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KonjunKtur- · 7 2012 war insgesamt ein zufriedenstellendes Jahr. Die deutsche Wirtschaft zeigte Selbstvertrauen und Wachstum und konnte den widrigen Rahmenbedingungen trotzen

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K o n j u n K t u r -

u n d F i n a n z m a r K t -

B a r o m e t e r

2 0 1 3

I n h a l t s v e r z e I c h n I s

5

Vorwort 7

Einleitung 8

1 Deutschlandkonjunktur 2012 10

2 Schuldenkrise: Weichenstellungen der vergangenen zwölf Monate 14

3 Schuldenkrise: ökonomische Anpassungen 21

4 Schuldenkrise: Lösungsoptionen 25

5 Geldpolitik: Einbahnstraße in die Inflation? 33

6 Weltwirtschaft: Schuldenkrise und Chinasorgen 37

7 Deutschlandprognose 2013 45

8 Anlagepolitik 2013 49

9 Die Hauck & Aufhäuser-Top-10-Liste 55

10 Asset Allocation: neue Paradigmen an den Kapitalmärkten 61

11 Zum Schluss – die Wetteraussichten 67

7

2012 war insgesamt ein zufriedenstellendes Jahr. Die deutsche Wirtschaft zeigte Selbstvertrauen

und Wachstum und konnte den widrigen Rahmenbedingungen trotzen. Auch wenn sich im vier-

ten Quartal das Konjunkturklima eintrübte, nimmt Deutschland im Euroraum weiterhin eine

Sonderstellung ein. Derzeit schwächt sich die Zuversicht, dass sich die Konjunktur kurzfristig

beleben könnte, in vielen Bereichen der Wirtschaft ab, nur der Wohnungsbau und der private

Konsum trotzen noch den dämpfenden Einflüssen – obwohl in Fachkreisen bereits die Furcht vor

einer Immobilienblase umgeht. Dennoch: Die deutsche Volkswirtschaft ist in einer starken Ver-

fassung, und wenn das außenwirtschaftliche Umfeld stabil bleibt, kann es schon Anfang 2013

wieder aufwärtsgehen.

Für Anleger ist Sicherheit derzeit so wichtig wie nie zuvor, und kluges Risikomanagement bleibt

weiterhin unerlässlich. Doch trotz der aufziehenden Wolken am Konjunkturhimmel sind wir

zuversichtlich. Immobilien und Gold sind bei der Suche nach inflationsgeschützten Anlagen sehr

gefragt, und auch die Aktie gewinnt als Anlageform wieder zunehmend an Bedeutung.

Auf der Suche nach der „neuen Normalität“ wachsen die Herausforderungen in allen Bereichen,

doch gerade auch die traditionellen Werte erfahren eine Renaissance. Vertrauen und Verantwor-

tung sind die Voraussetzung für gelungenes wirtschaftliches Handeln, ebenso das richtige Augen-

maß. Für Hauck & Aufhäuser beruht seit Anbeginn jede persönliche Beziehung auf dieser Basis.

Denn in partnerschaftlicher Zusammenarbeit liegt hohe Gestaltungskraft – gerade auch für die

Zukunft.

Mit unserem „Konjunktur- und Finanzmarkt-Barometer“ wollen wir Ihnen wie gehabt keine

Ratschläge geben, sondern eine empirische und analytische Grundlage liefern, aus der Sie eigene

Schlüsse für Ihre Anlagestrategie und Ihre unternehmerischen Entscheidungen ziehen können.

Sollten Sie beim Durchblättern des „Marktbarometers“ Anregungen erhalten, die Sie mit uns

diskutieren möchten, freuen wir uns auf das Gespräch mit Ihnen.

Stephan Rupprecht Michael O. Bentlage

Partner Partner

Privat- und Unternehmerkunden Institutionelle Kunden

v o r w o r t

8

Auch das Jahr 2012 stand vorrangig im Zei-

chen der Staatsschuldenkrise. Die damit ver-

bundene Vertrauenskrise lässt sich zwar nicht

unmittelbar an den Standardindizes wie Dax,

Dow Jones oder Rex ablesen, dennoch ist sie

weiterhin der Dreh- und Angelpunkt aller

Analysen und Szenarien. Dies bleibt nicht

aus, hat doch die Krise viele Grundannahmen

wirtschaftlicher Entscheidungen annihiliert.

Und auch die Sicht, zumindest Industrie länder

seien ausfallsicher, trifft nicht mehr zu.

Wir erleben historisch einmalige Zeiten. Kei-

ner der Marktteilnehmer, auch nicht die No-

tenbanken, hat Blaupausen aus der Vergan-

genheit, die Handlungsoptionen aufzeigen.

Klar ist nur eins: Alle Industriestaaten und

die privaten Haushalte müssen sparen. Damit

die Politik dies umsetzen kann, kaufen die

Notenbanken mit ihrer Niedrigzinspolitik

Zeit.

Angesichts der fundamentalen Veränderun-

gen müssen sich Unternehmer und Investo-

ren an die neuen und noch immer im Fluss

begriffenen Realitäten anpassen. Dies bedingt

zwangsläufig deutliche konjunkturelle Unsi-

cherheiten und ungewöhnlich breite Progno-

sebänder. Die heimische Konjunktur hat sich

in einem äußerst schwierigen Umfeld knapp

behaupten können. Deutschland hat es, im

Unterschied zu vielen seiner Partner, ge-

schafft, eine Rezession zu vermeiden. Den-

noch waren die Wachstumsraten von Quartal

zu Quartal rückläufig, sodass wir das Jahr mit

etwa 1 Prozent Wachstum beenden werden.

Dennoch fällt der Ausblick auf 2013 verhal-

ten positiv aus.

Die deutsche Volkswirtschaft ist in einer ro-

busten Verfassung, und unsere konjunkturel-

le Gesamteinschätzung für das kommende

Jahr ist von einer vorsichtigen Zuversicht ge-

prägt. Die Lage bleibt weiterhin fragil – be-

dingt durch die europäische Schuldenkrise

und die geopolitische Lage im Nahen Osten.

Wir kommen also nicht umhin, uns mit der

Staatsverschuldung, der daraus resultieren-

den Geldpolitik und den verschiedenen Lö-

sungsoptionen zu beschäftigen. Hier stellen

wir zwei Szenarien vor: ein Moll- und ein

Durszenario. Die vergangenen Monate haben

jedoch auch Hoffnungszeichen gesetzt, und

um es vorwegzunehmen: Wir halten das Dur-

szenario, das eine zunehmende konjunkturelle

Dynamik und eine erfolgreiche Krisenbe-

kämpfung der Notenbanken sieht, für wahr-

scheinlicher.

Auch das Umfeld der Finanzmärkte wird

künftig Licht und Schatten haben. Alles in al-

lem wird unsere Anlagepolitik 2013 von einer

Bevorzugung realer Anlageklassen geprägt

sein. Denn die Aktienmärkte sind fraglos

Einleitung

9

günstig bewertet und werden es auch im

kommenden Jahr sein. Allerdings werden ih-

nen die genannten Unwägbarkeiten immer

wieder zusetzen, und die Sorge vor einem

konjunkturellen Absturz wird auf den Märk-

ten lasten. Infolgedessen wird es auch weiter-

hin Schwankungen geben. Dies wird in einer

mittelfristigen Perspektive zugleich Chancen

eröffnen, in den Besitz von Aktien zu gelan-

gen, die sich durch Ertrags- und Dividenden-

stärke sowie hohe Bilanzqualität auszeichnen.

Das Niedrigzinsumfeld wird uns erhalten

bleiben und auch die Ertragserwartung an den

Aktienmärkten insgesamt wird niedrig blei-

ben. Ausschlaggebend dafür ist der soge-

nannte „Deleveraging-Prozess“ aller Indus-

triestaaten, der Auswirkungen auf das globale

Wachstum hat. Daraus ergeben sich aber

auch entsprechende langfristige Implikatio-

nen für die Vermögensanlage. Eine dieser

Implikationen ist die Investition in sogenann-

ten „Real Assets“, zu denen die neue Anlage-

klasse der Infrastrukturinvestments zählt.

Auf den Rentenmärkten bleibt nach wie vor

die „Suche nach Rendite“ das beherrschende

Thema, denn am niedrigen Renditeniveau

wird sich voraussichtlich wenig ändern. Eine

Zinswende ist aufgrund der lockeren Geld-

politik der Zentralbanken nicht in Sicht.

Das Börsenjahr 2013 wird die Investoren mit

Herausforderungen konfrontieren, die es

nicht leicht machen, erfolgreich zu sein. Doch

Fiskal- und Finanzkrisen indes sind nichts

Neues, und bislang wurden sie stets über-

wunden. Und glaubt man Joseph Schumpe-

ter, gehören sie wesentlich zur Marktwirt-

schaft und sind – dank ihrer schöpferischen

Zerstörungskräfte – immer auch ein Treiber

des Fortschritts.

e I n l e I t u n g

9

10

Im Herbst hat sich die Konjunktur in

Deutschland merklich abgeschwächt. Natür-

lich blicken die Krisenstaaten oder auch

Frankreich immer noch neidvoll auf die deut-

sche Wachstums- und Arbeitsmarktsituation.

Dennoch fordert die Rezession in der Euro-

zone mit ihren globalen Folgen jetzt auch in

den deutschen Wirtschaftsdaten ihren Tribut.

Deutschland kann sich den Folgen einer Re-

zession in der Eurozone – seinem wichtigsten

Absatzmarkt – nicht entziehen. Die Abwärts-

tendenz wird durch die aktuellen Konjunktur-

indikatoren belegt. Allerdings sind auch eini-

ge Lichtblicke zu vermelden, sodass wir zwar

von einer „Abkühlung“, aber nicht von einem

„Absturz“ reden sollten:

• DieIndikatorenzurZuversichtindenUn-

ternehmen und Finanzinstituten schwä-

chensichweiterab.Das Ifo-Geschäftsklima

ist über die Sommermonate hinweg mehr-

mals hintereinander gesunken. Auch wenn

dieser Wert weit über dem Tiefststand

2008/2009 liegt, ist die Tendenz dennoch

eindeutig. Die Ifo-Zahlen geben zusätzlich

eine klare Antwort auf die Ursachen der

Abkühlung: Nach drei Jahren wird nun mit

einem weniger dynamischen Exportgeschäft

gerechnet.

• Die Auftragseingänge der deutschen In-

dustrie,einzentralerFrühindikatorfürdie

Umsätze in den kommenden sechs bis

zwölf Monaten, sind moderat rückläufig.

Die Industrieproduktion ist noch robust.

• DieExportenehmenzwarnachwievorzu,

allerdings mit einer geringeren Rate.

In diesem Jahr dürften die Ausfuhren gut

3,5 Prozent steigen. Das Exportgeschäft ist

gespalten: Während die Exporte nach

Übersee immer noch gut laufen, schrump-

fen die Ausfuhren in den europäischen

Binnenmarkt.

Somit zeichnet sich eine Verschlechterung

der Konjunktur im zweiten Halbjahr ab. Die

Jahresdaten können allerdings von einem

recht soliden ersten Halbjahr profitieren. Im

ersten Quartal betrug das Plus des deutschen

BIP immerhin 0,5 Prozent und im zweiten

Quartal 0,3 Prozent.

Die Detailanalyse zum ersten Halbjahr zeigt

für die Exportseite noch ein vorteilhaftes Bild.

Dies wird sich im zweiten Halbjahr nun ver-

ändern. Dann ist nicht mehr mit einem positi-

ven Wachstumsbeitrag des Außenbeitrags zu

rechnen. Aber auch die zurückliegenden vier

Quartale machen schon den Abschied von der

Hochkonjunktur deutlich: Bereits seit dem

Für das vierte Quartal

ist mit Stagnation

oder sogar einem

kleinen Minus zu

rechnen.

1 Deutschlandkonjunktur 2012

1 D e u t s c h l a n D K o n j u n K t u r 2 0 1 2

11

Der Konsum wirkt

stabilisierend, kann

alleine aber nicht für

Wachstum sorgen.

dritten Quartal 2011 schrumpfen die Brutto-

investitionen. Da die Unsicherheit über die

weitere Entwicklung der nationalen und glo-

balen Wirtschaft in den vergangenen Mona-

ten sehr hoch war, sind Investitionen zurück-

gestellt worden. Der Investitionsrückgang

wird maßgeblich von den Ausrüstungsinvesti-

tionen der Unternehmen verursacht. Hin-

gegen erweisen sich die Bauinvestitionen auf-

grund des Booms im Wohnungsbau und in

der Modernisierung als robust.

Die Detailzahlen zum BIP-Wachstum dämp-

fen zudem die Hoffnung, dass die deutschen

Konsumenten allein hohes Wachstum auf-

rechterhalten können. Zwar ist der Privatver-

brauch mit Ausnahme des Schlussquartals

2011 in den zurückliegenden vier Quartalen

stets gewachsen. Doch der Privatkonsum ist

keineswegs eine dauerhafte Wachstums-

garantie. Immerhin aber federt er die Schock-

wellen der Eurolandrezession ab und bewahrt

Deutschland vorläufig vor einer echten Re-

zession.

Die europäische Schuldenkrise stabilisiert die

deutsche Konjunktur: Denn angesichts von

Minizinsen und Sorgen um die Stabilität der

Währung investieren deutsche Verbraucher

ihr Geld lieber in Autos, Möbel oder auch grö-

ßere Ferienreisen. Dabei sind die Bürger nicht

naiv. Denn auch die GfK misst eine wachsende

Konjunkturskepsis. Dies geht aber noch nicht

mit Befürchtungen einher, dass sich die per-

sönliche Einkommenssituation verschlechtern

oder der Job bedroht sein könnte.

Allerdings reagieren die deutschen Verbrau-

cher stets sehr sensibel auf anziehende Preise.

Besonders stark wahrgenommen werden die

Rekordstände an den Zapfsäulen, weil sie die

gefühlte Inflation stark nach oben treiben.

Das könnte in den nächsten Monaten die

Konsumbereitschaft dämpfen. Es bestehen

also durchaus Gefahren, dass der Privatkon-

sum nicht ganz das hält, was die Konsumen-

tenzuversicht derzeit noch verspricht.

Arbeitsmarkt weiterhin stark

Die Arbeitsmarktdaten sind in der Konjunk-

turforschung Spätindikatoren. Sie spiegeln

im Wesentlichen die Vergangenheit wider

und reagieren nur sehr zeitverzögert auf eine

konjunkturelle Eintrübung. Außerdem wis-

sen wir aus der historisch einzigartigen

Rezession des Jahres 2009, dass der deutsche

Arbeitsmarkt aufgrund der erfolgreichen

Reformen und des demografischen Wandels

ohnehin recht robust gegen Konjunkturein-

brüche geworden ist. Mit regelrechten Entlas-

sungswellen ist daher nicht zu rechnen. Aller-

dings wird sich die Dynamik des Beschäf-

tigungsaufbaus abschwächen, und der Rück-

gang der Arbeitslosenquote wird sich nicht

weiter fortsetzen.

Trotz nachlassender Dynamik ist die Beschäf-

tigung in Deutschland immer noch auf einem

Rekordniveau. Davon profitieren der Fiskus

und die Sozialversicherungssysteme. Im ersten

Halbjahr 2012 hat der Gesamtstaat (Bund, Län-

der, Gemeinden und Sozialversicherungen)

1 D e u t s c h l a n D K o n j u n K t u r 2 0 1 2

12

Die Beschäftigung

ist in Deutschland

immer noch auf

Rekordniveau.

mehr Geld eingenommen als ausgegeben.

Das Plus betrug 8,3 Milliarden Euro. Dazu

trugen mehrere Faktoren bei: Die gute Be-

schäftigungslage und die gute Rentabilität

treiben die Lohn-, Einkommen- und Körper-

schaftsteuereinnahmen auf Rekordniveaus.

Hinzu kommt eine kräftige Zunahme der

Einnahmen aus der Mehrwertsteuer ange-

sichts der wachsenden Konsumfreude. Auf

der Ausgabenseite wirken die sinkenden

Transfers an Arbeitslose entlastend. Und

schließlich können die Finanzminister von

Bund und Ländern fällig werdende höher

verzinsliche Anleihen durch neue Anleihen

mit sehr geringen Zinskupons finanzieren,

teilweise – beim Bund im Kurzfristbereich –

sogar zu Null- oder Negativzinsen.

Enttäuschendes Finanzgebaren in den

Bundesländern

Doch völlig klar ist, dass diese Konstellation

aus günstigen Faktoren nicht einfach in die

Zukunft fortgeschrieben werden kann. Schon

im zweiten Halbjahr werden sich die kon-

junktursensiblen Einnahmen – Gewerbesteu-

er, Körperschaftsteuer – abschwächen. Auch

sind die Eventualverbindlichkeiten der öf-

fentlichen Haushalte gewachsen. Eine erneu-

te Umschuldung Griechenlands – dieses Mal

unter Einbezug der öffentlichen Kredite – ist

über kurz oder lang ein ernst zu nehmendes

Szenario. Insofern sollte die Momentaufnah-

me in den öffentlichen Haushalten nicht zum

Geldausgeben verleiten. Enttäuschend in die-

sem finanzpolitisch günstigen Umfeld ist die

Budgetpolitik vieler Bundesländer. Dass 2012

angesichts von Rekordeinnahmen in Bundes-

ländern wie Baden-Württemberg oder Nord-

rhein-Westfalen immer noch hohe Defizite

eingeplant werden, ist kaum verständlich. In

der Diskussion um die Beitragssenkung in

der Rentenversicherung sind wir allerdings

der Auffassung, dass diese Absenkung richtig

ist. Die Überschüsse gehören den Beitrags-

zahlern. Würden sie als Reserven in der Ren-

tenkasse gebunkert, wüchsen nur die Begehr-

lichkeiten für neue Wohltaten.

Für das Gesamtjahr 2012 erwarten wir eine

„rote Null“, mithin ein geringes Defizit. Lei-

der wird die Schuldenquote – das Verhältnis

des Altschuldenbergs zum BIP – dabei noch

einmal deutlich ansteigen, auf dann 83 Pro-

zent. Grund dafür sind die Zusatzlasten im

Kontext der Abwicklung der West-LB, die

deutschen Einzahlungen in den Europäi-

schen Stabilitätsmechanismus (ESM) und in

die Europäische Investitionsbank.

Unser konjunkturelles Fazit für das laufende

Jahr lautet: Das zweite Halbjahr wird eine

kräftige, fast drei Jahre andauernde Wachs-

tumsphase zunächst beenden. Die in den eu-

ropäischen Binnenmarkt eng eingebundene

deutsche Volkswirtschaft wird von der euro-

päischen Schuldenkrise ausgebremst. Für das

Gesamtjahr 2012 ist daher nur noch mit einer

Wachstumsrate zwischen 0,7 und 0,9 Prozent

zu rechnen, je nachdem wie schwer der Ab-

schwung im Herbst und Winter wird. Damit

entspricht die 2012er-Entwicklung knapp

1 D e u t s c h l a n D K o n j u n K t u r 2 0 1 2

13

Das zweite

Halbjahr kann

Rezessionsquartale

bringen, dennoch

wird das Gesamtjahr

zufriedenstellend.

dem positiven Szenario, das wir in unserer

großen Konjunkturanalyse vor einem Jahr

aufgezeigt hatten. In einem äußerst schwieri-

gen Umfeld hat Deutschland es wieder ge-

schafft, Wachstum zu generieren und die Be-

schäftigung auf einen neuen Höchststand zu

steigern.

Ob der Wachstumsrückgang im zweiten

Halbjahr nur eine Delle oder aber eine Wen-

de in Richtung Rezession bedeutet, wird sich

an der weiteren Entwicklung der europä-

ischen Schuldenkrise entscheiden. Nur wenn

eine Stabilisierung gelingt, wird Deutschland

im kommenden Jahr auf seinen Potenzial-

wachstumspfad von gut 1 Prozent zurückfin-

den können. Von daher ist eine ausführliche

Analyse zum Stand der Dinge an der europä-

ischen Schuldenfront der logische nächste

Schritt unseres Konjunktur- und Finanz-

markt-Barometers.

14

Eine „große Lösung“

der Schuldenkrise

ohne Risiken und

Nebenwirkungen gibt

es nicht.

Immer wieder wird dem Krisenmanagement

der Europäer vorgeworfen, eine Taktik des

„Durchwurstelns“ zu verfolgen und unfähig

zu einer „großen Lösung“ zu sein. Wir teilen

diese Kritik nicht. Denn das Problem ist, dass

es eine überzeugende „große Lösung“ ohne

gefährliche neue Risiken nicht gibt. Alle ver-

meintlich schnellen Auswege aus der Ver-

trauenskrise – Eurobonds oder Euroaustritt

der Krisenländer – sind aus deutscher Sicht

mit solchen Wohlstandsrisiken verbunden,

dass sie kaum überzeugen können.

Fortschritte Fiskalvertrag und

Umschuldung

Doch betrachten wir zunächst einmal die

Krisenhistorie über die vergangenen zwölf

Monate (siehe Kasten Seite 16). Lassen wir

die mitunter dramatischen Etappen Revue

passieren, dann möchten wir fünf Entwick-

lungen hervorheben, die zum Teil echte Fort-

schritte darstellen, aber auch auf ungelöste

Probleme verweisen:

1. Mit der EinigungaufdenFiskalvertrag ist

es zu einer wichtigen Weichenstellung ge-

kommen, deren genauere Analyse lohnens-

wert ist.

2. Der Schuldenschnittmiteinem100-Milli-

arden-Verlust für privateGläubigerGrie-

chenlands ist im März über die Bühne ge-

gangen, ohne dass dadurch die Finanz-

märkte gebebt hätten. Damit wurde die In-

solvenzverschleppung im Fall Griechen-

lands beendet. Fakt ist aber auch, dass das

Land kaum ohne weiteren Schuldenerlass

aus der Krise kommen wird. Die nächsten

Verluste werden die öffentlichen Gläubiger

treffen. Mit der griechischen Umschul-

dung ist für Investoren weltweit eine wich-

tige und heilsame Lektion verbunden:

Auch bei Staaten der Eurozone sollte die

Kreditwürdigkeit genau geprüft werden,

bevor Anleihen eines Landes gekauft wer-

den. Das hat die Marktdisziplin gestärkt:

Eine schlechte Wirtschafts- und Finanz-

politik wird durch steigende Zinsen bestraft.

Die vernünftigen Anreize gelten allerdings

nur, solange Deutschland sich nicht auf

eine kollektive Haftung einlässt.

2 Schuldenkrise: Weichenstellungen der vergangenen zwölf Monate

2 s c h u l D e n K r I s e : w e I c h e n s t e l l u n g e n D e r v e r g a n g e n e n z w ö l f M o n a t e

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3. Die große Verunsicherung vor der Juni-

wahl in Griechenland hat gezeigt, dass es

Europa an einem Konzept für den Fall

fehlt, dass ein Krisenland seine Zustim-

mungzuReformenundSparmaßnahmen

aufkündigenwürde. Der Drohung der Eu-

ropäer, dann den Geldhahn zuzudrehen,

mangelt es an Glaubwürdigkeit. Es fehlt an

Vorkehrungen für eine plötzliche Zahlungs-

unfähigkeit eines Mitglieds.

