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Kommunikation und Gesprächsführung für Pflegeberufe Jürgen Wingchen 3., aktualisierte Auflage Für Auszubildende und Praktiker Für die Alten- und Krankenpflege Für mehr Erfolg im Beruf Ein Lehr- und Arbeitsbuch

Kommunikation und Gesprächsführung Gesprächsführung für … · 2018. 5. 28. · ben müssen oder sollen Dieses Buch ist keine Gebrauchsanweisung für Kommunikation in der Pflege

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  • Kommunikation und  Gesprächsführung für Pflegeberufe

    Jürgen Wingchen

    3., aktualisierte AuflageFür Unterricht & Beruf Besser kommunizieren Weniger Stress

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    Richtige Kommunikation ist ein Erfolgsfaktor

    »Kommunikation ist die Quelle aller Missverständnisse«, lässt sich in Abwandlung eines bekannten Dichterwortes sagen. Dabei ist die Kommunikation eine der Hauptaufgaben von Pflegekräften und zugleich eine der größten Heraus forderungen.

    Kommunikative Fähigkeiten müssen entwickelt, geübt und konsequent eingesetzt werden. Hier ist der kompetente und praxisnahe Leitfaden, der die Kommunikation in der Pflege zu einem praktischen Instrument macht. Für die 3., aktualisierte Aufl age wurde er grundlegend überarbeitet.

    Dieses Buch ist eine SchrittfürSchrittAnleitung für alle, die ihre Kommunikation mit Klienten, Kollegen und Angehörigen nicht länger dem Zufall überlassen wollen. Denn eine gute Kommunikation lässt sich lernen, führt zum Erfolg im Beruf und ist eine hervorragende Stressprävention.

    Der Autor

    Jürgen Wingchen ist DiplomPädagoge. Er lehrt in der Aus, Fort und Weiterbildung von Pflegekräften sowie Ergo und Physiotherapeuten.

    ISBN 9783899938197

    •Für Auszubildende und Praktiker•Für die Alten- und Krankenpflege•Für mehr Erfolg im Beruf

    Ein Lehr- und Arbeitsbuch

  • Jürgen Wingchen

    Kommunikation und Gesprächsführung für PflegeberufeEin Lehr- und Arbeitsbuch

    3., aktualisierte Auflage

  • Der Autor:Jürgen Wingchen Deutz-Kalker Str. 8 50679 Köln [email protected]

    Jürgen Wingchen ist Diplom-Pädagoge in Köln.

    Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / /dnb.ddb.de abrufbar.

    ISBN 978-3-89993-819-7 (Print)ISBN 978-3-8426-8536-9 (PDF)

    © 2014 Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover

    Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden. Alle Angaben er-folgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Autors und des Verlages. Für Änderungen und Fehler, die trotz der sorgfältigen Überprüfung aller Angaben nicht völlig auszuschließen sind, kann keinerlei Verantwortung oder Haftung übernommen werden. Die im Folgenden ver-wendeten Personen- und Berufsbezeichnungen stehen immer gleichwertig für beide Geschlech-ter, auch wenn sie nur in einer Form benannt sind. Ein Markenzeichen kann warenrechtlich ge-schützt sein, ohne dass dieses besonders gekennzeichnet wurde.

    Reihengestaltung: Groothuis, Lohfert, Consorten | glcons.deSatz: PER Medien+Marketing GmbH, BraunschweigDruck: Druck Thiebes GmbH, Hagen

  • 3

    1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

    A Modelle

    2 Grundlagen menschlicher Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . 142.1 Kommunikation und Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.2 Das Sender-Empfänger-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.3 Metakommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.4 Gedächtnissysteme und Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182.5 Paul Watzlawick: Inhalts- und Beziehungs aspekte

    von Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.6 Die Erweiterung: Friedemann Schulz von Thun:

    Mit vier Ohren hören . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232.7 HoRmo Sapiens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.8 Die Bedürfnispyramide nach Maslow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.9 Die Frustrations-Aggressions-Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.9.1 Die Neuformulierung der Frustrations-Aggressions-Theorie

    durch Leonard Berkowitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322.9.2 Der erste Schwellenwert: Die Frustrationstoleranz . . . . . . . . . . . 332.9.3 Der Ärgeraffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342.9.4 Der zweite Schwellenwert: internale und externale Reize . . . . . 342.9.5 Destruktive und konstruktive Folgen einer Frustration . . . . . . 362.9.6 Aggressionsverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

    3 Die personenzentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers 403.1 Carl Rogers: Das Persönlichkeitsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403.2 Effektive Rahmenbedingungen für seelisches Wachstum . . . 443.2.1 Hilfen für die Schaffung effektiver Kommunikation . . . . . . . . . 453.2.2 Drei Forderungen an eine personenzentrierte Gesprächs-

    führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483.2.3 Kommunikationssperren und »Killerphrasen« . . . . . . . . . . . . . . 56

    InHAlT

  • Inhalt4

    4 Das didaktisch-direktive Kommuni kationsmodell nach Albert Ellis (REVT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

    4.1 REVT: Das Persönlichkeitsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624.1.1 Reize, Reaktionen, Kognitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634.1.2 Zentrale menschliche Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664.2 Albert Ellis: Von der Psychoanalyse zur Rational-Emotiven

    (Verhaltens-)Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674.3 REVT: Das ABC-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684.3.1 Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694.3.2 Irrationale Ideen – Versuch einer Klassifikation . . . . . . . . . . . . . 714.4 Der Kommunikationsprozess: Der sokratische Dialog . . . . . . . 754.4.1 Voraussetzung für therapeutische Kommunikation . . . . . . . . . 764.4.2 Phasen des Kommunikationsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784.5 REVT in der psychosozialen Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

    5 Die Transaktionsanalyse nach Eric Berne . . . . . . . . . . . . . . . . 855.1 Transaktionsanalyse: Das Persönlichkeitsmodell . . . . . . . . . . . 855.1.1 Das Instanzenmodell nach Sigmund Freud . . . . . . . . . . . . . . . . . 855.1.2 Die Ich-Zustände der Transaktionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 865.1.3 Die Strukturanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 885.2 Analyse von Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935.2.1 Komplementäre Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 945.2.2 Gekreuzte Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965.2.3 Verdeckte Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015.3 Komplexe Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035.3.1 Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035.3.2 Rituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1045.3.3 Zeitvertreibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1045.3.4 Spiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

