ging.

4.2.4 Unfälle in KernkraftwerkenDie Organisation der ärztlichen Versorgung bei Kernkraftwerks-unfällen ist Ländersache. Sind die Auswirkungen eines Unfallesin einer kerntechnischen Anlage auf diese beschränkt, wird deralarmierte Notarzt sowie die mitwirkenden Rettungsdienstkräfteauf ein im Management von kontaminierten und/oder verletztenPersonen trainiertes Personal treffen. Der Betriebsarzt einersolchen Anlage hat die Ermächtigung im Strahlenschutz zurUntersuchung beruflich strahlenexponierter Personen und stehtentweder vor Ort zur Verfügung oder kann auf Grund der Alarm-pläne rasch mit in das Geschehen integriert werden. DurchAbsprachen der Betreiber der Kernkraftwerke mit den um-liegenden Krankenhäusern ist in der Regel eine Weiterversor-gung von Verletzten auch unter der Vorgabe „Strahlenunfall“gewährleistet. Auf Grund der Erfahrungen aus der Vergangen-heit ist jedoch ein Szenario vorstellbar, wo der Notarzt und dieRettungsdienstkräfte im Rahmen eines vermeintlichen oder tat-sächlichen Großschadensereignisses miteingebunden werden.Eine Möglichkeit dazu ist der Einsatz in der Notfallstation oderderen Umfeld.

145

Page 147: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Die Notfallstation ist eine optionale Einrichtung zur medizini-schen Sichtung und Erstversorgung von Personen, die voneinem Kernkraftwerksunfall direkt betroffen sind. Das heißt,dass sie sich nach Durchzug der radioaktiven Wolke, die ausder Anlage freigesetzt wurde, tatsächlich in dem betroffenenGebiet aufgehalten haben. Die Mitarbeiter der Notfallstationsind für die Betreuung und Versorgung von Personen vorgese-hen, bei denen der Verdacht auf eine Strahlenexposition, Kon-tamination, Inkorporation oder eine Verletzung vorliegt. Ein-richtungen wie Schulen und öffentliche Schwimmbäder, woRäumlichkeiten vorhanden sind, die dazu dienen können, einegrößere Menge Menschen innerhalb kurzer Zeit aufzunehmenund je nach Grad der Kontamination einzuteilen, zu dekontami-nieren und mit Ersatzkleidung zu versorgen, eignen sich alsNotfallstation. Auch sind hier eine große Anzahl von Waschgele-genheiten und Umkleidemöglichkeiten vorhanden sowie dieMöglichkeit kurzfristig eine Vielzahl von Personen witterungsun-abhängig aufzunehmen und einen sinnvollen An- und Abtrans-port zu Notunterkünften zu gewährleisten. Die Notfallstationdient auch dazu, ein geordnetes Weiterleiten von Menschen-strömen zu ermöglichen und die Kapazität der Krankenhäusersinnvoll für die betroffenen Personen auszunützen, die nachstrahlenschutzärztlicher Begutachtung unter Zuhilfenahme dervorhandenen messtechnischen Methoden akuter Hilfe bzw.einer Weiterversorgung durch eine Klinik bedürfen. Die Standor-te der Notfallstationen sind in der Katastrophenschutzplanungder Bundesländer festgelegt.

Mindestanforderungen für die Notfallstation:– Ausreichende Entfernung von der kerntechnischen Anlage

(Errichtung außerhalb des gefährdeten Gebietes)– Ausreichende Parkmöglichkeit– Räumlichkeiten zum vorübergehenden Aufenthalt– Sanitäre Einrichtungen– Duschen und Waschgelegenheiten zur Dekontamination

Alle betroffenen Personen sollten in der Notfallstation versorgtwerden können. Eine Anzahl von 1.000 Personen innerhalbeines Tages erscheint realistisch. Bezüglich der personellenAusstattung der Notfallstationen obliegt die ärztliche Leitungeinem Strahlenschutzarzt. Die Anzahl weiterer ermächtigterÄrzte richtet sich nach der Zahl der Betroffenen. Ursprünglichwar vorgesehen, nur im Strahlenschutz ermächtigte Ärzte in derNotfallstation einzusetzen, wobei länderspezifisch unterschied-lich versucht wird, hier einen Stamm speziell geschulter Fach-ärzte wie Anästhesisten, Unfallchirurgen etc. unter Anleitung

146

Page 148: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

qualifizierter Strahlenschutzärzte, für diese Aufgabe auf Abrufvorzuhalten.

4.2.5 Einsatz spezieller militärischer WaffensystemeDurch den Einsatz von Geschossen mit abgereichertem Urankann es zu Inkorporationen von Radionukliden kommen, ent-weder durch direkte Einwirkung oder mittels Inhalation vonStäuben und Aerosolen (Wichtig: hohe chemische Toxizität desUrans). Von einer direkten Gefährdung der Helfer beim Umgangmit betroffenen Personen kann nicht ausgegangen werden.

4.2.6 Kriminelle/terroristische AktivitätenNach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Zerfall derehemaligen UdSSR ist es mehrfach zu Vorgängen gekommen,die unter dem Schlagwort „Vagabundierende Quellen“ medien-wirksam geworden sind. Beim Versuch umschlossene radioakti-ve Quellen (z. B. Materialprüfungsquellen mit Cäsium-137 oderKobalt-60) illegal in Deutschland zu verkaufen, wurden dieseteilweise ohne Abschirmbehälter am Körper über mehrere Stun-den transportiert und später auch Privatpersonen angeboten.Sobald die Strahlenquelle fachkundig geborgen ist und keineradioaktiven Stoffe ausgetreten sind, können eventuell erforder-liche medizinische Maßnahmen an beteiligten Personen ohneBedenken vom Rettungsdienstpersonal vorgenommen werden.Weder Kobalt-60 noch Cäsium-137 sind in der Lage, Aktivierun-gen durch Kernreaktionen am Menschen oder nichtbiologi-schem Material zu bewirken, so dass eine von außen bestrahltePerson nicht selbst zur Strahlenquelle wird. Terroristische Aktivi-täten (Stichwort: „dirty bomb“ oder Unkonventionelle Spreng-und Brandvorrichtung mit radioaktiver Beiladung, USBV) lassenalle Möglichkeiten des schädigenden Umgangs mit radioaktivenStoffen als möglich erscheinen, wobei der involvierte Arzt sichhier auf das Fachwissen spezieller Einsatzkräfte verlassenmuss.

4.2.7 Militärischer Einsatz von KernwaffenDie bewusste Herbeiführung einer solchen Katastrophe im Rah-men einer Bedrohung mit Nuklearsprengköpfen ist beim der-zeitigen Stand der politischen Lage Deutschlands mit seinendirekten und auch weiter entfernten Nachbarstaaten als eherunwahrscheinlich anzusehen und bedarf im Rahmen diesesLeitfadens keiner weiteren Ausführung.

4.3 Allgemeine Grundsätze des Handelns(besonders wichtig für Feuerwehreinsatzkräfte)

147

Page 149: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Die nachbeschriebenen Grundsätze lassen sich teilweise beimEinsatz der Rettungsdienstkräfte, die direkt am Patienten tätigwerden müssen, nur bedingt befolgen:

4.3.1 Abschalten:Abschalten der Strahlenquelle (Röntgenröhre/Beschleuniger)oder Rückführung der Strahlenquelle (radioaktiver Stoff inumschlossener oder offener Form) in einen Abschirmbehälter.

4.3.2 Abstandhalten:Die Intensität der ionisierenden Strahlung nimmt mit zunehmen-dem Abstand zur Strahlenquelle ab (bei punktförmigem Gam-mastrahler mit dem Quadrat der Entfernung). Die akkumulierteDosis vermindert sich mit zunehmendem Abstand (Strahlen-quellen nie mit der bloßen Hand anfassen; Hilfsmittel, wie Fern-greifer etc., verwenden!).

4.3.3 Aufenthaltsdauer verkürzen:Die Einsatzzeit bei vorhandener Strahlenexposition sollte soklein wie nötig sein. Wenn möglich, frühzeitige Ablösung desEinsatzteams am Unfallort.

4.3.4 Abschirmungen nutzen:Vorhandene Abschirmungen, wie Mauern, Erdwälle etc., solltenausgenützt werden, um die Strahlenintensität zu minimieren.Eventuell sind verletzte Personen im Rahmen einer „Crash-Ret-tung“ aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zu entfernen. DieErrichtung von Abschirmungen ist aus Zeitgründen in der Regelnicht praktikabel.

4.3.5 Kontamination vermeiden:Die Verschmutzung mit radioaktiven Isotopen ist zu vermeidenbzw. auf ein unumgängliches Maß zu reduzieren (ähnlich über-legtes Handeln wie bei sterilem Arbeiten im OP).

4.3.6 Inkorporation verhindern:Die Aufnahme radioaktiver Stoffe über die Atemwege oder denGastrointestinaltrakt ist zu verhindern. Am Einsatzort darf ausdiesem Grund nicht gegessen, getrunken oder geraucht wer-den. Die für die Einsatzkräfte der Feuerwehren vorgeschriebeneSchutzausrüstung mit umluftunabhängigem Atemschutzgerät(Pressluftatmer, Isoliergerät) ist für den Einsatz des Arztes unddie sonstigen Rettungskräfte in der Regel nicht geeignet, dafehlende Atemschutztauglichkeit (Untersuchung nach demberufsgenossenschaftlichen Grundsatz G26 liegt nicht vor) undkeine persönliche Erfahrung für diesen Fall vorhanden ist. Ein-

148

Page 150: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

satzkräfte mit Hauterkrankungen oder offenen Wunden (z. B.Rhagaden, Ekzeme, Schürfwunden) sind, um eine Inkorporationzu verhindern, nicht für Strahlenschutzeinsätze geeignet. Verlet-zungen während der Einsatztätigkeit sollen so bald als möglicheinem ermächtigten Arzt im Strahlenschutz gezeigt werden.Auch Bagatellverletzungen sollten zum Ablösen der betroffenenPerson am Einsatzort führen.

4.4 Maßnahmen am Verunfallten

4.4.1 Faustformeln für den Arzt zur Abschätzung der Strahlenexposition

4.4.1.1 Externe BestrahlungAbschätzung der Gamma-Dosisleistung einer externen Punkt-quelle, z. B. Co-60:

Eine Aktivität von 3 GBq erzeugt in 1 m Abstand eine Dosis-leistung von ca. 1 mSv/h

Abschätzung der Beta-Dosisleistung einer externen Punktquelle,z. B. P-32:

Eine Aktivität von 1 MBq erzeugt in 10 cm Abstand eine Dosis-leistung von ca. 1 mSv/h

Im geringen Abstand von der Quelle ist bei gleicher Quellstärkedie Oberflächendosisleistung der Beta-Strahlung etwa 30 malso groß, wie die der Gamma-Strahlung.

Angaben zum Hauterythem bei Teilkörperbestrahlung:Das Hauterythem ist ein nicht geeigneter Indikator im akutenUnfallgeschehen. Ein Erythem tritt bei Hautdosen über 3–5 Gyauf. Der zeitliche Verlauf ist sinusförmig. Das erste Auftretenwird einige Stunden nach der Bestrahlung sichtbar mit einemMaximum nach etwa 24 Stunden. Die Erscheinung ebbt imLaufe von zwei bis maximal 60 Tagen ab. Die zweite Hauptwel-le beginnt, je nach Dosis, nach etwa 8 Tagen und die Rötunggeht innerhalb von mehreren Wochen in eine Hyperpigmentie-rung (bis zu möglichen Nekrosen) über. Die Intensität und dieDauer der Pigmentierung ist von der akkumulierten Strahlendo-sis abhängig. Nach Dosen von 10 Gy bleibt sie über lange Zeitsichtbar.

149

Page 151: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

4.4.1.2 KontaminationAbschätzung der Beta-/Gamma-Hautdosisleistung bei Konta-mination (nach SSK Band 18, S. 39):

Eine Flächenkontamination von 1 Bq/cm2 eines Beta-/Gamma-Strahlers ruft eine Beta-Hautdosisleistung von 2 µSv/h hervor.

Die Gamma-Hautdosisleistung beträgt dabei einen Bruchteildieses Wertes, d. h. 0,01 µSv/h

1 Curie (alte Einheit) entspricht 3,7 x 1010 Becquerel

Richtwerte für abgestufte Maßnahmen bei Kontamination derHaut zur Verwendung in Notfallstationen (Entwurf: NeufassungSSK Band 4, April 2006)

*) Bei einzelnen Kontaminationsmessgeräten ist die maximale anzeigbare Zählrate niedriger 1) Werte, basierend auf �H = 140 (fSv/h) / (Bq/m2)2) Gilt grob für bei der Feuerwehr zugelassene Kontaminationsmessgeräte

Dekontamination am Unfallort:Alle denkbaren Dekontaminationsmaßnahmen am Unfallort sindnur dann durchführbar, wenn der Zustand des Verletzten dieszulässt. Falls es zu einer Kontamination des Verunfallten mitradioaktiven Stoffen gekommen ist, sollte eine Verringerung der

Stufe I II III IV V

Kontamination(kBq/cm2)

< 0,04 0,04 – 0,4 0,4 – 4 4 – 40 > 40

Gammadosis-leistung in 1 mAbstand1) (µSv/h)

< 0,1 < 0,1 – 0,4 0,4 – 4 4 – 40 > 40

Zählrate2) vonKontaminations-messgeräten inIps, nah(nicht abgedeckt)

≤ 1.500 1.500 –15.000*)

15.000 –150.000*)

*) *)

Dekontaminations-maßnahmen:

nichterforderlich

zuerwägen

empfohlen erforderlich vorrangigerforderlich

Beta-Hautdosis(mSv in 24 h)

< 1 1 – 10 10 – 100 100 – 1.000 > 1.000

Gammadosisdurch äußereBestrahlung(mSv in 24 h)

< 0,02 0,02 – 0,2 0,2 – 2 2 – 20 > 20

150

Page 152: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Kontamination durch Entkleiden (Kleidung in einen als radioak-tiver Abfall gekennzeichneten Behälter zum Zweck der späterenmesstechnischen Auswertung geben) auf einem provisorischenDekontaminationsplatz innerhalb der Absperrung erreicht wer-den („trockene Dekontamination“). An Ersatzkleidung und aus-reichenden Wärmeschutz ist zu denken. Kontaminierte Kör-perteile sind unter fließendem Wasser abzuwaschen oder fallsnicht möglich, wenigstens mit feuchten Tüchern abzuwischen(Grobdekontamination). Dabei ist zu beachten, dass die Konta-mination nicht auf andere Körperteile verschleppt wird und dasWaschwasser, soweit möglich, aufgesammelt werden sollte.Diese Maßnahmen müssen möglichst hautschonend durchge-führt werden, um die Schutzbarriere der Haut nicht zu verletzen.Dekontaminationsmaßnahmen sind präklinisch höchstenseinmal zu wiederholen. Spezielle Dekontaminationsverfahrenwerden erst in der weiterbehandelnden Klinik oder dem RSZerfolgen können.

Achtung:Bei Dekontaminationsmaßnahmen im Bereich des Kopfesbesteht immer Inkorporationsgefahr, deshalb möglichst Anlegeneines Mund- und Nasenschutzes für den Verunfallten sowieeventuell Verschließen des äußeren Gehörganges mittels was-serabweisender Tamponade. Kein kontaminiertes Wasser in dieAugen gelangen lassen (z. B. Verwendung von „Schwimmbril-len“ als Inkorporationsschutz). Die Dekontamination von Mund,Nase und/oder Ohren muss nach der Vorstellung der DeutschenStrahlenschutzkommission von einem HNO-Arzt durchgeführtwerden. Ein Rachenraumabstrich sowie eine Schneuzprobe ausder Nase wegen späterer Ausmessung bei Verdacht auf Inkor-porationsgefahr sind abzunehmen (Achtung: sofern der Zustandder Verunfallten dies erlaubt!).

Kontaminierte Wunden, Besonderheiten der Ersten Hilfe:Kleine, kontaminationsverdächtige Wunden an den Extremitätendurch Anlegen einer venösen Stauung dem Prozess einer„Eigendekontamination“ unterziehen und/oder mit steriler0,9 %iger Kochsalzlösung spülen. Ansonsten Wunden, wie imRettungsdienst üblich, akut versorgen und steril abdecken. DiePrimärversorgung einschließlich Anästhesie und Intubation ent-spricht dem sonst üblichen Standard. Es gibt keine spezifische,aus Strahlenschutzüberlegungen heraus resultierende Änderungder Ablaufschemata bei lebensrettenden Maßnahmen.

151

Page 153: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

4.4.1.3 InkorporationDie Abschätzung der Inkorporationsdosis ist unter Unfallbedin-gungen ohne nähere messtechnische Angaben (Ganzkörper-zähler, Teilkörperzähler, Ausscheidungsanalysen) nicht möglichund sollte speziellen Zentren vorbehalten bleiben. Allenfalls istbei bekanntem Gesamtinventar des radioaktiven Stoffes imVergleich zum Jahresaktivitätszufuhrwert (JAZ-Wert) der altenStrahlenschutzverordnung vom 30. Juni 1989 eine grobe Orien-tierung möglich. Je nach inkorporiertem Radionuklid (z. B. Plu-tonium) kann es notwendig werden, in der Klinik frühzeitigDekorporierungsmaßnahmen durch geeignete Antidote durch-zuführen. Dies ist jedoch im Gegensatz zu C-Szenarien, keineAufgabe des präklinisch versorgenden Arztes.

Abnahme von Blut für die Chromosomenaberrationsanalyse:Es sollte grundsätzlich bei jedem Strahlenunfall, bei dem zuvermuten ist, dass eine hohe Dosisbelastung des Verunfalltenaufgetreten ist, Blut (jeweils 20 ml) für eine eventuelle Chromo-somenanalyse zum Zweck der biologischen Dosimetrie abge-nommen werden. Diese Blutabnahme ist ebenso wichtig füreine eventuell später erfolgende Knochenmarkstransplantationoder periphere Stammzelltransplantation (HLA Typisierung). DieBlutabnahme sollte noch am Unfallort (bei sehr hohen Strahlen-expositionen) oder bei Aufnahme in der Klinik im Laufe derersten Stunden erfolgen, um eine genügende Anzahl zur Teilungstimulierbarer Lymphozyten zu erhalten. Für einen Massenanfallvon Betroffenen ist diese in der Auswertung zeitintensiveMethode nicht geeignet. Ebenso nicht für Expositionen mitDosiswerten von weniger als 100 mSv effektive Dosis.

Technik der Blutabnahme:Abnahme von 20 ml peripheren Blutes mittels steriler Spritze,die etwa 1 bis 2 ml Heparin enthalten muss.Heparinisiertes Blut sofort (ohne Kühlung) nach telefonischerVoranmeldung in ein dementsprechendes Zentrum zur Anfer-tigung der Chromosomenaberrationsanalyse bringen lassen(aktuelle Adresse über des zuständige Regionale Strahlen-schutzzentrum (RSZ) erfragen!).Bezüglich wichtiger Zusatzinformationen über die stattgehabteExposition, Strahlenart usw. muss ein kompetenter Ansprech-partner dem Zentrum, das die biologische Dosimetrie durch-führt, zumindest telefonisch, zur Verfügung stehen.

4.5 Übergabe der verunfallten PersonTheoretisch übergeben an der Absperrgrenze die Feuerwehrein-satzkräfte bzw. sonstiges Fachpersonal den Patienten an den

152

Page 154: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Rettungsdienst. Dieses Szenario kann sich sehr schnell ändern,da, wie konventionelle Verkehrsunfälle zeigen, ein Eingreifendes Notarztes und des Rettungsdienstpersonals vor Ort not-wendig werden kann (nur unter Beachtung eines vernünftigenSelbstschutzes).Kontaminierte Personen sind, soweit möglich und medizinischverantwortbar, noch vor Ort zu dekontaminieren.

4.6 Transport kontaminationsverdächtiger PersonenVor Verlassen der strahlengefährdeten Einsatzstelle (Gefahren-bereich) sollte das Rettungsdienstpersonal, das innerhalb derAbsperrgrenze tätig war und den Patienten medizinisch erstver-sorgt und transportiert hat, die Oberbekleidung, Füßlinge unddie Handschuhe wechseln. Die zuständige Behörde hat späterüber den Verbleib kontaminierter Gegenstände und Stoffe, diezunächst innerhalb des Gefahrenbereichs gesammelt werden,zu entscheiden.Wird dem Rettungsdienst der Verunfallte an der Absperrgrenzeübergeben, so sollte er dort umgebettet werden, z. B. von derSchaufeltrage auf die normale Transporttrage, die mit im Ein-satzfahrzeug vorhandenen Decken ausgelegt ist. Sofern perso-nell möglich, sollten zwei Teams tätig werden, eines, das nurinnerhalb der Absperrgrenze tätig ist und ein zweites, das denVerunfallten an der Absperrung übernimmt. Kontaminierte Personen sind getrennt von sonstigen Personenzu befördern! Den transportfähigen Patienten abdecken (Ach-tung Wärmestau!), um eine Verschleppung der eventuell nichtfesthaftenden Kontamination zu verringern. Nach Einladen indas Fahrzeug nochmals Handschuhwechsel des Rettungs-dienstpersonals. Man muss sich klar darüber sein, dass dasFahrzeuginnere und die zum Einsatz kommenden Gegenständenicht sicher vor Kontamination geschützt werden können. NachRücksprache mit der Rettungsleitstelle ist ein Krankenhaus oderRSZ mit strahlenmedizinischer Behandlungsmöglichkeit alsZielpunkt vorzuziehen. Die Rettungsleitstelle hat die Einlieferungradioaktiv kontaminierter Personen dem Zielkrankenhaus mitzu-teilen, um dort den benötigten Vorlauf für strahlenschutzgerech-te Vorkehrungen nicht zu verzögern. Bei Ankunft im Kranken-haus oder RSZ ist dem Aufnahmeteam die Tatsache oderVermutung der radioaktiven Kontamination bzw. Inkorporationsofort mitzuteilen. Der erstversorgende Notarzt und das betei-ligte Rettungsdienstpersonal sollten in der Anfangsphase derklinischen Versorgung mit involviert sein, um auf die neu hinzu-gekommenen Kollegen/innen in dieser emotional belastendenSituation eines “exotischen” Einsatzgeschehens motivierendeinwirken zu können.

153

Page 155: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

4.7 Maßnahmen nach dem TransportBeteiligtes Rettungsdienstpersonal, Einsatzfahrzeuge undGerätschaften sind einer Kontaminationskontrolle zu unterzie-hen (Strahlenschutzphysiker, sonstige fachkundige Person) und,soweit erforderlich, zu dekontaminieren. Das weitere Vorgehenentscheidet die zuständige Behörde (Freimessung). Ausgegebe-ne Personendosimeter sind sicherzustellen und zur sofortigenAuswertung (betrifft nur amtliche Dosimeter) an die entspre-chende Auswertungsstelle des Bundeslandes per Boten zuschicken mit der Bitte um Eilauswertung (Ergebnis innerhalbeines Tages). Auf Grund der Seltenheit von Strahlenunfällen istes vertretbar, die betroffenen Personen des Rettungsdiensteseinem ermächtigten Arzt im Strahlenschutz baldmöglichst vor-zustellen. Ist zu befürchten, dass sie in Anlehnung an die Strah-lenschutzverordnung für beruflich strahlenexponierte Personenmehr als 50 mSv effektive Dosis erhalten haben (StrlSchV § 63:Besondere arbeitsmedizinische Vorsorge), ist diese Untersu-chung unverzüglich durchzuführen. Die z. B. in Bayern gültige„Richtlinie für den Einsatz des Rettungsdienstes an strahlenge-fährdeten Einsatzstellen und für den Transport radioaktiv konta-minierter Personen“ sieht dies schon ab einer Dosis von 15mSv effektive Dosis vor. Bei Verdacht auf Inkorporation immereinen ermächtigten Arzt im Strahlenschutz in das weitere Proze-dere miteinbeziehen. Ebenso kann die zuständige Behörde einsolches Eingreifen bestimmen. Inwieweit eine Ganzkörpermes-sung durch entsprechend kalibrierte Messanlagen oder dasSammeln von Stuhl und Urin über mehrere Tage zum Zweckeder Ausscheidungsanalyse sinnvoll ist, entscheidet der ermäch-tigte Arzt und letztlich die zuständige Behörde (gleiches giltfür die biologische Dosimetrie, z. B. Chromosomenaberrations-analyse). Alle beteiligten Rettungsdienstkräfte müssen nament-lich vermerkt und die Liste mit den gesammelten Daten mussmindestens 30 Jahre aufbewahrt werden.

4.8 Situation im KrankenhausIm Krankenhaus ist die Anwesenheit eines Strahlenschutzarztesim Team der behandelnden Ärzte sinnvoll. Das nächstgelegeneRegionale Strahlenschutzzentrum sollte, sofern nicht schon vonAnfang an passiert, in das weitere Prozedere mit eingebundenwerden und Beratungspersonal abstellen, um eine möglichstoptimale Versorgung bei der Behandlung des Verunfallten zuermöglichen. Dekorporierungsmaßnahmen werden frühestensin der Klinik beginnen können, da hier auch die entsprechendeLabordiagnostik zur Verfügung steht. In den ersten Tagen derVersorgung wird die Entscheidung über das weitere Vorgehendurch die so genannte Sequentialdiagnostik, d. h. die Feststel-

154

Page 156: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

lung des klinischen Verlaufs der Reaktion des Patienten auf diestattgefundene Bestrahlung möglich. Diese gesammelten Datenkönnen mit dem vorhandenen Datenmaterial aus weltweitenUnfallereignissen in der Datenbank des WHO-Kollaborations-zentrums für Strahlenunfallmanagement der Universität Würz-burg verglichen werden. An Hand der Schweregradeinteilungdes individuellen Strahlenschadens werden Aussagen überdas bestmögliche weitere therapeutische Vorgehen sowie dieprognostische Entwicklung ermöglicht.

5. Anhang

5.1 Definitionen

Umschlossene radioaktive Stoffe:

radioaktive Stoffe, die von einer festen inaktiven Hülleumschlossen sind (üblicherweise eine Edelstahlkapsel miteiner Abmessung von mindestens 0,2 cm) oder in festeninaktiven Stoffen ständig so eingebettet sind, dass einAustritt verhindert wird.(modifiziert nach der Strahlenschutzverordnung vom1. August 2001, StrlSchV § 3)

Offene radioaktive Stoffe:

alle mit Ausnahme der umschlossenen

Dosis, effektive:

Effektive risikogewichtete Dosisangabe für den Menschen,wird üblicherweise in der Einheit mSv oder µSv angegeben.Alte entsprechende Einheit ist das rem: 1 rem = 10 mSv

Ortsdosisleistung:

Sie wird in der Regel in der Einheit mSv/h oder µSv/h usw.angegeben. Messgeräte der Feuerwehr zeigen in dieser Ein-heit an. Es gibt für diese Geräte jedoch auch Aussensondenfür den Alpha- bzw. Beta-Strahlennachweis, die in Impul-sen/sec. anzeigen. Die Angabe Impulse pro Zeiteinheitbedarf der Interpretation.

Aktivität:

1 Becquerel (Bq) = 1 Zerfall pro Sekunde

155

Page 157: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

5.2 Regionale Strahlenschutzzentren (RSZ)Stand: 05/2006

Bei schweren Strahlenunfällen kann die Spezialstation für Strah-lengeschädigte der Berufsgenossenschaftlichen UnfallklinikLudwigshafen (�) nach Vermittlung durch die Regionalen Strah-lenschutzzentren in Anspruch genommen werden.

156

Page 158: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Regionale Strahlenschutzzentren derBerufsgenossenschaften (RSZ)1

Charité – Universitätsklinikum Berlin,Campus Benjamin FranklinInstitut für NuklearmedizinHindenburgdamm 3012200 BerlinTelefon: (030) 84 45-21 71

(030) 84 45-01

Uni-Klinikum „Carl Gustav Carus“der TU Dresden – Klinik für NuklearmedizinFetscherstraße 7401307 DresdenTelefon: (03 51) 4 58-22 26

Uniklinikum GreifswaldKlinik für Nuklearmedizin-StrahlentherapieFleischmannstraße 42/4417487 GreifswaldTelefon: (0 38 34) 86-6975

Asklepios Klinik St. GeorgAbt. für NuklearmedizinLohmühlenstraße 520099 HamburgTelefon: (040) 181 885 -23 71

-3707(040) 181 885 -22 562

Fax: (040) 181 885 -2275

Medizinische HochschuleAbt. Nuklearmedizin/BiophysikCarl-Neuberg-Str. 130625 HannoverTelefon: (05 11) 5 32 -20 20(Mo. – Fr.: 600-2200 -31 97)

Universitätskliniken des SaarlandesAbt. für NuklearmedizinGebäude 5066421 Homburg/SaarTelefon: (0 68 41) 16-2 22 01

(0 68 41) 16-2 33 052

157

Page 159: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Heinrich Heine Universität DüsseldorfNuklearmedizinische Klinik Leo-Brandt-Straße52428 JülichTelefon: (0 24 61) 61-57 63

Forschungszentrum KarlsruheMedizinische AbteilungHermann-von-Helmholtz-Platz 176344 KarlsruheTelefon: (0 72 47) 82-33 33

Städtisches Klinikum München GmbHKrankenhaus München SchwabingInstitut für Medizinische Physik und StrahlenschutzKölner Platz 180804 MünchenTelefon: (089) 30 68-35 00

(089) 30 68-31 23

GSF Forschungszentrum Institut für StrahlenschutzIngolstädter Landstr. 185764 OberschleißheimTelefon: (089) 31 87-3 33

Universität WürzburgKlinik und Poliklinik für NuklearmedizinLuitpold-Krankenhaus Bau 9Josef-Schneider-Straße 297080 WürzburgTelefon: (09 31) 2 01-3 58 77

Die berufsgenossenschaftliche Klinik Ludwigshafen-Oggers-heim sollte nur über die Vermittlung eines RSZ genutzt werden.

Beachte: Das System der RSZ dient in erster Linie der Beratung und Ver-sorgung von Personen im Rahmen betrieblicher Strahlenunfälleund ist nicht primär Teil der staatlichen Vorsorgemaßnahmen fürden Katastrophenfall.

158

1 Für weitere Hinweise stehen auch das Institut für Strahlenschutz der Berufsgenossenschaftder Feinmechanik und Elektrotechnik und der Berufsgenossenschaft der chemischen Indus-trie, Telefon: (0221) 37 78 6231 zur Verfügung. Dort sind auch aktualisierte Telefonnummernzu erfragen.

2 = außerhalb der üblichen Dienstzeit

Page 160: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

5.3 IodblockadeBeim Betrieb von Kernreaktoren werden neben einer Vielzahlvon Spaltprodukten radioaktive Iodisotope erzeugt. Im Unfallge-schehen kann es unter ungünstigen Bedingungen zur Abgabevon radioaktivem Iod in die Umgebung kommen. Über die Lun-gen wird radioaktives Iod fast vollständig resorbiert. Als Nieder-schlag auf Böden und Pflanzen kann es über die Nahrungsket-te, insbesondere die Milch, ebenso in den menschlichen Körpergelangen. Hauptspeicherorgan ist die Schilddrüse. Das Ausmaßder Speicherung des radioaktiven Iods hängt vom Funktionszu-stand des Organs und vom natürlichen Iodangebot in der Nah-rung ab. Auf Grund der Iodmangelsituation in bestimmten TeilenDeutschlands muss mit einer massiven Speicherung des resor-bierbaren radioaktiven Iods (für Euthyreote) gerechnet werden.

Die Abgabe der Iod-Tabletten (nichtradioaktives Iod) als Mög-lichkeit der Reduzierung der Aufnahme von radioaktivem Ioderfolgt auf behördliche Anordnung. Der Fetus nimmt ab der 13.Schwangerschaftswoche Iod in die Schilddrüse auf. Ab dem 6.bis 9. Schwangerschaftsmonat ist die fetale Schilddrüse in derLage erhebliche Mengen Iod zu speichern. Nicht gespeichertesradioaktives Iod wird beim Erwachsenen nach Blockade derSchilddrüse mit stabilem Iod mit einer Halbwertszeit von 6Stunden über die Nieren ausgeschieden.Am günstigsten erfolgt die Aufnahme des stabilen Iods vorInkorporation des radioaktiven Isotops. Vom Zeitpunkt der In-halation radioaktiven Iods bis maximal 24 Stunden spätererscheint die Verabreichung nichtradioaktivem Iods sinnvoll(spätere Gaben erhöhen sogar die Verweildauer des rad. Iods !).Dazu ist es notwendig, dass rasch ein hoher Plasmaspiegelerreicht wird. Dies ist beim Erwachsenen mit einer Dosis voninsgesamt 130 mg Kaliumiodid möglich (Einnahme sollte nichtauf nüchternen Magen erfolgen).

Empfohlenes Dosierungsschema für die 65 mg Kaliumiodid-tablette aus der Notfallbevorratung:(Tabletten sind nach Anleitung einzunehmen)

Personengruppe13 bis 45 Jahre, auch Schwangere und Stillende:2 Tabletten à 65 mg Kaliumiodid

Alter von 3 – 12 Jahren:Einmalig 1 Tablette

159

Page 161: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Alter vom 1. – 36. Lebensmonat:Einmalig 1/2 Tablette

Neugeborene (bis zum 1. Lebensmonat):Einmalig 1/4 Tablette

Mögliche schwere gesundheitliche Risiken der Iod-Blockade:– Überempfindlichkeit (Iodallergie)– Hyperthyreose nach Wochen bis Monaten– Hypothyreose (evtl. bei Neugeborenen und Säuglingen)

Kontraindikation für die Iod-Blockade:– Dermatitis herpetiformis Duhring– Echte Iodallergie– Iododerma tuberosum– Hypokomplementämische Vaskulitis– Myotonia congenita

Erwachsene über 45 Jahre sollten keine Iodtabletten ein-nehmen wegen des Risikos schwerwiegender Schild-drüsenerkrankungen.

Möglichkeiten der Schilddrüsenblockade durch andereMedikation:– Natrium-Perchlorat (Irenat®) (1. Tag) 60 Tropfen, dann alle 6

Stunden 15 Tropfen, über 7 Tage

160

Page 162: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

6. Internet Adressen – Stand: 05 / 2006

Anbieter www-Adresse

Verbände und Behörden

Deutsche Gesellschaft für medizinischenStrahlenschutz (DGMS) ,vormals Vereinigungdeutscher Strahlenschutzärzte (VDSA),

www.medstrahlenschutz.org

Internationale Atomenergiebehörde IAEA www.iaea.org

International Radiation Protection Association www.irpa.net

Bundesamt für Strahlenschutz (D) www.bfs.de

Fachverband für Strahlenschutz www.fs-ev.de

Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für Zivilschutz www.bva.bund.de

Bayerisches Staatsministerium fürLandesentwicklung und Umweltfragen www.stmugv.bayern.de

Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (CH) www.hsk.ch

Nationale Alarmzentrale (CH) www.naz.ch

Bundesamt für Bevölkerungsschutz undKatastrophenhilfe (BBK) www.bbk.bund.de

Strahlenschutzkommissionen

Strahlenschutzkommission SSK (D) www.ssk.de

Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz (CH) www.ksr-cpr.admin.ch

International Commission on Radiological Protection www.icrp.org

Forschungszentren und -institute

GRS Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit mbH www.grs.de

GSF-Forschungszentrum für Umwelt und GesundheitNeuherberg (D) www.gsf.de

Forschungszentrum Karlsruhe (D) www.fzk.de

Hahn-Meitner-Institut (D) www.hmi.de/strahlenschutz

Paul Scherrer Institut (CH) www.psi.ch

Forschungszentrum Seibersdorf (A) www.arcs.ac.at

Radiation Effects Research Foundation (J + USA) www.rerf.or.jp

161

Page 163: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

7. Weiterführende Literatur

1. AkNZ-Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung undZivilschutz (2004), Handlungsempfehlungen zur Einsatzpla-nung und Ausbildung für Feuerwehr und Rettungsdienst„Dirty Bomb“, Lehrunterlagen; BBK, Bad Neuenahr-Ahrwei-ler, 2004.

2. Bayer, A. [Anleitung,1998]: Landwirtschaft, Umwelt undKerntechnik: Was tun im Fall eines Unfalls?, Bundesamt fürStrahlenschutz, Fachbereich Strahlenhygiene, Institut fürStrahlenhygiene, Neuherberg: ISH-IB-8, September 1998

3. Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik[Handbuch 2005]: Handbuch für Regionale Strahlenschutz-zentren, Köln: Institut für Strahlenschutz, 2005

4. Court, L. A.; Lallemand, J. [Bericht, 1995]: L’accident radio-logique, L’homme blessé, Grenoble (France): 10-12Avril1995

5. DGMP-Bericht Nr. 7: Pränatale Strahlenexposition aus medi-zinischer Indikation, 2002.

6. Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 [FwDV 500, 2005]

7. Fliedner T. M., Friesecke J., Beyrer K.: Medical ManagementOf Radiation Accidents- Manual On The Acute RadiationSyndrome, The British Institute of Radiology, BIR, London,2005, ISBN 0-905749-46-4

8. Fliedner T. M., Meineke V.: (Ed. Radiation-Induced Multi-Organ Involvement and Failure: A Challenge for Pathogene-tic, Diagnostic and Therapeutic Approaches and Research,BIR, 2003

9. Grunst, M. [SSK, 1994]: Strahlenschutzüberlegungen zumMessen und Bergen von radioaktiven Satellitenbruchstük-ken, (Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission,Band 26), Gustav Fischer, Stuttgart, Jena, New York, 1994,ISBN 3-437-11629-0

10. Gumprecht, D.; Hähnel, S. [SSK ,1996]: Der Strahlenunfall,(Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission, Band32), Gustav Fischer, Stuttgart, Jena, Lübeck, Ulm, 1996,ISBN-3-437-25208-9

11. ICRP 90: Biological Effects after Prenatal Irradiation, Perga-mon Press, Oxford, 2003

12. IAEA [Document 1988]: Medical Handling of Accidentallyexposed individuals, Vienna: International Atomic EnergyAgency, 1988

162

Page 164: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

13. IAEA [Document 1996]: Assessment and treatment of exter-nal and internal radionuclide contamination, Viena: IAEA-TECDOC-869, April 1996

14. International Institute for Scientific Co-operation SchlossReisensburg [Reisensburg meeting, 1996]: Medical Aspectsof Radiation Accident Management, Günzburg: 26 February– 1 March 1996

15. Mettler, F. A.; Upton, A. C. [Radiation-medicine, 1995]: Medi-cal Effects of Ionizing Radiation, Philadelphia, London,Toronto, 1995, ISBN 0-7216-6646-9

16. Oehler, H.; Schulz, N. [Anleitung, 1999]: Rettungsdienst inBayern, München: Kohlhammer, Januar 1999

17. Reinöhl-Kompa, S. [Veröffentlichung, 1994]: MedizinischeMaßnahmen bei Strahlenunfällen, (Veröffentlichungen derStrahlenschutzkommission, Band 27), G. Fischer, Stuttgart,Jena, New York, 1994, ISBN 3-437-11633-9

18. SSK-Empfehlung „Verwendung von Iodtabletten zur Iod-blockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischenUnfall“, verabschiedet 192. Sitzung am 24./25. Juni 2004

19. SSK Entwurfsfassung der 3. Auflage des Band 4, Medizini-sche Maßnahmen nach Kernkraftwerksunfällen, Mai 2005

20. SSK Stellungnahme „Fachgespräch zur Iodblockade derSchilddrüse bei kerntechnischen Unfällen“, verabschiedet175. Sitzung am 13./14. Dezember 2001

21. SSK Veröffentlichung Band 18 „ Maßnahmen nach Kontami-nation der Haut mit radioaktiven Stoffen“, Gustav FischerVerlag, Stuttgart, Jena, New York, 1992, ISBN 3-437-11450-6

163

Page 165: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

13. Management von Gefahrgutunfällenund Massenvergiftungen

Th. Zilker, N. Felgenhauer, R. Spörri

1. Charakterisierung von Gefahrstoffunfällen

Gemäß einer Definition von der WHO handelt es sich bei einemGefahrstoffunfall um ein Unfallereignis, bei dem durch das Frei-werden einer oder mehrerer toxischer Substanzen eine Gefahrfür Mensch und/oder Umwelt entsteht.Im Vergleich zu anderen Großschadensereignissen zeigenGefahrstoffunfälle einige Besonderheiten. Werden gefährlicheChemikalien freigesetzt, so können sich diese rasch ausbreitenund schnell zu einem Massenanfall von exponierten und vergif-teten Personen führen. Charakteristischerweise bildet sich umdas Unfallgeschehen eine toxische Gefahrenzone aus, die nurmit bestimmten Schutzmaßnahmen begangen werden darf, sodass die Handlungsfähigkeit der Rettungskräfte dadurchwesentlich eingeschränkt wird. Erschwerend kommt hinzu,dass bei manchen Chemieunfällen die Identität des Gefahrstof-fes zunächst unbekannt ist. Dies gilt für Anlagenunfälle mit derFreisetzung von unbekannten Stoffen oder komplexen Stoffge-mischen, für außer Kontrolle geratene chemische Reaktionen,für Lagerbrände mit komplexem bzw. unbekanntem Lagergut,für Transportunfälle mit unbekanntem oder ungenügend ge-kennzeichneten Gefahrgut oder für Transportunfälle mit Chemi-kalien-Mischladungen. Selbst bei bekanntem Gefahrstoff ist dieGiftwirkung nicht immer sofort bekannt und kann mitunter erstmit einer gewissen Verzögerung eruiert werden. In manchenFällen wie z. B. bei den Reizgasen vom Latenztyp kann die Gift-wirkung zunächst auch fehlen. Dies führt häufig zu diagnos-tischen Schwierigkeiten, zumal auch das tatsächliche Ausmaßder Giftexposition häufig nur schwer abzuschätzen ist. Schließ-lich müssen für die nicht unmittelbar exponierten Personen amRande der toxischen Gefahrenzone das gesundheitliche Risikoabgeschätzt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getrof-fen werden.

Eine Auswertung von 1200 Berichten aus den Jahren 1920 bis1988 über Schadensereignisse im Bereich der ChemischenIndustrie ergab, dass die Explosion mit 46% die weitaushäufigste Unfallart darstellte. Eine Leckage wurde in 34% undBrände wurden in 13% beobachtet. Bei den freigesetzten Sub-

164

Page 166: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

stanzen handelte es sich in 54% der Gefahrstoffunfälle umGase, in 16% um Feststoffe und in 12% um Lösemittel. Tabelle1 zeigt die Stoffe bzw. Stoffgruppen, die bei den oben erwähn-ten Schadensereignissen am häufigsten beteiligt waren. Anerster Stelle stehen hierbei die Flüssiggase; dies ist eine Sam-melbezeichnung für Gase, die schon bei geringem Druck undbei Raumtemperatur in den flüssigen Zustand übergeführt wer-den können und deren häufigste Vertreter Propan und Butansind. Nach den Flüssiggasen liegt das Chlor an zweiter Stelleder am häufigsten an Unfällen beteiligten Stoffe.

Tabelle 1: Anteil der Stoffe bei Gefahrstoffunfällen

Stoff/Stoffgruppe AnteilFlüssiggas 14%Chlor 12%Mineralöle 9%Erdgas, Methan 8%Benzine 7%Ammoniak 4%Vinylchlorid 4%Chlorwasserstoff 3%Wasserstoff 3%Schwefelsäure 2%Andere Stoffe 34%

2. Identifikation des Gefahrstoffes

Von entscheidender Bedeutung für das praktische Vorgehenbeim Management von Gefahrstoffunfällen ist die Frage, inwie-weit die freigewordenen Gefahrstoffe ein gesundheitliches Risi-ko darstellen. Voraussetzung für diese Risikobeurteilung istzunächst, dass die Identität der freigewordenen Stoffe geklärtwird. Da diese in 20-25% der Unfallereignisse zunächst unklarist, sind bei Gefahrstoffunfällen bestimmte Maßnahmen zurIdentifikation der Gefahrstoffe unerlässlich.

Erste Informationen über die freigewordenen Stoffe erhält manin der Regel vom Anlagenbetreiber oder über die in Transport-fahrzeugen mitzuführenden Unfallmerkblätter.

Bei Gefahrguttransporten erhält man weitere Hinweise auchüber die gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung der Trans-portmittel. Diese müssen durch orangefarbene Warntafeln anFront- und Rückseite korrekt gekennzeichnet sein. Bei Mehr-

165

Page 167: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

kammertransporten mit verschiedener Ladung tragen die oran-gefarbenen Hinweistafeln an Front- und Rückseite keine Kenn-zeichnungen, der Inhalt der einzelnen Kammern ist in diesemFall durch Warntafeln an der Seite beschrieben. Zur Kennzeich-nung enthalten die orangefarbenen Warntafeln zwei übereinan-der angeordnete Zahlen. Die obere Zahl der Warntafel wird alsso genannte Kemler-Zahl bezeichnet, die die Hauptgefahren derGefahrstoffe beschreibt (Tabelle 2). Die Kennzeichnung mitKemler-Zahlen wird als mindestens zweistellige Kombinationvorgenommen. Die untere Zeile der Warntafel trägt die sogenannte UN-Nummer (= United-Nations–Nummer), die dasGefahrgut identifiziert. Die UN-Nummern sind in entsprechen-den Verzeichnissen aufgelistet. Feuerwehren, Leitstellen undGiftinformationszentralen verfügen über die jeweils aktuellenVerzeichnisse.

Tabelle 2: Kemler-Zahlen

2 = Gas entweicht3 = entzündliche Gase und Flüssigkeiten4 = entzündliche Feststoffe5 = brandfördernd6 = giftig7 = radioaktiv8 = ätzend9 = heftige spontane ReaktionX = gefährliche Reaktion mit Wasser0 = keine sonstige Gefahr

Gefährliche Arbeitsstoffe sind außerdem durch Gefahrensymbo-le gekennzeichnet. Diese Symbole geben darüber Auskunft, obder betreffende Stoff z.B giftig, ätzend, gesundheitsschädlich,reizend, explosionsgefährlich, brandfördernd oder leicht ent-zündlich ist (Abb. 1).

Bei Brandereignissen sind bei bekanntem Brandgut häufigRückschlüsse auf die entstehenden Brandgase möglich. Im All-gemeinen handelt es sich bei den Brandgasen um ein heteroge-nes Substanzgemisch, dessen Zusammensetzung von dembrennenden Material, von der Temperatur und von der Sauer-stoffzufuhr abhängig ist. Bei normalen Bränden ist insbesonde-re mit den 4 Leitstoffen Kohlenmonoxid, Blausäure, Chlor-wasserstoff und Formaldehyd zu rechnen. Bei speziellenBrandereignissen können in Abhängigkeit vom brennendenMaterial z. B. auch Nitrose Gase, Schwefeldioxid, Acrolein,Phosgen, Ammoniak oder Fluorwasserstoff entstehen (Tabelle 3).

166

Page 168: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Abb. 1: Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen

167

Page 169: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Tabelle 3: Toxisch relevante Brandprodukte

Brandprodukte BrandgutKohlenmonoxid bei jedem BrandgutCyanwasserstoff Wolle, Seide, PolyacrylnitrilChlorwasserstoff Polyvinylchlorid (PVC)Formaldehyd Zellulose, Papier,Nitrose-Gase Nitrocellulose, PolyamideSchwefeldioxid Natur- und KunstfasernAcrolein Fette, Öle, BaumwolleIsocyanate PolyurethanschaumAmmoniak Kunstharze, Wolle, Seide, PolyamidePhosgen chlorierte KohlenwasserstoffeFluorwasserstoff Teflon

2.1 Fachberatersysteme zur Identifikation des Gefahrstoffes– Giftinformationszentren (siehe Anhang IV)– Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem der

Chemischen Industrie (TUIS) (Tel: 0621-6043333)– Beratungssystem MEDITOX der Deutschen Rettungsflug-

wacht e.V. (DRF) (Tel.: 0711-701070)

2.2 Analysemöglichkeiten bei unbekannten Gefahrstoffen(siehe auch Anhang III)– Standardanalytik (flächendeckend bei Feuerwehren verfüg-

bar) Prüfröhrchen (Standard-Ausrüstung der Feuerwehren)Simultantest-Sets (parallel angeordnete Prüfröhrchen)

In beschränktem Umfang sind zusätzlich Halbleitersensoren(HL), Photoionisationsdetektoren (PID) und Elektrochemi-sche Zellen (ECZ) vorhanden. Über das in Auslieferungbefindliche ABC-Erkundungsfahrzeug des Bundes werdenIonen-Mobilitätsspektrometer (IMS) und Photoionisationsde-tektoren (PID) für ausgewählte Feuerwehren verfügbar.

– Präzisionsanalytik (regional verfügbar, transportabel) Gaschromatographie-Massenspektroskopie-Analysatoren(GC/MS-Einheit), verfügbar bei den BerufsfeuerwehrenHamburg, Frankfurt, Mannheim sowie beim Institut der Feu-erwehr Sachsen-Anhalt. Einsatz bei Bränden, bei denenkritische Substanzen betroffen sind wie z.B. halogenierteVerbindungen (polychlorierte Biphenyle), Holzschutzmittel,Pflanzenschutzmittel und Vorratschutzmittel.

168

Page 170: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

BF Hamburg: 040-42851-4965 (Lufttransport möglich)BF Frankfurt/Main 069-21272170BF Mannheim 0621-81081 (Lufttransport möglich)Sachsen-Anhalt 0171-4466007

Der Asservierung toxisch relevanter Proben kommt eine beson-dere Bedeutung zu. Die dann zu einem späteren Zeitpunkt vor-genommenen Messungen haben dann zwar keinen Einflussmehr auf das Akutmanagement eines Gefahrstoffunfalls, siesind jedoch zur Beurteilung eventuell zu erwartender Langzeit-schäden von großer Bedeutung.

3. Beurteilung der Gefahrstoffexposition

Für die Risikobeurteilung beim Management von Gefahrstoffun-fällen spielt die rasche Identifikation des Gefahrstoffes sicherlichdie entscheidende Rolle. Darüber hinaus ist für eine Abschät-zung der gesundheitlichen Gefährdung aber auch die Beurtei-lung der Gefahrstoffexposition von großer Bedeutung.

Hierbei geht es zunächst um die Frage, ob Personen demGefahrstoff überhaupt exponiert waren bzw. wie groß dieAnzahl der möglicherweise exponierten Personen ist. In derRegel ist bei Gefahrstoffunfällen zunächst immer von einemMassenanfall von exponierten Personen auszugehen. Dabei istdie Anzahl der exponierten Personen auch abhängig von derReichweite der toxischen Gefahrenzone, deren Bestimmung zuden wesentlichen Grundprinzipien des Managements vonGefahrstoffunfällen gehört. Bei der Festlegung der toxischenGefahrenzone ist immer zu berücksichtigen, dass deren Reich-weite nicht nur von der Gefahrstoffemission, sondern auch vonder Wetterlage und hier insbesondere von Windrichtung undWindgeschwindigkeit abhängig ist.

Des Weiteren gilt es zu klären, wie lange die Personen demGefahrstoff exponiert waren, zumal die Gesundheitsgefährdungeine Funktion von Konzentration und Zeit der Gefahrstoffexpo-sition ist.

Zur Beurteilung der Gefahrstoffexposition gehört auch dieFrage, in welcher Art und Weise der Gefahrstoff aufgenommenworden sein kann. Bei Gefahrstoffunfällen spielt die inhalatori-sche Giftaufnahme sicherlich die weitaus größte Rolle. Die Gift-stoffe können dabei als Gase, Dämpfe, Aerosole oder beiBrandrauch auch rußpartikelgebundenen aufgenommen wer-den. Eine Giftaufnahme über Haut, Augen oder Intestinaltrakt ist

169

Page 171: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

ebenfalls möglich, kommt bei Gefahrstoffunfällen jedoch weitseltener vor. Orale Massenvergiftungen wären z. B. über konta-miniertes Trinkwasser möglich. In der Mehrzahl der Gefahrstoff-unfälle dürfte eine kombinierte Giftexposition über Atemwege,Haut und Augen vorliegen.

Für die Interpretation dieser Exposition ist es schließlich auchwichtig zu wissen, zu welchen Auswirkungen die Gefahrstoffex-position führen kann. Insbesondere muss festgestellt werden,ob die Gefahrstoffexposition nur eine Geruchsbelästigung dar-stellt oder ob darüber hinaus auch mit einer Gesundheitsgefähr-dung zu rechnen ist. Im Falle einer Reizgasexposition ist miteiner Reizung der Atemwege zurechnen, wobei für die Abschät-zung der Gesundheitsgefährdung auch zu berücksichtigen ist,dass die individuelle Empfindlichkeit recht unterschiedlich seinkann. So können Personen mit einem Asthma bronchiale odereiner chronisch obstruktiven Lungenerkrankung bereits bei vielniedrigeren Giftkonzentrationen symptomatisch werden als diesbei gesunden Personen der Fall ist. Gut resorbierbare Giftekönnen systemisch wirken und z. B. zu einer zentralnervösenBeeinträchtigung führen. Werden bei einem GefahrstoffunfallSäuren oder Laugen frei, so können neben einer Reizung derAtemwege auch Verätzungen an Haut und an Augen auftreten.

Unabhängig von der Giftwirkung muss bei der Beurteilung derGefahrstoffexposition immer auch daran gedacht werden, dassein Großteil der Gefahrstoffe nicht nur giftig, sondern auchexplosionsfähig ist und dass bei allen Rettungsmaßnahmen einFunkenschlag unbedingt vermieden werden muss.

4. Medizinische Erstbehandlungsmaßnahmen

In Abhängigkeit vom Unfallereignis sind bestimmte Schutzvor-kehrungen zu treffen, damit das Einsatzpersonal bei seinenArbeiten ausreichend geschützt und ein direkter Kontakt mitdem Gefahrstoff vermieden wird. So kann bei Chemieunfällenz.B. das Tragen von speziellen Chemikalienschutzanzügenerforderlich sein, bzw. im Rahmen der Brandbekämpfung kannder Einsatz von umluftabhängigen Atemschutzgeräten notwen-dig werden. Unzureichend ausgestattetes Personal darf daherim Gefahrenbereich nicht eingesetzt werden.

Es gehört zum Management von Gefahrstoffunfällen, dass alleexponierten Personen rasch den notwendigen medizinischenErstbehandlungsmaßnahmen zugeführt werden. Hierzu gehörenin laufender Reihenfolge das Entfernen aus dem Gefahrenbe-

170

Page 172: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

reich, das Stabilisieren der Vitalfunktionen, die Frühdekontami-nation, die Antidottherapie, der Transport und die Asservierung.

4.1 Entfernen aus dem GefahrenbereichAn erster Stelle der Erstbehandlungsmaßnahmen steht immerdas Entfernen exponierter Personen aus dem toxischen Gefah-renbereich, wobei zu beachten ist, dass dieser Bereich nur mitentsprechenden Schutzvorkehrungen betreten werden darf. Esgibt allerdings auch Situationen, in denen ein sofortiges Evaku-ieren nicht unbedingt sinnvoll ist. Erstreckt sich die toxischeGefahrenzone z.B. über ein Wohngebiet, so empfiehlt es sich,die betroffenen Personen zunächst in den Häusern in Sicherheitzu bringen, Türen und Fenster zu schließen sowie Klima- undLüftungsanlagen auszuschalten. Auf diese Weise sind diebetroffenen Personen zunächst meist besser geschützt, als diesbei einem überstürzten, eventuell ungeschützten Evakuierendurch den toxischen Gefahrenbereich der Fall wäre. Zu einemspäteren Zeitpunkt können die betroffenen Personen dann untergeordneten und entsprechend geschützten Bedingungen mitweitaus geringerem Risiko evakuiert werden. Die Durchführungaller Rettungsmaßnahmen obliegt der technischen Einsatzlei-tung. Der Arbeitsbereich der medizinischen Einsatzkräfte liegtimmer außerhalb der toxischen Gefahrenzone.

4.2 Stabilisieren der VitalparameterNach der Rettung aus dem Gefahrenbereich kommen die expo-nierten Personen zunächst in den vorher dafür eingerichtetenBehandlungsraum, der sich immer luvseitig der toxischenGefahrenzone befinden sollte. Hier findet zunächst die Erstun-tersuchung der exponierten Personen statt mit dem Ziel, eineeventuelle Akutbedrohung der Vitalfunktionen schnell zu erfas-sen und mit den erforderlichen ärztlichen Sofortmaßnahmenauch behandeln zu können. Absolute Priorität bei allen ärztli-chen Behandlungsmaßnahmen hat die Stabilisierung der Vital-parameter, d.h. die Sicherung einer ausreichenden Atmungs-und Kreislauffunktion.

4.3 Erste DekontaminationIm Anschluss daran werden die notwendigen Maßnahmen derDekontamination durchgeführt. Hierzu wird bei den exponiertenPersonen die kontaminierte Kleidung entfernt und in speziellenSchutzbehältern asserviert. Die kontaminierte Haut wird mitWasser und Seife gereinigt. Augenverätzungen werden einersofortigen Spültherapie mit Wasser oder besser noch mit Rin-gerlaktatlösung unterzogen. Bei all diesen Maßnahmen ist dar-auf zu achten, dass die bei dieser Prozedur beteiligten Einsatz-

171

Page 173: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

kräfte mit der entsprechen Schutzausrüstung ausgestattet sind,um eine sekundäre Kontamination des Personals zu vermeiden.Zur Durchführung der Dekontamination stehen bei ausgewähl-ten Feuerwehren Einsatzfahrzeuge „Dekontamination Personen“zur Verfügung.

4.4 Antidottherapie und symptomatische MaßnahmenNach Beendigung der ersten Dekontamination werden diebetroffenen Personen in Decken gehüllt und in den angrenzen-den Behandlungsabschnitt ausgeschleust. Dort findet dann dieweitere symptomatische und spezifische Therapie statt. Wäh-rend sich die symptomatische Therapie an den jeweiligenBeschwerden der Patienten orientiert, wird die spezifische The-rapie mit den entsprechenden Antidoten durchgeführt. ZurStandardausrüstung für das Management von Gefahrstoffunfäl-len gehören die Antidote Atropin, 4-DMAP, Natriumthiosulfat,Hydroxocobalamin, Sauerstoff, Glucocorticoide als Dosieraero-sol und Toluidinblau. Atropin ist das Antidot zur Behandlung vonVergiftungen mit Alkylphosphaten, wozu z. B. auch die Kampf-stoffe Tabun, Sarin, Soman und VX gehören. 4-DMAP undNatriumthiosulfat werden zur Behandlung der Cyanidvergiftungeingesetzt. Kommt es im Rahmen einer Brandrauchexpositionzu einer Mischvergiftung mit einem hohen Cyanidanteil, so darf4-DMAP allerdings nicht verabreicht werden, da dieses zusam-men mit dem im Brandrauch befindlichen Kohlenmonoxid dieSauerstofftransportkapazität weiter verschlechtern würde. Fürdiese Fälle ist zur Behandlung der Cyanidvergiftung das Hydro-xocobalamin vorgesehen. Die Antidottherapie der Kohlenmon-oxidvergiftung besteht in der Gabe von Sauerstoff, entweder alsSauerstoffinsufflation über eine Sonde oder mittels endotra-chealer Intubation und kontrollierter Beatmung mit 100% Sau-erstoff. Ein Glucocorticoid Dosieraerosol wird zur Behandlungeiner Vergiftung mit einem Reizgas vom Latenztyp (z. B. Nitrose-Gase), benötigt. Toluidinblau schließlich ist das Antidot zurReduktionsbehandlung von Vergiftungen mit methämoglobinbil-denden Substanzen wie z. B. Anilin oder Nitriten. Die obenerwähnten Antidote werden in manchen Bundesländern für denMassenanfall vorgehalten (Telefonnummern und Adressen sieheAnhang). Nach Apotheken-Betriebsordnung sind sämtlicheApotheken gehalten, Antidote zu bevorraten (siehe Anhang).

172

Page 174: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

In Bayern werden folgende Antidote für Massenvergiftungenvorgehalten (Tabelle 4)

Tabelle 4: Antidotdepot für Massenvergiftungen

Atropin 1% 40 Amp.Auxiloson DA® 200 Stück4-DMAP 200 Amp.Natriumthiosulfat 10% 30 Inf.-Fl.Primatene Mist® 200 Pack.Toluidinblau 100 Amp.Toxogonin® 200 Amp.

Eine Empfehlung für die Toxikologische Notfallausrüstung imIndividualfall wie sie von den Notärzten in München vorgehaltenwird, findet sich im Anhang (Anhang V).

5. Transport

Nach der Versorgung mit den entsprechenden symptomati-schen und spezifischen Maßnahmen wird der Patient zur weite-ren stationären Behandlung in ein Krankenhaus transportiert.Die Organisation des Transports erfolgt hierbei in enger Koope-ration zwischen dem Leitenden Notarzt und dem EinsatzleiterRettungsdienst. Der Leitende Notarzt bestimmt die Transport-dringlichkeit des Patienten, der Einsatzleiter Rettungsdiensthingegen ist für die Bereitstellung der erforderlichen Transport-mittel sowie für die Bestimmung der Transportziele zuständig.

6. Asservierung

Zu guter Letzt gehört auch die Asservierung zu den Erstbe-handlungsmaßnahmen bei Gefahrstoffunfällen. Hierbei solltegeeignetes Material unter Vermeidung weiterer Kontaminationzum Giftnachweis sichergestellt werden. Bei Gefahrstoffunfällenkommen hierbei in erster Linie Chemikalienreste, Brandrauch,Luftproben, Löschwasser, Bodenproben und kontaminierte Klei-dung in Frage. Wichtig ist hierbei, dass das asservierte Materialin geeigneten Behältern aufbewahrt wird, um ein Austreten derGefahrstoffe und damit eine sekundäre Kontamination derUmgebung zu vermeiden. Eine quantitative Untersuchung die-ser Asservate ist immer anzustreben, da deren Analyseergeb-nisse für die Beurteilung eventueller Spätschäden nicht nur eine

173

Page 175: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

medizinische, sondern auch eine rechtliche und versicherungs-technische Bedeutung haben.