4. Die Eurozone hat durch den Grundsatz-

beschluss im Juni einen Schritt zu einer

„Bankenunion“gemacht. Hier ist es zu ei-

ner neuen, weitreichenden Weichenstellung

gekommen, die unter Ökonomen heftig

umstritten ist und in der Umsetzung viele

ungelöste Fragen aufwirft.

5. Irland,dasersteLand,dasausdemEuro-

rettungsschirm gestützt wird, ist wieder

mit eigenständig begebenen Langfrist-

anleihen an den Kapitalmarkt zurückge-

kehrt. Irland ist somit ein starkes Argu-

ment gegen die These, dass alle Hilfen in

ein Fass ohne Boden flössen, weil ohnehin

keine Aussicht auf finanzielle Gesundung

bestünde.

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22.09.2011 – Bundestag: Zustimmung zu einem

schlagkräftigeren Euroschutzschirm EFSF durch

Ausweitung des deutschen Garantierahmens auf

211 Milliarden Euro.

26.10.2011 – Eurogipfel: Beschlussfassung, dass

Banken bis Juni 2012 ihre Eigenkapitalposition auf

9 Prozent des Kernkapitals anzuheben haben.

01.11.2011 – Europäische Zentralbank: Der

scheidende Gouverneur der italienischen

Notenbank, Mario Draghi, wird neuer Präsident.

Er folgt auf Jean-Claude Trichet, dessen Amtszeit

nach acht Jahren endet.

09.12.2011 – Europäischer Rat: Widerstand

Großbritanniens gegen die Änderung der

europäischen Verträge für einen Einstieg in eine

Fiskalunion, Einigung auf einen regierungsfreund-

lichen Vertrag der teilnehmenden Mitgliedstaaten.

23.01.2012 – Eurogruppe: Einigung auf den ESM.

30.01.2012 – Europäischer Rat: Bei einem

informellen Treffen einigen sich die Staats- und

Regierungschefs von 25 Mitgliedstaaten der EU

auf den „Vertrag über Stabilität, Koordinierung

und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungs-

union“ (Fiskalvertrag).

20.02.2012 – Eurogruppe: konstatiert Fortschritt

Griechenlands bei den Reformen; Einigung auf ein

zweites Hilfspaket für Griechenland.

01.03./02.03.2012 – Europäischer Rat: Unter-

zeichnung des Fiskalvertrags von 25 Staats- und

Regierungschefs.

12.03.2012 – Eurogruppe: grünes Licht für das

zweite Hilfsprogramm für Griechenland.

15.03.2012 – Durchführung des griechischen

Schuldenschnitts: Die Griechenlandanleihen

privater Gläubiger werden in neue Anleihen mit

einem um 53,5 Prozent verringerten Nennwert und

stark verlängerten Laufzeiten umgetauscht. Dadurch

verringert sich die Verschuldung des Landes um

107 Milliarden Euro. Der finanzmathematisch

kalkulierte Verlust der privaten Gläubiger beträgt ca.

76 Prozent auf den ursprünglichen Anleihewert. Die

griechische Umschuldung hat Investoren nach einer

Studie der Ratingagentur Moody’s weit mehr Geld

gekostet als die meisten früheren Umschuldungen

von Staaten. So seien weit höhere Beträge umge-

schuldet worden als bei den Umschuldungen in

Argentinien 2001 und 2005 oder in Russland 1998.

30.03.2012 – Eurogruppe: Erhöhung des

gemeinsamen Kreditvolumens von ESM und EFSF

von 500 auf 700 Milliarden Euro.

14.05.2012 – Eurogruppe: Analyse der Lage der

sogenannten „Programmländer“, also derjenigen

Staaten, die gegenwärtig Finanzhilfen über

unterschiedliche Stabilitätsmechanismen erhalten

und speziell ausgehandelte wirtschaftspolitische

Reform- und Anpassungsprogramme durchfüh-

ren. Die Befunde für Portugal und Irland sind

ermutigend, da beide Länder auf ihrem Pro-

grammweg vorankommen.

Chronologie der Schuldenkrise

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30.05.2012 – Europäische Kommission: Veröf-

fentlichung der Länderempfehlungen im Rahmen

des Europäischen Semesters.

31.05.2012 – Irland: Bei der Volksabstimmung

über den Fiskalvertrag entscheidet sich eine klare

Mehrheit der Bürger dafür.

17.06.2012 – Griechenland: Bei der Neuwahl

gewinnt die konservative Nea Dimokratia, eine

europafreundliche Regierung unter der Führung

von Antonis Samaras wird gebildet.

29.06.2012 – Bundestag und Bundesrat: Beide

Kammern stimmen dem ESM und dem Fiskalver-

trag mit Zweidrittelmehrheit zu.

29.06.2012 – Eurogruppe: Bei einem weiteren

Krisengipfel der Eurostaats- und Regierungschefs

fallen neue Grundsatzbeschlüsse: Banken sollen

direkt aus dem ESM neues Kapital erhalten

können. Zuvor muss zunächst eine europäische

Bankenaufsicht geschaffen werden („Bankenuni-

on“). Hilfen aus dem ESM sollen künftig unter

erleichterten Bedingungen und ohne strikte

Überwachung durch die „Troika“ (Europäische

Zentralbank, Europäische Kommission und

Internationaler Währungsfonds) erfolgen können.

10.07.2012 – Bundesverfassungsgericht:

Mündliche Verhandlung über die Klagen gegen

ESM und Fiskalvertrag.

26.07.2012 – EZB: Angesichts neuer Höchststän-

de bei den Risikoprämien für spanische Anleihen

kündigt EZB-Präsident Mario Draghi an: „Die EZB

wird alles tun, um den Euro zu erhalten.“ Geplant

sind neue Anleihekäufe, die allerdings unter

Auflagen erfolgen sollen.

27.07.2012 – Irland: Mit Irland kehrt das erste aus

dem Rettungsschirm gestützte Land mit langfristi-

gen Anleihen an den Kapitalmarkt zurück. Über

eine fünf- und achtjährige Anleihe konnte das

Land 4,2 Milliarden Euro erlösen zu Konditionen

von 5,9 und 6,1 Prozent.

06.09.2012 – EZB: Mit einer Gegenstimme

entscheidet sich der EZB-Rat für die Etablierung

des OMT-Programms („Outright Monetary

Transactions“). Künftig ist die EZB bereit, in

unbegrenztem Umfang Anleihen von Krisen-

staaten zu kaufen, wenn diese sich den Auflagen

des ESM unterwerfen.

12.09.2012 – Bundesverfassungsgericht: Das

Gericht verkündet seine Entscheidung über die

Anträge gegen ESM und Fiskalvertrag. Deutsch-

land darf beide Abkommen ratifizieren. In Bezug

auf den ESM gelten zwei Auflagen. Die Haftungs-

obergrenze und die Informationsrechte von

Bundestag und Bundesrat müssen völkerrechtlich

bindend abgesichert werden.

20.11.2012 – Eurogruppe: Neue Vorschläge

werden diskutiert, unter anderem ein Zinserlass

für Griechenland sowie der Rückkauf von

griechischen Staatsanleihen zu einem Bruchwert

des Nennwerts von privaten Gläubigern. Der IWF

fordert weiterhin einen neuen Schuldenschnitt

unter Beteiligung der öffentlichen Gläubiger.

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18

Der Fiskalvertrag kann die

Krise nicht eindämmen,

lässt aber Spielraum

zum Atmen.

Fiskalvertrag wirkt keine Wunder –

ist aber ein Fortschritt

Die Erfahrungen mit fiskalischen Spielregeln

in der Eurozone sind denkbar schlecht. Der

Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde miss-

achtet und konnte das Trauerspiel immer hö-

herer Staatsschulden nicht verhindern. Inso-

fern ist ein grundsätzliches Misstrauen durch-

aus berechtigt, ob neue Spielregeln wirklich

etwas leisten können, wenn schon die alten

einfach ignoriert wurden.

Dennoch sind wir vorsichtig optimistisch, dass

der Fiskalvertrag doch ein richtiger Schritt ist

und auf Dauer für etwas mehr Disziplin sor-

gen könnte. Dafür sehen wir drei Gründe:

1. DieRegelndesFiskalvertragssinddeutlich

strengeralsdiedesStabilitätspakts. So ver-

pflichtet der Vertrag die Vertragsparteien

darauf, Vorschriften zu erlassen, die das

(konjunkturbereinigte) Defizit auf maxi-

mal 0,5 Prozent des BIP begrenzen sollen.

Das ist wesentlich schärfer als beim Stabili-

tätspakt, für den lediglich die 3-Prozent-

Grenze galt.

2. Die neuen Regeln müssen im nationalen

Rechtfestgeschriebenwerden, möglichst in

der Verfassung des Landes. Damit verstößt

ein Land dann nicht nur gegen europäische

Regeln, sondern auch gegen nationales Ver-

fassungsrecht, wenn das Defizit zu hoch ist.

Das jeweilige Verfassungsgericht wird damit

zum Hüter der Schuldengrenze.

3. DieStrafandrohungbeifehlenderEtablie-

rungderSchuldenbremseistrelativglaub-

würdig (gemessen etwa an der Strafandro-

hung im Rahmen des Stabilitäts- und

Wachstumspakts). Nicht mehr die Politiker

entscheiden über die Strafen, sondern der

Europäische Gerichtshof.

Die im Vertrag verankerte Fiskalregel lässt

der Budgetpolitik Spielraum, um im Kon-

junkturverlauf zu atmen. Sie verpflichtet aber

dazu, in konjunkturellen Normalzeiten (und

noch mehr in überdurchschnittlich guten

Wachstumsjahren) Sparsamkeit an den Tag

zu legen. In der gegenwärtigen Schuldenkri-

se, in der manche Länder überhaupt keine

Chance haben, ihr Budget kurzfristig auch

nur in die Nähe der Nulllinie zu bringen,

stellt der Vertrag damit ein Signal für mehr

Glaubwürdigkeit dar. Er liefert das Verspre-

chen, dass die Unterzeichnerstaaten sparsa-

mer sein werden, wenn die Wachstumsraten

wieder steigen.

Der Fiskalvertrag kann die akute Krise nicht

eindämmen. Das ist auch nicht seine Funkti-

on. Denn der Vertrag zielt auf mittlere und

lange Frist ab. Er soll die Vorbedingungen da-

für verbessern, dass die EU-Staaten (immer-

hin wollen außer dem Vereinigten König-

reich und Tschechien alle EU-Mitglieder

mitmachen) in Zukunft solider wirtschaften.

Und hier leistet er einen sinnvollen Beitrag.

Zwar wird Schuldenmachen auch künftig

eine politische Verlockung sein, immer öfter

jedoch werden nationale Gesetze und Verfas-

2 s c h u l D e n K r I s e : w e I c h e n s t e l l u n g e n D e r v e r g a n g e n e n z w ö l f M o n a t e

19

Die Rekapitalisierung

systemrelevanter

Banken ist billiger

als die Stabilisierung

ganzer Staaten.

sungsgerichte den Regierenden dazwischen-

funken, wenn die Defizite zu hoch sind.

Bankenunion: richtige Idee mit großen

Umsetzungsproblemen

Der Gipfelbeschluss von Ende Juni, nun

rasch eine europäische „Bankenunion“ in

Angriff zu nehmen, hat bei Ökonomen zu

einer heftigen Diskussion geführt. Die Geg-

ner kritisieren, dass Steuerzahler, Rentner

und Sparer der soliden Länder für Verluste

aus inflationären Wirtschaftsblasen der süd-

lichen Länder haften sollen. Die Befürworter

halten diesen Schritt für richtig, um den Teu-

felskreis aus staatlichem Bonitätsverlust und

sich verschlechternden Bankbilanzen zu

durchbrechen.

Tatsache ist zunächst einmal, dass es tatsäch-

lich sich selbst erfüllende Panikattacken an

den europäischen Anleihemärkten gibt, die

verantwortungsvoll denkende Politiker wohl

kaum sich selbst überlassen dürfen. Wenn

eine Massenflucht aus spanischen oder itali-

enischen Staatsanleihen einsetzt, verschlech-

tern sich automatisch die Bilanzen der spani-

schen oder italienischen Banken, die

natürlich stark in den Staatsanleihen des ei-

genen Staates investiert sind. Wenn aber die

Banken ins Wanken geraten, dann sinkt auch

die Bonität der Staaten, die für die Stützung

ihres nationalen Bankensystems verantwort-

lich sind. Die Frage, ob die europäische Poli-

tik in diese Abwärtsspirale eingreifen sollte,

stellt sich nicht, sondern nur, wie sie das tun

sollte. Die Idee der europäischen Banken-

stützung hat ein gutes Argument auf ihrer

Seite: Die Rekapitalisierung systemrelevanter

Banken ist billiger als die Stabilisierung eines

ganzen Staates.

Allerdings – und so lautet auch der Grund-

satzbeschluss des Gipfels – darf es die europä-

ische Bankenrettung erst geben, wenn eine

europäische Aufsicht tatsächlich mit Kompe-

tenzen und Durchgriffsrechten ausgestattet

ist. Denn es muss immer das Prinzip gelten:

europäische Hilfe nur gegen Auflagen und

nationale Souveränitätseinbußen. Und auch

hier hat die gezielte Bankenstützung einen

klaren Vorteil gegenüber der Stützung ganzer

Staaten: Der Durchgriff auf den Bankensek-

tor eines Staates durch europäische Behörden

ist viel realistischer als der konsequente

Durchgriff auf alle öffentlichen Budgets eines

Landes.

Insofern halten wir den Schritt in Richtung

Bankenunion für sinnvoll, warnen aber vor

überzogenen Hoffnungen. Auch dieser

Grundsatzbeschluss wird keine rasche Ent-

lastung bringen. Denn die Vorbedingung –

eine europäische Aufsichtsbehörde mit

Durchgriffsrechten bis hin zu Vorgaben über

die Abwicklung wichtiger nationaler Banken

– wird nur in einem zeitraubenden Gesetz-

gebungsverfahren zu verwirklichen sein.

Insofern kommt die Umsetzung zu spät, um

kurzfristig stabilisierend wirken zu können.

Das hat sich auch daran gezeigt, dass die

Ankündigung einer 100-Milliarden-Euro-

2 s c h u l D e n K r I s e : w e I c h e n s t e l l u n g e n D e r v e r g a n g e n e n z w ö l f M o n a t e

20

Eurobonds sind keine

Option, die unsere

Verfassung zulassen

könnte.

Hilfe für die spanischen Banken aus dem eu-

ropäischen Rettungsschirm an den Märkten

zu keiner nachhaltigen Stabilisierung führen

konnte.

Bundesverfassungsgericht warnt vor

Haftungsautomatismen

Im Krisentagebuch der vergangenen Monate

waren ansonsten sicherlich das Bundesver-

fassungsgericht und seine Prüfung von ESM

und Fiskalvertrag von besonderer Bedeu-

tung. Mit seinem Urteil vom 12. September

hat es den Weg für den dauerhaften Rettungs-

schirm und härtere Budgetregeln frei ge-

macht. Einerseits hat das Gericht Bundestag

und Bundesrat zugebilligt, dass diese und

nicht das Verfassungsgericht für riskante eu-

ropäische Entscheidungen zuständig sind.

Andererseits hat es aber erneut die Grenzen

des Grundgesetzes für den Weg immer höhe-

rer Garantien aufgezeigt. So darf der Bundes-

tag sich nicht Haftungsautomatismen unter-

werfen, die zu nicht mehr abschätzbaren

Lasten führen könnten. Ebenso tabu sind

Haftungssummen, die den budgetären Hand-

lungsspielraum in Zukunft evident zunichte-

machen. Das bedeutet im Klartext: Eine ge-

samtschuldnerische Haftung im Billionen-

bereich ist ganz sicher jenseits dessen, was

das Grundgesetz erlauben würde. Das Bun-

desverfassungsgericht hat sich mit seiner

Rechtsprechung damit als wichtiges Bollwerk

gegen die europäischen Begierden nach der

deutschen Universalgarantie etabliert.

In diesem Spektrum würden wir die Risiken,

die Deutschland bislang übernommen hat,

als hoch, aber noch vertretbar bezeichnen.

Wichtig dabei ist nun die Klärung der Haf-

tungsobergrenze. Die Formulierung des Arti-

kels 8 Absatz 5 ESM-Vertrag erscheint hier

zwar eindeutig:

„Die Haftung eines jeden ESM-Mitglieds bleibt

unter allen Umständen auf seinen Anteil am

genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs

begrenzt.“

Allerdings wurden im Verfahren vor dem

Bundesverfassungsgericht verschiedene denk-

bare Einfallstore für eine aus deutscher Sicht

ungewollte Ausweitung der Haftung abge-

klopft. So war ein Einwand, dass eine zusätz-

liche Nachschusspflicht für Deutschland ent-

stehen könnte, sollte ein ESM-Mitglied

ausfallen oder seine Zahlungen verweigern.

Des Weiteren wurde thematisiert, ob eine

Ausgabe des Stammkapitals zu einem ande-

ren Kurs als dem Nennwert die Haftung aus-

weiten könnte. Alle diese Einfallstore sind

durch die Auflagen des Verfassungsgerichts

nun geschlossen worden. Eine Ausweitung

der Haftung über spezielle Klauseln und ohne

Zustimmung des deutschen Vertreters und

des Deutschen Bundestages wird es definitiv

nicht geben.

21

Die Indikatoren

signalisieren

eine steigende

Wettbewerbsfähigkeit

der Krisenländer.

Die Politik bemüht sich verzweifelt, mit halb-

wegs akzeptablen oder auch gefährlichen

Mitteln Zeit zu kaufen. Dabei stellt sich die

Frage, ob diese Zeit überhaupt sinnvoll ge-

nutzt wird.

Was ist dran an der fehlenden Anpassung der

Krisenländer? Ist es tatsächlich so, dass sich

die Länder nicht bewegen und somit alle Hil-

fe vergeblich ist? Ein Blick auf die Ist-Daten

zur ökonomischen Anpassung zeigt indes

eine stark verzerrte Wahrnehmung; Anpas-

sungen sind sehr wohl zu verzeichnen.

Beginnen wir mit den Daten zur Wett-

bewerbsfähigkeit. Ein zentraler Indikator

sind hier die Lohnstückkosten. Diese geben

Auskunft darüber, wie sich die Arbeitskos-

ten für eine standardisierte Outputeinheit

verändern. Immer dann, wenn die Summe

aller Arbeitskosten (Direktlöhne zuzüglich

aller Lohnnebenkosten) schneller steigt als

die Arbeitsproduktivität, steigen die Lohn-

stückkosten; gleichzeitig verschlechtert sich

die Wettbewerbsfähigkeit. Die Abbildung

zeigt die Veränderungen der Lohnstückkos-

ten für zwei Dreijahreszeiträume. Der erste

Zeitraum (2006 bis 2009) ist durch die Vor-

krisenzeit sowie ein Umfeld von Niedrigzin-

sen und leichter Finanzierbarkeit von Defi-

ziten gekennzeichnet. In diesen Jahren stiegen

die Lohnstückkosten in den heutigen Krisen-

3 Schuldenkrise: ökonomische Anpassungen

Veränderungen der Lohnstückkosten über drei Jahre (in Prozent)Quelle: Eurostat

Deutschland Irland Griechenland Spanien Italien Portugal

25

20

15

10

5

0

–5

–10

–15

■ 2006–2009 ■ 2009–2012

3 s c h u l D e n K r I s e : ö K o n o M I s c h e a n p a s s u n g e n

22

staaten stark an, am stärksten in Griechen-

land.

Die positive Nachricht ist, dass seit Ausbruch

der Krise bereits eine messbare Korrektur ein-

getreten ist. In Griechenland, Irland, Spanien

und Portugal ist es zu deutlich sinkenden

Lohnstückkosten gekommen. In Relation zu

Deutschland, wo die Kosten moderat gestie-

gen sind, gibt es somit einen ersten erkenn-

baren Zugewinn an Wettbewerbsfähigkeit der

Krisenstaaten. Diese Anpassung entspricht

etwa einer sogenannten „internen Abwertung“

von 10 bis 15 Prozent. Intern deswegen, weil

sie durch sinkende Löhne und Preise bewirkt

wird und nicht durch eine Abwertung der

Währung. Auch unter den Bedingungen eines

einheitlichen Währungsraumes ist eine nen-

nenswerte Anpassung der relativen Preise in

einer vergleichsweise kurzen Zeit möglich.

Allerdings kann in Italien noch keine Verbes-

serung dieses Wettbewerbsfähigkeits-Indika-

tors gemessen werden. Unbestritten ist hier

jedoch, dass die italienische Volkswirtschaft

keinen derartig hohen Nachholbedarf in der

Anpassung hat wie etwa die griechische. Ein-

schränkend muss man aber klarstellen, dass

die bisherigen Anpassungen die Sünden des

zurückliegenden Jahrzehnts erst teilweise wie-

dergutmachen können.

Doch am Ende nützen die schönsten Indika-

toren zur Wettbewerbsfähigkeit wenig, wenn

eine Volkswirtschaft weiter über ihre Verhält-

nisse lebt und mehr importiert als exportiert.

Deshalb muss man zur Bewertung der An-

passungsleistung einen Blick auf die Leis-

tungsbilanzsalden werfen. Und hier waren

schon 2011 im Vergleich zu 2008 erhebliche

Fortschritte messbar. An der Spitze steht Ir-

land, das schon im vergangenen Jahr eine

leicht positive Leistungsbilanz vermelden

Leistungsbilanzsalden in Prozent des BIPQuelle: Eurostat

Deutschland Irland Griechenland Spanien Italien Portugal

10

5

0

-5

–10

–15

–20

■ 2008 ■ 2011

3 s c h u l D e n K r I s e : ö K o n o M I s c h e a n p a s s u n g e n

23

Es wäre schon ein

Erfolg, wenn die

Schuldenberge in

den nächsten Jahren

nicht weiter stiegen.

konnte. Irland hat begonnen, Auslandsver-

schuldung abzubauen. So weit sind die ande-

ren Krisenländer noch nicht, aber immerhin

wurden auch in Spanien und Portugal die

Leistungsbilanzdefizite sehr stark verringert.