    6 Neurolinguistisches Programmieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086.1 Statt eines Persönlichkeitsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086.1.1 Landkarten des Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096.1.2 Repräsentationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1136.2 Spezifische nlP-Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1206.2.1 Das Herstellen von Rapport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1206.2.2 Ankern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

  • Inhalt 5

    6.2.3 Reframings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1246.2.4 Therapeutische Metaphern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

    7 Nonverbale Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1337.1 Dimensionen nonverbaler Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . 1337.2 Geist und Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1357.2.1 Die Haltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1387.2.2 Die Mimik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1427.2.3 Die Kleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1457.2.4 Die Gestik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1477.2.5 Redeweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487.2.6 Reviere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1497.2.7 Berührungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1557.2.8 Olfaktorisch-gustatorische Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . 1577.3 Körpersprache: Angeboren oder erlernt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1587.3.1 Kulturübergreifende Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1587.3.2 Kulturüberformte Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1597.3.3 Angeborene »Pflegeauslöser« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1607.4 Störungen der Körpersprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

    8 Lachen in der therapeutischen und pflegerischen Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

    8.1 Verhaltensbiologische Anmerkungen zu lächeln und lachen 1688.1.1 Das Lächeln im menschlichen Verhaltensrepertoire . . . . . . . . . 1688.1.2 Die Bedeutung des Lachens im menschlichen Verhalten . . . . . 1708.2 Tiefenpsychologie des lachens: Das Energiemodell . . . . . . . . . 1728.2.1 Das Komische bei Sigmund Freud: Eingesparter Vorstellungs-

    aufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1728.2.2 Humor: Ersparter Gefühlsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1748.2.3 Der Witz: Ersparter Hemmungs-/Unterdrückungsaufwand . . 1768.3 lachen als Therapie: Befreiendes lachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1788.3.1 Lachen: Ausdruck des Lustprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1808.3.2 Prinzip »Clown« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1818.3.3 Therapeutisches Lachen und Rapport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1828.4 lach-Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

  • Inhalt6

    B Kommunikationsfelder

    9 Personenzentrierte Gesprächsführung mit geronto-psychiatrisch veränderten alten Menschen . . . . . . . . . . . . . . 190

    9.1 Das Freudsche Instanzenmodell und die psychiatrische Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

    9.1.1 Neurosen und endogene Psychosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1919.1.2 Verwirrtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1939.2 Kommunikation mit Verwirrten und Wahnkranken . . . . . . . . . 1939.2.1 Akzeptanz, Kongruenz und Empathie

    in der Kommunikation mit Wahnkranken . . . . . . . . . . . . . . . . . 1939.2.2 Akzeptanz, Kongruenz und Empathie in der Kommunikation

    mit verwirrten alten Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1969.2.3 Der person-zentrierte Ansatz nach Tom Kitwood . . . . . . . . . . . 199

    10 Die Begleitung Sterbender und Trauernder . . . . . . . . . . . . . . 20510.1 Sterben: das Weggehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20510.1.1 Phasenmodelle des Sterbens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20610.1.2 Kommunikation in der Begleitung Sterbender . . . . . . . . . . . . . . 21110.2 Verlassen sein: Die Trauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21710.2.1 Phasenmodelle des Trauerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21710.2.2 Trauern: Eine Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22210.2.3 Trauern und Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

    11 Kommunikation und Aphasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22711.1 Apoplex und Kommunikationsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22811.1.1 Neglect-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22811.1.2 (Sprach-)Apraxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22911.2 Aphasien: Eine Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22911.2.1 Die Amnestische Aphasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22911.2.2 Die Broca-Aphasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23011.2.3 Die Wernicke-Aphasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23111.2.4 Die Global-Aphasie (Totale Aphasie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23111.3 Gespräche mit Aphasikern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23211.3.1 Kongruenz, Akzeptanz und Empathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23211.3.2 Besondere Hinweise für die Kommunikation mit Aphasikern 234

  • Inhalt 7

    12 Kommunikation im Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23712.1 Informationsgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23712.1.1 Der Phasenverlauf von Informationsgesprächen . . . . . . . . . . . . 23812.1.2 Motivation und Vermittlung in Informationsgesprächen . . . . . 23812.2 Beurteilungsgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24212.2.1 Beurteilungsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24312.2.2 Verlauf eines Beurteilungsgesprächs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24512.3 Kritikgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

    13 Angehörigenarbeit und Beschwerdemanagement . . . . . . . . 25113.1 Beschwerden und Konfusionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25213.2 Beziehung schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

    14 Kommunikation in Krisensituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25514.1 Krisen und Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25514.2 Phasenmodell der Krisenbewältigung nach Caplan . . . . . . . . . 25714.3 Krankheit als Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

    Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

    Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

  • 8

    1 EInlEITunG

    Pflegerisches Handeln in den Institutionen der ambulanten, teilstationären und stationären Kranken- und Altenpflege ist immer ein Beziehungs- und Ausgestaltungsprozess zwischen Pflegenden und zu Pflegenden.

    Die Mitarbeiter der Pflegedienste sind die ersten Ansprechpartner von Pflegebedürftigen, Patienten und ihren Angehörigen. Die Organisation und Durchführung beratender und helfender Gespräche stellt eine der wichtigs-ten Aufgaben von Mitarbeitern in der Kranken- und Altenpflege dar. Diese müssen nicht nur in der Lage sein Kontakte aufzubauen und aufrecht zu erhalten; sie müssen mit den zu betreuenden und zu versorgenden Men-schen, die informiert, instruiert und angeleitet werden wollen, in einen kon-struktiven Kommunikationsprozess treten können.