7. Sichtung bei Massenvergiftungen

Eine internationale Einteilung in Dringlichkeitskategorien beiMassenvergiftungen ist bisher nicht erarbeitet worden. Es exis-tiert ein so genannter Poison Severity Score (PSS). DieseSchweregradeinteilung dient vorwiegend den Giftinformations-zentren zur Beurteilung bei Vergiftungen im Individualfall (PSSsiehe Anhang VI). Für den Massenanfall von Vergiftungen wer-den von uns folgende Dringlichkeitskategorien in Anlehnung andie üblichen Sichtungs-Kategorien vorgeschlagen:

Kate-gorie

Dringlichkeit der Behandlung

Vergiftung Transportpriorität

I Erste Dringlichkeit:LebensrettendeSoformaßnahmen

Bewusstlosigkeit GCS < 5 Störung derAtmung Cyanose (nichtbei CO oder HCN)Kreislaufinsuffizienz

zunächst nichttransportfähig nachStabilisierung jedochTransportpriorität I

II Zweite DringlichkeitVersorgung aus vitaler Indikation oder zur Vermeidungbleibender Schädeninnerhalb 1 Stunden-grenze nachEntfernung ausGiftatmosphäre

Bewusstlosigkeit GCS 5-10 Störung der Atmungohne Cyanose,starker Husten

Transportpriorität Inach ärztlichenSofortmaßnahmen

III Leichtverletzte Bewußtseinsein-schränkungGCS > 10,Reizerscheinungen anHaut und Augen,leichter Husten

Spättransport

IV AbwartendeBehandlung

Nicht durch Antidotoder einfacheSoformaßnahmenbehebbarerKreislaufstillstand

V Mit Verzögerungauftretende Schäden

Lungenfunktions-störungen vomLatenztyp

nach Antidottherapie24 Std. unterBeobachtung lassen

174

Page 176: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

8. Präventive Maßnahmen

Neben Planung, Risikobeurteilung, technischer Gefahrenabwehrund medizinischer Erstversorgung gehören schließlich auchMaßnahmen der Prävention zum Management von Gefahrstoff-unfällen. Ziel der präventiven Maßnahmen ist es, Personen amRande des Gefahrenbereichs vor einer gesundheitsschädigen-den Exposition mit dem Gefahrstoff zu schützen. Vordringlich-ste Maßnahme in dieser Hinsicht ist die rechtzeitige Absperrungder Gefahrenzone. Mögliche weitere Schutzmaßnahmen sinddie Evakuierung gefährdeter Personen, das Schließen vonTüren und Fenstern sowie das Abschalten von Lüftungs- undKlimaanlagen in den betroffenen und angrenzenden Gebäudenund das Einrichten von geeigneten Kontrollmeßpunkten.

Am Ende eines Einsatzes sollten dann alle Beteiligten noch ein-mal über das stattgehabte Unfallereignis sowie über weitere,eventuell noch zu ergreifende Verhaltensmaßnahmen unterrich-tet werden. Schließlich sollte die Öffentlichkeit über die Medienausführlich über das Unfallereignis informiert werden.

9. Spezielle Vergiftungen1,3,4,5,6,8

9.1 Kohlenmonoxid (CO)Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK): 30 ppmEinsatztoleranzwert (ETW)*: 200 ppm

Bei jedem Brandereignis muss mit der Bildung von Kohlenmon-oxid gerechnet werden. Kohlenmonoxid entsteht hauptsächlichbei Verbrennungsprozessen unter ungenügender Sauerstoffzu-fuhr. Hauptursachen für schwere CO-Vergiftungen sind Autoab-gase in schlecht belüfteten Garagen, schlecht ziehende Öfen,Durchlauferhitzer in nicht belüfteten Badezimmern und Schwel-brände in geschlossenen Räumen. Die wesentliche toxischeWirkung des CO beruht auf einer Bindung des CO an das2-wertige Eisen des Hämoglobins, wobei das entstehendeKohlenmonoxid-Hämoglobin (COHb) für den Sauerstofftrans-port ausfällt. Eine Kohlenmonoxidkonzentration von 100 ppm =0,01% führt zu einem COHb von ca.12%. Schwere akute Ver-giftungen benötigen eine CO-Konzentration von > 2000 ppm.Schwere subakute Vergiftungen werden bei einer CO-Konzen-tration von 500 – 2000 ppm beobachtet.

Symptome:Die Vergiftungssymptome sind von der COHb-Konzentrationabhängig.

175

Page 177: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

COHb < 30%: Kopfschmerzen, Schwindel, ÜbelkeitCOHb 30-40%: Müdigkeit, VerwirrtheitCOHb 40-60%: Bewusstlosigkeit, HypotonieCOHb >60%: rascher Tod durch Hypoxie

Therapie:Entfernen aus dem toxischen Gefahrenbereich (Atemschutz),Antidottherapie mit Sauerstoff: bei leichten Vergiftungen Insuf-flation von Sauerstoff über eine Nasensonde, bei schweren Ver-giftungen Intubation und Beatmung mit einem FIO2 von 1,0. InAusnahmefällen besteht bei der schweren CO-Vergiftung auchdie Möglichkeit zur hyperbaren Sauerstofftherapie. Dieses The-rapieverfahren ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn es auchfrühzeitig zum Einsatz kommt. Längere Transportzeiten bis zurnächsten Druckkammer sind sinnlos. Bei der Überwachung desPatienten ist zu berücksichtigen, dass man sich auf die Puls-oxymetrie nicht verlassen darf, da diese fälschlicherweise einezu hohe periphere Sauerstoffsättigung anzeigt.

* Die Einsatztoleranzwerte (ETW) markieren für einzelne Stoffediejenige Konzentration, unterhalb der bei einer 4-stündigenExposition keine gesundheitliche Gefährdung, weder bei denEinsatzkräften noch bei der Bevölkerung, zu erwarten ist.

9.2 Cyanwasserstoff (HCN)Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK): 10 ppmEinsatztoleranzwert (ETW): 15 ppmCyanwasserstoff ist ein wichtiger Grundstoff in der chemischenIndustrie mit einer weltweiten Jahresproduktion von 1,55 Mio.Tonnen. Hauptursache von HCN-Vergiftungen im Rahmen vonGefahrstoffunfällen sind Störfälle bei der Blausäureproduktionsowie Unfälle in Galvanisier- und Stahlhärtungsbetrieben. DasAusgasen von Nitrilen kann ebenfalls zu HCN-Intoxikationenführen, wobei die HCN-Freisetzung bei den aliphatischen Nitri-len mit der Kettenlänge des aliphatischen Restes deutlichzunimmt. Eine große Bedeutung hat die HCN-Entwicklung imBrandrauch bei der Verbrennung und Verschwelung von stick-stoffhaltigen Verbindungen. Bei der Verbrennung von Acrylfa-sern, polyacrylnitrilhaltigen Kunststoffen, Kunstharzen, Polyu-rethanschaum, Nylon, Seide, Wolle und Insektiziden muss aneine toxisch relevante HCN-Freisetzung gedacht werden. In derRegel erfolgt die HCN-Aufnahme bei Gefahrstoffunfällen aufdem inhalatorischen Weg.

Symptome:Die klinischen Zeichen einer Cyanidintoxikation sind die Folge

176

Page 178: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

einer gestörten intrazellulären Sauerstoffutilisation durch dasCyanidion und damit Ausdruck einer zellulären Hypoxie. Nachder Einwirkung von Cyanverbindungen ist der Wirkungseintrittaußerordentlich schnell. Bei Inhalation von Blausäure tretenSymptome innerhalb von Sekunden auf; zum Tod kann esbereits innerhalb weniger Minuten kommen. Die potentiell letaleDosis von Blausäure liegt bei 100 ppm über einen Zeitraum von1 Stunde.

Leichte Vergiftungen:Atemnot ohne Cyanose, thorakales Engegefühl,Angstzustände, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit

Schwere Vergiftungen:Verwirrtheit, Krampfanfälle, Koma,Atemstillstand, Arrhythmien, Herz-Kreislaufstillstand

Therapie:Entfernen aus dem toxischen Gefahrenbereich (Atemschutz).Stabilisieren der Vitalparameter: Beatmung mit 100% O2, Gabevon NaHCO3.

Antidottherapie:Für die Therapie der leichten HCN-Vergiftung genügt in derRegel die alleinige Gabe von Natriumthiosulfat in einer Dosie-rung von 100 mg/kgKG. Bei der Antidottherapie der schwerenHCN-Vergiftung hat man prinzipiell zu unterscheiden, ob HCNim Rahmen eines Brandereignisses oder bei einem Unfall ohneBrandbeteiligung freigesetzt wurde. Bei einer brandrauchbe-dingten HCN-Vergiftung erfolgt die Antidottherapie mit Hydro-xocobalamin in einer Dosierung von 50 mg/kgKG bzw. 5 gHydroxocobalamin für den Erwachsenen. Bei einer HCN-Frei-setzung ohne Brandbeteiligung kommt als Antidot 4-DMAP ineiner Dosierung von 3–5 mg/kgKG zur Anwendung, wobei imAnschluss an die Gabe von 4-DMAP auch noch Natriumthiosul-fat gegeben werden sollte.

9.3 ReizgaseReizgase entstehen bei Brandereignissen und bei chemischenReaktionen oder werden bei Leckagen freigesetzt. In Abhängig-keit von der Wasserlöslichkeit unterscheiden wir zwischen Reiz-gasen vom Sofort-Typ und Reizgasen vom Latenz-Typ. DieReizgase vom Sofort-Typ zeigen eine relativ gute Wasserlöslich-keit und werden deshalb bereits im oberen Respirationstraktabgefangen, mit dem Ergebnis einer frühzeitigen Symptomatikim Bereich der oberen Atemwege. Reizgase vom Latenz-Typsind weniger gut wasserlöslich und können deshalb bei der

177

Page 179: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Inspiration auch die tieferen Abschnitte des Respirationstraktserreichen. Die Folge ist dann ein mit einer gewissen Verzöge-rung einsetzender Entzündungsprozeß im Bereich der tieferenAtemwege.

9.3.1 Reizgase vom Sofort-TypDie häufigsten Reizgase vom Sofort-Typ sind HCl, NH3, Cl2,SO2, HF und Acrolein.

Symptome:Im Bereich der Atemwege führen die Reizgase vom Sofort-Typzu Reizhusten, Dyspnoe, Bronchospastik, retrosternalem Druckund nur bei massiver Exposition kann es zum toxischen Lun-genödem kommen. Am Auge verursachen die Reizgase vomSofort-Typ Augenbrennen, Tränenfluss und Konjunktivitis.

Therapie:Entfernen aus dem Gefahrenbereich, Gabe von Sauerstoff, beiAtemwegsobstruktion inhalative �2-Sympathomimetika, beistarkem Husten Antitussiva, nur in Ausnahmefällen sind Gluco-corticoide i.v., Intubation und Beatmung erforderlich.

9.3.2 Reizgase vom Latenz-TypDie häufigsten Reizgase vom Latenz-Typ sind Nitrose Gase,Phosgen und Cadmiumoxid.

Symptome: Nach der Inhalation von Reizgasen vom Latenz-Typ kommt eszunächst nur zu leichten Beschwerden in Form von Reizhustenund Konjunktivitis, mitunter auch Kopfschmerzen, Schwindelund Übelkeit. Im Anschluss daran kann sich mit einer Latenzvon 3-24 Stunden jedoch auch ein toxisches Lungenödem ent-wickeln. Nur bei massiver Exposition ist bereits frühzeitig miteinem toxischen Lungenödem zu rechnen.

Therapie: Entfernen aus dem Gefahrenbereich, Gabe von Sauerstoff,Lungenödemprohylaxe mit inhalativen Glucocorticoiden, beiBronchialobstruktion inhalative �2-Sympathomimetika, beiReizhusten Antitussiva, Bettruhe. Bei toxischem LungenödemGlucocorticoide i. v. sowie ggf. Intubation und Beatmung.

9.4 Methämoglobinbildende GifteBei Gefahrstoffunfällen mit aromatischen Aminen, Nitriten undChloraten können Methämoglobin-bildende Gifte freigesetztwerden.

178

Page 180: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Bei Meth-Hb Konzentration < 20% sind noch keine Beschwer-den zu erwarten.

Symptome:Meth Hb < 10% KeineMeth Hb 10-20% HautzyanoseMeth Hb 20-30% Kopfschmerzen, Angstgefühl, TachykardieMeth Hb 30-50% Schwäche, Verwirrtheit, Schläfrigkeit,

Tachypnoe, TachykardieMeth Hb 50-70% Koma, Krämpfe, Arrhythmie, AzidoseMeth Hb > 70% tödlich

Therapie:Bei Methämoglobinämie Antidot-Therapie mit Toloniumchlorid(Toluidinblau®) in einer Dosierung von 2–4 mg/kg KG langsami.v.. Bei ausgeprägter Methämoglobinämie und Hämolyse früh-zeitiger Blutaustausch.Bei Chloratvergiftungen frühzeitige Gabe von Ascorbinsäure.Toluidinblau ist in diesen Fällen nicht effektiv. Die periphere O2-Sättigung mittels Pulsoxymetrie ist nicht ver-lässlich, wenn Meth-Hb > 20%. Asservierung von Blut für die Meth-Hb-Bestimmung: Mischungvon 1ml Vollblut mit 9 ml Aqua..

10. Verätzungen

Verursacht durch Tranportunfälle, Produktionsfehler, Sabotage-akte und kontaminierte Getränke.

Symptome:Schwere Haut- und Schleimhautschäden, oft Augenverätzun-gen. Die Inhalation von Dämpfen führt zu Reizungen der Atem-wege.Laugen verursachen tiefgreifende Zerstörungen des Gewebes(Kolliquationsnekrosen).Die lokale Ätzwirkung organischer Säuren (Ameisensäure,Essigsäure, Oxalsäure) ist geringer als die bei anorganischenSäuren (Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure). OrganischeSäuren können zu Hämolyse und Nierenschäden führen. Fluss-Säure (Fluorwasserstoffsäure) verursacht tiefgreifendeNekrosen mit starken Schmerzen.

Therapie:Sofort benetzte Kleidung entfernen und kontaminierte Hautunter fließendem Wasser spülen oder duschen. Bei Kontamina-

179

Page 181: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

tion mit Fluss-Säure Hautreinigung mit Polyethylenglycol 400(Lutrol® 400) und anschließende Lokalbehandlung mit Calcium-gluconat. Bei Augenverätzungen ist eine sofortige Spültherapie der Augenerforderlich. Feste Bestandteile und Schmutzpartikel könnendurch Ektropionieren des Oberlides entfernt werden. Bei einer Augenverätzung mit Zement oder ungelöschtem Kalkdürfen die Augen nicht mit Wasser gespült werden, da hierbeidurch das dabei entstehende Calciumhydroxid die Ätzwirkungnur noch verstärkt wird. In diesen Fällen wird eine mechanischeReinigung der Augen sowie eine wasserfreie Spülung derBindehaut mit Speiseöl, z. B. Oliven- oder Sonnenblumenölempfohlen. Anschließend augenärztliche Weiterbehandlung.

11. Organische Lösemittel

Organische Lösemittel werden bei Transportunfällen, bei Lecka-gen in Raffinerien, in chemischen Reinigungen sowie in derChemischen Industrie freigesetzt. Es handelt sich dabei um: ali-phatische (z. B. Benzin, Petroleum, Dieselöl) und aromatischeKohlenwasserstoffe (z. B. Benzol, Toluol, Xylol) sowie um halo-genierte Kohlenwasserstoffe (z. B. Trichlorethylen, Tetrachlor-ethylen, Tetrachlorkohlenstoff).

Symptome:Haut- und Schleimhautreizung mit Erythem und Blasenbildung,Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Rauschzustand,Koma, cerebrale Krampfanfälle.

Therapie:Entfernen aus dem Gefahrenbereich, kontaminierte Kleidungentfernen, Haut mit Wasser, Seife und gegebenenfalls mit Poly-ethylenglykol (z. B. Lutrol® 400) abwaschen.Nach Inhalation Gabe von Sauerstoff.Nach oraler Giftaufnahme kein Erbrechen auslösen (Aspirations-gefahr).

12. Schwefelwasserstoff (H2S)

Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK): 10 ppmEinsatztoleranzwert (ETW): 30 ppm

Enthalten in Vulkangasen, [Massenvergiftungen bei Vulkanaus-bruch möglich]. Stallgas: Unfälle bei Einschalten des Rührwer-

180

Page 182: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

kes in Güllegruben. Kloakegas, das bei Bauarbeiten in Kanalisa-tionen frei wird. Weiteres Vorkommen in Papierfabriken, Kohle-bergwerken, Schwefelminen, Gerbereien, Zuckerrübenfabriken,Flachsröstereien und Petroleumraffinerien.H2S führt zur Blockade der inneren Atmung, ist aber auch einReizgas vom Soforttyp. Es kommt zu schlagartiger Bewusstlo-sigkeit und einem Lungenödem, das sich rasch entwickelt. Geruchsschwelle: 0,007 – 0,2 mg/m3 (1mg/m3 = 0,71 ppm),Geruch nach faulen Eiern. Ab 100 ppm: Ausschaltung desGeruchsnerves, damit im höheren Konzentrationsbereich keineWarnwirkung mehr. Ab 300 – 600 ppm starke Reizwirkung, 600– 800 ppm führt zu Krampf in Koma übergehend, ab 1000 ppmrascher Exitus.

Symptome: Plötzlicher Kollaps und Bewusstlosigkeit in Folge ZNS-Hypoxie,Krämpfe und Herz-Kreislauf-Insuffizienz. Wird diese Phasedurch therapeutisches Eingreifen überstanden, so ist innerhalbder ersten Stunden mit einem toxischen Lungenödem zu rech-nen.Die Patienten sind in der Aufwachphase extrem agitiert. Sonstige Symptome: Haut und Augenreizung, Hypersalivation,Erbrechen, Bauchkrämpfe und Durchfall.

Therapie: Schnelles Entfernen aus H2S Atmosphäre, (Selbstschutz beach-ten!!). Intubation und Beatmung mit 100 % Sauerstoff, inhala-torische und parenterale Gabe von Glucocorticoiden, Diuretikazur Unterstützung der Lungenödemtherapie. Die Gabe von4-DMAP wird nicht empfohlen, da dessen Wirksamkeit bishernicht bewiesen ist und die Sauerstofftransportkapazität durcheine Methämoglobinbildung nur noch weiter verschlechtertwürde.

13. Arsenwasserstoff (Arsan, früher Arsin) (ASH3 )

Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK): 0,05 ppmEinsatztoleranzwert (ETW): nicht definiert

Hauptsächlich in der Industrie als Dotiergas bei der Micro-chipherstellung, (wird in Gasflaschen angeliefert), in der metall-verarbeitenden Industrie und bei der Bearbeitung von arsen-haltigen Schlämmen. Toxische Konzentrationen: MAK-Wert 0,05 ppm, toxisch ab 3,0 ppm, tödlich ab 250 ppm (nachlängerer Exposition), rasch tödlich ab 1500 ppm.

181

Page 183: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Nachweis: Geruchsschwelle 0,5 ppm (Geruch nach Knoblauch),Draegerprüfröhrchen messen zwischen 0,05 und 3 ppm. Arsenwasserstoff führt zu Hämolyse. Ursache hierfür ist das beider Oxidation von Arsenwasserstoff entstehende Wasserstoff-peroxyd. Durch die Hämoglobinurie kommt es zum Nieren-versagen. Die Hämolyse führt zu einem starken Anstieg desBilirubins.

Symptome: Symptomfreies Intervall von einigen Stunden nach Exposition,danach typische Symptomen-Trias: Hämoglobinurie (roter bisdunkelbrauner Urin), abdominelle Schmerzen und Skleren-ikterus; dieser Symptomatik gehen Prodromi bestehend ausSchwindel, Kopfschmerzen, Fieber, Atemnot, allgemeinerSchwäche, abdominellen Krämpfen, Diarrhö, Übelkeit undErbrechen voraus.

Therapie: Rettung des Geschädigten aus dem Giftbereich (Selbstschutzbeachten!!). Da Giftwirkung mit Latenz auftritt, sind die Geschä-digten häufig nicht mehr im kontaminierten Bereich. Sauerstoff-gabe ist bei Atemnot indiziert. Zur Verhinderung des Nieren-versagens mäßige Flüssigkeitszufuhr und Bicarbonatgabe zurAlkalisierung des Urins. Bluttransfusionen und in schwerstenFällen Austauschtransfusion. Chelatbildner sind wirkungslos.

14. Phosphorwasserstoff (Phosphan, früher Phosphin) (PH3)

Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK): 0,1 ppmEinsatztoleranzwert (ETW): 0,5 ppm

Phosphorwasserstoff wird durch Feuchtigkeitseinwirkung ausMetallphosphiden (Al, Ca, Zn) freigesetzt. Außerdem entsteht erbei der Ungeziefervernichtung in Getreidesilos sowie beim auto-genen Schweißen. Es handelt sich um ein sehr giftiges Gas miteinem karbid- oder knoblauchartigem Geruch (gute Warnwir-kung). Die toxische Wirkung beruht auf einer Blockade der zellulä-ren Atmung und betrifft in erster Linie das zentrale Nervensystem.

Symptome:Nach Inhalation oder Verschlucken phosphanbildender Präpa-rate kommt es zunächst zu Kopfschmerzen, Erbrechen, Durch-fall und Somnolenz. Bei schweren Vergiftungen werden Koma,cerebrale Krampfanfälle, Lungenödem und eine Methämoglo-binaemie beobachtet.

182

Page 184: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Therapie:Rettung aus dem Gefahrenbereich (Eigenschutz beachten),Stabilisieren der Vitalparameter. Bei Inhalation werden Sauerstoff und inhalative Glucocorticoideverabreicht. Nach oraler Aufnahme werden eine Magenspülung mit 1–1,5%-iger Natriumbikarbonatlösung sowie die Gabe von Aktiv-kohle empfohlen. Bei einer Methämoglobinämie kann eine Anti-dottherapie mit Toluidinblau in einer Dosierung von 2–4 mg/kgKG i.v. angezeigt sein.

15. Organophosphate, Nervenkampfstoffe(Sarin, Soman, Tabun, VX)

Massenvergiftungen mit Organophosphaten können bei Un-fällen während des Herstellungsprozesses oder bei unsach-gemäßer Anwendung von Insektiziden auftreten. Einsatz beikriegerischen Auseinandersetzungen erscheint möglich. Einerealistischere Gefahr besteht darin, dass Nervenkampfstoffe indie Hände von Terroristen und Erpressern gelangen (U-BahnAnschlag Tokio 1995).Die Wirkstoffe gelangen bei Einatmung von Dämpfen, Sprüh-nebel (Aerosol) und Stäuben in den Organismus, sie könnenaber auch leicht über die Haut resorbiert werden.Hemmung der Acetylcholinesterasen im gesamten Organismusmit Übererregung zunächst im sympathischen, dann im para-sympathischen Nervensystem sowie Lähmung der motorischenEndplatte. Krampfgift für das ZNS.

Symptome: Durch Übererregung der muskarinischen Rezeptoren: EngePupillen, Miosis, langsamer Puls, gesteigerte Sekretion derSchweiß-, Speichel- und Tränendrüsen sowie im Bereich des Bron-chialsystems, Durchfälle, Erbrechen, Magen- und Darmkrämpfe. Durch Übererregung der nikotinischen Rezeptoren: Myoklonien,Fibrillieren bis Faszikulieren der Muskulatur, periphere Atem-lähmung.ZNS-Symptomatik: Unruhe, Angst, Agitiertheit, Kopfschmerzen,Krampfanfall, Koma. Sympathikuswirkung: In der Initialphase kann es durch eineEntspeicherung des Adrenalins zu Mydriasis, Tachykardie undHypertonie kommen. Besonderheit: Durch den Augenkontakt mit dem gifthaltigenAerosol kann es, wie in Japan geschehen, zur Ausbildung einerMiosis mit stärksten Kopfschmerzen kommen, ohne dass einesystemische Giftwirkung vorliegt.

183

Page 185: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Therapie: Möglichst vollständige Dekontamination, Kleidung entfernen,kontaminierte Haut entgiften. Antidot: Atropin in einer Dosierungvon 2 – 10 mg i.v., Kinder 0,1 mg/kg KG. Nach einer Anfangs-dosis sollte die Atropindosis biologisch titriert werden, wobeiman sich nach der Pulsfrequenz und der Schweißneigung rich-ten sollte.Während die orale Vergiftung mit Insektiziden einer hohenAtropindosierung bedarf, dürften bei den Nervenkampfstoffenbereits geringere Dosen ausreichen. Als zweites Antidot stehtein Cholinesterasereaktivator, das Obidoxim (Toxogonin®) zurVerfügung, das vorwiegend bei Diethylphosphorsäureester undbei den Nervenkampfstoffen – außer bei Soman – wirksam ist.Die ideale Dosierung besteht in einer Bolusgabe von 250 mgmit einer anschließenden Dauerinfusion von 750 mg in 24 Stun-den. Die cerebralen Krämpfe werden mit einem Benzodiazepin,z. B. Diazepam behandelt. Die Patienten müssen in aller Regeltief sediert und über einen längeren Zeitraum beatmet werden.Die Erythrozyten- Acetylcholinesterase ist ein Marker, nach demdie Therapie gesteuert werden kann, d.h., wenn sie auf 20 %der Norm angestiegen ist, kann die Atropintherapie beendetwerden. Bei der oralen Aufnahme von Alkylphosphaten im Mas-senanfall kann 50 g Aktivkohle zur primären Giftentfernungangewandt werden. Ärztliche und sonstige Helfer benötigeneinen ausreichenden Schutz, wobei Handschuhe bei Insekti-ziden ausreichend sind. Bei Chemiekampfstoffen können diePatienten nur mit Atemschutz gerettet werden.

16. Hautkampfstoffe (Alkylantienvergiftung,Lostvergiftung, Mustardgas)

Schwerwiegende Massenvergiftungen sind beim Einsatz vonKampfstoffen (kriegerische Auseinandersetzungen oder terroris-tische Anschläge) zu erwarten. Da noch große Mengen Haut-kampfstoffe aus den letzten Weltkriegen bei uns lagern, mussmit Arbeitsunfällen bzw. Unfällen bei zufälligem Auffinden vonMunition gerechnet werden. Auch Ostseefischer sind gefährdet,da kampfstoffhaltige Munition in der Ostsee versenkt wurde.

Symptome: S-Lostwirkung: Symptomloses Intervall von 30 Minuten bis 3

CH2CH2 — ClS S-Lost

CH2CH2 — Cl

184

Page 186: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Stunden, danach zunächst schwere Haut- und Schleimhauttoxi-zität, gefolgt von Lungentoxizität aufgrund zerstörter Schleim-haut im Respirationstrakt. Systemische Wirkung aufgrund einerSchädigung der Mitose. Schwere Blutbildungsstörung vorwie-gend des weißen Blutbildes und der Thrombozyten. Bei oralerAufnahme toxische Schädigung der Schleimhaut des Gastro-intestinaltraktes mit blutigen Durchfällen.Wirkung auf der Haut: Bereits ein Tropfen, der 10 �g S-Lostenthält, führt zur Hautrötung mit nachfolgender Blasenbildung.Bei einer Ausdehnung von mehr als 25 % der KOF ist mit einemtödlichen Ausgang zu rechnen. Mit unterschiedlicher Geschwin-digkeit, je nach Dosis in der Regel 3 Stunden nach Kontamina-tion, entwickeln sich mit Flüssigkeit gefüllt Blasen, die Blasenplatzen und hinterlassen eiternde tiefe Geschwüre. Wirkung auf das Auge: Am besten lässt sich die Exposition alsProdukt von Giftkonzentration und Zeit der Exposition beschrei-ben. Ab einer Exposition von 10 mg/m3 x min treten die Wirkun-gen am Auge auf. Nach kurzer Latenz kommt es zu Tränenfluss,Lichtscheu, Reizerscheinungen, Blepharospasmus mit nach-folgender eitriger Konjunktivitis. Es kann zur Corneatrübungkommen, die Cornea kann perforieren. Dies führt zum Verlustder Sehkraft oder des gesamten Augapfels.Wirkung auf den Respirationstrakt: Außer dem direkten Kontaktmit flüssigem S-Lost muss das Einatmen von Dampf als kritischbetrachtet werden. Bei 10° C ist Lost fest. Mit zunehmenderTemperatur steigt die Menge an verdampftem S-Lost stark an.Ab einer Exposition von > 200 mg/m3 x min kommt es zur Wir-kung auf den Respirationstrakt. Die ersten Symptome sindkatarrhalische Beschwerden, Trockenheit im Hals, Hustenreiz,Heiserkeit bis Aphonie, im späteren Verlauf eitrige Bronchitisund herdförmige Bronchopneumonie. Es kommt zur Bildungvon Pseudomembranen in den großen Bronchien, die zu Atem-not und Erstickung infolge Verlegung der Atemwege führenkönnen.

Therapie: Sorgfältige Dekontamination bei optimalem Selbstschutz(Schutzanzug, Schutzhandschuhe, Schutzstiefel, Atemschutz-maske). Das Lost sollte zunächst mit einem saugenden Materialwie z. B. Zellstoff abgetupft werden, hierfür kann auch ein PuderVerwendung finden. Anschließend sollte mit kaltem Wassergespült werden. 0,2 % ige Chloramin T-Lösung frühzeitig äußer-lich eingesetzt, oxidiert das Lost auf der Haut und macht esunschädlich. Natriumthiosulfat in einer Dosis von 500 mg/kg KGi.v. kann, wenn innerhalb von 20 Minuten eingesetzt, dieresorptive Lostwirkung aufheben. Der Einsatz von Steroiden ist

185

Page 187: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

umstritten, eine Antibiotikatherapie ist in jedem Fall indiziert, umeine sich aufpfropfende Infektion zu bekämpfen. Hautschädensind wie Verbrennungsschäden zu behandeln.

17. Lebensmittelvergiftung

Diese entsteht nach Ingestion von Enterotoxinen, die von ver-schiedenen Bakterien in verdorbenen Lebensmittel gebildet wer-den (Staphylococcus aureus, Clostridium perfringens, Clostridiumbotulinum) und nach dem Genuss von Lebensmitteln mit ver-mehrtem Befall durch grammnegative Bakterien (Salmonellen).

Symptome:Staphylokokken-Enterotoxin: 2–4 Std. nach der MahlzeitErbrechen mit Durchfällen, selten Fieber; Kollapsneigung. Salmonellen: Inkubationszeit 8–72 Std. Übelkeit, Erbrechen,kolikartige Bauchkrämpfe, Durchfall, häufig Fieber bis 39° C.

Therapie:Gabe von Kohle, Elektrolyt- und Flüssigkeitssubstitution,Antiemetika. Meldepflicht beachten!

18. Botulismus

Lebensmittelvergiftung durch Toxin von Clostridium botulinumunter anaeroben Bedingungen bei nicht ausreichend erhitzten,in der Regel selbst hergestellten Konserven (Fisch, Fleisch,Gemüse) oder geräuchertem Fleisch. Ist das Toxin für mehr als10 Minuten auf mehr als 100º C erhitzt, so wird es zerstört. 7 unterschiedliche Neurotoxintypen (A-G) sind bekannt. Es han-delt sich um Glykoproteine bestehend aus 2 Polypeptidketten.Die schwere Kette lagert sich spezifisch an den Synapsen derNervenzellen an. Die leichte Kette wird aufgenommen und zer-stört die Transportproteine der Acetylcholinvesikel. Das Botuli-nus-Toxin ist eines der stärksten Gifte, das wir kennen und istbereits im µg-Bereich wirksam. In der Kälte ist das Botulinus-Toxin über Wochen stabil. Anwendung zu Sabotagezweckenerscheint möglich, da es zum bakteriologischen Kampfstoff ent-wickelt wurde.

Symptome:Hemmung der Acetylcholinfreisetzung an vielen cholinergenNervenendigungen. Ausfallerscheinungen vorwiegend im Be-

186

Page 188: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

reich der Hirnnerven einschließlich des Nervus vagus (Parasym-pathikus). Das Neurotoxin A befällt auch die Atemmuskulaturund führt zur Atemlähmung. Das ZNS ist in aller Regel nichtbeteiligt. Die Symptome treten im Allgemeinen erst nach einerLatenz von 12–24 Stunden auf, sie können u. U. über Wochenbestehen bleiben. Das Leitsymptom besteht in Sehstörungen,insbesondere Doppelsehen und Akkomodationsstörungen. DiePupillen sind mydriatisch und reaktionslos, es entsteht einePtose. Im weiteren Verlauf treten Schluckbeschwerden, Spei-chelfluss mit Übergang in eine vollständige Mundtrockenheit,Sprechstörungen, Schlundlähmungen und ein paralytischerIleus auf. Sensibilitätsstörungen und cerebrale Krampfanfällewerden nicht gesehen. Der Tod kann ohne Therapie innerhalbvon 4–10 Tagen auf Grund von einer Aspirationspneumonieoder durch Atemlähmung und Bulbärparalyse auftreten. Untersymptomatischer Therapie ist die Letalität gering.

Therapie: Da beim Auftreten der Symptome das Toxin bereits an und inden Nervenendigungen fixiert ist, kann es nicht mehr neutrali-siert werden. Es steht ein polyvalentes Antitoxin der Fa. Behringfür die Typen A, B, E zur Verfügung, das nur bei sehr frühemEinsatz wirksam ist. Die weitere Therapie besteht in symptoma-tischer Therapie, wie parenteraler- oder Sondenernährung,Infektionsprophylaxe und wenn notwendig kontrollierter Beat-mung. Ein therapeutischer Versuch mit Cholinesterasehemm-stoffen wie z. B. Neostigmin kann gemacht werden. Er verbes-sert in der Regel nur geringfügig die Darmlähmung.

187

Page 189: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Wichtige Adressen und Telefonnummern bei Massenanfallvon Vergiftungen Stand 05/2006

I. AntidotdepotsBerlin14050 BerlinDezentrale Vorratshaltung bei den Berliner Aufnahmekrankenhäusern und bei der Berliner FeuerwehrAuskunft erteilt Giftnotruf BerlinTel.: 030-19240Fax: 030-30686 721

HamburgAntidotdepotFreie Hansestadt HamburgFeuerwehr HamburgWendenstr. 25120537 HamburgTel.: 040-42851-4221Fax: 040-42851-2209

BremenAntidotdepot Zentralkrankenhaus Sankt Jürgen StraßeAnästhesiologie/Apotheke28205 BremenTel.: 0421-497-5465/ 5959/ 5312/ 3875/ 5216Fax: 0421-497-3411/ 3331

Rheinland PfalzGegengiftdepot der Universität MainzLangenfeldstr. 155131 MainzTel.: 06131-19240, 06131-232466Fax: 06131-176605, 06131-232468Transport mit Rettungsdienst 06131-19222 oder Feuerwehr: 06131-338212

BayernGegengiftdepot des Bayerischen Staatsministeriums des Innernan der Technischen Universität München, Klinikum r.d. IsarIsmaninger Str. 2281675 MünchenTel.: 089-19240, 089-4140 2466Fax: 089-4140 2467Transport über Rettungsleitstelle 089-19222 od. 089-112

188

Page 190: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Gegengiftdepot des Bayerischen Staatsministeriums des Innernam Städtischen Klinikum NürnbergProf. Ernst-Nathan-Str. 190419 NürnbergTel.: 0911-398 2451Fax: 0911-398 2205Transport über Rettungsleitstelle 0911-19222 oder 0911-112

Baden WürttembergNotfalldepot „Toxisches Lungenödem“Gehrenbergstr. 788677 Markdorf (Bodensee)Tel.: 07541-19222 (Rettungsleitstelle Friedrichshafen)Fax: 07541-504105(es handelt sich hier um eine Vorhaltung von Budesonid® ca.150 Sprays)

AnmerkungDiese Liste wurde nach eigenen Recherchen erstellt. Dabeiwurden sämtliche Bundesländer angefragt. Nur ein Teil derBundesländer hat auf die Anfrage reagiert.

II. ApothekenGrundsätzlich besteht folgende gesetzliche Regelung: Nach§ 15 der Apothekenbetriebsordnung ist jede Apotheke verpflich-tet eine Bevorratung von Antidoten zu gewährleisten. Zusätzlichhaben sämtliche Landesapothekerkammern Notdepots ange-legt, die über teure, kühl zu lagernde, vorwiegend Immunglobu-line verfügen.Diese Regelung ist zwar auf den individuellen Notfall abge-stimmt, könnte aber beim Massenanfall unter günstigenUmständen hilfreich sein.

Antidote, die von jeder Apotheke nach Anlage 3 (zu § 15 Abs. 1Satz 2) der Apothekenbetriebsordnung zu bevorraten sind:

1. Antidote gegen Intoxikationen und Überdosierungen mit1.1 Opiaten1.2 Cholinesterase-Hemmern1.3 Cyanid1.4 Methämoglobinbildnern

2. Emetika3. Kortikoid, hochdosiert, zur Injektion4. Mittel zur Behandlung von Rauchgasvergiftungen5. Antischaum-Mittel zur Behandlung von Tensid-Intoxikationen6. Medizinische Kohle

189

Page 191: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

7. Tetanus-Impfstoff8. Tetanus-Hyperimmun-Globulin 250 I.E.

Notfalldepots der Landesapothekerkammern nach Anlage 4(zu § 15 Abs. 2) der Apothekenbetriebsordnung

1. Botulismus-Antitoxin vom Pferd2. Diphtherie-Antitoxin vom Pferd3. Schlangengift-Immunserum, polyvalent, Europa4. Tollwut-Impfstoff5. Tollwut-Immunglobulin6. Tetanus-Immunglobulin 2 500 I.E.7. Prothrombinkonzentrat (PPSB)8. Polyvalentes Immunglobulin9. Röteln-Immunglobulin

10. Varizella-Zoster-Immunglobulin11. Hepatitis-B-Immunglobulin

III. Informationsdatenbank für Chemikalien und Abrufbarkeit des Gaschromatographen

MEDITOX Beratungssystem bei der Deutschen Rettungsflug-wacht e.V.Tel.: 0711-701070

TUIS(Internationale Informationszentrale über Chemische StoffeInternational Chemical Environment)BASF AGDU/F-WerkfeuerwehrCarl-Bosch-Straße 12367056 Ludwigshafen/RheinTel.: 0621-6043333Fax: 0621-60-92664

Mobile GC/MS-Analysegeräte

Berufsfeuerwehr Mannheim(luft- und bodengebundener Transport möglich)Tel.: 0621-81081 (Zentrale)

Berufsfeuerwehr Hamburg(luft- und bodengebundener Transport möglich)Tel.: 040-42851-4965 (Lagedienstführung)

190

Page 192: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Berufsfeuerwehr Frankfurt/Main(nur bodengebundener Transport möglich)Tel.: 069-212-72170

Institut der Feuerwehr Sachsen-Anhalt(nur bodengebundener Transport möglich)Tel.: 0171-4466007

IV. Giftinformationszentren in DeutschlandStand 05/2006

Bei allen Vergiftungen sollte, besonders wenn eine genaueZusammensetzung des Giftes und weiteres Vorgehen unklar,umgehend vom behandelnden Arzt über die Rettungsleitstelleeine Informationszentrale für Vergiftungsfälle angerufen werden.

191

Page 193: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Es sollten folgende Angaben gemacht werden:– Alter der verunglückten Person– Art und eventuelle Konzentration des Giftes– Zeitpunkt der Giftaufnahme– eingenommene Menge des Giftes– Anzeichen der Vergiftung– bereits durchgeführte Maßnahmen

Zentren mit durchgehendem 24-Stunden-Dienst – Stand 05/2006In folgenden Krankenanstalten und Kliniken bestehen offizielleInformationszentren für Vergiftungsfälle. Diese Zentren gebenTag und Nacht telefonisch Auskunft. Von diesen Zentren erhal-ten Sie auch Informationen über die nächstgelegenen toxikolo-gischen Laborzentren mit 24-Stunden-Dienst.

13353 BERLINCharité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow KlinikumKlinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin,GiftinformationAugustenburgerplatz 1T-030-450-553555 oder 030-450-53565 F-030-450-553915

13437 BERLINBBGes – Giftnotruf Berlin, Institut für ToxikologieKlinische Toxikologie und Giftnotruf BerlinKarl-Bonhoeffer-Strasse 285T-030-19240 F-030-3068 - 6721

53113 BONNInformationszentrale gegen Vergiftungen, Zentrum für Kinder-heilkunde der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-UniversitätAdenauerallee 119T-0228-287-3211 oder 0228-19240 F-0228-287-3314

99098 ERFURTGemeinsames Giftinformationszentrum der Länder Mecklen-burg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringenc/o Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74T-0361-730-730 oder T-0361-730-7311 F-0361-730-7317

79106 FREIBURGInformationszentrale für Vergiftungen, UniversitätskinderklinikFreiburg, Zentrum für Kinderheilkunde und JugendmedizinMathildenstraße 1T-0761-19 240 (24 Std.-Dienst) oder 0761-270-4300 (Zentrale)F-0761-270-4457

192

Page 194: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

37075 GÖTTINGENGiftinformationszentrum-Nord der Länder Bremen, Hamburg,Niedersachsen und Schleswig Holstein (GIZ-NORD), Georg-August-Universität GöttingenBereich Humanmedizin, Zentrum Pharmakologie u. ToxikologieRobert-Koch-Str. 40T-0551-19240 oder 0551-383-180 F-0551-3831881

66421 HOMBURG / SAARInformations- und Beratungszentrum für VergiftungsfälleUniversitätskliniken, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im LandeskrankenhausRobert-Koch-Straße T-06841-19 240 oder 06841-162-8314 F-06841-16-8314

55131 MAINZKlinische Toxikologie und Beratungsstelle bei Vergiftungen der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen, UniversitätsklinikumLangenbeckstr. 1T-06131-19 240 oder 06131-232466 F-06131-176-605 oder06131-232459

81675 MÜNCHENGiftnotruf München, Toxikologische Abteilung der II. Med. Klinik, Klinikum rechtsder Isar der Technischen Universität MünchenIsmaninger Straße 22T-089-19 240 F-089-4140-2467

Mobiles Gegengift-Depot:Wie Giftnotruf München oder über Berufsfeuerwehr MünchenT.-112 (innerhalb des Ortsnetzes)

90419 NÜRNBERGGiftnotrufzentrale Nürnberg, Medizinische Klinik 2, Klinikum NürnbergLehrstuhl Innere Medizin – Gerontologie, Universität Erlangen-NürnbergProfessor-Ernst-Nathan-Straße 1T-0911-398-2451 oder -2665 F-0911-398-21982

193

Page 195: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

V. Toxikologische Notfallausrüstung

Bei dieser sog. Toxikologischen Notfallausrüstung handelt essich um einen Vorschlag zu Bestückung sämtlicher Notarzt-wagen (im Münchner Bereich ist diese Bestückung vorhanden).

GeräteMagenschlauch 18 mm mit Trichter für Erwachsene GasspürpumpeMagenschlauch 11 mm mit Trichter für Kinder Atem-CO2-RöhrchenSatz Asservatgefäße (2 Becher, 1 Sekretauffangbeutel) Blausäure-Röhrchenleere Augenwaschflasche Vergiftungstabelle1 Kleidersack (zum Asservieren Legende (Tox. Notfall-

gasverseuchter Kleidung) ausrüstung)

ALKYLPHOSPHATE-NotfallpäckchenAntidot Menge Gifte DosisATROPIN® 1% Lösung 2x50 ml Alkylphosphate 5-100 mg i.v.TOXOGONIN®, Amp. zu 250 mg 4 Amp. Alkylphosphate 4 mg/kg KG i.v.

BLAUSÄURE-NotfallpäckchenAntidot Menge Gifte Dosis4-DMAP®, Amp. zu 250 mg 5 Amp. Zyanide 3-4 mg/kg KG i.v.NATRIUMTHIOSULFAT®10% 250 ml Zyanide 100 ml/kg KGlangsam i.v.

AMPULLEN-ANTIDOTAAntidot Menge Gifte DosisAKINETON® 2 Amp. Neuroleptika 5 mg i.v.ANEXATE® 2 Amp. Benzodiazepine 0,5 mg i.v.ANTICHOLIUM® 2 Amp. Atropin 1-2 mg i.v.DIAZEPAM® 10 Amp. Chloroquin 1-2 mg/kg KG i.v.SOLOSIN®0,42 2 Inf.Fl. Reizgase 5 mg/kg KG i.v.über 30 Min.ETHANOL 96% 50 ml Methanol 0,7 ml/kg KG

ÄthylenglykolNARCANTI® 5 Amp. Opiate 0,4-0,8 mg i.v.SOLU-DECORTIN H® 250 mg 3 Amp. Reizgase 250-750 mg i.v.TOLUIDINBLAU® 2 Amp. Methämoglobin- 2-4 mg/kg KG i.v.

bildner

SONSTIGE ANTIDOTAAntidot Menge DosisAUXILOSON®-Spray 5 Stück 2 Hübe alle 5 Min.KOHLE-Kompretten® 2x50 Stück 50 KomprettenNATRIUMSULFAT 50g 1-2 ELPOLYETHYLENGYLKOL® 100 ml n. Bedarf zur äußerl. Anwend.SAB SIMPLEX® 1 Flasche 1-2 TLSIRUP IPECACUANHAE® 2 Flaschen 10-30 ml

194

Page 196: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

195

ORGAN-SYSTEM OHNE -0- LEICHT -1- MITTEL -2- SCHWER -3-keine leichte von selbst deutliche oder schwere oderSymptome abklingende Symptomatik länger anhaltende Symptomatik lebensbedrohliche Symptomatik

Gastrointestinaltrakt Erbrechen (gelegentlich) Erbrechen (anhaltend) massives ErbrechenDurchfall (gelegentlich) Durchfall (anhaltend) BlutungSchmerzen (gering) Schmerzen heftig oder anhaltend PerforationReizung (gering) Verätzungen I° an kritischen (gefährlichen) Stellen multilokuläre zweit- und drittgradige Verätzungengeringe Ulceration im Mund Verätzungen II° schwere DysphagieVerätzungen I° Verätzungen III° auf wenige Stellen beschränkt Endoskopie:Endoskopie: Dysphagie Transmurale Ulcerationen,Rötung Endoskopie: Läsionen, die ganze Zirkumferenz betreffend,Ödem transmucöse Ulcerationen Perforationen

Respirationstrakt leichte Reizerscheinungen anhaltender Husten Manifeste respiratorische InsuffizienzHusten (gering) Bronchospastik (auf Grund von z.B. schwerer Bronchospastik;Dyspnoe (gering) Dyspnoe Obstruktion der Atemwege, Glottisödem,Bronchospastik Stridor Lungenödem, ARDS, Pneumonie, Pneumonitis,Thorax-Röntgen; Hypoxämie (Sauerstoff-pflichtig) Pneumothorax)pathologisch ohne oder nur mit Thorax-Röntgen: Thorax-Röntgen:geringen klinischen Symptomen pathologisch mit deutlich klinischen Symptomen pathologisch mit schweren klinischen Symptomen

Nervensystem Ataxie Koma mit gerichteten Reaktionen auf Schmerz tiefes Koma ohne Reaktionen auf SchmerzSomnolenz kurzanhaltende Apnoe, Bradypnoe bzw. ungezielte oder pathologische Reaktion auf SchmerzBenommenheit Verwirrtheit, Agitiertheit Atemdepression mit AteminsuffizienzSchwindel Halluzinationen schwerste AgitiertheitOhrgeräusch Delir häufig generalisierte KrampfanfälleUnruhe deutliche extrapyramidalmotorische Symptomatik Status epilepticusleichte extrapyramidalmotorisches Symptomatik deutliche cholinerge/anticholinerge Symptomatik Opisthotonusleichte cholinerge/anticholinerge Symptomatik regional begrenzte Lähmungserscheinungen generalisierte Lähmungserscheinungen oderParästhesien ohne Beeinträchtigung vitaler Funktionen Lähmungerscheinungen wodurch vitale Funktionen

beeinträchtigt werdenleichte Störungen der Sehens bzw. Hörens Störungen des Sehens bzw. Hörens Blindheit und Taubheit

VI. Poison Severity Score (PSS)

Page 197: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

196 ORGAN-SYSTEM OHNE -0- LEICHT -1- MITTEL -2- SCHWER -3-keine leichte von selbst deutliche oder schwere oderSymptome abklingende Symptomatik länger anhaltende Symptomatik lebensbedrohliche Symptomatik

Kardiovaskuläres vereinzelte Extrasystolen Sinusbradykardie (40-50 min-1) ausgeprägte Sinusbradykardie ( < 40 min-1)System leicht und kurzdauerende Hypo-/Hypertonie Sinustachykardie (140-180 min-1) ausgeprägte Sinustachykardie ( > 180 min-1)

gehäufte Extrasystolen lebenbedrohliche ventrikuläre DysrhythmienVorhofflimmern/-flattern AV-Block III°AV-Block I°-II° Asystolieverbreiteter QRS Komplex Schockverlängertes QT Intervall hypertensive KriseRepolarisationsstörungen (Ischämiezeichen) MyokardinfarktHypo-/Hypertonie

Örtliche Reaktionen lokale Schwellung regionale Schwellung, die ganzen Extremitäten stärkste Schwellung die gesamte Extremitäten Juckreiz betreffend und auch angrenzende Teile des und angrenzende Regionen umfassend Schmerzen Stammes Schmerzen

Glottisödem oder Schwellung mit Verlegung der Atemwege

Metabolische leichte Störungen des Säure-, Basen- und Störungen im Säure- Basen- und schwere Störungen im Säure-, Basen-Störungen Wasserelektrolythaushaltes: Wasserelektrolythaushalt: Wasserelektrolythaushalt:

Azidose: HCO3- 15 – 20 mmol/l Azidose: HCO3

- 10 - 14 mmol/l Azidose: HCO3- < 10 mmol/l

pH 7,25 - 7,32 pH 7,15 - 7,24 pH > 7,15Alkalose: HCO3

- 30,0 - 40,0 mmol/l Alkalose: HCO3- > 40 mmol/l Alkalose: HCO3

- > 40 mmol/lpH 7,50 - 7,59 pH 7,60 - 7,69 pH > 7,7

K+: 3,0 - 3,4 mmol/l K+: 2,5 - 2,9 mmol/l K+: < 2,5 mmol/l5,2 - 5,9 mmol/l 6,0 - 6,9 mmol/l > 7,0 mmol/l

leichte Hypoglykämie: 50 - 70 mg/dl Hypoglykämie: 30 - 50 mg/dl schwere Hypoglykämie: < 30 g/dl2,8 - 3,9 mmol/l 1,7 - 2,8 mmol/l < 1,7 mmol/l

kurze Hyperthermie länger andauernde Hyperthermie lebensbedrohliche Hyperthermie

Leber geringer Transaminasenanstieg Anstieg der Transaminasen 5 - 50 x der Norm Transaminasenanstieg (> 50 x der Norm)(GOT, GPT bis 2 - 5 x der Norm) ohne biochemische oder klinische Zeichen für oder biochemische Zeichen (NH3 hh Gerinnungs

Leberversagen störungen) oder klinische Zeichen für Leberversagen

Page 198: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

197

ORGAN-SYSTEM OHNE -0- LEICHT -1- MITTEL -2- SCHWER -3-keine leichte von selbst deutliche oder schwere oderSymptome abklingende Symptomatik länger anhaltende Symptomatik lebensbedrohliche Symptomatik

Niere geringgradige Proteinurie ausgeprägte Hämaturie Nierenversagen (Anurie und S-Kreatinin > 500 µmol/l)Hämaturie Niereninsuffizienz (Oligurie bzw. Polyurie und

S-Kreatinin 200-500 µmol/l)

Blut leichte Hämolyse Hämolyse ausgeprägte Hämolyseleichte Methämoglobinämie (10 - 30 %) Methämoglobinämie (30 - 50 %) schwere Methämoglobinämie (> 50%)

Anämie Gerinnungsstörung mit BlutungLeukopenie schwere LeukopenieThrombozytopenie schwere ThromozytopenieGerinnungsstörung ohne Blutung schwere Anämie

Muskelsystem Muskelverspannungen Schmerzen stärkste Schmerzenleichter Muskelschmerz Rigor ausgeprägter RigorCPK 250 - 1500 U/L Krämpfe schwerste Muskelkrämpfe oder Muskelfaszikulieren

Faszikulieren Rhabdomyolysis mit KomplikationenRhabdomyolysis CPK > 10000 IU/LCPK 1500-10000 IU/L Kompartmentsyndrom

Hautreaktionen Reizerscheinungen Verätzungen II° bei 10-50 % der KOF Verätzungen II° > 50% der KOFVerätzungen I° (Rötung) (Kinder 10-30 % d. KOF) (Kinder: > 30 % der KOF)Verätzungen II° < 10% der KOF Verätzungen III° < 2% der KOF Verätzungen III° > 2% der KOF

Örtliche Reaktion Reizung starke Reizung Hornhautulceration (größerflächig)am Auge Rötung Hornhautabschilferung Perforation

Tränen geringe punktartige Hornhautulceration Dauerschadenleichtes Lidödem

Page 199: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Literatur:

1. Albrecht, K.: Intensivtherapie akuter Vergiftungen, UllsteinMosby, Berlin, Wiesbaden 1997

2. Buff, K.; Greim, H.: Abschätzung der gesundheitlichen Fol-gen von Großbränden. In: Bundesamt für Zivilschutz (Hrsg.):Zivilschutz-Forschung. Schriftenreihe der Schutzkommissi-on beim Bundesminister des Innern, Band 25, Bonn, 1997

3. Ellenhorn, M. J.: Ellenhorn`s Medical Toxicology: Diagnosisand Treatment of Human Poisoning, 2nd ed., Williams & Wil-kins, Baltimore 1997

4. Haddad, L. M.; Winchester, J. F.: Clinical management ofpoisoning and drug overdose, 2nd ed., W. B. SaundersCompany, Philadelphia 1990

5. Jaeger, A.; Vale, A.: Intoxications aigues, Elsevier, Paris,1999

6. Marquardt, H.; Schäfer, S. G.: Lehrbuch der Toxikologie, BI-Wissenschafts-Verlag, Mannheim, Leipzig; Wien; Zürich,1994

7. Matz, G.: Untersuchung der Praxisanforderung an die Analy-tik bei der Bekämpfung großer Chemieunfälle. In: Bundes-amt für Zivilschutz (Hrsg.): Zivilschutz-Forschung. Schriften-reihe der Schutzkommission beim Bundesminister desInnern, Band 30, Bonn,1998

8. Mühlendahl von, K. E. u. a.: Vergiftungen im Kindesalter, 3.Aufl., Ferdinand Enke, Stuttgart, 1995

9. Organisation for Economic Co-Operation and Development.Environment Monograph No. 81. Health Aspects of Chemi-cal Accidents. Guidance on Chemical Accident Awareness,Preparedness and Response for Health Professionals andEmergency Responders, Paris, 1994

10. Persson, H. E. u. a.: Poison Severity Score. Grading of AcutePoisoning, In: J Toxicol Clin Toxicol, 1998, S. 205 – 213

11. Roth, L.: Chemie-Brände und Vorsorgemaßnahmen, eco-med, Landsberg / Lech,1989

12. Sidell, F. R. u. a.: Medical Aspects of Chemical and Biologi-cal Warfare, Washington, D.C.: Borden Institute, WalterReed Army Medical Center; Falls Church, Va.: Office of theSurgeon General, United States Army; Fort Sam Houston,Tex.: United States Army Medical Department Center andSchool; Fort Detrick, Frederick, Md.: United States ArmyMedical Research and Material Command; Bethesda, Md.:Uniformed Services University of Health Sciences, 1997

198

Page 200: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

14. Dekontamination und Behandlungvon Verletzten vor Ort und im Kranken-haus bei chemischen Gefahrenlagen

B. Domres

Es gibt 11 Millionen Chemikalien, davon werden regelmäßig70.000 verschiedene Substanzen jährlich weltweit in einerMenge von ca. 500 Millionen Tonnen produziert, transportiertund verwendet. Eine Kontamination mit chemischen Schadstof-fen kann als Folge eines Unfalls nach ungewollter Freisetzungtoxischer Chemikalien auftreten. Auch besteht das Risiko, dasschemische Kampfstoffe von kriminellen Banden und Terroristeneingesetzt werden, da die Herstellung einfach ist, und die dazunotwendigen Ausgangsstoffe relativ leicht beschafft werdenkönnen. Von den 70.000 chemischen Substanzen wurden seitdem Jahr 1900 70 verschiedene Substanzen von militärischerSeite im Krieg und von Terroristen eingesetzt.

Ein effektives Konzept zur Dekontamination sowohl am Scha-densort als auch vor der stationären Aufnahme ins Krankenhausist zu fordern. Dieses basiert auf den 460 Dekon-P-Einheiten,die vom Bund nach einem Schlüssel von einer Einheit pro180.000 Einwohner den Feuerwehren überstellt wurden. Diesefür die Dekontamination des in Schutzkleidung arbeitendenPersonals der FW beschafften Dekon-P-Einheiten sind sowohlfeuerwehrtechnisch als auch notfallmedizinisch (z. B. Schaufel-tragen) aufzurüsten und zu ergänzen, dass damit auch kontami-nierte Verletzte der Zivilbevölkerung dekontaminiert werdenkönnen.

Nach einem Zwischenfall mit chemischen Gefahrstoffen mussman grundsätzlich davon ausgehen, dass alle Personen, diesich im Gefahrenbereich aufgehalten haben, kontaminiert sind.Daher ist eine Dekontamination aller Betroffenen mit anschlie-ßendem Kontaminationsnachweis unerlässlich. Dies erforderteinen großen Aufwand an Personal und Material und Zeit. DieBeschaffung von bereits entwickelten Geräten zur Detektionvon Personen (GDA, mobiler GC-MS) ist hier zu fordern. Sokönnte sichergestellt werden, dass nur Kontaminierte dieDekontamination durchlaufen und nur Dekontaminierte demregulären Rettungsdienst im weißen Bereich übergeben werdenohne Gefahr der Sekundärkontamination. Die Dekontaminationmuss zum Schutz der Betroffenen so rasch als möglich vor Ortgeschehen aus folgenden Gründen:

199

Page 201: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

1) Eine Einwirkung von Chemikalien auf den menschlichenKörper kann bei Verzögerung der Dekontamination zu weite-ren Schäden des Patienten führen.

2) Einsatzkräfte, die in Kontakt mit den Kontaminierten kom-men, müssen vor der Chemikalie geschützt werden.

3) Nachfolgende medizinische Versorgungseinheiten wie Kran-kenhäuser und Behandlungsplätze müssen frei von jeglicherKontamination gehalten werden, da ansonsten die weitereVersorgung von Gefährdeten, Erkrankten und Verletztenmassiv beeinträchtigt werden kann.

4) Insgesamt muss gefolgert werden, dass eine Verschleppungder Kontamination schwerwiegende Einflüsse auf die ret-tungsdienstliche sowie medizinische Infrastruktur und das„Outcome“ der Verletzten haben kann.

Wie der Terroranschlag mit dem Nervengift Sarin der Aum Sektein Tokio 1995 zeigte, werden Krankenhäuser aufgrund unterlas-sener Dekontamination handlungsunfähig. Infolge des Abga-sens der giftigen, flüchtigen Substanzen, die von den Betroffe-nen ausgehen, wird das Krankenhauspersonal gefährdet undarbeitsunfähig.

Die nicht vorhandene Ausrüstung bzw. Planung für ein solchesEreignis führte sekundär zu zahlreichen Problemen in der Not-fallbehandlung. Die Triage wurde in einer Halle mit unzureichen-der Entlüftung durchgeführt und Patienten wurden primär nichtentkleidet (als erste „Maßnahme“ der Dekontamintion).

Als „lessons learned“ aus dem Giftgasanschlag gelten die fol-genden Erkenntnisse:

– Nach Möglichkeit immer eine Vor-Ort-Dekontaminationdurchführen

– Dekontaminationssysteme müssen also vorgehalten werden– Schutzausrüstung (PSA) für Einsatzkräfte muß vorgehalten

werden– Krankenhäuser mit Dekontaminationseinheit ausstatten.– Unterrichtung, Einweisung und in Übunghalten des Perso-

nals der FW, des RD und der Krankenhäuser. In einemStufenplan sollte im Krankenhaus vordringlich das Personaldes Schockraums unterrichtet werden. Das so geschultePersonal kann dann bei einem MANV kontaminierter Verletz-ter die vor dem Krankenhaus von der FW und dem RD zubetreibende Dekoneinheit ergänzen. Auch für den Fall einesUnfalls mit nur 1–5 Verletzten wäre das Personal des Kran-kenhauses gerüstet.

200

Page 202: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Folgender Ablauf von Arbeitsschritten der Dekontaminationwird empfohlen:

Registratur, Entkleidung, Sichtung, Spotdekontamination desGesichtes, der Körperregionen für invasive Zugänge und derWunden, Abdeckung der Wunden mittels wasserdichter Folien,Antidotgabe, lebensrettende Sofortmaßnahmen (basic lifesupport), Ganzkörper-Dekontamination (1 min Duschen, 2 minEinschäumen, 3 min Duschen), Detektion bzw. Kontaminations-nachweis, stationäre Aufnahme, diagnostische und therapeuti-sche Maßnahmen, Wundversorgung und operative Behandlung.Als Ausnahme der Ganzkörper-Dekontamination mit Schaumund Wasser gelten die Kontamination mit korrosiven Kampf-stoffen wie Senfgas und Mustard, wo es zur Schädigung derHaut in Form von Blasenbildung kommt. Hier ist eine Trocken-Dekontamination mit Pulver z. B. folgender Zusammensetzungvorzunehmen:– Polystyrene– Natriumhypochlorit– Kohle oder harzartige Grundsubstanz

Personalbedarf für die Erstbehandlung und Dekontamination80 Einsatzkräfte, ausgerüstet mit Chemieschutzanzügen undAtemschutz, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes sindnötig, um 50 Verletzte (davon 10 Schwerverletzte) innerhalb von90 Minuten notfallmedizinisch zu behandeln und zu dekontami-nieren.

Operative Versorgung kontaminierter WundenVor allem die beiden folgenden Stoffklassen verursachen einelebensbedrohende Wirkung in Wunden:Blasenbildendes Mustard wird innerhalb weniger Minuten resor-biert, reagiert mit Gewebe- und Blutkomponenten und verur-sacht dann eine Gewebsnekrose.Nervengifte wirken durch ihre rapide Bindung an das EnzymAcetylcholinesterase. Aufgrund der raschen Resorption undhohen Toxizität (ein Bruchteil eines Tropfens ist die letale Dosis)gelangen diese Verletzte kaum mehr lebend in ein Krankenhaus.Nur das Nervengift VX wird nicht ganz so schnell resorbiert undfindet sich noch längere Zeit in den Wunden dieser so Verletz-ten.Cyanide sind sehr flüchtig, sodass sie als Flüssigkeit sich nursehr kurze Zeit in Wunden halten.Nervengifte in Form eingedickter Substanzen machen besonde-re Vorsichtsmaßnahmen gegen Abgasung und zum Schutz desPersonals erforderlich.