In Griechenland ist zwar ebenfalls eine Ver-

ringerung feststellbar, das Defizit ist aber im-

mer noch sehr hoch (etwa 10 Prozent des

BIP). Keinerlei Verbesserung ist in Italien

feststellbar. Erneut gilt aber für Italien, dass

das Problem hier niemals so ausgeprägt war

und der Leistungsbilanzsaldo „nur“ bei etwa

3 Prozent des BIP liegt.

Sparbemühungen durch

Konjunktureinbruch verdeckt

Vollends haltlos ist der Vorwurf der fehlen-

den Anpassungsleistung, wenn man die kon-

junkturbereinigten Defizite der europäischen

Krisenstaaten betrachtet. Die Konjunktur-

bereinigung ist für eine faire Bewertung der

Sparbemühungen wichtig. Denn natürlich

sacken Steuereinnahmen in einer schweren

Rezession stark ab, und diese Mindereinnah-

men überzeichnen das strukturell vorhande-

ne Defizit. Mit gutem Grund stellt etwa die

deutsche Schuldenbremse im Grundgesetz

auf das konjunkturbereinigte Defizit ab, um

den Konsolidierungserfolg von Bund und

Ländern zu messen.

Es zeigt sich, dass es bereits von 2009 bis 2011

in Irland, Griechenland, Spanien und Portu-

gal zu einer erheblichen Verringerung der

Defizite gekommen ist. Das große globale

Sorgenkind jedoch bleibt Japan. Obwohl die

Staat sverschuldung dort schockierende 230

Prozent des BIP erreicht hat und sogar das

griechische Schuldenniveau in den Schatten

stellt, geht das Schuldenmachen mit hohem

Tempo weiter.

Finanzierungssalden der öffentlichen Haushalte (in Prozent des BIP, konjunkturbereinigt, 2013 geschätzt)Quelle: Internationaler Währungsfonds, Oktober 2012

5

0

–5

–10

–15

-20

Deutschland

Frankre

ichIrl

and

Griech

enland

Spanien

Italie

n

Portugal

USAJa

pan

■ 2009 ■ 2011 ■ 2013

3 s c h u l D e n K r I s e : ö K o n o M I s c h e a n p a s s u n g e n

24

Der Blick auf die Altschuldenberge relativiert

die Erfolge vieler Staaten bei der Defizitver-

ringerung: Die Jahre der Finanz- und Schul-

denkrise haben die Schuldenstände in der

industrialisierten Welt in die Höhe katapul-

tiert. Ein Abbau auf das Vorkrisenniveau

wird für Länder wie Spanien und Irland nicht

einmal in einem Jahrzehnt zu realisieren sein.

Die Skeptiker der bisherigen Krisenpolitik

haben insofern recht als sich niemand von

vollmundigen Spar- und Reformankündi-

gungen blenden lassen sollte. An den Kapital-

märkten zählen einzig und allein die Fakten.

Aber unser Blick auf einige harte Fakten zeigt

sehr wohl, dass die notwendigen Anpassun-

gen begonnen haben und messbare Fort-

schritte bringen. Dies gilt allerdings sehr viel

deutlicher für Irland, Portugal und Spanien

und noch kaum in messbarer Weise für Itali-

en. Italien hat erst später mit dem Reform-

kurs begonnen, und die Monti-Politik konnte

die Daten noch nicht wesentlich beeinflus-

sen. Schon im April 2013 könnten die Wah-

len das kleine Reformfenster wieder schlie-

ßen. Der Reformpremier Mario Monti verliert

derzeit gefährlich schnell an Popularität, und

die Programme der Parteien sind durch Re-

formmüdigkeit und die Rückkehr sozialer

Versprechungen geprägt.

Für Griechenland relativieren sich alle bishe-

rigen moderaten Anpassungserfolge mit

Blick auf den immer noch viel zu hohen

Schuldenstand und die kaum schnell lös-

baren strukturellen Defizite des Landes, die

von überregulierten Märkten über Korrupti-

on bis hin zu eklatanten Schwächen der öf-

fentlichen Verwaltung reichen. Trotz aller

Bemühungen ist für das Land daher nicht

absehbar, wie es ohne einen neuen Schulden-

schnitt – dieses Mal bei den öffentlichen

Gläubigern – wieder Boden unter die Füße

bekommen könnte.

Staatsverschuldung (in Prozent des BIP, 2013 geschätzt)Quelle: Internationaler Währungsfonds, Oktober 2012

300

250

200

150

100

50

0

Deutschland

Frankre

ichIrl

and

Griech

enland

Spanien

Italie

n

Portugal

USAJa

pan

■ 2008 ■ 2013

25

Die existierenden

Krisenmechanismen

sind überfordert.

Trotz der messbaren Fortschritte in einigen

Krisenländern bedroht der Teufelskreis aus

hohen Zinsen, Rezession und schwindendem

Vertrauen noch immer den Erfolg aller Be-

mühungen. Die Situation hatte sich im Früh-

ling und Sommer mit einer Ausweitung auf

Spanien und Italien sogar akut verschärft.

Beide Länder sind zusammen mit 2,6 Billio-

nen Euro verschuldet. Dies entspricht dem

kompletten deutschen Bruttoinlandsprodukt.

Diese Größenordnung übersteigt die verfüg-

baren Volumina aus den Rettungsschirmen

um ein Vielfaches. Insofern können Finanz-

zusagen der EFSF und des ESM alleine die

Lage nicht stabilisieren.

Damit steckt die Krisenpolitik erneut in ei-

nem Dilemma: Die existierenden Krisen-

mechanismen alleine sind überfordert und

genießen daher keine ausreichende Glaub-

würdigkeit. Gleichzeitig haben alle Lösungs-

alternativen erhebliche negative Nebenwir-

kungen. Folgende Ansatzpunkte kommen

prinzipiell infrage:

• Variante A: Stabilitätsmechanismus ESM

ausbauen,aberohnegesamtschuldnerische

Haftung: Im ESM-Vertrag ist vorgesehen,

die Obergrenze – derzeit in Kombination

mit der European Financial Stability Facility

(EFSF) bei 700 Milliarden Euro – regelmä-

ßig zu überprüfen. Deutschland könnte er-

neut einer Erhöhung zustimmen. Wichtig

für diese Variante ist, dass es bei der bisheri-

gen Art der Haftung bliebe. Im ESM ist die

Haftung der Eurostaaten „teilschuldnerisch“

organisiert. Das bedeutet, dass Deutschland

nicht für die Gesamtsumme haftet, sondern

nur bis zu einer anteiligen Obergrenze (der-

zeit 190 Milliarden Euro).

• VarianteB:AusbaudermonetärenSchul-

denfinanzierung: Die EZB stabilisiert den

Eurostaatsanleihemarkt durch neue Anlei-

hekäufe oder andere Varianten der mone-

tären Schuldenfinanzierung. Dies ist die

„Draghi-Option“, die mit der Entscheidung

vom 6. September in Angriff genommen

worden ist.

• VarianteC: Einstieg in die gesamtschuld-

nerischeHaftung: Alle Eurostaaten würden

hier über neue Schuldeninstrumente („Euro-

bonds“) in voller Höher wechselseitig haf-

ten. Die Begrenzung der deutschen Haf-

tung auf eine anteilige Obergrenze würde

entfallen. In letzter Konsequenz könnte ein

Land wie Deutschland für die über diesen

Weg begebenen Anleihen in voller Höhe in

Anspruch genommen werden.

4 Schuldenkrise: Lösungsoptionen

4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n

26

• VarianteD: Bis hierher und nicht weiter:

Von nun an wird alles den Märkten über-

lassen. Die Rettungsschirme werden nicht

mehr ausgeweitet. Sollte die verfügbare

Munition nicht helfen, dann müssen eben

auch Länder wie Spanien eine Umschul-

dung organisieren und mit ihren Gläubi-

gern einen Forderungsverzicht aushandeln.

Notfalls muss dabei auch der Austritt ein-

zelner Mitglieder aus der Währungsunion

in Kauf genommen werden.

Wir haben bereits vor einem Jahr diese Vari-

anten in aller Ausführlichkeit analysiert. Es

ist offensichtlich, dass alle Optionen ganz er-

hebliche Risiken mit sich bringen. Dennoch

zwingt eine anhaltende Panik an den Anlei-

hemärkten mit nicht tragbaren Kreditzinsen

für Italien und Spanien zum Handeln.

Zwei dieser Varianten scheiden nach unserer

Analyse aus verschiedenen Gründen zur Sta-

bilisierung Spaniens und Italiens aus: Die Va-

riante D – „bis hierher und nicht weiter“ –

mag eine für den Umgang mit Griechenland

richtige Politik sein. Für die großen Südeuro-

päer ist dieser Weg aber nicht vorstellbar.

Eine Zahlungsunfähigkeit Spaniens oder Ita-

liens hätte derart unabsehbare Folgen, dass

kein verantwortungsvoll handelnder Politiker

dieses zulassen kann und wird. Der Sachver-

ständigenrat hat aufgelistet, wie umfangreich

die finanziellen Verflechtungen und die For-

derungen gegen die Krisenländer sind. Im

Feuer sind im Fall eines solchen Kollapses

eben nicht „nur“ die Bankenforderungen und

die Forderungen der EZB im Rahmen des

TARGET-Systems, sondern auch umfangrei-

che Ansprüche privater Firmen. Diese belau-

fen sich für die Problemstaaten auf über

Ein Kollaps Spaniens

oder Italiens wäre nicht

zu verantworten.

Banken/ Unternehmen/ Staat Zusammen Versicherungen Private

Griechenland 25,3 6,5 3,9 35,7

Portugal 16,8 10,4 4,2 31,4

Irland 82,8 74,2 45,5 202,5

Spanien 127,5 137,1 9,9 274,5

Italien 125,2 88,0 20,6 233,8

Summe 377,6 316,2 84,1 777,9

Deutsche Forderungen gegenüber den Euro-Problemstaaten in Milliarden Euro(Stand 31. Dezember 2011)Quelle: Sachverständigenrat, ohne TARGET-Forderungen

4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n

27

300 Milliarden Euro. Nicht zu vergessen, dass

auch deutsche Lebensversicherungen mit er-

heblichen Teilen ihrer Deckungsstocks in

Spanien und Italien engagiert sind. Käme es

hier zu „Haircuts“, würden auch große deut-

sche Lebensversicherer ins Wanken geraten.

Die systemischen Folgen und die globale Ab-

wärtsspirale, die sich in einem solchen Szena-

rio entwickeln würde, wären völlig unkalku-

lierbar. Würden Italien und Spanien fallen

gelassen, warum sollten dann die nächsten

panischen Fluchtbewegungen eigentlich

nicht Länder wie Frankreich, Belgien oder

Österreich erfassen?

Deutschland hat keine „Finnlandoption“

Auch hat Deutschland das Problem, dass es

sich nicht wie kleine Eurostaaten einfach „da-

vonstehlen“ könnte. Zunehmend wird etwa in

der finnischen Politik die Option diskutiert,

dass Finnland die Währungsunion verlassen

könnte. Das ist eine für Finnland durchaus

denkbare Möglichkeit. Der finnische Exit wür-

de die Eurozone ökonomisch nicht kollabieren

lassen. Er würde zwar politische Schockwellen

aussenden und vielleicht eine weitere Absetz-

bewegung (Niederlande, Slowakische Repu-

blik) auslösen. Ökonomisch könnte das Aus-

scheiden eines kleinen, starken Landes aber

durchaus funktionieren. Dies gilt für Deutsch-

land nicht. Denn ohne die deutsche Finanz-

kraft wären alle Rettungsversuche in der Euro-

zone chancenlos.

Sonderfall Griechenland: Möglichkeit

einer Restinsolvenz

Unsere Ablehnung des Lösungswegs „Ende

mit Schrecken“ bezieht sich auf Spanien und

Italien, nicht aber auf Griechenland. Eine

griechische Insolvenz wäre zwar für das Land

ein erneuter gravierender ökonomischer

Schock. Europa und die Welt würden davon

aber wohl nicht ins Wanken geraten, weil pri-

vate Gläubiger Griechenlands ohnehin seit

Langem mit diesem Fall rechnen und ihre

Forderungen schon weitgehend wertberich-

tigt haben. Die Forderungen von deutschen

Banken und Versicherungen gegenüber Grie-

chenland haben sich seit Jahresende 2011 (da-

maliger Stand 25,3 Milliarden Euro) durch die

Märzumschuldung weiter stark verringert.

Hier wäre ein Ausfall der restlichen Forde-

rungen sicherlich verkraftbar. Ansonsten

kostet Griechenland ständig Glaubwürdig-

keit. Denn wenn niemand sich traut, auch bei

klarer Zielverfehlung der Sparauflagen, den

Geldhahn zuzudrehen, kann das Land sein

Katz-und-Maus-Spiel mit der Troika noch

lange weiterführen. Auch werden die Kurz-

fristfinanzierungen für das ständig am Rand

der Zahlungsunfähigkeit operierende Land

immer dubioser. Wenn etwa die EZB wie im

August plötzlich wieder griechische Staats-

anleihen als Sicherheiten akzeptiert, damit

die Banken des Landes kurzfristige Papiere

kaufen, dann gleicht dies eher einer Insolvenz-

verschleppung als einem seriösen Finanzie-

rungskonzept.

Europa sollte sich

auf eine geordnete

Restinsolvenz

Griechenlands

vorbereiten.

4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n

28

Der Internationale Währungsfonds (IWF)

hat unseres Erachtens gute Argumente auf

seiner Seite, wenn er nun verstärkt Druck in

Richtung eines weiteren Schuldenschnitts bei

Griechenland macht, der dann aber voll die

öffentlichen Forderungen betreffen würde.

Es ist nun einmal nicht die Aufgabe des IWF,

Transfers an überschuldete Staaten zu leisten.

Eurobonds wären fatale Weichenstellung

Die zweite Lösungsvariante, die in unserer

Bewertung ein glasklares „No go“ verdient, ist

der Einstieg in die gesamtschuldnerische

Haftung der Variante C.

• DieRisikenfürdiedeutschenSteuerzahler

würden mit einer solchen Weichenstellung

in eine völlig neue Größenordnung kata-

pultiert. Die Staatsverschuldung Italiens

und Frankreichs liegt jeweils bei etwa 2 Bil-

lionen Euro. Das bedeutet, dass der Haf-

tungsverbund zu einem existenziellen Risi-

ko für unseren Wohlstand werden könnte.

• Die Anreize zum Schuldenmachen würden

wieder stark zunehmen. Kollektivhaftung

bedeutet gleichzeitig, dass alle Schuldner

wohl mehr oder minder einen Einheitszins

zahlen würden. Somit gäbe es keine Ver-

bindung mehr zwischen der Qualität der

Finanzpolitik eines Landes und seinen Fi-

nanzierungskonditionen. Viele in Angriff

genommenen Reform- und Konsolidie-

rungspakete in Südeuropa würden abgebla-

sen; die entsprechenden Länder könnten

straflos eine wirtschafts- und marktfeindli-

che Politik verfolgen.

• Die Schuldenkrise wäre nicht überwunden,

ihreakutePhasewürdedurchdieKollektiv-

haftung nur einige Jahre verzögert. Spätes-

tens wenn die deutsche Bonität nicht mehr

ausreichen würde, die fehlende Kreditwür-

digkeit in anderen Eurostaaten auszuglei-

chen, würden die Renditen der Euro-

staatsanleihen wieder steigen.

Der Merkel-Schäuble-Kurs ist momentan

noch durch eine eindeutige Absage an die ge-

samtschuldnerische Haftung gekennzeich-

net. Ob Deutschland bei dieser Position

bleibt, ist allerdings wohl auch von der innen-

politischen Kräfteentwicklung abhängig.

Denn die Oppositionsparteien Grüne und

SPD haben sich deutlich zugunsten des

Schuldentilgungsfonds positioniert.

Doch der Schuldentilgungsfonds des Sach-

verständigenrats kann sich als Trojanisches

Pferd erweisen, über den die Eurobonds in

Deutschland hoffähig gemacht werden sol-

len. Die begeisterte Reaktion Südeuropas und

europäischer Politiker auf diese Idee sollte ei-

gentlich schon misstrauisch machen.

Der Schulden-

tilgungsfonds ist ein

Trojanisches Pferd der

Kollektivhaftung.

4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n

29

Öffentliche Schulden über 60 Prozent des BIP

werden in einen europäischen Schuldentil-

gungsfonds ausgelagert. Dies geschieht in ei-

nem mehrjährigen Prozess (der sogenannten

„Roll-in-Phase“). Gleichzeitig verpflichten sich

die Eurostaaten auf Zahlungen an den Alt-

schuldentilgungsfonds. Diese sind so zu be-

messen, dass die gemeinschaftlich finanzier-

ten Schulden nach 25 Jahren abgetragen sind.

Dem Fonds sollen dazu die Einnahmen aus

bestimmten Steuern zufließen. Nach 25 Jah-

ren wären dieser Vorstellung zufolge dann alle

Staatsschulden oberhalb von 60 Prozent in

den teilnehmenden Ländern abgetragen, und

der Schuldentilgungsfonds hätte sich selber

abgeschafft.

Alle Staaten, die durch den Fonds teilweise fi-

nanziert werden, müssen für die Kredite des

Schuldentilgungsfonds Sicherheiten in einer

Höhe von 20 Prozent der erhaltenden Kredite

als Pfand hinterlegen. Dazu kommen Gold-

und Währungsreserven in Betracht. Der

Schuldentilgungsfonds wird gemeinschaft-

lich garantiert. Der Sachverständigenrat dis-

kutiert zwar auch eine teilschuldnerische Va-

riante. Im Kern des Vorschlags steht jedoch

die gesamtschuldnerische Haftung, weil so

die günstigsten Finanzierungskondiktionen

erzielbar wären.

Die Finanzierung durch den Schuldentil-

gungsfonds soll für alle Eurostaaten zur An-

wendung kommen, die sich noch nicht in ei-

nem vollen EFSF-ESM-Anpassungsprogramm

befinden. Der Fonds würde also die Staatsver-

schuldung aller 17 Eurostaaten finanzieren

mit Ausnahme Griechenlands, Irlands, Portu-

gals und Zyperns. Spanien und Italien würden

somit durch den Fonds finanziert. Alle teilneh-

menden Staaten verpflichten sich auf die Ein-

führung strenger Schuldengrenzen. Bis diese

voll wirksam werden, gelten Konsolidierungs-

vereinbarungen.

Der Schuldentilgungsfonds des Sachverständigenrats

Quelle: Sachverständigenrat

Der Sachverständigenrat beansprucht, die Ri-

siken des Fonds durch die Verpfändung von

Sicherheiten und das Abtreten nationaler

Steuern zu begrenzen. Abgesehen von der

Frage, wie viele Sicherheiten ein Land wie

Spanien oder Italien tatsächlich rechtlich ver-

bindlich hinterlegen könnte, kann sich eine

Abtretung von bestimmten Steuern über ei-

nen Zeitraum von 25 Jahren als äußerst

schwierig erweisen. Denn wer weiß schon,

welche Art von Partei oder Regierungschef in

Italien des Jahres 2030 das Sagen hat, gerade

dann, wenn die Sparauflagen über Jahre sehr

drastisch sind? Es existiert keinerlei Durch-

griffsmöglichkeit, wenn ein Land zwar die

Kollektivhaftung dankbar in Anspruch

nimmt, um sich preiswert zu finanzieren,

nach einigen Jahren aber den Sparkonsens

aufkündigt.

4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n

30

Eine zweite Schwachstelle des Schuldentil-

gungsfonds ist die Begrenzung der Kollek-

tivhaftung auf die Staatsverschuldung ober-

halb von 60 Prozent des BIP. Hier bleibt die

Frage unbeantwortet, wie denn eigentlich der

Rest der Staatsverschuldung finanziert wer-

den soll, wenn der Schuldentilgungsfonds

schon über die besten Sicherheiten wie Gold-

und Devisenreserven verfügt. Die restlichen

national zu finanzierenden Schulden wären

dann immer zweitklassig und demzufolge

mit erheblichen Risikoprämien behaftet. Es

ist daher völlig klar, dass sehr schnell der Ruf

nach einer Ausweitung des Schuldentilgungs-

fonds auf einen noch größeren Anteil an der

Staatsverschuldung käme. Der Sachverstän-

digenrat quantifiziert das maximale Volumen

des Schuldentilgungsfonds für das Jahr 2018

mit knapp 2,6 Billionen Euro.

Man kann es drehen und wenden, wie man

will: Auch mit dem Schuldentilgungsfonds

würde Europa den Weg ohne Wiederkehr in

die unbegrenzte Kollektivhaftung und immer

höhere Schulden beschreiten.

ESM-Ausweitung wäre politischer

Kraftakt mit ungewissen Erfolgschancen

Damit bleiben in realistischer Betrachtung zur

Stabilisierung der Lage eigentlich nur zwei Va-

rianten übrig, die Variante A mit dem Ausbau

des ESM oder die monetäre Variante B, in der

die EZB direkt oder indirekt noch stärker in

die Staatsfinanzierung eingreift.

Die Ausdehnung des ESM-Finanzierungs-

volumens wäre technisch möglich, politisch

würde eine solche Operation allerdings ein

ungeheurer Kraftakt werden. Denn mit jedem

Schuldentilgungsfonds: maximales Volumen 2018, Angaben in Milliarden EuroQuelle: Sachverständigenrat, Sondergutachten Juli 2012, Gesamtsumme: 2.580,6 Mrd. Euro.

Deutschland: 537,8

Spanien: 271,0

Malta: 0,9

Niederlande: 56,3 Österreich: 40,4Belgien: 142,1

Frankreich: 580,1

Italien: 952,0

27,6%

6,1 %

4,1 %

13,2 %

5,4 %

2,4 %4,7 %

Abbildung 1: Aufteilung des Kreditportfolios nach Risikokategorie

36,5 %

1 2 3 4 5 6 7 8

4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n

31

der bisherigen Schritte – von der Verabschie-

dung des ersten Griechenlandhilfspakets

über den temporären Rettungsschirm bis hin

zur Etablierung des dauerhaften ESM – ist

der politische Widerstand auch innerhalb der

deutschen Regierungskoalition ständig ange-

stiegen. Zudem wachsen die verfassungs-

rechtlichen Risiken.

Schließlich dürfen wir nicht übersehen, dass

große Hindernisse für diese Option außer-

halb Deutschlands warten. Ob etwa die finni-

sche Regierung noch einmal eine Ausdeh-

nung des ESM durchsetzen könnte, ist sehr

zweifelhaft.

Je nach Kapitalmarktentwicklung kann das

Verfahren auch schlicht zu lange dauern, um

eine Eskalation an den Märkten einzudäm-

men. Mit Sicherheit würde es in Deutschland

erneut eine zeitaufwändige Prüfung vor dem

Bundesverfassungsgericht geben.

Vor diesem Hintergrund sind die vielfach kri-

tisierten EZB-Anleihekäufe die einzige schnell

verfügbare und effektive Waffe im Kampf ge-

gen eine erneute Panikattacke. Wir haben in

den vergangenen Wochen schon vor der Ent-

scheidung des EZB-Rats am 6. September er-

lebt, wie bereits eine äußerst vage Kauf-

ankündigung seitens EZB-Präsident Mario

Draghi die Lage temporär entspannen konnte.