    Die Mitglieder der Projektgruppe »Hilfe für das Alter« im Diakonischen Werk/Deutschland1 beschreiben kommunikative und Beratungskompetenz als Voraussetzung zur Bewältigung sozialer Aufgaben in der Altenpflege. Im Einzelnen nennen sie:• Helfende Gespräche beim Einzug in eine stationäre Einrichtung• Gespräche zur Förderung zwischenmenschlicher Beziehungen• Beratende Anleitung zu sinnvollen Beschäftigungen• Persönliche Gespräche• Hilfen in Krisensituationen• Seelsorgerische Aufgaben, sofern sie nicht den Pfarrern überlassen blei-

    ben müssen oder sollen

    Dieses Buch ist keine Gebrauchsanweisung für Kommunikation in der Pflege. Es geht auch nicht um richtige Formulierungen für den Umgang mit Sterbenden, demenziell veränderten Menschen, sich beschwerenden Ange-hörigen oder unliebsamen Kollegen. Jede Gesprächssituation stellt sich den Beteiligten anders dar. Vorrangiges Ziel einer Auseinandersetzung mit Fra-gen zur Kommunikation und Gesprächsführung ist die Stärkung kommu-

    1 Vgl. Diakonisches Werk (1987). Altenpflegerin/Altenpfleger: Die staatlich anerkannte Fachkraft in der Altenhilfe. Stuttgart, S. 22

  • Einleitung 9

    nikativer Kompetenzen: Kommunizierende müssen in Gesprächssituatio-nen so (re-)agieren können, dass sie ihr eigenes Kommunikationsverhalten als angemessen und effektiv empfinden.

    Hinweise und Tipps, was zu tun ist, um aus einem Gespräch als »Sieger« hervorzugehen (ein Wunsch, den eine Teilnehmerin eines meiner Fortbil-dungsseminare äußerte), gibt es hier nicht. Wer im Pflegealltag Bewohnern, Patienten und deren Angehörigen den Krieg erklärt hat, ist nicht auf der Suche nach einem gesprächsbereiten Kommunikationspartner, sondern nach einem Opfer.

    Stattdessen stelle ich Ihnen in zwei Teilen die Grundlagen der Kommunika-tion und Gesprächsführung vor: Im ersten Teil (Kapitel 2 bis 8) präsentiere ich Ihnen grundlegende Theorien und Modelle der Gesprächsführung.

    Im zweiten Teil (Kapitel 9 bis 14) zeige ich Ihnen spezielle Kommunikati-onsfelder und Anwendungsfelder der beschriebenen Modelle. Auf diese Weise erhalten Sie ein Lehr- und Arbeitsbuch für die Gesprächsführung in der Pflege: strikt praxisorientiert und konkret auf Ihre Berufswirklichkeit abgestimmt.

    Die Modelle Wodurch unterscheiden sich Kommunikations- und Interaktionsprozesse? Inwieweit beeinflussen neurologische und hormonelle Veränderungen den Kommunikationsverlauf? Was sind Codes im Kommunikationsverlauf? Was ist unter Inhalts- und Beziehungsaspekten von Kommunikation zu verstehen? Inwieweit beeinflussen Wünsche und Bedürfnisse den Kommu-nikationsverlauf und was geschieht, wenn sie unerfüllt bleiben? Ich zeige Ihnen Modelle menschlicher Kommunikation, in denen sich die grundle-genden Richtungen der Psychologie widerspiegeln.

    Die nondirektive, personenzentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers (Kapitel 3) steht für die humanistische Psychologie und ist in Pflege- und therapeutischen Berufen am bekanntesten. Begriffe wie personenzent-rierte Pflege und personenzentriertes Führen sind feste Bestandteile in der Alten- und Krankenpflege.

  • Einleitung 10

    Dem nondirektiven Ansatz Carl Rogers wird das direktive Denken des amerikanischen Therapeuten Albert Ellis gegenübergestellt (Kapitel 4). Auch Ellis fühlt sich dem humanistischen Denken verpflichtet, setzt sich aber direkt mit den Haltungen und Einstellungen seiner Kommunikations-partner auseinander und versucht diese direkt zu ändern.

    Das transaktionsanalytische Modell Eric Bernes (Kapitel 5) steht dem tie-fenpsychologischen Ansatz Sigmund Freuds nahe; im Ansatz des Neuro-linguistischen Programmierens (Kapitel 6) finden sich u. a. Elemente der Lernpsychologie wieder.

    Weitere Kapitel sind der körpersprachlichen nonverbalen Kommunika-tion (Kapitel 7) und dem Stellenwert des Lachens in der Gesprächsfüh-rung (Kapitel 8) gewidmet: Informationen werden nicht nur durch Worte mitgeteilt; Witz, Humor und Komik können Gespräche auflockern, die Kommunikation fördern, aber auch die Beziehung zwischen den Gesprächs-partnern ruinieren und das Gespräch beenden.

    Die Kommunikationsfelder Die Kommunikationsfelder stehen für exemplarische Gesprächssituationen.

    lehrzielkatalog Am Ende jedes Kapitels findet sich ein Lehrzielkatalog, der Ihnen zeigt, was Sie jetzt schon alles können.

  • Einleitung 11

    Theorie und Praxis

    »Wie soll ich überhaupt noch mit einem Menschen spontan reden, wenn ich das alles auch noch beachten soll?« Das fragen sich Teilnehmer in Kommunikationstrainings immer wieder. Carl Gustav Jung* riet einem sei-ner Studenten, alles über die Theorie zu lernen, aber das Textbuch zu ver-gessen, wenn er einem Patienten gegenübersitzt.

    Kommunikative Kompetenz ist letztlich wie Autofahren. Scheinen die ver-schiedenen Anforderungen, die an den Fahrer bereits beim Losfahren gestellt werden, zunächst kaum gleichzeitig zu bewältigen (Gas geben, ersten Gang finden, »Kupplung kommen lassen«, drei Pedale gleichzeitig bedienen und auch noch auf den Verkehr achten), so werden die einzelnen Schritte später kaum noch bewusst wahrgenommen. Die Aufmerksamkeit des Fahrers wird erst wieder geweckt, wenn irgendetwas nicht wie üblich funktioniert.

    * Birkenbihl, V. F. (1999). Signale des Körpers – Körpersprache verstehen. Landsberg am Lech, S. 189

  • A MODEllE

  • 14

    2 GRunDlAGEn MEnSCHlICHER KOMMunIKATIOn

    In unserer Umgangssprache bedeutet Kommunizieren so viel wie »mitein-ander sprechen«, »in Kontakt zu einem Gegenüber treten« und sich mit die-sem auszutauschen. Hierbei denken wir zunächst an die menschliche Spra-che, an gesprochene Worte, mit deren Hilfe Informationen von einer Person an eine andere weitergegeben werden.