201

Page 203: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Die Abgasung geht nur von in den Wunden inkorporiertenFremdkörpern aus, und ihre Wirkung ist geringgradig. Dahersind keine zusätzlichen Maßnahmen wie z. B. Atemschutzmas-ken für das OP-Personal notwendig.Die Hauptgefahr resultiert aus dem direkten Hautkontakt undder Kontamination auch kleinster, banaler Oberflächenläsionender Haut, die selbst unbemerkt während der Operation auftretenkönnen. Um dies zu vermeiden, sind grundsätzlich zwei Vor-sichtsmaßnahmen unerlässlich:

1. Doppelte Handschuhe: Die 2 Paar Handschuhe sind nach jeweils 20 min zu wech-seln entsprechend der Dichtigkeitszeit von 20 min.

2. „No touch technique“:Wunden dürfen nur instrumentell exploriert werden undunter keinen Umständen mit den Fingern ausgetastet wer-den.

Literatur

1. Bundesministerium des Innern (2003): „Katastrophenmedi-zin – Leitfaden für die ärztliche Versorgung im Katastrophen-fall“

2. Burgess, J. L., Kirk, M. et al. (1999). "Emergency departmenthazardous materials protocol for contaminated patients."Ann Emerg Med 34(2): 205-12

3. Kirk, M. A., Cisek, J. et al. (1994). "Emergency departmentresponse to hazardous materials incidents." Emerg Med ClinNorth Am 12(2): 461-81

4. Domres B., Manger A., Brockmann S., Wenke R.: Aufbauund Ablauf der Dekontamination und Notfallversorgung Ver-letzter bei Zwischenfällen mit chemischen Gefahrstoffen.Bundesministerium des Innern Auftrags-Nr. 1008/00/1 - X A2, Zivilschutzforschung: Band 56, 2005

5. Okumura, T., Suzuki, K. et al. (1998). "The Tokyo subwaysarin attack: disaster management, Part 2: Hospital re-sponse." Acad Emerg Med 5(6): 618-24

6. Okumura, T., Suzuki, K. et al. (1998). "The Tokyo subwaysarin attack: disaster management, Part 1: Communityemergency response." Acad Emerg Med 5(6):613-617

7. Thanabalasingham, T., Beckett, M. W. et al. (1991). "Hospitalresponse to a chemical incident: report on casualties of anethyldichlorosilane spill." BMJ 302(6768): 101-2

202

Page 204: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

8. Tur-Kaspa, I., Lev, E. I. et al. (1999). "Preparing hospitals fortoxicological mass casualties events." Crit Care Med 27(5):1004-8

9. US Army Medical Research Institute of Chemical Defense(2000): “Medical Management of chemical casualties”

10. US Army Medical Research Institute of Chemical Defense(2000): “Field Management of chemical casualties”

11. US Army (2001): “The medical NBC-Battlebook”

12. US Army, Zajtuk, R. (1997): “Textbook of military medicine”

203

Page 205: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

15. Seuchenhygiene und -bekämpfung

J. Knobloch, E.-J. Finke, B. Domres

Infektionskrankheiten können infolge von Katastrophen gehäuftauftreten oder durch epidemische Ausbreitung selbst zur Kata-strophe werden. Gegenwärtig müssen aus katastrophenmedizi-nischer Sicht etwa 50 Infektionserreger berücksichtigt werden,die im Rahmen von natürlichen Übertragungen oder durchgezielte bioterroristische, kriminelle oder militärische Kontami-nation Seuchen (Epidemien) verursachen können.

1. Gemeinsame Leitsymptome im Seuchenfall

Das gehäufte Auftreten von bestimmten gleichartigen Sympto-men weist auf eine Epidemie hin. Solche bedeutsamen Leit-symptome sind – Fieber– Durchfall– Nervenschäden– BlutungsneigungUnter Berücksichtigung von epidemiologischen Gemeinsamkei-ten in der betroffenen Population kann so die Differenzialdia-gnose meistens rasch eingeengt werden. Üblicherweise kannbei systemischen Infektionskrankheiten mit Inkubationszeitenvon 1 bis 21 Tagen gerechnet werden. Einige Infektionen kön-nen auch erst nach Jahren symptomatisch werden wie Melioi-dose, Histoplasmose, Malaria tertiana und Malaria quartana.

1.1 FieberFieber ist ein vieldeutiges Symptom. Hilfreich für die Differenzi-aldiagnose von fieberhaften Infektionen sind zusätzliche klini-sche Befunde wie Hautausschläge (Exantheme), Rachenrötung,Milzvergrößerung (Splenomegalie) und Lymphknotenschwel-lung, orientierende Laborbefunde wie Blutbild, BSG (Blutkörper-chen-Senkungsgeschwindigkeit), CRP (C-reaktives Protein) undleberspezifische Enzyme sowie Hinweise auf Läsionen in inne-ren Organen mit Hilfe der bildgebenden Diagnostik. Virustypi-sche Blutbildveränderungen sind Thrombozytopenie (Verminde-rung der Blutplättchenkonzentration) und vermehrt aktivierteLymphozyten. Eine Leukozytose mit Linksverschiebung (Ver-mehrung der weißen Blutkörperchen, insbesondere auch vonjugendlichen Zellformen) weist auf eine bakterielle Allgemeinin-fektion hin. Hohe CRP-Werte sprechen eher für eine bakterielle,

204

Page 206: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

nur mäßig erhöhte eher für eine Virusinfektion. Die leberspezifi-schen Enzymwerte im Serum (z.B. GOT und GPT) sind bei denmeisten systemischen viralen, bakteriellen, parasitären und Pilz-bedingten Infektionen mäßig erhöht. Sehr hohe Werte (GPT >GOT) findet man typischerweise z.B. bei der Hepatitis A und derHepatitis E sowie (GOT > GPT) beim viralen hämorrhagischenFieber. Schwere Krankheiten ohne labortechnische Entzün-dungszeichen und ohne Splenomegalie sprechen eher für eineVergiftung (Intoxikation), wobei die Gifte (Toxine) allerdings auchvon Mikroorganismen, insbesondere Bakterien wie Clostridiumsp., stammen können. Zu Beginn ähneln sich alle fieberhaftenErkrankungen, sodass insbesondere keine Prognose hinsicht-lich der Sterberate der Erkrankten (Letalität) gestellt werdenkann. Im Einzel- wie im Seuchenfall ist daher eine Frühdiagnoseanzustreben, um insbesondere gezielt behandlungsbedürftigeoder absonderungspflichtige Patienten schnellstmöglich zuidentifizieren. Im Einzelnen kommen folgende fieberhafte Infek-tionskrankheiten als seuchenfähig infrage (alphabetisch):

1.1.1 Affenpocken(Erreger: Affenpockenvirus, monkeypox virus, möglicher biologi-scher Kampfstoff) kommen im tropischen Regenwald Zentral-und Westafrikas vor. Eine direkte Übertragung von Mensch zuMensch auf dem Luftweg ist möglich. Typisch ist eine pocken-artige Hautbläschenbildung. Der Erregernachweis gelingt mitBläscheninhalt. Die Prophylaxe mit Pockenimpfstoffen ist effek-tiv.

1.1.2 Brucellose(Erreger: Brucella melitensis, möglicher biologischer Kampfstoff)ist weltweit verbreitet. Man infiziert sich über Schleimhaut- oderWundkontakt mit infizierten Nutztieren und deren Produkte wieUrin, Kot, Milch und Käse. Typisch sind grippeartige Symptomeund ein wellenförmiger Fieberverlauf. Der Bakteriennachweisgelingt mit Blut oder Knochenmark und indirekt durch spezifi-sche Serumantikörper. Die Therapie ist antibiotisch: Doxycyclin+ Rifampicin, Doxycyclin + Streptomycin oder Azithromycin.Nach Kontakt mit nachgewiesenermaßen infizierten Tieren kanneine postexpositionelle Chemoprophylaxe mit Doxycyclin +Rifampicin durchgeführt werden. Impfstoffe für Menschen undTiere sind regional verfügbar und in der Weiterentwicklung.

1.1.3 Chikungunya(Erreger: Chikungunya-Virus, chikungunya virus, möglicherbiologischer Kampfstoff) ist verbreitet in Afrika und Asien undwird durch verschiedene Stechmückenarten übertragen. Es

205

Page 207: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

entwickelt sich eine akute, grippeartige Erkrankung mit heftigenGliederschmerzen und einem rötlichen, fleckförmigen, jucken-den Exanthem. Der Erregernachweis gelingt mit Blut oder durchNachweis spezifischer Serumantikörper. Die Therapie ist symp-tomatisch.

1.1.4 Dengue, Dengue-Fieber(Erreger: Dengue-Virus 1-4, dengue virus 1-4, möglicher biologi-scher Kampfstoff) ist weltweit in den Tropen und Subtropen ver-breitet und wird durch Stechmücken (Aedes spp.) übertragen.Die Krankheit verläuft akut grippeartig mit Gliederschmerzenund rötlichem Exanthem. Komplizierte Verläufe mit Kreislauf-schock, Blutungsneigung und Enzephalitis sind möglich. DerErregernachweis gelingt mit Blut oder durch Nachweis spezifi-scher IgM- und IgG-Serumantikörper. Die Therapie ist symp-tomatisch. Impfstoffe sind in der Erprobung.

1.1.5 Diphtherie(Erreger: Corynebacterium diphtheriae) ist weltweit verbreitet,hauptsächlich in Ländern mit mangelhafter Durchimpfungsrate.Die Bakterien werden durch Tröpfcheninfektion übertragen. DieErkrankung verläuft akut mit schmerzhafter Rachenentzündungund nachfolgender Ausbildung von gräulichen, nicht wegwisch-baren Belägen (Pseudomembranen), beginnend meist auf denTonsillen, danach Ausbreitung auf den gesamten Nasen-Rachenraum, bei kompliziertem Verlauf Erstickungstod in derakuten Phase oder toxische Herz-, Nieren- und Nervenschäden,auch noch Wochen nach Beginn der Symptomatik. Auch Haut-diphtherie mit schmerzhaften, gräulich belegten Geschwüren istmöglich. Der Bakteriennachweis gelingt mit Rachen- oderWundabstrichen, der zusätzliche Toxinnachweis ist erforderlich.Die spezielle Therapie wird mit Diphtherie-Antitoxin + Penicillinoder + Erythromycin durchgeführt. Die Impfung ist gut wirksam.Zudem kann eine postexpositionelle Chemoprophylaxe mitPenicillin oder Erythromycin bei ungeimpften Kontaktpersonendurchgeführt werden.

1.1.6 Fleckfieber(Erreger: Rickettsia prowazekii, möglicher biologischer Kampf-stoff) ist weltweit verbreitet, hauptsächlich in gemäßigten Klima-zonen von Entwicklungsländern. Es handelt sich um eine typi-sche Kriegs-, Lager- und Gefängnisseuche. Sie wird durchLäuse übertragen. Es entwickelt sich ein akutes Krankheitsbildmit starken Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und sichzentrifugal ausbreitendem Exanthem. Komplizierte Verläufe mitEintrübung, Blutungsneigung sowie Finger- und Zehenbrand

206

Page 208: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

(Gangrän) sind möglich. Spätrückfälle können noch nach Jahrenauftreten: Brill-Zinsser-Krankheit. Der Nachweis wird vorzugs-weise durch spezifische IgM- und IgG-Serumantikörper geführt.Die antibiotische Therapie wird mit Doxycyclin, Tetracyclin,Chloramphenicol oder Ciprofloxacin durchgeführt. Ein inakti-vierter Impfstoff ist regional verfügbar. Die postexpositionelleChemoprophylaxe mit Doxycyclin oder Ciprofloxacin ist wahr-scheinlich wirksam.

1.1.7 Hepatitis A (Erreger: Hepatitis A-Virus, HAV, hepatitis A virus) ist weltweitverbreitet und wird fäkal-oral übertragen über kontaminierteNahrungsmittel, selten direkt von Mensch zu Mensch. DieKrankheit verläuft im Kindesalter meist asymptomatisch, beimErwachsenen besteht üblicherweise ein biphasisches Krank-heitsbild mit Fieber und Allgemeinbeschwerden in der 1.Woche, Gelbsucht (Ikterus) ab der 2. Woche. Die leberspezifi-schen Enzymwerte im Serum sind stark erhöht (GPT-Wert höherals der GOT-Wert). Der Nachweis wird üblicherweise durch spe-zifische IgM- und IgG-Serumantikörper geführt. Die Therapie istsymptomatisch. Aktive und passive Impfungen sind gut wirk-sam.

1.1.8 Hepatitis E (Erreger: Hepatitis E-Virus, HEV, hepatitis E virus) ist weltweit,überwiegend in tropischen Entwicklungsländern, verbreitet undwird fäkal-oral, überwiegend durch Lebensmittel und Trinkwas-ser, selten direkt von Mensch zu Mensch, übertragen. Es ent-wickelt sich eine akute Erkrankung mit Ikterus (Gelbsucht), dieleberspezifischen Enzymwerte im Serum sind stark erhöht(GPT-Wert höher als der GOT-Wert). Gegen Ende der Schwan-gerschaft verläuft die Krankheit besonders schwer. Die Therapieist symptomatisch. Impfstoffe sind in der Entwicklung.

1.1.9 Histoplasmose(Erreger: Histoplasma capsulatum, möglicher biologischer Kampf-stoff) ist herdförmig verbreitet in Amerika, Afrika, Indonesien,Australien, Europa und in der Karibik und wird fast ausschließ-lich durch Einatmen von Pilzsporen aus dem Erdreich übertra-gen. Der Verlauf ist schleichend chronisch oder auch akutmit wechselnden Allgemeinsymptomen, Brustschmerzen undHusten, gelegentlich auch mit einem rötlichen Hautausschlag(Erythema nodosum oder Erythema multiforme). Typisch ist eineTuberkulose-ähnliche Lungenentzündung. Schwere Verläufesowie Erst- und Reaktivierungen früherer Infektionen nach Jah-ren sind typisch für erworbene Immundefekte (Aids-definieren-

207

Page 209: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

de Erkrankung). Bei der afrikanischen Form ist weniger dieLunge als Haut und Knochen mit Geschwülsten, Geschwürenund eitrigen Einschmelzungen beteiligt. Der Nachweis wirdbevorzugt durch molekularbiologische Methoden wie PCR(Polymerase-Kettenreaktion) mit Sputum, Blut, Knochenmarkoder Organpunktaten geführt. Antimykotisch sind Itraconazolund Ketoconazol wirksam. Bei Immundefekt wird die postexpo-sitionelle und Rezidiv-Chemoprophylaxe nach Erkrankung mitItraconazol empfohlen.

1.1.10 Influenza, Grippe, Virusgrippe (Erreger: Influenza A-, B-, C-Virus, influenza A, B, C virus, mög-liche biologische Kampfstoffe) ist weltweit verbreitet. InfluenzaA- und B-Viren verändern häufig ihre für die Empfänglichkeitund Immunität des Wirtes wesentlichen Moleküle (Hämaggluti-nin-Glykoprotein, H, und Neuraminidase-Glykoprotein, N), wasbei der Impfstoffherstellung berücksichtigt werden muss. DieViren werden durch Tröpfcheninfektion übertragen und sindhoch infektiös. Influenza-Pandemien (weltweite Epidemien) mithoher Erkrankungs- und Sterberate, wie die sog. SpanischeGrippe von 1918 mit 30 bis 50 Mio. Toten, traten bisher inAbständen von 11–40 Jahren auf. Die Erkrankung verläuft akutmit Hals-, Kopf- und Gliederschmerzen sowie trockenem Reiz-husten. Komplizierte Verläufe mit Kreislaufschock, Blutungs-neigung, Lungen- und Herzmuskelentzündung (Pneumonie undMyokarditis) sowie Schäden im Bereich des zentralen Nerven-systems (ZNS) wie im Verlauf einer Enzephalitis sind möglich.Der Erreger wird kulturell, immundiagnostisch oder molekular-biologisch im Rachenabstrich, Sputum oder Blut nachgewiesen.Die Therapie ist symptomatisch, Antibiotika werden nur beiImmundefekt gegeben. Bei Influenza A-Epidemien ist zu Beginnder Erkrankung Amantadin (auch postexpositionell für Kontakt-personen geeignet), bei Influenza A- und B-Epidemien Zanami-vir als spezifisches Virustatikum hilfreich. Die Impfung ist gut,aber nicht sehr gut wirksam. Optimierte Impfstoffe sind in derZulassung. Bei Einsätzen in der südlichen Hemisphäre ist mög-licherweise eine modifizierte Impfstoffzusammensetzung not-wendig (lokale Impfstoffbeschaffung).

1.1.11 Kokzidioidomykose(Erreger: Coccidioides immitis, möglicher biologischer Kampf-stoff) ist überwiegend in Trockengebieten Amerikas verbreitetund wird meistens durch Inhalation von sporenhaltigem Staubübertragen. Es entwickelt sich eine eher schleichend verlaufen-de Lungenentzündung mit radiologisch darstellbaren Infiltraten,nachfolgend auch mit Aussaat auf andere Organe einschließlich

208

Page 210: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

der Haut mit Abszessen, Geschwüren und Fisteln. Eine häufigeTodesursache ist die spezifische Hirnhautentzündung (Meningi-tis). Der Pilz wird in Abstrichen, Aspiraten und Biopsien durchKultur und PCR nachgewiesen. Die antimykotische Therapiewird mit Itraconazol, Ketoconazol, Amphotericin B oder Fluco-nazol durchgeführt.

1.1.12 Kryptokokkose(Erreger: Cryptococcus neoformans, möglicher biologischerKampfstoff) kommt weltweit vor und wird durch Einatmen vonkontaminiertem Staub übertragen. Der Verlauf ist eher schlei-chend und chronisch mit verschiedenen Symptomen je nachOrganbefall: bevorzugt Lungen-, Gehirn- und Hirnhautentzün-dung (Pneumonie, Enzephalitis, Meningitis). Der Erregernach-weis ist möglich durch PCR oder Pilzkultur mit Hirnwasser(Liquor), Urin und Gewebeproben sowie durch spezifischenAntigennachweis mit Serum. Therapeutisch kann AmphotericinB + Flucytosin + Fluconazol gegeben werden. Als Rückfallpro-phylaxe werden Fluconazol oder Itraconazol über Monate, beiImmundefekt auch lebenslang gegeben.

1.1.13 Läuse-Rückfallfieber(Erreger: Borrelia recurrentis) ist dem Fleckfieber epidemiolo-gisch und klinisch sehr ähnlich. Es handelt sich um eine typi-sche Lager- und Gefängniskrankheit der gemäßigten Zonen vonEntwicklungsländern. Die Erreger können einfach mikrosko-pisch im Blutausstrich nachgewiesen werden. Therapeutischsind Doxycyclin, Tetracyclin, Penicillin und Erythromycin wirk-sam.

1.1.14 Legionellose(Erreger: Legionella pneumophila, möglicher biologischerKampfstoff) ist weltweit verbreitet. Primäres Reservoir ist dasSüßwasser mit Idealtemperaturen zwischen 25 und 55° C, ins-besondere mit Wasser benetzten Oberflächen, z. B. in Rohren,Armaturen und Klimaanlagen. Ein erhöhtes Infektionsrisikobesteht besonders bei älteren und schlecht gewarteten oderauch nur zeitweilig genutzten Warmwasserleitungen und-behältern. Die Bakterien werden überwiegend durch Einatmenvon Spritzwasser, z. B. beim Duschen, in klimatisierten Räumenoder in Whirlpools übertragen. Die Krankheit beginnt akut oderschleichend mit grippeartigen Symptomen, schwerem Krank-heitsgefühl, Brustschmerzen und Husten, gelegentlich folgtEintrübung oder Verwirrtheit. Typisch ist eine radiologisch nach-weisbare Lungenentzündung. Der leichte Verlauf ohne Lungen-entzündung wird als Pontiac-Fieber bezeichnet. Kulturelle,

209

Page 211: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

immundiagnostische und molekularbiologische Testsysteme fürUrin-, Sputum- und Blutproben stehen zur Verfügung. Antibio-tisch wird mit Erythromycin, Azithromycin, Clarithromycin oderCiprofloxacin, bei schweren Fällen zusätzlich mit Rifampicinbehandelt. Bei neu zu planenden Trinkwassererwärmungs-und Leitungsanlagen sollten die Empfehlungen des DeutschenVereins für das Gas- und Wasserfach beachtet werden: DVGWW 551.

1.1.15 Malaria(Erreger: Plasmodium falciparum, Plasmodium vivax, Plasmodi-um ovale und Plasmodium malariae) ist weltweit in den Tropenund Subtropen verbreitet und wird durch Stechmücken (Ano-pheles sp.) übertragen. Vier klinische Formen werden unter-schieden: unkomplizierte Malaria tropica und komplizierte Mala-ria tropica durch Plasmodium falciparum, Malaria tertiana durchPlasmodium vivax oder Plasmodium ovale, Malaria quartanadurch Plasmodium malariae. Die Malaria tropica verläuft amschwersten, Malaria tertiana und quartana verursachen gele-gentlich rhythmische Fieberschübe (jeden 2. oder 3. Tag). Esbesteht eine akute Erkrankung mit grippeartigen Symptomen,bei Teilimmunität (nur Bewohner endemischer Gebiete) ist auchein schleichender Verlauf möglich. Bei Komplikationen entwik-keln sich Kreislaufschock, Blutungsneigung, Eintrübung undTod durch Multiorganversagen. Der Erregernachweis gelingtmikroskopisch mit Blutproben (Dicker Tropfen, Fluoreszenz-Mikrohämatokrit-Anreicherung, Erregerdifferenzierung im fixier-ten Blutausstrich). Zur Therapie stehen Mefloquin, Atovaquon-Proguanil, Chinin, Doxycyclin, Clindamycin, Chloroquin sowiezusätzlich international erhältliche Präparate zur Verfügung, diekombiniert oder als Monotherapie eingesetzt werden. Chloro-quin, Mefloquin, Atovaquon-Proguanil und Doxycyclin könnenauch prophylaktisch eingesetzt werden. Zur Rückfallprophylaxeder Malaria tertiana ist Primaquin geeignet. Impfstoffe sind inErprobung.

1.1.16 Malleus, Rotz, glanders (Erreger: Burkholderia mallei, möglicher biologischer Kampf-stoff) ist weltweit in Einzelherden (gelegentlich im Zoo) verbreitetund wird über Schleimhäute und Hautläsionen nach engemKontakt mit infizierten Pferden, Maultieren, Eseln und Mauleselnoder auch mit infizierten Menschen übertragen. Es entwickeltsich eine akute Erkrankung mit Hautpusteln, schmerzhaftenLymphknotenschwellungen und Abszessbildungen in innerenOrganen. Chronische Verlaufsformen mit Rückfällen sind mög-lich. Der Bakteriennachweis wird kulturell mit Blut, Wundabstri-

210

Page 212: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

chen und Abszesspunktaten geführt. Therapeutisch werdenCeftazidim, Imipenem, Doxycyclin, Ciprofloxacin oder Gentami-cin, auch als Kombination entsprechend Sensibilitätsprüfung,eingesetzt.

1.1.17 Melioidose(Erreger: Burkholderia pseudomallei, möglicher biologischerKampfstoff) ist innerhalb des 20. nördlichen und südlichen Brei-tengrades heimisch, hauptsächlich in SO-Asien, und wird durchKontakt (Wunden, Schleimhäute, Einatmen, Verschlucken) mitkontaminiertem Wasser oder Erdreich übertragen. In Einzelfällengeht eine jahrelange Inkubationszeit voraus („Zeitbomben-Krankheit“), insbesondere bei erworbenen Immundefekten undDiabetes mellitus. Akute oder chronische Verläufe mit Lymph-knotenschwellung, eitrigen Hautwunden, multiplen Abszessenund Lungenentzündung sind typisch. Der Erregernachweisgelingt durch Kultur aus Abszess-Aspirat, Wundabstrich, Spu-tum, Rachenabstrich und Blut. Therapeutisch werden Ceftazi-dim, Imipenem, Doxycyclin oder Ciprofloxacin, auch kombiniertentsprechend Sensibilitätsprüfung, eingesetzt.

1.1.18 Pocken(Erreger: Pockenvirus, variola virus, möglicher biologischerKampfstoff) gelten als ausgerottet; es werden jedoch nochLaborstämme des Virus vorgehalten. Nach Übertragung vonMensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion entwickeln sichschwere Allgemeinsymptome mit bläschenförmigem Hautaus-schlag; die Hautläsionen sind, im Gegensatz zu Windpocken,weitgehend im gleichen Entwicklungsstadium: Papel, Bläschen,Pustel oder verschorftes Geschwür. Der Nachweis gelingt durchVirusanzucht mit Bläscheninhalt. Eine Differenzierung gegen-über Windpocken-Viren (Varizella-Zoster-Virus 1 = humanesHerpesvirus 3) ist elektronenmikroskopisch möglich. Die Thera-pie ist symptomatisch. Die wirksamen Impfstoffe sind nichtmehr allgemein verfügbar. Die Krankheit ist quarantäne- undhospitalisationspflichtig.

1.1.19 Psittakose, Ornithose, Papageienkrankheit (Erreger: Chlamydophila psittaci, möglicher biologischer Kampf-stoff) ist weltweit verbreitet und wird durch Einatmen erregerhal-tigen Staubs übertragen, selten ist die direkte Übertragung vonMensch zu Mensch. Es entwickelt sich eine akute Erkrankungmit schwerem Krankheitsgefühl, Husten, Kopf- und Glieder-schmerzen. Eine radiologisch nachweisbare Lungenentzündung(atypische Pneumonie) ist üblich. Der Erregernachweis wirdmeistens indirekt über spezifische Serumantikörper geführt.

211

Page 213: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Therapeutisch werden Doxycyclin, Tetracyclin, Erythromycinoder Ciprofloxacin gegeben.

1.1.20 Q-Fieber(Erreger: Coxiella burnetii, möglicher biologischer Kampfstoff) istweltweit verbreitet und wird durch Einatmen von kontaminier-tem Staub oder direkt durch Kontakt mit infizierten Nutztierenund deren Urin, Fruchtwasser, Milch oder Fleisch übertragen.Es entwickelt sich eine akute Erkrankung mit Husten, Kopf-und Muskelschmerzen. Typisch ist eine radiologisch nachweis-bare Lungenentzündung (atypische Pneumonie). Komplikatio-nen bestehen in ZNS-Schäden (Enzephalitis), Nierenschäden(Immunkomplexnephritis) und chronischen Verläufe mit Leber-(granulomatöse Hepatitis) oder Herzklappenentzündung (Endo-karditis). Der Erregernachweis wird üblicherweise indirekt überspezifische Serumantikörper geführt. Therapeutisch wird Doxy-cyclin verabreicht, bei Endokarditis eine Langzeittherapie mitDoxycyclin + Rifampicin. Eine Impfung für besonders Exponier-te ist regional verfügbar. Eine postexpositionelle Chemoprophy-laxe kann mit Doxycyclin oder Tetracyclin für 5 Tage ab dem8. Tag nach der Exposition durchgeführt werden.

1.1.21 Rift Valley-Fieber(Erreger: Rift Valley-Fieber-Virus, Rift Valley fever virus, mögli-cher biologischer Kampfstoff) ist in Afrika heimisch. Menschli-che Erkrankungen entstehen meistens im Rahmen von Seuchenunter den Reservoirtieren (Wiederkäuer). Das Virus wird durchverschiedene Stechmückenarten oder kontaminierte Aerosolevon infizierten Schlachttieren und Tierkadavern auf den Men-schen übertragen. Es entsteht eine akute grippeartige Erkran-kung mit Kopf- und Muskelschmerzen, gelegentlich auch miteiner starken Leberentzündung (fulminante Hepatitis). MöglicheKomplikationen ab der 2. Krankheitswoche sind ZNS-Schäden(Enzephalitis), Augenschäden (Retinitis) und Blutungsneigung.Der Erreger kann aus Serum oder Gewebe kulturell oder mole-kularbiologisch (PCR) nachgewiesen werden, zudem gibt esspezifische Serumantikörper-Tests. Die Therapie ist symptoma-tisch. Die Effektivität von Ribavirin und Immunplasma sind inErprobung. Nutztiere in Endemiegebieten können geimpft wer-den. Ein Human-Impfstoff ist lokal für Epidemien verfügbar.

1.1.22 Rocky Mountain-Fleckfieber, Rocky Mountainspotted fever, RMSF, Zecken-Typhus, Sao Paulo-Fieber (Erreger: Rickettsia rickettsii, möglicher biologischer Kampfstoff)ist nur in Amerika verbreitet und wird durch Zeckenstiche über-tragen. Es entwickelt sich eine akute, schwere Krankheit mit

212

Page 214: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

grippeartigen Symptomen, Nervenschäden, Magen-Darmbe-schwerden, kleinfleckigem Hautausschlag mit zentripetaler Aus-breitung, Schock- und Blutungsneigung. Gelegentlich sieht maneine persistierende Papel mit zentraler Nekrose (Eschar) an derZeckenstichstelle. Der übliche Erregernachweis wird indirektüber spezifische Serumantikörper geführt. Therapeutisch wer-den Tetracyclin, Doxycyclin oder Chloramphenicol und zusätz-lich Cortison bei Schwerstkranken gegeben.

1.1.23 Typhus abdominalis (Erreger: Salmonella typhi, möglicher biologischer Kampfstoff)ist weltweit verbreitet, hauptsächlich in Entwicklungsländern,und wird fäkal-oral übertragen, meistens über Trinkwasser oderNahrungsmittel, selten von Mensch zu Mensch. Es entwickeltsich eine schleichend beginnende, grippeartige und nachfol-gend eine schwere Krankheit mit anhaltend hohem Fieber(Kontinua), verschiedene Organkomplikationen einschließlichZNS-Schäden, gelegentlich kleinen, wegdrückbaren, rötlichenFlecken auf der Bauchhaut (Roseolen). Ab der 4. Krankheitswo-che ist ein Darmdurchbruch möglich (Typhusperforation). In Ein-zelfällen werden Bakterien mit dem Stuhl für 10 Wochen oderlänger nach überstandener Erkrankung ausgeschieden (Dauer-ausscheider). In der Fieberphase fehlen regelmäßig die eosino-philen Granulozyten im Blutbild (Aneosinophilie). Der Erreger-nachweis wird kulturell geführt, zunächst mit Blut, ab der3. Krankheitswoche auch mit Stuhl oder Urin. Therapeutischwird Ciprofloxacin gegeben. Reservemittel sind Cotrimoxazol,Amoxicillin und Chloramphenicol. In jedem Fall soll die antibio-tische Therapie entsprechend der Sensibilitätsprüfung optimiertwerden. Impfstoffe sind weltweit verfügbar (oral und parenteral),jedoch noch nicht optimal wirksam.

2. Durchfall

Diarrhö als Leitsymptom weist auf Darminfektionen hin, obwohler auch Begleitsymptom zahlreicher anderer Erkrankungen seinkann. Die Erreger werden dabei überwiegend mit dem Stuhlausgeschieden und verunreinigen bei mangelhafter HygieneNahrungsmittel und Trinkwasser, wo sie sich halten oder sogarnoch vermehren können, um so weitere Personen zu infizieren(fäkal-orale Übertragung). Durchfallerreger entfalten ihre krank-machende Wirkung durch Giftstoffe (Toxine), die auf die Darm-wand wirken, oder durch Eindringen in die Darmwand (lokaleInvasion), wodurch Entzündungen hervorgerufen werden. ZumTeil können sie auch Anschluss an die Blutbahn gewinnen undso komplizierende systemische Infektionen hervorrufen (syste-

213

Page 215: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

mische Invasion). Während sich bei der lokalen Darmintoxika-tion keine labortechnischen Entzündungszeichen finden, ist dieInvasion neben Fieber durch entzündliche Veränderungen imBlutbild (z.B. Leukozytose) und im Serum (z. B. BSG- und CRP-Werte erhöht) gekennzeichnet. Die wesentliche therapeutischeMaßnahme besteht im oralen, ggf. parenteralen Flüssigkeits-,Elektrolyt- und Azidoseausgleich (Anhang 4.). Eine zusätzlicheantibiotische Behandlung ist bei bakteriellen Darminfektionennur notwendig, wenn Komplikationszeichen bestehen und fürPatienten mit Immundefekt oder Sichelzellerkrankung. Parasitä-re Darminfektionen sollen immer auch mit dem entsprechendenantiparasitär wirksamen Medikament behandelt werden.

2.1 Campylobacter-Enteritis(Erreger: Campylobacter jejuni, Campylobacter coli, Campylob-acter fetus) ist weltweit verbreitet und wird über Trinkwasserund Nahrungsmittel, Kontakt mit infizierten Tieren und seltenauch direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Es entwickeltsich ein akuter, fieberhafter, wässriger, gelegentlich auch bluti-ger, Durchfall mit grippeartigen Allgemeinsymptomen undBauchschmerzen. Monozytose und Splenomegalie sind häufigeBefunde. Die seltenen Komplikationen bestehen in Lähmungen(Guillain-Barré-Syndrom), Herzklappen- (Endocarditis lenta),Gelenks- (infektiöse Arthritis), Venen- (Phlebitis) oder Hirnhaut-entzündung (Meningitis). Der Erregernachweis wird durch Stuhl-kultur geführt, die Feintypisierung zur Sicherung von Infektket-ten durch verschiedene molekularbiologische Methoden (PFGE,Flagellin-RFLP und AFLP). Die Therapie ist symptomatisch(Anhang 4). Bei blutigem Durchfall und anhaltendem Fieber sollantibiotisch mit Erythromycin, Doxycyclin, Tetracyclin oderCiprofloxacin behandelt werden, ggf. auch Umstellung nachSensibilitätsprüfung.

2.2 Cholera(Erreger: Vibrio cholerae, möglicher biologischer Kampfstoff) istverbreitet in Entwicklungsländern Osteuropas, Asiens sowieAmerikas und wird fäkal-oral über Trinkwasser oder Nahrungs-mittel, selten auch direkt von Mensch zu Mensch übertragen.Es entwickelt sich ein akuter, wässriger, typischerweise massi-ver Durchfall, nur selten mit Fieber oder anderen Invasionszei-chen, hervorgerufen durch Bakterientoxine; nur der bekapselteSerotyp O139 kann invasiv werden. Rasch entsteht eine insbe-sondere für Kinder lebensgefährliche Austrocknung (Exsikkose).Der Erregernachweis wird in der Stuhlkultur geführt. Die Thera-pie ist symptomatisch (Anhang 4), bei schwerem Durchfallzusätzlich mit Doxycyclin (Erwachsene) oder Cotrimoxazol

214

Page 216: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

(Kinder). Die Cholera ist eine quarantäne- und hospitalisations-pflichtige Erkrankung. Die verfügbaren Impfstoffe sind nur ein-geschränkt wirksam. Zu Beginn einer Epidemie in Lagern wirdaber die Massenimpfung empfohlen.

2.3 Giardiasis, Lambliasis (Erreger: Giardia lamblia) ist weltweit verbreitet, gehäuft inRegionen mit mangelhafter Hygiene, und wird fäkal-oral, meis-tens nahrungsvermittelt, selten direkt von Mensch zu Mensch,übertragen. Epidemien kommen u.a. in Lagern, Kindergärtenund Altenheimen vor. Es entsteht eine akute, chronische oderwiederkehrende wässrige Diarrhö mit Blähungen ohne Allge-meinsymptomatik. Der Nachweis gelingt mikroskopisch imStuhl nach Anreicherung und durch spezifischen Antigen-Nachweis mit Stuhlüberstand. Die Therapie wird mit Tinidazoldurchgeführt.

2.4 Rotavirus-Enteritis(Erreger: Rotavirus, rotavirus) ist weltweit verbreitet und wirdfäkal-oral über Trinkwasser und Nahrungsmittel, seltener direktvon Mensch zu Mensch, übertragen. Es entwickelt sich ein aku-ter, wässriger Durchfall, überwiegend bei Kindern. Komplikatio-nen wie eine ZNS-Schädigung (Enzephalitis) sind selten. DieDiagnose wird durch Nachweis spezifischer Antigene im Stuhl-überstand geführt. Die Therapie ist symptomatisch (Anhang 4).Die Impfstoffentwicklung war noch nicht sehr erfolgreich.

2.5 Salmonellen-Enteritis(Erreger: Salmonella enteritidis und Salmonella typhimurium) istweltweit verbreitet und wird durch Verzehr von kontaminiertenSpeisen, z.B. rohe oder unzureichend gekochte Eier, Rohmilch,Fleisch- und Geflügelprodukte, übertragen. Die fäkal-oraleÜbertragung von Mensch zu Mensch ist selten. Es entwickeltsich eine akute, meist fieberhafte Erkrankung mit wässrigem,selten blutigem Durchfall, Bauch- und Kopfschmerzen, Übelkeitund Erbrechen. Bei Invasion in die Blutbahn sind Komplikatio-nen möglich: Abszesse in inneren Organen, Meningitis, Endo-karditis, Pneumonie, Pyelonephritis, Cholezystitis und Osteomy-elitis. Der Erregernachweis wird durch Stuhlkultur geführt. DieTherapie ist symptomatisch (Anhang 4). Bei Invasionszeichen,Immundefekt oder Sichelzellerkrankung wird zusätzlich mitCiprofloxacin, Ofloxacin, Cotrimoxazol oder Amoxicillin behan-delt, ggf. Umsetzung nach Sensibilitätsprüfung. Die antibioti-sche Therapie verlängert die Erregerausscheidung.

215

Page 217: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

2.6 Shigellose, Bakterienruhr (Erreger: Shigella boydii, Shigella dysenteriae, Shigella flexneriund Shigella sonnei, mögliche biologische Kampfstoffe, insbe-sondere auch die Bakterien-Toxine) ist weltweit verbreitet undwird durch fäkal-orale Schmierinfektion, meist über Lebensmit-tel, seltener direkt von Mensch zu Mensch, schon in einer nied-rigen Infektionsdosis übertragen. Es entwickelt sich eine akuteErkrankung mit Durchfall (typischerweise blutig-schleimigerStuhl) und Bauchkrämpfen, bei Kindern auch Krampfanfälle undSeptikämie (Bakterien im Blut). Komplikationen durch ein hämo-lytisch-urämisches Syndrom (Blutauflösung und Nierenversa-gen) sind möglich. Die Erreger werden in der Stuhlkultur nach-gewiesen. Die Therapie ist symptomatisch (Anhang 4), beischwerer Krankheit auch antibiotisch, z.B. mit Ciprofloxacin.

2.7 Staphylokokken-Enteritis(Erreger: Staphylococcus aureus, die Bakterien-Toxine werdenals mögliche biologische Kampfstoffe angesehen) ist weltweitverbreitet und wird durch Nahrungsmittel übertragen. Es ent-wickeln sich akuter wässriger Durchfall und gelegentliche Kom-plikationen mit Kreislaufschock und Blutungsneigung. Erregerund Toxine werden in den zuvor aufgenommenen Nahrungsmit-teln nachgewiesen. Die Therapie ist symptomatisch (Anhang 4).

2.8 Yersinien-Enteritis(Erreger: Yersinia enterocolitica) ist weltweit in gemäßigten Kli-mazonen verbreitet und wird durch Nahrungsmittel, besondersunzureichend erhitztes Schweinefleisch, Trinkwasser oder sel-ten auch direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Es ent-wickelt sich akuter wässriger Durchfall und Bauchschmerzen.Typische, aber seltene Begleit- und Nachkrankheiten: rötliche,erhabene, großfleckige Hautausschläge (Erythema nodosum),Gelenksentzündung (reaktive Arthritis), Harnröhrenreizung (Ure-thritis), Augenentzündung (Iritis). Der Erregernachweis gelingt inder Stuhlkultur. Die Therapie ist symptomatisch (Anhang 4), beischwerer Krankheit oder bekanntem Immundefekt auch antibio-tisch mit Cotrimoxazol, Doxycyclin, Tetracyclin oder Cipro-floxacin.

3. Nervenschäden

Nervenschäden mit Fieber treten bei zahlreichen systemischenInfektionen auf. Ohne Fieber und andere Invasionszeichen sindsie häufig Ausdruck von Intoxikationen (Vergiftungen), wobei dieGiftstoffe (Toxine) auch aus Infektionserregern stammen kön-

216

Page 218: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

nen. Bei Zeichen einer ZNS-Schädigung ist die diagnostischePunktion der Rückenmarkflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis)bedeutsam. Ist der Liquor trübe und zellreich, so kann eine bak-terielle Infektion unter Beteiligung der Hirnhäute (bakterielleMeningitis, z. B. durch Neisseria meningitidis) angenommenwerden. Ist der Liquor eher klar und zellarm, so spricht derBefund bei Meningitis-Zeichen (z. B. Nackensteifigkeit) eher füreine Virusmeningitis. Bei ausschließlicher Schädigung desGehirns (z. B. bei Enzephalitis) ist der Liquor immer klar undzellarm.

3.1 Botulismus(Erreger: Clostridium botulinum, die Bakterien-Toxine werdenals mögliche biologische Kampfstoffe angesehen) ist weltweitverbreitet und wird durch Verzehr oder Inhalation von Toxinen,die unter anaeroben (sauerstoffarmen) Bedingungen gebildetwerden können, meistens mit hausgemachten und nicht ausrei-chend erhitzten Konserven aufgenommen. Zu Beginn kommt eszu Magen-Darmbeschwerden, nachfolgend treten verschwom-menes Sehen, Doppelbilder, Lichtscheu, Schluckstörungen,trockener Mund und absteigende schlaffe Lähmungen auf.Fieber entwickelt sich nur bei komplizierenden Sekundärinfek-tionen. Die Erholungsphase ist verzögert, falls die Intoxikationüberlebt wird. Die Sonderformen des infantilen und des Wund-botulismus kommen nicht epidemisch vor. Die Toxine werden inSerum-, Stuhl- oder Nahrungsmittelproben nachgewiesen. DieTherapie wird mit Antitoxin unter intensivmedizinischer Über-wachung durchgeführt.

3.2 Frühsommer-Meningo-Enzephalitis, FSME, TBE, RSSE (Erreger: FSME-Virus, tick-borne encephalitis virus, möglicherbiologischer Kampfstoff) ist verbreitet von Europa nach Ostenbis Hokkaido, Japan, und wird übertragen durch Zecken (Holz-bock, Ixodes ricinus), möglicherweise auch durch Milch vonNutztieren. Es entsteht eine akute, fieberhafte, gelegentlichbiphasische Erkrankung: grippeartig in der 1. Woche, in 10 %2. Phase in der 2. Krankheitswoche mit erneutem Fieberanstieg(39°C), heftigen Kopf- und Gliederschmerzen mit starkemKrankheitsgefühl bei klinischer Meningitis oder Enzephalitis mitentsprechenden ZNS-Schäden, dabei zu 10 % bleibendeDefekte mit Lähmungen und Gemütsleiden. Die Diagnose wirdgestellt durch Nachweis spezifischer IgM- und IgG-Serumanti-körper oder molekularbiologisch (PCR) mit Blut und Liquor. DieTherapie ist symptomatisch. Immunprophylaxe ist möglichdurch eine aktive Schutzimpfung mit inaktiviertem Virus sowiepostexpositionell mit FSME-Hyperimmunglobulin (bei Kindern

217

Page 219: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

unter 14 Jahren in Deutschland nicht zugelassen). Die Wirkungdieser Maßnahmen ist nicht wissenschaftlich gesichert.

3.3 Japanische Enzephalitis(Erreger: Japanische Enzephalitis-Virus, JE-Virus, Japaneseencephalitis virus, möglicher biologischer Kampfstoff) ist nur inAsien verbreitet und wird durch Stechmücken (Culex sp.) über-tragen. Es entwickelt sich eine akute, fieberhafte, grippeartigeErkrankung mit Hirnhaut- und Gehirnschädigung (Meningo-Enzephalitis) unter Bevorzugung von Kindern und Alten. Zuetwa 80 % ist mit einer permanenten Nervenschädigung zurechnen; Nachweis: spezifischer IgM- und IgG-Serumantikör-per; spezifische PCR und Viruskultur vorzugsweise mit Liquor.Die Therapie ist symptomatisch. Die Schutzimpfung gilt alswirksam.

3.4 Meningokokken-Meningitis(Erreger: Neisseria meningitidis, sog. Meningokokken, mit 12Serogruppen, z. B. A, C, Y, W135) ist weltweit verbreitet mitüberwiegenden Einzelerkrankungen. Natürliche Epidemien gibtes vorwiegend im Meningitis-Gürtel (Sahel-Zone) Afrikas und inden Megastädten der Entwicklungsländer, dabei sind überwie-gend Kinder und Jugendliche betroffen. Die Krankheit wirddurch Tröpfcheninfektion von gesunden Bakterienträgern(Nasen-Rachenraum) übertragen. Es entwickelt sich eine akute,fieberhafte Erkrankung mit grippeartigen Symptomen, Schüttel-frost und Nackensteifigkeit (Meningismus) mit ZNS-Schäden(Meningitis). In Einzelfällen besteht eine komplizierende Sepsismit Kreislaufschock, Exanthem und Blutungsneigung beiraschem Multiorganversagen (Waterhouse-Friderichsen-Syn-drom). Vor allem bei Kleinkindern können die klinischen Zeichender Meningitis zunächst auf Erbrechen und Fieber beschränktsein, bei Säuglingen kann die Fontanelle aufgetrieben sein. DerLiquor (Hirnwasser) ist trübe und zellreich, Bakterien sind darinnicht immer mikroskopisch sichtbar Der Erregernachweisgelingt durch kulturelle Anzucht oder molekularbiologisch (PCR)mit Liquor oder Blut. Schnelltests zum spezifischen Anti-gennachweis in Liquor, Serum und Urin sind verfügbar. Die The-rapie ist antibiotisch mit Penicillin G, Cephalosporinen oderChloramphenicol sowie nach Sensibilitätsprüfung und anschlie-ßender Rifampicin-Nachbehandlung. Impfungen sind gegenErreger der Serogruppen A, C, W 135, Y möglich. Die Patientensollen für 24 Stunden nach Beginn einer spezifischen Therapieabgesondert werden, zudem soll Schutzkleidung in der Kran-kenversorgung getragen werden. Eine postexpositionelle Che-

218

Page 220: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

moprophylaxe für Kontaktpersonen ist mit Rifampicin, Ceftria-xon oder Ciprofloxacin möglich.

3.5 Nipah-Virus-Enzephalitis(Erreger: Nipah-Virus, Nipah virus) wurde erst kürzlich im Rah-men einer Epidemie in Malaysia entdeckt. Es entwickelt sicheine rasch zunehmende ZNS-Schädigung (Enzephalitis) mithoher Letalität, aber geringer Defektheilungsrate. Das Virus wirdwahrscheinlich von Schweinen auf den Menschen übertragen.Das Virus kann in Hirnwasser (Liquor), Sputum und Urin nach-gewiesen werden (Goh et al, 2000). Die Therapie ist symptoma-tisch.

3.6 Ostamerikanische Pferde-Enzephalitis, Eastern equineencephalitis, EEE (Erreger: Ostamerikanische Pferde-Enzephalitis-Virus, Easternequine encephalitis virus, EEEV, möglicher biologischer Kampf-stoff) ist verbreitet in Amerika, in der Karibik und in Südostasien,vornehmlich in Sumpfgebieten mit Pferdehaltung, und wirddurch verschiedene Stechmückenarten übertragen. Menschenund Pferde sind Fehlwirte und erkranken typischerweiseschwer. Es entwickelt sich eine akute, fieberhafte Erkrankung,häufig im Rahmen einer Epidemie unter Pferden, mit grippearti-gen Symptomen, Bewusstseinstrübung, Krämpfen und einerhohen Rate an bleibenden zentralnervösen Defekten. Die Dia-gnose wird durch Nachweis spezifischer IgM- und IgG-Seru-mantikörper sowie durch Viruskultur mit Blut und Liquorgestellt. Die Therapie ist symptomatisch. Impfstoffe für Pferdeund Menschen sind lokal verfügbar.

3.7 Poliomyelitis(Erreger: Poliovirus 1-3, human poliovirus 1-3) ist verbreitet inEuropa, Afrika und Asien mit rückläufiger Tendenz, die Ausrot-tung durch globale Impfkampagnen mit Lebendimpfstoff wirdfür möglich gehalten. Der Mensch ist der einzige natürliche Wirt,die Krankheit wird durch direkten Kontakt, zumeist als fäkaleSchmierinfektion, übertragen. Es entsteht ein akutes, fieberhaf-tes Krankheitsbild mit Kopfschmerzen, Übelkeit und gelegentli-cher Nackensteifigkeit. Die Krankheit heilt entweder innerhalbvon 2 – 3 Tagen aus (typisch für Kleinkinder), oder es ent-wickelt sich ein längerer Verlauf mit Bauchschmerzen, Durchfall,Muskelschmerzen, Gefühlsstörungen und schließlich Lähmun-gen, auch Atemlähmung. Die Ausheilung wird innerhalb vonTagen bis zu 2 Jahren beobachtet. Der Nachweis des Virusgelingt durch Kultur mit Stuhl, Liquor und Rachenspülflüssigkeitoder indirekt mit Hilfe spezifischer IgM- und IgG-Serumantikör-

219

Page 221: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

pern. Die Therapie ist symptomatisch, ggf. unter intensivmedizi-nischer Behandlung (Beatmung). Die Impfung mit Totimpfstoffist effektiv, bei Epidemien und zur globalen Ausrottung wirdLebendimpfstoff als Abriegelungsimpfung nach Anordnung derzuständigen Gesundheitsbehörde bevorzugt.

3.8 Venezuelanische Pferde-Enzephalitis, Venezuelan equine encephalitis, VEE (Erreger: Venezuelanische Pferde-Enzephalitis-Virus, Venezuelanequine encephalitis virus, möglicher biologischer Kampfstoff) istnur in Amerika verbreitet und wird durch verschiedene Stech-mückenarten übertragen. Es entsteht eine akute, fieberhafteErkrankung mit Muskelschmerzen, ZNS-Schäden (Enzephalitis)mit selten verbleibenden Behinderungen. Der Nachweis wirddurch Viruskultur mit Blut oder durch die Bestimmung spezifi-scher IgM- und IgG-Serumantikörper geführt. Die Therapie istsymptomatisch. Impfstoffe für Menschen, Pferde und Esel sindregional verfügbar.

3.9 Westamerikanische Pferde-Enzephalitis(Erreger: Westliche Pferde-Enzephalitis-Virus, Western equineencephalitis virus, möglicher biologischer Kampfstoff) ist ver-breitet nur in Amerika und wird durch verschiedene Stechmük-kenarten übertragen Es entwickelt sich eine akute, fieberhafteErkrankung mit grippeartigen Symptomen. Schwere Verläufemit ZNS-Schäden sind eher selten. Der Erregernachweis gelingtdurch Viruskultur mit Blut oder mit Hilfe von spezifische IgM-und IgG-Serumantikörpern. Die Therapie ist symptomatisch.Impfstoff für Tiere und Menschen ist regional verfügbar.

4. Blutungsneigung

Die Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese) ist ein Kompli-kationszeichen zahlreicher systemischer Infektionen und Intoxi-kationen. Häufige Ursachen sind Gefäßschäden und Gerin-nungsstörungen. Bei Virusinfektionen und bei der Malariastehen Schäden kleiner Gefäße (Kapillaren, Venolen), bei bakte-riellen Infektionen auch Gerinnungsstörungen (intravasale Gerin-nung, DIC) im Vordergrund. Die virusbedingten systemischenInfektionen mit Blutungsneigung (virale hämorrhagische Fieber,VHF) sind quarantäne- und hospitalisationspflichtig.

4.1 Argentinisches hämorrhagisches Fieber(Erreger: Junin-Virus, Junin virus, möglicher biologischerKampfstoff) ist nur in ländlichen Gebieten Argentiniens verbrei-

220

Page 222: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

tet und wird über Nahrungsmittel, Staub oder Direktkontakt mitinfizierten Mäusen oder Patienten übertragen. Es entwickelt sicheine akute, fieberhafte Erkrankung mit Blutungsneigung, Nieren-versagen und Nervenschäden. Eine mögliche Spätkomplikationist eine etwa 5-tägige fieberhafte Enzephalitis 4 – 6 Wochennach dem akuten fieberhaften Stadium. Der Erregernachweissoll möglichst im Speziallabor (Sicherheitsstufe 4) geführtwerden. Therapeutisch ist lokal verfügbares Plasma von immu-nen Spendern ist in der 1. Krankheitswoche wirksam. Ribavirinscheint zusätzlich wirksam zu sein. Das Medikament kann auchprophylaktisch für Kontaktpersonen und in der Krankenversor-gung eingesetzt werden.

4.2 Bolivianisches hämorrhagisches Fieber(Erreger: Machupo-Virus, Machupo virus, möglicher biologischerKampfstoff) ist im Nordosten Boliviens verbreitet. Der Menschinfiziert sich über kontaminierte Lebensmittel, virushaltigesWasser und direkt durch Kontakt mit Nagern oder infektiösemMaterial über Hautläsionen und Schleimhäute, selten ist dieÜbertragung von Mensch zu Mensch. Es entwickelt sich eineakute grippeartige Erkrankung mit Kopf- und Gliederschmerzen.Blutungsneigung besteht in etwa 30 % der Fälle, Kreislauf-schock und ZNS-Schäden (Enzephalitis) sind weitere Komplika-tionen. Der Erregernachweis soll möglichst im Speziallabor(Sicherheitsstufe 4) durch Virusanzucht (Blut), spezifische PCRund spezifische IgM- und IgG-Serumantikörper geführt werden.Die Therapie ist symptomatisch. Die Patienten werden isoliert,und in der Krankenversorgung wird Schutzkleidung getragen.

4.3 Ebola-Fieber (Erreger: Ebola-Virus, Ebola virus, mit den Arten Reston, Sudanund Zaire (EBO-R, EBO-S, EBO-Z), mögliche biologischeKampfstoffe) ist verbreitet im tropischen Afrika. EBO-R hat nachImport über Meerkatzen aus den Philippinen zu menschlichenInfektionen, nicht aber zu Erkrankungen geführt. Die Infektionwird über Schleimhäute und Hautläsionen nach engem Kontaktmit Affen oder Patienten und deren Untersuchungsprobenerworben. Krankenhausausbrüche (nosokomiale Epidemien) imRahmen der Krankenversorgung und über kontaminierte Kanü-len sind typisch. Es entwickelt sich eine akute, fieberhafteErkrankung mit schwerer grippeartiger Symptomatik, Bauch-und Brustschmerzen, Mundgeschwüren, verschiedenartigenExanthemen und schon nach wenigen Tagen einsetzender all-gemeiner Blutungsneigung, ZNS-Schäden. Die Letalität istdurchschnittlich 70 %. Der Erregernachweis durch Viruskulturund spezifische PCR aus Blut oder Leichengewebe soll nur im

221

Page 223: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Speziallabor (Sicherheitsstufe 4) geführt werden. Die Therapieist symptomatisch, ggf. intensivmedizinisch. Die Krankheit istquarantäne- und hospitalisationspflichtig, strikte Absonderungder Patienten, Schutzkleidung und strikte Hygienemaßnahmenin der Krankenversorgung sind erforderlich.

4.4 Gelbfieber(Erreger: Gelbfieber-Virus, yellow fever virus, möglicher biologi-scher Kampfstoff) ist im tropischen Afrika und tropischen Süd-amerika verbreitet und wird durch verschiedene tagaktiveStechmückenarten zwischen Menschen und verschiedenenAffenarten übertragen. Es entwickelt sich eine akute Erkran-kung, typischerweise biphasisch: in der 1. Woche grippeartig, inder 2. Woche Komplikationen mit Blutungsneigung, Kreislauf-schock und Multiorganversagen, meistens keine Gelbsucht(Ikterus) in der akuten Phase, sondern erst in der Erholungspha-se (Rekonvaleszenz) nach kompliziertem Verlauf. Die spezielleDiagnostik soll möglichst im Speziallabor (Sicherheitsstufe 3)durchgeführt werden. Die Therapie ist symptomatisch. Der ver-fügbarer Lebendimpfstoff ist sehr gut wirksam und im interna-tionalen Reiseverkehr auf bestimmten Routen vorgeschrieben(WHO 2000).

4.5 Hämorrhagisches Dengue-Fieber, DHF (Erreger: Dengue-Virus 1-4, dengue virus 1-4, möglicher biologi-scher Kampfstoff, s. auch Kapitel 1.1.4) ist weltweit in den Tro-pen und Subtropen als komplizierter Verlauf des Dengue-Fie-bers verbreitet. Die schweren Verläufe des DHF und desDengue-Schocksyndroms (DSS) treten meistens gemeinsamauf und entstehen wahrscheinlich überwiegend nach mehr-fachen Infektionen mit verschiedenen Dengue-Virus-Arten inbestimmter Reihenfolge, vorübergehend Exponierte sind kaumbetroffen. Meist bei Säuglingen und Kindern entwickelt sichin der 2. Krankheitswoche ein schweres Krankheitsbild mitBlutungsneigung, Kreislaufschock und Multiorganversagen. DerNachweis gelingt mittels Viruskultur und spezifische PCR imSpeziallabor (Sicherheitsstufe 3). Die Therapie ist symptoma-tisch und besteht insbesondere in der Schocktherapie durchPlasmaersatz-Infusionen. Impfstoffe sind in der Erprobung.

4.6 Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom, HFRS(Erreger: verschiedene Arten, z. B. Hantaan-, Puumala-, Seoul-Virus, der Gattung Hantavirus, mögliche biologischeKampfstoffe) ist weltweit verbreitet, das Hantavirus-Lungen-syndrom allerdings bisher nur in Amerika. Die Krankheit wirdübertragen nach mittelbarem (z. B. über kontaminierte Nah-

222

Page 224: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

rungsmittel) oder unmittelbarem Kontakt mit Reservoirtieren(Ratten und Mäuse), die das Virus mit dem Urin, Speichel undFäkalien ausscheiden, eine direkte Übertragung von Mensch zuMensch ist selten. Es entwickelt sich eine akute, fieberhafteErkrankung mit grippeartigen Symptomen und Nierenfunktions-störung, gelegentlich auch mit generalisierter Blutungsneigung,Kreislaufschock und Bewusstseinstrübung. Eine gefährlicheSonderform ist das Hantavirus-Lungensyndrom, HPS, mitschwerster Atemnot bei radiologisch nachweisbarer Lungenent-zündung und -blutung. Typisch ist in allen Fällen Eiweiß im Urin(Proteinurie) und eine gestörte Nierenfunktion (Kreatinin-Wert imSerum erhöht). Die Diagnose wird durch Nachweis spezifischerIgM- und IgG-Serumantikörper sowie Viruskultur und PCR mitBlut im Speziallabor (Sicherheitsstufe 4) gestellt. Therapeutischist nur eine symptomatische, ggf. intensivmedizinische (Beat-mung, Dialyse) Behandlung verfügbar. Schutzkleidung in derKrankenversorgung wird insbesondere bei HPS empfohlen.

4.7 Hämorrhagisches Krim-Kongo-Fieber(Erreger: hämorrhagisches Krim-Kongo-Fieber-Virus, Crimean-Congo hemorrhagic fever virus, möglicher biologischer Kampf-stoff) ist in Osteuropa, Asien sowie in Afrika verbreitet und wirddurch verschiedene Zeckenarten oder Kontakt mit Patienten-proben übertragen. Es entsteht ein akutes, fieberhaftes Krank-heitsbild, zunächst grippeartig, dann vielfach mit Haut- undSchleimhautblutungen. Die Diagnose wird durch Nachweis spe-zifischer IgM- und IgG-Serumantikörper sowie durch Viruskulturund spezifische PCR mit Blut im Speziallabor (Sicherheitsstufe4) gestellt. Die Therapie ist symptomatisch und virustatisch mitRibavirin. In der Krankenversorgung soll Schutzkleidung getra-gen werden. Eine postexpositionelle Ribavirin-Prophylaxe istmöglich.

4.8 Lassa-Fieber (Erreger: Lassa-Virus, Lassa virus, möglicher biologischerKampfstoff) ist verbreitet in West- und Zentralafrika. Reservoirist die Vielzitzenratte Mastomys natalensis, die Viren mit demUrin ausscheidet und Betten, Böden und Lebensmittelvorrätekontaminiert, wo sich der Mensch schleimhautvermittelt infi-ziert, eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch istebenfalls möglich. Es entwickelt sich eine akute Erkrankung mitgrippeartigen Symptomen, Hals- und Brustschmerzen. Nur inder Minderheit der Fälle kommt es zu Blutungs- und Schocknei-gung sowie schließlich Multiorganversagen ab der 2. Krank-heitswoche. Der indirekte Erregernachweis durch spezifischeIgM- und IgG-Serumantikörper und die Virusanzucht und die

223

Page 225: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

spezifische PCR mit Blut soll möglichst im Speziallabor (Sicher-heitsstufe 4) durchgeführt werden. Die Therapie ist symptoma-tisch und virustatisch mit Ribavirin, das auch zur postexposi-tionellen Prophylaxe eingesetzt werden kann. Die Patientenwerden isoliert, und in der Krankenversorgung wird Schutz-kleidung getragen. Impfstoffe sind in der Entwicklung.

4.9 Marburg-Krankheit(Erreger: Marburg-Virus, Marburg virus, möglicher biologischerKampfstoff) ist nur in Afrika verbreitet und wird über infizierteAffen übertragen, seltener von Mensch zu Mensch über Blutund Ejakulat. Es entwickelt sich eine akute, fieberhafte, grippe-artige Erkrankung, nach Tagen tritt ein fleckiger Hautausschlagauf, in der 2. Krankheitswoche Blutungsneigung, Kreislauf-schock und Multiorganversagen. Die spezielle Diagnostik mitHilfe der Virusanzucht und der spezifischen PCR mit Blut sollnur im Speziallabor (Sicherheitsstufe 4) durchgeführt werden.Die Therapie ist symptomatisch. Die Patienten werden isoliert,und in der Krankenversorgung wird Schutzkleidung getragen.

