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ELGER MATTHES W enn Präzision, Bauraum und Umgebung vorgegeben sind, passt selten ein beste- hendes Positioniersystem. Steinmeyer Mechatronik, Dresden, erarbeitet daher kunden- spezifische Lösungen, die auf den jeweiligen Anwen- dungsfall abgestimmt werden. Das Unternehmen hat sich auf hochgenaue Positionierlösungen für optische und feinmechanische Systeme spezialisiert. Partner sind unter anderem die Halbleiter-, Laser- und Optikindustrie, die Biotechnologie, Messgeräte- hersteller, die Luftfahrtindustrie und Forschungs- institute weltweit. Das folgende Anwenderbeispiel zeigt auf, in welchen Schritten die Entwicklung einer kunden- spezifischen Lösung verläuft. Die Ausgangssituation ist dabei die Umgebung beim Kunden vor Ort. In diesem Fall suchte ein Unternehmen für eine Laser- applikation eine Ergänzung zu seinem Kreuztisch von Steinmeyer Mechatronik. Mit dem Kreuztisch wird das Werkstück zum Strukturieren horizontal unter dem Laser bewegt. Um unterschiedliche Teiledicken bearbeiten zu können, muss er in der Höhe verstell- bar sein. Allerdings sollte das Maschinengestell nicht verändert werden. Somit war für die Hubeinheit eine sehr flache Bauform vorgegeben. Auch sollte sich das Design in die Formensprache der Anlage ein- fügen. Die Rahmenbedingungen waren demnach: minimale Höhe, große Kraftreserve und Steifigkeit für robuste Funktion sowie geringe Stellinkremente. »Unsere Ingenieure haben einen sehr unter- schiedlichen Hintergrund und damit ganz verschiede- ne Blickwinkel. Zusammen mit der praktischen Erfah- rung unserer Fertiger, Monteure und Elektroniker entstehen im täglichen Austausch vollkommen neue Ideen und auch für uns immer wieder ganz un- gewöhnliche Lösungen«, erklärt Elger Matthes, Leiter Entwicklung und Konstruktion bei Steinmeyer Mechatronik. Die Anforderung an die Entwicklungs- ingenieure besteht darin, Lösungen im Spannungs- feld zwischen Genauigkeit, Bauraum und Kosten- rahmen zu finden. Grenzen zwischen den einzelnen Fachbereichen gibt es dabei kaum. Vielmehr trägt jede Abteilung mit ihrem Wissen zur Lösungsfindung bei. Die Kommunikationswege sind kurz und direkt, im Laufe des Projekts finden immer wieder Ab- stimmungen statt. Das spart Zeit, vermeidet Fehl- entwicklungen und nutzt das kreative Potenzial aller. Gesucht: Hubtisch mit geringer Höhe Bei der Entwicklung des ›HT210‹ für die Laserapplika- tion wurden zunächst die klassischen Möglichkeiten, einen Hubtisch zu bauen, gegeneinander abgewogen (Bild 1). Könnte zum Beispiel ein senkrecht gestell- 60 l MIKRO- UND NANOPOSITIONIERUNG l HUBTISCHE © MIKROvent, Mainburg MIKROPRODUKTION 06/18 Bilder: Steinmeyer HERSTELLER Steinmeyer Mechatronik GmbH 01259 Dresden Tel. +49 351 885850 [email protected] www.steinmeyer-mechatronik.de > KONTAKT Königsweg mit vier Keilen Positionierlösungen müssen in vielen Fällen an kundenspezifische Umgebungen angepasst werden. Für eine Laserapplikation wurde eine HUBEINHEIT als Ergänzung zu einem KREUZTISCH entwickelt – mit minimaler Höhe bei gleichzeitig großer Kraftreserve und Steifigkeit. Bild 1. Hubtisch ›HT210‹ mit flacher Bauweise. Die vier Hubkeile jeweils an den Ecken des Tischs werden synchron bewegt