    In diesem Sinne kann Kommunikation als eine der Informationsvermitt-lung verpflichtete Form menschlichen Verhaltens oder als wechselseitige Verständigung zwischen Menschen mittels Sprache beschrieben werden. Hierbei können die zwei miteinander verschränkten Aspekte des Sich-Aus-drückens und des Verstehens unterschieden werden:• Sprache ermöglicht den Ausdruck eigener Gefühle, Gedanken, Wünsche

    und Pläne• Sprache ermöglicht das Verstehen von Gefühlen, Gedanken, Wünschen

    und Plänen anderer Menschen

    2.1 Kommunikation und Interaktion

    Zunächst müssen wir zwei Begriffe voneinander abgrenzen, die häufig mit-einander verwechselt oder gleichgesetzt werden: die menschliche Kommu-nikation und die menschliche Interaktion. Das Wort Inter-Aktion bedeu-tet so viel wie Zwischen-Handeln (im Sinne von wechselweisem Handeln) von Personen und steht für zwischenmenschliche Beziehungen schlechthin.

    Groddeck & Wulf2 bezeichnen die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse und Inter-essen anderen gegenüber angemessen darstellen zu können, als kommuni-kative Kompetenz und beschreiben sie als Voraussetzung zur Teilnahme an Prozessen sozialen Handelns.

    2 Groddeck, N. & Wulf, C. (1977). Die Schule als Feld sozialen Lernens und als Konfliktfeld, in: Horn-stein, Walter u. a.: Beratung in der Erziehung; Band 1. Frankfurt am Main, S. 211

  • Das Sender-Empfänger-Modell 15

    Die Interaktionsforschung setzt sich mit dem auseinander, was zwischen den Menschen geschieht. Sie behält eine untereinander oder gegeneinander stattfindende Ausführung im Blick3. Kommunikation beschreibt in diesem Prozess stets den Austausch von Informationen, Mitteilungen bzw. Bot-schaften.4

    Die gemeinsame Arbeit zweier Pflegekräfte am Bett eines Patienten/Bewoh-ners ist ein Beispiel für eine Form von Interaktionsgeschehen. Die Botschaf-ten, die zwischen den drei Beteiligten ausgetauscht werden, machen die Kommunikation aus und umfassen von Seiten der Mitarbeiter:• die Absprachen, die sie treffen, um den Arbeitsablauf patienten-/bewoh-

    nergerecht zu gestalten;• die gezielten Informationen an den Patienten/Bewohner, was hier (mit

    ihm) geschieht; • die Instruktionen, wie er sich im Sinne einer aktivierenden Pflege verhal-

    ten sollte;• beabsichtigte oder unbeabsichtigte Signale von Sympathie oder Antipa-

    thie, Anerkennung oder Ablehnung.

    Von Seiten des Patienten werden gleichfalls Botschaften an die Mitarbeiter vermittelt, die wiederum den Interaktionsprozess beeinflussen.

    Reflexion

    Inwieweit können sich Patienten/Bewohner in diesen Kommunikations-prozess einbringen?

    2.2 Das Sender-Empfänger-Modell

    Eine Nachricht wird von einem Sender an einen Empfänger gesandt und hierbei zunächst ver- und dann wieder entschlüsselt. So wird Kommunika-tion im Sender-Empfänger-Modell beschrieben:

    3 Benesch, H. (1981). Wörterbuch zur Klinischen Psychologie in zwei Bänden. München, S. 3964 Burger, H. (1998), Kommunikation und Gesprächsführung in der Seniorenarbeit. Hagen, S. 11

  • Grundlagen menschlicher Kommunikation 16

    Sender ’ verschlüsselt ’ Nachricht ’ entschlüsselt ’ Empfänger

    Kodierung De-KodierungDieser Vermittlungsprozess wird zum Teil von unserem Bewusstsein gesteuert; etwa, wenn wir einen Brief schreiben und uns Gedanken darüber machen, was beim Empfänger ankommen soll.

    Es gibt verschiedene Möglichkeiten zu kommunizieren. So ist es uns mög-lich, Informationen in Form gesprochener bzw. geschriebener Wort weiter-zugeben. Aber auch mit geschlossenem Mund und ohne ein Schreibgerät zu benutzen können wir kommunizieren: Jeder, der sich schon einmal in einer fremden Sprache verständlich machen musste, weiß, was es heißt, mit Hän-den und Füßen zu reden. In der verbalen (sprachlichen) Kommunikation ist es problematisch, wenn Sender und Empfänger in diesem komplexen Pro-zess von Kodierung und Dekodierung einem Wort unterschiedliche Bedeu-tungen zuweisen. Der semantische Hof (der Bedeutungshof für ein Wort) kann sich von Mensch zu Mensch verändern.

    Worte können im Lauf der Zeit ihre Bedeutung verändern, was Gespräche zwischen den Generationen erschwert. Ältere Menschen verbinden mit dem Wort »geil« die Bedeutung »sexuell erregt«. Jugendliche bekunden mit ihm Interesse und Zustimmung. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ist ihnen häufig gar nicht bewusst. Auch wer die unterschiedliche Verwendung des Begriffes den verschiedenen Gruppen zuordnen kann, ist irritiert, wenn ältere Menschen diesen Bedeutungswechsel aufgreifen und das Wort als Zustimmung verwenden.

    Andere Anteile der Kommunikation unterliegen nicht ohne weiteres der Kontrolle des Bewusstseins: Körperhaltung, Körperbewegung und Mimik geben vieles preis, was (noch) nicht in Worte gefasst wurde oder verschwie-gen werden soll. So verraten z. B. Stimmlage und Körperhaltung Unsicher-heiten, auch wenn der Betroffene versucht, ganz locker zu sein.

    2.3 Metakommunikation

    Als Metakommunikation wird eine Kommunikation über Kommunika-tion bezeichnet. Der Kommunikationsprozess selbst wird zum Gegenstand der Kommunikation. Beispiel: Im Rahmen eines Gesprächs ist nicht nur

  • Metakommunikation 17

    bedeutsam, was sich die Beteiligten sagen, sondern auch auf welche Art und Weise sie das tun.

    Sagt ein Kommunikationspartner: »In diesem Ton lasse ich nicht mit mir reden!«, so begibt er sich auf eine Metaebene der Kommunikation. Ein sol-cher Schritt kann dazu beitragen, wieder zu Umgangsformen zurückzufin-den, die von Respekt getragen sind; er kann aber auch vom Thema ablenken und eine sachliche/inhaltliche Klärung verhindern.