Für viele Ökonomen sind weitere Anleihe-

käufe jedoch des Teufels und unbedingt zu

unterlassen. Wir teilen diese radikale Ableh-

nung nicht. Natürlich kann sich kein An-

hänger deutscher Stabilitätstradition über

den Einstieg in die monetäre Staatsfinanzie-

rung freuen. Und sicherlich sind die langfris-

tigen Inflationsgefahren nicht von der Hand

zu weisen. Wenn es aber keine realistische

andere Option ohne erhebliche Risiken gibt,

dann kann ein Eingreifen der Zentralbank

eben doch ein sinnvoller Teilbeitrag zur Be-

ruhigung der Lage sein. In jedem Fall wird

Zeit gewonnen, damit die Reformen ihre

Wirkung entfalten können.

In der Diskussion kommen – im Vergleich zu

anderen Lösungsoptionen – einige Vorteile

der EZB-Anleihekäufe zu kurz. So sind sie

viel eher umkehrbar als dies für alle Ret-

tungsschirme oder gar die Eurobonds der Fall

ist. Auch liegt es keinesfalls im institutionel-

len Eigeninteresse der EZB, auf Dauer zum

Finanzier des Fiskus zu werden. Die schwe-

ren Konflikte in der EZB machen deutlich,

dass Anleihekäufe allenfalls ein notwendiges

Übel sind und so schnell wie möglich wieder

eingestellt werden sollten. Dabei muss sich

der EZB-Rat weiterhin am obersten Ziel – der

Verteidigung der Preisstabilität – messen las-

sen. Auch dies wird für einen ständigen

Druck in Richtung einer Beendigung der An-

kaufsprogramme nach einigen Jahren sor-

gen. Mit Eurobonds läge der Fall ganz anders:

Wären diese einmal etabliert, dann würden

die begünstigten Länder zusammen mit Eu-

ropäischer Kommission und Europäischem

Parlament entschlossen an diesem neuen eu-

ropäischen Instrument festhalten wollen.

Die EZB-Interventionen

bergen Risiken

– anderen Krisen-

instrumenten sind sie

aber überlegen.

4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n

32

Allerdings kommt es sehr darauf an, auf wel-

che Weise die Zentralbank in den nächsten

Monaten einspringen wird. Hier besteht ein

fundamentaler Unterschied zwischen direk-

ten EZB-Anleihekäufen und der viel disku-

tierten Banklizenz für den ESM. Mit der

Banklizenz könnte der ESM am Kapitalmarkt

erworbene Anleihen zur Refinanzierung bei

der Zentralbank einreichen. Hier wäre somit

nicht mehr die Zentralbank die Herrin der

Entscheidung. Daher sind die direkten Anlei-

hekäufe vorzuziehen, weil der EZB-Rat in sei-

ner Güterabwägung zwischen Stabilisierung

der Anleihemärkte und Preisstabilität weiter-

hin autonom bliebe. Die ESM-Banklizenz

würde die Steuerungsfähigkeit der EZB sehr

viel stärker beeinträchtigen als die direkten

Anleihekäufe.

In der politischen Diskussion wird an der

EZB-Lösung kritisiert, dass diese undemo-

kratischer sei als neue von den Parlamenten

genehmigte Kreditoperationen. Das Argu-

ment ist nicht falsch und verweist auf weitere

Kosten der Krise: Die Komplexität und die

Anforderungen der Krisenentscheidungen

überfordern zunehmend die Parlamente.

Entscheidungen an den Parlamenten vorbei

– wie die im unabhängigen EZB-Rat gefass-

ten – werden daher wichtiger. Dies ist sicher-

lich ein Problem für eine Demokratie. Gleich-

wohl können mit diesem Weg für die

unmittelbare Abwehr großer ökonomischer

Gefahren auch Vorteile verbunden sein.

Insgesamt verläuft das Krisenmanagement in

der Schuldenkrise unserer Auffassung nach

zufriedenstellend. Bislang konnten die wirk-

lich hochriskanten Optionen – Eurobonds,

ungeordnete Zahlungsausfälle – vermieden

werden. Der EZB-Weg birgt ebenfalls Risi-

ken, die wir im nächsten Kapitel noch genau-

er beleuchten. Wir schätzen diesen Weg aber

nach Abwägung aller Vor- und Nachteile der-

zeit am ehesten als vertretbar ein.

Direkte Anleihekäufe

sind einer ESM-

Banklizenz eindeutig

vorzuziehen.

Bislang hat das Euro-

krisenmanagement

die größten Risiken

umschifft.

33

Gewöhnlich beginnt die Analyse der Situati-

on an der Inflationsfront mit aktuellen Daten

zur Preis- und Geldmengenentwicklung.

Derzeit wäre dieser Einstieg für eine geldpoli-

tische Analyse der Eurozone jedoch unpas-

send. Denn halbwegs akzeptable kurzfristige

Preisdaten dürfen nicht darüber hinwegtäu-

schen, dass die Ausweitung der EZB-Staats-

anleihekäufe eine neue Ära der europäischen

Geldpolitik markiert.

Die Zusage der EZB, Spanien und Italien ge-

gen zu hohe Anleihezinsen zu schützen, ist

im Grunde eine Wette auf den Erfolg der Re-

formprozesse in diesen Ländern. Wenn die

Reformen und Konsolidierungsbemühungen

dort weiterhin demokratische Akzeptanz fin-

den und ökonomisch Früchte tragen, dann

dürfte alles gut gehen. Dann werden auch die

monetären Folgen der Stützungsoperationen

begrenzt sein. Kommt es aber nicht zur

durchgreifenden Konsolidierung, dann wer-

den die Anleihebestände in der EZB-Bilanz

in gefährliche Größenordnungen wachsen.

Im schlimmsten Fall würde die Zentralbank

die Kontrolle über die Geldmenge verlieren.

Aussagen, dass die EZB in einem solchen Fall

die Anleihekäufe einfach einstellen könnte,

sind nicht glaubwürdig. Der plötzliche Exit

aus der einmal begonnenen Schuldenfinan-

zierung würde unweigerlich zum Kollaps der

Eurozone führen, der nach dem Konsens ei-

ner Mehrheit im EZB-Rat unter allen Um-

ständen vermieden werden muss.

Insofern ist nun etwas eingetreten, was mit

dem Maastrichter Vertrag eigentlich verhin-

dert werden sollte: Die Stabilität des Euro ist

nicht mehr nur von der EZB abhängig, son-

dern entscheidet sich von nun an auch in

Rom und Madrid.

Die EZB-Staatsanleihe-

käufe markieren eine

neue Ära der europä-

ischen Geldpolitik.

Die Stabilität des Euro

entscheidet sich nun

auch in Rom und

Madrid.

5 Geldpolitik: Einbahnstraße in die Inflation?

Konditionalität: Eine notwendige Bedingung

für die Stützung eines Landes durch das OMT-

Programm ist, dass das Land den Reform- und

Sparauflagen der Rettungsschirme (EFSF/

ESM) unterworfen ist.

Anwendung: Das Programm kommt für

Länder mit EFSF-ESM-Unterstützung oder

Hilfszusagen in Betracht und soll auch für Kri-

senstaaten in der Phase angewendet werden,

wenn sie an den Kapitalmarkt zurückkehren.

Details des Outright-Monetary-Transactions-Programms (OMT)

5 g e l D p o l I t I K : e I n b a h n s t r a s s e I n D I e I n f l a t I o n ?

34

Nach der Aktivierung des EZB-Kaufpro-

gramms werden die Erfahrungen der ersten

Wochen entscheidend sein. Im günstigen Fall

wird allein die Bereitschaft der EZB, bestimm-

te kritische Zinshöhen zu verhindern, die

Märkte stabilisieren, ohne dass die Zentral-

bank in großem Umfang tatsächlich Anleihen

kaufen muss. In diesem Szenario würden zwar

auch Risiken für die mittelfristige Stabilität

des Euro verbleiben, die Chancen für einen

guten Ausgang würden aber klar zunehmen.

Die Inflationsgefahren werden hingegen zu-

nehmen, wenn den Märkten bloße Ankündi-

gungen nicht reichen. Dann wird die EZB in

den kommenden zwei Jahren spanische und

italienische Bonds im Umfang von Hunder-

ten von Milliarden Euro in die Bücher neh-

men müssen. In diesem Szenario bewegt sich

die Währungsunion klar in Richtung einer

Inflationsgemeinschaft.

Bei allen Diskussionen um die mittel- und

langfristigen Inflationsgefahren möchten wir

jedoch klarstellen: In der kurzen Frist hat die

Eurozone kein wirklich gravierendes Inflati-

onsproblem trotz des aktuell ölpreisbeding-

ten Preisauftriebs. Die konjunkturelle Schwä-

cheperiode in der Eurozone erstickt jeden

allgemeinen Preisauftrieb schon im Ansatz.

Sinkende Löhne in der europäischen Peri-

pherie und die schwindende Kaufkraft in den

Ländern mit wachsender Arbeitslosigkeit

wirken inflationsbremsend. Gäbe es nicht die

Sondereffekte durch den aktuellen Ölpreis-

schub, dann würde die Inflationsrate der Eu-

rozone noch markanter abrutschen. Ebenso

wenig bietet die Geldmengenentwicklung ak-

tuell Grund zur Beunruhigung. Die Geld-

menge wächst seit geraumer Zeit zwischen

2 und 3 Prozent, die Zielrate der EZB für

das Wachstum ihres wichtigsten monetären

Aggregats liegt bei 4,5 Prozent, die Kredite an

den Privatsektor sind sogar rückläufig.

Es ist dieses aktuelle Umfeld, für das die EZB

ihre zinspolitischen Entscheidungen trifft.

Und in diesem Umfeld besteht immer noch

Zinssenkungsspielraum. Wir hielten es aber

für richtig, wenn sich die EZB nach ihrer letz-

ten Zinssenkung vom Juli von 1,0 auf

0,75 Prozent noch etwas Zeit für weitere

Die Eurozone hat

keine gravierenden

kurzfristigen

Inflationsrisiken.

Gläubigerstatus: Die EZB verzichtet auf einen

bevorrechtigten Gläubigerstatus. Im Fall einer

Umschuldung würde sie die gleichen Verluste

erleiden wie private Gläubiger. Dies war im Fall

der Griechenlandumschuldung noch anders.

Geldmengeneffekte: Die EZB will die OMT-

Programme in voller Höhe „sterilisieren“, das

heißt die Liquiditätseffekte durch andere

geldpolitische Geschäfte neutralisieren.

Transparenz: Der Bestand an Anleihen in der

EZB-Bilanz wird wöchentlich publiziert. Mo-

natlich wird der Bestand nach Laufzeit und

Ländern aufgeschlüsselt.

Quelle: EZB

5 g e l D p o l I t I K : e I n b a h n s t r a s s e I n D I e I n f l a t I o n ?

35

Der Spielraum der

EZB für weitere

Zinssenkungen ist

knapp bemessen.

Zins senkungen ließe und sich den ohnehin

nur noch knapp bemessenen Spielraum auf-

sparte. Für eine zinspolitische Ruhephase

sprechen die folgenden Argumente:

1. EineSenkungderEZB-Leitzinsenistinder

gegenwärtigen Lage kein aussichtsreiches

Mittel zur Bekämpfung der Rezession in

derEurozone. Niedrigere Leitzinsen kön-

nen die Kreditkosten und die Kreditverfüg-

barkeit in den Krisenstaaten kaum günstig

beeinflussen. Denn sie verändern nichts an

der Risikoeinschätzung und den Zinsauf-

schlägen von Kreditnehmern aus den

PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland,

Griechenland, Spanien). Vermutlich wir-

ken klassische Zinssenkungen sogar in un-

günstiger Weise ungleich: Während niedri-

gere EZB-Zinsen in Südeuropa nichts

bewirken, heizen sie die deutsche Konjunk-

tur weiter an. Auf diese Weise verschärft sich

das Konjunkturgefälle noch weiter. Daran

kann dem EZB-Rat nicht gelegen sein.

2. DieEZBwirdsichnunaufdieKonzeption,

DurchführungundWirkungsanalyseihres

neuen Anleihekaufprogramms konzent-

rieren. Dieser neue Ansatz ist viel eher ge-

eignet, zur Stabilisierung der Europeriphe-

rie beizutragen als klassische geldpolitische

Instrumente. Auch dieses Programm läuft

auf Zinssenkungen hinaus. Allerdings be-

treffen diese den langfristigen Kapital-

marktzins und nicht nur den Kurzfristzins,

der normalerweise Gegenstand geldpoliti-

scher Entscheidungen ist.

Bei der Leitzinsrate erwarten wir daher allen-

falls noch einen 0,25-Prozent-Schritt und

keine rasche weitere Annäherung an die

Nulllinie.

Dass die EZB nun erst einmal eine zinspoliti-

sche Pause einlegen sollte, bestätigen auch die

Erfahrungen der Fed. Die amerikanische

Zentralbank hat ihr Pulver, was die klassische

Geldpolitik anbelangt, seit Langem verschos-

sen. Schon fast vier Jahre, seit Dezember

2008, befinden sich die Leitzinsen bei 0 bis

0,25 Prozent. Manche Versuche, das Wachs-

tum trotzdem weiter anzukurbeln, wirken

fast schon verzweifelt. So arbeitet die Fed nun

mit Versprechen darüber, wie lange sie die

Zinsen noch bei null halten will. Dabei gilt

seit Neuestem sogar die Zusage, dass die Leit-

zinsen noch bis Mitte 2015 auf einem niedri-

gen Niveau verbleiben sollen. Was ein solches

Niedrigzinsversprechen wert ist, bleibt aller-

dings völlig ungewiss. Es ist schwer vorstell-

bar, dass die Fed diese Zusagen einhalten

könnte, wenn es überraschend zu einer star-

ken Wachstumserholung mit einem Inflati-

onsschub käme.

Entsprechend richten sich die Hoffnungen ei-

ner wirksameren Wachstumsunterstützung

auf die neuen Varianten der geldpolitischen

Lockerung. Nach Wochen der Unsicherheit

hat sich der Offenmarktausschuss mitten im

Präsidentschaftswahlkampf auf eine dritte

Runde des „Quantitative Easing“ („QE3“) ver-

ständigt. Dieser Schritt wurde dadurch er-

leichtert, dass Inflationsgefahren derzeit nicht

Ein Inflationsproblem

besteht trotz des

Ölpreisschubs weder

diesseits noch jenseits

des Atlantiks.

5 g e l D p o l I t I K : e I n b a h n s t r a s s e I n D I e I n f l a t I o n ?

36

existieren. Ganz im Gegenteil ist die Inflati-

onsrate in diesem Jahr markant abgesunken,

von fast 3 Prozent zu Jahresbeginn auf nur

noch 1,5 Prozent im Sommer und Herbst. An-

gesichts dessen mehren sich schon die Stim-

men, die für die USA vor dem Risiko einer

Deflation warnen. Und weil die Fed neben

dem Ziel der Preisstabilität auch Wachstums-

und Beschäftigungsziele zu verfolgen hat, ist

sie durch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit

zum Handeln gezwungen. Das beschlossene

QE3 zielt auf eine Stabilisierung des Immobi-

lienmarktes ab. Pro Monat sollen im Umfang

von 40 Milliarden US-Dollar Hypotheken-

anleihen gekauft werden. Das Programm

läuft ohne zeitliche Begrenzung. Außerdem

behält sich die Notenbank noch umfassendere

Käufe unter Einschluss von Staatsanleihen

vor, sollte es nicht zu einer Entspannung auf

dem Arbeitsmarkt kommen.

Mit Blick auf die beiden führenden Noten-

banken der Welt ist dieses Mal ein überein-

stimmendes Fazit angebracht: Ein nennens-

wertes kurzfristiges Inflationsproblem besteht

trotz des Ölpreisschubs weder diesseits noch

jenseits des Atlantiks. Aber beide Notenban-

ken, Fed und die EZB, haben ihr klassisches

Instrumentarium auch weitgehend ausge-

reizt. Die EZB hätte zwar noch Zinssen-

kungsspielraum, derzeit sind solche Zins-

schritte aber sinnlos. Infolgedessen konzen-

trieren sich beide auf unkonventionelle Pro-

gramme, die am langen Ende des Zinsspekt-

rums ansetzen.

Beide Zentralbanken werden dadurch der

Konjunkturerholung Rückendeckung geben

können. Geldpolitisch stehen die Zeichen

weiterhin auf Expansion. Inflationäre „Risi-

ken und Nebenwirkungen“ sind real und

hochgradig relevant, betreffen aber eben nur

die längere Frist. Mit Blick auf 2013 ist mo-

mentan nicht mit inflationären Impulsen zu

rechnen.

37

Die europäische Schuldenkrise ist längst

nicht das einzige Hindernis für das globale

Wirtschaftswachstum. Weitere Risikofakto-

ren treten hinzu, die sich mit der Krise in der

Eurozone und ihren weltweiten Auswirkun-

gen wechselseitig verstärken. Folgende Belas-

tungen sind zu nennen:

• Ganz untypisch für eine sich verschlech-

ternde globale Konjunkturperspektive ist

der ÖlpreisindenzurückliegendenMona-

ten auf Klettertour gegangen. Gründe

sind Produktionsausfälle, aber vor allem

die schärfer werdende Kriegsrhetorik im

Israel-Iran-Atomkonflikt. Seit Mitte Juni

ist der Preis für Brent-Öl um 30 Prozent ge-

stiegen. Auch mag eine spekulative Flucht

in Rohstoffe angesichts der Abwendung

von den Staatsanleihen eine Rolle spielen.

Bislang waren hohe Ölpreise Indikatoren

für bessere Konjunkturaussichten. Dies gilt

jetzt eher nicht – und könnte daher die Sta-

gnation und Rezession verschärfen.

• Die asiatischen Schwellenländer schwä-

chelnstark. Und dies gilt besonders für die

Bevölkerungsgiganten China und Indien.

Die Gründe sind nicht nur in den geringe-

ren Exporten nach Europa zu suchen, auch

hausgemachte Probleme ziehen die Kon-

junktur nach unten. Das globale Wachstum

kann deshalb in den kommenden Jahren

nicht mehr wie bisher auf die Unverwund-

barkeit der asiatischen Staaten setzen. Ganz

im Gegenteil: Für die Volksrepublik und

für Indien kann der Wachstumsrückgang

durchaus stärker als befürchtet ausfallen.

• Die Industriestaaten verfügen über keinen

fiskalischenStabilisierungsspielraummehr.

Deshalb werden viele Eurostaaten, aber auch

die USA, ihre Konjunktur durch harte Spar-

bemühungen weiter belasten müssen. Hinzu

kommt, dass in den USA zur Jahreswende

die „Fiskalklippe“ droht, eine überaus starke

automatische Konsolidierung durch Steuer-

erhöhungen und Ausgabekürzungen.

Diesen Belastungen stehen allerdings auch

stabilisierende Elemente gegenüber:

• DieGeldpolitikwirktglobaläußerstexpan-

siv. Gleichzeitig ist der Inflationsdruck in

Ländern wie den USA, der Volksrepublik

China und auch in der Eurozone gesunken.

• Die sicheren Häfen in der Vertrauenskrise

um die Staatsverschuldung profitieren von

außerordentlichniedrigenZinsen. Kapital

für den Staat und für die Unternehmen in

6 Weltwirtschaft: Schuldenkrise und Chinasorgen

6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n

38

den USA, in Deutschland, aber auch in vie-

len anderen halbwegs soliden Staaten ist

derzeit historisch billig zu haben. Dies sta-

bilisiert Investitionen und Konsum.

• Und wie immer gibt es eben auch Gewinner

derhohenRohstoffpreise. Die Ölproduzen-

ten verfolgen weiterhin eine großzügige In-

vestitionspolitik, sodass sie die Weltwirt-

schaft teilweise für den ölpreisbedingten

Ist Prognose 2011 2012 2013

Weltwirtschaft 3,9 3,3 3,6

Industriestaaten 1,6 1,3 1,5

USA 1,7 2,0 2,1

Eurozone 1,5 –0,4 0,2

– Deutschland 3,1 1,0 1,0

– Frankreich 1,7 0,1 0,4

– Italien 0,4 –2,3 –0,7

– Spanien 0,4 –1,5 –1,3

Japan –0,7 2,2 1,2

Großbritannien 0,7 –0,4 1,1

Schwellen- und 6,2 5,3 5,6 Entwicklungsländer

Afrika 5,1 5,0 5,7

Mittel- und Osteuropa 5,3 2,0 2,6

Russland 4,3 3,7 3,8

Asien 7,8 6,7 7,2

– China 9,2 7,8 8,2

– Indien 6,8 4,9 6,0

Mittlerer Osten 3,3 5,3 3,6

Mittel- und Südamerika 4,5 3,2 3,9

– Brasilien 2,7 1,5 4,0

Weltwirtschaft: Prognosen des Internationalen WährungsfondsQuelle: IWF

6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n

39

Am US-Immobilien-

markt gib es Anzeichen

für eine Stabilisierung.

Kaufkraftentzug entschädigen. Dabei konn-

ten Staaten wie Irak oder Libyen ihre Erdöl-

produktion zuletzt wieder stark ausweiten.

Beginnen wir unsere Detailanalysen zur

Weltwirtschaft in den USA – der Volkswirt-

schaft, in der der Staat weit höhere Staats-

schulden und ein weit höheres Defizit auf-

weist als in der krisengeplagten Eurozone.

USA: Handlungsfähigkeit der neuen

Administration wird kritischer Faktor

Für die Vereinigten Staaten ist 2012 konjunk-

turell im ersten Halbjahr enttäuschend ver-

laufen. Trotz aller geldpolitischer Rücken-

deckung und eines ungebremsten „Deficit

Spending“ – das Staatsdefizit liegt aktuell bei

8 Prozent des BIP – war im zweiten Quartal

eine erneute leichte Abschwächung zu verbu-

chen. Die Wirtschaftsleistung wuchs real nur

noch mit einer Jahresrate von 1,7 Prozent, im

ersten Quartal hatte das Wachstum noch

2 Prozent betragen. Für die USA sind dies er-

nüchternde Zahlen, zumal der US-Arbeits-

markt erst bei einem Wachstum deutlich

oberhalb von 2 Prozent wirklich belebt wer-

den kann. Aktuell prognostiziert die Fed für

das Gesamtjahr 2012 eine Zunahme des BIP

von 1,9 Prozent und 2,4 Prozent im kommen-

den Jahr – ein für die US-Erfahrung äußerst

unbefriedigender Wert.

Eine Schlüsselrolle für mehr Wachstum spielt

der Häusermarkt. Zwei von drei US-Bürgern

sind Besitzer eines Eigenheims. Die starken

Vermögensverluste der Immobilienkrise

bremsen daher die Konsumbereitschaft der

breiten Masse. Hier gab es zuletzt einige hoff-

nungsvoll stimmende Nachrichten. So ist der

Hauspreisindex im Frühjahr endlich wieder

leicht gestiegen, allerdings liegen die Preise

landesweit immer noch um ein Drittel unter

dem Vorkrisenniveau. Weil aber die Verluste

inzwischen mental von vielen Besitzern abge-

schrieben sein dürften, können neue mode-

rate Wertgewinne tatsächlich für eine etwas

verbesserte Konsumstimmung sorgen. Dies

ist auch bitter nötig. Denn die amerikanische

Konjunktur ist auf ausgabefreudige Verbrau-

cher stark angewiesen.