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ELGER MATTHES

Wenn Präzision, Bauraum und Umgebungvorgegeben sind, passt selten ein beste-hendes Positioniersystem. Steinmeyer

Mechatronik, Dresden, erarbeitet daher kunden-spezifische Lösungen, die auf den jeweiligen Anwen-dungsfall abgestimmt werden. Das Unternehmenhat sich auf hochgenaue Positionierlösungen füroptische und feinmechanische Systeme spezialisiert.Partner sind unter anderem die Halbleiter-, Laser- und Optikindustrie, die Biotechnologie, Messgeräte -hersteller, die Luftfahrtindustrie und Forschungs -institute weltweit.

Das folgende Anwenderbeispiel zeigt auf, inwelchen Schritten die Entwicklung einer kunden -spezifischen Lösung verläuft. Die Ausgangssituationist dabei die Umgebung beim Kunden vor Ort. Indiesem Fall suchte ein Unternehmen für eine Laser-applikation eine Ergänzung zu seinem Kreuztisch vonSteinmeyer Mechatronik. Mit dem Kreuztisch wirddas Werkstück zum Strukturieren horizontal unterdem Laser bewegt. Um unterschiedliche Teiledickenbearbeiten zu können, muss er in der Höhe verstell-bar sein. Allerdings sollte das Maschinengestell nichtverändert werden. Somit war für die Hubeinheit einesehr flache Bauform vorgegeben. Auch sollte sichdas Design in die Formensprache der Anlage ein -fügen. Die Rahmenbedingungen waren demnach:minimale Höhe, große Kraftreserve und Steifigkeitfür robuste Funktion sowie geringe Stellinkremente. »Unsere Ingenieure haben einen sehr unter-

schiedlichen Hintergrund und damit ganz verschiede-ne Blickwinkel. Zusammen mit der praktischen Erfah-rung unserer Fertiger, Monteure und Elektronikerentstehen im täglichen Austausch vollkommen neueIdeen und auch für uns immer wieder ganz un -gewöhnliche Lösungen«, erklärt Elger Matthes, Leiter Entwicklung und Konstruktion bei SteinmeyerMechatronik. Die Anforderung an die Entwicklungs-ingenieure besteht darin, Lösungen im Spannungs-feld zwischen Genauigkeit, Bauraum und Kosten -rahmen zu finden. Grenzen zwischen den einzelnenFachbereichen gibt es dabei kaum. Vielmehr trägtjede Abteilung mit ihrem Wissen zur Lösungsfindungbei. Die Kommunikationswege sind kurz und direkt,im Laufe des Projekts finden immer wieder Ab -stimmungen statt. Das spart Zeit, vermeidet Fehl-entwicklungen und nutzt das kreative Potenzial aller.

Gesucht: Hubtisch mit geringer HöheBei der Entwicklung des ›HT210‹ für die Laserapplika-tion wurden zunächst die klassischen Möglichkeiten,einen Hubtisch zu bauen, gegeneinander abgewogen(Bild 1). Könnte zum Beispiel ein senkrecht gestell-

60 l MIKRO - UND NANOPOS I T ION I ERUNG l HUBT I SCHE

© MIKROvent, Mainburg MIKROPRODUKTION 06/18

Bilder: S

tein

meyerHERSTELLER

Steinmeyer Mechatronik GmbH01259 DresdenTel. +49 351 885850info@steinmeyer-mechatronik.dewww.steinmeyer-mechatronik.de

> KONTAKT

Königsweg mit vier KeilenPositionierlösungen müssen in vielen Fällen an kundenspezifische Umgebungen angepasst werden. Für eine Laserapplikation wurde eineHUBEINHEIT als Ergänzung zu einem KREUZTISCH entwickelt – mit minimaler Höhe bei gleichzeitig großer Kraftreserve und Steifigkeit.