    Reflexion

    Haben Sie schon einmal erlebt, dass Ihr Gesprächspartner durch einen Wechsel auf die Metaebene bewusst vom eigentlichen Thema ablenkte und eine Klärung unterlief?

    Weitere Ebenen von Kommunikation lassen sich mit den Begriffen der Assoziation und der ersten bzw. zweiten Dissoziation beschreiben.

    Assoziation meint so viel wie Vereinigung; Dissoziation so viel wie Tren-nung. Assoziation beschreibt eine Form von Kommunikation, in der eine Person eins mit ihren Gefühlen ist und diese auch zum Ausdruck bringt: Der Traurige weint, der Wütende schimpft. Im Zustand der ersten Dissozi-ation gelingt die Überwindung der eigenen Betroffenheit und die Wahrneh-mung, das Erkennen und Nachfühlen der Betroffenheit des anderen: sein Fühlen, seine Trauer, seine Wut. Auf der Ebene der zweiten Dissoziation wird es möglich, die eigene Betroffenheit und die Befindlichkeit des Gegen-übers gegeneinander zu stellen, Überlegungen zu ihren Ursachen bzw. über Lösungsmöglichkeiten anzustellen. Im Idealfall ist ein Kommunizierender:• sich seines eigenen Fühlens bewusst (Assoziation);• in der Lage, die Betroffenheit seines Gegenübers zu erspüren (erste Dis-

    soziation);• in der Lage, sich über die konkrete Situation zu erheben, diese zu analy-

    sieren und zu reflektieren (zweite Dissoziation).

  • Grundlagen menschlicher Kommunikation 18

    AssoziationEigenes Fühlen, Erleben und Denken

    Erste DissoziationFühlen, Erleben und Denken des Anderen

    Zweite Dissoziation

    Abb. 1: Bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Fühlen, Erleben, Denken, Handeln und dem des Gegenübers (Metaebene).

    2.4 Gedächtnissysteme und Kommunikation

    Kommunikation setzt voraus, dass Informationen vom Empfänger aufge-nommen und dekodiert werden können. Bevor eine Information bewusst wahrgenommen werden kann, muss sie verschiedene Instanzen überwin-den (vgl. Abbildung 2).

    Wahr- nehmen

    Sehen

    Hören

    Fühlen

    Riechen

    Schmecken

    Sensorische Speicher

    Kurzzeit-speicher

    Langzeit-speicher

    Abb. 2: Der Weg zur bewussten Wahrnehmung von Information.

    1. Über unsere fünf Sinne nehmen wir Informationen aus unserer Umge-bung auf, um diese dem ersten Speichersystem unseres Gedächtnisses

  • Gedächtnissysteme und Kommunikation 19

    zuleiten zu können.5 Beeinträchtigungen der Sinneskanäle sind die ersten möglichen Kommunikationsblockaden.

    2. Im ersten Speichersystem, in den sensorischen Speichern, verbleiben optische Informationen etwas weniger als eine Sekunde; akustische Infor-mationen etwa eine Sekunde. Dieser kurze Zeitraum recht aus, um Reize identifizieren zu können. Würde dieses Speichersystem länger blockiert, so könnte es zu Überlagerungen mit neuen, nachströmenden Reizen kommen, was für die Informationsverarbeitung problematisch wäre.

    3. Bewusst gewordene Informationen finden den Weg in das zweite Gedächt-nissystem, den Kurzzeitspeicher, wo sie bis zu 30 Sekunden gespeichert werden. Die Kapazität dieses Systems ist äußerst begrenzt: Lediglich fünf bis sieben Einheiten finden hier Platz. Ist die Kapazität ausgeschöpft und kommt eine neue Information, so wird die älteste hinausgedrängt. Aus diesem Grund wird dieser Speicher als Schieberegister bezeichnet.

    Durch Wiederholungen ist es möglich, Daten länger im Gedächtnis zu behalten. Wird die Aufmerksamkeit aber vorübergehend abgelenkt, strö-men neue Daten in den Kurzzeitspeicher und verdrängen die alten In-formationen. Wenn Kinder eine Einkaufsliste vor sich hinmurmeln und dann – vielleicht durch die neuen Fahrräder ihrer Freunde – vorüberge-hend abgelenkt werden, vergessen sie die Einkäufe zumindest zum Teil.

    4. Nach 30 Sekunden gehen nicht repetierte (wiederholte) Informationen, die noch nicht in das dritte Gedächtnissystem, den Langzeitspeicher, gelangt sind, unwiederbringlich verloren: Sie werden vergessen. Ob eine Information den Weg in den dritten Gedächtnisspeicher findet, hängt sowohl von der Bedeutsamkeit des Materials als auch von der Zahl der Wiederholungen ab: Je bedeutsamer eine Information für den Betroffe-nen ist, umso weniger Wiederholungen sind notwendig, um das Material in das Langzeitgedächtnis einzubringen.

    Im dritten Speicher können Informationen nicht mehr verlorengehen und sind auch nach langen Zeiträumen noch abzurufen. Problematisch ist es nur, diese Informationen wiederzufinden.6

    5 Wingchen (2011). Geragogik. Berlin, S. 1466 Vgl. Wingchen 2011, S. 146 ff, S. 231 ff

  • Grundlagen menschlicher Kommunikation 20

    Dieses System der Informationsaufnahme und -verarbeitung leistet bei der Kommunikation hervorragende Dienste: Eine gesehene oder gehörte Infor-mation (z. B.: »Der Arzt kommt heute Nachmittag zwischen 15.00 und 16.00 Uhr zu Ihnen!«) wird wahrgenommen, als wichtig erkannt und im Lang-zeitspeicher abgelegt. Mögliche Antwort: »Ich werde heute Nachmittag hier sein!«

    Störungen in den einzelnen Systemen wirken sich jedoch äußerst negativ auf Kommunikationsprozesse aus. • Die Leistung des Wahrnehmungsapparates kann beeinträchtigt sein: Mit

    zunehmendem Alter kommt es zu Veränderungen in den sensorischen Speichersystemen.

    • Akustische Informationen verschwinden schneller aus dem sensorischen Speicher, sodass weniger Zeit zur Verfügung steht, um Reize zu identifi-zieren und in den Kurzzeitspeicher zu überführen. Möglicherweise müs-sen Informationen mehrfach angeboten werden.