4.10 Milzbrand, Anthrax(Erreger: Bacillus anthracis, möglicher biologischer Kampfstoff,bildet umweltresistente Dauerformen, die Sporen) ist weltweitverbreitet, vorzugsweise in wärmeren Klimazonen und Vieh-zuchtgegenden. Klinisch werden unterschieden: – Hautmilzbrand: Infektion durch Kontakt mit kontaminierten

tierischen Materialien über kleine Hautverletzungen, raschgrößer werdende Papel, die sich zu einem nicht schmerz-haften, mit schwärzlichem Schorf bedeckten Geschwür mitUmgebungsrötung entwickelt, Allgemeinsymptome mitBenommenheit, Kreislauf- und Herzrhythmusstörungen,komplizierende Erregeraussaat in die Blutbahn (Milzbrand-sepsis)

– Lungenmilzbrand: Inhalation von sporenhaltigem Staub oderAerosolen (z. B. beim Schlachten), schwere, akute Lungen-entzündung mit blutigem Auswurf

– Darmmilzbrand: orale Aufnahme der Sporen mit ungenü-gend gekochtem Fleisch oder Innereien von erkranktenTieren, akuter Durchfall mit blutigem Stuhl und schwerenAllgemeinsymptomen

Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich.Der Erregernachweis gelingt durch Kultur mit Sputum, Stuhl,Blut und Wundabstrichen. Die Therapie ist antibiotisch mitCiprofloxacin, Doxycyclin, Penicillin, Erythromycin oder Chlor-amphenicol sowie gezielt nach Sensibilitätsprüfung. WirksameImpfstoffe sind gegenwärtig nur für die USA-Streitkräfte verfüg-

224

Page 226: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

bar. Für den Epidemiefall wird die Kombination aus Impfungund Ciprofloxacin-Chemoprophylaxe favorisiert. Eine postexpo-sitionelle Chemoprophylaxe ist möglich mit Doxycyclin oderCiprofloxacin.

4.11 Pest(Erreger: Yersinia pestis, möglicher biologischer Kampfstoff) istverbreitet in Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika sowie imSüdwesten der USA und wird vom Tierreservoir (Nagetiere,Katzen) durch Stich verschiedener Floharten, durch direktenKontakt mit eröffneten Tierkadavern (z. B. beim Häuten undAusweiden erlegter Murmeltiere) und durch Tröpfcheninfektionvon Patienten mit Lungenpest auf den Menschen übertragen.Es können sich verschiedene Krankheitsbilder entwickeln:– Beträchtliche, rasch zunehmende, schmerzhafte Lymphkno-

tenschwellung mit Einschmelzungs- und Perforationsnei-gung in Abhängigkeit vom Flohstich (z. B. Leistenbeuge):Bubonenpest

– Bei Durchbruch der Bakterien in die Blutbahn akute Ver-schlimmerung mit Fieber, Schüttelfrost, Eintrübung, Kopf-und Gliederschmerzen: septikämische Pest

– Absiedelung der Bakterien in der Lunge bei septikämischerPest oder Primärbefall der Lunge durch Tröpfcheninfektionmit Atemnot und blutigem Auswurf: Lungenpest

Der Nachweis des Erregers gelingt aus dem Blut, dem Bubone-neiter oder dem Sputum mittels Mikroskopie (durch bipolareFärbung der Stäbchenbakterien mit Methylenblau, Aussehenwie eine geschlossene Sicherheitsnadel) und Kultur (möglichstim Speziallabor, Sicherheitsstufe 3) oder indirekt durch Nach-weis spezifischer IgM- und IgG-Serumantikörper. Antibiotischwird Ciprofloxacin, Tetracyclin, Gentamicin, Streptomycin oderChloramphenicol, ggf. nach Sensibilitätsprüfung, gegeben. DiePest ist in Europa seit über 650 Jahren quarantäne- und hospi-talisationspflichtig. Eine postexpositionelle Prophylaxe ist mitCiprofloxacin oder Doxycyclin möglich. In der Krankenversor-gung wird Schutzkleidung getragen. Verbesserte Impfstoffe sindin der Entwicklung.

4.12 Tularämie, Hasen-Pest(Erreger: Francisella tularensis, möglicher biologischer Kampf-stoff), ist herdförmig verbreitet in der nördlichen Hemisphäreund wird durch Haut- oder Schleimhautkontakt mit infektiösemTiermaterial, Verzehr von nicht ausreichend erhitztem, kontami-niertem Hasenfleisch (Hasen), durch verschiedene Stechmük-ken- und Zeckenarten, Aufnahme mit kontaminiertem Wasseroder Staub übertragen. Es entsteht eine akute, fieberhafte

225

Page 227: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Erkrankung mit Kopf- und Gliederschmerzen sowie schmerzlo-sem Geschwür an der Eintrittspforte und schmerzhafter regio-naler Lymphknotenschwellung mit Einschmelzungstendenz:ulzeroglanduläre Form. Bei Durchbruch der Bakterien in dieBlutbahn entwickelt sich die septikämische Tularämie unter Ver-schlimmerung des Allgemeinzustandes, Organmanifestation mithäufigem Lungenbefall: Sekundärstadium. Sonderformen sinddie primäre Lungenentzündung nach Einatmen der Bakteriensowie Rachengeschwüre und Magen-Darmbeschwerden nachVerzehr. Der Erregernachweis wird durch Kultur der Bakterienaus peripherem Blut, Abstrichen und Biopsien möglichst imSpeziallabor (Sicherheitsstufe 3) geführt. Antibiotisch wird mitStreptomycin (Resistenzen bekannt), Gentamicin, Tobramycin,Doxycyclin oder Chloramphenicol behandelt. Postexpositionellund in der Krankenversorgung kann prophylaktisch Ciprofloxa-cin und Doxycyclin eingenommen werden.

5. Maßnahmen zur Aufklärung einer Epidemie

Bei epidemieverdächtigen Krankheitshäufungen soll schnellst-möglich kompetente Hilfe gesucht und die zuständigenGesundheitsbehörden informiert werden. Schon vor Eintreffender Experten kann versucht werden, Hinweise auf den Übertra-gungsmodus und die Art des zeitlichen Zugangs der Kranken(z.B. explosiv) zu sammeln. Hierbei wird gezielt nach epidemio-logischen Gemeinsamkeiten der Patienten gefragt:

– gemeinsame Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung

– gemeinsame raumlufttechnische Anlagen oder Expositiongegenüber Aerosolen

– vorangegangene Kontakte unter den Erkrankten

– Häufung der Fälle im Krankenhaus

– gemeinsame Exposition gegenüber Blutsaugern (z. B.Stechmücken, Zecken, Läuse, Flöhe)

– gemeinsame Exposition gegenüber bestimmten Wild- undNutztieren oder deren Kadaver

Durch die bekannten Verbreitungsgebiete der Infektionserregerkann die Differenzialdiagnose weiter eingeengt werden, aller-dings nicht bei terroristischen, kriminellen oder militärischenAnschlägen mit B-Kampfmitteln.

226

Page 228: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

6. Verbreitung von Epidemien

6.1 Wasser und Nahrungsmittel als InfektionsquelleDiese Infektionen kommen insbesondere bei einer gemeinsa-men Trinkwasserversorgung und Gemeinschaftsküchen infrage,im Einzelnen: – Argentinisches hämorrhagisches Fieber– Bolivianisches hämorrhagisches Fieber– Botulismus– Brucellose– Campylobacter-Enteritis– Cholera– Darmmilzbrand– FSME (fraglich)– Giardiasis– Hepatitis A– Hepatitis E– HFRS– Lassa-Fieber – Melioidose– Poliomyelitis– Rotavirus-Enteritis– Salmonellen-Enteritis– Shigellose– Staphylokokken-Enteritis– Tularämie– Typhus abdominalis – Yersinien-Enteritis

6.2 Aerogene InfektionenAuf dem Luftwege vermittelte (aerogene) Infektionen könnenvermutet werden, wenn Epidemien im Rahmen von Menschen-ansammlungen auf engem Raum auftreten wie bei:– Affenpocken– Diphtherie– Influenza– Lungenpest– Meningokokken-Meningitis– Pocken– Tularämie

Aerogen vermittelte Epidemien werden zudem beobachtet nachExposition gegenüber kontaminiertem Staub und Spritzwassersowie kontaminierten Tieren, deren Kadaver und Produkte, imEinzelnen:

227

Page 229: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

– Argentinisches hämorrhagisches Fieber– Bolivianisches hämorrhagisches Fieber– Ebola-Fieber– Histoplasmose– Kokzidioidomykose– Kryptokokkose– Legionellose– Malleus– Melioidose– Nipah-Virus-Enzephalitis– Psittakose– Q-Fieber– Rift Valley-Fieber

6.3 Infektionen durch Körperflüssigkeitensind typisch für sexuell und durch verunreinigte Kanülen oderBlutprodukte übertragbare Krankheiten (z. B. Aids, Hepatitis Bund C). Solche Infektionen verursachen allerdings überwiegendschleichend beginnende und anhaltende Epidemien chronischerKrankheiten und sind daher nicht Gegenstand der Katastro-phenmedizin. Unter ungünstigen hygienischen Bedingungenentstehen aber durchaus Epidemien, die sich rasch ausbreitenkönnen, wobei die verantwortlichen Erreger nicht unbedingtsehr infektiös sein müssen. Hierbei können sich Krankenhäuserim Rahmen der klinischen und labortechnischen Krankenversor-gung wesentlich beteiligen (nosokomiale Epidemien). Im Einzel-nen werden folgende seuchenfähige Erkrankungen durch Blut,Urin, Speichel und Intimkontakt übertragen werden: – Affenpocken– Argentinisches hämorrhagisches Fieber– Bolivianisches hämorrhagisches Fieber– Diphtherie– Ebola-Fieber– Hämorrhagisches Krim-Kongo-Fieber– HFRS– Influenza– Lassa-Fieber – Marburg-Krankheit– Meningokokken-Meningitis– Milzbrand– Pest– Pocken– Psittakose– Typhus abdominalis

228

Page 230: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

6.4 Vektorvermittelte InfektionenWesentliche Vektoren epidemiefähiger Infektionen sind Stech-mücken, Zecken, Läuse und Flöhe. Stechmücken-assoziierteEpidemien entstehen nicht selten saisonal (z. B. nach einerRegenzeit) im Rahmen von Bevölkerungswanderungen und beiBiotop-Veränderungen (Anlegen neuer Brutplätze wie Stau-seen), im Einzelnen:– Chikungunya– Dengue– Gelbfieber– Japanische Enzephalitis– Malaria– Ostamerikanische Pferde-Enzephalitis– Rift Valley-Fieber– Tularämie– Venezuelanische Pferde-Enzephalitis– Westamerikanische Pferde-Enzephalitis

Infizierte Zecken werden z. B. bei Viehauftrieben eingeschlepptoder treten zusammen mit ihren Nutz- und Wildtierwirtengehäuft auf, um Epidemien mit Rocky Mountain-Fleckfieber,FSME, hämorrhagisches Krim-Kongo-Fieber und Tularämie zuverursachen. Läuse lieben das häusliche Milieu mit Menschenin engen Wohnverhältnissen (Lager, Gefängnis) und verursachenEpidemien mit Fleckfieber und Läuse-Rückfallfieber. Flöhe,schließlich, übertragen die Pest, die sich epidemieartig aller-dings im Wesentlichen durch Tröpfcheninfektion als Lungenpestverbreitet.

7. Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung

7.1 Allgemeine MaßnahmenFür den Epidemiefall wird empfohlen, möglichst umgehend einSeuchenbekämpfungsgremium zu bilden, bestehend aus politi-schen und medizinischen Entscheidungsträgern, die alle not-wendigen Maßnahmen bestimmen, koordinieren, verantwortenund bekanntgeben:– Panikbekämpfung mit Hilfe der Pressemedien– Anwerbung von Experten zur Aufklärung und Bekämpfung

der Epidemie– Meldung nach IfSG (Infektionsschutzgesetz) und Anzeige

nach BKV (Berufskrankheitenverordnung)– Festlegen oder Bereitstellen von Behandlungs- und Diagnos-

tikeinrichtungen inklusive zusätzlicher Mittel und Kräfte

229

Page 231: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

– Permanente Kommunikation mit klinischen und diagnosti-schen Kompetenzzentren

– Bereitstellung von Isolationseinheiten– Bereitstellung von Schutzkleidung– Aufstellung eines Hygieneplans– Festlegung von Versorgungsprioritäten (Sichtung)– Festlegung der Absonderungsmaßnahmen für Patienten

und Kontakte– Festlegung der gezielten Maßnahmen zum allgemeinen

Gesundheitsschutz nach Aufklärung der Epidemie

Bei direkt übertragbaren Erkrankungen hoher Infektiosität oderLetalität sollen im Patienten-, Leichen- und Laborprobenkontaktneben Einweg-Schutzhandschuhen und (Einweg-)Schutzklei-dung auch Partikelschutz-Gesichts-Vollmasken mit HEPA-Filtern (high efficiency particulate air, z.B. Bilsom MX, Anhang 2)getragen werden. Der Hygieneplan umfasst die Verfügbarkeitund Anwendung geeigneter Desinfektionsmittel nach möglicherKontamination (Anhang 3) unter sorgfältiger Trennung von Trink-und Abwasser einschließlich der Fäkalien. Für den TransportHochinfektiöser stehen spezielle Isolatoren, z.B. ATI (aircrafttransit isolator, Roberts, Anhang 2), zur Verfügung. MobileIsolierstationen (MIS, Dornier, Anhang 2) sind in der Planung.Werden Großtransporte erforderlich, so soll baldmöglichst diezivilmilitärische Zusammenarbeit gesucht werden. Bei trink-wasservermittelten Infektionen sind rasch Alternativen zu instal-lieren. Hier kann das Technische Hilfswerk (THW, Anhang 2) miteiner spezialisierten Schnelleinsatzeinheit zur Wasserver-sorgung (SEEWA) in der Instandsetzung bestehender Systemeund mit mobilen Trinkwasseraufbereitungsanlagen helfen, die imEinzelfall auch kommerziell beschafft werden können (z.B. Kyll,Bergisch Gladbach, Anhang 2).

7.2 Sanitäre Versorgung in Flüchtlingslagern

7.2.1 Allgemeine Maßnahmen Die wahllose Ansammlung von menschlichen und anderenAbfallprodukten in Lagern stellt eine Bedrohung für die Gesund-heit Einzelner und der Gemeinschaft dar. Von besonderer Wich-tigkeit hierbei ist es, für sauberes Wasser und eine fachge-rechte Entsorgung der menschlichen Ausscheidungen, desAbwassers, sowie des Mülls zu sorgen. Insbesondere die kultu-rellen Gewohnheiten der entwurzelten Menschen sowie die ört-lichen Gegebenheiten wie Geologie, Niederschlag, Wasserver-fügbarkeit und die Ableitungsmöglichkeiten des Abwasserssollten hierbei berücksichtigt werden, im Einzelnen:

230

Page 232: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

– Art der Analhygiene – Bedürfnis nach Privatsphäre – Bevorzugte Position (sitzend oder hockend)– Trennung der Geschlechter oder anderer Gruppen, für die es

unmöglich ist, eine gemeinsame Latrine zu benutzen– Kulturelle Tabus– Kulturelle Gewohnheiten bei Kindern, Latrinen müssen kin-

dersicher sein– Nutzbarkeit in der Nacht, Beleuchtung– Distanz zu den Unterkünften: sind Latrinen zu weit entfernt,

werden sie nicht genutzt– Überfüllte, zu nah an den Unterkünften gelegene Latrinen

bergen wiederum gesundheitliche Gefahren– Die Entsorgung der Exkremente muss gewährleisten, dass

der Wasservorrat nicht kontaminiert wird, um der Ausbrei-tung von Infektionen vorzubeugen.

Es ist notwendig, durch Öffentlichkeitsarbeit die Flüchtlinge zurBenutzung der Latrinen zu ermutigen und auf die Zusammen-hänge zwischen der Entsorgung von Exkrementen und der Aus-breitung von Krankheiten hinzuweisen. Übergangsweise könnenGrabenlatrinen verwendet werden, die später durch individuelleFamilienlatrinen ersetzt werden sollten.

7.2.2 LatrinenartenEs stehen vielfältige Arten von Latrinen zur Verfügung, hierbeisind solche, die einfach zu konstruieren, kostengünstig und inder Wartung leicht zu handhaben sind, von zentraler Bedeu-tung. Prinzipiell sind trockene von feuchten Latrinensystemenzu unterscheiden.Bei den Trockensystemen ist es wichtig, das Bohrloch so kleinwie möglich zu halten und einen dicht sitzenden Deckel zu ver-wenden. Zu diesem System gehört die sehr kostengünstige fla-che Grabenlatrine, die allerdings nur wenige Tage benutzbar ist,und die tiefe Grabenlatrine, die mehrere Monate genutzt werdenkann. Die Fallgrubenlatrine ist die am häufigsten verwendeteLatrine. Hier können bis zu 300 Personen pro Hektar ihre Not-durft verrichten. Bohrlochlatrinen sind mit sieben Meternwesentlich tiefer als Fallgruben, doch bergen sie damit auch dieGefahr der Grundwasserkontamination. Weiterhin gibt es diekompostierende Latrine, die allerdings von der Anwendung herwesentlich aufwendiger ist.

Die Feuchtsysteme umfassen das Wasser-Plomben-System,das zwar kostengünstig ist, allerdings einen permanenten Was-servorrat zur Spülung (1–3 Liter) voraussetzt. Wasserklosetts,

231

Page 233: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

die wesentlich kostenintensiver sind, setzen einen Wassertankmit 1 m3 und weitere 5 Liter Wasser pro Person und Tag zurSpülung voraus. Die Oxfam Sanitation Unit ist die teuerste Formder Entsorgung, sie dient bis zu 1000 Personen pro Tag, wofürmit einem Wasserverbrauch von 3000 l/d gerechnet werdenmuss.

7.2.3 Abwasser, Müll und StaubUm Seuchen zu vermeiden, sollte das Abwasser an bestimm-ten, vom Lager weit entfernten Stellen gesammelt und drainiertwerden. Eine weitere Gefahr hinsichtlich der Ausbreitung krank-heitsübertragender Insekten und Nager stellt die unkontrollierteEntsorgung von Müll dar. Dieser sollte an speziell ausgeschil-derten Stellen gesammelt und der Zutritt hierzu ausdrücklichverboten werden. Speziell der Entsorgung medizinischer Abfäl-le muß besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Des Wei-teren ist die gesundheitsgefährdende Wirkung großer MengenStaub zu bedenken, die zu Irritationen der Augen, Atemwegeund der Haut führen. Die besten Präventivmaßnahmen sind dieErhaltung der natürlichen Vegetation, das Befeuchten von Stra-ßen, sowie eine kontrollierte Verkehrsführung.

7.2.4 Bekämpfung von Insekten und NagetierenInsekten und Nagetiere übertragen und verbreiten Krankheitenund können Nahrungsmittelvorräte verunreinigen. Daher isteinerseits auf eine ausreichende Hygiene, sowie das Bedeckenvon Körper und Nahrungsmitteln zu achten, andererseits sindauch präventive Maßnahmen zur Limitierung und Eliminierunginsbesondere der Brutplätze der Vektoren von Bedeutung. Wer-den Arthropoden als Mitverursacher einer Epidemie vermutet,so ist für die Bekämpfung der Rat von Spezialisten (Entomolo-gen, Umweltbundesamt, Anhang 2) einzuholen.

7.3 ImpfungenImpfkampagnen sind eher zu Beginn als gegen Ende einer Epi-demie sinnvoll. In Deutschland zugelassen sind Impfstoffe gegen – Cholera– Diphtherie– FSME– Gelbfieber– Hepatitis A– Influenza– Meningokokken-Meningitis– Poliomyelitis– Typhus abdominalis

232

Page 234: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

International verfügbar sind Impfstoffe gegen die– Japanische Enzephalitis

Nur regional verfügbar sind Impfstoffe gegen – Affenpocken– Brucellose– Fleckfieber– Milzbrand– Pocken– Q-Fieber– Rift Valley-Fieber– Venezuelanische Pferde-Enzephalitis– Westamerikanische Pferde-Enzephalitis.

Bei Bedarf sind RKI (Robert Koch-Institut), CDC (Centers forDisease Control and Prevention) oder WHO (Weltgesundheitsor-ganisation) zu kontaktieren (Anhang 2).

233

Page 235: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

7.4 ChemoprophylaxeDie Chemoprophylaxe mit Arzneimitteln ist geeignet zur vorbeu-genden Krankheitsbekämpfung in Einzelfällen bei oder nachbesonderer Exposition gegenüber Infektionserregern sowieauch zur Sanierung gesunder Keimträger. Im Einzelnen sind fol-gende Medikamente anwendbar:

8. Rechtsgrundlagen der Seuchenbekämpfung

In den meisten Ländern können Grundrechte im Rahmen derSeuchenbekämpfung eingeschränkt werden, in Deutschland aufder Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die Maß-

Medikamente Krankheiten

Amantadin Influenza A

Ceftriaxon Lungenpest

Chloramphenicol Pest-MeningitisMilzbrand-MeningitisTyphus abdominalis

ChloroquinChloroquin + ProguanilMefloquin

Malaria

Ciprofloxacin FleckfieberMeningokokken-MeningitisMilzbrandPestTularämie

Doxycyclin MalariaFleckfieberQ-FieberPestTularämieCholera

Doxycyclin + RifampicinDoxycyclin + Streptomycin

Brucellose

Erythromycin Diphtherie

Itraconazol Histoplasmose

Penicillin Diphtherie

Ribavirin Argentinisches hämorrhagisches FieberHämorrhagisches Krim-Kongo-FieberLassa-Fieber

Rifampicin Meningokokken-Meningitis

Streptomycin Lungenpest

Tetracyclin Q-FieberTularämie

234

Page 236: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

nahmen umfassen im Wesentlichen die Isolierung von Patientenund Kontaktpersonen sowie Impfungen, nicht aber die zwangs-weise Therapie. Auf der Grundlage der International HealthRegulations können permanente oder vorübergehende immun-und chemoprophylaktische Maßnahmen im internationalenReiseverkehr angeordnet werden (WHO 2000). Für Ärzte undRettungshelfer kann im Katastrophenfall eine verminderte Haft-barkeit oder Haftung ohne Verschulden angenommen werden,wenn durch Versorgungsprioritäten (Sichtung) einzelne Opferminderversorgt werden müssen. Jedenfalls hat der Weltärzte-bund (1994) die Mitgliedsstaaten und Versicherungsgesell-schaften dazu aufgerufen, eine solche Regelung vorzusehen.

9. Ethik der Seuchenbekämpfung

Seuchen und andere Katastrophen können ein akutes und unvor-hergesehenes Ungleichgewicht zwischen der medizinischenKapazität und den Bedürfnissen der Opfer und Gefährdeten ver-ursachen. Hierdurch entstehen ethische Konflikte durch Ver-teilungsentscheidungen, wenn bestimmte Untergruppen vonBetroffenen bewusst unterversorgt werden. Ein mögliches Bei-spiel wäre die Vernachlässigung einzelner Schwerstkrankerzugunsten eines Impfprogramms. Solche Verteilungsentschei-dungen sind dem ärztlichen Ethos wesenfremd. Die ärztlicheBerufsordnung, das Genfer Gelöbnis, der Hippokratische Eid, derNürnberger Codex und die Deklaration von Helsinki enthaltenjedenfalls keine Maßstäbe, an denen die Verteilungsentschei-dungen auszurichten wären. Aus standesethischer Sicht sind nurbestimmte unverhandelbare Rechte des Patienten unstrittig, wieder Anspruch auf Hilfe ungeachtet der ethnischen, nationalen,politischen oder konfessionellen Zugehörigkeit sowie das Verbotder aktiven Sterbehilfe (Euthanasie). Die o.g. Verteilungsentschei-dungen sind gesetzlich allerdings nicht geregelt. Es wird daherempfohlen, nach der „Erklärung des Weltärztebundes zur ärzt-lichen Ethik im Katastrophenfall“ (Weltärztebund 1994) zu ver-fahren. Hiernach sollte der Arzt versuchen, eine Reihenfolge derPrioritäten für die Behandlung (Sichtung) aufzustellen, welche „dieRettung der größtmöglichen Zahl von Schwerverletzten, die eineChance zu genesen haben, und die Begrenzung der Morbiditätauf ein Minimum ermöglicht bei Hinnahme der umständebe-dingten Grenzen“. Die Sichtung sollte einem bevollmächtigtenArzt übertragen werden, dem kompetente Mitarbeiter zur Seitestehen. Der bevollmächtigte Arzt wäre sinnvollerweise von einemGremium eingesetzt, das aus Delegierten der öffentlichen undprivaten Seuchenbekämpfer besteht.

235

Page 237: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

10. Medizinischer Schutz vor biologischen Kampfmitteln(Med B-Schutz)

Der Med B-Schutz wird in Deutschland gegenwärtig nur vonder Bundeswehr (BW) bearbeitet, bei Verdacht auf Einsatz vonbiologischen Kampfmitteln wird daher die Konsultation derSanitätsakademie der Bundeswehr München empfohlen (s. u.Anhang 1).

10.1 Aufgaben des Med B-Schutzes:– Aufklärung von ungewöhnlichen Krankheitsausbrüchen bei

Verdacht auf B-Kampfmittel- Einwirkung

– Nachweis von B-Kampfstoffen (Med B-Aufklärung) undSpezialdiagnostik von Folgen einer B-Exposition (Infektion,Krankheit, Tod) in Kooperation mit Referenz-, Konsiliar- oderExpertenlaboratorien (Anhang 1)

– Absonderung (d.h. Quarantäne oder medizinische Beobach-tung) und ggf. notfallmedizinische Versorgung von B-Expo-nierten (Kranke und Verwundete) und Kontakten

– Bergung und Registrierung von B-Exponierten (Krankheits-verdächtige und Verwundete)

– Einstufung der krankheitsverdächtigen B-Exponierten nachPrioritäten für die nachfolgende Dekontamination (selbstän-dig, liegend assistiert), notfallmedizinische Behandlung undEvakuierung (liegend, beatmet, sitzend)

– Dekontamination (sofortiges Duschen der Körperoberflächemit Seifenlösung und Warmwasser, Desinfektion der Klei-dung und persönlichen Gegenstände)

– Durchführung postexpositioneller chemo- und immunpro-phylaktischer Maßnahmen

– Evakuierung der krankheitsverdächtigen B-Exponiertenunter Bereitstellung geeigneter Transportmittel und Schutz-kleidung zu ausgewiesenen Behandlungszentren mit Isolier-station (= Isolierung)

– Abschließende Dekontamination der Kontaminationszone,der Dekontaminationsplätze für Exponierte und Material, derIsolierbereiche für B-Exponierten und der Transportmittel

Der Transport von „B-Verwundeten“ in eine klinische Einrich-tung sollte innerhalb von 6 Stunden abgeschlossen sein. Fürden Transportmodus und die Einstufung der Dringlichkeit wer-den die Anzahl der Verwundeten, der klinische Zustand, die

236

Page 238: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Prognose sowie das Ansteckungsrisiko berücksichtigt. Solangeder B-Kampfstoff nicht identifiziert ist, sollten Krankheitsver-dächtige und Kranke in gesonderten Transportmitteln evakuiertwerden.

10.2 B-KampfmittelB-Kampfstoff und Einsatzmittel bilden die B-Kampfmittel. B-Kampfstoffe sind natürlich vorkommende oder veränderte Viren,Bakterien, Pilze und Gifte biologischen Ursprungs, die mit demZiel eingesetzt werden, Tod oder Krankheit bei Menschen, Tie-ren oder Pflanzen zu verursachen. Sie werden als Flüssigkeit(Suspension) oder Trockensubstanz (Lyophilisat, Spezialrezep-turen) ausgebracht. Einsatzmittel dienen der Verbreitung vonB-Kampfstoffen: Raketen, Bomben, Granaten, Absprühvorrich-tungen, Aerosolgeneratoren, Trinkwasserversorgungssysteme,Vektoren (z.B. Flöhe). B-Kampfmittel werden von Streitkräften,aber auch Terroristen, Kriminellen und Geisteskranken einge-setzt.

10.3 Wirkungen von B-KampfstoffenB-Kampfstoffe ähneln in ihrer Wirkung denen bei vergleichbarernatürlicher Exposition (Mimikry-Potential), wodurch verdeckteEinsätze begünstigt werden; Modellrechnung einer WHO-Expertenkommission: nach einem Aerosolangriff mit 50 kg Milz-brandsporen von einem Flugzeug aus in einer Großstadt mit500.000 ungeschützten Einwohnern wären 95.000 Tote und125.000 Erkrankte an Lungen-Milzbrand zu erwarten. Mit Hilfeder unterschiedlichen Kampfstoffeigenschaften können Perso-nen vorzugsweise getötet oder geschädigt oder auch als Infek-tionsquelle für Sekundär-Epidemien benutzt werden. Prinzipiellmuss damit gerechnet werden, dass Erkrankungen, die durchB-Kampfstoffe hervorgerufen werden, zum Teil erheblich vondenen durch natürliche Infektion vermittelten abweichen kön-nen.

Anhang

Anhang 1: Nationale Referenzzentren und Konsiliarlabora-torien (2005-2007)Das RKI hat für Deutschland Laboratorien benannt, die denNachweis der aufgeführten Erreger als Dienstaufgabe wahrneh-men und bevorzugt berücksichtigt werden sollen. Vom Auslandaus kann neben dem RKI auch die WHO und das CDC konsul-tiert werden.

237

Page 239: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Bakterielle Infektionen

Campylobacter-EnteritisNRZ für Salmonellen u. a. bakterielle EnteritiserregerAm Robert Koch-Institut (Bereich Werningerode)FG 11 – Bakterielle InfektionenBurgstr. 3738855 WerningerodeTel. 03943 697 206Fax 03943 697 207E-Mail [email protected]: Herr Prof. Dr. H. Tschäpe

PsittakoseKonsiliarlaboratorium für respiratorische InfektionenNiedersächsisches Gesundheitsamt HannoverRoesebeckstr. 4-630449 HannoverTel. 0511 4505 201Fax 0511 4505 240E-Mail [email protected]: Herr Dr. Dr. R. Heckler

BotulismusKonsiliarlaboratorium für anaerobe BakterienZentrum für InfektionsmedizinInstitut für Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Universität LeipzigLiebigstr. 2404103 LeipzigTel. 0341 971 5200Fax 0341 971 5209E-Mail [email protected]: Herr Prof. Dr. A.C. Rodloff

DiphtherieKonsiliarlaboratorium für DiphtherieMax von Pettenkofer-Institut für Hygiene und MedizinischeMikrobiologie der LMU-MünchenPettenkoferstr. 9a80336 MünchenTel. 089 5160 5201Fax 089 5160 5202E-Mail [email protected]: Prof. Dr. Dr. J. Heesemann

238

Page 240: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

TularämieKonsiliarlaboratorium für TularämieInstitut für Mikrobiologie der BundeswehrBereich Studien und WissenschaftNeuherbergstr. 1180937 MünchenTel. 089 3168 3277 / 2918 / 2312 Fax 089 3168 3292 E-Mail [email protected]

[email protected]: Herr Dr. W. Splettstößer

Herr Dr. E.-J. Finke, Herr Dr. Seibold

LegionelloseKonsiliarlaboratorium für LegionellenInstitut für Medizinische Mikrobiologie und Hygienedes Universitätsklinikums der TU DresdenFiedlerstr. 4201307 DresdenTel. 0351 458 6580 /6554Fax 0351 458 6310 E-Mail [email protected]: Herr Dr. Chr. Lück

Meningokokken-MeningitisNRZ für Meningokokken am Institut für Hygiene undMikrobiologie der Universität WürzburgJosef-Schneider-Str. 297080 WürzburgTel. 0931 201 46160Fax 0931 201 46445E-Mail [email protected]

[email protected] www.meningococcus.de/Leitung: Herr Prof. Dr. M. Frosch

PestKonsiliarlaboratorium für Yersinia pestisMax von Pettenkofer-Institut für Hygiene und MedizinischeMikrobiologie der LMU MünchenPettenkoferstr. 9a80336 MünchenTel. 089 5160 5201Fax 089 5160 5202E-Mail [email protected]: Herr Prof. Dr. Dr. J. Heesemann

Herr Dr. A. Rakin

239

Page 241: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

ParasitosenMalariaNRZ für tropische InfektionserregerBernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Bernhard-Nocht-Str. 7420359 HamburgTel. 040 428 18 401Fax 040 428 18 400E-Mail [email protected]: www.bni-hamburg.de/Leitung: Herr Prof. Dr. B. Fleischer

Herr Prof. Dr. H. Schmitz

PilzinfektionenKryptokokkose, Histoplasmose, KokzidioidomykoseKonsiliarlaboratorium für Cryptococcus neoformans, Pseudallescheria boydii/Scedosporium sp. und Erreger außereuropäischer SystemmykosenRobert Koch-Institut – Fachgebiet 14, MykologieNordufer 2013353 BerlinTel. 01888 754 2208Fax 01888 754 2614E-Mail [email protected]: Frau Dr. K. Tintelnot

Virusinfektionen

Lassa-Fieber, Argentinisches hämorrhagisches Fieber,Bolivianisches hämorrhagisches Fieber, Dengue, Ebola-Fieber,Marburg-Krankheit NRZ für tropische InfektionserregerBernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Bernhard-Nocht-Str. 7420359 HamburgTel. 040 428 18 401Fax 040 428 18 400E-Mail [email protected]: www.bni-hamburg.de/Leitung: Herr Prof. Dr. B. Fleischer

Herr Prof. Dr. H. Schmitz

240

Page 242: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Hepatitis A, Hepatitis EKonsiliarlaboratorium für HAV und HEVInstitut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität RegensburgFranz-Josef-Strauß-Allee 1193053 RegensburgTel. 0941 944 6408Fax 0941 944 6402E-Mail [email protected]: Herr Prof. Dr. W. Jilg

Importierte VirusinfektionenNRZ für tropische InfektionserregerBernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Bernhard-Nocht-Str. 7420359 HamburgTel. 040 428 18 401Fax 040 428 18 400E-Mail [email protected]: www.bni-hamburg.de/Leitung: Herr Prof. Dr. B. Fleischer

Herr Prof. Dr. H. Schmitz

PockenvirenKonsiliarlaboratorium für PockenvirenRobert Koch-InstitutNordufer 2013353 BerlinTel. 01888 754 2310Fax 01888 754 2605E-Mail [email protected]: Herr Prof. Dr. G. Pauli

Rotavirus-EnteritisKonsiliarlaboratorium für RotavirenRobert Koch-InstitutNordufer 2013353 BerlinTel. 01888 754 2379 / 2378Fax 01888 754 2617E-Mail [email protected]: Herr Dr. habil. E. Schreier

241

Page 243: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

EM-SchnelldiagnostikKonsiliarlaboratorium für elektronenmikroskopische ErregerdiagnostikRobert Koch-Institut, Fachbereich VirologieNordufer 2013353 BerlinTel. 01888 754 2234Fax 01888 754 2914E-Mail [email protected]: Herr Dr. N. Bannert

Ausgewählte Syndrome (syndromorientierte Konsiliarlaboratorien)

Bakterielle EnteritisKonsiliarlaboratorium für gastrointestinale Infektionen (bakteriell)Institut für Medizinische Mikrobiologie und HygieneKlinikum der Universität FreiburgHermann-Herder-Str. 1179104 FreiburgTel. 0761 203 6590Fax 0761 203 6562E-Mail [email protected]: Herr Prof. Dr. med. M. Kist

Virus-EnteritisKonsiliarlaboratorium für elektronenmikroskopische Diagnostikviraler Erreger gastrointestinaler InfektionenInstitut für Medizinische MikrobiologieUniversitätsklinikum MünsterVon-Stauffenberg-Str. 3648151 MünsterTel. 0251 7793 149Fax 0251 7793 206E-Mail [email protected]: Herr Prof. Dr. J.E. Kühn

Virale Atemwegsinfektion einschließlich InfluenzaKonsiliarlaboratorium für respiratorische Infektionen (viral)Niedersächsisches Landesgesundheitsamt HannoverRoesebeckstr. 4 – 630449 HannoverTel. 0511 4505 201Fax 0511 4505 240Ansprechpartner: Herr Dr. Dr. R. Heckler

242

Page 244: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Anhang 2: Klinische und technische Kompetenzzentren

Abteilung für Infektions- und Tropenmedizinder Universität MünchenLeopoldstr. 580802 MünchenTel. 089 2180 13500Fax 089 336112E-Mail [email protected]

Abteilung für Präventiv- und TropenophthalmologieAugenklinik der Universität MünchenMathildenstraße 880336 MünchenTel. 089 5160 38 24

Abteilung für Tropenmedizin und Infektionskrankheiten Ernst-Heydemann-Straße 618057 RostockTel. 03 81 494 75 11Fax 03 81 494 75 09E-Mail [email protected]

Arbeitsgruppe Katastrophenmedizin, Krisenmanagement und Humanitäre Hilfe (AGKM)Chirurgische KlinikHoppe-Seyler-Str. 372076 TübingenTel. 07071 2986680Fax 07071 [email protected] 0451 798 058

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin HamburgBernhard-Nocht-Straße 7420359 HamburgTel. 040 428180Fax 040 4281 8400E-Mail [email protected]

Bundesanstalt THW (THW-Ltg.)Deutschherrenstr. 93-9553177 BonnPostfach 20035153133 BonnTel. 0228 9400Fax 0228 9401520E-Mail [email protected]

243

Page 245: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Centers for Disease Control 1600 Clifton Rd., N.E.Atlanta, GA 30333U.S.A.Tel. 001 404 639 3311

Dornier GmbH88039 FriedrichshafenTel. 07545 85621E-Mail [email protected]

DS Safety WearArbeitsschutzprodukte GmbHIm Rohnweiher 1453797 LohmarTel. 02205 920060Fax 02205 9200626E-Mail [email protected]

Infektiologie CharitéAugustenburger Platz 113353 BerlinTel. 030 450 553052Fax 030 450 553906E-Mail [email protected]

Infektions-, Tropenmedizin und ImmunschwächeerkrankungenStädtisches Klinikum München Klinikum SchwabingKölner Platz 180804 MünchenTel. 089 30 68 2601Fax 089 30 68 3910E-Mail [email protected]

Institut für Medizinische Parasitologieder Universität BonnSiegmund-Freud-Straße 2553127 BonnTel. 0228 2 875673Fax 0228 287 9573E-Mail [email protected]

244

Page 246: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Institut für Tropenhygiene und Öffentliches Gesundheitswesen Uni HeidelbergIm Neuenheimer Feld 32469120 HeidelbergTel. 06221 565344Fax 06221 565948

Institut für Tropenmedizin BerlinSpandauer Damm 13014050 BerlinTel. 030 301166Fax 030 30116888E-Mail [email protected]

Institut für Tropenmedizin DresdenStädtisches Klinikum Dresden-FriedrichstadtFriedrichstraße 4101067 DresdenTel. 0351 4803801E-Mail [email protected]

Institut für Tropenmedizin TübingenKeplerstr. 1572074 TübingenTel. 07071 29 823 65Fax 07071 29 52 67E-Mail [email protected]

Kyll GmbHWasseraufbereitungSchneppruthe 451469 Bergisch GladbachTel. 02202 52086Fax 02202 57242

Missionsärztliche KlinikSalvatorstraße 797074 WürzburgTel. 0931 791 28 21Fax 0931 791 2826E-Mail [email protected]

Robert Koch-InstitutNordufer 2013353 BerlinTel. 01888 7540Fax 01888 754 2328

245

Page 247: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Sektion Infektiologie und klinische ImmunologieUniversitätsklinikum UlmMedizinische Klinik IIIRobert-Koch-Straße 889081 UlmTel. 0731 5024421Fax 0731 5024422E-Mail [email protected]

Städtisches Klinikum St. GeorgII. Klinik für Innere MedizinDelitzscher Straße 14104129 LeipzigTel. 0341 9092619Fax 0341 9092630

Tropenmedizinische Ambulanz der Uniklinik DüsseldorfMoorenstr. 540225 DüsseldorfTel. 0211 811 7031Fax 0211 811 8752

UmweltbundesamtFB IV 1.5 - Dr. G. HoffmannBismarckplatz 114193 BerlinTel. 030 8903 (0) 1332 / 1383Fax 030 89032285

Universitätsklinikum LeipzigCentrum für Innere MedizinFachbereich Infektions- und TropenmedizinPhilipp-Rosenthal-Str. 2704103 LeipzigTel. 03 41 9724971Fax 03 41 9724979E-Mail [email protected]

World Health OrganizationAvenue Appia 20CH-1211 Genf 27SchweizTel. 0041 22 791 2111Fax 0041 22 791 3111E-Mail [email protected]

246

Page 248: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Anhang 3: Desinfektionsmittel

Anhang 4: Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Azidoseausgleichbei schweren Durchfallkrankheiten

Orale Rehydratationslösung (ORS) nach WHONaCl 3,5 g/lTrinatriumcitratdihydrat 2,9 g/lKCl 1,5 g/lGlukose 20,0 g/l

Kommerziell erhältlich z. B. als Elotrans® Pulver

Parenterale RehydrierungRinger-Lactat-Lösung

Anhang 5: Melde- und Anzeigepflicht

Formal besteht für einige der o.g. Infektionen keine Meldepflichtnach dem IfSG. Grundsätzlich ist jedoch auch jedes Auftreteneiner bedrohlichen Krankheit oder von mehreren gleichartigenErkrankungen (wenn ein epidemischer Zusammenhang wahr-scheinlich ist oder vermutet wird) zu melden, wenn dies auf eineschwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit hinweist undKrankheitserreger als Ursache in Betracht kommen. Melde-pflichtig ist im Regelfall der feststellende Arzt. Für Notärzte ent-fällt die Meldepflicht dann, wenn der Patient unverzüglich ineine ärztlich geleitete Einrichtung gebracht wurde. In Deutsch-land erfolgen die Meldungen an das regionale Gesundheitsamtund von dort über die Landesbehörden an das RKI. Das RKI

Objekt Mittel (Beispiele von Handelspräparaten)

Hände Desderman NPromanum NSpitacid

BedienungsknöpfeBettenFußbodenGeräteMobiliarToilettenUntersuchungsliegeVerbandswagen

Buraton 10FIncidin PerfectIncidin PLUSMelsitt

BlutdruckmanschetteKunststoffStethoskop

Alkohol 70 %

247

Page 249: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

wiederum informiert im Rahmen internationaler Gesundheitsvor-schriften WHO, EU und die einzelnen EU-Länder. BeiInfektionen der beteiligten Ärzte und Rettungshelfer ist dieAnzeigepflicht nach der BKV zu beachten. Anzeigepflichtig beiVerdacht auf eine Berufskrankheit sind der behandelnde Arztund der Arbeitgeber.

Literatur1. De Boer, J.; Dubouloz, M. (Hrsg.): Handbook of disaster

medicine, Van der Wees, Utrecht, 2000

2. DSMZ: Bacterial nomenclature up-to-date.http://www.dsmz.de/bactnom/bactname.htm

3. Goh, K. J. et al: Clinical features of Nipah virus encephalitisamong pig farmers in Malaysia. N. Engl. J. Med. 342 (2000)S. 1229 – 1235

4. Hofmann, F. (Hrsg.): Infektiologie, ecomed, Landsberg/Lech1991 (wird ständig aktualisiert und ergänzt)

5. Index Virum: The Universal Virus Database.http://life.anu.edu.au/viruses/Ictv/fr-indv0.htm

6. Knobloch, J. (Hrsg.): Tropen- und Reisemedizin. GustavFischer, Jena, 1996

7. Robert Koch-Institut (Hrsg.): Nationale Referenzzentren undKonsiliarlaboratorien. Robert Koch-Institut, Berlin, 1999

8. Sohns, A. et al: Gesundheitsschäden durch ABC-Kampfmit-tel und ähnliche Noxen, in: Hempelmann, G. et al (Hrsg.):Notfallmedizin 3, Georg Thieme, Stuttgart, 1999, S. 612 –625

9. Weltärztebund: Erklärung des Weltärztebundes zur ärzt-lichen Ethik im Katastrophenfall, verabschiedet von der 46. Generalversammlung des Weltärztebundes Stockholm,Schweden, September 1994

10. WHO: International travel and health. Vaccination require-ments and health advice. WHO, Genf, 2000 (wird jährlichaktualisiert)

Danksagung

Wir danken Herrn Prof. Dr. U. Wiesing, Lehrstuhl für Ethik in derMedizin, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, für seine Hilfe beider Ausarbeitung des Kapitels „Ethik der Seuchenbekämp-fung“.

248

Page 250: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

16. Vögel als Infektionsverbreiter

J. Knobloch

Die Ausbreitung des überwiegend in Afrika und Asien beheima-teten West Nile-Virus in die Oststaaten der USA wurde wesent-lich durch Zugvögel verursacht, in denen sich die Viren auchreplizieren. Bisher gibt es aber keine Anzeichen einer wesentli-chen Einschleppung von West Nile-Fieber nach Deutschland.

Vögel können sich auch mit Borrelia burgdorferi, Borrelia gariniiund Borrelia afzelii infizieren. Obwohl die Weitergabe der Infekti-on an Zecken häufig nicht gelingt, so tragen doch Vögel durchdie Verschleppung infizierter Zecken zur Verbreitung der Lyme-Borreliose bei.

Wildvögel können sich zudem über Abfall und Abwasser mitEnteritis-Bakterien wie Salmonellen oder Campylobacter spp.infizieren und diese Infektion direkt oder indirekt auf Menschenübertragen (Reed et al, 2003).

Besondere Aufmerksamkeit verdient die sogenannte Vogelgrip-pe (Geflügelgrippe, Geflügelpest, Hühnergrippe, aviäre Influen-za, avian influenza, AI), weil sie sich in Einzelfällen, als Epidemieoder sogar als Pandemie auf den Menschen ausbreiten kann.Sie wird durch bestimmte Subtypen des Influenza A-Virus her-vorgerufen. Andere Subtypen dieses Virus sind für die mensch-liche Influenza (Grippe) verantwortlich, die Übergänge sind aberfließend.

Influenza A-Viren sind durch ein stachelartiges Oberflächenreliefcharakterisiert, die durch die Glykoproteine Hämagglutinin (HA)und Neuraminidase (NA) gebildet werden, von denen es 15 HA-und 9 NA-Varianten gibt. HA ist das immundominante Antigen,während NA für die Virusreplikation durch Spaltung der Bindun-gen zwischen HA und Rezeptor von Bedeutung ist.

Influenza A-Viren kommen bei Menschen, Säugetieren (Schwei-ne, Pferde) und Vögeln vor. Von Wasservögeln, die meist asymp-tomatisch infiziert sind, kann sich das Virus auf Nutzgeflügelverbreiten. H5- und H7-Subtypen der Influenza A-Viren könnenunter Geflügel bis zu 100% letal wirken. Diese Krankheit wirddann als hochpathogene aviäre Influenza (HPAI, highly pathoge-nic avian influenza) bezeichnet. Die gefährlichen HPAI-Viren sindnormalerweise nicht in Wildgeflügel zu finden. Sie entstehen

249

Page 251: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

offenbar erst durch Mutationen, nachdem sie auf Hausgeflügelübertragen worden sind. Bei ausreichender Infektiosität könnensich die Viren im Menschen weiter ausbreiten und zu lebensge-fährlichen Erkrankungen führen, im ungünstigsten Fall in Formvon einer Pandemie, wie sie z. B. 1918 zu 20 bis 50 MillionenTodesfällen geführt hat. Die low pathogenic avian influenza(LPAI) verursacht bei den Vögeln hingegen nur milde respiratori-sche Symptome, Inaktivität und eine reduzierte Eiproduktion.

Der Mensch infiziert sich üblicherweise über Kot oder Innereienvon Nutzgeflügel. Die Infektion ruft üblicherweise keine oder nurleichte Krankheitserscheinungen hervor, z. B. eine Konjunktivitis.Sie kann aber schwer verlaufen, wenn es sich um virulenteVirussubtypen handelt, z. B. um den Subtyp H5N1, der seitDezember 2003 zunächst nur in asiatischen Ländern zu zahlrei-chen Erkrankungsfälle mit einer Letalität von > 50 % hervorge-rufen hat.

Die große genetische Variabilität der Influenzaviren beruht aufder hohen Mutationsfrequenz und der Fähigkeit zum geneti-schen Reassortment (Genaustausch). Die Anhäufung vonPunktmutationen führt stufenweise zu einer Veränderung derbeiden Oberflächenantigene HA und NA und damit zu einer sogenannten Antigendrift. Neue Driftvarianten sind verantwortlichfür das Auftreten von Epidemien und regional begrenzten Aus-brüchen. Bei gleichzeitiger Infektion mit zwei verschiedenenVirusvarianten bzw. Subtypen kann es zu einem Neuarrange-ment (Reassortment) der acht Segmente des RNA-Genomskommen. Dieses Phänomen, das bei einer Doppelinfektion mitaviären und humanen Influenzaviren zur Entstehung neuerhumaner Subtypen führen kann, bezeichnet man als Antigen-shift. Eine solche Antigenshift war verantwortlich für die Entste-hung der Pandemien in den Jahren 1957 und 1968. Bis 1957zirkulierten beim Menschen H1N1-, danach H2N2-Viren und ab1968 der Subtyp H3N2. Seit 1977 ist eine Kozirkulation derSubtypen H1N1 und H3N2 zu verzeichnen. Infektionen desMenschen mit aviären Subtypen wie H5N1, H9N2, H7N7 undH7N3 waren bisher seltene Ereignisse und Todesfälle fast aus-schließlich mit dem Subtyp H5N1 assoziiert.

Als mögliche Rekombinationsgefäße für neue Viren, die zuHumanpandemien führen können, werden auch Schweineangesehen, die über spezifische Rezeptoren sowohl für huma-ne, als auch für aviäre Influenzaviren empfänglich sind, und diegelegentlich veränderte Vogelviren hervorbringen, die für denMenschen hochinfektiös und -pathogen sind. Bei den aviären

250

Page 252: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Erregern humaner Infektionen, die zum Teil von Mensch zuMensch übertragbar waren (Ungchusak et al 2005), z. B. denSubtypen H7N7 in England und in den Niederlanden sowieH5N1 und H9N2 in China, war allerdings nicht in allen Fällendas Schwein als Rekombinationsgefäß vonnöten, sondern dieaviären Influenzaviren waren zum Teil offenbar unmittelbarinfektiös für Menschen mit der Möglichkeit, sich hier mitHumanviren weiter zu rekombinieren. Eine effektive Verbreitungvon Mensch zu Mensch wird nur dann möglich, wenn das Virusentsprechend mutiert, was auch ohne Rekombination mit ande-ren Influenzaviren möglich ist, wie das retrospektiv für die Virender Pandemie von 1918 gezeigt wurde. Eine Pandemie durchdie aktuelle Vogelgrippe wird daher für möglich gehalten (TheWriting Committee of the World Health Organization (WHO)Consultation of Human Influenza A/H5 2005).

Influenzaviren werden aerogen durch Exspirationströpfchenübertragen. Die Kontagiosität ist hoch. Eine Ansteckungsfähig-keit beginnt bereits kurz (< 24 Stunden) vor Auftreten der klini-schen Symptomatik und besteht danach gewöhnlich für 3–5Tage, bei kleinen Kindern bis zu 7 Tagen.

Das klinische Bild von Influenzavirus-Erkrankungen kann sehrunterschiedlich sein, es reicht von symptomarmen bis zuschwersten toxischen Verläufen mit tödlichem Ausgang. In Ein-zelfällen entstehen tödliche Verläufe mit Durchfall und anschlie-ßendem Koma ohne respiratorische Symptome (de Jong et al,2005).

In der Regel ist die Erkrankung durch plötzlich auftretendeshohes Fieber über 39° C, Schüttelfrost, Muskelschmerzen,Schweißausbrüche, allgemeine Schwäche, Kopfschmerzen,Halsschmerzen und trockenen Reizhusten gekennzeichnet(influenza-like illness, ILI).

Die schwersten Verlaufsformen sind der perakute Todesfall beiJugendlichen und jüngeren Erwachsenen innerhalb wenigerStunden und die primäre Influenzapneumonie. Weitere Kompli-kationen können Enzephalitiden und Myokarditiden sein. Kom-plikationen können in jedem Lebensalter auftreten, betreffenjedoch vorrangig Personen mit Grundkrankheiten.

Relativ häufig entwickeln sich Pneumonien durch bakterielleSuperinfektion (Staphylokokken, Pneumokokken, Haemophilusinfluenzae). Bei Kindern können eine Otitis media und das Reye-

251

Page 253: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Syndrom (Enzephalopathie in Kombination mit fettiger Degene-ration der Leber) auftreten.

Eine Diagnose ist anhand der klinischen Symptome bei spora-dischen Erkrankungen schwer zu stellen, da die Klinik der ande-rer respiratorischer Erkrankungen ähnelt. Lediglich während derjährlichen Erkrankungshäufungen und bei Epidemien hat dieSymptomatik einen so guten Vorhersagewert, der es ermög-licht, die Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit alleinklinisch zu diagnostizieren. Die labordiagnostische Sicherungder Diagnose ist aber generell wünschenswert.

Für eine Schnelldiagnostik ist der direkte Nachweis viralerAntigene auch mit Schnelltests (Immunchromatografie) ausNasen-, Rachen- und Alveolarsekret innerhalb der ersten vierKrankheitstage möglich. Zudem gibt es alle in der Virologiegebräuchlichen diagnostischen Methoden. Eine zusätzlicheSubtypisierung z. B. zur Differenzierung der humanen H1N1-und H3N2-Viren von den gefährlichen aviären H5- und H7-Sub-typen kann im Einzelfall indiziert sein. Dazu sollte jeweils dasregional zuständige Referenzzentrum konsultiert werden.

Ein serologischer Antikörpernachweis mittels Komplementbin-dungsreaktion (KBR), ELISA, Hämagglutinationshemmtest, Neu-tralisationstest oder indirekter Immunfluoreszenz gelingt ab derzweiten Krankheitswoche.

Die Behandlung leichter Verläufe ist symptomatisch, bei bakte-rieller Superinfektion sind Antibiotika indiziert. Es sollte beachtetwerden, dass die Gabe von Salizylaten bei Kindern wegen derGefahr der Entstehung eines Reye-Syndroms (akute Enzephalo-pathie in Kombination mit fettiger Degeneration der Leber)kontraindiziert ist. Für Kinder mit einer Dauermedikation vonSalizylaten ist deshalb eine Impfung besonders wichtig.

Bei Personen mit einem hohen Risiko für Komplikationen isteine spezifische Frühtherapie mit antiviralen Medikamentenmöglich. Während der M2-Membranproteinhemmer Amantadinnur und nicht immer gegen Influenza A-Viren wirksam ist (WHO2005), wirken die Neuraminidasehemmer Oseltamivir und Zana-mivir gegen Influenza A und B durch Blockierung der Aktivitätder viralen Neuraminidase. Sie vermindern den Schweregradder Erkrankung und schützen auch vor Hospitalisierung undTodesfällen. Die antivirale Therapie einer Influenza sollte spätes-tens 48 Stunden nach Einsetzen der Symptome beginnen. Für

252

Page 254: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

die Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren sind nicht alleMedikamente zugelassen.

Einzelfälle von eingeschleppter aviärer Influenza beim Men-schen sollen unter Hochsicherheitsbedingungen isoliert werden(WHO 2005).

Für den Fall einer Influenza-Pandemie wurden globale, natio-nale und regionale Pandemiepläne entwickelt, die eine engeKooperation von WHO, Bund, Ländern, Kommunen und denTrägern medizinischer Einrichtungen erfordern. Wann die näch-ste durch Vogelgrippeviren verursachte Influenza-Pandemieauftreten wird, ist nicht abzuschätzen. Die epidemiologischeLage muss daher akribisch verfolgt werden. In Deutschlandnehmen diese Surveillance-Funktion hauptsächlich das Natio-nale Referenzzentrum (NRZ) und die Arbeitsgemeinschaft Influ-enza (AGI) wahr. Andere Laboratorien tragen durch Isolierungvon Viren ebenfalls zur Identifizierung und Charakterisierung derzirkulierenden Influenzaviren bei. Auf europäischer Ebene exis-tiert das Netzwerk European Influenza Surveillance Scheme(EISS), das mit den zuständigen internationalen Organisationenund der WHO die internationale Surveillance sichert. Zudem istdie Bevölkerung aufgerufen, Auffälligkeiten wie aus unklarerUrsache verendetes Geflügel den Aufsichtsbehörden zu mel-den.

Für die Immunprophylaxe der Bevölkerung wurde ein soge-nannter Pandemie-Impfstoff prinzipiell vorbereitet und zugelas-sen. Er muss im Pandemiefall um die aktuellen Antigeneergänzt werden, wofür gegenwärtig eine Produktionszeit von 15Wochen veranschlagt wird.

Eine weitere Säule der Prävention stellt die Bevorratung antivi-raler Arzneimittel dar, um im Pandemiefall die impfstofffreie Zeitzu überbrücken. Das Konzept ist gegenwärtig nur auf die Früh-behandlung Erkrankter ausgelegt. Eine Erweiterung auf die prä-und postexpositionelle Prophylaxe wäre aber denkbar und ins-besondere für die Beteiligten aus Heilberufen wünschenswert.Die Sinnfälligkeit der Eigenbevorratung ist umstritten.

Eine umfassende Detailplanung erfordert das infektionshygieni-sche Management, mit dem unter Berücksichtigung der jeweilszur Verfügung stehenden Kapazitäten die Versorgung undAbsonderung von Erkrankten, die Umsetzung von Präventiv-maßnahmen zu Hause, in ambulanten medizinischen Einrich-tungen und in Krankenhäusern sowie der Zugang zu Arzneimit-

253

Page 255: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

teln und Impfungen geregelt wird (Bundesärztekammer, Arznei-mittelkommission der deutschen Ärzteschaft und Kassenärztli-che Bundesvereinigung 2005).

Ärztliches und Pflegepersonal soll aktuell gegen Grippe geimpftsowie in Kittelpflege und Händehygiene geübt sein. Im Umgangmit Patienten ohne engen Kontakt ist ein im Operationsbereichüblicher Mund-Nase-Schutz ausreichend. Bei direktem Patien-tenkontakt soll eine korrekt angelegte FFP2-Maske getragenwerden, bei hoher Exposition, z. B. im Rahmen einer Broncho-skopie oder Intubation, eine FFP3-Maske und eine Schutzbrille.

Literatur1. Bundesärztekammer, Arzneimittelkommission der deut-

schen Ärzteschaft und Kassenärztliche Bundesvereinigung:Saisonale Influenza, Vogelgrippe und potenzielle Influenza-pandemie. Dtsch Ärztebl 102 (2005) A 3444-A 3455

2. de Jong, M. D. et al: Fatal avian influenza A (H5N1) in a childpresenting with diarrhea followed by coma. N Engl J Med352 (2005) 686-691

3. Reed, K. D. et al: Birds, migration and emerging zoonoses:West Nile virus, Lyme disease, influenza A and enteropatho-gens. Clin Med Res 1 (2003) 5-12

4. The Writing Committee of the World Health Organization(WHO) Consultation of Human Influenza A/H5: Avian influen-za A (H5N1) infection in humans. N Engl J Med 353 (2005)1374-1385

5. Ungchusak, K. et al: Probable person-to-person transmissi-on of avian influenza A (H5N1). N Engl J Med 352 (2005)333-340

6. WHO: Avian influenza A (H5N1) infection in humans. N EnglJ Med 353 (2005) 1374-1385

254

Page 256: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

17. Großschadenslagen durchbiologische Agenzien

R. Fock

Potenzielle Ursachen für Großschadensfälle durch biologischeAgenzien sind (1) Naturkatastrophen, (2) Laborunfälle und Hava-rien – vor allem in der Trinkwasserversorgung und im Abwasser-system –, (3) Einsatz biologischer Agenzien zu kriminellen, terro-ristischen oder militärischen Zwecken und – nicht zuletzt – (4)eine natürlicherweise etwa alle 20 bis 40 Jahre auftretendeInfluenzapandemie.

Problematische Seuchenlagen durch Naturereignisse dürften inDeutschland am ehesten als Folge von außerordentlichen Über-schwemmungen bzw. Flutkatastrophen auftreten. In solchenFällen muss grundsätzlich mit Ausbrüchen und lokalen Epide-mien, ausgelöst durch fäkal-oral übertragbare Krankheitserregerwie Hepatitis A-Virus, Enteroviren, Rotaviren, Norwalk-Viren,Leptospiren, Salmonella typhimurium, S. typhi u.a. Salmonellen,Shigellen, pathogenen E. coli, u.a. auch als Folge von Havarienin Kläranlagen, gerechnet werden. Diese Erreger bzw. die durchsie verursachten Krankheiten stellen bei größeren Ausbrüchenhinsichtlich der zu ergreifenden Schutzmaßnahmen allerdingsmehr ein quantitatives als ein qualitatives und vornehmlich aufdas Gesundheitswesen begrenztes Problem dar und werdenmeist überschätzt. Katastrophenlagen durch natürliche Ereignis-se erhöhen im Allgemeinen allenfalls das Risiko, dass die Inzi-denz sporadischer Erkrankungsfälle – unterhalb der Schwellezur Epidemie – ansteigt.

Großschadenslagen in Folge von Laborunfällen oder durch denEinsatz biologischer Agenzien zu kriminellen oder terroristi-schen Zwecken sowie eine Influenzapandemie stellen im Ver-gleich dazu eine weitaus größere Herausforderung dar hinsicht-lich der zu ergreifenden Schutzmaßnahmen sowohl für dieEinsatzkräfte als auch für die Bevölkerung.

Biologische Kampfstoffe

Biologische Kampfmittel bestehen aus B-Kampfstoff (= biologi-sches Agens) und Einsatzmittel. Aus epidemiologischer Sichtlassen sich B-Kampfstoffe einteilen in Erreger ansteckenderKrankheiten, Erreger nicht ansteckender Krankheiten und Toxi-

255

Page 257: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

ne. Das Spektrum der potenziellen Auslöser biologischer Angrif-fe umfasst mehr als 70 natürlich vorkommende human- undtierpathogene Bakterien, Rickettsien, Chlamydien, Pilze undViren sowie eine noch unbestimmte Zahl pflanzlicher, mikrobiel-ler und tierischer Toxine. Darüber hinaus sind auch gentech-nisch veränderte Organismen (GVO) in Betracht zu ziehen. AusSicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO), des B-Waffen-Übereinkommens und der NATO kommen ca. 30 humanpatho-gene Krankheitserreger aus den Risikogruppen 3 und 4 sowiehoch toxische, relativ leicht zu produzierende biologische Giftein die engere Auswahl. Die Problematik der ätiologischen Auf-klärung von B-Großschadenslagen resultiert nicht nur aus einerunbestimmten Zahl von denkbaren B-Szenarien (nach US-Schätzungen >1.600 militärische Optionen), sondern auch ausder Komplexität der zur Anwendung kommenden Agenzien (ein-zeln oder in Kombination mit weiteren Organismen, Toxinen,radioaktivem Material oder chemischen Noxen). Wie die Erfah-rungen mit früheren kriminellen oder terroristischen Aktionenzeigen, muss neben der Anwendung „typischer“ B-Kampfstoffeauch mit dem Einsatz „konventioneller“ Erreger endemischeroder enzootischer Krankheiten gerechnet werden (z. B. Salmo-nella typhimurium durch die Rajneshee-Sekte in den USA1987). Es erscheint sinnvoll, das Hauptaugenmerk hier zunächstauf die Agenzien zu richten, die bereits zur Anwendung kamenund munitioniert wurden und deshalb als sog. „Dirty Dozen“bezeichnet werden: Anthrax, Brucellose, Pest, Pocken, Tular-ämie, Q-Fieber, Melioidose, Marburg-Virus-Krankheit, Venezola-nische Pferdeenzephalitis (VEE). Toxine (Botulinum, Rizin,Staphylokokken-Enterotoxin B) sind, auch wenn sie durch bio-logische Verfahren gewonnen wurden, von ihrer Wirkungsweise– sie führen zu einer Vergiftung, nicht zu einer Infektionskrank-heit – und der aus Sicht der Schadensbewältigung zu ergreifen-den Maßnahmen eher den C-Kampfstoffen vergleichbar.