In dieser fragilen Lage ist es politisch ver-

ständlich, dass die Obama-Administration

mitten im Präsidentschaftswahlkampf hek-

tisch von den Europäern Maßnahmen zur

Beendigung der Krise einforderte. Dennoch

hat die US-Politik selbst die entscheidende

Verantwortung für das ökonomische Wohl-

ergehen des Landes. Für erhebliche Nervo-

sität wird in den kommenden Monaten die

Debatte um die „Fiskalklippe“ sorgen. Dieser

Begriff bezeichnet die automatischen Spar-

maßnahmen, die Ende 2012 Gesetzeskraft

erlangen, wenn sie nicht noch vom Kongress

abgemildert werden. Viele der Steuerentlas-

tungen der zurückliegenden Jahre, zum gro-

ßen Teil noch unter George W. Bush be-

schlossen, waren befristet und laufen Ende

2012 aus. Des Weiteren sind automatische

Ausgabenkürzungen gesetzlich vorgeschrie-

ben. In der Summe werden alle diese Spar-

6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n

40

maßnahmen auf etwa 4 Prozent des BIP ver-

anschlagt. Würden diese Kürzungen tat-

sächlich so kommen, könnte dies die US-

Wirtschaft in eine Rezession stürzen. Im

Grunde besteht daher ein politischer Kon-

sens darüber, dass die Konsolidierungsmaß-

nahmen zeitlich gestreckt verlaufen sollten.

Wir haben aber schon im Sommer vergange-

nen Jahres erlebt, wie sehr sich Demokraten

und Republikaner wechselseitig blockieren

können, auch wenn es zum Schaden des Lan-

des ausgeht. Insofern wird viel davon abhän-

gen, wie handlungsfähig der Kongress ist.

Lateinamerika:

geringe Europaverbindung vorteilhaft

Den lateinamerikanischen Ökonomien kommt

derzeit zugute, dass Europa als Handelspartner

nur eine geringe Rolle spielt. Die Brems effekte

der europäischen Schuldenkrise sind daher

sehr viel geringer als etwa in Mittel- und Osteu-

ropa. Bemerkenswert ist, dass Staaten, die in

der Vergangenheit immer wieder eigene Schul-

denkrisen durchlaufen haben, bislang nicht

von der Krise der europäischen Peripherie an-

gesteckt wurden. Zudem ist es bis auf einige

nervöse Marktphasen nicht zu einer Kapital-

flucht aus Südamerika gekommen. Die starke

Präsenz spanischer Banken in der Region sollte

als möglicher Übertragungsweg der Krise zu-

dem nicht überstrapaziert werden. Spanien ist

mit eigenständigen Tochterunternehmen in

der Region aktiv; sie würden auch bei Schiefla-

gen der Mutterinstitute das Bankensystem in

den Gastländern kaum destabilisieren.

Abstriche am vorsichtig optimistischen Be-

fund in der Region gelten für Argentinien.

Das Land leidet unter hoher Inflation und ei-

ner zunehmend wirtschaftsfeindlichen Regu-

lierung. Beunruhigend sind neue protektio-

nistische Ansätze, die Lateinamerika in den

zurückliegenden Jahrzehnten immer mehr

geschadet als genützt haben. Trotz aller Be-

denken bleibt die Region südlich der USA

insgesamt ein Hort vergleichsweiser ökono-

mischer Stärke und könnte in den kommen-

den Monaten mit zu einer Stabilisierung der

Weltkonjunktur beitragen.

Japans Sonderkonjunktur läuft 2013 aus

Japan erlebt 2012 die Sonderkonjunktur des

Wiederaufbaus der durch Erdbeben und Tsu-

nami zerstörten Gebiete. Diese Zusatznach-

frage stabilisiert in diesem Jahr das Wachs-

tum bei gut 2 Prozent. Hinzu kommt die auf

Vorkrisenniveau produzierende Autoindus-

trie, die nun die Weltmärkte wieder kräftig

beliefern kann. Aber schon im nächsten Jahr

wird die Sonderkonjunktur auslaufen. Auch

drohen nun unweigerlich konkrete Konsoli-

dierungsschritte, um überhaupt erst einmal

das Wachstum der Rekordstaatsverschuldung

einzudämmen. Japan wird Ende 2012 voraus-

sichtlich mit 236 Prozent des BIP verschuldet

sein. Und der IWF prognostiziert danach ei-

nen weiteren Anstieg mit einer Geschwindig-

keit von 10 Prozentpunkten pro Jahr. Dass

das Land einen Schuldenstand weit über dem

Griechenlands ökonomisch überleben kann,

hat zwei Gründe: Erstens ist Japan im Inland

Süd- und Mittelamerika

sind momentan

vergleichsweise

resistente

Wirtschaftsregionen.

6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n

41

verschuldet, und die japanischen Sparer blei-

ben bis auf Weiteres treue Käufer der Japan-

bonds. Und zweitens notieren die Schulden

in einer eigenständig kontrollierten Wäh-

rung. Notfalls – und im Unterschied zu den

europäischen Krisenstaaten – könnte die ja-

panische Zentralbank mit der Notenpresse

jeden „Run“ abwehren.

Dennoch ist völlig klar, dass die ökonomische

Zukunft des Landes durch die Rekordschul-

den bedroht ist. Schon ein moderater Anstieg

der Zinsen könnte die Situation gefährlich de-

stabilisieren. Von daher handelt die Regierung

richtig, wenn sie nun eine schrittweise Ver-

dopplung der Mehrwertsteuer von 5 auf

10 Prozent bis 2015 beschlossen hat. Klar ist

aber auch, dass dies den Konsum belasten

wird. Die kurzfristigen Konjunkturdaten wa-

ren zuletzt uneinheitlich. Die Wachstumser-

wartung von etwa 2 Prozent in diesem Jahr ist

nur dann realisierbar, wenn die Exporte nach

Europa und in die Volksrepublik China nicht

noch stärker absacken; im Sommer waren hier

überraschend schlechte Zahlen zu vermelden.

China und Indien: parallele

Verlangsamung zweier ungleicher

Ökonomien

Wer sich aktuell über die Entwicklung der

asiatischen Schwellenländer informieren will,

muss eigentlich nur die Containerstatistiken

des Hamburger Hafens studieren. Und diese

Statistiken zeigen seit dem Frühjahr nichts

Gutes: Von April bis Juni sank die Zahl der

Container im Chinaverkehr um rund 7 Pro-

zent. Ähnliche Zahlen sind aus Rotterdam zu

vermelden. Bei allem Lamento über den glo-

balen Abstieg Europas: Der Kontinent ist im-

mer noch so bedeutend, dass eine europäi-

sche Rezession eben doch globale Kreise zieht

und Asien erreicht.

Insbesondere das chinesische Wachstum

wird derzeit stark von der Außenwirtschaft

ausgebremst. Zuletzt nahmen die Exporte

kaum noch zu. Zweistellige Zuwachsraten

sind für China in weiter Ferne. Eine harte

Landung mit einem Absturz des Wachstums

unter 5 Prozent ist jedoch eher unwahr-

scheinlich. China verfügt im Gegensatz zu

den meisten Industrieländern über reichlich

Munition, um eine schwache Wirtschaft

durch zusätzliche Staatsausgaben oder mone-

täre Lockerung zu beleben. Die zuletzt fallen-

de Inflationsrate hat diesen Spielraum noch

vergrößert. Die Gegenmaßnahmen dürften

China vor einem starken Abrutschen bewah-

ren, können die alte Dynamik aber nicht wie-

derherstellen.

Noch ungünstiger stellt sich die Lage in Indi-

en dar, wo zur externen Abschwächung haus-

gemachte Probleme kommen. Seit zwei Jah-

ren wird das Land von einer handlungs-

unfähigen Koalition regiert, deren Amtszeit

noch bis 2014 dauert. Projekte, die wichtig für

ein verbessertes Wachstumspotenzial wären,

kommen nicht voran: so etwa das Handels-

abkommen mit Europa, das Antikorruptions-

gesetz, die Privatisierung von Staatsbetrieben

Japan wird Ende 2012

voraussichtlich mit

236 Prozent des BIP

verschuldet sein.

Das chinesische

Wachstum wird

derzeit stark von der

Außenwirtschaft

ausgebremst.

Die indische

Wirtschaft kämpft

mit hausgemachten

Problemen.

6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n

42

Russlands

Wirtschaftsentwicklung

ist weiterhin

ölpreisgetrieben.

oder die Deregulierung wichtiger Inlands-

märkte. Hinzu kommt auch klimatisches

Pech: Der Monsun bringt in diesem Jahr zu

wenig Regen in einem Land, in dem noch

70 Prozent der Menschen von der Landwirt-

schaft leben. Anders als in China kämpft die

indische Zentralbank auch immer noch mit

einem starken Inflationsdruck von knapp

7 Prozent. Damit fehlt der Spielraum, um das

Wachstum monetär zu stimulieren. Insgesamt

dürfte die Regierungsprognose für 2012 von

6,7 Prozent daher zu optimistisch sein.

Mitteleuropa: erneut starker Kontrast

zwischen Polen und Ungarn

Mittel- und Osteuropa wird über zwei Kanäle

durch die Schulden- und Bankenkrise in

Westeuropa in Mitleidenschaft gezogen. Zum

einen sinkt die Nachfrage der Krisenstaaten

nach Gütern. Zum anderen verschlechtern

sich aber auch die Finanzierungsbedingun-

gen. Die Region hat in der Finanzierung ihrer

Investitionen in den zurückliegenden Jahren

stark vom Kapital internationaler Banken

profitiert. Dieses Kapital bleibt nun aus, weil

viele Banken ihre Bilanzsummen herunter-

fahren müssen und wieder sensibler für Risi-

ken geworden sind.

Allerdings gibt es in der Region große Unter-

schiede. Wie schon in der Finanzkrise sticht

Polen erneut durch eine besonders stabile

Entwicklung heraus und kann in diesem Jahr

gut 2,5 Prozent Wachstum erzielen. Ähnlich

positiv ist die Lage in der Slowakischen Repu-

blik. Ungarn durchläuft hingegen eine schwe-

re Rezession.

Russlands Wirtschaftsentwicklung ist weiter-

hin ölpreisgetrieben. Als die Rohstoffpreise

vor vier Monaten deutlich abgesunken wa-

ren, wurden auch die Wachstumsprognosen

zurückgenommen. Der zwischenzeitlich wie-

der stark gestiegene Ölpreis stabilisiert das

Land wieder, sodass ein Wachstum um die

4 Prozent ungefährdet erscheint oder sogar

bei anhaltend hohen Rohstoffnotierungen

noch leicht übertroffen werden könnte.

Eurozone in der Rezession

Damit sind wir mit Europa und der Eurozone

in der Region angelangt, die heute der globale

ökonomische Krisenherd schlechthin ist.

Fakt ist zunächst, dass 2012 für die Eurozone

eine Rezession gebracht hat. Diese fällt insge-

samt gesehen zwar mild aus (etwa –0,3 Pro-

zent); hinter dem Durchschnitt verbergen

sich aber markante Unterschiede. Während

sich die überwiegende Zahl der Eurostaaten

zwischen Stagnation und leichtem Wachstum

befindet, sind die Staaten der Schuldenkrise

(inklusive Italien und Spanien) in einer

schweren Rezession. Einzig Irland kann

schon in diesem Jahr wieder eine schwarze

Wachstumszahl vorweisen und bestätigt sich

als Leader, der als Erster den Weg aus der

Schuldenfalle finden könnte.

6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n

43

Frankreich: ein künftiger Krisenstaat?

Seit den Zeiten der DM-Bindung des franzö-

sischen Francs hat sich Frankreich in seinen

ökonomischen Ambitionen an Deutschland

orientiert. Diese Bindung erscheint uns der-

zeit so stark gefährdet wie kaum zuvor. Im

starken Gegensatz zu Deutschland hat das

Land in den vergangenen Jahren immer mehr

an Wettbewerbsfähigkeit und Exportanteilen

verloren. 2011 hat Frankreich mit einem

hohen Leistungsbilanzdefizit einen Negativ-

rekord aufgestellt, und schon im ersten Halb-

jahr 2012 war erneut ein Defizit in Höhe von

35 Milliarden Euro zu verbuchen.

In einer solchen Situation bräuchte das Land

dringend einen großen marktorientierten Re-

formschub, der die überbordende Regulie-

rung und die Strangulation durch den Fiskus

zurückdrängt. Doch ganz im Gegenteil kom-

men die neuen Gesetze der sozialistischen

Regierung eher einem Investorenvertrei-

bungsprogramm gleich: Eine starke Erhö-

hung der Vermögensteuer treibt die Besteue-

rung nun auf ein Niveau, das in vielen Fällen

die Erträge übersteigt. Die Erbschaftsteuer-

freibeträge werden auf 100.000 Euro je El-

ternteil und Kind herabgesetzt, und die bis-

lang übliche Anpassung an die Inflation

entfällt. Und die Spitzensteuerdrohung von

75 Prozent für Einkommen über 1 Million

Euro wird befristet zur gesetzlichen Realität.

Aber auch in anderen Bereichen greift der

Staat immer weiter regulierend ein: Auf dem

Wohnungsmarkt wird nun eine Mietpreis-

bindung eingeführt, der Mindestlohn weiter

erhöht und die Erhöhung des Rentenein-

trittsalters teilweise wieder zurückgenom-

men. Es verwundert nicht, dass Investoren

einen Bogen um das Land machen und Kon-

sumenten das Vertrauen in die wirtschaftli-

che Zukunft verlieren. All dieses schlägt sich

in Wachstumsprognosen nieder, die der Re-

zessionsgrenze entgegenrutschen.

Die französischen Probleme sind ein europä-

isches Risiko. Deutschland ist überfordert

mit der Aufgabe, die Eurozone zu stabilisieren,

wenn die zweitgrößte Ökonomie des Wäh-

rungsraums weiter abrutscht. Die Wachstums-

perspektive 2013 wird sich für die Eurozone

erst dann aufhellen, wenn die Stabilisierung

der Krisenländer gelingt.

Vereinigtes Königreich: Rezession

verhindert Gesundung der

Staatsfinanzen

Die wichtigste EU-Ökonomie außerhalb der

Eurozone preist sich heute zwar glücklich, im-

mer euroskeptisch gewesen zu sein und sich

auf das Experiment der Einheitswährung nie-

mals eingelassen zu haben. Gleichwohl ist

auch für das Vereinigte Königreich mit seiner

eigenen Währung der Weg aus der fiskalischen

Krise steinig. Das Defizit soll in diesem Jahr

zwar auf 5,8 Prozent (von 8,2 Prozent) sinken.

Die rezessionsbedingten Steuerausfälle wer-

den dieses Ziel aber wohl vereiteln. Allenfalls

im kommenden Jahr könnte endlich wieder

ein leichtes Wirtschaftswachstum messbar

Frankreich bietet

Anlass zur besonderen

Sorge – auch aufgrund

überbordender

Regulierung.

Großbritannien betreibt

– im Gegensatz zu Frank-

reich – eine konsequent

wirtschaftsfreundliche

Politik.

6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n

44

werden, angeführt von einer Belebung des

Konsums und der Unternehmensinvestitio-

nen. Der Gegensatz zu Frankreich in der Kon-

solidierungspolitik könnte kaum größer sein.

Das Vereinigte Königreich bleibt konsequent

bei seiner wirtschaftsfreundlichen Politik und

versucht die fiskalische Anpassung durch Zu-

rückdrängung der Staatsquote zu realisieren –

beispielsweise durch eine weitgehende Voll-

finanzierung der Universitäten und stark stei-

gende Studiengebühren.

Weltwirtschaft: wenig euphorische

Aussichten für 2013

Es ist der Alte Kontinent, der nach wie vor die

größten Risiken für die weltweite Wachstums-

perspektive 2013 darstellt. Aber auch der chi-

nesische Konjunkturmotor verliert an Kraft

und leidet an den Nachfrageausfällen aus Eu-

ropa. In dieser Gemengelage werden die Bäu-

me in Sachen Welthandel im kommenden

Jahr nicht in den Himmel wachsen. Auf kräf-

tige Exportzuwächse wie in den zurücklie-

genden Jahren kann die deutsche Wirtschaft

kurzfristig nicht bauen. Immerhin ist derzeit

aber auch keine wirklich krisenhafte Zuspit-

zung in der Weltwirtschaft erkennbar. Glück-

licherweise steuert heute eine Vielzahl von

Ländern und Regionen ihren Teil zur globa-

len Dynamik bei, sodass sich eine europäi-

sche Rezession nicht mehr so verheerend

auswirkt wie dies noch vor 10 oder 20 Jahren

der Fall gewesen wäre.

Die globale

Konjunkturperspektive

bleibt insgesamt

gedämpft.

45

Deutschland blickt von 2010 bis 2012 auf eine

ständige Wachstumsverlangsamung zurück:

Von 3,7 Prozent im Boomjahr 2010 ging es

über 2,5 Prozent abwärts auf knapp 1 Prozent

im laufenden Jahr. Derzeit ist es noch offen,

ob das neue Jahr wieder eine Wende zu höhe-

rem Wachstum bringen wird. Aus heutiger

Sicht halten wir das durchaus für möglich.

Die deutsche Volkswirtschaft ist in einer so

starken Verfassung, dass sie ein Wachstum

von gut 1,5 Prozent erreichen kann, wenn das

außenwirtschaftliche Umfeld halbwegs stabil

ist. Dieses „Wenn“ ist die entscheidende Ein-

schränkung für die Prognose der deutschen

Konjunktur 2013 in harten Zahlen. Und die

Rückkehr zu einem außenwirtschaftlich sta-

bilen Umfeld hängt von mehreren Entwick-

lungen ab.

Die europäische Schuldenkrise muss ihr aku-

tes Stadium verlassen. Nur wenn Italien und

Spanien glaubwürdig gefestigt werden kön-

nen, tritt dieser günstige Fall ein. Eine weiter-

hin instabile Situation mit einer sich sogar ver-

tiefenden Rezession in Südeuropa würde viele

Wachstumschancen für Deutschland zerstö-

ren. Immerhin bietet sich mit der „EZB-Lö-

sung“ nun eine Perspektive für eine realistisch

machbare Stabilisierung der Anleihemärkte.

Aber auch dieser Lösungsweg kann Enttäu-

schungen mit sich bringen. Eine solche Ent-

täuschung wäre etwa ein frühzeitiges Scheitern

der Regierung Monti und eine Rückkehr zum

populistischen Regierungsstil im Rom.

Hingegen betrachten wir eine mögliche erneute

Zuspitzung um die Situation Griechenlands

nicht wirklich als substanziellen Risikofaktor

für die globale Konjunktur. Nach der großen

Umschuldung in diesem Jahr ist das Land keine

wirkliche Gefahr mehr für die Finanzmärkte.

Risikoszenario Krieg Israel – Iran

Der hohe Ölpreis der zurückliegenden Wo-

chen gibt einen Vorgeschmack darauf, was

passieren könnte, wenn es im Nahen Osten

zum Krieg zwischen Israel und dem Iran

käme. Ein panikartiger Ölpreisschub wäre die

Folge. Etwaige Hoffnungen auf eine Erholung

der US-Konsumkonjunktur würden damit

einen Rückschlag erleiden. Dauer und Ver-

lauf einer militärischen Auseinandersetzung

und die Folgen für die politische Stabilität

und Ölproduktion in der ganzen Golfregion

kann niemand prognostizieren. Diese Unsi-

cherheiten würden in jedem Fall kurzfristig

zu einem konjunkturellen Rückschlag in der

industrialisierten und nach wie vor öldursti-

gen Welt führen.

In China wird sich im kommenden Jahr klären,

ob es zur weichen Landung, also zum Über-

gang auf einen etwas moderateren Wachstums-

Die deutsche

Volkswirtschaft ist

in einer robusten

Verfassung.

7 Deutschlandprognose 2013

7 D e u t s c h l a n D p r o g n o s e 2 0 1 3

46

pfad ohne echte Krisenerscheinungen kommt.

Die chinesischen und europäischen Entwick-

lungen sind aufgrund der wechselseitigen Han-

delsverflechtungen stark verwoben. Somit

würde eine europäische Stabilisierung auch

helfen, die Volksrepublik zu stützen.

2013 ist ein Bundestagswahljahr. Dennoch

sehen wir keine innenpolitisch bedingten kon-

junkturellen Gefahren. Zwar werden die Wahl-

programme einiger Parteien Ideen enthalten,

die für den wirtschaftlichen Erfolg Deutsch-

lands erhebliche Risiken mit sich bringen (Ver-

mögensteuer, Erhöhung Spitzensteuersatz, neue

Regulierung des Arbeitsmarktes, Ausweitung

sozialer Leistungen etc.). Von den Wahlpro-

grammen bis zur Umsetzung im politischen

Prozess ist es aber ein weiter Weg. Die Kon-

junkturperspektive 2013 wird dadurch wohl

kaum in nennenswerter Weise beeinflusst.

Das geldpolitische Umfeld wirft auf absehbare

Zeit keine großen Fragen auf. Die Fed hat sich

bis 2015 auf Nullzinsen festgelegt, und auch

die EZB wird auf einem expansiven Kurs blei-

ben, um die Rezession in Teilen der Eurozone

zu bekämpfen. Allenfalls die Frage, wie aggres-

siv und unkonventionell beide Zentralbanken

vorgehen werden, ist noch offen. Sicher ist,

dass auch 2013 unter den Vorzeichen geld-

politischer Expansion stehen wird.

Zwei Szenarien in Zahlen

Würden wir mögliche Katastrophenszenarien

kombinieren – einen Krieg im Nahen Osten,

einen Kollaps in Südeuropa und eine chinesi-

sche Rezession – dann ergäbe sich für

Deutschland ein ziemlich düsteres Rezessi-

onsszenario. Wir halten eine solche Rechnung

derzeit aber für keine sinnvolle Fingerübung

der Konjunkturanalyse. Wir spannen mit un-

seren beiden Szenarien („Moll“ und „Dur“)

lieber ein wahrscheinlicheres Spektrum der

möglichen konjunkturellen Welten auf.

Die Umsetzung dieser Annahmen in das

konjunkturelle Zahlentableau zeigt, dass

Deutschland im pessimistischen Mollszenario

zwangs läufig in eine Rezession rutschen wür-

de. Die schon im zweiten Halbjahr 2012 ein-

getretene Konjunkturabschwächung würde

anhalten und sich verschärfen. Die Abwehr-

kräfte, die 2012 noch kraftvoll waren und das

Wachstum abgesichert hatten, wären dann

aufgezehrt. Die Folgen einer Dauerrezession

in Südeuropa und Frankreich würden Deutsch-

land gleich mehrfach treffen: über den Außen-

handelskanal und über einen Rückschlag der

Unternehmensinvestitionen. Wir quantifizie-

ren dieses ungünstige Szenario mit einem

Rückgang des BIP um etwa 1 Prozent.