    • Optische Informationen blockieren den sensorischen Speicher länger, sodass es zu möglichen Überlagerungen mit nachströmenden Reizen kommt.

    • Ältere Menschen benötigen nicht nur mehr Zeit, um Informationen im Kurzzeitgedächtnis aufzunehmen, sondern auch, um diese wieder abzu-rufen. Gedächtnis- und Kommunikationsprozesse verlaufen im Alter zwar deutlich langsamer als bei jungen Menschen, aber keinesfalls inef-fektiver.

    • Auch die Gedächtnisspanne, der Umfang an Informationen, die gleich-zeitig in diesem Speichersystem Platz finden, ist reduziert. Zu viele gleichzeitig angebotene Reize verwirren.

    • Stress hat direkten Einfluss auf das Konzentrationsvermögen und die intellektuelle Leistungsfähigkeit. Stresshormone beeinträchtigen die Arbeit der Nervenzellen, die Garanten jeder intellektuellen Tätigkeit. Kommunikation in Stresssituationen ist zwangsläufig ineffektiv. Kom-munikationspartner, die Stress und Unruhe ausstrahlen, sorgen selbst dafür, beim Gegenüber unverstanden zu bleiben. Die Kommunikati-onstrainerin Vera F. Birkenbihl sprach vom »psychologischen Nebel der Gesprächssituation«.

  • Paul Watzlawick: Inhalts- und Beziehungs aspekte von Kommunikation 21

    2.5 Paul Watzlawick: Inhalts- und Beziehungs-aspekte von Kommunikation

    Paul Watzlawick (1921–2007) und seine Mitarbeiter prägten den Satz, dass es nicht möglich ist, nicht zu kommunizieren. Er unterscheidet zwischen einer Inhalts- und einer Beziehungsebene.

    Unterhalten sich zwei Menschen, so ist nicht nur die Vermittlung von Inhalten (Informationen, Gedanken, Ideen, Fakten) wichtig. Der Verlauf einer Unterhaltung hängt nicht nur davon ab, welche Informationen sie austauschen. Mindestens ebenso bedeutsam ist, wie die beiden miteinander umgehen: Ob sie sich sympathisch sind oder nicht. Die Art des Miteinan-der-Umgehens bezeichnet Watzlawick – in Abgrenzung zur Inhaltsebene – als Beziehungsebene.

    Aspekte der Kommunikation

    Beziehungsaspekt

    non-verbale Ebene

    Wie wird vermittelt

    Gestik Mimik Tonfall

    Sprache

    Vermittlung der Informationen durch

    Inhaltsaspekt

    verbale Ebene

    Was wird vermittelt

    Stimmigkeit oder Widerspruch

    Abb. 3: Aspekte der Kommunikation.

    In der Inhaltsebene liefert uns der Sprecher Informationen.7 Auf der Bezie-hungsebene hingegen erhalten wir Informationen über die Informationen.

    7 Birkenbihl, V. F. (1987). Kommunikationstraining. Landsberg am Lech, S. 259

  • Grundlagen menschlicher Kommunikation 22

    Hier wird deutlich, wie die Information gemeint war! Hier erfahren wir, ob unser Gegenüber uns gut oder schlecht gesonnen ist. Hier bekommen wir einen Eindruck von seinem (momentanen) Gemüts- bzw. Gefühlszustand.

    Der Inhalt wird gewöhnlich verbal (gesprochen, geschrieben), die Bezie-hung nonverbal (nicht-gesprochen) vermittelt.

    Im Idealfall ergänzen sich die beiden Kommunikationsebenen. Zu der Formu-lierung: »Sicher habe ich dich lieb!«, passt auf der Beziehungsebene eine warm-herzige, freundliche, zugewandte Haltung und Stimmlage. Wird dieser Satz hektisch, unwirsch, ohne das Gegenüber anzusehen, formuliert, passen Inhalt und Form nicht zusammen; sie widersprechen sich. Der Gesprächspartner sieht sich zwei Aussagen gegenüber, die sich gegenseitig ausschließen. Solche Beziehungsfallen werden Doppelbindungen, oder auch Doublebinds genannt.

    Auch eine so einfache Frage wie: »Gehen Sie heute wieder ins Kino?«, ist nur scheinbar eindeutig zu verstehen. Auf der Inhaltsebene dürfte es zu keinen Missverständnissen kommen. Jeder versteht, worum es hier geht. Aber erst die Art, wie diese Frage gestellt wird, vermittelt ihren ganzen Bedeutungs-gehalt. Ist es reines Interesse, will jemand wissen, ob die andere Person ins Kino gehen will? Schwingt möglicherweise im Tonfall ein leichter Vorwurf mit? »Gehen Sie heute Abend (etwa schon wieder) ins Kino?« Oder verrät die Körperhaltung die Neugierde des Fragenden? »Was machen Sie heute – Gehen Sie vielleicht ins Kino?«

    Reflexion

    Erinnern Sie sich an vier unterschiedliche Gesprächssituationen mit Pa-tienten/Bewohnern.

    Was sagten sie zu Ihnen, und wie sagten sie es?

    Können Sie sich vorstellen, dass ein anderes Wie den Inhalt möglicher-weise in einem anderen Licht hätte erscheinen lassen?

    Konfusion bedeutet lt. Duden so viel wie Verwirrung oder Durcheinander. Im Kommunikationsmodell Watzlawicks steht es für ein Durcheinander von Inhalts- und Beziehungsebene. So können Probleme von der Inhalts-

  • Die Erweiterung: Friedemann Schulz von Thun: Mit vier Ohren hören 23

    auf die Beziehungsebene verlagert werden, um sie dort in Angriff zu neh-men und zu lösen: Besteht auf der Inhaltsebene keine Einigkeit (z. B.: »Du willst ins Café, ich will aber ins Kino!«), so wird eine Problemlösung auf der Beziehungsebene versucht (»Dann mach es doch mir zuliebe!«). Umgekehrt können auch Beziehungsprobleme auf der Inhaltsebene in Angriff genom-men werden. Ist die Beziehungsebene gestört, kann das akribische und scheinbar so sachliche Suchen, Finden und Bemängeln von Fehlern beim anderen zu einer Strategie der Beziehungsaufarbeitung werden. Auch ver-mag die Suche nach gemeinsam zu bewältigenden Aufgaben bei gestörter Beziehungsebene zwei Menschen – vorübergehend – zu verbinden.