B-Kampfstoffe können als Flüssigkeit (Suspension) oder alsTrockensubstanz (z. B. gefriergetrocknet) freigesetzt werden. AlsEinsatzmittel für B-Kampfstoffe kommen Raketen, Clusterbom-ben und Granaten in Frage, die bei ihrer Detonation den B-Kampfstoff in Aerosolform überführen und ggf. auch mechani-sche oder thermische Verletzungen setzen können. WeitereEinsatzmittel sind tragbare und mobile Sprühvorrichtungenoder Aerosolgeneratoren. Letztlich können auch Trinkwasser-versorgungseinrichtungen, Vektoren (Insekten, Nagetiere) oderBrief- und Paketsendungen als Einsatzmittel verwendet werden.

256

Page 258: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Erkundung der Lagen

Anders als bei Naturkatastrophen und Laborunfällen oder etwaeinem Sprengstoff-Attentat ist bei einem bioterroristischenAnschlag der Zeitpunkt des Erkennens der Gefahrenlage nichtunbedingt identisch mit dem Ereigniszeitpunkt. B-Kampfstoffesind lautlos und unsichtbar zu verbreiten, mit menschlichen Sin-nessorganen nicht wahrnehmbar und derzeit mit Warnsystemenauch nicht nachweisbar. Die Wirkungen biologischer Kampfstof-fe sind zudem natürlichen Infektionsgeschehen weitgehendähnlich (sogenanntes Mimikry). Neben nachrichtendienstlichenoder kriminalistischen Hinweisen können aber infektionsepide-miologische Beobachtungen wie ein plötzliches, synchronisier-tes Auftreten von uniformen, unspezifischen Allgemeinsympto-men, häufig mit nachfolgender pulmonaler Symptomatik,rascher Progredienz und verbunden mit einer hohen Morbiditätund Letalität, einer auffälligen geographischen Verteilung, einerungewöhnlichen Jahreszeit, das Fehlen typischer Vektoren/Reservoire bzw. natürlicher Ursachen oder ein Massensterbenvon Tieren Anlass geben, einen B-Terrorangriff zu vermuten. Diejeweiligen Inkubations- bzw. Latenzzeiten sind zu beachten. Soist mit dem Auftreten klinischer Symptome in Folge von Lun-genpest oder Botulismus-, Rizin- oder Staphylokokken-Entero-toxin-B-Vergiftung bereits in den ersten Stunden bis zu fünfTagen zu rechnen, bei Brucellose und Q-Fieber erst nach fünfbzw. zehn bis zu 90 Tagen. Drohende Sekundärinfektionen beidirekter Mensch-zu-Mensch-Übertragung infektiöser B-Kampf-stoffe oder z.B. wochen- bis jahrzehntelange Persistenz desErregers in der Umwelt bedingen unterschiedliche Maßnahmen.

Bei biologischen Gefahrenlagen ist die Erkundung der Lagedeshalb in besonderem Maße abhängig von dem Ausgangssze-narium: (1) Ist der Anschlag offensichtlich oder wurde derAnschlag, ggf. unter Angabe des verwendeten Agens, angekün-digt oder liegt ein sog. Bekennerschreiben vor? (2) Handelt essich um ein plötzlich auftretendes Krankheits- und Infektionsge-schehen, das aufgrund seines Ausmaßes, seiner Ungewöhn-lichkeit oder anderer Umstände sofort als ein aus dem Rahmenfallendes, besondere Maßnahmen erforderndes Ereignis erkanntwird oder zumindest zu einem entsprechenden Verdacht führt?Oder: (3) Entwickelt sich die biologische Großschadenslageohne erkennbares initiales Ereignis eher schleichend, „infiltrie-rend“, und ist als solche und möglicherweise auch als Infekti-onsgeschehen für einige Tage, Wochen oder sogar Monatenicht zu erkennen?

257

Page 259: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Hieraus wird deutlich, dass wir sowohl eine kontinuierlicheÜberwachung des Infektionsgeschehens (Surveillance) benöti-gen als auch die personellen und institutionellen Voraussetzun-gen für eine gezielte Aufklärung eines verdächtigen Ereignissesim Bedarfsfall. Ist eine Früh- oder Echtzeit-Erkennung von B-Anschlägen nicht möglich, können anti-epidemische Maßnah-men nicht rechtzeitig ergriffen werden und sich ansteckendeKrankheiten unter Umständen auch über ein weites Areal ver-breiten.

Surveillance

Auf der Grundlage des neuen Infektionsschutzgesetzes (IfSG)verfügt Deutschland gegenwärtig über ein effizientes Instrumentzur kontinuierlichen Überwachung, Beobachtung und Meldungin Deutschland üblicher und auch ungewöhnlicher Infektions-krankheiten. Durch Online-Vernetzung des Robert Koch-Institu-tes (RKI) mit den Landesgesundheitsbehörden und den rund430 Gesundheitsämtern können die Meldungen jetzt zeitnahund in geographischer Zuordnung ausgewertet und Alarmebeim Auftreten ungewöhnlicher Krankheitsausbrüche ausgelöstwerden (24h-Rufbereitschaft am RKI). Außerdem können Task-Force-Teams für „Aufsuchende Epidemiologie“ für On-site-Untersuchungen in Amtshilfe zur Unterstützung der regionalenGesundheitsbehörden bereitgestellt werden. Das RKI ist gleich-zeitig im Early-Warning-System der Europäischen Union (EU)und in Programmen zur Surveillance bestimmter Infektions-krankheiten integriert. Zurzeit besteht allerdings keine Möglich-keit, eine syndromorientierte Surveillance durchzuführen.

Viel zu wenig beachtet und systematisch erforscht wurden bis-her die Möglichkeiten zur Frühwarnung, die sich aus unverzüg-lichen Meldungen klinisch auffallender Beobachtungen im Ret-tungsdienst, bei der niedergelassenen Ärzteschaft und in derKrankenhausaufnahme ergeben könnten. Eine ungewöhnlicheHäufung bestimmter (vergleiche oben!) Symptome oder Syndro-me beim Krankentransport oder bei der Aufnahme in Klinikenkönnten frühzeitig und bereits vor der infektionsepidemiologi-schen Surveillance Hinweise auf ein außergewöhnliches Infekti-onsgeschehen liefern. Voraussetzung dafür ist, dass Ärzteschaftund Rettungsdienst über das hierfür notwendige Fachwissenverfügen, entsprechend „sensibilisiert“ sind und einen kompe-tenten Ansprechpartner im Öffentlichen Gesundheitsdienst fin-den.

258

Page 260: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Gezielte Aufklärung eines verdächtigen Ereignisses im Bedarfsfall

Von den ABC-Schadenslagen sind die biologischen am schwie-rigsten zu erkunden. Während an zahlreichen Stellen mobileMesssysteme für nukleare Materialien und chemische Verbin-dungen vorgehalten werden, ist zur Analyse von biologischenAgenzien bisher nichts Praxiserprobtes vorhanden. Es fehlt einScreening, um noch vor Ort die notwendige Entscheidungs-sicherheit für Maßnahmen zu gewinnen, die u. U. auch erheb-liche Grundrechtseinschränkungen mit sich bringen, und um dieFehlbeanspruchung hochqualifizierter personal-, material- undzeitaufwendiger Laboruntersuchungen zu reduzieren. [Zu diesenEinschränkungen gehören nach dem IfSG: das Recht auf Kör-perliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG); Freiheit derPerson (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG); Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG);Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG); Unverletzlichkeit der Woh-nung (Art. 13 Abs. 1 GG); Brief- und Postgeheimnis (Art. 10 GG);vergleiche unter Anti-epidemische Maßnahmen]. Klassifizieren-de Systeme wie das chemisch-biologische Massenspektrome-ter und identifizierende Methoden wie PCR- und immunologi-sche Techniken müssen für diese Zwecke weiterentwickelt undaufeinander abgestimmt werden.

Labordiagnostik

Derzeit stehen für die Diagnostik von Krankheitserregern derRisikogruppe 4 zwei Einrichtungen in Hamburg bzw. Marburgzur Verfügung (Tab. 1). Ein drittes Labor soll in den nächstenJahren am RKI in Berlin eingerichtet werden. Krankheitserregerder Risikogruppe 3 sowie Toxine können in zahlreichen anderenEinrichtungen diagnostiziert werden. Ansprechpartner für spe-zielle Fragen zur Aufklärung von Infektionskrankheiten und vonSymptomkomplexen sind auch die Nationalen Referenzzentrenund Konsiliarlaboratorien (http://www.rki.de).

Selbstschutz

Abgesehen von den durch kontaminierte Nahrungsmittel undTrinkwasser ausgehenden Gefahren müssen in erster LinieAtemwege, Augen und Schleimhäute vor biologischen Agenziengeschützt werden. Für die Bevölkerung heißt dieses im Alarm-fall: Menschenansammlungen zu vermeiden, Fenster und Türenzu verschließen (ggf. Klimaanlage abzuschalten) und im Hause

259

Page 261: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

zu verbleiben. Das Anlegen eines kleinen Vorrates an Lebens-mittel- und Trinkwasservorräten kann unter diesem Gesichts-punkt durchaus sinnvoll sein. Eine Bevorratung von Antiinfektiva(etwas von Antibiotika zur Postexpositionsprophylaxe) durchLaien wird, unabhängig von der rechtlichen Problematik, da essich um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt, derzeitvon den meisten Fachleuten nicht befürwortet, da die mögli-chen Folgen eines unsachgemäßen Gebrauches höher bewertetwerden als der zu erwartende Nutzen.

Auch das Tragen von Ganzkörper-Schutzanzügen durch Laienkann nicht ohne weiteres empfohlen werden: wer einen Schutz-anzug nach bereits erfolgter Exposition anlegt, erhöht die Infek-tionsgefahr, da er die Krankheitserreger dadurch umso fester ansich bindet. Partikeldichte Halbmasken zur Filterung der Atem-luft (siehe auch weiter unten bei Einsatzkräfte) könnten einen(zusätzlichen) individuellen Schutz bieten, werden derzeit aberoffiziell nicht empfohlen. Wichtig ist es aber, in diesem Zusam-menhang an die allgemeine, altbekannte Hygiene zu erinnern:persönliche Sauberkeit, entsprechend häufiges und sorgfältigesHändewaschen mit Wasser und Seife, Nahrungsmittelhygiene(ggf. Nahrungsmittel ausreichend erhitzen!), Wäschehygiene,Bekämpfung von Ungeziefer, sachgemäße Abfallentsorgungu.s.w. Die Anwendung von speziellen Flächen- und Instrumen-ten-Desinfektionsmitteln in Privathaushalten ist im Allgemeinennicht sinnvoll, die Verwendung von (milden) Händedesinfekti-onsmitteln mit nachfolgender Hautpflege dagegen schon. Auchdas Tragen von Schutzhandschuhen kann für den Bürger imEinzelfall (z. B. bei Erhalt von Postsendungen ungewöhnlicherHerkunft) eine sinnvolle Vorbeugung sein. Es versteht sich vonselbst, dass verdächtige Gegenstände bei entsprechenderGefahrenlage grundsätzlich nicht berührt, verdächtige Behält-nisse (z. B. Briefe, Pakete) nicht geöffnet werden sollen (verglei-che http://www.rki.de).

Potenziellen Einsatzkräften und Ersthelfern kann, sofern dieseüber keine spezielle eigene Schutzausrüstung verfügen, zurelativ geringen Kosten die Anschaffung eines sog. „Infek-tionsschutz-Sets“ angeraten werden, bestehend aus flüssig-keitsabweisendem Einmal-Overall, einer partikelfiltrierendenHalbmaske FFP3S, einer Arbeits-Schutzbrille, Schutzhandschu-hen und einem Entsorgungsbeutel (siehe Tab. 2). Zu beachtenist, dass diese Ausrüstung einen guten Schutz in biologischenGefahrenlagen, nicht aber vor chemischen Noxen bietet.

260

Page 262: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Schadensbewältigung

Im Gegensatz zu rein physikalisch-mechanischen Einwirkungen(wie z. B. Detonationen, Zug- oder Flugzeugunglücke etc.) undunvergleichlich mehr als durch chemische (z. B. Giftgas) odernukleare Noxen (z.B. Havarie des Reaktors in Tschernobyl) ver-ursachten Lagen besteht bei biologischen Agenzien die Gefahrder Sekundärkontamination bzw. -infektion und damit die Ent-wicklung eines sich vom eigentlichen Anschlag oder Unfall ver-selbständigenden Infektionsgeschehens. Neben und währendder Krankenversorgung, der Bestattung der Verstorbenen undweiterer Maßnahmen für die unmittelbar Betroffenen muss des-halb der Kontrolle der Weiterverbreitung von KrankheitserregernVorrang eingeräumt werden. Die durch biologische Agenzien,die nicht direkt von Mensch-zu-Mensch übertragbar sind (wieinsbesondere Toxine, z. B. Botulismus), ausgelösten Lagen sindhingegen aus Sicht der Schadensbewältigung und der zu tref-fenden Maßnahmen vergleichbar mit den durch chemischeNoxen hervorgerufenen. (Empfehlungen des Robert Koch-Insti-tuts zur Vorgehensweise bei Verdacht auf Kontamination mitgefährlichen Erregern (z. B. Verdacht auf bioterroristischenAnschlag) finden sich unter http://www.rki.de.

Probennahme

Zur Bestätigung eines mutmaßlichen biologischen Anschlagesund zur Sicherung der Diagnose sowie zur Bestimmung derErregereigenschaften (u.a. auch der Empfindlichkeit gegenüberAntiinfektiva) müssen geeignete Untersuchungsmaterialiensichergestellt werden. Hierzu gehören sowohl Umweltproben(wie z.B. Lebensmittel, Trinkwasser, Pulver aus einem Brief-umschlag etc.) als auch Körperflüssigkeiten (Venenblut, Urin,Liquor, Punktate, Sekrete, Stuhl, Erbrochenes) sowie Nasen-und Rachen-Abstriche. Auch an eine Biopsie von Tieren oderTierkadavern sollte gedacht werden. Grundsätzlich sollten vierTeilmengen (Aliquote) einer jeden Probe gewonnen werden: einefür eine sofortige, orientierende Untersuchung mit einfachenMitteln (z. B. Mikroskop oder Massenspektrometer), sowie dreiweitere für weitergehende diagnostische Verfahren in hochspe-zialisierten Laboratorien (z. B. Elektronenmikroskopie, Kultur,Nukleinsäureanalyse, Serologie, Tierversuch). Die Probennahmemuss vor der Dekontamination und vor einer antiinfektiösenTherapie erfolgen.

261

Page 263: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Dekontamination

Stellenwert und Durchführung einer Dekontamination in B-Lagen sind mit der in C-Lagen nur sehr bedingt vergleichbar.Die Einwirkungszeit biologischer Agenzien auf intakter Hautspielt in der Regel eine geringere Rolle als die chemischer Gifteund Kampfstoffe, der Einwirkungsdauer der Dekontaminations-mittel kommt bei biologischen Kampfstoffen hingegen größereBedeutung zu. Entsprechend des Ergebnisses der zur Verfü-gung stehenden Zeit und der vorzunehmenden Sichtung (mitInspektion und Anamneseerhebung) stehen an erster Stelle eineReinigung des Gesichts und eine Reinigung und Desinfektionder Hände, an zweiter Stelle ein Wechsel der Oberbekleidungund der Schuhe mit anschließender Desinfektion derselben, andritter Stelle die Ganzkörperdusche (mit oder ohne desinfizie-renden Mitteln).

Da die fachgerechte Dekontamination Exponierter und Verletz-ter einen relativ hohen Personalbedarf geschulter Einsatzkräfteerfordert, wird bei einem Massenanfall von Exponierten bzw.Verletzten kritisch zu prüfen sein, ob diese Maßnahme vordring-lich bzw. tatsächlich notwendig ist, zumal bis zur Einsatzbereit-schaft der Hilfskräfte und dem Aufbau eines Dekontaminations-platzes mindestens 60 bis 120 Minuten vergehen. Andererseitsist die Dekontamination B-Exponierter wichtig, um die Kontami-nation der Körperoberflächen und ggf. Wunden zu verringernund eine weitere Verschleppung des Kampfstoffes (insbesonde-re in medizinische Versorgungsbereiche) zu verhindern.

Händedesinfektion: Nach gründlichem Händewaschen (nichtSchrubben!) Desinfektion mit 0.2% Peressigsäure (z. B.0,5 %ige Lösung von Wofasteril®), Einwirkzeit 2 x 1 Minute.

Flächendesinfektion: 1 %ige Peressigsäure (z. B. 2,5 %igeLösung von Wofasteril®). Einwirkzeit 30 Minuten oder 10 %igeFormaldehydlösung (Einwirkzeit 2 Stunden; danach gut lüften).Die Sicherheitshinweise der Hersteller sind unbedingt zu beach-ten! Auch flüssigkeitsdichte Schutzkleidung kann mit einer1 %iger Peressigsäurelösung dekontaminiert werden; eine Ein-wirkzeit von 5 Minuten führt zu einer hohen Keimreduktion, sodass das Ablegen der Schutzkleidung nur mit einem geringenRisiko verbunden ist.

Wunden können mit 3 %iger Wasserstoffperoxidlösung gespültwerden.

262

Page 264: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Postexpositionsprophylaxe

Solange das biologische Agens unbekannt ist, wird eine kalku-lierte postexpositionelle Prophylaxe (PEP) empfohlen, die mög-lichst viele Krankheitserreger erfassen sollte. Für Toxine undViren – von einigen wenigen Ribavirin-empfindlichen Arten undz. B. der Influenza, für die Amantadin und die neu entwickeltenNeuraminidase-Hemmer zur Verfügung stehen, abgesehen –sind derzeit noch keine ausreichend effektiven Mittel für diePEP verfügbar. Für Bakterien sollten oral applizierbare Antibio-tika mit einem breiten Wirkungsspektrum und guter Verträglich-keit angewandt werden. Grundsätzlich sind mindestens zweiStoffklassen einzusetzen, die bei evtl. Unverträglichkeit (z. B.Allergie, Schwangerschaft) ausgetauscht werden können. Umeiner eventuell vorliegenden oder sich entwickelnden Resistenzzu begegnen, wird die Kombination eines Tetrazyklinpräparates(z. B. Doxycyclin 2 x 100 mg) mit einem Gyrasehemmer ab 3.Generation (z.B. Ciprofloxacin 2 x 500 mg oder Levofloxacin 1 x500 mg oder Moxyfloxacin 1 x 400 mg) empfohlen. Alternativsind beim Vorliegen von Kontraindikationen, Unverträglichkeitenoder Allergien etc. folgende Monoprophylaxen anwendbar:Doxycyclin 2 x 100 mg, Gyrasehemmer (siehe oben), Clarithro-mycin 2 x 500 mg oder Roxythromycin 3 x 300 mg/Tag.

Krankenversorgung

Die Versorgung der unmittelbar Betroffenen bzw. Exponiertenumfasst die Sichtung, den Krankentransport, die ambulante undstationäre medikamentöse, die ärztliche und pflegerischeBehandlung, die Postexpositionsprophylaxe sowie ggf. dieBestattung. Handelt es sich um biologische Agenzien der Risi-kogruppen 4 oder 3, sind unter Umständen noch besondereIsolierungsbedingungen (Absonderung, Quarantäne) zu beach-ten.

Für eine erste orientierende Hilfe wurde für die in der Notfallver-sorgung, im Rettungsdienst und im Katastrophenschutz, alsauch für die in Klinikambulanzen, Arztpraxen und im öffentli-chen Gesundheitswesen Tätigen ein Handbuch zur Diagnoseund Therapie von Erkrankungen durch biologische Kampfstoffeaus dem Amerikanischen übersetzt und an die deutschenGegebenheiten angepasst1. Es wird durch zweimal jährliche

263

1 Rega, P. Bio-Terry (Hrsg. der deutschen Ausgabe: Moecke, Hp., Finke, E.-J., Fleischer, K., Fock, R., Rechenbach, P., Schlögel, R.): Handbuch zur Diagnose und Therapie vonErkrankungen durch biologische Kampfstoffe. ABW Wissenschafts-Verlag Berlin, 2002

Page 265: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

„Updates“ jeweils dem neuesten Kenntnisstand angepasst. Ausdem Amerikanischen übersetzt und bearbeitet ist auch einHandbuch für den Sanitätsdienst der US-Armee, das sog. „BlueBook“ des USAMRIID, deren Original (www.usamriid.army.mil/education/bluebook.html) und deutsche Fassung (www.landes-gesundheitsamt.de/servlet/PB/show/1154166/bluebook.pdf)auch über das Internet verfügbar sind.

Sofortmaßnahmen

Die Erstversorgung vor Ort beinhaltet die üblichen Maßnahmenzur Kreislaufstabilisierung (ggf. Infusion über zentralen venösenZugang) und Schockprophylaxe bzw. Schockbekämpfung,Unterstützung der Atmung (ggf. Intubation, Beatmung), Sedie-rung (bei Angstzuständen und Panikreaktionen), kalkulierte Ver-abreichung von Antibiotika. Diese Maßnahmen haben grund-sätzlich Vorrang vor der Diagnostik oder einer Dekontamination.

Krankentransport

Der Transport von B-Kampfstoff-Exponierten kann nur nacherfolgter Dekontamination oder ggf. auch in ausschließlich fürden Transport von nicht-dekontaminierten Personen bestimm-ten Fahrzeugen erfolgen. Priorität haben hier einfache Trans-portmittel (KTW u.ä.). Der Transport intensivpflichtiger infektiö-ser Patienten erscheint in der Phase der Erstversorgung beimMassenanfall von Patienten kaum realisierbar. Evakuierungs-bzw. Transportprioritäten sind vorher festzulegen.

Stationäre Krankenversorgung und Absonderung(Quarantäne)

Handelt es sich um ansteckende Infektionskrankheiten, sind allemutmaßlich ungeschützten B-Exponierten grundsätzlich alspotenziell infiziert und somit als Ansteckungsverdächtige zubehandeln. Können Pest, Pocken und bestimmte virale hämor-raghische Fieber (VHF) nicht ausgeschlossen werden, sind alleAnsteckungsverdächtigen abzusondern und medizinisch zuüberwachen. Für die Behandlung einzelner schwerer Krank-heitsfälle stehen spezielle Sonderisoliereinheiten in denBehandlungszentren in Hamburg, Berlin, Leipzig, Frankfurta.M., Würzburg, München und in Saarbrücken zur Verfügung(siehe Tab. 1).

264

Page 266: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Bei einer größeren Zahl von Erkrankten sind behelfsmäßig Iso-lierstationen einzurichten. Die Unterbringung der Patientenselbst wäre in geräumten Krankenhausgebäuden und ggf. auchin Hilfskrankenhäusern („Behelfskrankenhäusern“, „Notkran-kenhäusern“) möglich. Problematisch wäre jedoch, dass das fürden Betrieb der Hilfskrankenhäuser notwendige Personal ausden umgebenden Krankenhäusern und aus dem niedergelasse-nen Bereich zusammengestellt werden müsste. Eine weitereMöglichkeit wäre die Versorgung in Sanatorien und Kurkliniken.Die notwendige personelle Aufstockung durch Fachpersonalwürde die sonstige ambulante und stationäre Versorgung nichternsthaft gefährden. Die Nutzung abseits gelegener größererHotels und die Beschaffung eines zentral bereit gestellten Con-tainer-Krankenhauses mit entsprechender Ausstattung, Schleu-sen und Lüftungstechnik wären weitere Möglichkeiten. Denregionalen Gegebenheiten kommt hier die entscheidende Rollezu. Mit Unterstützung der Kompetenzzentren und mit fachlicherBeratung und ggf. auch Konsiliardiensten vor Ort durch dieBehandlungszentren sollte sich die stationäre Unterbringungund Versorgung in den einzelnen Regionen vorbereiten lassen.(Hinsichtlich der notwendigen Ausbildung des medizinischenPersonals kommt dem in Zusammenarbeit mit dem RobertKoch-Institut an der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg (PDDr. A. Stich) etablierten Trainingsprogramm zum Managementvon Patienten mit hochkontagiösen Erkrankungen eine hoheBedeutung zu.)

Seuchenhygienisches Management und antiepidemische Maßnahmen

Entscheidend bei direkt von Mensch zu Mensch übertragbarenKrankheiten ist das adäquate Management der Exponierten undKontaktpersonen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienstund die hierfür eingerichteten Kompetenzzentren. Zu diesemManagement gehören insbesondere die Ermittlung, Klassifizie-rung und Beratung der Personen mit Risiko, die Festlegung undKoordination der notwendigen Maßnahmen (z.B. Dekontamina-tion, Postexpositionsprophylaxe, Beobachtung, Absonderung)sowie die Koordinierung der Amtshilfe und die Risikokommuni-kation. Für die Akzeptanz dieser – im Infektionsschutzgesetzvom 20.7.2000 festgelegten – Maßnahmen seitens der Betroffe-nen, ihrer Darstellung in den Medien und für das Vertrauen derBevölkerung in die Fachkompetenz der Behörden ist ein mög-lichst konsistentes Vorgehen in den 16 Bundesländern bzw. ca.430 Gesundheitsamtsbezirken und eine adäquate Risikokom-

265

Page 267: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

munikation erforderlich. Für diese Zwecke wurden von der zivil-militärischen Bund-Länder-Fachgruppe Seuchenschutz folgen-de Hilfsmittel bzw. Formulare erarbeitet: Risikoeinteilung derExponierten und Kontaktpersonen, Maßnahmenkataloge für dieAngehörigen der verschiedenen Risikogruppen mit Empfehlun-gen zur Beobachtung, Absonderung, Isolierung, Tätigkeitsver-boten, Postexpositionsprophylaxe etc., Aussteigekarte bzw.Verletztenanhänger mit persönlichen Angaben, Hinweisen zurExposition (Anamnese) und zum weiteren Vorgehen nach ent-sprechender Sichtung. Diese Materialien können über dasInternet heruntergeladen und ausgedruckt werden wie auchLeitlinien für zweckmäßige Vorgehensweisen und seuchen-hygienisch erforderliche Sicherheitsmaßnahmen beim Kranken-transport, der Patientenbehandlung und -pflege sowie bei derBestattung an besonders kontagiösen und gefährlichen Infekti-onskrankheiten leidenden Patienten bzw. Verstorbenen.

Bei Verdacht auf Vorliegen einer B-Schadenslage sind – auchunabhängig von den bestehenden gesetzlichen Meldepflichten– unbedingt die zuständigen Gesundheitsbehörden unverzüg-lich zu informieren und ggf. zur Abklärung des Sachverhaltesund zur Festlegung des weiteren Vorgehens sowie der notwen-digen Schutzmaßnahmen hinzuziehen. Das Gesundheitsamt istbei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ermächtigt, allenotwendigen Ermittlungen über Art, Ursache und Ansteckungs-quelle bzw. Ausbreitung der Krankheit zu ermitteln (§ 25 IfSG).Die Betroffenen haben diese Ermittlungen zu dulden. Kranke,Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige sowie Aus-scheider können einer Beobachtung unterworfen werden (§ 29IfSG) und ihnen kann die Ausübung einer bestimmten berufli-chen Tätigkeit ganz oder teilweise untersagt werden (§ 31 IfSG).Für an Lungenpest oder an von Mensch zu Mensch übertragba-rem hämorrhagischen Fieber erkrankte oder dessen verdächtigePersonen ist eine Absonderung („Quarantäne“) vorgeschrieben(§ 30 IfSG). Als notwendige Schutzmaßnahmen können aus-drücklich auch Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungeneiner größeren Zahl von Menschen beschränkt oder verbotenwerden (§ 28 IfSG). Unerlässlich ist die Beratung der Betroffe-nen. Da nicht in jedem Gesundheitsamt entsprechende Fach-kompetenz für hochinfektiöse Krankheiten oder für bioterroris-tisch verwendete Erreger vorgehalten werden kann, sind inverschiedenen Regionen die Kompetenzzentren Infektions-schutz eingerichtet worden (Tab. 1).

266

Page 268: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

267

Tab. 1:

Gesetzliche Meldepflicht: zuständiges (örtliches) GesundheitsamtDas örtliche, gemäß Infektionsschutzgesetz zuständige Gesundheitsamt muss immer verständigt werden!

Management-Beratung: Kompetenzzentren Infektionsschutz1:Frankfurt/M.: Kompetenzzentrum Hessen (ganztätig über Flugleitstelle Frankfurt am Main): (069) 44 10 33Hamburg: Fachstab Seuchenschutz (Alarmierung ganztägig über Bernhard-Nocht-Institut): (040) 42 81 80Leipzig: Kompetenzzentrum Sachsen (ganztätig über Quarantäne-Team Leipzig): (0170) 761 82 44Stuttgart: Kompetenzzentrum Baden-Württemberg im LGA Baden-Württemberg 8-16h2: (0711) 1849-247München (städtisch:) Referat für Gesundheit und Umwelt der Stadt München (089)233-37660, -37570Robert Koch-Institut, Berlin: http://www.rki.de (01888) 754-0

Behandlung: Behandlungszentren/Sonderisoliereinheiten Infektiologie3:Frankfurt/M.: Universitätsklinikum, Zentrum Innere Medizin, Abt. Infektiologie 24h: (069) 63 01-74 10, -7411Hamburg: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin 24h: (040) 42 81 80Berlin: Charite, Campus Virchow-Klinikum, Med. Klinik/Infektiologie 7-16h: (030) 450 55 30 52; ab 16h: (030) 450 50Leipzig: Städtisches Klinikum St. Georg, 2. Med. Klinik (0341) 909 40 05Würzburg4: Missionsärztliche Klinik, Tropenmedizinische Abteilung 8-16h: (0931) 791-28 21; ab 16h: (0931) 791-0München Städtisches Krankenhaus München-Schwabing (089) 3068-2620Saarbrücken Klinikum Saarbrücken, Medizinische Klinik 24 h: (0681) 963-2525 oder -2316

Page 269: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

268 Labordiagnostik: nächst gelegenes L3-Labor5:Virale hämorrhagische Fieber (L4):Nationales Referenzzentrum für tropische Infektionserreger u. Konsiliarlabor für importierte Virusinfektonen Bernhard-Nocht-Institut, Hamburg 24h: (040) 428 18-0 oder -240Ebola-, Marburg-Virus (L4):, Institut für Virologie, Univ. Marburg (06421) 286-6253 oder -6254Robert Koch-Institut Berlin (L3) 24h: (01888) 754-0Pocken: Konsiliarlabor Elektronenmikropskopische Erregerdiagnostik am RKI, Berlin: (01888)754-2337 oder (030) 4547-4

Konsiliarlabor für Poxviren, Institut für Med. Mikrobiologie, LMU München (089) 21 80-2594 oder 2180-2527Botulismus: Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit u. Verbraucherschutz, Erfurt (0361) 7409-10 oder 7409-110Pest: Konsiliarlabor für Yersinia pestis, Max von Pettenkofer-Institut, München (089) 5160-5201 oder (0171) 422 60 26

Robert Koch-Institut, Wernigerode (03943) 679-206 oder 679-0Institut für Mikrobiologie, Sanitätsakademie der Bundeswehr, München (089) 3168-3277 oder 3168-2805

Tularämie: Konsiliarlabor für Tularämie, Sanitätsakademie der Bundeswehr, München (089) 3168-3277 oder 3168-2805Influenza: NRZ für Influenza, Niedersächsischen Landesgesundheitsamt, Hannover (0511) 45 05-201

NRZ für Influenza, Robert Koch-Institut, Berlin (01888) 754-24 56 oder -2464

Liste aller Nationalen Referenzzentren und weiterer Konsiliarlaboratorien: http://www.rki.de

Page 270: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Probenversand: Gefahrguttransportunternehmen (Beispiele):

Trans-o-flex, Abt. Gefahrgut, Zentralleitung Weinheim,http://www.trans-o-flex.de/index_ie.htm (06201) 988-0 oder 988-110

World Courier Deutschland GmbH,http://www.worldcourier.de/german/offices/offices.htm#(030)243 14 20 (Berlin), (040) 511 12 22

1 Die Organisation und Zusammensetzung der einzelnen Kompetenzzentren ist unterschiedlich(ÖGD, Intensivmedizin, Infektiologie, Tropenmedizin, Epidemiologie, Krankenhaushygiene,Rettungsdienst/Feuerwehr, Ordnungsbehörden/Polizei, Katastrophenschutz, z.T. auchToxikologie u.s.w.). Nicht alle Bundesländer haben ein Kompetenzzentrum Infektionsschutzfür lebensbedrohende hochkontagiöse Infektionskrankheiten und biologische Großscha-denslagen bzw. Katastrophenfälle eingerichtet oder entsprechende Kooperationsvereinba-rungen mit dem Kompetenzzentrum eines benachbarten Bundeslandes getroffen. PrimärePartner der Kompetenzzentren sind die Behörden des ÖGD (zuständiges Gesundheitsamt)und ggf. andere Behörden bzw. Institutionen der Gefahrenabwehr. In der Regel sollte derKontakt zu einem kooperierenden Kompetenzzentrum durch das zuständige Gesundheits-amt vermittelt werden. – Primäre Ansprechpartner des Robert Koch-Institutes sind die ober-sten Landesgesundheitsbehörden (§ 4 IfSG).

2 außerhalb der Dienstzeiten über die örtlichen Gesundheitsämter (www.lga-bw.de/ifsg), beideren Nichterreichbarkeit über die Polizeidienststellen erreichbar.

3 Die Verlegung in ein Behandlungszentrum bzw. eine Sonderisoliereinheit sollte nur nachRücksprache mit dem zuständigen Kompetenzzentrum bzw. mit dem aufnehmenden Kran-kenhaus erfolgen.

4 Trainingszentrum mit Sonderisoliereinheit5 sollte rechtzeitig beim Gesundheitsamt oder den regional zuständigen Katastrophenschutz-

behörden erfragt werden.

Tabelle 2:

269

Infektionsschutz-Set

Schutzanzug Einmal-Overall mit Kapuze, flüssigkeitsabweisend- möglichst mit integriertem Füßling - 1 Stück

Kopfhaube - kann entfallen bei Overall-Kapuze - (1 Stück)

Mund-Nasen-Schutz Partikelfiltrierende Halbmaske FFP3S/L/VEN 149 (mit oder ohne Ventil) 1 Stück

Arbeits-Schutzbrille Mit indirekter Belüftung und seitlichem Spritzschutz 1 Stück

Schutzhandschuhe Vinyl, extra lang,Dichtigkeit gemäß DIN EN 455-1 2 Paar

Schutzhandschuhe kurz, unsteril, zum schnellen Wechseln 1 Paket

Überziehschuhe 2 Paar

Entsorgungsbeutel Kennzeichnung: Abfallgruppe C(für die Schutzausrüstung) 1 Stück

Verpackung Folienschutzbeutel mit Snap-Verschluss 1 Stück

Page 271: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 272: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

271

Aspekte zum Management inKatastrophensituationen

Page 273: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 274: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

18. Katastrophenmanagement imKrankenhaus – Empfehlungen für den Ärztlichen Dienst

H. Strauss, J. Schüttler

Um im Katastrophenfall auch die Versorgung der Betroffenen inden Krankenhäusern sicherzustellen, bedarf es einer Vorpla-nung und Vorsorge, damit nicht die Katastrophe lediglich vomSchadensort in die aufnehmende Klinik verlagert wird. Aus derSicht des Krankenhauses sind dabei zwei grundlegende Szena-rien zu berücksichtigen: die „interne Schadenslage“ bei großenNotfallsituationen innerhalb des Krankenhaus und die „externeSchadenslage“. Wichtig für die Vorplanungen ist dabei, dassmöglichst viele Abläufe in beiden Situationen identisch – undmöglichst wenig vom Routineablauf abweichend – vorgesehenwerden, um Missverständnisse und Unklarheiten auszuschlie-ßen.

Interne KatastrophenlageBei der internen Katastrophenlage kommt es durch Schadens-ereignisse innerhalb der Klinik – in Ausnahmefällen auch außer-halb der Klinikgebäude – zu Einschränkungen bis hin zum kom-pletten Ausfall der Patientenversorgung. Beispiele für derartigeSzenarien können sein:

– Brand / Rauchentwicklung– Austritt von Schadstoffen (Gase, Dämpfe)– Wasserrohrbruch mit Wasserschäden– Bombendrohung– Ausfall der Medien, insbesondere Strom, Sauerstoff etc.– Ausfall der Kommunikationssysteme– Ausfall der Nachschubeinrichtungen (z. B. Brand in Lager-

haltungen, Naturkatastrophen)– Beeinträchtigung des Klinikbetriebs durch extern freigesetz-

te Schadstoffe

Betreffen diese Ereignisse nur bestimmte Teile einer Klinik (ein-zelne Stationen, Gebäude), so soll versucht werden, die betrof-fenen Patienten innerhalb der Klinik zu verteilen. Hierzu müssenvorhandene Not-Kapazitäten bekannt und vorbereitet sein(Nebenräume, Flure etc.). Grundsätzlich gilt dabei für Brander-eignisse, dass eine Verlagerung möglichst immer in den über-nächsten autarken Brandschutzabschnitt zu erfolgen hat; dabeisoll die Verlegung auf einer identischen baulichen Ebene der

273

Page 275: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Verlegung über verschiedene Ebenen (Aufzugsproblematik!)vorgezogen werden. Gleichzeitig muss auch an die Entlassunggeeigneter Patienten nach Hause zur Schaffung weiterer Kapa-zitäten gedacht werden. Hier wird man in begrenztem Umfangauf Fahrzeuge des Rettungsdienstes zurückgreifen können,aber auch den Einsatz von Taxen für gehfähige Personen insAuge fassen müssen. Verlegungen in andere Kliniken werdeninsbesondere dann erforderlich werden, wenn mit einem Kom-plettausfall der betroffenen Einrichtung gerechnet werden muss.Problematisch wird die Situation dann, wenn durch den Ausfalleines Krankenhauses in einem Bereich das routinemäßigePatientenaufkommen auf die noch funktionsfähigen Häuserumgeleitet werden muss und damit deren Auslastung ohnehinzunimmt. In diesen Fällen sollte auch eine organisierte Verle-gung in weiter entfernte Krankenhäuser – etwa im Sinne desSammeltransports, ggf. auch mit Bussen des öffentlichen Per-sonennahverkehrs oder Privatunternehmen – erwogen werden.

Die Auslagerung kompletter Einheiten – etwa einzelner Betten-stationen – in vorgeplante Ersatzräume kommt in dann Frage,wenn geeignete Räumlichkeiten in der Nähe vorhanden sind.Hierbei bewähren sich Sporthallen (auch Veranstaltungssäle) inbesonderem Maße, da zum einen eine gute Straßenanbindungbesteht und zum anderen die erforderliche Infrastruktur (Hei-zung/Lüftung, Toiletten, Duschen, Kochmöglichkeiten, Umklei-deräume etc.) bereits betriebsbereit vorhanden ist. So schafftetwa das Auslegen der in Sporthallen zahlreich vorhandenenTurnmatten in kürzester Zeit behelfsmäßige Liege- und Pflege-kapazität für eine große Anzahl von Patienten. Bei Schulenstehen zudem die Klassenzimmer ohne großen Aufwand alsAufenthalts- und Überwachungsräume für gehfähige, sitzendePersonen zur Verfügung.

Externe KatastrophenlageBei der externen Katastrophenlage wird das Krankenhaus miteiner großen Anzahl von Patienten konfrontiert, die durch denRettungsdienst – mehr oder minder versorgt und koordiniert –angeliefert werden. Bei traumatologischen Schadensereignissen

– Verkehrsunfälle (Straße/Schiene/Wasser/Luft)– Großbrände– Explosionen– Gebäudeeinstürze

werden die meisten Patienten zunächst einer allgemein- oderunfallchirurgischen Klinik zugewiesen werden und von dort in

274

Page 276: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

die verschiedenen Disziplinen (etwa Neurochirurgie, Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Zahn-Mund- und Kieferklinik, Kinderklinik)weitergeleitet.

Eine Katastrophensituation mit überwiegend internistischerAusrichtung

– Austritt von Schadstoffen (Gase/Dämpfe/C-Kampfstoffe)– Oberflächenkontamination/inhalative Kontamination

(Massenvergiftung)– infektiöse Erkrankungen (Epidemien/B-Kampfstoffe)

führt demgegenüber zu einer primären Belastung der internisti-schen Kliniken, wobei aus Kapazitätsgründen häufig auch dieoperativen Disziplinen mit einbezogen werden.

Vorteilhaft bei diesen Ereignissen ist der Umstand, dass dienötigen Abläufe für einige wenige Patienten im täglichen Be-triebsablauf etabliert und bewährt sind. Die Herausforderungbesteht daher darin, die Versorgungskapazität innerhalb kürzes-ter Frist zu vervielfachen und dennoch keine Abstriche bei derQualität machen zu müssen. Interdisziplinäre Zusammenarbeitist hier der Schlüssel zu einer erfolgreichen Bewältigung derKatastrophensituation, denn die Basismaßnahmen einer Patien-tenversorgung sind – unabhängig vom Patientengut – zunächsteinander vergleichbar und sollten jedem Kliniker geläufig sein,so dass ein Delegieren von Aufgaben und Unterstützung auchdurch – auf den ersten Blick – unbeteiligte Disziplinen möglichund sinnvoll ist.

KatastrophenalarmplanWichtigstes Instrument der vorsorglichen Planungen ist ein ent-sprechender Katastrophen- und Alarmplan, in dem die grundle-genden Maßnahmen zur Bewältigung des Schadensereignisfestgeschrieben werden. Dieser Plan umfasst also nicht nur dieNamen, Anschriften und Telefonnummern aller Mitarbeiter –geordnet nach Prioritäten für die Patientenversorgung – son-dern auch organisatorische Hinweise auf vorbereitete Abläufeund Vorgänge. Man muss sich jedoch davor hüten, hier jedeMaßnahme bis ins kleinste Detail vorzudenken und festlegen zuwollen; dies führt nur dazu, dass bei kleinen, an sich unbedeu-tenden Abweichungen, der gesamte Ablauf ins Stocken gerät.Richtig ist vielmehr die Vorgabe einer groben Leitstruktur, die imSchadensfall durch die Einsatzleitung des Krankenhauses unddie leitenden Mitarbeiter vor Ort entsprechend der aktuellenSituation angepasst und modifiziert werden muss. Aus diesem

275

Page 277: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Grund sind auch vorgefertigte Pläne, die etwa von der Bayeri-schen Krankenhausgesellschaft angeboten werden, kritisch zusehen, da diese Pläne immer sehr allgemein und damit für denEinzelfall entweder zu unpräzise oder auch unausgewogendetailliert ausfallen.

Krankenhaus-EinsatzleitungMöglichst frühzeitig muss beim Eintritt einer internen oderexternen Schadenslage eine interne Klinik-Einsatzleitung eta-bliert werden, die die weitere Steuerung der Abläufe und Maß-nahmen verantwortlich übernimmt. Daher sind in der Alarmie-rungspriorität deren Mitglieder bereits in einer sehr frühenPhase einzuplanen. Diese Einsatzleitung kann bestehen aus:– Ärztlicher Direktor der Einrichtung– Pflegedienstdirektion/Pflegedienstleitung– Verwaltungsdirektor– Katastrophenschutzbeauftragter der Einrichtung– Leiter der Betriebstechnik– Protokollführer– Schreibkräfte– Hilfskräfte/Boten/Telefonisten

Für jede der Führungspositionen ist ein (oder mehrere) Vertreterzu benennen. Bedarfsweise kann die Krankenhaus-Einsatzlei-tung durch weitere Spezialisten beraten oder ergänzt werden;eine Anbindung an und eine Abstimmung der Entscheidungenmit der externen Einsatzleitung der Hilfsorganisationen (Feuer-wehr, Rettungsdienste, Katastrophenschutz), etwa durchausgetauschte Verbindungspersonen, ist obligat. Für dieseKrankenhaus-Einsatzleitung sind entsprechend dimensionierteRäumlichkeiten – Besprechungs-/Lagezimmer– Schreibzimmer/Sekretariat– Kommunikationszimmer– ggf. Ruhezimmer– sanitäre Einrichtungen– Telefonanschlüsse („nicht-öffentliche“ Rufnummern)– Telefax-Anschlüsse („nicht-öffentliche“ Rufnummern)– Betriebsfunk– BOS-(ggf. CB-) Funkgerät– Kopiergerät– Computernetz-Zugang

vorzusehen; ein Ausweichquartier im einem zweiten, unabhän-gigen Krankenhausabschnitt ist einzuplanen, falls das interneSchadensereignis ausgerechnet den Bereich der ersten Einsatz-

276

Page 278: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

leitung betreffen sollte. Sinnvoll ist eine Einrichtung dieser Ein-satzleitung in nicht mit Patienten belegten Gebäudebereichen,die mit geringem Aufwand (Sicherheitsdienst, Polizei) herme-tisch abgeschirmt werden können, um Störungen wirkungsvollzu verhindern.

Zu den Aufgaben einer Klinik-Einsatzleitung gehören – Entscheidungen über klinikinterne Fragen (Nachalarmie-

rung, Infrastruktur, Personalplanung für die Zeit nach demSchadensereignis, Kommunikation)

– Dokumentation der Abläufe im Krankenhaus (Personal,Patienten)

– Kommunikation mit umliegenden Kliniken und der Rettungs-leitstelle (Behandlungskapazitäten, Personalressourcen)

– Information der Öffentlichkeit, etwa in Form einer gemein-samen Pressekonferenz in engster Abstimmung mit derKatastrophenschutzbehörde.

Auch die Einrichtung von Informationstelefonen oder einer zen-tralen Auskunftsstelle, an der nach vermissten Angehörigenoder stationären Patienten gesucht werden kann, muss frühzei-tig ins Auge gefasst werden. Dabei ist eine mit der Katastro-pheneinsatzleitung abgestimmte Vorgehensweise unter Ver-wendung aller verfügbarer valider Daten zwingend erforderlich;über ein Telekommunikationsunternehmen oder notfalls auchdie Fernmeldeeinheiten des Katastrophenschutzes sind ausrei-chend zusätzliche Amtsleitungen zu schalten, die von kompe-tenten Personen rund um die Uhr zu besetzen sind. DieseRufnummern der Auskunftstelefone können am schnellsten undzuverlässigsten über die Medien, allen voran Rundfunk undFernsehen, aber auch die Tagespresse, der Bevölkerungbekannt gegeben werden.

AlarmierungHier muss unterschieden werden zwischen der hereinkommen-den Alarmmeldung, also der Information an das Krankenhaus,dass ein Großschadensereignis eingetreten ist oder droht, undden hinausgehenden Alarmierungen der Klinikmitarbeiter, alsoderen Verständigung und Aktivierung.

Bei der hereinkommenden Meldung muss bereits im Rahmender Planung ein zuverlässiger Meldekopf festgelegt und dessenErreichbarkeit – möglichst auf mehreren voneinander unabhän-gigen Wegen (Telefon/Telefax/BOS – oder CB-Funk/Computer-netz) sichergestellt werden. Da derartige Informationsmeldun-gen in aller Regel von Einsatzzentralen professioneller Organi-

277

Page 279: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

sationen – Rettungsleitstelle, Einsatzzentralen der Polizei undFeuerwehr, Krisenstäbe der Verwaltungsbehörde – erfolgen,muss diesen der korrekte Kommunikationsweg bekannt sein.Als Meldekopf in einem Krankenhaus kommen nur rund um dieUhr mit zuverlässigen, fähigen Mitarbeitern besetzte Stellen inFrage:

– Telefonzentrale– Pfortendienst– Notaufnahme– Intensivstation– zentrale Leitwarte

sind hierfür prädestiniert. Bei Auflaufen einer entsprechendenMeldung muss sofort der zuständige, vorbestimmte Mitarbeiter– z. B. der diensthabende Oberarzt der betroffenen Fachdiszi-plin – direkt ans Telefon geholt bzw. schnellstmöglich informiertwerden. Gegebenenfalls erfolgt jetzt eine Rückversicherungund Bestätigung der Erstmeldung, um zum einen Informations-verluste durch zwischengeschaltete Stellen zu vermeiden undzum anderen den Wahrheitsgehalt und die Tragweite derSchadensmeldung einzuschätzen.

Erst jetzt erfolgt die Umsetzung der einzelnen hereinkommen-den Meldung in mehrere herausgehende Alarmrufe an einzelneMitarbeiter. Zu diesem Zweck stehen mehrere Verfahren zurVerfügung. Das einfachste ist zweifelsohne der direkte Anruf anjeden Einzelnen. Hier muss jedoch der hohe Zeitbedarf (proAnruf mindestens 2 Minuten) und die daraus resultierende Blok-kierung von Personal und Telefonleitung berücksichtigt werden.Letztlich ist dieses Vorgehen nur bei kleinen Einheiten mit einerbegrenzten Personenzahl praktikabel. Für größere Zahlen wärenauf diesem Prinzip aufbauende Schneeballsysteme, bei denenjeder erreichte Mitarbeiter weitere Kollegen verständigt, geeig-net. Nachteilig ist hier das Abreißen der Alarmkette und damitder Ausfall weiterer Mitarbeiter, der umso gravierender ausfällt,je weiter oben in der Alarmpyramide ein Abbruch erfolgt. Quer-vernetzungen zwischen den einzelnen Alarmsträngen könnenderartige Ausfälle zwar kompensieren, machen das ganzeSystem jedoch umständlicher und insgesamt langsamer.

Computergestützte Alarmsysteme, die über mehrere Telefonlei-tungen automatisiert parallel die Mitarbeiter entsprechendeinem vorbereiteten Schema aktivieren, können entweder lokalfür das entsprechende Krankenhaus beschafft werden oderauch an einen externen Dienstleister vergeben werden. Nachteil

278

Page 280: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

derartiger einfacher (preisgünstigerer) Systeme ist der Umstand,dass keine Rückmeldung über das wirkliche Erreichen einerganz bestimmten Person – nämlich des Mitarbeiters persönlich– erfolgt, im Einzelfall also auch das Ansprechen des Anrufbe-antworters eines im Urlaub befindlichen Mitarbeiters dessenerfolgreiche Verständigung suggeriert. Aufwendigere und daherkostenintensivere Systeme arbeiten mit einer Rückmeldung desAngerufenen, wobei dieser entweder unter Verwendung desMehr-Frequenz-Wahl-Verfahrens (MFWV) nach Aufforderungdurch das System einen vorbestimmten Geheimcode als Bestä-tigung seiner Alarmierung über die Tastatur des Telefonappara-tes eingeben muss oder mit Hilfe eines auf ihn persönlichprogrammierten Signalgebers – ähnlich den Modellen zur Fern-abfrage eines Abrufbeantworters – sein Erreichen quittiert.

Es hat sich bewährt, die Alarmierung außerhalb der regulärenArbeitszeit nicht nach dem „Alles-oder-Nichts“-Prinzip zu orga-nisieren, sondern eine angemessene Abstufung vorzusehen. Sohat eine dreistufige (ggf. vierstufige) Alarmhierarchie:

Stufe 1: Verstärkung der vorhandenen Kräfte auf etwa dasDoppelte mit universell einsetzbaren Mitarbeitern(Leistungsträger!) sowie Entscheidungsträgern(Einsatzleitung) [Zeitrahmen: max. 1 Stunde]

Stufe 2: Verstärkung der vorhandenen Kräfte auf etwa dasLeistungsniveau des regulären Dienstbetriebesmit Mitarbeitern aller Leistungsstufen bei gleich-zeitiger Reservenbildung [Zeitrahmen: max. 3Stunden]

Stufe 3: Alarmierung aller erreichbaren Mitarbeiter (Maxi-malvariante)

[ggf. Stufe 4: Alarmierung externer Hilfskräfte über Katastro-phen-Einsatzleitung zur Kapazitätserweiterung]

den Vorteil, in Anpassung an die Erstmeldungen von Außen nurdie wirklich benötigten Mitarbeiter anfordern zu können und – jenach Lageentwicklung – die Alarmstufe erhöhen oder reduzie-ren bzw. beenden zu können.

Bei dieser initialen Alarmierung muss bereits die Dynamik desSchadensereignisses mit berücksichtigt werden. Handelt essich um ein abgeschlossenes Geschehen, bei dem das Maxi-malausmaß bereits eingetreten ist und eine Ausweitung nicht zubefürchten steht, kann großzügig alarmiert werden, damit eineschnelle Patientenversorgung gewährleistet ist. Nach derenAbschluss kann dann eine entsprechende Ruhe- und Erho-lungsphase für das Personal eingeplant werden. Beispiele hier-

279

Page 281: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

für sind der Massenunfall auf Verkehrswegen, Explosionen, Ein-stürze etc. Handelt es sich hingegen um ein Schadensereignis,bei dem noch eine Weiterentwicklung im Sinne einer Ausbrei-tung (räumlich und/oder zeitlich) denkbar ist, dürfen nicht in derkurzen Initialphase bereits alle verfügbaren Kräfte eingesetztwerden, um Reserven für Ablösung und Ersatz zu haben. Zwarkann auch in dieser Situation ein Mehr an Personal ein Schnel-ler an Versorgung bedeuten, doch würde schon nach wenigenStunden durch die Erschöpfung der Mitarbeiter die weitereBehandlungskapazität für Verletzte drastisch bis auf ein Mini-mum absinken, ohne dass Aussicht auf ausgeruhtes, leistungs-fähiges Personal besteht. Andauernde Naturkatastrophen(Überschwemmung, Erdbeben), Großbrände, gewalttätigeAuseinandersetzungen oder Epidemien müssen unter diesemGesichtspunkt betrachtet werden.

Unabhängig vom vorgesehenen Alarmierungsweg ist die früh-zeitige Alarmierung und Bereitstellung von Personal von funda-mentaler Bedeutung für die Bewältigung einer Katastrophensi-tuation. Da externe Schadenslagen in der Regel erst mit einergeringen Verzögerung durch qualifizierte Sichtung und Erstver-sorgung vor Ort sowie den Transport auf die Kliniken treffen,besteht hier die Chance, bei rechtzeitiger Alarmierung vonMitarbeitern die Kapazität hochzufahren, bevor es zu ernstenEngpässen kommt. Während der regulären Dienstzeiten wird imAllgemeinen ein großer Anteil der Mitarbeiter an ihren Arbeits-plätzen zur Verfügung stehen und die Zahl der zusätzlich alar-mierbaren Kräfte überschaubar sein (Urlaub, Freizeitausgleich,Freistellungen). Durch die Beendigung laufender Eingriffe, einStoppen der elektiven Operationen/Untersuchungen sowie dieEntlassung nicht zwingend krankenhauspflichtiger Patientenkann zusätzlich Raum und Personal für die Versorgung vonKatastrophenopfern geschaffen werden. Dabei darf jedochnicht übersehen werden, dass für die Bewältigung längerdau-ernder Schadenslagen auch ein Potenzial an Mitarbeitern füreine Ablösung vorgehalten werden muss. Es hat keinen Sinn,Spät- und Nachtdienste bereits tagsüber einzusetzen, um dannspätestens am folgenden Tag vor aufgebrauchten Personal-Ressourcen zu stehen. Es bedarf natürlich keiner Diskussion,dass in einem solchen Schadensfall gesetzliche Arbeitszeit-regelungen vorübergehend außer Kraft gesetzt sind und eineDisposition nach Leistungsfähigkeit, nicht nach Stundenzahl,erfolgen muss.

Genau umgekehrt sieht es außerhalb der regulären Dienstzeitenaus: hier ist in der Regel nur eine kleine Anzahl von Mitarbeitern

280

Page 282: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

im Haus oder unmittelbar im Rufdienst, um die Notfallversor-gung einzelner Patienten sicherzustellen. Demgegenüber befin-det sich eine große Anzahl an Personal in der Freizeit und mussdort erreicht und alarmiert werden. Je nach Tages-, Wochen-und Jahreszeit ist damit zu rechnen, dass zwischen 30 und60% der Mitarbeiter einer Klinik erreicht werden können.

Um einen Überblick über die verfügbaren Mitarbeiter zu bekom-men, ist die Erstellung und ständige Aktualisierung (je nach Per-sonalfluktuation 1/4- bis 1/2-jährlich) eines Mitarbeiterverzeich-nis als Bestandteil eines Alarmplanes unabdingbar. Dabeisollten diese Aufstellungen jeweils für einen zusammengehören-den Bereich (etwa Anästhesie, Chirurgie-Bettenstationen, Chir-urgie-OP-Betrieb, Zentrallager, Apotheke, Wäscherei, Speisen-versorgung, Verwaltung etc.) gefertigt werden, damit vor Ort inden betroffenen Bereichen eine Nachalarmierung unter Berück-sichtigung des aktuellen Bedarfs und der Ablösung erfolgenkann. Bereits im Vorfeld ist abzuklären, auf welchen Wegen diealarmierten Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz erreichen sollen.Günstig wäre hier eine von den Rettungsdiensten getrennteAnfahrtsroute, um gegenseitige Behinderungen zu minimieren.Ferner ist zu klären, wo Fahrzeuge provisorisch abgestellt wer-den können (Wiese, Acker etc.), damit nicht die Zufahrtswegedurch geparkte PKW blockiert werden. Ein Mitarbeiterausweisdient dazu, auch bei Straßensperrungen durch die Polizei dieungehinderte Weiterfahrt zur Klinik zu ermöglichen und einAbschleppen abgestellter Fahrzeuge zu verhindern. Als Treff-punkt nachrückender Kräfte bewährt sich der im allgemeinenDienstbetrieb betreute Arbeitsplatz (d.h. z. B. Stationszimmerfür Pflegekräfte) oder für Abteilungen mit mehreren Einsatzortenein allgemein bekannter Platz (z. B. Zentralanästhesie, Bespre-chungszimmer, Casino).

KapazitätserweiterungBei einem Massenanfall von Verletzten wird es nötig sein, auchdie räumlichen Versorgungskapazitäten im Krankenhaus zuerweitern, um Wartezeiten zu vermeiden oder zumindest mini-mieren zu können.

Geeignete Maßnahmen hierzu sind:– Unterbrechen der laufenden Patientenversorgung – soweit

möglich – Beendigung aller laufenden und Absetzen allerelektiven Eingriffe

– Schaffung zusätzlicher OP-Kapazitäten in Notaufnahmen/Schockräumen / Behandlungsräumen

281

Page 283: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

– Freimachen von regulären Intensivbehandlungsbetten durchVerlegung auf Normalstationen oder andere Krankenhäuser

– Schaffung zusätzlicher Intensivbehandlungsplätze in Auf-wacheinheiten / Intermediate-Care-Bereichen

– Schaffung von Bettenkapazität durch Aufrüsten mit Einmal-bettwäsche

– Nutzung anderer Räume zur Patientenversorgung (z. B.Krankenpflegeschulen)

– Inbetriebnahme von Hilfskrankenhäusern des Zivilschutzes– Aufbau extern ausgelagerter Einheiten im Sinne einer

Dependance (Schulen/Veranstaltungshallen/Kasernen etc.)

Insbesondere für die beiden letztgenannten Punkte zur Kapazi-tätserweiterung muss der Zeitfaktor berücksichtigt werden.Selbst bei entsprechender Vorplanung wird ein sinnvollerBetrieb nicht vor 12 bis 24 Stunden etabliert werden können.

Limitierender Faktor – neben der Zeit – ist der Personalbedarf.Können klinikinterne Maßnahmen zur begrenzten Kapazitätser-weiterung noch – bei reduzierter Personalausstattung – durchStammpersonal abgedeckt werden, muss für externe Arbeits-bereiche zusätzliches (Hilfs-)Personal bereitgestellt werden. DieAlarmierung und Bereitstellung dieser Kräfte muss über diejeweilige Katastrophen-Einsatzleitung – auch etwa durch Rund-funkaufrufe – erfolgen.

An Ressourcen können grundsätzlich – sofern verfügbar –genutzt werden:– niedergelassene Ärzte verschiedener Fachrichtungen– aus dem Berufsleben ausgeschiedenes ärztliches und

Krankenpflegepersonal– Krankenpflegepersonal ambulanter Dienste und Sozialsta-

tionen– Bundeswehrangehörige aus Sanitätsdienststellen (ärzt-

lich/nicht-ärztlich)– Schwesternhelferinnen, die durch Hilfsorganisationen im

Rahmen des Zivilschutzes ausgebildet wurden– Freiwillige ohne fachspezifische Vorbildung (Hilfstätigkeiten)

Um diese, in der klinischen Tätigkeit ungeübten Kräfte, nutz-bringend einsetzen zu können, muss auf eine Besetzung allerArbeitsbereiche mit einer ausgewogenen Mischung aus Stamm-personal (Führungs- und Anweisungsfunktion) und externenHelfern (Basismaßnahmen, unterstützende Arbeiten) geachtetwerden.