Wohlgemerkt: Das Mollszenario ist keine

„Worst Case“-Analyse. Geriete die Schulden-

krise völlig außer Kontrolle oder würde sie

durch weitere außenwirtschaftliche Schocks

verschärft, dann wäre die Konjunkturanalyse

erneut mit der Situation 2008/2009 konfron-

tiert: Kaum jemand könnte derzeit die Tiefe

der dann eintretenden Rezession einigerma-

ßen zuverlässig ermessen.

Die Bundestagswahl

2013 wird die

Konjunkturperspektiven

kaum beeinflussen.

7 D e u t s c h l a n D p r o g n o s e 2 0 1 3

47

Konjunktur 2013: Im Durszenario gelingt die europäische Stabilisierung

Die EZB-Lösung kann die Anleihemärkte

nicht vollständig stabilisieren. Massive

Anleihekäufe der Zentralbank können

die Zweifel am Erhalt der Eurozone nicht

zerstreuen.

Die Rezession Spaniens und Italiens

verschärft sich. Frankreich gerät

ebenfalls in eine ausgeprägte Rezession.

Der US-Arbeitsmarkt enttäuscht

weiterhin und verhindert eine

durchgreifende Erholung der

Konsumkonjunktur. Die Ökonomie

verharrt bei niedrigen Wachstumsraten

von 1 bis 2 Prozent.

Die ungelöste europäische Krise setzt

der Weltwirtschaft weiterhin zu. Das

globale BIP-Wachstum bröckelt weiter

ab, der Welthandel stagniert.

Die Rentabilität der Unternehmen fällt

konjunkturbedingt. Auch wenn Aktien

von der Flucht in Realwerte profitieren,

kommt es zu deutlichen Kursverlusten.

Es kommt zu einem moderaten

Anstieg der Arbeitslosigkeit und der

Beschäftigungsaufbau zu einem Ende.

Die deutschen Konsumenten profitieren

noch von ihrer guten Einkommens-

und Beschäftigungssituation. Sie sind

nicht euphorisch, aber leisten einen

Wachstumsbeitrag, der einen tieferen

Absturz der Konjunktur noch verhindern

kann.

Euro-

schuldenkrise

Konjunktur

Eurozone

USA

Weltwirtschaft

Finanzmärkte

Deutscher

Arbeitsmarkt

Konsumenten-

zuversicht

Das Programm der EZB zur

Begrenzung hoher Anleihezinsen

der Südeuropäer wird implementiert

und erreicht sein Ziel. Das Problem

Griechenland bleibt ungelöst.

Nach Irland gelingt im Jahresverlauf

auch Portugal, Spanien und Italien der

Weg aus der Rezession. Dies gilt nicht

für Griechenland.

Die Fed hat Erfolg mit ihrer

Konjunkturstimulierung. Außerdem

profitiert die US-Wirtschaft von

einem freundlicheren globalen

Wirtschaftsklima. Die Arbeitslosigkeit

beginnt zu sinken.

Die Emerging Markets finden als Erste

wieder zu höheren Wachstumsraten

zurück. Im Jahresverlauf verbessert

sich die globale Dynamik auch in der

industrialisierten Welt.

Die Sorgen um die Stabilität der

internationalen Bankwirtschaft ebben

ab. Exportorientierte Unternehmen

erfahren eine Belebung ihrer Märkte.

Die Weltbörsen entwickeln sich stabil.

Im Frühjahr belebt sich der

deutsche Arbeitsmarkt. Themen wie

Fachkräftemangel treten wieder in

den Vordergrund.

Der Privatkonsum entwickelt sich

robust und überrascht positiv.

Der Anteil des Privatkonsums an

der Verwendung des Sozialprodukts

legt zu.

„Mollszenario” „Durszenario“

7 D e u t s c h l a n D p r o g n o s e 2 0 1 3

48

Wir halten es angesichts der aktuellen Daten-

lage und der Hoffnungszeichen in der euro-

päischen Schuldenkrise aber nicht für ange-

bracht, uns mit Katastrophenfantasien in

allen statistischen Details zu befassen. Dies

gilt auch deshalb, weil ein übertriebener Pes-

simismus zu gravierenden Fehlentscheidun-

gen für Anleger und Unternehmer gleicher-

maßen führen kann.

Denn die Chancen sind derzeit nicht gering,

dass sich 2013 in Richtung unseres Durszena-

rios entwickelt. In diesem Szenario wachsen

die Bäume in den Krisenstaaten zwar nicht in

den Himmel, immerhin würden sie aber dem

Pionier Irland folgen und nach der Rezessi-

onsphase zumindest wieder schwarze Nullen

schreiben können. Deutschlands Exporter-

folge in den dynamischeren Regionen der

Welt könnten dann wieder zu einem deutli-

chen Wachstum des Außenbeitrags führen.

Ein Wachstum in Höhe von 1,5 Prozent –

vielleicht sogar mehr – wäre dann möglich.

Hier kämen die hohe Wettbewerbsfähigkeit

und die anderen strukturellen Stärken (der

inzwischen funktionsfähige Arbeitsmarkt,

die gesunde Bilanzstruktur in weiten Teilen

der Wirtschaft und die hohe Bonität der Bun-

desrepublik) wieder voll zum Tragen.

Wägen wir beide Szenarien gegeneinander

ab, halten wir momentan unser Durszenario

für wahrscheinlicher als das Mollszenario.

Denn die Aussichten auf eine beginnende

Entschärfung der Schuldenkrise haben sich

durch das EZB-Engagement und das Verfas-

sungsgerichtsurteil verbessert. Insofern ist

unsere konjunkturelle Gesamteinschätzung

für das kommende Jahr von einer vorsichti-

gen Zuversicht geprägt. „Vorsichtig“ beinhal-

tet aber eben auch das Bewusstsein, dass ein

Schock – in Europa oder auch im Nahen

Osten – die Perspektive rasch auf das Moll-

szenario umspringen lassen würde.

Im Mollszenario würde

Deutschland in eine

Rezession rutschen. Im

Durszenario wäre ein

Wachstum von

1,5 Prozent oder mehr

möglich.

Beiträge der Verwendungskomponenten zum Anstieg des realen Bruttoinlandsproduktes (in %-Punkten)

Deutschlandprognose 2013

Konsum 0,1 0,9

Private Haushalte 0,1 0,6

Staat 0,2 0,3

Anlageinvestitionen –0,5 0,5

Ausrüstungen –0,5 0,2

Bauten 0,0 0,2

Inländische Verwendung –0,4 1,4

Außenbeitrag –0,5 0,2

Exporte 0,5 2,2

Importe 1,0 2,0

BIP –1,3 1,6

„Mollszenario” „Durszenario“

49

Kapitalmärkte sind ein System von Antizipa-

tionen. Es geht im Kern um das Abschätzen

möglicher Entwicklungen. Eine Rangfolge

festzulegen, Wahrscheinliches von Unwahr-

scheinlichem zu trennen, ist die hohe Kunst.

Wir skizzieren im Folgenden vier Szenarien

und beleuchten für das wahrscheinlichste die

möglichen Entwicklungen auf wichtigen An-

lagemärkten.

Was ist denkbar?

Die Schuldenkrise ist nicht gelöst. Die Kon-

junktur ist in manchen Regionen anfällig. Die

Gewinne der Unternehmen gaben zuletzt

nach. Welche Anlagepolitik verspricht unter

diesen Vorzeichen eine erfolgreiche zu sein?

Die unkonventionellen Notenbankinterven-

tionen schüren außerdem die Angst der In-

vestoren vor Inflation.

Das erste Szenario ist mit einer sehr geringen

Eintrittswahrscheinlichkeit versehen: Es ist

der Zusammenbruch der Eurozone. Es käme

zu Zahlungsausfällen von Staaten; Banken

und Unternehmen würden in Schieflage gera-

ten. Wirtschaftliche Kontraktion sowie Defla-

tion wären die Folge. In diesem Fall würden

AAA-Staatsanleihen, Gold und der US-Dollar

profitieren. Aktienmärkte würden auf Tal-

fahrt geschickt.

Denkbar ist zweitens ein weltweites Abgleiten

in die Rezession – ein Szenario, das eine gerin-

ge Eintrittswahrscheinlichkeit hat. Ungemach

könnte bereits Anfang 2013 aus den USA

kommen. Hier könnten automatisch drohende

Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen

die amerikanische Wirtschaft in eine Rezessi-

on stürzen. Wir gehen indes davon aus, dass

sich die Parteien dort auf ein vernünftiges Maß

einigen werden, damit die US-Wirtschaft nicht

dem ,,Fiscal Cliff “ zum Opfer fällt. Ebenso

liegt ein Wiederaufkeimen der Euroschulden-

krise im Rahmen des Möglichen. Dies hätte

zur Folge, dass die ohnehin angeschlagene eu-

ropäische Wirtschaft in eine tiefe Rezession

abgleiten würde. Bevorzugte Assetklassen in

diesem Szenario: Staatsanleihen von AAA-

Gläubigern und Gold. Aktien würden billiger

werden.

Das dritte Szenario wäre der klassische Boom,

sozusagen der Gegenpol zu den ersten beiden

Szenarien. Die Weltkonjunktur würde Fahrt

aufnehmen, die Inflationsraten würden steigen.

Aus heutiger Sicht gibt es hierfür wenig Anzei-

chen, entsprechend gering ist auch die Eintritts-

wahrscheinlichkeit. Zyklische Aktien und

Rohstoffe wären die stärksten Renditetreiber.

Es verbleibt somit das vierte und wahr-

scheinlichste Szenario. Es ist gekennzeichnet

durch das Überleben der Eurozone, geringes

8 Anlagepolitik 2013

8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3

50

weltweites Wachstum und niedrige Inflation.

Die anhaltende Niedrigzinspolitik der No-

tenbanken ist wesentlicher Bestandteil dieses

Szenarios.

Aktien profitieren vom Sicherheitsnetz

der Notenbanken

Die globalen Aktienmärkte werden durch die

weltweite Niedrigzinspolitik und die damit

verbundene enorme Liquidität gestützt. Aus-

gehend hiervon hat sich zumindest in den

USA eine gewisse Stabilisierung der Kon-

junktur eingestellt. Die Finanzierungsbedin-

gungen für Unternehmen und private Haus-

halte haben sich verbessert, die Kredit-

nachfrage steigt. Positive Signale für einen

moderaten Aufschwung lassen sich bereits an

den steigenden Einzelhandels- und Konsum-

klimazahlen ablesen.

Zudem sind die Aktienmärkte relativ zu an-

deren Anlageklassen wie etwa Anleihen at-

traktiv bewertet. Erstmals seit vielen Jahren

liegt die Dividendenrendite weit über der

Rendite sicherer Staatsanleihen. Der Euro-

Stoxx 50 beispielsweise wirft eine (erwartete)

Dividendenrendite von 4,25 Prozent ab, der

deutsche Aktienmarkt nicht viel weniger.

Dies ist dreimal so viel wie die Rendite der

10-jährigen Bundesanleihe.

Aber auch absolut zeigen die Bewertungen der

Dividendenpapiere ein attraktives Bild auf. So

sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der meis-

ten wichtigen Aktienmärkte, trotz eines bis-

lang positiven Aktienjahres 2012, noch immer

unter ihren langjährigen Durchschnitten.

Die fehlende Aktieneuphorie und der geringe

Investitionsgrad wichtiger Anlegerkreise bilden

eine weitere wichtige Stütze für die Aktien-

märkte, denn diese Anleger, insbesondere Pen-

sionskassen und Versicherungen, müssen sich

künftig neue Renditequellen erschließen. Wenn

diese Anleger ihre Renditeversprechen einhal-

ten wollen, wird ihnen dies allein mit Staats-

anleihen und Pfandbriefen kaum gelingen. Sie

werden deshalb langfristig nicht an der Aktie

als attraktivem Investment vorbeikommen.

Unsere Bewertungsmodelle für die globalen

Aktienmärkte weisen mittel- bis langfristig

ein hohes Potenzial auf. Eine Reihe von Akti-

enmärkten notiert gegenwärtig bis zu einem

Drittel unter ihrem „fairen Wert“, den unsere

Berechnungsmodelle ergeben.

Renten: Bewegung auf der Risikoleiter

Das Rentenjahr 2013 steht wie im Vorjahr un-

ter der Überschrift „Suche nach Rendite“. Für

viele Anleger sind die Renditen, die die boni-

tätsstärksten Emittenten bieten, zu gering. Am

niedrigen Renditeniveau wird sich 2013 wahr-

scheinlich wenig ändern: Denn aufgrund der

lockeren Geldpolitik der Zentralbanken ist

eine Zinswende nicht in Sicht. Anleger mit

Renditeerwartungen auf oder über dem Ni-

veau der aktuellen (erwarteten) Inflationsraten

müssen die „Risikoleiter“ noch oben klettern.

Dies kann über eine Verlängerung der Laufzei-

Die globalen

Aktienmärkte weisen

mittel- bis langfristig

ein hohes Potenzial auf.

8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3

51

ten geschehen, also eine Durationsverlänge-

rung. Während deutsche 10-jährige Staats-

anleihen um 1,5 Prozent rentieren, werfen

30-jährige Bundesanleihen rund einen Drei-

viertel Prozentpunkt mehr an Rendite ab.

Wer sich jedoch vor längeren Laufzeiten

scheut, da sie bei Zinssteigerungen zwischen-

zeitliche Kursverluste erleiden, kann alterna-

tiv Anleihen mit geringer Bonität erwerben.

Die Renditen für Unternehmens- und High-

Yield-Anleihen bewegen sich noch auf

attraktivem Niveau, jedoch schon nicht mehr

für Anleihen mit kurzer Laufzeit oder gutem

Rating. Ansonsten aber sind je nach Emittent

und Rating noch deutlich höhere Renditen

erzielbar. Die Renditeaufschläge (Spreads)

sind zwar geringer geworden, aber noch bei

Weitem nicht auf historischen Tiefständen.

Anleger dürfen dabei das Risiko nicht ver-

nachlässigen. Vor allem im High-Yield-

Segment sind eine gesonderte Kreditanalyse

sowie eine breite Diversifikation der Titel,

Regionen und Segmente notwendig.

Das größte Risiko für die Rentenmärkte im

Jahr 2013 ist die Weiterentwicklung der EWU

zu einer Transferunion mit Eurobonds und

gemeinschaftlicher Haftung sowie der dann

folgenden Tendenz zur Renditekonvergenz.

Nur dieses Mal mit umgekehrten Vorzeichen,

und zwar mit steigenden Renditen in

Deutschland und fallenden in der EWU-

Peripherie.

Die Suche nach Rendite durch die Anleger

und die guten Finanzierungsbedingungen

für Unternehmen haben dazu geführt, dass in

Das Rentenjahr 2013

steht wie im Vorjahr

unter der Überschrift

„Suche nach Rendite“.

Renditespreizung zwischen Aktien und RentenQuelle: Bloomberg

Dez.97

Dez.98

Dez.99

Dez.00

Dez.01

Dez.02

Dez.03

Dez.04

Dez.05

Dez.06

Dez.07

Dez.08

Dez.09

Dez.10

Dez.11

Dividendenrendite (Dax)Rendite 10-jährige Bundesanleihen

7

6

5

4

3

2

1

0

8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3

52

Edelmetalle, allen

voran Gold, dürften sich

gut behaupten

können.

den ersten zehn Monaten des Jahres 2012

weltweit immerhin Unternehmensanleihen

mit einem Gesamtvolumen in Höhe von

3,3 Billionen US-Dollar platziert wurden.

Schwächere Ratings oder eine nachlassende

Nachfrage könnten hier schnell die Risiko-

prämien ansteigen lassen, die Renditen wür-

den steigen, und es könnte leicht zu groß-

flächigen Veränderungen in der Renditeland-

schaft kommen. Die Anleihekurse hätten da-

runter zu leiden. Auch eine Umschichtung

der Investoren aus dem Bereich der Unterneh-

mensanleihen hinein in das Aktien segment

könnte belasten.

Rohstoffe: Talsohle erreicht

Das Jahr 2012 war für Rohstoffe ein sehr

schwieriger Zeitraum. Die Wertentwicklung

blieb bis auf wenige Ausnahmen deutlich

hinter der von anderen Assetklassen zurück.

Vor allem die nachlassende Wachstumsdyna-

mik Chinas, dem wichtigsten Rohstoffnach-

frager überhaupt, brachte gerade die zykli-

schen Sektoren wie Energierohstoffe und

Industriemetalle unter Druck.

In unserem oben beschriebenen vierten Sze-

nario, dem Hauptszenario, stellen sich die

Aussichten für Rohstoffe recht vielverspre-

chend dar. Durch die relativ zu anderen As-

setklassen schlechtere Wertentwicklung sind

Commodities günstig bewertet; vor allem ei-

nige Industriemetalle notieren derzeit nahe

ihren Produktionskosten, was zumindest das

Abwärtspotenzial deutlich begrenzen dürfte.

Außerdem würde die Assetklasse von einem

wieder steigenden Risikoappetit sowie von

etwaigen aufkommenden Inflationsängsten

Europa: Spread von Unternehmensanleihen (in Bp.)Quelle: Macrobond

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Spread Hochzinsanleihen Spread Investment-Grade

1.200

1.000

800

600

400

200

0

8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3

53

profitieren. Daher dürften sich auch die Edel-

metalle – allen voran Gold – gut behaupten

können. Denn Liquidität ist reichlich vorhan-

den, die Zinsen – als Opportunitätskosten zu

verstehen – sind niedrig und auf realer Basis

sogar negativ.

Die größten Fragezeichen ergeben sich bei

Agrarrohstoffen. Insbesondere die Getreide-

preise haussierten nach den extremen Wet-

terbedingungen in den USA und in anderen

wichtigen Anbaugebieten kräftig, haben sich

seitdem aber wieder von ihren Hochpunkten

entfernt. Hier wird wichtig sein, ob einzelne

Exportländer ihre Ausfuhren begrenzen und

wie der nächste Erntezyklus ausfällt.

Währungen: Solidität zählt

Der Euro hat das Jahr 2012 überlebt, er wird

auch das Jahr 2013 überleben. Einen Zerfall

der Gemeinschaftswährung wird es sehr

wahrscheinlich nicht geben. Dafür hat die Po-

litik – einschließlich der EZB – ein zu klares

Bekenntnis abgegeben. Nimmt man dies als

Arbeitshypothese, so handelt es sich bei den

Währungen der Triade aus US-Dollar, Euro

und Yen um Nullzinswährungen, die mitein-

ander konkurrieren. Die gleiche geldpoliti-

sche Ausrichtung in allen drei Währungsräu-

men spricht somit dafür, dass sich die

Währungsbewegungen innerhalb der Triade

in engen Grenzen halten. Aufgrund des

gering(er) gewordenen systemischen Risikos

für den Euro sehen wir die Untergrenze zum

US-Dollar bei etwa 1,20. Bei erfolgreichem

Krisenmanagement in der Eurozone und bes-

seren wirtschaftlichen Perspektiven besteht

die Chance auf eine nennenswerte Höher-

bewertung der Gemeinschaftswährung zum

US-Dollar. Nicht zuletzt ist es gut möglich,

dass klassische fundamentale Wechselkurs-

determinanten allmählich mehr an Gewicht

gewinnen. Leistungsbilanzsalden etwa sprä-

chen eher für Yen und Euro – in beiden Län-

dern sind die Leistungsbilanzsalden positiv.

Umgekehrt spricht dies gegen Defizitländer

wie Großbritannien oder die Vereinigten

Staaten. Allerdings lehrt die jüngere Wäh-

rungsgeschichte, dass Notenbanken und Re-

gierungen zu heftige Währungsbewegungen

gerade in der wie jetzt fragilen Phase ungern

tolerieren. Markante Verschiebungen im

Währungsgefüge würden sicherlich zu Inter-

ventionen führen. Die Schweizer Mindest-

kurspolitik ist Ausdruck einer der möglichen

Reaktionen.

Wer nach Währungsgewinnen sucht, sollte

sich also hüten, alte Trends einfach fortzu-

schreiben. Die Abwertung des Euro zu einer

Reihe von Währungen ist weit fortgeschritten;

umgekehrt tun sich viele Währungen schwer,

alleine aus der „Eurokrise“ Kapital zu schla-

gen. Die skandinavischen Währungen etwa

vermögen es mittlerweile kaum noch, gegen-

über dem Euro an Wert zu gewinnen.

In langfristiger Perspektive sind es letztlich

die Zahlungswilligkeit und die Zahlungs-

fähigkeit eines Währungsraumes, die über

den Außenwert einer Währung entscheiden.

Einen Zerfall

der Gemeinschafts-

währung Euro wird es

sehr wahrscheinlich

nicht geben.

8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3

54

Nicht umsonst wertete der Schweizer Franken

zum amerikanischen Dollar in den vergange-

nen Jahrzehnten auf. In einer kürzeren Sicht-

weise sind Währungen mit hohem Carry –

also hohem Zinsvorteil – bei soliden

Rahmenbedingungen einen Blick wert. Hier-

zu zählen Währungen aus den aufstrebenden

Volkswirtschaften. Manche davon haben

durchaus das Potenzial, auch längerfristig zu

den soliden Währungen zu gehören.

Reale versus nominale Anlagen

Alles in allem ist unsere Anlagepolitik von ei-

ner Bevorzugung realer Anlageklassen ge-

prägt. Im Niedrigzinsumfeld sind die erzielba-

ren Erträge festverzinslicher Wertpapiere

gering. Nach Abzug der Teuerungsraten rut-

schen sie in den negativen Bereich. Anlagen,

die wie Aktien Ansprüche an Sachkapital dar-

stellen, eröffnen zumindest die Option auf hö-

here Erträge. In einem Umfeld nahezu maxi-

maler geldpolitischer Unterstützung und einer

nach unserem Dafürhalten bevorstehenden

konjunkturellen Beschleunigung sollte diese

Entscheidung letztlich von Erfolg gekrönt sein.

Aktien +

USA +

Euro-Core +

Europeripherie –

Emerging Markets +

Anleihen –

Fremdwährungen +

Euro-Core –

Europeripherie –

Unternehmensanleihen ++

Rohstoffe 0

Gold +

Energie –

Metalle 0

Quelle: eigene Darstellung

55

Ein Investment in Aktien ist immer mit ei-

nem Risiko verbunden. Es gibt viele Ereig-

nisse, die den Wert einer Aktie negativ beein-

flussen können. Unter den Markterwartungen

liegende Geschäftszahlen, eine Dividenden-

kürzung, falsche operative Entscheidungen,

um nur eine kleine Anzahl von Einflussfakto-

ren zu nennen, können den Aktienkurs des

Unternehmens direkt beeinflussen. Aber

auch nachlassende Makrodaten, wie beispiels-

weise enttäuschende Einkaufsmanagerindi-

zes oder steigende Deflationsraten, haben auf

die Aktienmärkte allgemein eine negative

Auswirkung.