    2.6 Die Erweiterung: Friedemann Schulz von Thun: Mit vier Ohren hören

    Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun8 unterscheidet nicht nur zwi-schen einer Inhalts- und einer Beziehungsebene, er hat vier verschiedene Ebenen einer Nachricht herausgearbeitet (vgl. Abbildung 4).

    Sach-Ebene

    Selbstoffenbarungs-Ebene

    Beziehungsebene

    Appell-Ebene

    Friedemann Schulz von Thun

    4 Varianten der Interpretation einer Information

    Abb. 4: Ebenen einer Nachricht.

    Schulz von Thun unterscheidet • Sachinhalt• Appell

    8 Schulz von Thun, F. (2008). Miteinander reden. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt

  • Grundlagen menschlicher Kommunikation 24

    • Selbstoffenbarung• Beziehungsaspekt

    Beispiel: eine scheinbar einfache Botschaft: A sagt: »Es ist ganz schön heiß hier drin!«1. Der Sachinhalt dieser Information ist offensichtlich: A hält sich an einem

    Ort auf, an dem es heiß ist. Über diese Tatsache informiert sie eine andere oder mehrere andere Personen. Die Information ist eindeutig.

    2. Auf der Ebene der Selbstoffenbarung geht es darum, was A von sich preisgibt. Es scheint ihr warm zu sein; vielleicht sogar zu warm. Es geht A nicht um die messbare Raumtemperatur. Sie sagt vielmehr etwas darüber aus, wie sie die Temperatur empfindet.

    3. Auf der Appell-Seite einer Botschaft lässt sich erkennen, wozu A den Empfänger veranlassen möchte. Im obigen Beispiel: »Mach bitte das Fens-ter auf!« – »Mach die Klimaanlage an!« – »Fass dich kurz, mir ist zu heiß!«

    4. Auf der Beziehungsebene werden zwei unterschiedliche Botschaften ver-mittelt: Zum einen gibt A zu erkennen, wie sie den Empfänger einschätzt, was sie von ihm hält. Die Wortwahl, die Betonung, ein liebevoller oder barscher Tonfall lassen erkennen, ob hier Wertschätzung oder Missach-tung mitschwingen. Zum anderen wird aber auch deutlich, wie A die Beziehung zwischen sich und dem Empfänger sieht: Traut er sich, etwas Bestimmtes zu sagen – oder auch nicht? Im Beispiel könnte die Bezie-hungsebene signalisieren: »Ich bestimme hier, ob gelüftet wird – und du hast damit zu leben!«

    2.7 HoRmo Sapiens

    Wie wir miteinander umgehen, hat natürlich Einfluss auf unser Wohlbe-finden. In der Regel werden Menschen es vorziehen, zuvorkommend und freundlich behandelt zu werden, während ein selbstherrliches und demüti-gendes Verhalten des Gegenübers zumindest ärgerlich werden lässt.

    Wie Individuen mit den wahrgenommenen Informationen auf der Inhalts- und der Beziehungsebene umgehen, hängt von der momentanen Befind-lichkeit ab. Vera F. Birkenbihl stellte ein einfaches Denk-Modell vor, das für die Analyse von Kommunikationsprozessen bedeutsam ist.

  • HoRmo Sapiens 25

    Das Gehirn ist keinesfalls ein homogenes Organ. Vielmehr finden sich dort unterschiedliche Gehirnteile, die sich im Laufe der Evolution herausbildeten und die als Alt- und Neuhirn bezeichnet werden. Birkenbihl bezeichnete die alten Teile als Reptilienhirn. Es unterscheidet sich in der Funktion nicht von dem Gehirn eines Reptils und bildete sich vor ca. 450 Millionen Jahren. Das Neuhirn, der Sitz des logischen Denkens, entwickelte sich im Verlauf der Evolution erst vor 1,5 Millionen Jahren. So verwundert es auch nicht, dass das Reptiliengehirn, wenn es ums nackte Überleben geht, den größe-ren Einfluss auf menschliches Verhalten ausübt. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Befriedigung von Bedürfnissen in Frage gestellt wird. In sol-chen Situationen wird das Reptilienhirn (das Tier in uns) aktiv und mischt sich ein. Werden in Gefahrensituationen elementare Bedürfnisse in Frage gestellt, wird das Handeln nicht mehr vom logischen Denken, sondern vom Kampf- und Fluchtverhalten bestimmt.

    Die Gefährdung oder Unterdrückung von Bedürfnisbefriedigungen löst Unlustreaktionen aus, die zur Ausschüttung von Stresshormonen führen. Dies zieht eine Störung oder Unterbindung der Impulsweiterleitung im Nervensystem nach sich. Stammesgeschichtlich ältere Gehirnteile (das Rep-tilienhirn) reagieren dann mit Flucht, Angriff oder Totstellen.

    In Stresssituationen wird der Homo Sapiens, so Birkenbihl9 zuweilen als ein weniger von seinem Intellekt als vielmehr von seinen Hormonen geleitetes Wesen entlarvt, das sie folgerichtig als HoRmo Sapiens bezeichnet.

    Solange die Gesprächssituation nicht durch Angst, Nervosität, Ärger, Eifer-sucht, Wut, Neid etc. beeinflusst wird, kann sich das Denkhirn mit den vermittelten Inhalten auseinandersetzen. Je belastender die Situation jedoch empfunden wird, umso mehr treten die Inhalte in den Hintergrund: Das bedrohte Reptilienhirn übernimmt das Regiment und stört die analytische Arbeit des Denkhirns. Damit verlagert sich die Kommunikation von der Sach- auf die Beziehungsebene.

    9 Birkenbihl 1987, S. 247

  • Grundlagen menschlicher Kommunikation 26

    2.8 Die Bedürfnispyramide nach Maslow

    Der Amerikaner Abraham Maslow (1908–1970) ordnete die menschlichen Bedürfnisse in einer Hierarchie, die häufig als Maslowsche Bedürfnispyra-mide dargestellt wird. Sind die Bedürfnisse einer unteren Stufe befriedigt, wendet sich das Individuum denen der nächsthöheren Stufe zu.