282

Page 284: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

PatientenwegeFür den Weg der eingelieferten Patienten beim Großschadens-fall sollten die auch im Routinebetrieb etablierten Streckengelten. Für die Anfahrt der rettungsdienstlichen Fahrzeuge muss– falls irgend möglich – eine kreuzungsfreie Einbahnstraßen-Regelung vorgesehen und durch Ordnungskräfte bzw. Polizeieingerichtet und gesichert werden. Bei einer funktionierendenTriage durch die Sanitäts-Einsatzleitung und Erstversorgung amSchadensort werden die Patienten relativ geordnet und mitangemessener zeitlichen Verzögerung in der Notaufnahme ein-treffen. Hier muss als erste Station – auch an mehreren Arbeits-plätzen – eine erneute Sichtung unter den speziellen Aspektenklinischer Versorgung erfolgen; hierfür sind die klinisch erfah-rendsten Ärzte einzuplanen. Gleichzeitig muss bereits an dieserStelle eine Registrierung der eingelieferten Patienten erfolgen,wobei unbedingt darauf geachtet werden muss, dass die imKrankenhaus eingeführte Methodik frühestmöglich zum Einsatzkommt. Dieses Regime erlaubt die Nutzung im Alltag erprobterAbläufe z. B. in Labors, Blutbanken und Stationen, gewährleisteteinen lückenlosen Informationsfluss und ermöglicht frühzeitigAuskünfte über behandelte Patienten. Deshalb sind für diesenArbeitsplatz neben dem ärztlichen und pflegerischen Personalauch Hilfskräfte der Verwaltung sowie Krankenträger einzupla-nen. Es muss durch entsprechende Maßnahmen sichergestelltwerden, dass kein einziger Patient – und sei er noch so schweroder leicht verletzt – an diesem sinnvollen „Nadelöhr“ Sich-tungsstelle vorbei in die Klinik gelangt.

Patienten, die einer Dekontamination von atomaren, biologischenoder chemischen Noxen bedürfen, sind dieser zuzuführen, bevorsie weiter innerhalb der Klinik verteilt werden können. Patientender Sichtungsgruppe I (immediate treatment – sofortige Versor-gung – Behandlungspriorität) werden schnellstmöglich in die Ver-sorgungsräume, z. B. einer Poliklinik/Notaufnahme verbracht, umdort lebensrettende Maßnahmen durchzuführen. Patienten derSichtungsgruppe II (delayed treatment – aufgeschobene (Klinik-)Behandlung – Transportpriorität) benötigen baldmöglichst einenfreien OP zur definitiven Versorgung oder aber einen Bettplatz aufeiner Intensiv-/Intermediate-Care-/Aufwach-Station bis zu ihrerdefinitiven Versorgung. Patienten der Sichtungsgruppe III (mini-mal treatment – ambulante Versorgung/Kameradenhilfe – Leicht-(Un-)verletzte) bedürfen einer lückenlosen Sammelüberwachungdurch kompetentes Personal (Pflegekräfte mit Arzt in Rufweite)sowie angemessene (d. h. auf das sinnvolle Mindestmaßbeschränkte) Basisversorgung. Für diese zahlenmäßig größteGruppe an Patienten eignen sich z. B. Turn- und Gymnastiksäle

283

Page 285: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

oder auch Besprechungs- und Vorlesungsräume. Diese Räumlich-keiten dürfen und sollen auch etwas abseits der „Akutbehand-lungsebene“ liegen und sorgen so dafür, dass Störungen durchneugierige, umherstreifende Personen unterbleiben. Der Sich-tungsgruppe IV (expectant treatment – abwartende Behandlung –Schwerstverletzte ohne aktuelle Rettungschance) sollten Patientenin der Klinik nach Möglichkeit nicht mehr zugeordnet werden müs-sen, wenn die Verteilung auf die zur Verfügung stehenden Kran-kenhäuser gut funktioniert hat. Falls dies jedoch unter Berücksich-tigung der aktuellen Situation dennoch erforderlich wird, müssendiese Patienten mit einer effektiven Schmerztherapie versorgt,unter sorgfältiger qualifizierter Überwachung (Arzt / Assistenz-personal verfügbar!) und menschlicher Betreuung (Seelsorger!)schnellstmöglich wieder in die Gruppen I und II umtriagiert undbehandelt werden, sobald die Situation dies zulässt. Für derartigePatienten bieten sich ruhige Räume an, die jedoch in der Nähe der„Akutbehandlungsebene“ liegen sollten, um sofortige Interventio-nen zu gewährleisten. Für tot eingelieferte oder verstorbenePatienten werden die normalerweise vorgehaltenen Kapazitäten anLeichenkühlräumen zur kriminaltechnischen Untersuchung undIdentifikation nicht ausreichen. Insbesondere im Sommer beihohen Außentemperaturen muss rechtzeitig nach AlternativenAusschau gehalten werden; Kühlräume/Kühlanlagen der Nah-rungsmittelindustrie sowie kliniknah abgestellte Tiefkühl-LKWsdes Speditionsgewerbes können hier hilfreich sein.

LagerhaltungIm Bereich der Lagerung und Vorratshaltung treffen zwei konträreAuffassungen aufeinander. Während aus der Sicht des Katastro-phenmanagements ein möglichst großer Vorrat an essentiellenMedikamenten und Verbrauchsmaterial wünschenswert ist, zwin-gen logistische und finanzielle Argumente zu Beschränkungen.Immer mehr gehen heute in der Zeit knapper Mittel die Kranken-hausverwaltungen dazu über, Lagerbestände vor Ort abzubauenund Nachlieferungen „just-in-time“ zu organisieren. Bei diesemVorgehen können bereits kleine Störungen der Infrastruktur (Stra-ßen, Witterungsverhältnisse etc.) oder plötzlicher Mehrverbrauch –wie im Falle großer Schadensereignisse – zu Engpässen führen.Wichtig ist hier ein gesundes Mittelmaß zwischen großzügigerBevorratung absolut unverzichtbarer Artikel und reduzierter Vorhal-tung entbehrlicher Güter. Die Faustregel lautet hier: „Von Wenigem(= Essentiellem) Viel, von Vielem (= Entbehrlichem) Wenig!“ Es hatsich bewährt, eine Staffelung hinsichtlich der Vorratshaltung einzu-führen. So sollen an den Arbeitsplätzen in den einzelnen Bereichen(z. B. Station, OP-Suite, Notfallaufnahme, Intensivstation) die Ver-brauchsgüter für einen durchschnittlichen Wochenbedarf vorgehal-

284

Page 286: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

ten werden. In den nachgeschalteten Lagern der Klinik (Zentralla-ger, Apotheke, Wäscherei, Küche etc.) wird der Bedarf für etwa 4Wochen bereitgehalten und nur darüber hinausgehende Mengenmüssen direkt beim Hersteller geordert werden. Berücksichtigtman, dass auch unter günstigsten Bedingungen die gesamteKapazität einer Klinik wochentags wohl kaum um mehr als denFaktor 2, für sehr kurze Zeitabschnitte (einzelne Tage) vielleichtauch um den Faktor 3 gesteigert werden kann, ergibt sich die Not-wendigkeit eines Nachschubs aus den klinikeigenen Lagern aufdie einzelnen Bereiche nach etwa 2 Tagen; externe Lieferungenvom Großhandel bzw. den Herstellern in die Zentrallager würdendann nach ca. 7 Tagen erforderlich. Bei diesem Konzept ist es deneinzelnen Teilbereichen eines Krankenhaus möglich, sofort aufeinen gestiegenen Bedarf für etwa 2 bis 3 Tage autark zu agieren;diese Frist sollte ausreichen, den Nachschub aus den übergeord-neten Lagern zu organisieren. Die Zentrallager können – bei ent-sprechender Information durch die Einsatzleitung – diesen kleinenVorlauf ihrerseits nutzen, die Logistik den gestiegenen Bedürfnis-sen anzupassen und rechtzeitig Ergänzungen zu ordern. Selbst beieiner durch Schadensereignisse überregionaler Ausdehnung (etwaErdbeben) bedingten Zerstörung der Infrastruktur (Verkehrswege!)kann in Industriestaaten nach einer Frist von einer Woche mit einerfunktionierenden Notversorgung aus unbetroffenen Regionengerechnet werden.

Essentiell für eine geordnete Patientenversorgung im Massenanfallvon Verletzten sind:– Analgetika/Sedativa/Narkotika– Verbandmaterial (Basisartikel!)– Infusionslösungen (Elektrolytlösungen, Volumenersatzstoffe,

parenterale Ernährung, Blutprodukte)– Infusions-/Injektionsbedarf– Antidota– Einmal-Bettwäsche/Patienten-/Personalkleidung

ÜbungenDer für eine Klinik erstellte Alarmplan muss nicht nur regelmäßigaktualisiert werden, sondern seine Richtigkeit und Praktikabilitätauch durch Übungen nachgewiesen werden. Die Katastrophen-schutzgesetze der einzelnen Bundesländer fordern deshalbsowohl die Durchführung eigener Übungen wie auch die Teil-nahme von Krankenhäusern an den Katastrophenschutzübun-gen der Kommunen.

Für den Bereich der Kliniken können abgestufte Übungen, je nachFragestellung, empfohlen werden. Die reine Alarmierungsübungohne Anfahrt stellt die Erreichbarkeit von Mitarbeitern zu bestimm-

285

Page 287: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

ten Zeiten fest und erlaubt die Einschätzung der im Realfall zuerwartenden Personalstärke. Rahmenübungen der Einsatzleitungohne echte Einbindung des Klinikbetriebs – mit entsprechendenEinspielungen von Außen durch eine Regie – erlauben die Über-prüfung der vorhandenen Unterlagen und Kommunikationswegesowie der Zusammenarbeit der einzelnen Klinikstrukturen. Übun-gen mit dem Einsatz von Mimen und dem Klinikpersonal sowieeiner Einbindung der Rettungsdienste geben die Möglichkeit, dieSchnittstellen innerhalb der Klinik und zu den externen Organisa-tionen zu überprüfen und stellen ein wünschenswertes Optimumdar. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass derartige Übun-gen nicht unerhebliche Material- und insbesondere Personal-kosten verursachen können und mit dem regulären Krankenhaus-betrieb interferieren. Durch geschickte Zeitwahl (außerhalb desregulären Betriebs, z. B. Samstag) und Verwendung nicht-intensivgenutzter, unsensibler Bereiche (leerstehende Stationen, Bereichemit laufenden Baumaßnahmen) können jedoch die Beeinträchti-gungen für Personal und Patienten reduziert werden. Die Teilnah-me an turnusmäßig von den Kommunen durchzuführenden Kata-strophenschutz-Vollübungen bindet das Krankenhaus und seineStrukturen in den gesamten Ablauf der Bewältigung eines großenSchadensereignisses mit ein und sollte, wann immer möglich,genutzt werden. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse führen nichtnur zu einer Optimierung der klinikinternen Planungen, sonderngeben Patienten und Mitarbeitern auch das begründete Gefühl,einer derartigen Ausnahmesituation nicht hilflos gegenüber zustehen und fördern so deren Motivation zu aktiver Teilnahme.

Abb. 1: Alarmwege(RLSt: Rettungsleitstelle; EZ POL/FW: Einsatzzentrale Polizei/Feuerwehr; KEL: Katastropheneinsatzleitung)

286

Page 288: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Abb. 2: Patientenwege im Krankenhaus

287

Page 289: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 290: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

289

Anhang

Page 291: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 292: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

291

Einsatz-Flußdiagramm

H. Peter, J. W. Weidringer, P. Sefrin

Das nachfolgend dargestellte Schema stellt keinen idealtypi-schen Ablauf dar, sondern nur eine mögliche Entscheidungs-grundlage, die aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen inverschiedenen Bundesländern ggf. regional different zu handha-ben ist.

DB Deutsche Bahn

RTW Rettungswagen

OrgL Organisatorischer Leiter

GRTW Großraumrettungs-wagen

ÖEL Örtlicher Einsatzleiter Rettungsdienst

SAR Search and Rescue

EL Einsatzleitung

POL-EL Polizei-Einsatzleiter

SEG Schnell-Einsatz-Gruppe

BGS Bundespolizei

RCC Rescue CoordinationCenter

SIV Soll-Ist-Vergleich

GSF Forschungszentrumfür Umwelt und Gesundheit GmbH

RD Rettungsdienst

TEL Technischer Einsatzleiter

LSt Rettungsleitstellesynonym für RLSt / ILSt

THW Technisches Hilfswerk

WF Werksfeuerwehr

RTH Rettungshub-schrauber

GRTW Großraumrettungs-hubschrauber

Page 293: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

292 FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

1.0. Was ist passiert? sofortige DokumentationPersonal/Patienten/Material

1.1. Art Absicherung der Unfallstelle nach Gefährdungsgesichtspunkten

ungefähre Anzahl der Verletzten abschätzen

Festlegung der AufteilungEinteilung kontrollieren

1.1.1. Massenanfall

a) allgemeine Probleme

Planung und Festlegung der Transportwege, Abklärungder Behandlungsgsmöglichkeiten (personell, materiell, Meldewesen Ablauf)

orientierende Präferenzbildung (Verletzteneinteilung, Einrichten vonBehandlungseinheiten und Einsatzabschnittsbildung)

Organisationen der medizinischen Versorgung, Transportkapazitätenanfordern und einteilen, An- und Abfahrtswege für Rettungseinheiten sowieRettungsdienstfahrzeuge festlegen, Bereitstellungsräume (Aufgabe OrgL)

ständige Überprüfung, evtl.Ergänzung durch nachfolgendeKräfte und Material

b) besondere Massenunfälle

1.1.1.1. Verkehrsunfall,Betriebsunfall,Tox. Unfall,radioaktiver oderchemischer Unfall

Absperrung veranlassen (großräumig, Sicherheit, Zu- und Abfahrt sichern)

zusätzliche Anforderung von Personal und Material (z. B. Infusionen,Analgetika, spezielle Medikamente) zur Behandlung

Einhaltung der Abseperrbereichekontrolieren

Absprache mit der Feuerwehr-/Gesamteinsatzleitung �

Meldung

ja

ja

nein

nein

Page 294: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

293

FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

1.1.1.2. Großbrand Einrichtung (mit OrgL) von sicheren Behandlungsplätzen, Pers. Aufteilung;spezielle Gefahren wie Explosion beachten, toxische Stoffe; Personal- undPatienteneinteilung nach Absprache mit Feuerwehr

Messen und Messwertebeurteilen, Zusammenarbeit mitUmweltministerien und anderenBehörden

Behandlung u. Transport; Vorinformation v. Spezialabteilungen(Brandverletztenzentren, viele Infusionen, ausreichend Analgetika, Antidote,cper. Verbandmaterial – Rückgriff auf Vorräte Dritter)

Inhalationsgefahr von tox. Stoffen, Identifikationen durch FW (Tox-Röhrchen,hyperbare Ox. (CO2), Druckkammer, Medifax, Meditox®, TUIS)

Dokumentation für spätereUntersuchungen von Verletztenund Erkrankten

1.1.1.3. Hauseinsturz,Verschüttung,(Crush-Syndrom)

Absicherungsmaßnahmen bei Gefahren für Verletzte und Personal in dieBehandlung einplanen; Zusammenarbeit mit anderen (techn.) Organisationenabstimmen – Eingreifen nur nach Freigabe durch FW-Einsatzleitungmedizinische Behandlung: Besonderheit – frühzeitige Infusionstherapie mitgroßen Volumina

weitere Gefährdungen (Reexplosion, tox. Stoffe, Verletzungsmuster),Eingreifen nur nach Freigabe durch FW-Einsatzleitung, spezielle Versorgungnötig (blast injuries) – Hinweise s.o.

Notfallmedizinische Behandlungvor dem Freilegen Verschütteter;Medizinische Behandlung imTrümmerbereich nur nachAbsprache mit Gesamteinsatz-leitung

1.1.1.4. Explosion

Veranlassung der Bereitstellung von besonderen Substanzen wie AntidotaInfusionen, spez. Komb. Verletzungen (siehe auch Brandverletzungen)

– Cave! Wichtig bei Aufteilung und Anmeldung in Spezialkliniken

ja

ja

nein

nein

ja

Page 295: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

294 FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

1.1.2. Unfälle mitgesonderterzusätzlicherEntscheidung

1.1.2.1. DB-Unfälle DB-Sonderregelung – Rettungszüge (Fahrdienstleiter)(Notfallmanager, Bundespolizei)

Einsatz erst nach Freischaltenund Erden der OberleitungZugangswege zu Verletzten

1.1.2.2. Hochspan-nungsunfall

örtliche Elektrizitätswerke bzw. Energieversorgungsunternehmen informieren(Polizei) zum Abschalten der Stromzufuhr, (ansonsten siehe spez.Unfallmuster) und ggf. Erden

spezielle Witterungsbedingungen (Nebel, Hochwasser �Rettungsmöglichkeiten!)

bei weiter auseinanderliegendenOrten (Unfallversorgung)Schwierigkeiten bei Kontrolle,deshalb diszipliniert und zuver-lässig, durchführen,„Abschnittsleiter“ berufen1.1.2.3. Unfall durch

NaturereignisseÜberschwem-mung, Sturm,Schnee, Eis,Erdbeben,Waldbrand

spez. Rettungsmittel/ Transportmittel (Vorortversorgung nicht möglich!)

Gefahrenausbreitungsmöglichkeiten mit einplanen (Windrichtung, -stärke)Verzögerungsmöglichkeiten mit einplanen (Versorgung mit Personen undMaterial), Einsatzabschnittsbildung mit verantwortlichen Leitern

ja

nein

ja

nein

Page 296: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

295

FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE1.1.2.4. See-/Binnen-

gewässer UnfälleEntferntere Grundversorgung ermöglichen (Kapazitätsprobleme)

örtliche Polizei (Wasserschutzpolizei),Feuerwehr oderWasserrettungsorganisationen (DLRG, Wasserwacht, DGzRS)

1.1.2.5. Flugzeugabsturz/Notlandung

Patienten-Behandlung (CAVE: Gefahren durch Kerosin �Surfactant-Zerstörung)

Großveranstaltung ?

1.1.2.6. RadioaktiverUnfall

Anforderung von Messeinheiten (techn., personell) patientenorientiert,Kontaktaufnahme mit FW

ja nach Meßergebnis(Strahlung � oder �)

Spezialeinheiten anfordern (Schutzkleidung, Dekontaminationseinheiten) Behandlungstaktik angleichen und abstimmen, z. B. GSF

Spezielle Sicherungseinheiten (Kleidung, Evakuierung, Sicherung,Zugangswege)

FwDv 9 + 1

Gefährdung von Personal, Umgebung, Bevölkerung, Entwicklung desSchadens

Kontaktaufnahme mitStrahlenschutzzentren [TEL]

Spezielle Versorgung und Transport, Spezialeinheiten, –betten, –abteilungen

Stoffklassifikation (spezielle Messeinheiten) – Fernabfrage spezifischerMaßnahmen über Leitstelle

Konzentrationsmessung undEntwicklung bzgl. Gefahr, Zeitund Ausmaß 1.1.2.7. Unfall mit

Agenzien- toxisch- biologisch

Warnung der Bevölkerung

Warnung der Bevölkerung

ja

nein

ja

ja

Page 297: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

296 FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

Einheiten a) personell (Spezialeinheit, Sicherung, Atemschutz) Rettungs-/Evakuierungsmaßnahmen

b) materiell (Antidota) – Gefahrengutwagen-FW

Angleichung der Maßnahmen[TEL] c/o BFW, WFV KatS,regionale LSt, Meditox®

Einrichtung der Leit- und Behandlungsstellen aus „präventiver“ Sicht(Witterung, Entwicklungsmöglichkeit) � Gefährdung

Evakuierung von Patienten und Bevölkerung nach Plan Entwicklungsmöglichkeiten abschätzen und Vorsoge treffen

Information und Rücksprachemit Gesamteinsatzleitung

1.1.2.8. MilitärunfälleBWNATO

ggf. Unterstützung via SAR-RCC (2.1.) über Leitstelle

Verbindungsaufnahme mit dem nächsten VBK, WBK,der nächsten Bundeswehrdienststelle (OvWa)

Vorhandene Störfallpläne /Sonderschutzpläne berück-sichtigen (CAVE: Munition !)

1.1.2.9. Munitionsunfälle Siehe auch Militärunfälle

Siehe auch– Tox-Unfall / radioaktiver Unfall– Explosion– Großbrand– Verschüttung– Problemunfälle

1.1.2.10. Geiselnahme Absprache mit POL-EL direkt

Entsprechend Verlauf oder möglicher Konsequenz (z.B. Munitionsunfall)Kapazitäten bereitstellenauf beweglichen Einsatz vorbereiten

ja

nein

ja

nein

Page 298: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

297

FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

1.1.2.11. Panik/Lethargieüberaktive Reaktion (Panik) – Beruhigung durch Information, Einbeziehung inAktivitäten, Grundbedürfnisse stillen

depressive Reaktion (Lethargie) – Vorsicht � suizidale Reaktion; rascheEntfernung aus dem Gefahrenbereich ggf. Kooperation und Vorstellung beiPolizeipsychologen, Notfallseelsorge oder Kriseninterventionsteam zuziehen(über Rettungsleitstelle)

1.2. Ort

1.2.1. Stadt Gefahrenpotential, spez.Zufahrten im Stadtbereich

Spezielle ortsbedingte Maßnahmen einleiten großräumig Transportwege sichern (Polizei, Feuerwehr)

Abstimmung von Bereitstellungs-räumen Polizei und RD, Fw, BW

1.2.2. Land

1.2.2.1. gut zugänglich kein weiteres Problem Maßnahmenveranlassung nach Art des Unfalls und der Witterung

1.2.2.2. unwegsamesGelände

Entscheidung über spez.Behandlungs- undTransportmöglichkeiten

Anforderung z.B. von geländegängigen Transportmitteln, Hubschraubern überLeitstelle (z.B. RCC, Münster), spezielle Boote

Notwendigkeit gegeben beigrößeren Entfernungen„Abschnittsleiter“ zur Vor-Ort-Kontrolle einzusetzen

ja

nein

Page 299: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

298 FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

1.2.2.3. Tunnels:Eisenbahn, Straße

siehe Punkt 1.1.2.1

1.2.3. Industriegebietmit besondererGefahr(z.B. Tanks)

Zusatzrisiko erkunden spezielle Maßnahmen einleiten zusammen mit WF, Naturwissenschaftlern;Beginn der medizinischen Versorgung erst nach Freigabe durchVerantwortlichen

Sonderschutzpläne kennen,Regelungen berücksichtigen

1.3. Zeit

1.3.1. Tag kein Problem Witterungsabhängige Einsatzmöglichkeiten < Boden/Luft

1.3.2. Nacht Rettungsmittel festlegen eingeschränkte Behandlungsmöglichkeiten bedingen teilweise anderesVorgehen, Boden/Luft, Beleuchtungsmöglichkeiten anfordern (THW)

1.4. Ausmaß siehe Schadensart unter 1.1und Schadensentwicklungunter 2.0

Anm.: 1.0 nur in Zusammenarbeit mit OrgL, anderen Fachverbänden oder -personal

2.0. Wie ist dieSchadensent-wicklung?Siehe dazu:Ablaufdia-gramm 1.0

Zusätzlich gilt:

Rücksprache mitGesamteinsatzleitung

2.1. Anzahl / Schwereder Verletzten

LNA koordiniert, sichtet u. bildet gemeinsam mit OrgL Einsatzabschnitts-leitung frühzeitig SEG auch prophylaktisch alarmieren (Personal- undMaterialreserve)

effizientes personalsparendesArbeiten; Einteilung mitständiger Kontrolle

Page 300: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

299

FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

a) Behandlungs-priorität

Schwerverletzte

personaleffizientes Arbeiten erfüllt? Personal – Material

mehrere NA, Rettungsassistenten, limitierte Behandlungskapazitäten,

MittelschwerVerletzte

Leichtverletzte

Behandlungsplatz 1–2 NA, Rettungspersonal

weitere Ärzte, Rettungs-Assistenten/-Sanitäter und Rettungshelfer

b) Transportpriorität

Schwerverletztemit vit. Bedr.

NAW, RTH, GRTH*, DB (z. B. auch Rettungszug), SAR

MittelschwerVerletzte

RTW, RTH, GRTW*, (KTW)

ohne vit. Bedr.Leichtverletzte

Busse, GRTW*, KTW* GRTW / GRTH nur, wenn Patientensammelplätze ortsfest

installiert sind

c) Verteilungspriorität

Schwerverletzte nächste Akutklinik oder auch entfernte Spezialkliniken (z. B. Primärphasenach Verbrennung)

MittelschwerVerletzte

entferntere Kliniken, ggf. Spezialkliniken

Leichtverletzte Ambulanzen, bei niedergelassenen Ärzten, entfernte KH

Page 301: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

300 FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

2.2. WelcheKapazitätenstehen zurVerfügung?

2.2.1. Aus medizinischerSicht

a) Behandlungb) Transportc) Delegationsfähigkeit

nach Schadensentwicklung ständige Aktualisierung(Personal/Material) und SIVdurchführenAnpassen an Gelegenheiten

2.2.2 Aus taktischerSicht

a) Festlegen von Ort,Personal,Materialbedarf

b) Nachschub,Transporteinheiten

2.2.3 Soll-Ist-Vergleich(SIV)

a) Patientenzufluß =Abtransport +Behandlung

keine Nachforderung, da Mittel ausreichend

b) Patientenzufluß <Abtransport +Behandlung

Abbestellung von zusätzlichen Kapazitäten

c) Patientenzufluß >Abtransport +Behandlung

Nachforderung, sowie ggf. Bereitstellung von weiteren Behandlungs- u.Transporteinheiten

d) unklareEntwicklung

frühzeitige Bereitstellung und zumindest Voralarmierung von weiterenpersonellen/ materiellen Kapazitäten – Reservebildung

Page 302: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

301

FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

2.3. WelcheKoordinations-Möglichkeiten gibtes zusätzlich?(Frage folgt aus2.2.)

a) durch Anzahl/Schwereder Verletzungsartbedingt

b) durch Art des Unfalls

z. B. GRTH, GRTW, DB-Rettungszug, Busse, Feuerwehr, THW,Polizeihubschrauber, Intensivtransporthubschrauber, Boote usw.

c) durch Engpässe beiBehandlung undMaterialbeschaffung

SEG, Einheiten des Sanitätsdienstes der Hilfsorganisation

d) durch Engpässe beiTransport / Behand-lungskapazitäten

Spezialabteilungen, Transportkapazitäten außerhalb des RD (K-Schutz, PrivateRettungsorganisationen)

e) bei Anmeldungs-prioritäten u.Verlegungen

zusätzlich bei Anmeldung Vorinformation an das Behandlungszentrum geben,um z. B. Antidota usw. frühzeitig anfordern zu können.

2.4. Ist dieAnforderungzusätzlicher Mittelnotwendig, diesich erst aus derSchadensentwick-lung ergibt?

a) siehe spez. Unfälleunter 1.0

b) zusätzlichesFachpersonal / TechnikMittel wieAnalysegeräte usw.

Mitteilung über benötigtes Personal/Material an OrgL

Page 303: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

302 FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

2.5. BestehtzusätzlicheGefährdung?

siehe spezielle Punkte unter1.0.

2.5.1 bei Patienten ständige Neuorientierung Veranlassung von zusätzlichen Maßnahmen z. B. Verlegung desBehandlungsplatzes, Tragen von Schutzkleidung im Gefahrenbereich usw.

2.5.2 bei Personal siehe 1.0-> Einleitung dererwähnten Mittel z. B. Verlegung vonBehandlungsplätzen

2.6. Funktionsfähigkeitder Kooperationder Hilfseinheiten

a) Abgleichung derEinsatzkapazitäten

personelle/materielle Anpassung an Schadensentwicklung Gesamteinsatzleitung fordernund einrichten

b) Meldungskontrolle der verschiedenenEinheiten zuverlässigu. genau?

Exakte Anweisung, Disziplin fordern, evtl. personell umbesetzen

c) Personalführung nicht zufriedenstellend

soweit möglich neue Personalaufteilung nach Zuverlässigkeit,Fachkompetenz und Erfordernis

Page 304: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

303

FRAGESTELLUNG ENTSCHEIDUNG VERANLASSUNG KONTROLLE

2.7. Ist der Einsatzbeendet? Patientenzahl = 0Behandlung = 0Abtransport = 0Patientenzufuhr = 0

ÖEL / TEL / EL beendet Einsatz

dann wieder Raster 2.0. durchlaufen bis zutreffendenfalls 2.7. erreicht ist.

ja

nein

Einsatz wird fortgeführt

Vollständig überarbeitete Fassung aus:Sefin, P. (Hrsg.): Handbuch für den Leitenden Notarzt, ecomed, Landsberg/Lech, 1991, III, 20–(1), mit freundlicher Genemigung des ecomed-Verlags.

Page 305: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Aus Kap. 12: Ärztliche Maßnahmen bei Strahlenunfällen undStrahlenkatastrophen, S. 135

5.2 Regionale Strahlenschutzzentren (RSZ)Stand: 05/2006

Bei schweren Strahlenunfällen kann die Spezialstation für Strah-lengeschädigte der Berufsgenossenschaftlichen UnfallklinikLudwigshafen (✦ ) nach Vermittlung durch die Regionalen Strah-lenschutzzentren in Anspruch genommen werden.

304

Page 306: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Regionale Strahlenschutzzentren derBerufsgenossenschaften (RSZ)1

Charité – Universitätsklinikum Berlin,Campus Benjamin FranklinInstitut für NuklearmedizinHindenburgdamm 3012200 BerlinTelefon: (030) 84 45-21 71

(030) 84 45-01

Uni-Klinikum „Carl Gustav Carus“der TU Dresden – Klinik für NuklearmedizinFetscherstraße 7401307 DresdenTelefon: (03 51) 4 58-22 26

Uniklinikum GreifswaldKlinik für Nuklearmedizin-StrahlentherapieFleischmannstraße 42/4417487 GreifswaldTelefon: (0 38 34) 86-6975

Asklepios Klinik St. GeorgAbt. für NuklearmedizinLohmühlenstraße 520099 HamburgTelefon: (040) 181 885 -23 71

-3707(040) 181 885 -22 562

Fax: (040) 181 885 -2275

Medizinische HochschuleAbt. Nuklearmedizin/BiophysikCarl-Neuberg-Str. 130625 HannoverTelefon: (05 11) 5 32 -20 20(Mo. – Fr.: 600-2200 -31 97)

Universitätskliniken des SaarlandesAbt. für NuklearmedizinGebäude 5066421 Homburg/SaarTelefon: (0 68 41) 16-2 22 01

(0 68 41) 16-2 33 052

305

Page 307: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Heinrich Heine Universität DüsseldorfNuklearmedizinische Klinik Leo-Brandt-Straße52428 JülichTelefon: (0 24 61) 61-57 63

Forschungszentrum KarlsruheMedizinische AbteilungHermann-von-Helmholtz-Platz 176344 KarlsruheTelefon: (0 72 47) 82-33 33

Städtisches Klinikum München GmbHKrankenhaus München SchwabingInstitut für Medizinische Physik und StrahlenschutzKölner Platz 180804 MünchenTelefon: (089) 30 68-35 00

(089) 30 68-31 23

GSF Forschungszentrum Institut für StrahlenschutzIngolstädter Landstr. 185764 OberschleißheimTelefon: (089) 31 87-3 33

Universität WürzburgKlinik und Poliklinik für NuklearmedizinLuitpold-Krankenhaus Bau 9Josef-Schneider-Straße 297080 WürzburgTelefon: (09 31) 2 01-3 58 77

Die berufsgenossenschaftliche Klinik Ludwigshafen-Oggers-heim sollte nur über die Vermittlung eines RSZ genutzt werden.

Beachte: Das System der RSZ dient in erster Linie der Beratung und Ver-sorgung von Personen im Rahmen betrieblicher Strahlenunfälleund ist nicht primär Teil der staatlichen Vorsorgemaßnahmen fürden Katastrophenfall.

306

1 Für weitere Hinweise stehen auch das Institut für Strahlenschutz der Berufsgenossenschaftder Feinmechanik und Elektrotechnik und der Berufsgenossenschaft der chemischen Indus-trie, Telefon: (0221) 37 78 6231 zur Verfügung. Dort sind auch aktualisierte Telefonnummernzu erfragen.

2 = außerhalb der üblichen Dienstzeit

Page 308: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

307

Freie und Hansestadt HamburgBehörde für Inneres

Feuerwehr

Bereitstellung von Betten für Schwerbrandverletzte in derBundesrepublik Deutschland 2005

Telefon: +49 404 28 51-39 98 oder -39 99Telefax: +49 404 28 51-42 69e-Mail: [email protected]

http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbettenStand: April 2005

Page 309: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Freie und Hansestadt HamburgBehörde für Inneres

Feuerwehr

Bereitstellung von Betten für Schwerbrandverletzte in derBundesrepublik Deutschland 2005

Telefon: +49 40-4 28 5 -39 98 oder -39 99

Telefax: +49 40-4 28 5 -42 69 e-Mail: [email protected] http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbetten Stand: April 2005

Hinweise zur Zentralen Anlaufstelle für die Vermittlung vonBetten für Schwerbrandverletzte

Die Aufgaben der Zentralen Anlaufstelle für die Vermittlung vonBetten für Schwerbrandverletzte (ZA-Schwerbrandverletzte)werden seit Dezember 1999 von der Einsatzzentrale und Ret-tungsleitstelle der Feuerwehr Hamburg durchgeführt.

Aufgabe der ZA-Schwerbrandverletzte ist es, auf telefonischeAnfrage die dem Schadensort am nächsten gelegene, geeig-nete Einrichtung mit freien Kapazitäten und den dortigenAnsprechpartnern zu benennen. Die Einzelheiten des Transportsund der Aufnahme sind dann zwischen den beteiligtenÄrzten/Krankenhäusern eigenverantwortlich zu regeln.

Die Krankenhäuser, die am Vermittlungsverfahren beteiligt sind,melden der ZA-Schwerbrandverletzte umgehend alle Verände-rungen der Belegungssituation. Hervorzuheben ist, dass sichalle Kliniken freiwillig diesem zentralen Verfahren angeschlossenhaben.

Hinweis:Die Liste der beteiligten Krankenhäuser wird jedes Jahr aktuali-siert und bundesweit verteilt. In diesem Zusammenhang möch-ten wir darauf hinweisen, dass die aktuelle Liste auch von derunten angegebenen Internetseite abrufbar ist.

Die Zentrale Anlaufstelle steht für die Vermittlung von Betten fürSchwerbrandverletzte:

unter den Telefonnummern: 040/ 4 28 51-39 98040/ 4 28 51-39 99

sowie der Telefaxnummer: 040/ 4 28 51-42 69

24 Stunden am Tag und an allen sieben Tagen der Woche zurVerfügung.E-Mail: [email protected]: http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbetten

308

Page 310: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Liste der am Vermittlungsverfahren der ZA-Schwerbrand-verletzte beteiligten Krankenhäuser

(Stand April 2005)Baden-Würtemberg NiedersachsenBayern Nordrhein-WestfalenBerlin Rheinland-PfalzBrandenburg SaarlandBremen SachsenHamburg Sachsen-AnhaltHessen Schleswig-HolsteinMecklenburg-Vorpommern Thüringen

309

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Baden-Württemberg

MarienhospitalStuttgarteine Einrichtung derVinzenz von PaulKliniken gGmbHBöheimstr. 3770199 StuttgartTel. 0711/ 64 89-0

ChefarztDr. W. Junginger Anästhesie,Op. IntensivstationTel. 0711/ 64 89-24 01,Chefarzt Prof. Dr. Dittel,Oberarzt Dr. UhligUnfallchirurgieTel. 0711/ 64 89-22 11

2 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: DRKStuttgart

Baden-Württemberg

OlgahospitalPädiatrisches Zentrumder LandeshauptstadtStuttgartBismarckstr. 870176 StuttgartTel. 0711/ 9 92-0

Tel. 0711/ 9 92-0mit diensth. Anästhesistenverbinden lassen (Dienstpieper-34 22)PD Dr. LochbühlerKinderchirurgische Klinik Tel.0711/ 9 92-30 21

1Kinderbett

KeinHubschrauberlandeplatzRettungsleitstelle: DRKStuttgart

Baden-Württemberg

Berufsgenossenschaftliche UnfallklinikTübingen Schnarrenbergstr. 9572076 TübingenTel. 07071/ 6 06-0

Prof. Dr. H.-E. SchallerIntensivstationTel. 07071/6 06-14 126 06-14 13

4 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzauf dem Dach desKlinikums Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Tübingen

Baden-Württemberg

KinderchirurgischeKlinik im KlinikumMannheim gGmbH Universitätsklinikum,Fakultät f. KlinischeMedizin Mannheim derUniversität HeidelbergTheodor-Kutzer-Ufer68167 MannheimTel. 0621/ 3 83-0

Prof. Dr. WaagIntensivstation K 6:Tel. 0621/ 3 83- 23 20ohne Beatmung KCH 30.2Tel. 0621/ 3 83- 23 16

2Intensivbetten2ohne

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle: RotesKreuz, Stadt Mannheim

Bayern Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau Prof.-Küntscher-Str. 882418Murnau/StaffelseeTel. 08841/ 48-0

Prof. Dr. v.Bühren Tel. 08841/48-22 01Dr. van Bommel Tel. 08841/48-27 10Direktdurchwahl Zentrum fürBrandverletzteTel. 08841/ 48-26 30

6 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Rettungsleitstelle:Weilheim,Johann-Dammrich-Str. 582362 WeilheimTel.: 0881/1 92 22

Page 311: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

310

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Bayern Klinikum SüdKlinik f. Plastische,Wiederherstellende u.Handchirurgie.Zentrum für Schwer-brandverletzteBreslauer Str. 20190471 NürnbergTel. 0911/ 3 98-0

PD Dr v.Rauffer oderOA Dr. SawczukZentrum fürSchwerbrandverletzteTel. 0911/ 3 98-56 04 0911/ 3 98-56 03

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle:Nürnberg

Bayern Städt. KrankenhausMünchen-SchwabingKölner Platz 180804 München089/ 3068-1

Prof. Dr. F.-U. HöpnerTel. 089/ 3068-25 10Kinderchirurg. Nothilfe Tel.089/ 30 68-24 59 Wachstation -23 96

6Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:München

Bayern Städt. KrankenhausMünchen-Bogenhausen Englschalkringer Str.7781925 MünchenTel. 089/ 92 70-0

Prof. Dr. Mühlbauer Tel. 089/92 70-20 31Oberarzt Dr. Henckel vonDonnersmarck Tel. 089/ 9270-21 60BV - Station 08 Tel. 089/ 9270-21 60

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Integrierte Leitstelle beider LandeshauptstadtMünchen,Branddirektion,Heimeranstr. 1080339 MünchenTel.: 089/ 23 53-83 00

Bayern Ludwig-Maximilians-Universität Klinikum InnenstadtDr. von HaunerschesKinderspitalLindwurmstr. 480337 München089/ 51 60-0

PD. Dr. NicolaiTel. 089/ 51 60-28 41 oder -28 74Interne Intensivstation

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzRettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle:München

Berlin UnfallkrankenhausBerlin Krankenhaus Berlin-Marzahn mit BGUnfallklinik e.V.Zentrum fürBrandverletzte Warener Str. 712683 BerlinTel. 030/ 56 81-0

Chefarzt Dr. Bernd Hartmann Brandverletztenzentrum Tel. 030/ 56 81-27 27 Station 030/ 56 81-27 20Fax: 030/ 56 81-27 24

12Erwachseneund Kinder

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: Berlin

Brandenburg – – keine Betten –Bremen – – keine Betten –Hamburg Berufsgenossenschaftli

ches UnfallkrankenhausHamburg Bergedorfer Str. 1021033 HamburgTel. 040/ 73 06-0

Oberarzt Dr. Lönnecker, ltd.Arzt oder diensth. Anästhesistder Intensivstation fürBrandverletzteTel. 040/ 73 06-39 16

6 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationhausintern notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Hamburg

Page 312: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

311

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Hamburg KinderkrankenhausWilhelmstift Liliencronstr. 13022149 HamburgTel. 040/ 6 73 77-0

Dr. A. Henneberger oderdiensth. ArztTel. 040/ 6 73 77-2 60-2 61

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Hamburg

Hessen Klinik für Unfall- undWiederherstellungschirurgie Zentrum fürSchwerbrandverletzte Städtische KlinikenOffenbach/MainStarkenburgring 6663069 Offenbach/MainTel. 069/ 8 40 50

Prof. Dr. med. R. MenkeChefarzt der Klinik fürPlastische Ästhetische und Handschirugie Zentrum fürSchwerbrandverletzte Tel. 069/ 84 05-41 64-39 64

9Erwachseneund Kinder

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationwird hausinternzugeordnet.Rettungsleitstelle:OffenbachTel.: 069/80 65-30 84

Hessen KinderkrankenhausPark-Schönfeld KinderchirurgieZentrum f. brandverl.KinderFrankfurter Str. 16734121 KasselTel. 0561/ 92 85-0

Dr. P. Illing Kinderchirurg.AbteilungTel. 0561/ 92 85-1 24oder 0561/ 92 85-2 40

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig Rettungsleitstelle:Feuerwehr Kassel

Mecklenburg-Vorpommern

– – keine Betten –

Niedersachsen Klinik für Plastische,Hand- undWiederherstellungschirurgie,Zentrum fürSchwerbrandverletzteder Med. HochschuleHannover imKrankenhaus Oststadt Podbielskistr. 38030659 HannoverTel. 0511/ 9 06-0

Prof. Dr. VogtTel. 0511/ 9 06-37 69oder -37 68

5 Hubschrauberlandeplatz Beleuchtung nachAnfrage möglich.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: Stadtund Land Hannover

Niedersachsen KinderkrankenhausAuf der BultKinderchirurgischeAbteilung Janusz-Korczak-Allee1230173 HannoverTel.: 0511/ 81 15-0

Dr. U. HofmannTel. 0511/ 81 15 4 21Intensivstation:Tel.0511/ 81 15 2 11

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: StadtHannover

Nordrhein-Westfalen

UniversitätsklinikumAachenKlinik für PlastischeChirurgie,Hand- undVerbrennungschirurgiePauwelsstr. 3052057 AachenTel. 0241/ 8 00

Prof. Dr. Dr. N. PalluaTel. 0241/ 80 89-7 00 Intensivstation:Tel. 0241/ 80 89-7 77

6 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzRettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Aachen

Page 313: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

312

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Nordrhein-Westfalen

Städt. KlinikenDortmundKlinikzentrum Nord- Unfallklinik -Münsterstr. 24044145 DortmundTel. 0231/ 9 53-0

Oberarzt Dr. LemkeSt. UN 8Tel. 0231/ 9 53-1 84 81

10 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Dortmund

Nordrhein-Westfalen

Berufsgenossenschaftliche UnfallklinikDuisburg-BuchholzGroßenbaumer Allee25047249 DuisburgTel. 0203/ 76 88-1

Dr. Jostkleigreve Tel. 0203/ 7688-32 37oder Intensivabteilung fürSchwerbrandverletzteTel. 0203/ 76 88-32 57

6 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Duisburg

Nordrhein-Westfalen

Knappschafts-KrankenhausBergmannsheil BuerKlinik f. PlastischeChirurgie/HandchirurgieScherner Weg 445894 Gelsenkirchen -BuerTel. 0209/ 59 02-0Fax 0209/ 59 02-2 70

Chefarzt Dr. DietrichTel. 0209/ 5902-2 72oder Intensivstation f.SchwerbrandverletzteTel. 0209/ 59 02-5 48-547

4 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.RettungsleitstelleFeuerwehrGelsenkirchen

Nordrhein-Westfalen

Klinikum Köln /MerheimKlinik für PlastischeChirurgie, Hand- undWiederherstellungschirurgieSchwerstverbranntenzentrumOstmerheimer Str. 20051109 KölnTel. 0221/ 89 07-0(Zentrale)

Prof.Dr. G. SpilkerTel. 0221/ 89 07-38 81oderTel. 0221/ 89 07-0 (Zentrale)

10 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Köln

Nordrhein-Westfalen

KinderchirurgischeKlinik des Städt.KinderkrankenhausesKöln,AkademischesLehrkrankenhaus derUniversität KölnAmsterdamer Str. 5950735 KölnTel. 0221/ 89 07-0

Chefarzt Prof. Dr. A.M.HolschneiderTel. 0221/ 89 07-52 77operative IntensivstationLt. Prof. Dr. Holschneider:13.01.05grundsätzlich aufnahmebereit,wird von Fall zu Fallentschieden

4Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzkein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Köln

Page 314: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

313

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Nordrhein-Westfalen

Berufsgenossenschaftliche KlinikenBergmannsheilBochum Universitäts-Klinik Klinik f. PlastischeChirurgie u.SchwerbrandverletztenzentrumBürkle-de-la-Camp-Platz 144789 BochumTel. 0234/ 3 02-0

Prof. Dr. H.U. SteinauStation C 14Tel. 0234/ 3 02-68 593 02-68 58Fax: 0234/ 3 02-63 79

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Kein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Bochum

Nordrhein-Westfalen

St. Josef HospitalUniversitätskinderklinikAlexandrinenstr. 544791 BochumTel. 0234/ 5 09-26 30

Oberarzt Dr. KurunciTel. 0234/ 5 09-20 33oder -30 33

3Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzam RuhrstadionBochum.Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle:Feuerwehr Bochum

Nordrhein-Westfalen

Kinderchirugische KlinikderKlinik für Kinder- undJugendmedizin am ev.Krankenhaus in HammWerler Straße 13059063 HammTel.: 02381/ 5 89-3210 (Pforte) oderTel.: 02381/ 5 89-3060 (Intensiv)

Herr Dr. G. TewesTel. 02381/ 5 89-3100Intensivstation:Tel. 02381/ 5 89-30 60

2Kinderbetten

Hubschrauberlandeplatz.Rettungsleitstelle:Feuerwehr der StadtHamm

Rheinland-Pfalz

Bundeswehrzentralkrankenhaus Unfallchirurgieu.VerbrennungsmedizinRübenacher Str. 17056072 KoblenzTel. 0261/2 81-1

Dr. Friese Abt. XIV Unfall- u.VerbrennungsmedizinTel. 0261/ 2 81-34 00und 2 81-34 24

4 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzvorhanden(Aktivierung Anflugfeuer:Frequenz 122.60, 3*Sendetaste)Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle: DRKKoblenz

Rheinland-Pfalz

Berufsgen. UnfallklinikLudwigshafenLudwig-Guttmann-Str.1367071 LudwigshafenTel. 0621/68 10-0

Prof. Dr. GermannAbteilung fürSchwerbrandverletzteTel. 0621/ 68 10-23 68

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.RettungsleitstelleLudwigshafen,August-Heller-Str.1267065 Ludwigshafen

Page 315: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

314

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Rheinland-Pfalz

Klinikum derJohannes-Gutenberg-UniversitätKinderklinik undKinder-PoliklinikLangenbeckstr. 155131 MainzTel. 06131/ 17-1

Dr. HuthTel. 06131/ 17-27 86

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzRettungsfahrzeug zumTransport zur Stationnotwendig.Rettungsleitstelle: Mainz

Saarland – – keine Betten –Sachsen Städt. Klinik St.Georg -

LeipzigKlinik f. Plastische undHandchirurgieBrandverletztenstationDelitzscher Str. 14104129 LeipzigTel.: 0341/ 9 09-0

Diensth. Arzt derBrandverletztenstationTel. 0341/ 9 09-25 91

6(zusätzlich 6BettenIntermediatecare)

HubschrauberlandeplatzTag- und NachtnutzungKoordinaten:51° 23' 03' N12° 22' 29' ERettungsleitstelle:Brandschutzamt StadtLeipzigTel. 0341/ 9 87-32 12

Sachsen Universität Leipzig Klinik f. KinderchirurgieOststr. 21 - 2504317 LeipzigTel. 0341/ 97 26-4 00

Prof. Dr. TöbsTel. 0341/ 97 26-4 21IntensivtherapiestationTel. 0341/ 97 26-4 24

4Kinderbetten

Landemöglichkeitrechtzeitig erfragen!Rettungsleitstelle:Brandschutzamt StadtLeipzigTel. 0341/ 9 87-32 12

Sachsen UniversitätsklinikumCarl Gustav CarusKlinik u. Poliklinik f.KinderchirugieFetscherstr. 7401307 DresdenTel. 0351/ 4 58-0Fax 0351/ 4 58-43 40

Prof. Dr. RoesnerTel. 0351/ 4 58-38 00Tel. 0351/ 4 58-27 80Fax 0351/ 4 58-43 60oderFax 0351/ 4 58-53 43

2Kinderbetten

Landemöglichkeitrechtzeitig erfragen!Leitstelle:BerufsfeuerwehrDresden,Tel.: 0351/ 8 15 51 12

Sachsen-Anhalt

Berufsgenossenschaftliche KlinikenBergmannstrostKlinik für Plastische-und Handchirurgie/BrandverletztenzentrumMerseburger Str. 16506112 Halle/SaaleKlinikumzentraleTel. 0345/ 1 32-60

PD Dr. M. StehenPlastische ChirurgieTel. 0345/ 1 32-63 12oder -6306Fax: 0345/ 1 32-64 70

8 BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation notwendig.Rettungsleitstelle: StadtHalle

Page 316: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

315

Land Krankenhäuser Ansprechpartner Betten Bemerkungen

Sachsen-Anhalt

Medizinische Fakultätder Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergKlinik und Poliklinik fürKinderchirurgieErnst-Grube-Str. 4006097 HalleTel. 0345/ 5 57-0

Herr PD Dr. habil. Rainer FinkeTel. 0345/ 5 57-25 33Kinderintensivstation

Frau Dr. Lieser oderdiensth. ArztTel. 0345/ 5 57-24 940345/ 5 57-24 840345/ 5 57-24 85

4Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation erforderlich.Rettungsleitstelle:EinsatzleitzentrumHalle/Saale-SaalkreisTel.: 0345/80 70 100

Sachsen-Anhalt

St. Barbara-Krankenhaus Halle/SaaleBarbarastr. 2a - 506110 Halle/SaaleTel.: 0345/ 4 82 50

Prof. Dr. Hofmann Chefarzt fürKinderchirurgieTel.: 0345/ 48 25-51 62-5012Fax: -54 44

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzKein Rettungsfahrzeugzum Transport zurStation erforderlich.Rettungsleitstelle: Halle-SaalkreisTel.: 0345/22 15 000

Schleswig-Holstein

UniversitätsklinikumSchleswig-Holstein,Campus LübeckPlastische undHandchirurgieIntensiveinheit fürSchwerbrandverl.Ratzeburger Allee 16023538 LübeckTel. 0451/ 5 00-0

Prof. Dr. P. MailänderAnsprechpartnerProf. Dr. med H.-G. MachensIntensivbereichTel. 0451/ 5 00-30 38Fax 0451/ 5 00-35 55

4 BeleuchteterHubschrauberlandeplatz.Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationvorhanden.Rettungsleitstelle:Hauptwache Lübeck-Stadt

Schleswig-Holstein

Klinik fürKinderchirurgie derMedizinischenUniversität LübeckKlinik 9Ratzeburger Allee 16023538 LübeckTel. 0451/ 5 00-0

Prof.Dr. H. Bruchoder diensth. ArztTel. 0451/ 5 00-21 47

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzist vorhanden.Rettungsfahrzeug zumTransport zur Stationvorhanden.Rettungsleitstelle:Hauptwache Lübeck-Stadt

Thüringen HELIOS - KlinikumErfurt GmbHKinderchirurgischeKlinikNordhäuser Str. 7499089 ErfurtTel. 0361/ 7 81-0Fax: 0361/ 7 81-2303

Prof. Dr. Friedrich Chefarzt derKlinik für KinderchirurgieTel. 0361/ 7 81-62 21Tel. Mitteilung von Prof. Dr.Friedrich:Anfragen auch bei "0"-Betten

2Kinderbetten

BeleuchteterHubschrauberlandeplatzRettungsfahrzeug zumTransport zur StationnotwendigRettungsleitstelle: Erfurt,An der B 4 (Erfurt)

Page 317: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Ergänzende Hinweise:Rat und Unterstützung für Familien mit brandverletzten Kindern bei:Elterninitiative brandverletzter Kinder e.V.Gabriela Scheler und Adelheid GottwaldLaufer Str. 30a90571 SchwaigTel./Fax: 0911/5 07 57 18 oder 040/6 79 93 72

Anmerkung zur Verteilung Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Senatsder Freien und Hansestadt Hamburg herausgegeben Sie darf weder vonParteien noch von Wahlbewerbern oder Wahlhelfern während einesWahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Diesgilt für Bürgerschafts-, Bundestags- und Europawahlen sowie die Wah-len zur Bezirksversammlung. Missbräuchlich ist insbesondere die Ver-teilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteiensowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Wer-bemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zweckder Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehendenWahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, dieals Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischerGruppen verstanden werden könnte. Die genannten Beschränkungengelten unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcherAnzahl diese Druckschrift dem Empfänger zugegangen ist. Den Partei-en ist es jedoch gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eige-nen Mitglieder zu verwenden.

Herausgeber Freie und Hansestadt HamburgBehörde für InneresFeuerwehr Einsatzabteilung Wendenstr. 251 20537 Hamburg

Stand: April 2005

Bezug Das Verzeichnis ist als „download“ von der unten angeführten Homepa-ge abrufbar. Bis dieses gängige Verfahren von allen Interessentengenutzt werden kann, haben Sie jedoch auch noch die Möglichkeit dasVerzeichnis per Post gegen Einsenden eines adressierten und mit DM3,00 frankierten Briefumschlags (Format B 5) unter Angabe des Stich-wortes „Verzeichnis Schwerbrandverletzte“ zu erhalten.

Feuerwehr Hamburg Einsatzabteilung Wendenstraße 251 20537 Hamburg

Telefon: 040/ 4 28 51 - 42 05 (Durchwahl) Telefax: 040/ 4 28 51 - 42 09 http://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbetten

316

Page 318: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Aus Kap. 13: Management von Gefahrgutunfällen und Massenvergiftungen, S. 164

Giftinformationszentren in DeutschlandStand 05/2006

Bei allen Vergiftungen sollte, besonders wenn eine genaueZusammensetzung des Giftes und weiteres Vorgehen unklar,umgehend vom behandelnden Arzt über die Rettungsleitstelleeine Informationszentrale für Vergiftungsfälle angerufen werden.

Es sollten folgende Angaben gemacht werden:– Alter der verunglückten Person– Art und eventuelle Konzentration des Giftes– Zeitpunkt der Giftaufnahme– eingenommene Menge des Giftes– Anzeichen der Vergiftung– bereits durchgeführte Maßnahmen

317

Page 319: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Zentren mit durchgehendem 24-Stunden-Dienst – Stand 05/2006In folgenden Krankenanstalten und Kliniken bestehen offizielleInformationszentren für Vergiftungsfälle. Diese Zentren gebenTag und Nacht telefonisch Auskunft. Von diesen Zentren erhal-ten Sie auch Informationen über die nächstgelegenen toxikolo-gischen Laborzentren mit 24-Stunden-Dienst.

13353 BERLINCharité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow KlinikumKlinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin, Gift-informationAugustenburgerplatz 1T-030-450-553555 oder 030-450-53565 F-030-450-553915

13437 BERLINBBGes – Giftnotruf Berlin, Institut für ToxikologieKlinische Toxikologie und Giftnotruf BerlinKarl-Bonhoeffer-Strasse 285T-030-19240 F-030-3068 - 6721

53113 BONNInformationszentrale gegen Vergiftungen, Zentrum für Kinder-heilkunde der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-UniversitätAdenauerallee 119T-0228-287-3211 oder 0228-19240 F-0228-287-3314

99098 ERFURTGemeinsames Giftinformationszentrum der LänderMecklenburg-Vorpommern, Sachsen,Sachsen-Anhalt und Thüringenc/o Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74T-0361-730-730 oder T-0361-730-7311 F-0361-730-7317

79106 FREIBURGInformationszentrale für Vergiftungen, UniversitätskinderklinikFreiburg, Zentrum für Kinderheilkunde und JugendmedizinMathildenstraße 1T-0761-19 240 (24 Std.-Dienst) oder 0761-270-4300 (Zentrale)F-0761-270-4457

318

Page 320: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

37075 GÖTTINGENGiftinformationszentrum-Nord der Länder Bremen, Hamburg,Niedersachsen und Schleswig Holstein (GIZ-NORD), Georg-August-Universität GöttingenBereich Humanmedizin, Zentrum Pharmakologie u. ToxikologieRobert-Koch-Str. 40T-0551-19240 oder 0551-383-180 F-0551-3831881

66421 HOMBURG / SAARInformations- und Beratungszentrum für VergiftungsfälleUniversitätskliniken, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin imLandeskrankenhausRobert-Koch-Straße T-06841-19 240 oder 06841-162-8314 F-06841-16-8314

55131 MAINZKlinische Toxikologie und Beratungsstelle bei Vergiftungen der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen, UniversitätsklinikumLangenbeckstr. 1T-06131-19 240 oder 06131-232466 F-06131-176-605 oder06131-232459

81675 MÜNCHENGiftnotruf München, Toxikologische Abteilung der II. Med. Klinik, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität MünchenIsmaninger Straße 22T-089-19 240 F-089-4140-2467

Mobiles Gegengift-Depot:Wie Giftnotruf München oder über Berufsfeuerwehr MünchenT.-112 (innerhalb des Ortsnetzes)

90419 NÜRNBERGGiftnotrufzentrale Nürnberg, Medizinische Klinik 2, Klinikum NürnbergLehrstuhl Innere Medizin – Gerontologie, Universität Erlangen-NürnbergProfessor-Ernst-Nathan-Straße 1T-0911-398-2451 oder -2665 F-0911-398-21982

319

Page 321: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Abb. 1: Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen

320

Page 322: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

321

ORGAN-SYSTEM OHNE -0- LEICHT -1- MITTEL -2- SCHWER -3-keine leichte von selbst deutliche oder schwere oderSymptome abklingende Symptomatik länger anhaltende Symptomatik lebensbedrohliche Symptomatik

Gastrointestinaltrakt Erbrechen (gelegentlich) Erbrechen (anhaltend) massives ErbrechenDurchfall (gelegentlich) Durchfall (anhaltend) BlutungSchmerzen (gering) Schmerzen heftig oder anhaltend PerforationReizung (gering) Verätzungen I° an kritischen (gefährlichen) Stellen multilokuläre zweit- und drittgradige Verätzungengeringe Ulceration im Mund Verätzungen II° schwere DysphagieVerätzungen I° Verätzungen III° auf wenige Stellen beschränkt Endoskopie:Endoskopie: Dysphagie Transmurale Ulcerationen,Rötung Endoskopie: Läsionen, die ganze Zirkumferenz betreffend,Ödem transmucöse Ulcerationen Perforationen

Respirationstrakt leichte Reizerscheinungen anhaltender Husten Manifeste respiratorische InsuffizienzHusten (gering) Bronchospastik (auf Grund von z.B. schwerer Bronchospastik;Dyspnoe (gering) Dyspnoe Obstruktion der Atemwege, Glottisödem,Bronchospastik Stridor Lungenödem, ARDS, Pneumonie, Pneumonitis,Thorax-Röntgen; Hypoxämie (Sauerstoff-pflichtig) Pneumothorax)pathologisch ohne oder nur mit Thorax-Röntgen: Thorax-Röntgen:geringen klinischen Symptomen pathologisch mit deutlich klinischen Symptomen pathologisch mit schweren klinischen Symptomen

Nervensystem Ataxie Koma mit gerichteten Reaktionen auf Schmerz tiefes Koma ohne Reaktionen auf SchmerzSomnolenz kurzanhaltende Apnoe, Bradypnoe bzw. ungezielte oder pathologische Reaktion auf SchmerzBenommenheit Verwirrtheit, Agitiertheit Atemdepression mit AteminsuffizienzSchwindel Halluzinationen schwerste AgitiertheitOhrgeräusch Delir häufig generalisierte KrampfanfälleUnruhe deutliche extrapyramidalmotorische Symptomatik Status epilepticusleichte extrapyramidalmotorisches Symptomatik deutliche cholinerge/anticholinerge Symptomatik Opisthotonusleichte cholinerge/anticholinerge Symptomatik regional begrenzte Lähmungserscheinungen generalisierte Lähmungserscheinungen oderParästhesien ohne Beeinträchtigung vitaler Funktionen Lähmungerscheinungen wodurch vitale Funktionen

beeinträchtigt werdenleichte Störungen der Sehens bzw. Hörens Störungen des Sehens bzw. Hörens Blindheit und Taubheit

Page 323: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

322 ORGAN-SYSTEM OHNE -0- LEICHT -1- MITTEL -2- SCHWER -3-keine leichte von selbst deutliche oder schwere oderSymptome abklingende Symptomatik länger anhaltende Symptomatik lebensbedrohliche Symptomatik

Kardiovaskuläres vereinzelte Extrasystolen Sinusbradykardie (40-50 min-1) ausgeprägte Sinusbradykardie ( < 40 min-1)System leicht und kurzdauerende Hypo-/Hypertonie Sinustachykardie (140-180 min-1) ausgeprägte Sinustachykardie ( > 180 min-1)

gehäufte Extrasystolen lebenbedrohliche ventrikuläre DysrhythmienVorhofflimmern/-flattern AV-Block III°AV-Block I°-II° Asystolieverbreiteter QRS Komplex Schockverlängertes QT Intervall hypertensive KriseRepolarisationsstörungen (Ischämiezeichen) MyokardinfarktHypo-/Hypertonie

Örtliche Reaktionen lokale Schwellung regionale Schwellung, die ganzen Extremitäten stärkste Schwellung die gesamte Extremitäten Juckreiz betreffend und auch angrenzende Teile des und angrenzende Regionen umfassend Schmerzen Stammes Schmerzen

Glottisödem oder Schwellung mit Verlegung der Atemwege

Metabolische leichte Störungen des Säure-, Basen- und Störungen im Säure- Basen- und schwere Störungen im Säure-, Basen-Störungen Wasserelektrolythaushaltes: Wasserelektrolythaushalt: Wasserelektrolythaushalt:

Azidose: HCO3- 15 – 20 mmol/l Azidose: HCO3

- 10 - 14 mmol/l Azidose: HCO3- < 10 mmol/l

pH 7,25 - 7,32 pH 7,15 - 7,24 pH > 7,15Alkalose: HCO3

- 30,0 - 40,0 mmol/l Alkalose: HCO3- > 40 mmol/l Alkalose: HCO3

- > 40 mmol/lpH 7,50 - 7,59 pH 7,60 - 7,69 pH > 7,7

K+: 3,0 - 3,4 mmol/l K+: 2,5 - 2,9 mmol/l K+: < 2,5 mmol/l5,2 - 5,9 mmol/l 6,0 - 6,9 mmol/l > 7,0 mmol/l

leichte Hypoglykämie: 50 - 70 mg/dl Hypoglykämie: 30 - 50 mg/dl schwere Hypoglykämie: < 30 g/dl2,8 - 3,9 mmol/l 1,7 - 2,8 mmol/l < 1,7 mmol/l

kurze Hyperthermie länger andauernde Hyperthermie lebensbedrohliche Hyperthermie

Page 324: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

323

ORGAN-SYSTEM OHNE -0- LEICHT -1- MITTEL -2- SCHWER -3-keine leichte von selbst deutliche oder schwere oderSymptome abklingende Symptomatik länger anhaltende Symptomatik lebensbedrohliche Symptomatik

Leber geringer Transaminasenanstieg Anstieg der Transaminasen 5 - 50 x der Norm Transaminasenanstieg (> 50 x der Norm)(GOT, GPT bis 2 - 5 x der Norm) ohne biochemische oder klinische Zeichen für oder biochemische Zeichen (NH3 hh Gerinnungs

Leberversagen störungen) oder klinische Zeichen für Leberversagen

Niere geringgradige Proteinurie ausgeprägte Hämaturie Nierenversagen (Anurie und S-Kreatinin > 500 µmol/l)Hämaturie Niereninsuffizienz (Oligurie bzw. Polyurie und

S-Kreatinin 200-500 µmol/l)

Blut leichte Hämolyse Hämolyse ausgeprägte Hämolyseleichte Methämoglobinämie (10 - 30 %) Methämoglobinämie (30 - 50 %) schwere Methämoglobinämie (> 50%)

Anämie Gerinnungsstörung mit BlutungLeukopenie schwere LeukopenieThrombozytopenie schwere ThromozytopenieGerinnungsstörung ohne Blutung schwere Anämie

Muskelsystem Muskelverspannungen Schmerzen stärkste Schmerzenleichter Muskelschmerz Rigor ausgeprägter RigorCPK 250 - 1500 U/L Krämpfe schwerste Muskelkrämpfe oder Muskelfaszikulieren

Faszikulieren Rhabdomyolysis mit KomplikationenRhabdomyolysis CPK > 10000 IU/LCPK 1500-10000 IU/L Kompartmentsyndrom

Hautreaktionen Reizerscheinungen Verätzungen II° bei 10-50 % der KOF Verätzungen II° > 50% der KOFVerätzungen I° (Rötung) (Kinder 10-30 % d. KOF) (Kinder: > 30 % der KOF)Verätzungen II° < 10% der KOF Verätzungen III° < 2% der KOF Verätzungen III° > 2% der KOF

Örtliche Reaktion Reizung starke Reizung Hornhautulceration (größerflächig)am Auge Rötung Hornhautabschilferung Perforation

Tränen geringe punktartige Hornhautulceration Dauerschadenleichtes Lidödem

Page 325: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

324

MeldeformularMeldepflichtige Krankheiten gemäß §§ 6, 8, 9 IfSG

.................................... ......................................Telefon (Fax)

Patient/in:

Name: .................................... Vorname: ............................�

Männlich Geburtsdatum: |__|__|/|__|__|/|__|__|__|__|�Weiblich Tag Monat Jahr

Hauptwohnsitz: ................................................. |__|__|__|__|__|...................................................Straße und Hausnummer PLZ Ort

Derzeitiger Aufenthaltsort,

falls abweichend: ................................................. |__|__|__|__|__|...................................................Straße und Hausnummer PLZ Ort

Meldepflichtige Krankheit (Bitte entsprechend Verdacht, Erkrankung oder Tod ankreuzen)

Erkrankung

Verd

acht

E rkr

anku

ng

Tod Bemerkungen

Botulismus � � �Cholera � � �Diphtherie � � �Humane spongiforme

Enzephalopathie

� � � außer familiär-hereditärer

Formen

Virus Hepatitis, akute

(Virus unbekannt)

� � �

Hepatitis A, akute � � �Hepatitis B, akute � � �Hepatitis C, akute � � �Hepatitis D, akute � � �Hepatitis E, akute � � �

Erkrankung

Verd

acht

E rkr

anku

ng

Tod Bemerkungen

Hämolytisch-urämisches Syn-

drom, enteropathisches (HUS)

� � �

Hämorrhagisches Fieber,

virusbedingt

� � �

Masern � � �Meningokokken-Meningitis/Sepsis � � �Milzbrand � � �Poliomyelitis � � � als Verdacht gilt jede schlaffe

Lähmung, außer wenn

traumatisch bedingt

Pest � � �Typhus abdominalis � � �Paratyphus � � �

Tollwut � � � auch die Verletzung durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie Berührung

eines solchen Tieres oder Tierkörpers

Tuberkulose � � � Meldung auch bei fehlendem bakteriologischen Nachweis, wenn vollständige Antituberkulotika-Therapie indiziert

Mikrobiell bedingte Lebensmittel-

vergiftung oder akute infektiöse

Gastroenteritis

� � � nur, wenn entweder bei ≥ 2 Erkrankungen ein epidemiologischer Zusammenhang zu vermuten ist

oder eine betroffene Person im Lebensmittelbereich tätig ist (§ 42 Abs. 1 IfSG)

Erregername (falls bekannt): ...............................................................