Auf der anderen Seite beinhaltet die Anlage in

Aktien natürlich auch Chancen. Chancen, die

man sich auf lange Sicht nicht entgehen lassen

sollte. Denn es spricht langfristig viel für die

Anlage in Aktien. Als verbriefter Anteil eines

Unternehmens ist eine Aktie eine Sachinvesti-

tion und bietet somit einen gewissen Schutz

vor Inflation. Weiterhin profitiert der Anleger

neben dem Wertzuwachs von den Ausschüt-

tungen. Viele Unternehmen schütten derzeit

Dividenden aus, die eine höhere Rendite als

Unternehmensanleihen bieten.

Chancen und Risiken liegen bei Aktien somit

relativ nahe beieinander. Bei der Auswahl

von Aktien kann man jedoch die Risiken zu

einem gewissen Maße einschränken. Wichtig

ist zum Beispiel eine solide Bilanz mit einer

hohen Eigenkapitalquote und geringer Netto-

verschuldung oder gar einer positiven Netto-

liquidität. Eine hohe und in der Vergangen-

heit kontinuierliche Dividendenzahlung ist

ebenso ein wichtiges Kriterium. Weiterhin ist

die operative Stärke zu beobachten. Wie wer-

den sich die Gewinne in den nächsten Jahren

entwickeln, und wo steht das Unternehmen

relativ zu seinen Wettbewerbern? Als letztes

Kriterium sollte die geografische Verteilung

der Umsätze dienen. Je höher die geografi-

sche Diversifikation, desto weniger Absatz-

risiken wird sich ein Unternehmen ausgesetzt

sehen. Dabei sollte der Fokus auf den asiati-

schen Märkten liegen, da dort auch in den

kommenden Jahren höhere Wachstumsraten

zu erwarten sind.

Bei der Entscheidung nach diesen Kriterien

gilt: je länger der Anlagehorizont, desto strik-

ter sollte man diese Vorgaben umsetzen. Bei

einem kürzeren Anlagehorizont kann man

die Kriterien auch bis zu einem gewissen Maß

aufweichen. Ist zum Beispiel ein Unterneh-

men dabei, überzeugende Restrukturierungs-

maßnahmen einzuleiten, kann dies eine

spannende Investition darstellen – auch wenn

etwa die Verschuldungsquote noch relativ

hoch ist.

Langfristig spricht

viel für die Anlage

in Aktien.

9 Die Hauck & Aufhäuser- Top-10-Liste

9 D I e h a u c K & a u f h ä u s e r - t o p - 1 0 - l I s t e

56

In diesem Kapitel möchten wir eine Auswahl

an Aktien vorstellen, die unserer Meinung

nach ein interessantes Investment darstellen.

BASF

BASF ist eines der größten Chemieunterneh-

men der Welt. Mit rund 370 Produktions-

standorten in 80 Ländern ist das Unterneh-

men global aufgestellt. BASF ist in sechs

Bereichen tätig: Chemicals, Plastics, Perfor-

mance Products, Functional Solutions und

Agricultural Solutions. Mit der Tochter Win-

tershall ist das Unternehmen zudem erfolg-

reich im Öl- und Gasgeschäft tätig.

Ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist das so-

genannte Verbundprinzip. In jedem der sechs

Verbundstandorte werden Produktionsanla-

gen, Energiefluss und Infrastruktur mitein-

ander vernetzt. So dienen beispielsweise Ne-

benprodukte der einen Fabrik der anderen als

Einsatzstoff. Somit können Ressourcen,

Energie und Logistikkosten gesenkt werden.

Ebenfalls ein Vorteil ist das eigene Ölgeschäft.

Damit ist BASF gegen steigende Rohölpreise

abgesichert.

In den vergangenen Quartalen konnte BASF

jedes Mal mit seinen Zahlen überzeugen. Da-

bei ist der Produktmix ein entscheidender

Vorteil. Während im derzeitigen konjunktu-

rell schwachen Umfeld das Chemiegeschäft

nur noch leicht wächst, können die Bereiche

Agrar sowie Öl und Gas stärker zulegen. Wei-

terhin ist die Dividendenrendite von rund

4 Prozent hervorzuheben, sogar eine Erhöhung

der Dividende (im Jahr 2011 wurden 2,50

Euro je Aktie gezahlt) ist aufgrund der wei-

terhin soliden Bilanz möglich.

BHP Billiton

BHP Billiton ist eines der größten Bergbau-

unternehmen der Welt mit einem breit diver-

sifizierten Portfolio an Rohstoffen. Dazu ge-

hören zum Beispiel Eisenerz, metallurgische

Kohle, Nickel, Aluminium und Erdöl. Dabei

wird die gesamte Wertschöpfungskette abge-

deckt. Von der Exploration über die Be- und

Verarbeitung der Rohstoffe bis hin zum Ver-

kauf ist das Unternehmen aktiv.

In den vergangenen Monaten verlief der Ak-

tienkurs seitwärts. Grund dafür war das in

den letzten Quartalen nachlassende Wirt-

schaftswachstum in China, einem wichtigen

Markt für BHP Billiton. Im nächsten Jahr

sollte sich die Konjunktur aber wieder ver-

bessern. Während für China in diesem Jahr

ein Wachstum von rund 7,5 Prozent prognos-

tiziert wird, sollen es im Jahr 2013 wieder

über 8 Prozent sein. Dies wird auch positive

Auswirkungen auf die Rohstoffnachfrage ha-

ben. Daher ist ein Investment in ein Unter-

nehmen aus einem frühzyklischen Sektor

zum jetzigen Zeitpunkt eine Überlegung

wert. Außerdem bietet das Unternehmen bei

den derzeitigen Aktienkursen eine Dividen-

denrendite von immerhin rund 3,5 Prozent.

In den vergangenen

Quartalen konnte BASF

mit seinen Zahlen

überzeugen.

9 D I e h a u c K & a u f h ä u s e r - t o p - 1 0 - l I s t e

57

Coca-Cola

Coca-Cola ist der weltgrößte Softdrinkherstel-

ler. Neben den Hauptmarken Coca-Cola, Fan-

ta, Sprite, Frutopia und Minute Maid produ-

ziert das Unternehmen auch Konzentrate,

Wasser, Tee und Sportgetränke. Erst kürzlich

wurde Coca-Cola von Interbrand zur wert-

vollsten Marke – gefolgt von McDonalds – ge-

wählt. Der größte Markt sind die USA (rund 55

Prozent des Absatzes). Dennoch ist der Geträn-

kehersteller in über 200 Ländern vertreten und

somit geografisch hervorragend diversifiziert.

Zuletzt hatte sich in den Geschäftszahlen die

Zurückhaltung der Verbraucher (Wechsel zu

günstigeren Produkten vor allem in Europa)

gezeigt. Dieser Effekt sollte im nächsten Jahr

bei zunehmendem Wirtschaftswachstum ab-

flachen. Zudem profitiert Coca-Cola von den

derzeit nachgebenden Rohstoffpreisen.

Deutsche Post

Die Deutsche Post gehört weltweit zu den

führenden Logistikunternehmen. Der Kon-

zern bietet ein breites Spektrum an integrier-

ten Dienstleistungen und maßgeschneider-

ten Lösungen für das Management und den

Transport von Briefen, Waren und Informa-

tionen an. Zu den Stärken des Unternehmens

gehört die starke internationale Aufstellung.

In wichtigen Schwellenländern wie China

und Indien ist die Deutsche Post Marktfüh-

rer. Dabei profitiert das Unternehmen vom

Megatrend Internet, durch den die Nachfrage

nach Logistikdienstleistungen (Amazon,

Ebay, etc.) immer mehr zunimmt. Durch

neue Portopreisregelungen und das anhal-

tend starke Paketgeschäft sollte sich das klas-

sische Briefgeschäft trotz der zunehmenden

Substitution durch E-Mails stabilisieren kön-

nen. In den vergangenen Jahren ist die Deut-

sche Post durch das Generieren von hohen

Mittelzuflüssen (freier Cashflow) aufgefal-

len. Dementsprechend wurde die Dividende

kontinuierlich gesteigert. Die Dividenden-

rendite beläuft sich inzwischen auf über

4,5 Prozent.

ENI

Der italienische Öl- und Gaskonzern gehört

zu den größten Energieunternehmen in Eu-

ropa. Dabei wird die gesamte Wertschöp-

fungskette von der Suche und Förderung von

Öl und Gas, der Verarbeitung, dem Vertrieb

und dem Transport abgedeckt. Zudem ist das

Unternehmen in der Stromerzeugung tätig.

Zuletzt konnte ENI mit guten Zahlen aufwar-

ten. Vor allem die schnelle Wiederaufnahme

der Ölförderung in Libyen wirkt sich positiv

aus. Zudem konnte das Unternehmen durch

Verkäufe von Randaktivitäten (das italieni-

sche Gasversorgungsunternehmen Snam und

das portugiesische Ölunternehmen Galp)

die Verschuldungsquote zurückfahren. Das

Gearing (Nettoverbindlichkeiten/Eigenkapi-

tal) liegt bei soliden 31 Prozent. Im nächsten

Jahr sollte ENI von einem wieder zunehmen-

den weltweiten Rohstoffhunger profitieren

Auch als Dividenden-

wert ist ENI interessant.

9 D I e h a u c K & a u f h ä u s e r - t o p - 1 0 - l I s t e

58

können. Auch als Dividendenwert ist ENI in-

teressant. Das Unternehmen bietet derzeit

eine attraktive Dividendenrendite von rund

6 Prozent.

Fresenius

Fresenius ist ein diversifizierter Medizintech-

nik- und Gesundheitskonzern. Mit den Töch-

tern Fresenius Kabi (100 Prozent) und Frese-

nius Vamed (77 Prozent) bietet das Unter -

nehmen Produkte und Dienstleistungen für

Krankenhäuser und die häusliche medizini-

sche Versorgung an. Fresenius Helios (100

Prozent) operiert als Krankenhausbetreiber.

Gleichzeitig ist Fresenius mit 31 Prozent an

der ebenfalls im Dax gelisteten Fresenius Me-

dical Care beteiligt, die hauptsächlich im Dia-

lysegeschäft tätig ist. Diesem Bereich wird in

den nächsten Jahren eine zunehmende Be-

deutung beigemessen. Schätzungen zufolge

wird sich die Zahl der Dialysepatienten bis

2020 um rund 70 Prozent erhöhen.

Ein anderer Wachstumsbereich sollte in den

nächsten Jahren das Krankenhausgeschäft

sein. Weitere Übernahmen von öffentlichen

Krankenhäusern durch Fresenius Helios sind

wahrscheinlich. Die Privatisierungen sind

das Ergebnis der immer schwieriger werden-

den Finanzierung von Krankenhäusern

durch die öffentliche Hand. Zusätzliches Po-

tenzial sieht Fresenius auch in den Schwellen-

ländern. Deren Anteil am Umsatz macht der-

zeit 30 Prozent aus und soll in den nächsten

Jahren stetig gesteigert werden.

Intel

Intel ist ein weltweit führender Hersteller von

Halbleiterprodukten. Das Produktportfolio

umfasst dabei mehrere Produktarten: Mikro-

prozessoren, Motherboards, Chipsets und

Wireless- und Wired-Connectivity-Produk-

te. Da Entwicklung, Fertigung und Vermark-

tung vom Unternehmen getätigt werden, ist

die Wertschöpfungstiefe enorm. Intel zeich-

net sich seit Jahren durch hohe Margen

(EBITDA-Marge > 40 Prozent) und einen ho-

hen Umsatzanteil im Wachstumsmarkt Asien

aus. Auch die Bilanz ist als sehr solide einzu-

stufen.

Die Entwicklung des Aktienkurses war von

der in den vergangenen Quartalen nachlas-

senden PC-Nachfrage geprägt. Zudem meh-

ren sich die Berichte, dass Großkunde Apple

in Zukunft eigene Chips herstellen will.

Gleichzeitig hat Microsoft angekündigt, seine

neue Tablet-Generation nicht nur für Intel-

Chips, sondern auch für Chips des Wettbe-

werbers ARM kompatibel zu machen. Den-

noch könnte die Aktie für den Anleger mit

einer höheren Risikoneigung sehr aussichts-

reich sein. Intel arbeitet derzeit mit Hoch-

druck an der „Schrumpfung“ seiner Chips.

Bereits auf der Technologiemesse in Las Ve-

gas im Januar könnte das Unternehmen

Branchenkennern zufolge einen Chip vor-

stellen, der aufgrund seiner geringen Größe

stromsparend ist (damit könnte der Vorteil,

den ARM durch seine Chiparchitektur er-

zielt, kompensiert werden) und dennoch

Die Bilanz von

INTEL ist als sehr

solide einzustufen.

9 D I e h & a - t o p - 1 0 - l I s t e

59

mehr Leistung als die Konkurrenzprodukte

hat. Dies sollte sich positiv auf den Aktien-

kurs auswirken.

LVMH

Der französische Konzern ist ein weltweit

führendes Unternehmen in der Luxusgüter-

industrie. LVMH verfügt über ein Portfolio

von 60 Premiummarken, darunter Namen

wie Hennessy, Kenzo, Christian Dior, Given-

chy, Ruinard, Tag Heuer, Guerlain, Fendi,

Bulgari, Hublot etc. Diese Marken werden

weltweit in über 3.000 Geschäften vertrieben.

LVMH ist in allen wichtigen Bereichen ver-

treten: Weine und Spirituosen, Mode und Le-

derprodukte, Parfums und Kosmetik sowie

Uhren und Schmuck.

Die hohe Produktdiversifikation und der Be-

kanntheitsgrad der Marken machen das Un-

ternehmen relativ unabhängig von konjunk-

turellen Schwankungen. So konnte LVMH in

diesem Jahr seine Umsätze selbst im wirt-

schaftlich geschwächten Europa steigern. Bei

einem zunehmenden Wirtschaftswachstum

im wichtigen Absatzmarkt China im nächs-

ten Jahr sollte LVMH seine Umsätze und Ge-

winne weiter steigern können.

Metro

Die Aktienkursentwicklung der vergangenen

zwei Jahre war eine Enttäuschung. Stagnieren-

de Umsätze sowie Margen und anhaltende

Probleme bei den Töchtern Real und Media-

Markt/Saturn haben viele Investoren aus dem

Wert getrieben. Die Herabstufung aus dem

deutschen Leitindex Dax in den M-Dax war

der traurige Höhepunkt dieser Entwicklung.

Die letzten Quartalszahlen haben aber in die

richtige Richtung gezeigt. Während die Prob-

leme bei Real und Media-Markt/Saturn durch

weiter sinkende Ergebnisbeiträge weiterhin

deutlich sind, überraschte das starke Cash-

&-Carry-(MCC)-Geschäft. Insbesondere in

Russland und China konnte MCC deutlich

zulegen.

Insgesamt betrachten wir Metro als eine Re-

strukturierungsstory. Metro wird das Wachs-

tum in Osteuropa (inklusive Russland) und

China weiter forcieren. Zudem sollte durch

den Verkauf von Grundstücken und unrentab-

len Cash-&-Carry-Märkten Geld in die Kasse

gespült werden, das zum einen in die Restruk-

turierung gesteckt werden wird und zum an-

deren die Nettoverbindlichkeiten reduzieren

sollte. Auch für Real ist eher kurzfristig –

wahrscheinlich schon im laufenden vierten

Quartal – mit einer Lösung zu rechnen. Da für

Real hohe Investitionen bei gleichzeitig negati-

ven Cashflows nötig wären, stellt ein Verkauf

ein wahrscheinliches Szenario dar.

Nestlé

Nestlé ist der weltgrößte Nahrungsmittel-

konzern. Die Produktpalette reicht von Tief-

kühl- und Milchprodukten über Süßwaren,

Kindernahrung, pharmazeutische Produkte

LVMH konnte 2012

seine Umsätze selbst

im wirtschaftlich

geschwächten Europa

steigern.

9 D I e h a u c K & a u f h ä u s e r - t o p - 1 0 - l I s t e

60

und Haustierbedarf bis hin zu Getränken.

Derzeit befindet sich Nestlé in einer strategi-

schen Neuausrichtung hin zu Nutrition, also

gesundheitsbewusster Ernährung. Dies ist

ein zunehmender Trend in den Industrielän-

dern und in Entwicklungsländern, deren

Mittelschicht stark wächst. Das Unterneh-

men erkennt frühzeitig neue Megatrends in

der Ernährungsindustrie, daher positioniert

sich das Unternehmen frühzeitig im Bereich

Functionalfood. Auch am Markt für Kaffee-

Pads/-Kapseln konnte sich Nestlé als „Second

Mover“ („First Mover“ war Philips mit der

Marke Senseo) sehr erfolgreich positionieren.

Neben der hohen geografischen Diversifizie-

rung sprechen die starken Marken (Nestlé,

Perrier, Kitkat, Nescafé, Buitoni, Nestea,

Maggi, Häagen-Dazs etc.) für das Unterneh-

men, da aufgrund der hohen Bekanntheit

und Qualität Rohstoffpreissteigerungen rela-

tiv schnell an die Endverbraucher weiterge-

reicht werden können. Damit sichert sich

Nestlé anhaltend hohe und stabile Margen.

Gleichzeitig bietet das Unternehmen eine Di-

vidende von über 3 Prozent. Seit 2008 wurde

die Dividende kontinuierlich gesteigert.

61

Seit rund 300 Jahren gibt es kurzfristige

Schatzpapiere im Vereinigten Königreich, seit

über 400 Jahren lang laufende Staatspapiere

der Niederlande. Trotz der für die Kapital-

märkte gewaltigen Vergangenheit haben die

Papiere heute eine Gemeinsamkeit: Die aktu-

ellen Renditen sind so niedrig wie noch nie.

Und wenn die Notenbanken dieser Welt ihre

Politik nicht ändern, werden sie auch weiter-

hin so niedrig bleiben.

Dieser Umstand kippt alle langfristigen Ren-

diteannahmen. Wenn Staatsanleihen weiter-

hin im Niedrigzinsumfeld verharren, werden

auch Aktien bei einer Risikoprämie von 4 bis

5 Prozent insgesamt nur einen Ertrag von

6 bis 7 Prozent pro anno abwerfen. Eine alter-

native Herleitung des langfristigen Returns

für Aktien kann auch über die Formel Divi-

dendenrendite plus Wachstum plus Inflation

erfolgen. Aber auch hier gilt: In einem Um-

feld, in dem alle Regierungen der Industrie-

nationen und die Privathaushalte strukturell

sparen müssen, ist nicht mit hohen Wachs-

tumsraten zu rechnen. Die Banken- und

Staatsschuldenkrise hat die internationalen

Finanzmärkte im Zeitraffer durch einen gra-

vierenden Strukturwandel katapultiert – mit

entsprechenden Herausforderungen für die

Vermögensanlage.

Die niedrigen Zinsen sind gekommen,

um zu bleiben

Drei Entwicklungen sind ausschlaggebend

dafür, dass es sich nicht um ein vorüber-

gehendes Phänomen handelt, sondern dass

die niedrigen Zinsniveaus die Periode nach

der Finanz- und Staatsschuldenkrise auch

weiterhin prägen werden:

1. Für niedrige Zinsen spricht die schwache

Konjunktur, die durch die notwendigen

Strukturanpassungen und die restriktive

Finanzpolitik gebremst wird.

2. Die expansive Geldpolitik der außer-

gewöhnlichen Maßnahmen wird fortge-

führt und vielleicht sogar noch ausgeweitet

werden. Denn nach wie vor besteht die Not-

wendigkeit, die Funktionsfähigkeit des Fi-

nanzsystems zu stützen und die Finanzie-

rung der Staaten zu sichern; während

gleichzeitig die schwache Konjunktur und

die gestörten geldpolitischen Transmissi-

onsmechanismen inflationsfreien Spielraum

hierfür eröffnen.

3. An den Märkten für Staatsanleihen hat das

Angebot sicherer Anlageklassen ab-, gleich-

zeitig aber die Nachfrage nach selbigen zu-

Bei anhaltenden

Niedrigzinsen stehen

alle langfristigen

Renditeannahmen

auf der Kippe.

10 Asset Allocation: neue Paradigmen an den Kapitalmärkten

1 0 a s s e t a l l o c a t I o n : n e u e p a r a D I g M e n a n D e n K a p I t a l M ä r K t e n

62

genommen. Das treibt die Preise der als si-

cher empfundenen Staatspapiere und lässt

ihre Renditen sinken.

Schon bisher war die Geldpolitik ein wesent-

licher Grund für das Niedrigzinsumfeld, und

sie dürfte es weiterhin bleiben. Denn die No-

tenbanken gerade der großen Industrieländer

ziehen alle Register, um den volkswirtschaft-

lichen Krisensumpf trockenzulegen und ins-

besondere in Europa den Finanzsektor zu

stabilisieren. Dabei ist das traditionelle Instru-

mentarium der Zentralbanken, speziell die

Zinspolitik, weitgehend ausgeschöpft. Der

Einlagensatz der EZB, der die Zinsuntergren-

ze am Tagesgeldmarkt markiert, wurde im

Sommer 2012 von 0,25 Prozent auf null ge-

senkt. Die amerikanische Fed und ebenso die

Bank of Japan halten den Tagesgeldsatz seit

Ende 2008 bei knapp über null, die Bank of

England hat den Leitzins seit Frühjahr 2009

bei 0,5 Prozent eingefroren.

Die Zentralbanken haben deshalb ihren

Werkzeugkasten durch weitere nichtkonven-

tionelle Instrumente ergänzt. Fed, Bank of

England und Bank of Japan setzen vor allem

auf Wertpapierkäufe. Die US-Notenbank bei-

spielsweise hat ihr Bilanzvolumen durch der-

artige Käufe in den vergangenen vier Jahren

auf 2.900 Milliarden US-Dollar verdreifacht.

Auf der Aktivseite der Notenbankbilanz be-

finden sich mittlerweile Wertpapiere im Wert

von rund 2.600 Milliarden US-Dollar, von de-

nen etwa 1.650 Milliarden US-Dollar US-

Staatstitel sind. Den Rest des Bestandes bilden

vor allem hypothekenbesicherte Anleihen,

sogenannte Mortgage-backed Securities. Seit

September 2011 versucht die Fed durch Um-

schichtungen im Staatsanleiheportefeuille –

den Austausch von Papieren mit kurzen Lauf-

zeiten (unter drei Jahren) durch solche mit

Laufzeiten von mindestens sechs Jahren – die

langfristigen Renditen zu dämpfen.