    Sind z. B. die grundlegenden physiologischen Bedürfnisse (wie Hunger und Durst) [Stufe 1] befriedigt, so tritt auf der nächsthöheren Stufe das Bedürf-nis nach Sicherheit [Stufe 2] in den Vordergrund. Es folgen die sozialen Bedürfnisse (Liebe und soziale Zugehörigkeit) [Stufe 3] und schließlich die Bedürfnisse nach Wertschätzung [Stufe 4] und nach Selbstverwirklichung [Stufe 5].

    Vorübergehend können Bedürfnisse einer unteren Stufe auf einer höheren kompensiert werden. So ist es möglich, Hunger und Durst vorübergehend in Kauf zu nehmen, um höhere Ziele zu erreichen. Die physiologischen Bedürfnisse sichern das nackte Überleben. Es geht um die Grundversor-gung mit Essen, Trinken, Sauerstoff und Wärmezufuhr. Aber auch Bedürf-nisse, die wir im Allgemeinen nicht bewusst registrieren, gehören hierher, wie das Bedürfnis nach Hautkontakt, nach Berührung, nach »Streichelein-heiten«.

    Auch ein Mensch mit erstklassiger Versorgung an Essen und Trinken, in einer optimalen Atmosphäre und Raumtemperatur, wird krank, wenn das elementare Bedürfnis nach Hautkontakt unbefriedigt bleibt.

    Die anderen Sinne sind ebenso stimulierungsbedürftig wie die Haut. So verwundert es auch nicht, wenn in Studien festgestellt wurde, dass der Ent-zug sensorischer Reize (Reizdeprivation) sich negativer auf das Befinden (zumindest) der (erwachsenen) Versuchspersonen auswirkt, als eine Ein-schränkung der Sozialkontakte, die einer höheren Stufe zugeordnet sind.

    Solange das physiologische Fundament der Pyramide noch nicht gelegt ist, interessieren die höheren Stufen noch nicht. So ist ein erschöpfter, müder, von Schmerzen geplagter Mensch auch kaum zur Kommunikation oder Gruppenaktivität zu zwingen.

  • Die Bedürfnispyramide nach Maslow 27

    Selbst- verwirklichung

    Physiologische Bedürfnisse

    nach Sicherheit

    Liebe und Zugehörigkeit

    Wertschätzung

    Abb. 5: Bedürfnispyramide nach Maslow.

    Sind die physiologischen Bedürfnisse befriedigt, treten die Bedürfnisse nach Sicherheit in den Vordergrund, die allgegenwärtig sind: • Menschen möchten ihr Eigentum vor unbefugtem Zugriff sichern und

    schließen ihre Wohnung ab.• Menschen möchten finanziell abgesichert sein und schließen Renten-

    und Lebensversicherungen ab oder legen ihr Geld an.• Menschen möchten ihre Zukunft planen können und halbwegs wissen,

    was sie morgen erwartet.• Menschen möchten wissen, wo sie sich wann befinden. Die Sicherheit der

    Orientierung in Raum und Zeit ist sehr bedeutsam.

    Denken Sie an das ungute Gefühl, wenn Sie nachts aufwachen und die Uhr stehengeblieben ist; denken Sie an die Angst bei Fahrten im Nebel, wenn jede Orientierung aufhört; stellen Sie sich vor, wie Sie sich fühlen, wenn Sie sich in einem unbekannten Waldstück verlaufen haben und die Dunkelheit bricht herein. Die Orientierungsprobleme eines nichtorientierten/desorientierten Menschen sind vergleichbar, aber gravierender, da sie zeitlich unbegrenzt sind. Umzüge in Pflegeheime bzw. Einweisungen in Krankenhäuser sind immer Brüche mit einer gewohnten, Sicherheit gebenden Alltagswelt. In Kliniken wird dem Kranken ein für ihn vorbestimmter Ort zugewiesen, der von fremden Menschen nach Belieben betreten wird.10

    10 Siegrist, J. (1977). Lehrbuch der Medizinischen Soziologie. München, Wien, Baltimore, S. 197

  • Grundlagen menschlicher Kommunikation 28

    Reflexion

    • Welche Einschränkungen der Sicherheitsbedürfnisse sind bei Bewoh-nern von Pflegeheimen bzw. Patienten im Krankenhaus festzustellen?

    • Wie würden Sie mit solchen Einschränkungen umgehen? • Welche Verhaltensweisen konnten Sie in Ihrer bisherigen beruflichen

    Praxis in solchen Situationen feststellen? • Was könnte man in Krankenhäusern und Pflegeheimen ändern, um die-

    sen Bedürfnissen besser gerecht werden zu können?

    Auf der nächsthöheren Stufe sind die Bedürfnisse nach Liebe und (sozialer) Zugehörigkeit angesiedelt. Liebe und Zugehörigkeit erfahren Menschen in Gruppen, in die sie hineingeboren werden (Familie) oder später hinein-wachsen. Hier erfolgt Kommunikation; hier findet der Einzelne Geborgen-heit: Er weiß, wo er hingehört.

    Reflexion

    • Welche Einschränkungen der Bedürfnisse nach sozialer Zugehörigkeit sind bei Bewohnern von Pflegeheimen bzw. Patienten in Krankenhäu-sern festzustellen?

    • Wie würden Sie mit solchen Einschränkungen umgehen? • Welche Verhaltensweisen konnten Sie in Ihrer bisherigen beruflichen

    Praxis in solchen Situationen feststellen? • Was könnte man in Krankenhäusern und Pflegeheimen ändern, um die-

    sen Bedürfnissen besser gerecht werden zu können? • Welche Möglichkeiten sehen Sie, neue soziale Beziehungen aufzubauen

    bzw. in alte, gewachsene soziale Systeme integriert zu bleiben?

    Auch wenn die physiologischen Bedürfnisse sowie solche nach Sicherheit und Gruppenzugehörigkeit (Stufen 1–3) zunächst befriedigt sind, bleibt ein weiteres – das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung und Wertschätzung – zunächst noch unbefriedigt. Anerkennung (Stufe 4) ohne Integration in einen Sozialverband (Stufe 3) wird langfristig häufig als unbefriedigend erlebt. Nicht selten wird die Einbindung in Gruppen, in denen Anerkennung versagt bleibt, zwar als belastend erlebt, ohne deshalb aufgegeben zu werden.