Andere bedrohliche Krankheit � � � Erregername (falls bekannt): ...............................................................

Erkrankungshäufigkeiten � � � ≥≥ 2 Erkrankungen, bei denen ein epidemiologischerZusammenhang vermutet wird Erregername (falls bekannt): ...............................................................

Impfschaden � � � Zusätzliche Informationen werden über gesonderten Meldebogen, der beim Gesundheitsamt zu beziehen ist, erhoben

� = bitte Feld ankreuzen, falls zutreffend � = diese Meldung ist laut §§ 6, 8, 9 IfSG nicht vorgesehen

Vertraulich

.............................................................................Gesundheitsamt

.............................................................................Straße und Hausnummer

......................... .................................................PLZ Ort

Meldende Person / Einrichtung:

............................................................................................Name der Einrichtung

...........................................................................................Straße und Hausnummer

|__|__|__|__|__| ....................................................PLZ Ort

.......................................... ................................Meldender Telefonnummer

Datum: |__|__|/|__|__|/|__|__|__|__|Tag Monat Jahr

Page 326: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

325

Symptome/Kriterien, auf die die klinische Diagnose gestützt wird (bitte die wichtigsten Symptome einzeln aufzäh

......................................... ......................................... ......................................... .....................................

......................................... ......................................... ......................................... .....................................

Tag der Erkrankung1: ........................................................ Tag der Diagnose1: ........................................................1 wenn genaues Datum nicht bekannt ist, bitte den wahrscheinlichen Zeitraum angeben

Verstorben: �

Nein �

Ja Wenn ja, Todestag: |__|__|/|__|__|/|__|__|__|__|�

Nicht bekanntTag Monat Jahr

Wahrscheinliche Infektionsquelle: Land: ................................... Ort: .....................................................

Weitere Angaben zur wahrscheinlichen Infektionsquelle (Person, Produkt, Einrichtung):

...........................................................................................................................................................................................

Blut-/Organ-/Gewebespende in den letzten 6 Monaten2: �

Nein �

Ja �

Nicht bekannt2 Angabe nur notwendig bei Krankheiten, die durch Blut oder Gewebespende übertragen werden können

Wenn ja, nähere Angaben: ................................................................................................................................................

Aufenthalt/Überweisung/Aufnahme in Krankenhaus oder andere Einrichtung der stationären Pflege (soweit bek

�Nein

�Ja, Wenn ja, wo: .................................................... ................................................

Name der Einrichtung Station/Abteilung

Anschrift: ................................................. |__|__|__|__|__| .......................................................Straße und Hausnummer PLZ Ort

Aufnahme am: |__|__|/|__|__|/|__|__|__|__| Entlassung am: |__|__|/|__|__|/|__|__|__|__|Tag Monat Jahr Tag Monat Jahr

Impfstatus zur Erstellung der Diagnose:Impfstatus in Bezug auf gemeldete Erkrankung, gegen die Impfstoffe zur Verfügung stehen oder standen (z.B. bei Cholera, DiphthFSME, HiB, Hepatitis A oder B, Influenza, Masern, Meningokokken, Poliomyelitis, S. typhi, Tuberkulose)

�nicht geimpft

�geimpft Anzahl der erhaltenen Impfdosen: |__|__|Letzte Impfdosis: |__|__|/|__|__|/|__|__|__

�Impfstatus nicht bekannt Tag Monat Jahr

Tätigkeit oder Betreuung in Gemeinschaftseinrichtungen oder im Lebensmittelbereich:�

Tätigkeit des/der Erkrankten in medizinischen Bereichen oder Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Schule, KinderkripHeim, sonstige Massenunterkünfte § 36 Abs. 1 oder 2 IfSG)

�Tätigkeit des/der Erkrankten i m Lebensmittelbereich (nur bei akuter Gastroenteritis, akuter Virushepatitis, Typhus,

Paratyphus, Cholera) (§ 42 Abs. 1 IfSG)�

Erkrankte/r wird in Gemeinschaftseinrichtung für Kinder oder Jugendliche betreut (z.B. Schule, Kinderkrippe, § 33

..................................................... .............................................. |__|__|__|__|__| ..........................................Name der Einrichtung Straße und Hausnummer PLZ Ort

..................................................... .............................................. |__|__|__|__|__| ..........................................Name der Einrichtung Straße und Hausnummer PLZ Ort

Labor/Untersuchungsstelle, das/die mit der Erregerdiagnostik beauftragt wurde: .................................................

...........................................................................................................................................................................................Name des Labors

........................................... |__|__|__|__|__| ............................................. ..............................................Straße und Hausnummer PLZ Ort Telefonnummer

�= bitte Feld ankreuzen, falls zutreffend

Page 327: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

326

Labor-MeldeformularNachweise von Krankheitserregern gemäß §§ 7, 8, 9 IfSG

Für Meldungen von HIV, Treponema pallidum, Echinococcus sp., Plasmodium sp. sowie konnatale Rubellavirus- und Toxoplasma gondii-Infektionenbitte separates Meldeformular des Robert Koch-Instituts nutzen

............................................... ............................................Telefon Fax

Labordiagnostischer Untersuchungsbefund:

Krankheitserreger / Untersuchungsbefund: .............................................................................................................(bitte eine Meldung pro Befund) (exakte Angaben zu Spezies, Serotyp, Serovar, Toxintyp etc., soweit durchgeführt)

Untersuchungsmaterial: .......................................... Eingangsdatum des Materials: / /(siehe Hinweise auf der Rückseite zu den relevanten Untersuchungsmaterialien) Tag Monat Jahr

Nachweismethode : Nur bei positivem Befund ankreuzen! (Angaben nach § 9 Abs. 2 Nr. 7 IfSG zwingend erforderlich, siehe Rückseite)

� Kultur/Isolierung � Spezies/Subspezies/Serovarbestimmung/Genotypisierung

� Antikörper-Nachweis � mindestens 4facher Antikörper-Titeranstieg in der 2. Serum-Probe

� IgM-Antikörper-Nachweis � Nukleinsäure-Nachweis (z.B. PCR)

� Antigen-Nachweis � Histologie

� Toxin-Nachweis � Nachweis des Toxingens

� Mikroskopischer Nachweis � Andere Nachweismethode/n, welche: .......................................................

Patient/in:

Name: .......................................................... Vorname: ................................................. � Männlich � Weiblich

Geburtsdatum: / / Tag Monat Jahr

Hauptwohnsitz: ................................................. ...................................................Straße und Hausnummer PLZ Ort

Derzeitiger Aufenthaltsort,falls abweichend: ................................................. ...................................................

Straße und Hausnummer PLZ Ort

Einsendender Arzt bzw. einsendendes Krankenhaus:

Name der Einrichtung: .......................................................................... Telefon: ..........................................

Name der einsendenden Person: .........................................................

Anschrift: ................................................. ....................................................Straße und Hausnummer PLZ Ort

Meldendes Labor / Meldende Untersuchungsstelle:

..............................................................................................................Labor / Untersuchungsstelle

..............................................................................................................Straße und Hausnummer

....................................................PLZ Ort

.......................................... ................................Meldende Person Telefonnummer

Datum / /Tag Monat Jahr

Vertraulich

................................................................................Gesundheitsamt

................................................................................Straße und Hausnummer

......................... .................................................PLZ Ort

Page 328: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

327

Erläuterung: Für die jeweiligen Erreger werden nur die Nachweismethoden mit nicht schraffierten Feldern vomGesundheitsamt als Meldung weiter an die Landesbehörde übermittelt

Erreger

Kultu

r/Iso

lieru

ng

Spez

ies/

Sub

spez

ies/

Ser

ovar

best

imm

ung/

Gen

otyp

isie

rung

Antik

örpe

r-Nac

hwei

s

IgM

-Ant

ikör

per-N

achw

eis

4fac

her A

ntik

örpe

r-Tite

rans

tieg

in d

er2.

Ser

um-P

robe

Antig

en-N

achw

eis

Nuk

lein

säur

e-N

achw

eis

(z.B

. PC

R)

Toxi

n-N

achw

eis

Nac

hwei

s de

s To

xing

ens

Mik

rosk

opis

cher

Nac

hwei

s

His

tolo

gie

Bemerkungen

Adenoviren * * * * * nur aus KonjunktivalabstrichBacillus anthracis * * Immunofluoreszenzmikroskopie (Nachweis der Kapsel)Borrelia recurrentis * * Dunkelfeld-, PhasenkontrastmikroskopieBrucella sp. * ** * einmalig hoher Antikörpertiter, ** ImmunofluoreszenzmikroskopieCampylobacter sp., darmpathogen * * Erregerisolierung aus StuhlChlamydia psittaciClostridium botulinum * ** * Erregerisolierung aus Stuhl (Säuglingsbotulismus), Wundmaterial

** Toxin-Nachweis aus Blut, Stuhl, MageninhaltCorynebacterium diphtheriae, Toxin bildendCoxiella burnetii * ** ** * Erregerisolierung aus Blut, ** Antikörper-Nachweis gegen Phase-2-AntigeneCryptosporidium parvum * ** * Antigen-Nachweis im Stuhl, ** aus Stuhl, Darmflüssigkeit, BiopsienEbola-Virus * * ElektronenmikroskopieEchinococcus sp. Meldung direkt an das Robert Koch-Institut über separates MeldeformularEscherichia coli, (EHEC) * ** ** + + * aus Stuhl, ** nur LPS-Antikörper, bei HUS, + nur aus E. coli-IsolatEscherichia coli, sonstige * *+ + * aus Stuhl, + nur aus E. coli-IsolatFrancisella tularensis * ** * Nachweis eines einmalig hohen Antikörpertiters, ** z.B. Immunofluoreszenz-

mikroskopie, ELISAFSME-Virus * ** *** + * IgG aus Liquor, ** aus Blut oder Liquor, *** aus Blut, + aus Blut, Liquor, post

mortem aus OrgangewebeGelbfiebervirusGiardia lamblia * * im Stuhl oder DuodenalsekretHaemophilus influenzae * * * * * nur aus Liquor oder BlutHantavirenHepatitis-A-Virus * * im StuhlHepatitis-B-Virus * ** * HBc-IgM-Antikörper, ** HBs-Antigen bestätigt durch ZusatztestHepatitis-C-Virus *

*** * chronische Infektion nicht bekannt, ** HCV-Antikörper bestätigt durch

ZusatztestHepatitis-D-Virus * * * * Nachweis einer HBV-Infektion (HBsAg oder HBV-DNA positiv) muss vorliegenHepatitis-E-VirusHIV Meldung direkt an das Robert Koch-Institut über separates MeldeformularInfluenza-Viren * * in Zellen des Nasen-Rachen-RaumsLassa-Virus * * ElektronenmikroskopieLegionella sp. * ** + * Sekrete des Respirationstraktes, Lungengewebe, Pleuralflüssigkeit

** SG1-Legionella-Antikörper, + SG1-Legionella-Antigen im UrinLeptospira interrogans * * ImmunofluoreszenzmikroskopieListeria monocytogenes * * aus Blut, Liquor oder normalerweise sterilen Substraten, Abstrichen von

NeugeborenenMarburg-Virus * * ElektronenmikroskopieMasern-VirusMycobacterium leprae * * einmalig hoher PGL-1-AntikörpertiterMycobacterium tuberculosis-Komplex * ** * Ergebnisse der Typendifferenzierung und der Resistenzbestimmung sind

gesondert meldepflichtig, ** Nachweis säurefester StäbchenNeisseria meningitidis * * * * *

*** aus Liquor, Blut oder normalerweise sterilen Substraten, ** gram-negative

DiplokokkenNorwalk-ähnliches Virus * * *

*** nur aus Stuhl, ** Elektronenmikroskopie/Immunelektronenmikroskopie

Plasmodium sp. Meldung direkt an das Robert Koch-Institut über separates MeldeformularPoliovirusRabies-VirusRickettsia prowazekii * * Immunofluoreszenzmikroskopie in GewebeprobenRota-Virus * * ElektronenmikroskopieRubella-Virus (konnatale Infektion) Meldung direkt an das Robert Koch-Institut über separates MeldeformularSalmonella ParatyphiSalmonella TyphiSalmonella, sonstigeShigella sp. * * aus StuhlToxoplasma gondii Meldung direkt an das Robert Koch-Institut über separates MeldeformularTreponema pallidum Meldung direkt an das Robert Koch-Institut über separates MeldeformularTrichinella spiralis * * Nachweis von Trichinella-LarvenVibrio cholerae O 1 und O 139 * * Nachweis des O1- oder O139-AntigensYersinia enterocolitica,darmpathogen * * IgA-Antikörper oder WidalYersinia pestis * ** * Anti-F1-IgG-Antikörper, ** F1-Antigen durch FluoreszenzmikroskopieAndere Erreger hämorrhagischer Fieber

Page 329: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 330: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

329

Statistiken/Übersichten

Page 331: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 332: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Münchner Rückversicherungs-GesellschaftD-80791 München, Tel. +49-89-38910, Fax +49-89-399056E-Mail: [email protected], Internet: http://www.munichre.com

331

NATCATSERVICE

Ausgewählte bedeutende Naturkatastrophen 2005Datum Gebiet Schadenereignis Tote Gesamt-

schäden Mio. US$

Versicherte Schäden Mio. US$

Jan. Okt. Portugal. Spanien Dürre, Waldbrände 58 3 6507. 9.1. Skandinavien. Baltikum Wintersturm Erwin 18 5 800 2 500

10. 27.2. Afghanistan. Indien.Pakistan

Schneesturm, Über-schwemmungen

1 400

28.3. Indonesien Erdbeben 1 70018. 21.5. Neuseeland Sturzflut, Erdrutsche 100 754. 14.6. Kanada Überschwemmungen 4 350 1907. 11.7. Karibik. USA Hurrikan Dennis 76 3 100 1 20014. 18.7. Mexiko. Grenada.

JamaikaHurrikan Emily 13 400 250

17. 20.7. China. Taiwan Taifun Haitang 17 1 100 10024.7. 5.8. Indien Überschwemmungen 1 150 5 000 77020. 27.8. Schweiz. Österreich.

DeutschlandÜberschwemmungen 11 3 000 1 700

25. 30.8. USA: LA, MS, AL, FL Hurrikan Katrina 1 322 125 000 60 00020. 24.9. USA: FL, LA, MS, TX Hurrikan Rita 10 16 000 11 00021. 30.9. Philippinen. China.

Vietnam. ThailandTaifun Damrey 125 1200

1. 2.10. China. Taiwan Taifun Longwang 67 250 502. 5.10. Mittelamerika Hurrikan Stan 840 3 000 1008.10. Pakistan. Indien Erdbeben 88 000 5 20019. 24.10. Mexiko. USA. Karibik Hurrikan Wilma 42 16 000 10 50025. 27.11. Deutschland Wintersturm Thorsten 300 15028.11. Spanien: Kanarische

Inseln. MarokkoTropischer Sturm Delta 20 375

Page 333: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Münchner Rückver-sicherungs-GesellschaftD-80791 München, Tel. +49-89-38910, Fax +49-89-399056E-Mail: [email protected], Internet: http://www.munichre.com

332

Page 334: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

333

Katastrophen fordern 2005 mehr als 97 000 Todesopfer

Mehr als 97 000 Todesopfer Am 8. Oktober erschütterte ein Erdbeben der Momentmagnitude 7.6 die zu Pakistan und Indien gehörende Bergregion Kaschmir. Dabei starben mehr als 73 300 Menschen. Auch Überschwemmungen, Stürme, Schiffs- und Flugzeug-katastrophen forderten zahlreiche Opfer, sodass im Jahr 2005 insgesamt mehr als 97 000 Menschen bei Katastrophen ums Leben kamen.

Gesamtschäden von über 230 Mrd. USD

Die von sigma erfassten Katastrophen verursachten direkt zurechenbare finan-zielle Gesamtschäden von 230 Mrd. USD. Ein grosser Teil davon entfiel aufIndustrieländer, wo Katastrophen auf eine hohe Konzentration an Sachwerten trafen. So verursachte in den USA eine Serie von Hurricanes enorme Schäden, allen voran Katrina mit schätzungsweise 135 Mrd. USD, gefolgt von Wilma mit 20 und Rita mit 15 Mrd. USD. Das Erdbeben in Kaschmir, die Überschwem-mungen in Indien im Juli und Hurricane Stan in Mittelamerika im Oktober verur-sachten aber auch in nichtindustrialisierten Ländern volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe.

Versicherte Sachschäden von 83 Mrd. USD

sicherung gedeckt: Die Schäden aus Natur- und Man-made-Katastrophen kosteten die Sachversicherer weltweit rund 83 Mrd. USD.

In den Industrieländern ist ein erheblicher Teil der Sachwerte gegen Sturm-schäden versichert. Die hohe Sturmaktivität und Folgeüberschwemmungen in den USA, aber auch in anderen Regionen, führte bei den Sachversicherern zu Belastungen in noch nie dagewesener Höhe. Stürme, Überschwemmungen, Frost, Hagel und Erdbeben kosteten die Sachversicherer weltweit über 78 Mrd. USD. Die höchsten versicherten Schäden stammen von Katrina mit 45 Mrd. USD, gefolgt von Wilma und Rita mit je 10 Mrd. USD.

… 5 Mrd. USD aus Man-made-Katastrophen Aus Man-made-Katastrophen kamen für die Sachversicherer weitere Schäden in der Höhe von gegen 5 Mrd. USD hinzu. Über zwei Drittel dieser Schäden gehtauf Grossbrände und Explosionen im Industrie- und Energiesektor zurück. Die Luft- und die Raumfahrtversicherung verzeichneten wiederum ein vergleichs-weise schadenarmes Jahr.

230 Mrd. USD Gesamtschäden, davon 135 Mrd. durch Katrina230 Mrd. USD Gesamtschäden, davon 135 Mrd. durch Katrina

83 Mrd. USD versicherte Schäden:davon 78 Mrd. aus Natur- und …83 Mrd. USD versicherte Schäden:davon 78 Mrd. aus Natur- und …

Zusammenfassung

durch Sachversicherung gedecktnicht versichert

Von den Gesamtschäden über 230 Mrd. USD war gut ein Drittel durch Ver-

Natur- und Man-made-Katastrophen im Jahr 2005Abdruck mit freundlicher Genehmigung der SchweizerischenRückversicherungsgesellschaftEconomic Research and Consulting, CH-8022 ZürichTel. +41-43-285-2551, Fax: +41-43-285-4749E-Mail: [email protected]

Page 335: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

334

Swiss Re, sigma Nr. 2/20064

Das Katastrophenjahr 2005 im Überblick

0

50

100

150

200

Man-made-Katastrophen Naturkatastrophen

20052000199519901985198019751970

Anzahl

1000

10000

100000

1000000

1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005

Man-made-Katastrophen Naturkatastrophen

* Die Skala der Opferzahlen ist logarithmisch.

397 Katastrophen

sigma erfasste 149 Naturkatastrophen und 248 technische Grossschäden. In beiden Katastrophenkategorien setzte sich auch 2005 der seit Jahren feststell-bare Trend zu mehr Ereignissen fort.¹

Abbildung 1

Anzahl Ereignisse 1970–2005

Mehr als 97000 Katastrophenopfer weltweit

Erdbeben in Pakistan:73 300 Todesopfer

Nach dem Seebeben und Tsunami vom Dezember 2004 wurde Asien auch 2005 von einer schweren Naturkatastrophe getroffen: Am 8. Oktober erschüt-terte ein Beben der Momentmagnitude 7.6 die zum nördlichen Pakistan und zum nordwestlichen Indien gehörige Bergregion Kaschmir. Auch andere Natur-katastrophen forderten zahlreiche Todesopfer: Bei Überschwemmungen kamen mehr als 7600 Menschen um, bei Stürmen 4200. Zahlreiche dieser Sturm-opfer starben durch Überflutung im Gefolge von Stürmen – zu nennen sind hier die 1300 Katrina-Opfer, von denen viele ertranken.²

Abbildung 2

Anzahl Opfer 1970–2005

¹ Man-made-Ereignisse ohne Strassenverkehrskatastrophen.

² Vgl. Tabelle 5, Die 20 todesopferreichsten Katastrophen 2005, Seite 15.

Page 336: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

335

5Swiss Re, sigma Nr. 2/2006

Man-made-Katastrophenmit 9000 Opfern

Bei Man-made-Katastrophen verloren über 9000 Menschen ihr Leben, 1900unter ihnen bei 45 Schiffsunglücken. Die schwersten Unfälle ereigneten sich in Bangladesch, als im Mai beim Untergang der Fähre MV Raipura über 200 Pas-sagiere ertranken, sowie in Indonesien, als im Juli die Fähre Digul kenterte und 200 Passagiere ertranken. Beide Fähren waren massiv überladen, was in är-meren Regionen leider häufig der Fall ist. Abstürze grösserer Flugzeuge kosteten 1100 Menschenleben. Auch Unglücke mit Immigrantenbooten forderten viele Menschenleben, zum Beispiel jenes im Arabischen Meer im September, als Schlepper mehr als 280 illegale Immigranten zwangen, ins offene Meer zuspringen.

Massenpanik führte ebenfalls zu schweren Unglücken: Im August kamen mehr als 960 Pilger im Irak durch das Gedränge auf einer Brücke um, im Januar starben in Indien 340 Pilger bei einem Panikausbruch an einem religiösen Fest.

Gesamtschäden von rund 230 Mrd. USD

230 Mrd. USD Gesamtschäden: davon220 Mrd. durch Natur- und10 Mrd. durch Man-made-Katastrophen

Katastrophen verursachten 2005 Gesamtschäden³ von schätzungsweise 230 Mrd. USD zugerechnet werden; davon gingen mehr als 220 Mrd. auf Natur-katastrophen zurück. In Dollar ausgedrückt fielen die Schäden in den Industrie-ländern weitaus am stärksten ins Gewicht. So werden die volkswirtschaftlichen Schäden der Stürme in den USA und anderen betroffenen Ländern auf über 174 Mrd. USD geschätzt (Hurricane Katrina: volkswirtschaftliche Schäden von schätzungsweise 135 Mrd. USD, Wilma: 20 Mrd., Rita: 15 Mrd., Dennis: 4 Mrd. USD). Die direkt zurechenbaren Erdbebenschäden im pakistanischen und in-dischen Kaschmir muten mit 5.4 Mrd. USD angesichts der hohen Opferzahltief an; die Summe hängt jedoch damit zusammen, dass die betroffene Bevölke-rung über weniger Sachwerte verfügt als jene in Industriestaaten.

Versicherte Katastrophenschäden: mit 83 Mrd. USD in neuer Höhe

Schon 2004 war für die Versicherungswirtschaft angesichts seiner Sach-schadenbelastung von 48 Mrd. USD – vor allem wegen der Hurricanes Charley,Frances, Ivan und Jeanne in den USA – ein rekordteures Jahr gewesen. 2005 nun verzeichneten Sachversicherer weltweit Katastrophenschäden von 83 Mrd. USD, was eine neue Grössenordnung darstellt.

³ Zur Ermittlung von Gesamtschäden vgl. «Begriffe und Selektionskriterien», S. 37/38.

Page 337: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

336

Swiss Re, sigma Nr. 2/20066

Das Katastrophenjahr 2005 im Überblick

0

10

20

30

40

50

60

70

20052000199519901985198019751970

in Mrd. USD, zu Preisen von 2005

Man-made-KatastrophenNaturkatastrophen

83 Mrd. USD versicherte Schäden: davon78 Mrd. aus Natur- und …

Wie im Vorjahr dominierten Stürme die versicherten Schäden, allen voran Hurri-cane Katrina⁴, dessen Schadenbelastung sich auf 45 Mrd. USD belaufen dürfte. Hinzu kommen über das staatliche NFIP (National Flood Insurance Program) gedeckte Schäden in der Höhe von fast 20 Mrd. USD.⁵ Die privatwirtschaftlich versicherten Sturmschäden in den USA und umliegenden Staaten beliefen sich für 2005 auf insgesamt 69 Mrd. USD. Vom folgenschweren Erdbeben in Kasch-mir hingegen lagen keine Informationen zu versicherten Schäden vor – es be-steht dort praktisch keine Versicherungsdeckung. Hohe Schäden fielen auch durch Überschwemmungen an: Heftige Monsunregen führten in Indien im Juli zu Erdrutschen und Überschwemmungen, namentlich in der Region von Mum-bai. Über 1100 Menschen kamen dabei ums Leben, und die versicherten Sach-schäden beliefen sich auf 0.8 Mrd. USD. Im europäischen Alpenraum führten Regenfälle im August zu hohen Sachschäden (1.9 Mrd. USD).

… 5 Mrd. USD aus Man-made-Katastrophen 5 Mrd. USD versicherte Schäden stammten aus Man-made-Ereignissen; dabei fielen 2005 vor allem Brände und Explosionen in Industriebetrieben sowie in der Erdöl- und Erdgasindustrie ins Gewicht. Wie schon im Vorjahr verzeichneten die Luft- und die Raumfahrtversicherung ein schadenarmes Jahr.

Abbildung 3

Versicherte Katastrophenschäden1970–2005

Die inflationsbereinigten sigma-Daten lassen einen Trend zu höheren Katastro-phenschäden erkennen. Während die Belastung in den 1970er Jahren nochbei 5 Mrd. pro Jahr lag, stieg sie in der Periode 1987–2003 auf 22 Mrd. In den Jahren 2004 und 2005 lag sie gar über 40 Mrd. USD.

Schadenanstieg vor allem beiNaturkatastrophen

Zum Anstieg trugen in erster Linie die Naturkatastrophen bei: Während die Natur-katastrophenbelastung in den 1970er Jahren bei knapp 3 Mrd. USD pro Jahr lag, stieg sie in der Periode 1987–2003 auf 16 Mrd. USD. In den Jahren 2004 und 2005 schnellte sie auf 45 bzw. 78 Mrd. USD hoch. Vieles deutet darauf hin, dass der Trend zu Milliardenschäden anhält. Die vorliegende Studie geht deshalb im übernächsten Kapitel der erhöhten Hurricane-Aktivität nach – einem der für die teuren Schadenjahre verantwortlichen Faktoren.

⁴ Vgl. S. 10, Kapitel zu Hurricane-Saison 2005, sowie Tabelle 8, S. 35, Die 40 teuersten Versicherungs-

schäden 1970–2005.

⁵ sigma-Schadenzahlen enthalten keine NFIP-Schäden.

Page 338: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

337

7Swiss Re, sigma Nr. 2/2006

Regionale Verteilung der versicherten Schäden 2005

92% der Todesopfer in Asien;87% der versicherten Schädenin Nordamerika

Wie in den Vorjahren dominierten hinsichtlich versicherter Schäden die Indus-triestaaten – zum einen aufgrund ihrer höheren Versicherungsdichte, zum an-deren aufgrund der vier Hurricanes, die in den USA auf Land trafen. Die hohen Versicherungsschäden in Industrieländern wie auch die hohen Opferzahlen in Emerging Markets bei gleichzeitig tiefen Versicherungsschäden gehen auf die Exponiertheit zahlreicher Siedlungsgebiete (beispielsweise hinsichtlich Erd-beben, Sturm oder Überschwemmung) wie auch auf fehlende bauliche Vorkeh-rungen in stark exponierten Gebieten zurück.

Tabelle 1Katastrophen 2005 nach Regionen

Vers. Schaden Region Anzahl in % Opfer in % (in Mio. USD) in %

Nordamerika 54 13.6% 3 781 3.9% 72 633 87.1% Europa 59 14.9% 659 0.7% 7 039 8.4% Asien 208 52.4% 89 633 92.4% 2 660 3.2%

Südamerika 21 5.3% 943 1.0% 47 0.1%Afrika 41 10.3% 1 851 1.9% 49 0.1%Ozeanien/Australien 6 1.5% 26 0.0% 359 0.4%Weltmeere/Weltraum 8 2.0% 125 0.1% 609 0.7%Total Welt 397 100.0 97 018 100.0 83 396 100.0

Page 339: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 340: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

339

Autorenverzeichnis

Page 341: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 342: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Autoren

Professor Dr. Irmtraud BeerlageDipl.-Psychologin, FB Sozial- und GesundheitswesenHochschule Magdeburg-Stendal (FH)Breitscheidstraße 2, Haus 139114 MagdeburgTelefon: 0391/8864-320Telefax: 0391/8864-293

Professor Dr. Lars ClausenVorsitzender der Schutzkommission beim Bundesminister des InnernKatastrophenforschungsstelle – Christian-Albrechts-UniversitätWestring 4024098 KielTelefon: 0431/880-2167Telefax: 0431/880-3467

em. Professor Dr. med. Dr. h.c. (U.MM.) Bernd D. DomresWeinbergweg 1572070 Tübingen – HirschauTelefon: 07071/78015

Professor Dr. med. Axel EkkernkampÄrztlicher Direktor des Unfallkrankenhauses BerlinErwin-Payr-Lehrstuhl GreifswaldWarener Straße 712683 BerlinTelefon: 030/5681-3001Telefax: 030/5630-3003

Dr. med. Norbert FelgenhauerAbteilung für Toxikologie, II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isar der TU-MünchenIsmaninger Straße 2281675 MünchenTelefon: 089/4140-2240/41Telefax: 089/4140-4789

Dr. med. Ernst-Jürgen FinkeInstitut für Mikrobiologie der BundeswehrNeuherbergstraße 1180937 MünchenTelefon: 089/3168-2805Telefax: 089/3168-3292

341

Page 343: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Professor Dr. med. Rüdiger R. E. FockRobert-Koch-InstitutPostfach 65 02 6113302 BerlinTelefon: 01888/754-3701Telefax: 01888/754-3715

Dr. med. Herbert HallerUnfallkrankenhaus LinzA-4020 LinzTelefon: 0043/732/69200Telefax: 0043/732/6920-353

Dr. med. Werner KirchingerGSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit GmbHInstitut für StrahlenschutzIngolstädter Landstraße 185764 NeuherbergTelefon: 089/3187-4040/3Telefax: 089/3187-3323

Professor Dr. med. Jürgen KnoblochInstitut für Tropenmedizin, Universitätsklinikum TübingenKeplerstraße 1572074 TübingenTelefon: 07071/29-86022Telefax: 07071/29-5267

Dr. med. Gerrit MatthesBerufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus Berlin-MarzahnRapsweg 55/Warener Straße 712683 BerlinTelefon: 030/5681-3001 bzw. 0171-5226 458Telefax: 030/5630-3003

Reg. Dir. Dipl. Päd. Hanno F. PeterBundesamt für Bevölkerungsschutz und KatastrophenhilfeZentrum Katastrophenmedizin – Fachbereich M. 3Postfach 20 03 5153133 BonnTelefon: 01888/550-280Telefax: 01888/550-580

342

Page 344: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Professor Dr. med. Ernst PfenningerUniversitätsklinik für Anästhesiologie, Klinikum der Universität UlmSteinhövelstraße 989070 Ulm Telefon. 0731/500-27931Telefax: 0731/500-27917

Professor Dr. med. Ernst RebentischPostfach 142782035 DeisenhofenTelefon: 089/6134312

Professor Dr. med. Jürgen SchüttlerDirektor der Klinik für Anaesthesiologie, Universitätsklinikum ErlangenKrankenhausstraße 1291054 ErlangenTelefon: 09131/85-33296Telefax: 09131/85-36452

Professor Dr. med. Peter SefrinVorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigenNotärzte agbn e.V.Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Katastrophen-medizin DGKM e.V.Sandweg 1197078 WürzburgTelefon: 0931/284770Telefax: 0931/284746

Dr. med. Dipl. Chem. Richard SpörriOberarzt der Klinik für Anaesthesiologie, Ärztlicher Leiter MEDITOX®Fürst-Stirum-Klinik BruchsalGutleutstraße 1-1476646 BruchsalTelefon: 07251/7080Telefax: 07251/708-5424

Dr. med. Harald StraussOberarzt der Klinik für Anaesthesiologie, Universitätsklinikum ErlangenKrankenhausstraße 1291054 ErlangenTelefon: 09131/85-33296Telefax: 09131/85-36452

343

Page 345: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Dr. med. Norbert VogtSt.-Hedwig-KrankenhausGroße Hamburger Straße 5-1110115 BerlinTelefon: 030/23110

Dipl. Theol. Pastor Frank WaterstraatBeauftragter für Notfallseelsorge der Ev.-luth. LandeskircheHannovers, Fachberater Psychosoziale Unterstützung derFeuerwehr-Unfallkasse Niedersachsen, Fachberater Seelsorgedes Landesfeuerwehrverbandes NiedersachsenLange Straße 9031552 RodenbergTelefon: 05723 / 3516

Dr. med. Johann Wilhelm WeidringerGeschäftsführender ArztBayerische LandesärztekammerMühlbaurstraße 1681677 MünchenTelefon: 089/4147-233Telefax: 089/4147-831

Direktor und Professor Dr. rer. nat. Wolfgang WeissGeschäftsführer der Schutzkommission beim Bundesminister des Innernc/o Bundesamt für StrahlenschutzFachbereich Strahlenschutz und GesundheitIngolstädter Landstraße 185764 Oberschleißheim/NeuherbergTelefon: 01888/333-2100/2101Telefax: 01888/333-3105

Professor Dr. med. Thomas ZilkerLeiter der Abteilung für Toxikologie,II. Medizinische Klinik, Klinikum rechts der Isarder Technischen Universität MünchenIsmaninger Straße 2281675 MünchenTelefon: 089/4140-2240/41Telefax: 089/4140-4789

344

Page 346: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

345

Stichwortverzeichnis

Page 347: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 348: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

A:Abdomenverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .99Absaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .60Abszess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .209, 210, 211, 215Abwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .230, 232advanced life support . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .65Affenpocken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 227, 228, 233Aids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .207, 228Alarmhierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .279Alarmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .277, 280Alarmplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .281, 285ALS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .65Amantadin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .208Amphotericin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .209Analgesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79, 84, 85, 87Analgetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84, 85, 109Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84Anthrax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .224Antidotdepots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .188Antidote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .172, 173, 189Antidottherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .171, 172, 176, 177, 183Arsenwasserstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .181, 182Arzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28, 29Asservierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .169, 171, 173, 179Asystolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69Atemspende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .61Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57Auskunftsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .277äußere Herzdruckmassage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63aviär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .250aviäre Erreger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .250aviäre Influenza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249aviäre Influenzaviren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .250Azithromycin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 210

B:Baxter-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .109Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . .59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 110Beatmungstuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .62Beckentrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .99Begleitverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .108Beta-Dosisleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .149Beutel-Masken-Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .62Bewußtsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57

347

Page 349: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Biotop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .229Blutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93, 98Botulismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .186, 190, 217, 227, 238Brandgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .166, 168Brandkatastrophen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .105Brandprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .168Brennelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .142Brucellose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 227, 233Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .363

C:Campylobacter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .214, 227, 238Ceftazidim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .211Ceftriaxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .219Chemieunfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 170Chemikalienschutzanzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .170Chikungunya . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 229Chloramphenicol . . . . . . . . . . . . . .207, 213, 218, 224, 225, 226Chloroquin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .210Cholera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .214, 215, 227, 232Chromosomenaberrationsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . .152, 154Ciprofloxacin . . . . . . . . . . . . . . . .207, 210, 211, 212, 213, 214, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215, 216, 219, 224, 225, 226

Clarithromycin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .210Cotrimoxazol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .213, 214, 215, 216Computergestützte Alarmsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .278Cyanwasserstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .168, 176

D:Defibrillation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .65Dekompensation des Schocks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .78Dekon-P-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .199Dekoneinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200Dekontamination . . . . . . . . . .150, 171, 172, 184, 185, 199, 236Dekontaminationseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200Dekontaminationsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .151Dekontaminationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200Dengue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 222, 229, 240Desinfektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .230, 236, 247Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin e.V. . . . . . .12Diphtherie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 227, 228, 232, 238Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31Dosimeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .139Dosimetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .154

348

Page 350: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Dosisrichtwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .136, 141Doxycyclin . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 207, 209, 210, 211, 212, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213, 214, 216, 224, 225, 226Durchfall . . . . . . . . . . . .204, 213, 214, 215, 216, 219, 224, 247

E:Ebola . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .221, 228, 240Einbahnstraßen-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .283Einsatzabschnitt PSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53Einsatzleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .171, 275, 276, 277, 279, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .282, 283, 285, 286

Einsatznachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52Elektromechanische Entkoppelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69EMD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69endobronchiale Medikamentenapplikation . . . . . . . . . . . . . . .67Enteritis . . . . . . . . . . . . . . . . .214, 215, 216, 227, 238, 241, 242Enzephalitis . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 208, 209, 212, 215, 217, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .218, 219, 220, 221, 228, 229, 233

Epidemie . . . . . . . . . . .204, 208, 212, 215, 218, 219, 220, 221, . . . . . . . . . . . . . . . . . . .225, 226, 227, 228, 229, 230, 232, 237

Erfrierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .119, 120Erythromycin . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 209, 210, 212, 214, 224Escharotomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .111Esmarch’scher Handgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59externe Bestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .135Externe Katastrophenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .274Extremitätenverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .99

F:Fachberater PSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53Faszienspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .111, 112Feuerwehrdienstvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .136FFP2-Maske . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .254FFP3-Maske . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .254Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .251Fleckfieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 209, 212, 229, 233Flöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .226, 229, 237Fluconazol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .209Flüssigkeitssubstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .109Freimessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .154Frösteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107Frühdekontamination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .171FSME . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .217, 227, 229, 232Führungsassistent PSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55

349

Page 351: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Führungspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .276FwDV 500 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .136

G:Gamma-Dosisleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .149Gammabestrahlungseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .141Ganzkörper-Dekontamination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .201GCS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .97Gefahrenbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13Gefahrensymbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .166Gefahrenzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 169, 171, 175Gefahrgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 165, 166Gefahrstoffexposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .169, 170Gefahrstoffunfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 169, 170Gefahrstoffunfälle . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 165, 169, 170, 172, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .173, 175, 176, 178

Gefäßverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .98Geflügelgrippe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249Geflügelpest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249Gelbfieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .222, 229, 232Gentamicin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .211, 225, 226Giardiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215, 227Giftexposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 170Giftinformationszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .168, 174Giftnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .173Grenzen der Reanimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .70Großbestrahlungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .141Großschadensereignis . . . . . . . . . . . . . . .13, 14, 29, 30, 57, 58, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63, 64, 68, 164, 277

Großschadensfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .283Großschadensfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11, 12Guedel-Tubus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59H5N1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .250

H:hämorrhagischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77hämorrhagisches Fieber . . . . . . . .220, 221, 222, 227, 228, 240Hautkampfstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .184HDM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63, 64HEPA-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .230Hepatitis . . . . . . . . . . . . . . . .205, 207, 212, 227, 228, 232, 241HFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .222, 227, 228Histoplasmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .204, 207, 228, 240HPAI-Viren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249

350

Page 352: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Hühnergrippe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249humanitären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12Hydroxyethylstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .80, 81, 82hypertone Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .82Hypothermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .115, 117, 118, 121hypovolämischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77, 78

I:Identifikation des Gefahrstoffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .165Impfstoff . . . . . . . . . . . .205, 206, 207, 208, 210, 211, 212, 213, . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215, 219, 220, 222, 224, 225, 232, 233

Impfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 207, 208, 212, 215, 217, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .218, 220, 225, 232, 235

Individualmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57Infektion . . . . . . . . . . . .204, 205, 206, 207, 208, 209, 211, 213, . . . . . . . . . . . . . . .214, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 224, . . . . . . . . . . . . . . 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 234, 236, . . . . . . . . . . . . . . . 237, 238, 240, 241, 242, 243, 246, 247, 248Influenza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .208, 227, 228, 232, 242, 249Influenza-Pandemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .253Influenzaviren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .250Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11, 274, 277, 284, 285Inhalationsanalgetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84, 85Inhalationsanästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .90Inhalationsanästhetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .90, 91inhalative Anästhetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .89inhalatorische Giftaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .169Inkorporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .148, 152Inkorporationen von Radionukliden . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147Intoxikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 214, 216, 217, 220Intravenöse Narkose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .88Intravenöse Narkotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .88Intubation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .68, 110Intubations- und Beatmungsindikationen . . . . . . . . . . . . . . .110Intubationsindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .110Iod-Blockade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .160Iod-Tabletten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .159Iodblockade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .159Ionisierende Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .135Itraconazol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .208, 209

K:Kammerflimern und -flattern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69Kampfmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .226, 236, 237, 248

351

Page 353: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Kampfstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 206, 207, 208, 209, 210, . . . . . . . . . . . . . . . . . . .211, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, . . . . . . . . . . . . . . . . . . .220, 221, 222, 223, 224, 225, 236, 237

Kapazitätserweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .281, 282kardiopulmonale Reanimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63Katastrophe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29, 30Katastrophenalarmplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .275Katastropheneinsatzleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .277Katastrophenmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28, 77, 81Katastrophenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77Katastrophenschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .285Katastrophenschutzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146Katastrophensituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .275, 280Katastrophensituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13, 14Kemler-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .166Kernkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145Kernkraftwerksunfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146Kerntemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .115, 117, 119Kernwaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147Ketamin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85, 86, 89, 91Ketamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .110Ketoconazol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .208, 209Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .273Kohlenmonoxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . .110, 166, 168, 172, 175Kokzidioidomykose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .208, 228, 240kolloidale Volumenersatzmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .80Kolloidsubstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .109Kombinationstraumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77Kontamination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .139, 140, 148Kontraindikation für die Iod-Blockade . . . . . . . . . . . . . . . . .160Körperoberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .109Krankenhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .154, 273, 281Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57Krim-Kongo-Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .223, 228, 229Krisenintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52Kryptokokkose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .209, 228, 240Kühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107

L:Lagebeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .140Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 209, 215, 229, 230, 232Lassa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .223, 227, 228, 240Latrine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .231Läuse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 209, 226, 229Lawinenunfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .116

352

Page 354: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Lebensmittelvergiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .186lebensrettende Sofortmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57Legionellose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .209, 228, 239Leiter PSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .54Linearbeschleuniger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .139Lokalanästhetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84, 85, 86, 87LPAI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .250

M:Malaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .204, 210, 220, 229, 240Malleus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .210, 228MANV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200Marburg-Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .224, 228Massenanfall . . . . . . . . . .29, 164, 169, 172, 174, 184, 189, 281Massenvergiftungen . . . . . . .163, 169, 173, 174, 180, 183, 184MEDITOX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .168, 190Medizinbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13Mefloquin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .210Melioidose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .204, 211, 227, 228Meningitis . . . . . . .209, 214, 215, 217, 218, 227, 228, 232, 239Meningokokken . . . . . . . . . . . . . . . . . . .218, 227, 228, 232, 239Methämoglobinbildende Gifte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .178Militärseelsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52Milzbrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .224, 227, 228, 233, 237Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .88, 89Müll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .230, 232Multiorganversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77Mund-zu-Mund-Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .62Mund-zu-Nase-Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .61Myokarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .208

N:Narbenspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .111, 112Narkose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .89, 91Narkose in Ausnahmesituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .92Naturkatastrophen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11Nervenkampfstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .183, 184Neuner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .108Nipah . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .219, 228, 248Notfallpsychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52Notfallseelsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52Notfallstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146

353

Page 355: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

O:Opiate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85Organische Lösemittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .180Organophosphate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .183

P:Pandemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249Patientenaufkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .274PEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69Penicillin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206, 209, 218, 224Periphere Analgetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84, 85Pest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .225, 227, 228, 229, 239Phosphorwasserstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .182Pilz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 207, 209, 237, 240Plutonium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145Pneumonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .208, 209, 211, 212, 215Pocken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 211, 227, 228, 233Poison Severity Score . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .174Poliomyelitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .219, 227, 232Polytrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77, 93, 105präkordialer Faustschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .67Präventive Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .175Pressekonferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .277PSA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200Psittakose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .211, 228, 238PSNV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51, 52PSS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .174PSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52Psychosoziale Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52Psychosozialen Notfallversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51psychosozialer Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .56Psychotraumatherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52pulslose elektrische Aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69

Q:Q-Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .212, 228, 233

R:radioaktive Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147radioaktive Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .139, 140, 144radioaktiven Wolke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146

354

Page 356: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Radionuklidbatterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145Regionale Strahlenschutzzentren . . . . . . . . .137, 152, 154, 156Registrierungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31Reizgase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 170, 177, 178, 194Reizgase vom Latenz-Typ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .177, 178Reizgase vom Sofort-Typ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .178Relaxierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .90Ribavirin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .212, 221, 223, 224Rifampicin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 210, 212, 218, 219Rift Valley-Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .212, 228, 229, 233Rotavirus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215, 227, 241RSZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .137Rückfallfieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .209, 229

S:Salmonellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215, 227Sauerstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .61, 62, 64, 65, 70Schadenslage, externe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .273Schadenslage, interne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .273Schmerzbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77, 88, 98, 109Schocklagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79Schuss- und Splitterverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .101Schutzausrüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .172, 200Schutzbrille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .254Schutzkleidung . . . . . . .218, 221, 222, 223, 224, 225, 230, 236Schutzkommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13, 14Schwefelwasserstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .180Seuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .204, 205, 206, 212, 228, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .229, 232, 234, 235, 248

Shigellose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .216, 227Sichtung . . . . . . . . . . . . . .93, 94, 108, 112, 113, 114, 117, 174Sichtungs-Arzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .94Spotdekontamination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .201stabile Seitenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .58Staphylokokken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .216, 227Stechmücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 206, 210, 212, 218, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .219, 220, 222, 225, 226, 229

Strahlendosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .142Strahlenexposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .148, 149Strahlenkatastrophe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .135Strahlenmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .141Strahlennachweisgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .136Strahlenquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .140, 148Strahlenschutzarzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146

355

Page 357: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Strahlenschutzbeauftragter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .140Strahlenschutzbevollmächtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .140Strahlenschutzkommission . . . . . . . . . . . . . . . . . .141, 145, 151Strahlenschutzverantwortlicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .140Strahlenunfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .135, 136, 137, 139, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145, 152, 154, 163Strahlenunfallopfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .137Streptomycin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 225, 226

T:Tetracyclin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .207, 209, 212, 213, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .214, 216, 225

Thermische und kombinierte Verletzungen . . . . . . . . . . . . . .105Thoraxtrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .97Thoraxverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .97, 98, 100Tobramycin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .226Totale Intravenöse Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . .88, 89, 91Toxikologische Notfallausrüstung . . . . . . . . . . . . . . . . .173, 194Toxin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .205, 206, 213, 214, 216, 217toxische Gefahrenzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 171Tracheotomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .110Tranportunfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .179Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem der Chemischen Industrie . . . . . . . . . .168Transportmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .103Transportunfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164, 180Trinkwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .207, 210, 213, 214, 215, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .216, 226, 227, 230, 237

Trommelfellperforation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107Tubus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .110TUIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .168, 190Tularämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .225, 226, 227, 229, 239Typhus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .212, 213, 227, 228, 232

U:Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .285umluftabhängige Atemschutzgeräten . . . . . . . . . . . . . .148, 170UN-Nummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .166Unterkühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107

X:Verätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .170, 171, 179, 180Verbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . .107, 108, 109, 111, 112, 122

356

Page 358: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Verbrennungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .105Verbrühungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .105Vergiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .172, 174, 175, 176, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177, 179, 182, 189, 192Verletztenanhängekarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31, 94Verpflichtung des Arztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28Verschüttungstraumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100Verteidigungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13, 14vitale Funktionsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57Vogelgrippe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249Volumenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79, 80, 81, 82, 83Volumenmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .64Volumenmangelschock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77, 78, 79Wendl-Tubus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59West Nile-Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249

Y:Yersinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .216, 227

Z:Zecken . . . . . . . . . . . . . . . . .212, 213, 217, 223, 225, 226, 229Zielklinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93, 103

357

Page 359: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 360: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

359

Varia

Page 361: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 362: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

Homepages

[operational, zum Zeitpunkt der redaktionellen Überarbeitung,wertungsfreie Auflistung]

Herausgeber und Redaktion weisen ausdrücklich darauf hin, daßbei Nutzung der Homepages der Nutzer hinsichtlich Haftungund Urheberrecht eigenverantwortlich handelt.

http://quake.wr.usgs.govhttp://arcticcircle.uconn.eduhttp://hypothermia.org/jama.htmhttp://hypothermia.org/protocol.htmhttp://irpa.sfrp.asso.fr/http://wlertnet.org

http://www.arcs.ac.athttp://www.anes.saga-med.ac.jp/ispub/journals/ijrdm.htmhttp://www.bayern.de/STMLUhttp://www.benevolences.ag.org/disasterreliefhttp://www.bfs.dehttp://www.astho.orghttp://www.bt.cdc.gov/agent/smallpoxhttp://www.bbk.bund.dehttp://ccep.cahttp://www.cpmcnet.columbia.eduhttp://www.crid.or.crhttp://www.disaster.info.desastres.nethttp://paho.org/disastershttp://www.disasterrelief.orghttp://www.drugdonations.orghttp://www.fema.govhttp://www.feuerwehr-hamburg.org/brandbettenhttp://www.fs.fzk.dehttp://www.fzk.de/hs/http://www.grs.dehttp://www.gsf.dehttp://www.hamburg.de/Behoerdenhttp://www.hmi.dehttp://www.hsk.chhttp://www.iaea.orghttp://www.icrp.org/

361

Page 363: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

http://www.iom.edu/IOM/IOMHome.nsf/Pages/Recently+Released+Reports

http://www.munichre.comhttp://www.naz.chhttp://www.nlm.nih.gov/medlineplus/smallpox.htmlhttp://www.phf.orghttp://www.phppo.cdc.gov/PHTN/Smallpox0129.asphttp://www.provincia.bz.it/avalanche/resid.htmlhttp://www.rerf.or.jp/eigo/experhp/rerfhome.htmhttp://www.rki.dehttp://www.soziologie.uni-kiel.dehttp://www.ssk.dehttp://www.un.orghttp://www.stmgev.bayern.de/blickpunkt/gesundheit/

bioterror/faq_pocken.htm http://www.swissre.comhttp://www.trauma.orghttp://www.vnh.orghttp://www.who.int/eha/resource/manuals/index.htmhttp://www.who.int/emc/diseases/smallpoxhttp://www.writer-tech.com

362

Page 364: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

363

für sanitätsdienstliche Hilfeleistungen der Bundeswehr bei

Naturkatastrophen, besonders schweren Unglücksfällen und im Rahmen der dringenden Nothilfe

Stand: Dezember 2005

Handbuch

Auszüge aus dem Handbuch für sanitätsdienstliche Hilfeleistungender Bundeswehr bei Naturkatastrophen, besonders schwerenUnglücksfällen und im Rahmen der dringenden Nothilfe

Auszugsweiser AbdruckMit freundlicher Genehmigung des Bundesministeriums der Verteidi-gung – InSan II.1 –Postfach 1328, D-53003 BonnTel. +49-228-1200, Fax +49-228-12-5357

Page 365: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet
Page 366: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

365

Sanitätsführungskommando 56070 Koblenz, 09.06. 2005 Befehlshaber Andernacher Str. 100 Az 13 - 29 FspNBw: 4400 – 1000

Tel: (0261) 896 – 1000 Fax: - 1930

Großschadensereignisse der vergangenen Jahre wie zum Beispiel

- die Flutkatastrophe im Osten unseres Landes,

- das Bahnunglück in Eschede oder

- das Flugunglück über dem Bodensee

machen deutlich, dass auch die Bundeswehr weiterhin auf die Bewältigung solcher

Katastrophen vorbereitet sein muss. Alle mit Katastrophenschutz beauftragten

Dienststellen und Einrichtungen sind dabei auf gegenseitige Unterstützung

angewiesen.

Die strukturellen und organisatorischen Änderungen der Bundeswehr erforderten

eine Aktualisierung des Handbuches für sanitätsdienstliche Hilfeleistungen derBundeswehr bei Naturkatastrophen, besonders schweren Unglücksfällen undim Rahmen der dringenden Nothilfe aus dem Jahr 1999.

Die Führungsweisung des Bundesministers der Verteidigung vom 02.07.2003 legt

fest, dass grundsätzlich das Streitkräfteunterstützungskommando Einsätze der

Bundeswehr zur Hilfe bei Naturkatastrophen oder besonders schweren

Unglücksfällen im Inland führt.

Der Befehlshaber des Streitkräfteunterstützungskommandos hat seine „Weisung für

die Hilfeleistungen der Bundeswehr bei Naturkatastrophen oder besonders schweren

Unglücksfällen im Inland im Frieden“ am 05.03.2004 herausgegeben.

Page 367: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

366

Dieses Handbuch soll in Ergänzung Hilfestellung bei der sanitätsdienstlichen zivil-

militärischen Zusammenarbeit geben. Es ist kein Ersatz für Dienstvorschriften, zeigt

aber den militärischen Kommandobehörden und dem fachdienstlich nachgeordneten

Bereich des Sanitätsdienstes der Bundeswehr sowie den zivilen Behörden und Hilfs-

organisationen Wege auf, die einen koordinierten und effektiven Einsatz der

verfügbaren Kräfte und Mittel des Sanitätsdienstes ermöglichen.

Die laufende sanitätsdienstliche Beteiligung an Auslandseinsätzen reduziert

weiterhin das im Inland verfügbare Personal. Ich bitte alle zivilen Partner, dies bei

ihren Planungen zu berücksichtigen. Der Zentrale Sanitätsdienst der Bundeswehr ist

und bleibt trotz der ständigen Einsatzbelastung ein verlässlicher Helfer in der Not.

Dieses Handbuch ist im besten Sinne ein „lebendes Dokument". Für Anregungen und Kritik sind meine Mitarbeiter und ich stets offen.

Page 368: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

367

INHALTSVERZEICHNIS Seite

1. Vorbemerkungen 1

2. Begriffsbestimmungen 5

2.1 Naturkatastrophen 5 2.2 Besonders schwere Unglücksfälle 5 2.3 Dringende Nothilfe 6

2.4 Primäreinsatz 6 2.5 Sekundäreinsatz 6

2.6 Such - und Rettungseinsatz 6 2.7 Such - und Rettungsmittel 7

3. Rechtliche Grundlagen / Zuständigkeiten 8

3.1 Einsatz von Truppenteilen oder Dienststellen 8 3.2 Hilfeleistungen 8

3.3 Teilnahme am Rettungsdienst 8 3.4 Hilfeersuchen der Katastrophenschutzbehörden 9 3.5 Zuständigkeiten beim Einsatz der Bundeswehr 9 3.6 Art und Umfang des Einsatzes 10 3.7 Unterstellungen / Zuordnungen 10 3.8 Zuständigkeit für den Katastrophenschutz 10 3.9 Regelungen für Hilfeleistungen der Bundeswehr im Ausland

und auf hoher See 11

4. Einsatz des Sanitätsdienstes 12

4.1 Allgemeine Grundsätze 12 4.1.1 Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen der dringenden

Nothilfe 12 4.1.2 Hilfeersuchen 12

4.2 Umfang der Kräfte und Mittel 134.2.1 Einsatz von Sanitätseinheiten und -teileinheiten 13 4.2.2 Einsatz von San(St)Offz Zahnarzt bei der Identifikation von 14

Opfern

Page 369: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

368

8. Meldewesen 25

9. Änderungsanweisung und Bezugsdokumente 26 –28

Anlagen 1- 21

Seite

4.3 Transport der Kräfte und Mittel 14 4.3.1 Sanitätsteileinheiten ohne Großgerät 14

4.3.2 Sanitätseinheiten, - teileinheiten mit Großgerät 15

5. Krankentransport / Materialtransport 16

5.1 Kranken - und Verletztentransport 16 5.2 Ersttransport 16 5.3 Entlastender Folgetransport 17 5.3.1 Entlastender Folgetransport mit vorbereiteten Luftfahrzeugen 17 5.3.2 Entlastender Folgetransport mit anderen Luftfahrzeugen der Bw 18 5.4 Transport Schwerbrandverletzter 18

6. Sanitätsmaterial 20 6.1 Materielle Ausstattung 20

6.2 Erste- Hilfe- Ausstattung, Brandwundenbehandlung für 2 Brandverletzte (Burn- Set) 20

6.3 Notfallbehandlungseinheit, Sanitätsmaterial für Brandverwundete 20

6.4 Notfallbehandlungseinheit, Sanitätsmaterial für Katastropheneinsatz 21

6.5 Abruf, Bereitstellung und Transport der Notfallbehandlungseinheiten 21

6.6 Anforderung von C- Antidoten 21 6.7 Regelung der Sanitätsmaterialversorgung 22 6.8 Verfahren bei Ausfuhr von Material ins Ausland 22

7. Führungsorganisation sanitätsdienstlicher Einsätze 23

7.1 Grundsätze 23 7.2 Verbindungsoffiziere (San) 23

Page 370: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

369

Anhang

Anlage 1 Telefon-/ Fax-Verzeichnis der wichtigsten Ansprechstellen für sanitätsdienstliche Hilfe bei Katastrophen / schweren Unglücksfällen

Anlage 2 Führungsorganisation/Stationierungsübersicht Sanitätsführungskommando (SanFüKdo)

Anlage 3 Stationierungsübersicht Sanitätskommando I-(Stand Oktober 2004) Anlage 4 Stationierungsübersicht Sanitätskommando II-(Stand Oktober 2004) Anlage 5 Stationierungsübersicht Sanitätskommando III-(Stand Oktober 2004) Anlage 6 Stationierungsübersicht Sanitätskommando IV-(Stand Oktober 2004) Anlage 7 Standorte der SAR- und Rettungshubschrauber Anlage 8 Liste der am Vermittlungsverfahren der „Zentralen Anlaufstelle(ZA)

Schwerbrandverletzte“ beteiligten Krankenhäuser Anlage 9 Notfalldepots für Sera und Plasmaderivate Anlage 10 Blutspendedienste und Blutspendezentralen Anlage 11 Informationszentren für Vergiftungsfälle in der Bundesrepublik

Deutschland Anlage 12 Druckkammer-Therapie-Einrichtungen mit und ohne gesicherte(r)

24-Stunden-Bereitschaft Anlage 13 Verzeichnis der Ansprechstellen der Inkorporationsmessstellen Anlage 14 tägliche Sanitätsmeldung Anlage 15 Sofortmeldung San Anlage 16 Muster Anforderung der Bw zur Hilfeleistung bei

- Naturkatastrophen - besonders schweren Unglücksfällen

Anlage 17 Meldung Kosten für Nutzung ziviler Leistungen durch Bw Anlage 18 Meldung über Verpflegung/Unterbringung von Soldaten

bei Hilfseinsätzen in Bw- Liegenschaften Anlage 19 Sofortmeldung an SKUKdo – Lagezentrum Anlage 20 Anforderung von Kräften und Mitteln der Operativen Information der

Bundeswehr Anlage 21 Karte der Stützpunke von BwFuhrparkService GmbH

Page 371: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

370

Page 372: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

371

- 1 -

1. Vorbemerkungen

Durch dieses Handbuch sollen Kommandobehörden, Dienststellen, zivile Hilfs- und Rettungsorganisationen sowie Katastrophenschutzbehörden in die Lage versetzt werden, im Bedarfsfall die notwendige sanitätsdienstliche Unterstützung und Hilfeschnell und unbürokratisch planen, anfordern und gewähren zu können. Die notwendige gegenseitige Information zwischen zuständigem Wehrbereichs-kommando und Sanitätskommando wird jederzeit sichergestellt.Die weitreichenden Entscheidungen aus den Jahren 2000 / 2001 hatten zur Folge,dass der Zentrale Sanitätsdienst der Bundeswehr ( ZSanDstBw ) als eigenständiger militärischer Organisationsbereich implementiert wurde; d. h., bis auf den flieger- und tauchärztlichen Dienst, den Bordsanitätsdienst der Marine sowie den Truppensanitätsdienst und Anteile Sanitätstruppe der Division Spezielle Operationen wurden alle ambulanten und stationären Behandlungseinrichtungen den Sanitätskommandos I bis IV im Verantwortungsbereich Sanitätsführungskommando (SanFüKdo) unterstellt. Die räumlichen Einzugsbereiche sind mit denen der Wehrbereichskommandos I bis IV identisch. – Mit dem SanFüKdo wurde zeitgleich das Streitkräfteunterstützungskommando ( SKUKdo ) aufgestellt, dem die Wehrbereichskommandos unterstellt sind. Im Summenzug wurde die Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine auf ihre Kernfähigkeiten konzentriert, der Sanitätsdienst im ZSanDstBw und der übrige Unterstützungsbereich in der Streitkräftebasis (SKB)zentralisiert. – Allen Teilstreitkräften sowie ZSanDstBw und SKB ist gemeinsam, dass die weiteren Anpassungsmaßnahmen sich voraussichtlich bis in das Jahr 2010 erstrecken werden. In den nächsten Jahren wird es weitere Standortveränderungen geben; die Anzahl der Bundeswehrkrankenhäuser wird reduziert, deren Auftrag an die geänderten Rahmenbedingungen angepasst.