Bild 1. Hubtisch›HT210‹ mit flacherBauweise. Die vierHubkeile jeweils an den Ecken desTischs werden synchron bewegt

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ter Lineartisch mit langer Führung funktionieren?Schnell stand fest: nein. Eine solche Konstruktionwäre viel zu hoch, da die Führung in Verfahrrichtunglänger als breit sein muss, um präzise zu sein. Auchmehrere senkrecht gestellte Lineartische mit kurzerFührung und synchronisierten Antrieben kamen auf-grund ihrer Höhe nicht infrage. Denn selbst miniatu -risierte Führungen müssen mit einer Mindestlängehergestellt werden. Sogar ein Keiltisch – die Standard-lösung für präzise Hubtische – war zu hoch, um inden Bauraum zu passen. Dabei wäre er ideal geeig-net: Keiltische sind sehr steif und bieten eine großeKraftreserve sowie kleine Stell inkremente. Hierbeiwerden auf eine parallele Grundplatte zwei Keile auf-einandergestapelt und der untere der beiden Keilehorizontal verschoben. Damit ergibt sich eine ver -tikale Verschiebung des oberen Keils, wenn die rest -lichen Freiheitsgrade gebunden sind. Auch alternativeIdeen wie die Verwendung von hydraulischen Kurz-hubzylindern oder eine für großen Hub entwickelteFestkörpermechanik wurden durchgedacht – aberebenso verworfen wie die Überlegungen zuvor.Schließlich entstand die Idee: Muss es unbedingt einzentraler Keiltisch sein? Wie wäre es mit vier sehrkleinen – an jeder Ecke einer? So wären alle Anforde-rungen optimal erfüllt. Die Lösung war gefunden.

Das Kreuz mit den KeilenDie Herausforderung war nun, diese vier Keile syn-chron zu bewegen. Auch dafür fanden die Ingenieurevon Steinmeyer Mechatronik eine Lösung: Grund-platte und Oberplatte bilden die Außenhülle des Hub-tischs und überlappen ähnlich einer Pralinenschach-tel – so ist auch die gesamte Baugruppe vor Staubgeschützt. Dazwischen befinden sich an den Eckendie vier Keile, die alle in eine horizontal beweglicheGrundplatte integriert werden. Die resultierendeMittelplatte ist entsprechend komplex gestaltet undmit den geforderten Toleranzen schwer zu fertigen.Da bei Steinmeyer Mechatronik alle am Entstehungs-prozess Beteiligten unter einem Dach arbeiten, ließensich in enger Abstimmung zwischen Konstruktion,

Technologie und Fertigung auch diese Herausforde-rungen lösen (Bild 2). Als Antrieb für den HT210 wurde ein horizontal lie-

gender Gleitgewindetrieb gewählt, um auch strom-los Stillstand zu gewährleisten. Der Gleitgewinde-trieb wiederum wird von einer hochübersetzendenMotor-Getriebe-Kombination angetrieben. Die Über-setzung wurde mit 1:30 recht hoch gewählt, umeine sichere Motorisierung zu gewährleisten undauch die geforderten minimal kleinen Schritte aus-führen zu können. Das Beispiel zeigt: Den einen Weg gibt es bei

der Entwicklung neuer Lösungen nicht. »Zum Zielkommen wir nur, wenn wir die bessere Lösung überdie Gewohnheit stellen und die Einfachheit mehrschätzen als Komplexität«, macht der Entwicklungs-leiter deutlich (Bild 3).� MI110578

AUTORELGER MATTHES ist Leiter Entwicklung bei Steinmeyer Mechatronik in Dresden;[email protected]

HUBT I SCHE l MIKRO - UND NANOPOS I T ION I ERUNG l 61

MIKROPRODUKTION 06/18

Bild 2. Alle Abteilun-gen – Konstruktion,Elektronik, Soft-ware, Fertigung,Montage und Test –entwickeln gemein-sam einen anwen-dungsspezifischenLosungsvorschlag

Bild 3. Hohe Fertigungstiefe: Die Bauteile fur diePositioniersystemefertigt SteinmeyerMechatronik fastausschließlichselbst, so auch diekomplexe Mittel-platte des Hubtischs

© M

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