Die EZB verfolgte zunächst einen etwas an-

deren Ansatz. Da der EU-Vertrag die Staats-

finanzierung durch die Notenbank verbietet,

sind „endgültige“ Offenmarktgeschäfte der

EZB in Staatsschuldtiteln umstritten. Darü-

ber hinaus ist das Finanzsystem in der EWU

anders als in den angelsächsischen Ländern

sehr stark bankenorientiert. Außerdem hat

die Schuldenkrise zu einem Rückzug der An-

leger – institutioneller ebenso wie privater –

in die nationalen Märkte geführt. Die damit

verbundenen Mittelabflüsse aus den Krisen-

regionen haben den Refinanzierungsbedarf

der dortigen Banken massiv ansteigen lassen.

Die Geldpolitik der EZB konzentrierte sich

darauf, mithilfe von in der Höhe unbegrenz-

ten, aber zu besichernden Refinanzierungs-

krediten die Banken liquide zu halten. Tat-

sächlich hat die EZB im Verlauf der Krise

zusätzliche Refinanzierungsgeschäfte zu-

nächst mit ein-, sechs- und zwölfmonatiger

Laufzeit angeboten, später dann, im Dezem-

ber 2011 und Februar 2012, zwei Geschäfte

mit dreijähriger Laufzeit. Mit einem Gesamt-

volumen von mehr als 1 Billion Euro bilden

diese beiden „superlangen“ Tender derzeit

den mit Abstand wichtigsten Teil der Liquidi-

Die Geldpolitik war

schon bisher ein

wesentlicher Grund für

das Niedrigzinsumfeld,

und sie dürfte es

weiterhin bleiben.

1 0 a s s e t a l l o c a t I o n : n e u e p a r a D I g M e n a n D e n K a p I t a l M ä r K t e n

63

tätsausstattung des Bankensystems in der

EWU.

Ein Ende der extrem expansiven Geldpolitik

in den Industrieländern ist nicht absehbar.

Im Gegenteil: Die Zentralbanken intensivie-

ren ihre Bemühungen. Die Fed hatte wieder-

holt ihre Absicht bekundet, den geldpoliti-

schen Kurs bis mindestens Ende 2014

beibehalten zu wollen. Angesichts der hohen

und, so Fed-Chef Ben Bernanke, nur „frust-

rierend langsam“ sinkenden Arbeitslosigkeit

hat die US-Notenbank zum einen eine Ver-

längerung dieses Zeitraums bis mindestens

Mitte 2015, zum anderen weitere Wertpapier-

käufe (QE3) beschlossen. Während die bishe-

rigen Ankaufprogramme betragsmäßig und

zeitlich begrenzt waren, plant die Notenbank

nun – bis auf Weiteres –, monatlich Mortga-

ge-backed Securities der Agencies (vor allem

Fannie Mae, Freddie Mac) in Höhe von 40

Milliarden US-Dollar zu erwerben. Sie will

dieses Programm beibehalten oder sogar er-

gänzende Maßnahmen ergreifen, sollte es

nicht zu einer substanziellen Verbesserung

der Arbeitsmarktaussichten kommen.

Auch die EZB hat sich im Sommer 2012 ange-

sichts der Verschärfung der Krise in Spanien

und Italien und zunehmender gesamtwirt-

schaftlicher Unsicherheiten dazu durchgerun-

gen, ihren Therapieansatz zu erweitern. An-

fang September beschloss der EZB-Rat das

Outright-Monetary-Transactions-Programm

(OMT), das – im Unterschied zu den üblichen

Repo-Geschäften – „endgültige“ Käufe von

Staatsanleihen am Sekundärmarkt ohne be-

tragsmäßige Begrenzung vorsieht. Die in Aus-

sicht gestellten Käufe verfolgen den Zweck, die

Renditeunterschiede zwischen der deutschen

Benchmark-Anleihe und vergleichbaren

Staatsanleihen bestimmter Krisenstaaten zu

begrenzen. Da die Notenbank vor allem auf

die Re-Integration der Geldmärkte in der

EWU abzielt, will sie ihre Interventionen auf

Anleihen mit Laufzeiten von bis zu drei Jahren

begrenzen.

Voraussetzung für das Eingreifen der EZB am

Sekundärmarkt ist allerdings, dass sich die

entsprechenden Staaten in einem vollen An-

passungsprogramm befinden oder die Unter-

stützung durch den EFSF beziehungsweise

den ESM bei Interventionen am Primärmarkt

in Anspruch nehmen. Damit wird sicherge-

stellt, dass ein durch die Anleihekäufe der

EZB begünstigter Staat entsprechenden Haus-

haltskontrollen und Anpassungsprogrammen

unterworfen ist. Ein vorangehender Beschluss

des EU-Rates über ein Hilfsprogramm ver-

leiht dem Eingreifen der EZB darüber hinaus

auch eine zusätzliche Legitimität.

Letztlich geht es bei all diesen Maßnahmen

darum, der Politik die notwendige Zeit zu

kaufen, um notwendige Anpassungen in den

Staatshaushalten und den Wachstumsmodel-

len der jeweiligen Volkswirtschaften vorzu-

nehmen. Ein gewisser Anstieg der Inflations-

erwartungen wird dabei sicherlich in Kauf

genommen.

Die geldpolitischen

Interventionen

erkaufen der Politik

Zeit für notwendige

Strukturreformen.

1 0 a s s e t a l l o c a t I o n : n e u e p a r a D I g M e n a n D e n K a p I t a l M ä r K t e n

64

Vermögensanlage in Zeiten niedriger

Renditen

Der oben beschriebene strukturelle Wandel

hat weitreichende Konsequenzen für die Ver-

mögensanlage. Die langfristigen Rendite-

annahmen für die klassischen Anlageklassen

Aktien und Renten haben sicherlich niedri-

ger zu sein als in der Vergangenheit. Die No-

tenbanken halten die Zinsen niedrig, was zu

niedrigen Returns am Rentenmarkt führt.

Allein dies senkt auch die Erwartungen am

Aktienmarkt. Zugleich führen die Sparzwän-

ge der Industrienationen und der privaten

Haushalte langfristig zu niedrigerem Wachs-

tum und niedrigen Aktienreturns. Hinzu

kommt die durch einen Anstieg der Inflati-

onserwartungen bedingte Notwendigkeit,

sich perspektivisch auf Realrenditen zu fo-

kussieren.

In Zeiten steigender Inflationserwartungen

sind Staatsanleihen keine gute Anlageklasse

gewesen. Aktien dagegen können in modera-

ten Inflationszeiten positive Realrenditen ge-

nerieren und schlagen dabei auch die Staats-

papiere. Allerdings fallen bei steigenden

Inflationsraten die Realreturns; diese sind

also negativ korreliert mit den Inflations-

raten. Ab einer Inflationsrate von circa 7 Pro-

zent pro anno werden die Aktienmarkt-

returns real sogar negativ.

Dieses Szenario erwarten wir allerdings nicht.

Daher ist der Aktienmarkt trotz der hohen

Volatilität des vergangenen Jahrzehntes im

Vergleich zum Rentenmarkt der bessere

Markt zur Investition. Hinzu kommt die At-

traktivität der Dividendenrendite, die an den

großen Aktienmärkten im Schnitt bei circa

3 Prozent und damit schon deutlich über den

Renditen der Rentenmärkte liegt.

Dieses neue Umfeld zwingt uns, traditionelle

Anlagestrategien kritisch zu prüfen und dem

neuen Umfeld anzupassen. Marktabhängiges

Investieren mit dem Ziel einer relativen rea-

len beziehungsweise nominalen Rendite galt

lange Zeit als Königsweg. Die Basis dieser In-

vestmentstrategie entstand in den 80er-Jahren

und wurde in den 90er-Jahren untermauert.

In diesen Marktphasen konnten sich die An-

leger auf sehr auskömmliche Renditen an den

Aktien-und Rentenmärkten verlassen. Das

klassische „Buy-&-Hold“ wurde zur Philoso-

phie einer ganzen Generation. André Kosto-

lanys Maxime „Aktien kaufen, Schlaftablet-

ten nehmen und sich später über die Rendite

freuen!“ war damals durchaus sinnvoll. Doch

der Börsenguru hat die Abstürze der Jahre

2001 und 2008 nicht mehr erlebt. Wer heute

sein Depot über Jahrzehnte unbeobachtet

lässt, läuft Gefahr, viel Geld zu verlieren.

Bei der Performancemessung orientieren sich

viele institutionelle und auch private Anleger

gewohnheitsmäßig an Benchmarks – zum

Beispiel am Deutschen Aktienindex Dax oder

am europäischen Euro-Stoxx. Solche „Mess-

latten“ sind zwar häufig durch eine reine

Marktkapitalisierung mehr oder weniger

willkürlich. Dennoch gelang es den Fonds-

Trotz der hohen

Volatilität des

vergangenen

Jahrzehntes ist

der Aktienmarkt

im Vergleich zum

Rentenmarkt der

bessere Markt zur

Investition.

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managern, die Abweichungen immer weiter

zu verringern. Mit der Folge, dass sich die

Renditen den Indizes immer mehr annäher-

ten – anstatt sie durch kluges aktives Manage-

ment zu übertreffen. Die Enttäuschung war

programmiert.

Seit der Asienkrise 1997 herrscht am Aktien-

markt eine sehr hohe Volatilität. Die Kurse

bewegen sich überwiegend seitwärts, ohne

dass nennenswerte Erträge abfallen. In der

Finanzbranche spricht man von einer „Low-

Return-Welt“. Erschwerend kommt hinzu,

dass sich die Zyklen beschleunigen: Finanz-

krisen, die bislang alle einhundert Jahre auf-

traten, finden nun im 10-Jahres-Rhythmus

statt. Am Rentenmarkt sind „Buy-&-Hold“-

Strategien bei einer 10-Jahres-Rendite von

deutschen Bundesanleihen von 1,5 Prozent

und einer Realrendite von –0,5 Prozent eben-

falls nicht besonders attraktiv.

Wie man sieht, bewegen sich die Märkte. Das

heißt auch, dass alte Gewissheiten nicht mehr

gelten. Denn was gestern richtig war, kann

heute Gefahren bergen. Nur wer auf das sich

verändernde Umfeld angemessen reagiert,

kann künftig erfolgreich sein. Was sollte ein

Investor jetzt beachten?

• Die Aktienmärkte sind heute fraglos güns-

tig bewertet. Allerdings setzen die Unwäg-

barkeiten der staatlichen Überschuldungs-

krise dem Markt immer wieder zu. Viele

institutionelle Investoren haben ihre Akti-

enbestände bereits zusammengestrichen,

die Zahl potenzieller Verkäufer ist dadurch

geringer geworden. Das bietet Schutz vor

groß angelegten Verkaufswellen. In einer

mittelfristigen Perspektive eröffnet das ge-

genwärtige Umfeld reichlich Chancen, in

den Besitz von Aktien zu gelangen, die sich

durch Ertrags- und Dividendenstärke so-

wie hohe Bilanzqualität auszeichnen.

• Auf den Rentenmärkten bleibt die „Suche

nach Rendite“ das beherrschende Thema.

Geringes Wachstum, kaum Inflation und

Leitzinsen nahe der Nullgrenze sind nicht

die Zutaten, die die Renditen nach oben

treiben. Bedenken sollte man, dass Staats-

anleihen keine per se sichere Anlage mehr

sind. Anleihen von Unternehmen mit soli-

der Bilanz und nachhaltigem Geschäfts-

modell bieten sich als Alternative an.

• Diversifikation ist ein oft zitiertes, den-

noch meist unterschätztes Instrument.

Grundsätzlich geht es darum, ein Invest-

ment über verschiedene Anlageklassen, wie

Aktien, Renten, Immobilien oder Rohstof-

fe, zu streuen. Im Detail kommt es dann auf

die jeweiligen Anteile, die entsprechenden

Korrelationen und die Investmentstile an.

Denn hierüber werden Risiko und Perfor-

mance gesteuert.

• An ein Denken in einem globalenKontext

kommt aufgrund der niedrigen Renditen

niemand mehr vorbei. Wenn früher eine

Singapur- oder Norwegenanleihe in einem

Privatkundendepot als exotisch und riskant

Traditionelle

Anlagestrategien

müssen kritisch

geprüft und dem

neuen Umfeld

angepasst werden.

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angesehen wurde, dürfen aus heutiger Sicht

Emittent und Währung als solide gelten.

Den Ausschlag dafür geben Verschul-

dungssituation und Wachstumsaussichten

der jeweiligen Länder. Die Finanzlage der

Industrienationen wird das Anlegerverhal-

ten künftig weiter verändern und die glo-

bale Aufstellung eines Vermögens forcie-

ren. Besonders die Emerging Markets

sollten dabei ein größeres Gewicht bekom-

men.

• Basis aller Entscheidungen ist und bleibt

die ausführliche Fundamentalanalyse von

Märkten und Einzeltiteln. Nicht nur wir

sind davon überzeugt, dass in erster Linie

die Über- und Unterbewertung eines

Marktes die Performance treibt.

67

Wetterprognosen haben Investoren bislang

immer nur dann interessiert, wenn Stürme

oder Unwetter die konjunkturelle Entwick-

lung gebremst haben oder daraus besondere

Einflüsse auf Aktien aus spezifischen Bran-

chen, wie Versicherungsgesellschaften oder

der Bauwirtschaft, abzuleiten waren.

Neuerdings schauen jedoch immer mehr ins-

titutionelle Investoren auf Windprognosen

oder die Aussichten auf sonniges Wetter. Der

Grund: Sie haben in Infrastrukturprojekte,

wie Wind- oder Solarparks, investiert, deren

Rentabilität direkt vom Aufkommen dieser

Energieformen abhängen.

Die Motive für Infrastrukturinvestments

Viele Marktuntersuchungen belegen, dass es

mittlerweile kaum noch institutionelle Anleger

gibt, die sich nicht mit Infrastruktur beschäfti-

gen. Motiviert dazu werden sie durch die der-

zeit niedrigen Zinsen und/oder hohen Risiken

anderer Anlageformen. Infrastrukturinvest-

ments werden hingegen in mehrfacher Hin-

sicht als attraktiv gesehen. Als sogenannte

„Real Assets“ versprechen sie eine gewisse

Wertbeständigkeit und sicherere Cashflows –

insbesondere in Zeiten ansteigender Inflation.

Als neue Assetklasse bieten sie den fortschritt-

lichen Investoren noch gute Renditen und hohe

Cashflows – mit oder ohne die Unterstützung

durch eine staatliche Förderung. Als Invest-

ments mit ganz neuem Risiko- und Ertrags-

profil bieten sie hervorragende Diversifika-

tionsmöglichkeiten, wie sie die gängigen

Assetklassen kaum aufweisen. Als direkte Folge

einer neuen und ökologischen Energiepolitik

sind Infrastrukturprojekte im Bereich erneuer-

barer Energien zudem auch bei Investoren mit

Nachhaltigkeitsanspruch beliebt.

Was verbirgt sich hinter der neuen

Assetklasse?

Um das breite Spektrum an Infrastruktur-

investments zu klassifizieren, bietet die Un-

terscheidung nach Sektoren einen ersten An-

haltspunkt:

Transport:

zum Beispiel Mautstraßen, Brücken,

Schienennetze, Häfen oder Parkhäuser

Kommunikation:

zum Beispiel Kabel-, Mobilfunk oder

Satellitennetze

11 Zum Schluss – die Wetteraussichten

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Soziales:

zum Beispiel Krankenhäuser, Schulen,

Seniorenwohnraum

Energie und Versorgung:

zum Beispiel Elektrizitätserzeugung und -ver-

teilung, insbesondere für erneuerbare Energie

Gerade die Letztgenannten – Projekte im Be-

reich erneuerbarer Energien – finden derzeit

die größte Aufmerksamkeit. Der intensive

Ausbau der Nutzung von erneuerbaren Ener-

gien (Biomasse, Geothermie, Wasserkraft,

Solar oder Windkraft) verbunden mit dem

Trend zur privaten Finanzierung hat eine

große Bandbreite an Investitionsmöglichkei-

ten und -chancen eröffnet.

Ein anderes Kriterium zur Einteilung von In-

frastrukturengagements ist der Investment-

ansatz:

• entweder in Form von „Buy-&-Hold“ –

also dem Betrieb risikoarmer Anlagen zum

Erzielen stabiler Renditen während der ge-

samten Projektlaufzeit

• oder in Form von „aktivem Management“

– also der Akquisition, Entwicklung und

dem Verkauf von Anlagen zur Erzielung

hoher Wertsteigerungen.

Manche Investoren unterscheiden nach den

Projektphasen und damit nach unterschiedli-

chen Risiko-Rendite-Profilen. Projekte in der

Entwicklung (sogenannte Greenfield-Anlagen)

sind nur etwas für risikofreudige und erfah-

rene Anleger. So werden – ähnlich wie bei

Venture-Capital-Anlagen – erst einige Zeit

und Investitionsmittel verbraucht, ehe solche

Investments Cashflows abwerfen. Dann bie-

ten sie jedoch auch die attraktivsten Rendi-

ten. Hingegen haben Projekte in der Baupha-

se schon einen höheren Sicherheitsgrad sowie

einen geringeren Zeit- und Investitions-

bedarf. Schließlich sind bei Anlagen in der

Betriebsphase (sogenannte Brownfield-Anla-

gen) die meisten Risiken überschaubar, zumal

sie schon vom Start weg positive Cashflows

erwirtschaften. Den Anleger interessiert da-

bei der reibungslose Betrieb ohne außerplan-

mäßige Störungen oder Wartungskosten.

Wenn diese Risiken zudem von den techni-

schen Betreibern der Anlagen abgesichert

werden, ähnelt ein derartiges Investment

stark dem in Corporate Bonds.

Immobilieninvestoren sind mit einer derarti-

gen Einteilung nach Investitionsphasen bes-

tens vertraut. Der wesentliche Unterschied zu

Infrastrukturprojekten ist meist, dass bei die-

sen in der Regel die Nutzungsdauer terminiert

ist und kein Endwert angesetzt wird. Alterna-

tiv sehen einige Investoren in Infrastruktur-

projekten aber auch eine starke Ähnlichkeit

zu Private Equity – zumal das wirtschaftliche

Risiko letztlich doch beim Eigenkapitalgeber

solcher Anlagen verbleibt und darüber hinaus

auch die Liquidierbarkeit solcher Investments

noch stark eingeschränkt ist.

1 1 z u M s c h l u s s – D I e w e t t e r a u s s I c h t e n

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So gesehen weist diese Assetklasse Eigen-

schaften auf, wie sie viele Investoren teilweise

auch schon von Anlagen in Immobilien, Ven-

ture Capital, Private Equity, Aktien oder Cor-

porate Bonds kennen.

Welche Prognosen braucht es für

erfolgreiche Investments?

Die Beurteilung der Attraktivität von Infra-

strukturinvestments hängt davon ab, welchen

Cashflow und welchen Wiederverkaufswert

der Investor für sein Kapital erhält. Am ein-

fachsten haben es dabei diejenigen Anleger,

die sich in „Buy-&-Hold“-Projekten engagie-

ren. Sie investieren bis zum Ablauf der ge-

planten Nutzung (das können gut 20 Jahre

sein), unterstellen einen Restwert von null

(eventuell auch noch Kosten für Rückbau-

maßnahmen), nehmen die garantierten Ein-

speisevergütungen und haben schließlich

(sofern sie sich vom Betreiber zum Beispiel

des Wind- oder Solarparks auch noch Be-

triebsgarantien geben lassen) nur noch zu

überlegen, welche Menge – sprich Wind- be-

ziehungsweise Sonnenleistung – produziert

und verkauft werden kann. Obwohl speziali-

sierte Wissenschaftler mit ausgeklügelten

technischen Messungen solche langfristigen

Prognosen erstellen, kommt es auch dabei

natürlich immer wieder zu mehr oder weni-

ger großen Abweichungen. Diese sind für

Windkraftanlagen ungleich größer als bei So-

laranlagen oder Wasserkraftwerken.

Es geht aber auch viel komplizierter: Ein In-

vestor muss sich zum Beispiel zusätzlich mit

Prognosen zum Strompreis befassen, wenn er

nicht von festen Einspeisevergütungen allein

profitieren, sondern den Strom frei vermark-

ten will. Wenn er darüber hinaus auch noch

den Ertrag aus dem laufenden Betrieb oder

das sogenannte Repowering – also das Ersatz-

investment auf technisch neuestem Stand –

optimieren will, würde ihm dies mannigfach

Prognosen zur technischen Entwicklung bis

hin zur Leistungsfähigkeit der Anlagen ab-

verlangen. Diese sind jedoch meist Sache von

Experten.

Prognosen allein reichen nicht aus

Angesichts der derzeitig starken Nachfrage

nach Infrastrukturinvestments gilt es zu-

nächst einmal, geeignete Projekte zu finden

beziehungsweise Zugang zu ihnen zu haben.

Ein gutes Netzwerk zu Projektmanagern oder

Betreibern ist dabei unabdingbar. Danach gilt

es nicht, nur die wirtschaftliche Entwicklung

abzuschätzen, sondern auch mit technischen

und rechtlichen Due-Diligence-Prüfungen

die Nachhaltigkeit und Risiken abzusichern.

Diese Entscheidungen werden dem Anleger

abgenommen, sofern er in einen Dachfonds

oder diversifizierten Infrastruktur-Einzel-

fonds investiert. Stattdessen muss er sich

dann aber mit der Qualität des Asset-Mana-

gers und der Eignung der Anlagerichtlinien

für seine Bedürfnisse befassen. Je mehr Ein-

fluss der Anleger selbst über die individuelle

Auswahl und Allokation von Projekten, das

70

Controlling oder die Bestimmung der Rendite-

erwartung sowie die Transparenz unter ande-

rem der Gebühren ausüben möchte, desto

mehr empfehlen sich Direktinvestments be-

ziehungsweise „Club Deals“. Viele institutio-

nelle Investoren nutzen dabei die vielfältigen

„Verpackungsmöglichkeiten“ nach Luxembur-

ger Recht, um die Investmentobjekte optimal

auf ihre bilanziellen, steuerlichen oder regula-

torischen Bedürfnisse hin zu strukturieren.

Die Lösungen reichen dabei von Bondstruk-

turen bis hin zu Fonds oder Beteiligungs-

strukturen.

Diese Beispiele zeigen: Angesichts der Kom-

plexität der Entscheidungen und Investment-

schritte ist es sinnvoll, als Anleger auf die

Unterstützung kompetenter Partner zurück-

zugreifen. Hauck & Aufhäuser Privatbankiers

verfügen über langjährige Erfahrung in der

Erschließung und Strukturierung derartiger

Infrastrukturinvestments und der langfristi-

gen laufenden Betreuung des Investors. Dies

kann insbesondere für jene Anleger sehr inte-

ressant sein, die erste Schritte in dieser Asset-

klasse vornehmen und dabei aber die Asset-

allokation der einzelnen Engagements selbst

in der Hand halten wollen.

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Stand: 3. Dezember 2012

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Impressum

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Mitwirkende Autoren:

Reinhard Pfingsten, Burkhard Allgeier, Achim

Backhaus, Gregor Claussen, Bernhard Renger,

Jens Wissel sowie Dr. Wolfgang Kirschner