Im nachfolgenden werden die Kräfte, Mittel und Möglichkeiten des Sanitätsdienstesder Bundeswehr dargestellt, die bei Naturkatastrophen, besonders schweren Unglücksfällen und im Rahmen der dringenden Nothilfe unter Berücksichtigung rechtlicher Vorgaben im In- und Ausland zum Einsatz kommen können. Mit Bezug 14. wurde das Sanitätsamt der Bundeswehr auf Zusammenarbeit mit dem Sanitätsführungskommando angewiesen. Es trägt mit seinen Fähigkeiten zurHilfeleistung im Katastrophenfall und besonders schweren Unglücksfällen im In- und Ausland bei.

Aufgrund der voraussichtlich noch Jahre andauernden Teilnahme der Bundeswehran Auslandseinsätzen sind für sanitätsdienstliche Hilfeleistungen der Bundeswehr grundsätzlich nur Fähigkeiten abrufbar, d. h., bei sanitätsdienst-lichen Hilfeleistungen der Bundeswehr werden nicht zwangsläufig die Truppensteller wie auch das benötigte Material für solche Einsätze aus den nächstgelegenen regionalen Sanitätseinrichtungen zum Einsatz kommen, sondern im Einzelfall modular aus verschiedenen Einheiten zusammengestellt. Die Fähigkeiten werden anforderungsbezogen, ggf. unter Einschaltung anderer Bereiche derBundeswehr, bereitgestellt. Das betrifft z. B. auch die Bereitstellung von Fernmeldemitteln für Sanitätspersonal bzw. - Kfz, um mit dem zivilen Bereich kommunizieren zu können.

Page 373: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

372

Page 374: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

373

Ansprechstelle Telefon-/Fax-Nummer

Rettungsleitstelle

Feuerwehr

Katastrophenschutzleitung

Deutsches Rotes Kreuz

Malteser Hilfsdienst

Johanniter-Unfall-Hilfe

Arbeiter-Samariter-Bund

Deutsche-Lebensrettungs-Gesellschaft

Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger

Technisches Hilfswerk

Bergwacht Bayern

Koordinierungsstelle NOAH ( Nachsorge,Opfer- und Angehörigen- Hilfe ) im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Tel.: 01888 – 550- 433 oder 0228 – 5554- 433

Fax: 01888 – 550- 436 oder 0228 – 5554- 436

E-Mail: [email protected]

Wichtige, per Telefon und/oder Fax erreichbare Ansprechstellen desSanitätsdienstes der Bundeswehr und anderer Dienststellen enthält die Anlage 1.

Die Anlagen 2 bis 6 beinhalten die Führungsorganisation und die Stationierungs-übersicht der regionalen Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr in der derzeitigen Struktur (Stand ab 01 04 2005) Sie dienen als Anhalt Aufgrund des andauernden

Page 375: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

374

- 4 -

Transformationsprozesses ist mit weiteren Änderungen in absehbarer Zeit zu rechnen.

Die Anlagen 7 bis 12 beinhalten aktualisierte Übersichten über - Standorte der SAR- und Rettungshubschrauber

- Krankenhäuser zur Behandlung Schwerbrandverletzter, - Notfalldepots für Sera und Plasmaderivate, - Blutspendedienste und Blutspendezentralen, - Informationszentren für Vergiftungsfälle in der Bundesrepublik D, - Druckkammertherapieeinrichtungen

Die Anlage 13 ist eine Neuaufnahme; sie beinhaltet die nach Bundesländern gegliederten Ansprechzellen der Inkorporationsmessstellen

Die Anlagen 16 ff sind an die „Weisung für die Hilfeleistung der Bundeswehr bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen im Inland im Frieden“ (Stand: 05.03.2004) des federführenden Streitkräfteunterstützungskommandosangelehnt und wurden, soweit notwendig, angepasst.

Für sanitätsdienstliche Unterstützungsleistungen sind spezifizierte Angaben notwendig; es muss erkennbar sein, in welcher Art und Anzahl Mittel ( z. B. geländegängige Krankenkraftwagen oder Busse zum Transport bettlägeriger Patienten, Art der Fernmeldemittel etc. ) und Kräfte ( Ärzte mit Fachkunde Rettungsmedizin, Sanitätssoldaten zur Transportbegleitung etc ) benötigt werden.Auf Anlage 15 wird hingewiesen.

Dieses Handbuch unterliegt einem laufendem Änderungsdienst. Änderungsbeiträge sind zu richten an:

Sanitätsführungskommando

- G 3 -

Andernacher Str. 100

56070 Koblenz

Telefon: (0261) 8 96 - 1300 Fax: (0261) 8 96- 1309 E-Mail: SanFü[email protected]

Page 376: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

375

- 5 -

2. Begriffsbestimmungen

2.1 Naturkatastrophen Naturkatastrophen sind unmittelbar drohende Gefahrenzustände oder Schädigungen von erheblichem Ausmaß, die durch Naturereignisse wie insbesondere - Dürre - Waldbrände - Erdbeben - Unwetter - Hochwasser, Überschwemmungen - Sturmflut - extremer Schneefall - Eisgang ausgelöst werden.

2.2 Besonders schwere Unglücksfälle/sonstige Schadensereignisse Besonders schwere Unglücksfälle sind Schadensereignisse von großem Ausmaß und von Bedeutung für die Öffentlichkeit, die durch Unfälle, technisches odermenschliches Versagen ausgelöst oder von Dritten absichtlich herbeigeführt werden.Hierunter fallen z. B.: - Explosionen - Massenerkrankungen und Tierseuchen - Massenanfall von Verletzten - besonders schwere Verkehrsunfälle - schwere Flugzeug-, Eisenbahn- oder Schiffsunglücke- Stromausfall mit Auswirkungen für lebenswichtige Einrichtungen - Großbrände - Unfälle in Chemie- und anderen Industrieanlagen, bei denen in großem Umfang

giftige Stoffe in die Umwelt gelangen - Unfälle in Kernenergieanlagen - andere Unfälle mit Strahlenrisiko - terroristische Anschläge mit biologischen oder chemischen Kampfstoffen oder

strahlungsaktiven Materialien

Page 377: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

376

- 6 -

2.3 Dringende Nothilfe

Dringende Nothilfe ist die Hilfeleistung von Bundeswehrangehörigen, ggf. unter Verwendung von Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen, Wasserfahrzeugen und Geräten, z .B. bei Rettung von Menschenleben oder zur Vermeidung schwerer gesund-heitlicher Schäden oder bei drohendem Verlust von für die Allgemeinheit wertvollem Material, bei denen geeignete zivile Hilfskräfte und geeignetes Material derzuständigen Behörden und / oder der Hilfsorganisationen nicht, nicht ausreichendoder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen.

2.4 Primäreinsatz Primäreinsatz ist die schnelle Heranführung des Notarztes / medizinischen Fach-personals zu dem Ort eines Notfalles zwecks Behandlung von Patienten, bei denen Lebensgefahr oder die Gefahr schwerer gesundheitlicher Schäden gegeben sein könnten und / oder der medizinisch erforderliche Transport zur ersten notwendigen Behandlung in ein Krankenhaus.

2.5 Sekundäreinsatz Sekundäreinsatz ist der Transport von Patienten aufgrund medizinischer Indikation von einem Krankenhaus in ein anderes Krankenhaus zur Weiterbehandlung.

2.6 Such - und Rettungseinsatz Einsatz von Such- und Rettungsmitteln (SAR = Search and Rescue), um - überfällige, abgestürzte oder vermisste Luftfahrzeuge zu suchen - die Insassen zu retten.

Daneben kann der SAR - Dienst auch im Rahmen der dringenden Nothilfe, bei Naturkatastrophen, schweren Unglücksfällen und in Notlagen im militärischen und zivilen Bereich eingesetzt werden. Die verzuglose Hilfe durch den SAR - Dienst ist durch die ständige Bereitschaft der SAR - Mittel gewährleistet. Die dem Lufttransportkommando unterstellte SAR - Leitstelle MÜNSTER ist für die der Bundesrepublik Deutschland gemäß ICAO - Regionalplan (ICAO = International Civil Aviation Organization = Internationale Zivilluftfahrtorganisation) zuständig für den Festlandbereich der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der Bundesländer Schleswig - Holstein und Hamburg (Anlage 7).

Page 378: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

377

- 7 -

Die dem Flottenkommando unterstellte SAR - Leitstelle GLÜCKSBURG ist zuständig für die der Bundesrepublik Deutschland gemäß ICAO - zugewiesenen Seegebiete sowie die Bundesländer Schleswig - Holstein und Hamburg (Anlage 7). Durch Verwaltungsvereinbarungen zwischen den Bundesministerien für Verkehr und der Verteidigung ist festgelegt, dass der SAR - Dienst der Bundeswehr zugleich Teil des nationalen Such - und Rettungsdienstes für Luftfahrzeuge ist bzw. den Rettungsdienst in den Seegebieten vor der deutschen Nord - und Ostseeküste unterstützt.

2.7 Such - und Rettungsmittel SAR - Mittel sind besonders für ihren Auftrag ausgerüstete und mit entsprechend ausgebildetem Personal besetzte - Hubschrauber und Flugzeuge von Luftwaffe und Marine - Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger

(DGzRS). Sie sind raumdeckend über die Fläche der Bundesrepublik Deutschland verteilt. Es werden SAR - Mittel 1. und 2. Grades unterschieden. SAR - Mittel 1. Grades derBundeswehr sind die SAR - Leitstellen und die für den SAR - Dienst bereitgestelltenKräfte des / der - Marinefliegergeschwaders 3 in NORDHOLZ (Breguet Atlantic BR 1150 / Orion) - Marinefliegergeschwaders 5 in KIEL - HOLTENAU (Sea King MK 41) - Lufttransportgeschwaders (LTG) 61 in PENZING (Bell UH - 1D) - Lufttransportgruppe des LTG 62 in HOLZDORF (Bell UH - 1D) - Lufttransportgeschwaders 63 in HOHN (Bell UH - 1D)

SAR - Mittel 2. Grades sind alle anderen Kräfte der Bundeswehr und der in derBundesrepublik Deutschland stationierten verbündeten Streitkräfte oder aus demzivilen Bereich, soweit sie für SAR - Aufgaben herangezogen werden. Weitere Luftrettungsmittel, außer Airbus A 310 MRT Version MedEvac und Transall C 160 Version MedEvac sind über die Leitstelle in Münster anzufordern. Sobald sanitätsdienstlich qualifiziertes Personal erforderlich ist, ist das Sanitätsführungs-kommando als „Truppensteller“ einzubinden.SAR - Mittel 2. Grades ist auch der Großraumrettungshubschrauber (GRH) CH 53 G, der am Standort LAUPHEIM (HFlgRgt 25 „Oberschwaben“) bereitgehalten wird, - in erster Linie für das Heranführen von medizinischem Fachpersonal und

Sanitätsmaterial und - in weiterer für die Verlegung von vorversorgten Verletzten in geeignete

Schwerpunktkrankenhäuser und Spezialkliniken dienen. Ein Start ist während der Dienstzeit nach 30 Minuten, zu den übrigen Zeiten nach 60 Minuten möglich. Der GRH wird ausschließlich durch die SAR - Leitstelle MÜNSTER eingesetzt. Mit längerer Vorlaufzeit sind bei vorliegenden Voraussetzungen Nachtflüge möglich.

Page 379: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

378

- 8 -

3. Rechtliche Grundlagen / Zuständigkeiten

3.1 Einsatz von Truppenteilen oder Dienststellen Der Einsatz von Truppenteilen oder Dienststellen der Bundeswehr bei Natur-katastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen ist grundsätzlich nur zulässig, wenn

a) in Fällen regionaler Gefährdung das betroffene Land oder die nachjeweiligem Landesrecht mit der Wahrnehmung der Aufgaben desKatastrophenschutzes beauftragte Behörde die Hilfe der Bundeswehranfordert (Art. 35 Abs.2, Satz 2 GG)

b) in Fällen überregionaler Gefährdung die Bundesregierung diesen Einsatz beschließt (Art. 35 Abs. 3 GG) und der Bundesminister der Verteidigung eine entsprechende Weisung erteilt. Dabei stehen der Bundeswehr hoheitliche Befugnisse auch polizeilicher Art zu, soweit sie zur Durchführung der Hilfeleistungen erforderlich sind.

3.2 Hilfeleistungen a) Bei Hilfeleistungen, die nicht unter den Einsatz gemäß Nr. 3.1 fallen, sind

im Rahmen der dringenden Nothilfe auf Ersuchen von Behörden (Art. 35 Abs. 1 GG), privaten Organisationen oder Einzelpersonen personelle und technische Hilfeleistungen der Bundeswehr möglich. Die Hilfeleistung erstreckt sich auf den Einsatz von Bundeswehrangehörigen und gegebenenfalls von Fahrzeugen undGeräten.

b) Für Hilfeleistungen der Bundeswehr im Rahmen der dringenden Nothilfe imAusland ist für die Gewährung der Hilfeleistungen das Bundesministeriumder Verteidigung zuständig.

3.3 Teilnahme am Rettungsdienst Die Bundeswehr nimmt auf vertraglich geregelter Basis an der Sicherstellung deszivilen Luftrettungsdienstes und des zivilen straßengebundenen Rettungsdienstes teil. Dazu stellt sie Notarztwagen (NAW) / Rettungstransportwagen (RTW) / Notarzteinsatzfahrzeug (NEF)/ Intensivtransportwagen (ITW). An Luftrettungs-zentren, die von der Bundeswehr betrieben werden, wird neben dem Hubschrauber die fliegerische und die medizinische (Notarzt u. Rettungsassistent) Besatzung gestellt. An den Luftrettungszentren der Bundeswehrkrankenhäuser Koblenz und Ulm, die durch die ADAC Luftrettung GmbH betrieben werden, stellt die Bundeswehr ausschließlich die medizinische Besatzung. In Hamburg wird der Hubschrauber in absehbarer Zeit durch den Bundesgrenzschutz ( BGS ), die medizinische Besatzungdurch das Bundeswehrkrankenhaus Hamburg gestellt. Der Einsatz innerhalb deszugewiesenen Einsatzraumes erfolgt grundsätzlich über die regional zuständigeRettungsleitstelle. Eine Übersicht über alle Luftrettungszentren ist als Anlage 7 angefügt.

Page 380: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

379

- 9 -

3.4 Hilfeersuchen der Katastrophenschutzbehörden Hilfeersuchen sind von den Katastrophenschutzbehörden grundsätzlich an diezuständige territoriale Wehrorganisation zu richten:

von An

Land (Innenministerium oder vergleichbar) *

Wehrbereichskommando (WBK)

Regierungsbezirk (Regierungspräsidium oder vergleichbar) *

Verteidigungsbezirkskommando (VBK)

Landkreis/kreisfreie Stadt * Verteidigungsbezirkskommando oder Verbindungskommando Landkreis/kreisfreie Stadt oder Beauftragter der Streitkräfte für regionale Aufgaben

* Aufgrund sich abzeichnender Veränderungen der Binnenstruktur der Bundeswehr und der ebenengerechten Zusammenarbeit zwischen WBK und SanKdo sollte das Hilfeersuchen abweichendvon der noch gültigen Tabelle bis zur geplanten Aufstellung von Landeskommandos dem zuständigenWBK übermittelt werden.

Die Hilfeersuchen sind von den militärischen Dienststellen dem Bundesministeriumder Verteidigung dann zur Entscheidung vorzulegen, wenn die geforderte Hilfe-leistung mit besonderer Gefahr verbunden oder übergeordnete Gründe zuberücksichtigen sind. Handelt es sich bei der beantragten Unterstützung um Amtshilfe (kein Katastrophen-, großer Unglücksfall oder dringende Nothilfe), ist im Bundesministerium der Verteidigung das Referat R I 2 für die rechtliche Zulässigkeit des Einsatzeszuständig.

3.5 Zuständigkeiten beim Einsatz der Bundeswehr Bei großflächigen Gefährdungslagen ( z. B. in Fällen überregionaler Gefährdung im Bundesgebiet ) entscheidet grundsätzlich die Bundesregierung über Art und Umfangder Katastrophenhilfe / Hilfeleistungen durch Truppenteile und sonstige militärische Dienststellen der Bundeswehr auf Antrag - eines oder mehrerer Länder oder des Bundesministeriums des Inneren - eines anderen Staates über das Auswärtige Amt (bei Katastrophen oder

Unglücksfällen im Ausland) - einer internationalen Organisation über das Auswärtige Amt. In Fällen geringeren Ausmaßes (z. B. bei regionalen Gefährdungslagen imBundesgebiet) entscheidet der Bundesminister der Verteidigung. Der Koordinierungsstab für Einsatzaufgaben (KSEA) und die Stabsabteilung Fü S V (Einsatz Bundeswehr) im Bundesministerium der Verteidigung unterstützen hierbei die Leitung, soweit entsprechend dem Ausmaß im Einzelfall die Notwendigkeit ministerieller Steuerung besteht.

Page 381: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

380

- 10 -

In allen übrigen Fällen entscheiden die regional oder örtlich zuständigen territorialenBefehlshaber / Kommandeure (WBK/VBK) über Art und Umfang der Hilfeleistungen.Die vorgesetzten militärischen Dienststellen sind zu informieren.

3.6 Art und Umfang des Einsatzes Ist bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen sowie imRahmen der dringenden Nothilfe sofortige Hilfe geboten und liegt eine Anforderung der Bundeswehr durch die zuständigen Katastrophenschutzbehörden nicht vor, hat jeder Kommandeur, Dienststellenleiter und Einheitsführer selbständig die für die sofortige Hilfe erforderlichen Maßnahmen zu treffen. In diesem Falle ist die zuständige Behörde unverzüglich über die Möglichkeiten der Hilfeleistung der Bundeswehr zu unterrichten. Die verantwortliche Gesamtleitung desEinsatzes geht auf den Katastropheneinsatzleiter der zuständigen Behörde der inneren Verwaltung über, sobald dieser zur Stelle ist oder Anordnungen trifft. Infolge der begrenzten Verfügbarkeit sind die Luftrettungsmittel möglichst wirtschaftlich einzusetzen. Es ist immer abzuwägen, ob im Einzelfall nicht andere geeignete Mittel (z. B. Rettungswagen) verfügbar gemacht werden können. Bei derRettung von Menschenleben sind wirtschaftliche Überlegungen zurückzustellen.

3.7 Unterstellungen / Zuordnungen Die zur Hilfeleistung eingesetzten Angehörigen der Streitkräfte bleiben ihrenKommandeuren, Dienststellenleitern und Einheitsführern unterstellt. Werden mehrere Truppenteile und Dienststellen oder Angehörige verschiedener Truppenteile und Dienststellen der Bundeswehr eingesetzt, übernimmt der dienstgradhöchste und bei gleichem Dienstgrad der dienstälteste Soldat die Befehlsbefugnis, bis durch den regional zuständigen territorialen Befehlshaber / Kommandeur oder den nächsten gemeinsamen Vorgesetzten ein Offizier mit der Leitung der militärischen Hilfsmaßnahmen beauftragt wird. Der den Einsatz der Truppenteile und Dienststellen leitende Offizier erhält seine Weisungen für den Einsatz von dem für den Gesamteinsatz aller beteiligten Helferverantwortlichen Katastropheneinsatzleiter der zuständigen Katastrophenschutz-behörde der Länder.

3.8 Zuständigkeit für den Katastrophenschutz Durch den Einsatz der Bundeswehr bei Naturkatastrophen und besonders schwerenUnglücksfällen sowie bei Hilfeleistungen im Rahmen der dringenden Nothilfe wird die Zuständigkeit der Länder oder der von der Landesregierung mit der Wahrnehmung der Aufgabe des Katastrophenschutzes beauftragten Behörde nicht berührt. Die Bundeswehr leistet nur so lange Hilfe, bis zivile Einrichtungen undOrganisationen wie z. B. Polizei, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser- Hilfsdienst zur Durchführung einer ausreichenden Hilfe am Katastrophenort einsatzbereit sind und die Ablösung erfolgen kann.

Page 382: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

381

- 11 -

3.9 Regelungen für Hilfeleistungen der Bundeswehr im Ausland und auf hoher See

Hilfeersuchen ausländischer Stellen erfolgen im allgemeinen über die Botschaften der Bundesrepublik Deutschland. Bei Eingang eines Hilfeersuchens prüft das Auswärtige Amt ( AA ) als zuständiges Ressort Möglichkeiten der Hilfeleistung durchdie Bundesrepublik Deutschland. Es beteiligt alle Bundesressorts, die Kräfte und Mittel zur Verfügung stellen können. Hierzu gehören u.a.: - Bundesministerium des Inneren (THW, Bergung) - Bundesministerium für Verkehr (Transport) - Bundesministerium für Finanzen (Finanzierung) - Bundesministerium für Wirtschaft (Wirtschaftshilfe) - Bundesministerium der Verteidigung (sonstige Hilfeleistungen) Das Auswärtige Amt führt daraufhin die Entscheidung der Bundesregierung herbei. Im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) erfolgt eine interne Entscheidungsfindung nach Anfrage des Auswärtigen Amtes. Grundsätzlich nimmt die Bundeswehr in einem solchen Einsatz im Ausland keine hoheitlichen Aufgaben wahr.

Page 383: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

382

- 12 -

4. Einsatz des Sanitätsdienstes

4.1 Allgemeine Grundsätze Der Sanitätsdienst der Bundeswehr wird grundsätzlich nur dann eingesetzt, wenn zivile sanitätsdienstliche Kräfte und Einsatzmittel nach Eintritt einer Naturkatastropheoder eines besonders schweren Unglücksfalls nicht oder noch nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Ausgenommen hiervon sind diejenigen sanitätsdienstlichen Einrichtungen, die sich gemäß vertraglicher Regelung bereits am zivilen Rettungsdienst beteiligen und im Regelfall nicht herausgelöst werden können.

4.1.1 Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen der dringenden Nothilfe Im Rahmen der dringenden Nothilfe sind durch den Sanitätsdienst der Bundeswehrfolgende Unterstützungsmöglichkeiten denkbar: - Einsätze zur Rettung von Menschenleben bzw. zur Vermeidung schwerer

gesundheitlicher Schäden, die den Transport eines Arztes zum Unfallort und / oder den Transport von Verletzten vom Unfallort zu Sofortmaßnahmen in ein Krankenhaus erfordern

- Einsätze zur Rettung aus Berg- und Seenot, bei denen Personen sanitätsdienstlich versorgt und abtransportiert werden

- Zeitlich dringende Krankentransporte sowie Transporte von Arzneimitteln, Blutkonserven und Transplantaten

- Entlastende Sekundärtransporte - Hilfeleistungen durch die ärztlichen Einsatzgruppen der Bundeswehr - Einsatz von Sanitätseinheiten / -teileinheiten. - Noch im Aufbau, bedingt einsetzbar: „Task Force Med. ABC- Schutz“

4.1.2 Hilfeersuchen Grundsätzlich sind Ersuchen um sanitätsdienstliche/medizinische Hilfe oderUnterstützung an die für den jeweiligen Rettungsdienstbereich zuständige Rettungsleitstelle des Rettungsdienstes und nur in Ausnahmefällen an die nächste Dienststelle der Polizei, Feuerwehr oder Hilfsorganisationen zu richten. Die Rettungsleitstelle hat den gesetzlichen Auftrag, den wirksamen Einsatz der Rettungsmittel und -kräfte zu koordinieren, da sie ständig besetzt und erreichbar ist und zusätzlich einen zentralen Krankenbettennachweis im zuständigen Rettungsdienstbereich führt. Bundeswehrkrankenhäuser haben deshalb Hilfeersuchen unverzüglich der örtlichen Rettungsleitstelle mitzuteilen. Insbesondere in ländlichen Regionen ist es sinnvoll, unmittelbaren Kontakt zum Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte herzustellen. Da diese Einrichtungen noch nicht bundeseinheitlich telefonisch erreicht werden können, sind die örtlichen Telefonnummern bzw. Ansprechpartner in einem Verzeichnis zu vermerken (siehe weiter oben).

Page 384: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

383

- 13 -

Bundeseinheitliche NOTRUFNUMMERN sind: NOTRUF 1 10 FEUERWEHRRUF 1 12 RETTUNGSLEITSTELLE 1 92 22

4.2 Umfang der Kräfte und Mittel Der Umfang der einzusetzenden Kräfte und Mittel der Bundeswehr ist gezielt nach Feststellen von Ausmaß und Größe des Schadensereignisses in Absprache mit demzuständigen territorialen Befehlshaber / Kommandeur und der örtlichen Katastropheneinsatzleitung festzulegen und, falls Kräfte des Sanitätsdienstes derBundeswehr zum Einsatz kommen, in folgenden, durch das zuständige Sanitätskommando zu veranlassenden Maßnahmen durchzuführen: - Nach Eintritt des Ereignisses ist, sofern nicht anderweitig gebunden, das

Sanitätspersonal der Sanitätseinrichtungen oder der Sanitätstruppenteile, die der Schadensstelle am nächsten liegen, zur Rettung und Erstversorgung einzusetzen; vor allem zum Rettungssanitäter und zum Rettungsassistenten ausgebildete Soldaten und deren Erreichbarkeit sollten in einer aktuellen Liste standortbezogen bereitgehalten werden.

- Bei Bedarf können die Soldaten der nächstgelegenen Truppenteile unterstützendmitwirken. Zusätzlich können handelsübliche und geländegängige Krankenkraftwagen sowie für den Krankentransport umrüstbare Kraftomnibusse,die in Sanitätseinrichtungen, Sanitätseinheiten und Stützpunkten der Bundeswehr Fuhrpark Service GmbH vorhanden sind, den Abtransport der Verletzten übernehmen.

Darüber hinaus können im Zusammenwirken mit der SAR- Leitstelle in Münster bzw.Glücksburg verfügbar gemacht werden: - Bei Engpässen im zivilen Luftrettungsdienst können Verletzte auch durch

Ersttransport oder entlastenden Folgetransport einer endbehandelnden Klinikzugeführt werden.

Die Räumung blockierter Zufahrtswege, Beseitigung zerstörter Infrastruktur usw. wird in der Regel durch andere Kräfte der Bundeswehr (z.B. Pioniere) durchgeführt, sofern zivile Kräfte und Einsatzmittel des Technischen Hilfswerkes / Katastrophenschutzes nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen.

4.2.1 Einsatz von Sanitätseinheiten und Sanitätsteileinheiten Bei großen und größeren Katastrophen kann der Einsatz von Sanitätseinheiten oder Sanitätsteileinheiten im Rahmen verfügbarer Kapazitäten angeordnet werden. Die für einen Einsatz vorgesehenen Kräfte können über

mobile Elemente zur chirurgischen Akutversorgung und verlegefähige Elemente zur multidisziplinären fachärztlichen Versorgung,

Page 385: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

384

4.3.2 Sanitätseinheiten, -teileinheiten mit Großgerät Die Sanitätseinheiten, -teileinheiten mit Fahrzeugen und Großgerät erreichen ihrenBestimmungsort in der Regel im Marsch mit Kraftfahrzeugen oder im Eisenbahntransport. Nur bei Verlegung über weite Strecken kommen der Luft- oder Schiffstransport in Betracht.

- 14 -

bewegliche Arzttrupps zur ambulanten sanitätsdienstlichen Versorgung, auch in entlegenen Regionen,

Teileinheiten für +Krankentransport +Hygienische Maßnahmen +Führung und Verbindung +Eigenversorgung, einschließlich Sanitätsmaterial

verfügen. Ihr Einsatz erfordert eine deutlich größere Vorlaufzeit. Diese Einheiten oder Teileinheiten sind in der Lage, weitgehend autark zu arbeiten, wenn es die Gegebenheiten im Einsatzraum erfordern. Vorliegende Informationen über das Schadensausmaß, die Einsatzart, die voraussichtliche Einsatzdauer, den Einsatzort, die Führungsverantwortung und die Verfügbarkeit bestimmen Art und Umfang der einzusetzenden Kräfte und Mittel.

4.2.2 Einsatz von San(St)Offz Zahnarzt bei der Identifikation von Opfern

Sofern im Einzelfall ein Landeskriminalamt (LKA) bzw. das Bundeskriminalamt (BKA) eine Unterstützungsleistung durch einen dafür qualifizierten San(St)Offz Zahnarzt beider Identifikation von Opfern benötigt, ist ein Amtshilfeersuchen durch das LKA an das zuständige Sanitätskommando bzw. durch das BKA an das Sanitätsführungs-kommando zu richten, das dieses mit der fachlichen Koordinierungsstelle in derAbteilung VI des Sanitätsamtes der Bundeswehr (SanABw) abstimmt und überSanABw dem Inspekteur bzw. der von ihm zur Entscheidung befugten Stelle weiterleitet. Bei positiver Entscheidung erfolgt eine Kommandierung an den Einsatzort.

4.3 Transport der Kräfte und Mittel

4.3.1 Sanitätsteileinheiten ohne Großgerät Der Transport von Teileinheiten ohne Großgerät kann im Hubschraubertransport erfolgen. Bei Nutzung von Flugzeugen der Luftwaffe (C-160 TRANSALL / anderen Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft BMVg) ist der Straßentransport zum Abflug- und vom Ankunftsflugplatz sicherzustellen.

Page 386: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

385

- 16 -

5. Krankentransport / Materialtransport

5.1 Kranken - und Verletztentransport Um die Überlebenschance der Patienten zu erhöhen, sind die Verkürzung derTransportzeit, die Qualität des Transportes und eine qualifizierte Transportbegleitungvom Ort der Erkrankung / Verletzung bis zur stationären Behandlung von entscheidender Bedeutung. Bei Schwerkranken / Schwerverletzten sind, wo immer möglich, Rettungshubschrauber zu nutzen ( Standorte in der Bundesrepublik Deutschland siehe Anlage 7). Dabei sind folgende Möglichkeiten zu unterscheiden: - der Ersttransport (vergleiche: Primäreinsatz, Ziffer 2.4.) - der entlastende Folgetransport (vergleiche: Sekundäreinsatz, Ziffer 2.5.).

5.2 Ersttransport Der Ersttransport ist in der Regel bei besonders schweren Unglücksfällen und im Rahmen der dringenden Nothilfe durchzuführen.

Es werden dabei vorrangig diejenigen Erkrankten / Verletzten abtransportiert, die aufgrund ihres besonders gefährdeten Gesundheitszustandes mit hoher Wahrscheinlichkeit sterben würden, wenn sie nicht unmittelbar einerIntensivbehandlung oder Operation zugeführt werden. SanitätsdienstlichesBegleitpersonal ist soweit wie möglich heranzuziehen.

Für diesen Zweck eignen sich besonders die Rettungshubschrauber der Luftrettungszentren (Anlage 7) und die SAR - Hubschrauber, die ständig in Bereitschaft stehen und infolge der guten Raumabdeckung jeden Punkt derBundesrepublik in spätestens 1 Stunde erreichen können. Zusätzliche Funkausrüstungen (4m-Band) ermöglichen eine direkte Zusammenarbeitzwischen Hubschraubern mit der Polizei und den Rettungsdiensten / -organisationen.Durch eingebaute Rettungswinden und Rettungsgerätesätze, die den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden, sind die SAR - Hubschrauber besonders für Seenotfälle, Bergunfälle und bei sonstigen komplizierten Unfällen geeignet, wenn in Ermangelung von Landemöglichkeiten das Retten / Bergen mittels Rettungswinde (Rettungsschlinge) durchgeführt werden muss. Hubschraubertransport ist grundsätzlich zunächst bei der für den jeweiligen Rettungsdienstbereich zuständige Rettungsleitstelle anzufordern. Diese veranlasst den Einsatz des nächstgelegenen einsatzbereiten Rettungshubschraubers des zivilen Luftrettungsdienstes.

Page 387: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

386

- 17 -

Sind diese Rettungshubschrauber nicht oder nicht rechtzeitig verfügbar, so fordert die Rettungsleitstelle den Einsatz von SAR - Hubschraubern bei der zuständigen SAR- Leitstelle der Bundeswehr an, Erreichbarkeit siehe Anlage 1.

Reichen die bereitgehaltenen Lufttransportmittel der SAR - Kommandos und Luftrettungszentren nicht aus, können zusätzliche Lufttransportmittel des Heeres, der Luftwaffe und der Marine über die SAR - Leitstellen angefordert werden. Einebesondere Rolle kommt bei Massenanfall von Verletzten / Kranken den mittleren Transporthubschraubern (MTH) CH 53 G mit einer Beladekapazität von bis zu 24liegenden Patienten zu, die zusätzlich zu den leichten Transporthubschraubern (LTH) Bell UH-1 D (Transportkapazität bis zu 6 liegende Patienten) einzusetzen sind. Darüber hinaus verfügt die Bundeswehr über Rüstsätze für die CH 53 zum Einsatzals GRH ( Großraumrettungshubschrauber ). Der Rüstsatz umfasst 6 Beatmungsplätze und 6 Tragen. Diese zusätzlichen Rettungsmittel müssen im Regelfall erst eingerüstet werden und ggf. sanitätsdienstlich qualifiziertes Personal aus dem KommandobereichSanitätsführungskommando zugeführt werden.

Bei Nachteinsätzen und Einsatz der mittleren Transporthubschrauber CH 53 G istdarauf zu achten, dass die aufnehmenden Krankenhäuser über geeignete Hubschrauberlandeplätze verfügen. Gleiches gilt für den Einsatz der Bell UH 1 D, dader größere 2- Blatt- Rotordurchmesser nicht jeden Landeplatz am Krankenhaus zulässt.

Ein direkter Funkkontakt zwischen diesen Hubschraubern und den verschiedenen zivilen Rettungsorganisationen ist derzeit noch nicht möglich. Die Funkverbindung kann durch Abstellen eines entsprechenden Funktrupps der Bundeswehr zur Katastropheneinsatzleitung oder über Mobiltelefone sichergestellt werden. Für diesen Bereich liegt die Zuständigkeit beim Streitkräfteunterstützungskommando und seinem nachgeordneten Bereich.

5.3 Entlastender Folgetransport

5.3.1 Entlastender Folgetransport mit vorbereiteten Luftfahrzeugen

Die Bundeswehr hält im Rahmen laufender Auslandseinsätze speziell für den Verwundetentransport vorbereitete Luftfahrzeuge der Luftwaffe wie Airbus A 310 MRT Version MedEvac und Transall C 160 Version MedEvac in einem definierten Bereitschaftsgrad in der Bundesrepublik Deutschland vor. Diese Luftfahrzeuge werden vom Sanitätsführungskommando eingesetzt und können im Rahmen der dringenden Nothilfe der zivilen Seite bei einer entsprechenden Vorlaufzeit verfügbargemacht worden. Diese Luftfahrzeuge sind neben der fliegerischen Besatzung personell mit speziell geschulten Ärzten und Assistenzpersonal und materiell je nachRüst- Satz mit mehreren Intensiveinheiten ausgestattet.

Page 388: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

387

- 18 -

5.3.2 Entlastender Folgetransport mit anderen Luftfahrzeugen der Bundeswehr

Hubschrauber der Heeresfliegertruppe können vor allem den entlastenden Folgetransport durchführen. Sie konzentrieren sich dazu auf die Verletzten, die nach sanitätsdienstlicher Erstversorgung ohne akute Lebensgefahr auf weiter entfernt liegende Krankenhäuser verteilt werden müssen. Sobald im Vorfeld bereitserkennbar ist, dass medizinisches Begleitpersonal benötigt werden könnte, sollte die Anforderung an die Leitstelle in Münster bzw. Glücksburg unter Beteiligung des Sanitätsführungskommandos gerichtet werden. Vom Heeresführungskommando in Koblenz werden im festgelegten allgemeinenBereitschaftsdienst täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Hubschrauberwie folgt bereitgehalten:

- 1 LTH Bell UH-1 D NIEDERSTETTEN TrspHubschrRgt 30 - 1 MTH CH 53 G LAUPHEIM mTrspHubschrRgt 25

Diese Hubschrauber können auch bei Katastrophen eingesetzt werden; Anforderungen sind an die SAR - Leitstellen zu richten. Die Anforderung von Luftfahrzeugen für alle nicht dringlichen Sekundäreinsätze (Inland/Ausland) für zusätzliche Krankentransporte erfolgt im Dienst über den Kommandoarzt, außer Dienst über den Einsatzstabsoffizier im Gefechtsstand, des Lufttransportkommandos in MÜNSTER, Erreichbarkeit siehe Anlage 1.

Der Abruf von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft des BMVg erfolgt - im Dienst über das Büro des zuständigen Staatssekretärs-Flugbereitschaft, - nach Dienst über den Führungsstab der Streitkräfte (Fü S V) im BMVg. Erreichbarkeit siehe Anlage 1.

5.4 Transport Schwerbrandverletzter

WICHTIGER HINWEIS ! Der Transport von Schwerbrandverletzten muss innerhalb der ersten 24 Stun-den nach der Verbrennung erfolgen. Ein Brandverletzter ist daher immer schnellstmöglich der für die Endbehandlung seiner Brandverletzung geeigneten Einrichtung zuzuführen.

Brandverletzte Soldaten sind, wenn immer möglich und vom ärztlichen Standpunktvertretbar, in die Abteilung Unfallchirurgie / Verbrennungsmedizin des Bundeswehr-zentralkrankenhauses Koblenz zu transportieren.

Um Zeitverluste bei der Unterbringung Schwerbrandverletzter zu vermeiden und zur Verfügung stehende Behandlungskapazitäten optimal zu nutzen, wurde die Zentrale Anlaufstelle für Schwerbrandverletzte in HAMBURG geschaffen. Ständige Erreichbarkeit der Zentralen Anlaufstelle Schwerbrandverletzte und Liste der beteiligten Krankenhäuser siehe Anlage 8.

Page 389: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

388

- 20 -

6. Sanitätsmaterial

6.1 Materielle Ausstattung Hilfeleistungen durch die Bundeswehr umfassen auch den Einsatz und dieBereitstellung von Sanitätsmaterial. Dabei ist auf die STAN - Ausstattung eingesetzter Sanitätstruppenteile sowie auf die Einsatzvorräte an Einzelverbrauchsgütern Sanitätsmaterial ( EVGSan ) zurückzugreifen.

Eine besondere Vorratshaltung für Hilfseinsätze wird grundsätzlich nicht betrieben.Zusätzliche EVGSan werden im Bedarfsfall auf dem Versorgungsweg für Sanitäts-material nachgeschoben. Die Entscheidung zur Abgabe von Sanitätsmaterial überden Bedarf der eingesetzten Truppenteile der Bundeswehr hinaus bleibt BMVg Fü San II 5 vorbehalten. Ausgenommen hiervon ist das unter 6.2. bis 6.4.genannte Material.

6.2 Erste-Hilfe-Ausstattung, Brandwundenbehandlung für 2 Brandverletzte

(Burn-Set),VersNr 6545-12-328-1950

Die Ausstattung dient der Erstversorgung Brandverletzter. Sie ist Teil der STAN-Ausstattung der Bundeswehrkrankenhäuser und kommt im Bedarfsfall mit Notärzten, ärztlichen Einsatzgruppen oder sonstigem ärztlichen Personal der Krankenhäuserzum Einsatz. Das Bundeswehrzentralkrankenhaus KOBLENZ und die BundeswehrkrankenhäuserBERLIN, ULM und HAMBURG verfügen über je zwei solcher Erste-Hilfe-Ausstattungen, die Bundeswehrkrankenhäuser Hamm und Bad Zwischenahn (siehe Anlage 1) über je eine.

6.3 Notfallbehandlungseinheit, Sanitätsmaterial für Brandverwundete

VersNr 6545-12-322-5023

Dieser Satz dient der schnellen und gezielten Ergänzung der materiellen Ausstattung von Sanitätseinrichtungen bei Brandkatastrophen. Die Menge der Infusionslösungenist so dimensioniert, dass 8 Brandverletzte über 24 Stunden versorgt werden können.

6.4 Notfallbehandlungseinheit, Sanitätsmaterial für Katastropheneinsatz VersNr 6545-12-348-0647

Der Satz enthält Sanitätsverbrauchsmaterial für die notfallmedizinischeErstversorgung, das bei Katastrophen erfahrungsgemäß in größerer Menge benötigtwird. Damit können vor Ort befindliche sanitätsdienstliche Kräfte bei Bedarf materiell unterstützt werden.

Page 390: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

389

- 21 -

6.5 Abruf, Bereitstellung und Transport der Notfallbehandlungseinheiten

Die in Nr. 6.3 und 6.4 genannten Notfallbehandlungseinheiten dürfen durch das Sanitätsführungskommando oder die regional zuständigen Sanitätskommandos abgerufen werden.

Für den sofortigen Lufttransport wird beim mittleren Transporthubschrauberregiment 25 in LAUPHEIM und beim mittleren Transporthubschrauberregiment 15 in RHEINE

je 1 Satz - luftverlastbar verpackt –

bereitgehalten.

Daneben bevorraten die Sanitätshauptdepots/ Sanitätsmateriallager, die jetzt der Streitkräftebasis unterstehen und über das zuständige WBK/ SanKdo in Anspruch genommen werden können,

- BRAMSTEDTLUND 2 Sätze - BLANKENBURG 2 Sätze - KRUGAU 2 Sätze - EPE- GRONAU 2 Sätze - LORCH 2 Sätze (Verlagerung nach Pfungstadt vorgesehen) - QUAKENBRÜCK 2 Sätze

Versorgungseinrichtung des ZSanDstBw:

- NEUGABLONZ 2 Sätze - PFUNGSTADT (nach Verlagerung der Sätze von LORCH) - SIGMARINGEN 2 Sätze (Planungsabsicht)

Notfallbehandlungseinheit, Sanitätsmaterial für Brandverwundete und je 1 SatzNotfallbehandlungseinheit, Sanitätsmaterial für Katastropheneinsatz, die im Straßen- oder Lufttransport (auch als Außenlast) an den Einsatzort gebracht werden können.

6.6 Anforderung von C- Antidoten

In den unter 6.5 genannten Sanitätshauptdepots sind C- Antidote ( Arzneimittel zur Behandlung von Vergiftungen mit chemische Kampfstoffen) eingelagert, deren Freigabe zur Abgabe im Rahmen verfügbar machbarer Bestände an den zivilen Bereich ausschließlich durch BMVg Fü San II 5 erfolgt.

Page 391: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

390

- 22 -

6.7 Regelung der Sanitätsmaterialversorgung Die Versorgung eingesetzter Truppenteile mit Sanitätsmaterial wird durch den Befehl für die Regelung der Einsatzunterstützung geregelt.

6.8 Verfahren bei Ausfuhr von Material ins Ausland

Regelungen zur Aus- und/ oder Wiedereinfuhr des für den Einsatz benötigten Materials (EVG und NVG) sind in der Befehlsgebung für den Einsatz festzulegen. Material, das nach dem Einsatz im Ausland nicht wieder eingeführt werden soll, ist in der Ladeliste Bw (LogFormBw 0193/82/F) zu kennzeichnen. Für Material, das wieder eingeführt werden soll, ist eine “Ein-/Ausfuhranmeldung”(LogFormBw 2-7/68) zu erstellen.

Page 392: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

391

- 23 -

7. Führungsorganisation sanitätsdienstlicher Einsätze

7.1 Grundsätze

Es ist bei Anforderungen für den weiteren Verfahrensablauf zu beachten, ob die Hilfeleistung innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland benötigt wirdoder das angrenzende Ausland gleichfalls betroffen ist. Anders als im zivilen Bereich unterscheidet die Bundeswehr nach den genannten Kriterien; grenzübergreifende Vereinbarungen, wie z. B. in der Euregio um Aachen, gelten für die Bundeswehrnicht. Bei Vorfällen, die sich innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland ereignet haben und die die subsidiäre Hilfe der Bundeswehr erfordern, ist daszuständige Wehrbereichskommando für die Hilfeleistung zuständig. So istgewährleistet, dass die benötigten Fähigkeiten streitkräftegemeinsam abgeprüft werden.

Bei Einsätzen für sanitätsdienstliche Hilfeleistungen der Bundeswehr, die in derEntscheidung des Bundesministers der Verteidigung liegen ( dazu zählen auch grenzüberschreitende Hilfeleistungen), werden Art, Stärke und Umfang der Kräfte im Führungsstab der Streitkräfte Fü S V des Bundesministeriums der Verteidigung in Abstimmung mit den zuständigen Führungsstäben der Teilstreitkräfte (Fü TSK) / Organisationsbereichen (OrgBer) geplant und dem Minister zur Entscheidung vorgelegt. Ansprechstelle im BMVg für sanitätsdienstliche Hilfeleistungen ist BMVg Fü San II 1, Erreichbarkeit siehe Anlage 1. In der Regel wird bei Hilfeleistungen in Not- und Katastrophenfällen im Ausland dieSteuerung der Durchführung dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr (EinsFüKdoBw) oder einem Leitführungskommando (LeitFüKdo) übertragen. Sollte der Organisationsbereich des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr (OrgBer ZSanDstBw) beauftragt werden, wird der Einsatz durch das Sanitäts-führungskommando (SanFüKdo) geführt.

Das SanFüKdo unterstützt das EinsFüKdoBw bzw. das festgelegte LeitFüKdo, indem es insbesondere den einsatzbezogenen Ansatz der sanitätsdienstlichen Kräfte und Mittel vorschlägt. Dabei sind die Generalärzte Heer/ Luftwaffe/ Streitkräftebasis und der Admiralarzt Marine einzubinden.

7.2 Verbindungsoffiziere (San) Je nach Einsatzauftrag sind Verbindungsoffiziere aus dem eigenen OrgBer zur sanitätsdienstlichen Lagebeurteilung und Unterstützung bei der Koordination sanitätsdienstlicher Unterstützung in die zivilen Lagezentren zeitgerecht zu entsenden.Diese Verbindungsoffiziere haben sich je nach Einsatzauftrag mit den Verbindungsorganen der TerrKdoBeh eng abzustimmen. Es wird derzeit der Einsatz von Reservisten als Verbindungsoffiziere erprobt, die nach Möglichkeit ihren Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich haben sollen. Im Sanitäts-

Page 393: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

392

- 24 -

dienst der Bundeswehr führen sie die Bezeichnung „Beauftragter Sanitätsstabs-offizier für Zivil- Militärische Zusammenarbeit im Gesundheitswesen“, Kurzform BeaSanStOffzZMZGesWes.

Dieses Verfahren wird voraussichtlich gegen Endes des Jahres 2005 streitkräfteweit abschließend geregelt.

Page 394: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

393

- 25 -

8. Meldewesen

Sanitätsdienstliche Meldungen geben dem Ltr KSEA / dem Führungsstab derStreitkräfte (Fü S V), dem Führungsstab des Sanitätsdienstes, dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr, dem Streitkräfteunterstützungs-kommando, den Führungsstäben der Teilstreitkräfte und ggf. anderen Organisations-bereichen/ Abteilungen/ Stäben die fortlaufenden nötigen Informationen, die alsBeitrag zur Feststellung und Beurteilung der Gesamtlage im Einsatzgebiet sowie zurUnterrichtung der politischen Leitung und der militärischen Führung erforderlich sind. Für Auslandseinsätze wird das nationale Meldewesen auf Weisung des Ltr KSEA/StAL Fü S V im Einzelnen befohlen.

Bei nationalen Einsätzen im Inland werden folgende sanitätsdienstliche Meldungen ereignis- oder terminorientiert vorgelegt:

Tägliche Sanitätsmeldung Sie dient der täglichen Unterrichtung der truppen- und fachdienstlichen Führung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (Anlage 14).

Sanitätssofortmeldung Die Sanitätssofortmeldung dient dazu, den Meldeempfänger über solche Ereignisse/Entwicklungen zu unterrichten, die + der Leitung/militärischen Führung möglichst schnell zur Kenntnis gelangen müssen + mit eigenen Kräften und Mitteln nicht beherrscht werden können und + vom Meldeempfänger sofortige Maßnahmen erfordern (Anlage 15).

Ein sanitätsdienstlicher Erfahrungsbericht ist unmittelbar nach Abschluss des Einsatzes durch den LSO im Einsatzgebiet und/oder den Kommandeur der Sanitätstruppen im Einsatz zu erstellen.

Darüber hinaus sind im Einzelfall weitere, durch die zivile Seite und das Streitkräfte-unterstützungskommando (SKUKdo) vorgegebene Meldungen abzusetzen.

Page 395: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

394

- 26 -

9. Änderungsanweisung und Bezugsdokumente

Änderungsanweisung

Nr. vom geändert am Unterschrift

Page 396: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

395

- 27 -

Bezugsdokumente

1. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

2. BMVg: Verteidigungspolitische Richtlinien vom 21.03.2003

3. BMVg – BM Führungsweisung „Verantwortlichkeit für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland im Frieden sowie für Hilfeleistungen bei

Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen im In- undAusland im Frieden“ vom 02.07.2003

4. SKUKdo – Befh – Az 13-29-00 vom 05.03.2004; „Weisung für die Hilfeleistung der Bundeswehr bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen im Inland im Frieden“

5. HDv 100/ 500 „Nationale territoriale Aufgaben“, Stand Okt. 1998

6. BMVg – GenInspBw – Fü SKB I 5 Az 08-08-12/00 „Teilkonzeption der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit der Bundeswehr“ vom 30.10.2001

7. BMVg – GenInspBw – Fü SKB I 4 Az 31-06-05/ VS- NfD „Teilkonzeption Operative Information der Bundeswehr“ vom 08.03.2002

8. BMVg WV I 6 vom 17.09.2003 „Rahmenweisung zur ZMZ beim Einsatz der Dienststellen der Territorialen Wehrverwaltung in Naturkatastrophen, besonders schweren Unglücksfällen und im Rahmen der dringenden Nothilfe im Inland“

9. VMBl 1981 S. 297 „Grundsatzweisung für den militärischen Such- und Rettungsdienst der Bundeswehr“

10. VMBl 1988 S. 270 „Einsatz von Rettungsmitteln der Bundeswehr im Rahmen des zivilen Rettungswesens“ ; Stand vom 09.08.2001

11. VMBl 1988 S. 279 „Hilfeleistungen der Bundeswehr bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen und im Rahmen der dringendenNothilfe“ ; Stand vom 04.04.2001

12. VMBL 1988 S. 299 „Erstattungssätze zu den Einzelerlassen über Hilfeleistungen der Bundeswehr im Frieden“ ; Stand vom 08.01.2003

13. FA GenArzt SKB FGG 5 – 03.01 vom 01.12.2003

14. BMVg InspSan Fü San II 1 Az 42-01-00 vom 01.09.2004

15. Allg. Umdruck Nr. 80 ( FA InspSan )

16. Erlass Bundesminister der Verteidigung vom 21.01.2005 mit Anlage ( Weisung zur Inkraftsetzung für Aufgabenzuordnung, Organisation und Verfahren im Bereich der militärischen Spitzengliederung )

17. BMVg GenInsp / Fü San II 1 Az 09-02-05/ VS- NfD vom 20.09.2005 ( Teilkonzeption Sanitätsdienstliche Versorgung )

Page 397: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

396

Führungsorganisation /Stationierungsübersicht

Sanitätsführungskommando(SanFüKdo)

BMVg Inspekteurdes Sanitätsdienstes

der Bundeswehr

Führungsstabdes Sanitätsdienstes

SanKdo I

XX

Kiel

SanKdo II

XX

Diez

SanFüKdo

XXXX

Koblenz

Leer

SanKdo III

XX

Weißenfels

SanKdo IV

XX

Bogen

SanFüKdo

XXXX

SanKdo I

XX

SanKdo II

XX

SanKdo III

XXSanKdo IV

XX

I I ISES

I I ISES

Anlage 2zu SanFüKdo – Befh -Az 13-29 vom xx.10.2004

Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst(SES)

1)

SanKdo=Sanitätskommando1)

Page 398: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

397

SanKdo I

SanKdo

XX

BwKrhsRegionaleSanitäts-

einrichtungen

Lazarett-Regiment *

Sanitäts-Regiment *

BwKrhs

Führungsorganisation SanKdo I - IV

* = Der Auftrag der Regimenter der SanKdo I- IV und der des dem Sanitätsamt der Bundeswehr

unterstehenden SanLehrRgt wird ab 2009 um die Fähigkeit „ZMZ- Spezialstützpunkt (San)“

erweitert.

Anlage

2–

1zu

SanFüKdo

–Befh

–Az

13-29vom

09.06.2005

Page 399: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

398

Heide

Husum

Stadum

Kropp

Eckernförde

Kappeln

SeethKiel

Alt Duvenstedt

Rendsburg

Eutin

Oldenburg

Plön

Appen

Boostedt

Bad Segeberg

Hamburg,G.-B.-Kas

Kellinghusen

Schleswig - Holstein

Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich SanKdoSanKdo I Stand: ab 01.04.2005I Stand: ab 01.04.2005

FlensburgFlensburg

Hamburg, UniBwLSanZSanZ

SanStff

Anla ge

3–

1zu

Sa nF üKd o–

Be fh–

Az13 -29

vo m09.0 6.2 00 5

Page 400: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

399

Schwerin

Kramerhof Parow

Hagenow

Rostock

Laage

Trollenhagen

Neubrandenburg

Bad Sülze

Torgelow/Eggesin

Mecklenburg –Vorpommern

Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich SanKdoSanKdo I Stand: ab 01.04.2005I Stand: ab 01.04.2005

LSanZSanZ

SanStff

Anlage

3–

2zu

SanFüKdo

–Be fh

–Az

1 3 -29v om

09 .06. 2 005

Page 401: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

400

Niedersachsen

Delmenhorst

Bremerhaven

Diepholz

Nordholz

LeerVarel

Wittmund

Schwanewede

Wilhelmshaven

Munster

Fassberg

RotenburgLüneburg

WesendorfCelle –W.

Hannover

Goslar

Bücke-burg,J.-Kas.

NienburgNeustadt

Wunstorf

Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich SanKdoSanKdo I Stand: ab 01.04.2005I Stand: ab 01.04.2005

LSanZSanZSanStff

Anla ge

3–

3zu

San FüKd o–Be fh

–Az

13 -29vom

0 9.0 6.20 05

Page 402: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

401

Diez

Aachen

Ahlen

Lippstadt

AugustdorfCoesfeld

Düsseldorf

Borken

Hemer

Münster

Rheine

Unna

Daun

Idar-Oberstein

Kusel

Fuldatal

Hessisch-Lichtenau

Kastellaun

Lahnstein

MerzigHermeskeil

Mainz

Frankenberg

RennerodStadtallendorf

Zweibrücken

Mendig

Köln-Wahn

Bonn

Cochem

Geilenkirchen

Mechernich

Kerpen

Höxter

Kalkar

Germersheim

SanKdo I

Weert /Budel NL

Schwarzenborn

Fritzlar

Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich SanKdoSanKdo II Stand: ab 01.04.2005II Stand: ab 01.04.2005

Rotenburg

Fürstenau

LSanZSanZ

SanStff

Anlage

4zu

SanFüKdo

–Befh

–Az

13-29vo m

09 .0 6.2005

Köln

Page 403: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

402

Erfurt

BadSalzungen

GeraSchneeberg

Marienberg

Dresden

Frankenberg

Burg

Brandenburg

Letzlingen

Doberlug- Kirchhain

Gotha

LeipzigBadFranken-hausen

Mühlhausen

BEELITZ

Havelberg

BERLIN

Storkow

( Wittstock )

Schönewalde

WEIßENFELS

Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich SanKdoSanKdo III Stand: ab 01.04.2005III Stand: ab 01.04.2005

Gatow

Schwielowsee

LSanZSanZSanStff

Anlage

5z u

SanFüKd o–Befh

–Az

13- 29v om

09 .06. 2 005

Page 404: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

403

Füssen

TBBWalldürn

Dillingen

Donauwörth

Mittenwald

FFBUnter-meitingen

Pöcking

BrannenburgKempten

Erding

Penzing

Dornstadt

Laupheim

Bruchsal

Hammelburg

Mellrichstadt

Veitshöchh.

Feldkirchen

NeuburgManching

Neunburg v.W

RegenRegensburg

OberviechtachKümmersbruck

Ellwangen

Immendingen

Donauesch.

Stetten a.k.M.

Horb

Mengen

Ulm

Altenstadt

Neubiberg

Bad Reichenhall

Niederstetten

Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich Regionale Sanitätseinrichtungen im Bereich SanKdoSanKdo IV Stand : ab 01.04.2005IV Stand : ab 01.04.2005

Külsheim

Sigmaringen

Kaufbeuren

Roth

München

Leipheim

Volkach

LSanZSanZSanStff

Anlage

6zu

San FüKdo–Be fh

–Az13-29

vom09.0 6.20 05

Page 405: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

II

IIIIIIIIII

IIVV

HHaammbbuurrgg

UUllmm

IInnggoollssttaaddtt

MMüünnsstteerr

MMaallmmsshheeiimm

HHeellggoollaanndd

DDiieepphhoollzz

WWaarrnneemmüünnddee

LLaaaaggee

HHoollzzddoorrff

EErrffuurrtt

GGllüücckkssbbuurrgg

LLaannddssbbeerrgg TTrraauunnsstteeiinnMMüünncchheenn

SSttrraauubbiinnggSSttuuttttggaarrtt

BBiieelleeffeelldd

KKeemmpptteennFFrriieeddrriicchhsshhaaffeenn

GGrreeiiffsswwaalldd

NNeeuussttrreeeelliittzz

BBeerrlliinnBBrraannddeennbbuurrgg

RReennddssbbuurrggEEuuttiinn

BBrreemmeennSSaannddeerrbbuusscchh

GGüüssttrrooww

UUeellzzeenn

HHaannnnoovveerr

MMaaggddeebbuurrggSSeennfftteennbbeerrgg

LLüünneenn

RRhheeiinnee

WWoollffeennbbüütttteell

GGööttttiinnggeenn

NNöörrvveenniicchh

DDuuiissbbuurrgg NNoorrddhhaauusseennKKööllnn LLeeiippzziiggWWüürrsseelleenn DDrreessddeenn

KKaasssseell ZZwwiicckkaauu

FFuullddaa

SSaaaarrbbrrüücckkeenn

SSiieeggeenn

SSuuhhll

JJeennaa

WWiittttlliicchhKKoobblleennzz

LLuuddwwiiggsshhaaffeenn KKaarrllssrruuhhee

VViilllliinnggeenn--SScchhwweennnniinnggeenn

BBaayyrreeuutthh

NNüürrnnbbeerrggOOcchhsseennffuurrtt

FFrraannkkffuurrttMMaaiinnzz

LLeeggeennddee

SSAARR--LLeeiittsstteellllee

ZZiivviilleerr RReettttuunnggsshhuubbsscchhrraauubbeerrSSAARR--HHuubbsscchhrraauubbeerr

SSAARR--RReettttuunnggsshhuubbsscchhrraauubbeerr

SSttaannddoorrttee ddeerr SSAARR-- uunndd RReettttuunnggsshhuubbsscchhrraauubbeerr

AAnnllaaggee 77 zzuu SSaannFFüüKKddoo –– BBeeffhh –– AAzz 1133--2299 vvoomm

FFrreeiibbuurrgg

BBaadd BBeerrkkaa

GGrreevveenn BBaadd SSaaaarrooww

BBaauuttzzeenn

RReeggeennssbbuurrggMMaannnnhheeiimm

MMuurrnnaauu

LLeeoonnbbeerrgg

IIttzzeehhooee

SSuubbeenn

NNiieebbüüllll

404

Page 406: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

NOTIZEN

Page 407: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

NOTIZEN

Page 408: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

NOTIZEN

Page 409: Katastrophen- medizin - DGKM · sen für solche Ausnahmesituationen muss dann sofort verfüg-bar sein. Hierzu soll der vorliegende Leitfaden eine Hilfe bieten. Der Leitfaden wendet

NOTIZEN